Solei & Sahneschnitte

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WERDENER REZEPTE UND IHRE GESCHICHTEN

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WERDENER REZEPTE UND IHRE GESCHICHTEN

Illustriert von Dirk Uhlenbrock

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SOLEI & SAHNESCHNITTE Werdener Rezepte und ihre Geschichten Herausgegeben durch schmitz. die buchhandlung, Essen www.schmitzbuch.de Realisation: erste liga büro für gestaltung, Essen www.ersteliga.de Gestaltung & Illustration: Dirk Uhlenbrock Lektorat: Anna Sophia Herfert Verwendete Schriftarten: Beauchef, Delm, Directa Gedruckt auf Munken Print white Herstellung: Multiprint

© 2016 EDITION SCHMITZ Ab- und Nachdruck in gedruckter oder digitaler Form, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Rechteinhaber. ISBN 978-3-932443-59-6

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Dieses Bild hatte ich jahrelang vor Augen: Da hat jemand keinen guten Tag, ist gedrückter Stimmung, wenig kann ihn aufmuntern. Plötzlich entschließt er sich ein altes Hausrezept gegen Depression zu probieren. Er holt Gemüse aus dem Kühlschrank, Kartoffeln aus der Kammer, sucht allerlei weitere Zutaten und beginnt eine Suppe zu kochen. Eine Ribollita, weil hier die Zubereitung besonders lange dauert. Schnibbeln, schneiden, lange, lange köcheln lassen. Zwischendurch ein kleines Gläschen Wein, eine Zigarette, ein Plausch mit einem Freund. Tabucchi weiß, seine Übellaunigkeit hat nicht mehr die geringste Chance. Tabucchi kocht gern. Damit befindet er sich allerdings auch in guter Gesellschaft. Das haben wir zumindest vermutet und uns deshalb getraut ein weiteres Mal Freunde und Kunden von schmitz. die Buchhandlung zu ermutigen für uns tätig zu werden. Und weil uns das nicht reichte, baten wir gleich noch um eine kleine Geschichte, die das Rezept abrunden sollte. Ein gar nicht so leichtes Unterfangen. 100 Rezepte nebst 100 Geschichten von 100 Köchen. Dass es letztendlich so lange gedauert hat, bis ein Buch aus der Aktion wurde, hat natürlich seine Geschichte. Schließlich sind es hundert liebevolle Beiträge, die mehr verdient hatten als hintereinander weggesetzt zu werden. Wir geben uns ja immer Mühe mit unseren Büchern, aber diesmal wollten wir Beschriebenes auch visualisieren. Klar war uns von vornherein nur, bitte keine Fotos. Denn wer schon einmal Essen unprofessionell fotografiert gesehen hat, der weiß, das Auge isst ganz bestimmt nicht immer mit. Deshalb bekam Dirk Uhlenbrock, unser Graphiker, den Auftrag, jedes einzelne Gericht zu illustrieren. Lange hat es gedauert, die passende Idee zu entwickeln, danach lief alles wie von selbst. Ein Bild nach dem anderen verließ seinen Schreibtisch, kleine Kunstwerke, die für sich gesehen schon ein Buch rechtfertigen. Und inhaltlich? Hundert Rezepte wurden eingereicht und von uns für Wert gehalten veröffentlicht zu werden. Kurze knappe Statements, längere rührende Geschichten. Urlaubserinnerungen, Gerichte aus der Kindheit und Familientraditiionen. Abtauchen in ferne Länder und fremde Gerüche, ein wenig wehmütige Erinnerungen an längst vergangene Zeiten. Wir haben neue Vokabeln gelernt: Ramanken, Klütern, Pierogi und Pastitisio befanden sich noch nicht auf unseren Festplatten. Eine wenig versteckte Liebeserklärung fanden wir genauso mutig wie das Eingeständnis, beim Kochen fast einen Wohnungsbrand verursacht zu haben. Sie werden an diesem Buch Ihre Freude haben! Aber bitte verstehen Sie das Buch nicht als Kochschule. Wir haben nicht jedes Gericht zweimal gegengekocht. So viel Vertrauen haben wir unseren Rezeptelieferanten entgegengebracht: es würde schon richtig und gut sein, was wir bekämen. Immerhin aber haben wir mehr als ein Dutzend Gerichte bereits nachgekocht. Es ist immer mehr als gut gegangen. Ihr Thomas Schmitz 7


