Schnüss 2015/06

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21.05.2015

10:34 Uhr

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FOTO S : A N NA P I OT R OW S K I

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IM ZEICHEN DES BÖSEN Low budget? Think big! Der Bonner Filmemacher Moritz Hellfritzsch und sein Horrorfilmprojekt »Thief«

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m Anfang war der Punk – die Dokumentation Punk in Bonn (2012) verschaffte Moritz Hellfritzsch jedenfalls einen gewissen Bekanntheitsgrad als Filmemacher, auch über Bonn hinaus: Punk ist einfach ein gutes Thema. Nun will Hellfritzsch erfolgstechnisch noch höher hinaus. Und das mit einem Film, der sowohl auf den Spuren zeitgenössischer Haunted House-Schocker als auch der 70er-Italo-Klassiker von Dario Argento und Mario Bava tief ins teuflische Zentrum des Bösen führt, wo es von Särgen, Knochen und Leichnamen nur so wimmelt: Thief heißt das Projekt, das Zuschauern Albträume – und Moritz Hellfritzsch möglichst ein Ticket für die nächste »Wrestlemania« in den USA verschaffen soll, der Filmer ist Fan. Im Grunde, sagt er (ein bisschen, aber nicht ganz im Scherz), tut er »das alles nur für den Hulkster«. Das Drehbuch hat der eingefleischte HorrorfilmManiac längst verfasst, das Storyboard gezeichnet; der Soundtrack (Thomas Mattern) ist ebenfalls fertig, seit Ende April läuft auf der StartnextPlattform im Netz nun ein Crowdfunding zum Film, das Hellfritzsch und seinem Team ein paar Dollar mehr zum Drehen verschaffen soll, als sie bislang haben (nämlich so gut wie keine). Vom Regieassistenten (Fritz Pöppler) über die Creative Assistant und Setphotographin Anna Piotrowski, den Kameramann (Tobias Heidrich) bis hin zur Crew der Schauspieler (sämtlich Profis, u.a. Mitglieder der Bonn University Shakespeare Company) betätigen sich bislang alle Mitwirkenden für Ruhm & Ehre, weil es bekanntlich Laune macht, Horror zu fabrizieren, und weil sie an den Erfolg des Ganzen glauben. Bis zum Frühherbst soll Thief im Kasten sein, zwölf Drehtage (u.a. auf einem einsamen Bauerngehöft, schaurig, schaurig) sind geplant, nach Abschluss der Nachproduktion ist die Premiere für Anfang/Mitte 2016 vorgesehen.

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Premiere Anfang/Mitte 2016: Hellfritzsch und sein furchtloser Assistent Pöppler zweifeln keinen Augenblick lang daran, dass alles klappt – wie immer die Bilanz des Crowdfundings zuletzt aussehen mag.

Hellfritzsch und sein furchtloser Assistent Pöppler zweifeln keinen Augenblick lang daran, dass alles klappt – wie immer die Bilanz des Crowdfundings zuletzt aussehen mag. Die (realistisch gesetzte) Zielmarke liegt bei 7.500 Euro; alles, was darüber hinaus zusammenkommt, wird, klar, keineswegs verschmäht. Auch um Gelder aus den Fördertöpfen der öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Sender bemüht sich der Filmemacher. Zu ›Kompromissen‹ bezüglich des Drehbuchs oder anderen Belangen des Projekts, die potenzielle Co-Produzenten ja bekanntlich gern einfordern, ist er allerdings nicht bereit: Thief ist sein Baby, da bleibt er stur und zum konsequenten Eigensinn entschlossen. Werden sich die Schlipsträger vom ZDF also warm anziehen müssen. Den Unterstützern via Startnext aber winken, je nachdem, wie viele Scherflein sie zu spenden bereit sind, attraktive Gratifikationen: eine Statistenrolle, ein herzlicher Händedruck des Regisseurs, ein signiertes Filmplakat (15 Euro) oder eine Danksagung im Abspann, falls es was fürs Leben sein soll (kostet schlappe 5 Euro).

(Bonner) Künstler und Innen, ebenfalls Obacht: Sie dürfen sich eingeladen fühlen, Ihre Werke leihweise der Requisite zur Verfügung zu stellen, zur Belohnung winkt Ihnen, sollte der Regisseur Ihr Werk auswählen, ein erstklassiges Objekt-Placement im Film. Dessen Story geht übrigens so: Mario, ein »ganz normaler junger Mann«, hat ein kleines Problem: Warum verschwinden in seiner Wohnung andauernd Dinge? Socken kann man ja verlegen – aber den Fernseher? Die Polizei erweist sich als überfordert, der Privatdetektiv, den Mario einschaltet, findet ein grausames Ende und löst sich anschließend »offenbar in Luft auf«. Dem immer unheimlicheren Geschehen, in dem zweifellos böse Mächte ihre Hand im Spiel haben, ist mit herkömmlichen Strategien nicht beizukommen. Ein klarer Fall für den Parapsychologen Dr. Johannes Sinkler… Sollte dieser so liebevoll auf einen berühmten Groschenromanhelden anspielende Name (es gibt von der Sorte noch mehr) den Eindruck erwecken, es handele sich bei Thief um parodistischen Gruselmusel, wäre das ein entsetzlicher Irrtum. Auf einen Schocker müsse sich der Zuschauer gefasst machen, sagt der Regisseur, einen richtig bösen Schocker. [ G I T TA L I S T ] Und scherzt dabei kein bisschen. Optimismus lohnt sich doch: Bei Redaktionsschluss verzeichnete Startnext über 1.800 Euro gezeichnete Supports für den Film. Infos (Stichwort jeweils »Thief«) unter: Startnext.com Facebook.com Youtube.com Soundcloud.com

SCHNÜSS · 06 | 2015


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