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16.12.2009
11:18 Uhr
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Magazin
Kein Dach über dem Kopf Der Mieterbund schlägt Alarm n Bonn werden immer weniger neue Wohnungen gebaut, verkündete der Mieterbund Bonn/ Rhein-Sieg Mitte Dezember durch seinen Hauptgeschäftsführer Bernhard von Grünberg. Die Mietexperten halten es für sehr bedenklich, dass immer mehr sogenannte Private Equity Fonds (»Heuschrecken«) im Bereich des Mietwohnbaus aktiv werden. Sie kaufen Wohnungen auf, vernachlässigen diese dann und scheuen neue Investitionen. Laut von Grünberg ist das mittlerweile bei
Foto: Klaas Tigchelaar
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15.000 bis 20.000 Wohnungen in Bonn der Fall. »Wir empfehlen der Stadt Bonn, sich Vorkaufsrechte für solche Siedlungen per Satzungsbeschluss einzuräumen«, so der Hauptgeschäftsführer. Der Mieterbund ist überzeugt davon, dass die Fonds ihre Immobilienbestände nicht behalten, sondern weiterverkaufen, was dazu führt, dass die Stadt erst durch Vorkaufsrechte wieder im Geschacher um das Dach über dem Kopf mitmischen kann. Durch vom Land vorgegebene Abwicklungsverfahren und neue Förderungsquellen wird die Fi-
nanzierung von neuen Bauprojekten laut Mieterbund ohnehin immer komplizierter, zum Nachteil einer Zuzugsregion wie Bonn. Hier sieht von Grünberg die Vereinigte Bonner Wohnungsbau AG (Vebowag) in der Pflicht, verstärkt neue Bautätigkeiten aufzunehmen. Der Mieterbund hat im vergangenen Monat zudem auf ein weiteres Mieter-Problem in Bonn aufmerksam gemacht. Die Stadtwerke drohten 47 Mietparteien in der Celsisusstraße Anfang Dezember mit der Sperrung der Energie- und Wasserversorgung, weil der Vermieter, die Manjo GmbH, einen Zahlungsrückstau in Höhe von 42.777,12 Euro bei den Stadtwerken habe auflaufen lassen und die Stadtwerke »nicht mehr Leistungen erbringen wollen, die nicht bezahlt werden«, so der Mieterbund. Der gesamte Rückstand sei spätestens 3-5 Tage vor dem 15. Dezember an die Stadtwerke zu zahlen, um die Sperrung zu verhindern. »Diese Forderung ist völlig absurd«, so von Grünberg. »In der Wohnanlage wohnen sehr viele Menschen, die SGB II-Leistungen oder Grundsicherung beziehen«, sie seien schlicht nicht in der Lage, diese hohen Rückstände zu begleichen. Von Grünberg hat Mitte Dezember »interveniert«, wie er auf Nachfrage erklärte. Auf einer Mieterversammlung, zu der er auch Peter Weckenbrock, Geschäftsführer der Energieund Wasserversorgung der Stadtwerke, geladen hatte, entschuldigte dieser sich bei den Mietern im Namen der SWB. Es wurde vereinbart, dass die Mieter ab dem 1. Januar 2010 direkt an die Stadtwerke bezahlen, die Gesamtschulden bleiben für die Manjo GmbH jedoch bestehen, aber mit dem Kompromiss ist von Grünberg vorerst zufrieden, die Mieter können erstmal mit Licht und warmem Wasser weiter in ihren Wohnungen bleiben. Was natürlich nicht heißt, dass der Kampf gegen die Heuschrecken für von Grünberg damit vorbei ist. Alles weitere regelmäßig unter: [ K . T. ] www.mieterbund-bonn.de
Zwei Nachrufe auf Wolf »Blues Wolf« Schmidt
In den 90ern trieb der 1949 im Rheinland geborene Wolf Schmidt sein geistreiches Unwesen vor allem auf kleinen Bühnen und in noch kleineren Literaturzeitschriften, der Einfachheit halber Fanzines genannt. Wahlweise mit Mundharmonika, einem grollend-verzückten Organ oder dem Federkiel bewaffnet, sorgt er für Poesie, Verwirrung, Entzücken oder Erschrecken - genau kann das sowieso keiner mehr sagen. Angeblich bereiste er Anfang der 70er Jahre die Welt mit Schwerpunkt Skandinavien und Asien. Er war Student der Germanistik und Philosophie in Bonn, das Thema seiner Examensarbeit lautete: »Mittel der literarischen Rauscherzeugung«. Unabhängig davon sah man ihn in den letzten Jahren öfter mal irgendwo in der Innenstadt sitzen, mit seinem grauen Rauschebart, der riesigen Glasbaustein-Brille (mit der er tatsächlich auch nicht viel sah) und einem eindrucksvoll verschlungenen Körper. Seine manisch-depressiven Phasen schufen viele Gedichte, wie zum Beispiel Anfang der 80er Jahre in »Blues Wolf. Präzises & Preziöses Meditationen« aus dem Peter Wegner Verlag, Bonn, enthalten. Seine letzten Jahre standen unter der gesetzlichen Betreuung bei der Caritas, »er hatte wohl immer mehr Probleme, sein Leben zu regeln«, berichtet »Bonn-Stomp«-Veranstalter Dirk Geil. Dieser weiß ein wenig mehr über den verschrobenen Blues Wolf zu erzählen, als die meisten Bonner, die ihn als seltsame, aber einmalige Bonner Gestalt kannten, die in derselben Riege spielte wie z.B. der Mal-Malen-Mann. »Er war Anhänger einer freien Kirche , diese hat ihm wohl die letzten Jahre viel Freude gemacht«, so Geil. Wolf »Blues Wolf« Schmidt starb am 20. Oktober 2009 in Bonn, sein Betreuer fand ihn tot in seiner Wohnung, die genaue Todesursache ist [ K . T. ] nicht überliefert. Wer es schafft, sich mit seiner Kunst einen Namen zu machen, den nennt man Künstler. Beim Blues-Wolf war der Name Programm und seine Kunst allgegenwärtig. Als talentierter Musiker, als ununterbrochen referierender und schreibender Poet war seine Person ein lebendes, wandelndes Kunstwerk. So jemand nennt man Lebenskünstler. Mit dem Blues-Wolf ist ein Unikat gegangen, das uns täglich eine Live-Performance oder zumindest anteilnehmende, interessierte und freundliche Worte schenkte. Danke! Blue-Note Dead-Note Blue-Tod
[BIBO MENTÄR]
schnüss | januar | 2010