_SALATE Wurstsalat, schwäbisch 42 Oma Lilos Kartoffelsalat 44 Rheinischer Heringssalat 46 Grapefruit-Avocado-Salat 48

_SUPPEN & 3 KLEINE GERICHTE Fischsuppe 10 Grüne Erbsensuppe 12 Cecisüppchen 14 Bouillabaisse 16 Kürbis-Schaumsuppe mit Zitronengras und Hühnerspieß 18 Serbische Bohnensuppe 20 Gemüsesuppe 22 Spargelcremesuppe 24 Gulaschsuppe 26 Blaubeerkaltschale mit Klütern 28 Zitronenforellensuppe 30 Graupensuppe a la Oma 32 Gebackene Auberginen 34 Frischkäse-Dattel-Creme 36 Soleier 38

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_HAUPTGERICHTE Spaghetti mit Avocado und Grapefruit 52 Thunfisch mit Kräuterkruste 54 Herzhafter Käsekuchen vom Blech 56 Bœuf en Daube / Schmorfleisch 58 Bœuf Bouguignon 60 Ramanken 62 Semmelknödel Takaka Art 64 Paprikapfanne 66 Kässpatzn 68 Bigos 70 Grünkohl mit karibischem Flair 72 Chili sin Carne 74 Risotto Bianco 76 Pierogi 78 Mettwurstpfannkuchen 80 Spaghetti a la Carbonara 82 Sarkouti-Reis 84 Spaghetti, arabisch 86 Kohlrabi mit Bratwurstklößchen in Muskatsoße 88 Original Ruhrpott-Currywurst 90 Rotbarschfilet mit Ziegenkäse überbacken 92 Kalbsbries 94 Mexikanischer Bohnentopf 96 Albóndingas – Spanische Hackbällchen 98 Wirsingrouladen 100 Quarkauflauf 102


Königsberger Klopse 104 Szegediner Gulasch 106 Kalte Schnitzelchen 108 Warmer Kartoffelsalat von Oma Irmchen 110 Chicken & Leek Pie 112 Couscous mit Lamm und Gemüse 114 Pastaschuta 116 Entenbrust in Feigen-Orangen-Soße 118 Philippinische Reisnudeln 120 Schwedischer Kartoffelauflauf 122 Rinderfilet aus dem Ofen 124 Kleftiko 126 Escudella I Carn D’olla 128 Schweinefleisch mit Auberginen 130 Hühnchen-Enchiladas 132 Rumfortlachs 134 Schweinebraten mit Spitzkohl 136 Wurstspätzle mit Ofenschlupfer 138 Spargelplatte 140 Käsefondue Provencal 142 Bohneneintopf 144 Pastitisio 146 _NACHSPEISEN Süßer Safranreis 150 Welfenspeise mit Weißweinsoße auf Orangenfilets 152 Birne in Rotwein 154 Quark-Mousse mit Orangen und Aprikosen 156 Zitronencreme 158 Crêpe Margot 160 Crêpes Suzette 162 Herrencreme 164 Mousse au Chocolat 166 Blaubeerkuchen 168

_BACKEN Punschtorte 172 Osterlamm 174 Pralinen 176 Brownies 178 Haselnusskranz 180 Käsetorte 182 Apfelsinenkuchen 184 Käsekuchen 186 Buchteln 188 Spritzgebäck 190 Schwarzbrot 192 Dominosteine 194 Kinderchor-Waffeln 196 Pastéis De Nata De Portugal 198 Apfeltarte und Eis mit weißem Mohn 200 Mutters Honigkuchen 202 Zimtschnecken 204 Käseplätzchen 208 Südtiroler Apfelstrudel 210 Käseplätzchen 212 Amarettokuchen 214 Tarte mit karamellisierten Äpfeln 216 _UND SONST … Falafel 220 Schlagwortregister 223

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Tabucchi kocht gern. … Manchmal kocht er bloß, um einen langen Nachmittag hinter sich zu bringen. Zum Beispiel eine toskanische Ribollita, die viel Zeit braucht. Die weißen Bohnen müssen gekocht, Gemüse und Kräuter fein gewiegt werden; das altbackene Brot schneidet man in mühsamer Arbeit in feine Scheibchen. Stunden vergehen. Man steckt sich eine Zigarette an, trinkt einen Schluck Wein, hört Musik, plaudert, und dabei verflüchtigt sich die Melancholie. Eigentlich sei das Kochen eine Art Zen für jedermann. Jedermann könne die Techniken dieses Zen lernen. Und am Ende stehe anstelle des Nichts eine Gemüsesuppe. aus Alice Vollenweider Die Küche der Toskana Eine Reise durch ihre Regionen mit passenden Rezepten Wagenbach Verlag, Reihe SALTO, 2000 Seite 19

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Dörte Witte

Eine Suppe für Nicht-Fisch-Esser

FISCHSUPPE

Zehn liebe geladene Gäste saßen um unseren geschmückten Esstisch. Zu meinem Entsetzen äußerte genau die Hälfte, sie möge keinen Fisch! Was nun? Meine Fischsuppe sollte doch die Hauptmahlzeit sein. Auf die Idee, unsere Gäste vorher zu fragen, war ich als frühere Hamburger Deern nicht gekommen. Brot und Butter gab es am Ende noch reichlich, doch welch ein Wunder: Die große Suppenterrine war leer, die Fischliebhaber hatten unerwarteten Zuwachs gefunden! Diese Suppe gibt es immer noch bei uns und natürlich wird nach wie vor nicht gefragt, wer vielleicht keinen Fisch mag ...

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Tomaten und Zwiebeln schälen und stückeln. Knoblauch schälen und dünn schneiden. Petersilie und Dill klein schneiden. Den aufgetauten Fisch salzen, pfeffern und mit Zitrone beträufeln. Mit Paprikapulver und Dill bestäuben, mit 3–4 Spritzern Tabasco und etwas Madeira begießen. Filets aufeinanderlegen und eine 1/2–1 Stunde ziehen lassen. Nun die Zwiebeln in 2 EL Öl goldbraun dünsten. Tomaten, Kräuter der Provençe und den Wein langsam dazugeben und circa 20 Minuten kochen lassen (Zwiebeln müssen weich sein). Danach würzen mit Salz, Pfeffer, Petersilie, Knoblauch, einem halben Becher Crème fraîche, zwei EL Butter, Dill und einem kräftigen Spritzer Madeira. Die grob gewürfelten Fischfilets vorsichtig in die Suppe legen, circa 5–10 Minuten zugedeckt leicht kochen lassen. Vom Herd nehmen, einmal durchrühren und circa 10 Minuten ziehen lassen.

Zutaten für 4 Personen 750 g Lachs und Seelachs (tiefgefroren) 300 g Zwiebeln 300 g Tomaten (eventuell Pizzatomaten aus der Dose) 4 Zehen Knoblauch 1/3 l Landwein 1/2 Becher Crème fraîche 1/8 l Madeira 1/2 Zitrone

Servieren: Suppentassen oder -teller füllen, mit süßer Sahne, Dill und einigen Krabben verzieren. Dazu reicht man Kümmel- oder Weißbrot mit Knoblauchbutter und einen kühlen Frascati. Die Suppe schmeckt auch am nächsten Tag noch hervorragend, egal ob kalt oder aufgewärmt.

2 EL Butter 2 EL Öl Pfeffer, Salz, Paprikapulver, Kräuter der Provençe, Petersilie, Tabasco zum Servieren und Dekorieren: süße Sahne, frische Nordseekrabben und frischen Dill

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Das Rezept stammt aus alter Familientradition. Meine Großmutter (jüngstes von 13 Kindern) heiratete meinen Großvater, der vom Bauernhof in Mecklenburg nach Düsseldorf „ausgewandert“ war, gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Seitdem werden ihre Küchenkünste von Kindern, Schwiegerkindern, Enkeln, Urenkeln und jetzt auch von der Ururenkelin heißgeliebt. Gemalte Bilder der Ururgroßeltern hängen im alten Haus der Hirsch-Apotheke am Markt – so sichtbar gehören sie auch heute noch zum Familienleben. Wenn wieder einmal der Duft der Suppe durchs Haus zieht, scheinen sie auf recht sinnliche Art und Weise lebendig zu werden: Wir sprechen über sie – nach einem Glas Wein auch mit ihnen – und manchmal sieht es so aus, als husche ein Lächeln über die sonst unbewegten Gesichter.

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Renate Weber

Familientradition

GRÜNE ERBSENSUPPE MIT SÜSSEN KLÖSSEN

Eine kräftige Rinderbrühe kochen: Hohe Rippe und/oder Beinscheiben – auch Knochen dürfen mit ins Ensemble – Sellerie, Möhren, etwas Lauch oder eine Zwiebel mit einer Nelke besteckt, Pfefferkörner in einen großen Topf geben, mit Wasser auffüllen und kochen lassen. Wenn alles lang genug vor sich hin geköchelt hat und das Haus nach „guter“ Suppe riecht, die Brühe absieben und erkalten lassen. Für Figurfans abfetten (aber nicht ganz, weil Fett doch so ein guter Geschmacksträger ist). Vorsichtig salzen, in den Kühlschrank oder auch einfrieren. Vor der endgültigen Zubereitung 1–2 gestiftelte Möhren und 1 große, grob geriebene Kartoffel mit erwärmen und garen. Tiefkühlerbsen hineingeben und kurz aufkochen. Zum Schluss mit einem Löffel Klößchen abstechen und in die noch gerade kochende Suppe gleiten lassen – sie sind gar, wenn sie nach oben kommen. Noch etwas Salz und (psst!!) Maggi zufügen.

Zutaten für die Suppe: Tiefkühlerbsen Hohe Rippe Beinscheibe Sellerie Möhren Lauch oder Zwiebel 1 Nelke Pfefferkörner 1 große Kartoffel für die süßen Klößchen: 100 g Mehl 50 g Butter oder Margarine 1/8 l Wasser eine Prise Salz

Süße Klößchen: Wasser, Butter, Salz und Zucker aufkochen, dann das Mehl auf einmal dazugeben. Topf vom Feuer nehmen und so lange rühren, bis die Masse sich vom Topf löst. Abkühlen lassen, dann das Ei einarbeiten. Zum Schluss noch abschmecken. Mein Tipp: Vervielfachen Sie ruhig die Menge – man kann nie genug Klößchen haben!

40 g Zucker 1 Ei

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Stephan von Knobloch

Farben von Jaipur CECISÜPPCHEN Ein Rezept? Ein Lieblingsrezept? Meine Güte, welches könnte das sein? Ein guter halber Meter Kochbücher hilft auch nicht weiter, sehr verwirrend. Indische Küche, das muss es sein! Safran, Kurkuma, Koriander, Kreuzkümmel, all die duftenden Currys und Masalas, Curryleaves, alles köstlich. Den entscheidenden Unterschied aber macht die Tamarinde. Oder doch eher Pfannkuchen, recht eirig, mit Spinat, lecker, oder mit Pfifferlingen, wie sie meine Mutter mir zum Geburtstag machte, mit ein bisschen Speck, Pfeffer, Salz, Petersilie, mehr nicht, kaum zu überbieten. Nein, ich glaube, es sind die Spaghetti Pomodori, die mit Tomaten, Sardellen, Kapern, Nelken, Oliven, Parmesan, alles, was Geschmack hat, kommt rein. Süß? Dann die Mousse au chocolat, aufwendig mit heiß und kalt geschlagenem Eigelb, Zucker, Bitterschokolade und Kakaopulver, ein wenig geriebene Zitrone, Espresso, Rum, das geschlagene Eiweiß vorsichtig untergehoben. Die Konsistenz muss stimmen, ganz locker muss es sein, fast schaumig. Ja nun, welches ist es jetzt? Aber halt, da gibt es noch etwas, das ist es, der Höhepunkt: das Cecisüppchen! 18


In einem schweren Topf, 1/2 TL Kurkuma und 1 TL Curry leicht anrösten, Olivenöl dazu, erhitzen. Fein geschnittene Zwiebel, Knoblauch und Ingwer hinein und circa 3 Minuten anbraten. Auffüllen mit 3/4 l Wasser, 1 TL Salz. 2 Tassen über Nacht gut eingeweichte Kichererbsen hinein, 2 Pastinaken, 2 Karotten und 1 Stück Sellerie fein geschnitten dazu, alles leicht köcheln lassen. Wie lange? Keine Ahnung, 30 Minuten? Dann: eine gute Prise „Farben von Jaipur“ hinein, nicht zu viel, nicht zu wenig, die Geheimwaffe aus dem Biomarkt, eine wunderbare Currymischung mit einer kräftigen Note von Vanille und Nelke. Man muss es mögen. Ich mag es, meine Freunde offensichtlich auch. Genügend geköchelt, wird das Ganze glatt püriert, was mit Kichererbsen nicht wirklich gelingt, und deshalb dann durchs Sieb passiert. Es soll ein feines, konzentriertes Süppchen sein, eher ein Substrat, keine Suppe. Ein wenig Joghurt dazu schadet nicht für eine feine Säure, oder im Teller mit ein wenig Crème fraîche dekorieren! Korianderblättchen machen sich auch gut. Serviert wird es mit Nan, dem wunderbaren indischen Fladenbrot. Manchmal glaube ich, dass ich das „Süppchen“ nur zubereite, um die „Farben von Jaipur“ zu inszenieren. Da war ich nämlich, in Indien, in Jaipur. Das vergisst man nicht.

Zutaten 1/2 TL Kurkuma 1 TL Curry Olivenöl Zwiebel Knoblauch Ingwer Wasser 1 TL Salz 2 Tassen Kichererbsen 2 Pastinaken 2 Karotten 1 Stück Sellerie Crème fraîche Currymischung „Farben von Jaipur“

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Mein Vater hatte als junger Mann den Mut, ohne Sprachkenntnisse nach Frankreich zu gehen und für sechs Jahre in Paris zu leben und als Koch zu arbeiten. Was müssen das für legendäre Abende gewesen sein – zusammen mit Frank Sinatra ein Glas zu trinken, um dann morgens um 8 Uhr auf dem Großmarkt Austern zum Frühstück zu genießen und anschließend ins Bett zu fallen. Die Geschichten von damals würde ich gerne viel öfter hören. Beruflich bin ich in die Fußstapfen meines Vaters getreten. Auch wenn ich meine eigene Note in der Küche entwickelt habe, so hat mich seine französische Küche beeinflusst. Die Tradition des Bouillabaisse-Abend habe ich von ihm übernommen, denn noch heute fragen viele der Gäste aus seinem damaligen Restaurant „Calvados“ und „Schwan“ nach der legendären Bouillabaisse. Immer wenn wir dieses Gericht servieren, denke ich an die geselligen Abende zurück und höre im Kopf die französischen Chansons. Wichtig bei der Bouillabaisse sind die verwendeten Fische. Denn laut Originalrezept gehören mindestens vier verschiedene Felsenfische sowie Muscheln, Garnelen, Hummer bzw. Krebse in den Eintopf. Als klassische Beilagen werden geröstetes Knoblauchbrot, geriebener Gruyère oder Mimolette sowie Sauce Rouille serviert.

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Patrick Jabs

Tradition in der Familie Jabs

BOUILLABAISSE

Zutaten

Fond: Das Gemüse in einem Topf kräftig anrösten. Knoblauch und Fischkarkassen zugeben und anrösten. Danach zuerst das Tomatenmark dazugeben und kurz anrösten, dann die geschälten Tomaten dazu. Dann die weiteren Zutaten zugeben und gut mit Wasser bedecken. Wenn es anfängt zu kochen, mehrmals abschäumen. Wenn der Schaum runter ist, die Gewürze zugeben und circa 1 Stunde köcheln lassen. Zum Schluss passieren.

für den Fond: 2 kg Fischkarkassen (z. B. Wolfsbarsch, Seeteufel, Steinbutt, Kaisergranat, Rotbarbe etc.) 1/4 Knolle Sellerie, grob gewürfelt 1 Fenchelknolle, grob gewürfelt 2 dicke Zwiebeln, grob gewürfelt 1 Petersilienwurzel, grob gewürfelt

Suppe: Fischfond in einem großen Topf zum Kochen bringen. Gemüsestreifen zugeben und einmal aufkochen lassen. Mit Salz und Pfeffer würzig abschmecken. Nach und nach die Fischwürfel zugeben und 10 Minuten ziehen lassen. Nicht mehr zum Kochen bringen!!! Zum Schluss mit den Kräutern vollenden.

2 Karotten, grob gewürfelt 5 Zehen Knoblauch, zerdrückt 2 EL Tomatenmark 250 g geschälte Dosentomaten 2 g Safran 500 ml trockener Riesling 250 ml Martini dry je 1/4 TL Fenchelsaat und weißer Pfeffer für die Suppe: 600 g gemischte Fischfilets 1/4 Knolle Sellerie, geschält und in feine Streifen geschnitten 1 Petersilienwurzel, geschält und in feine Streifen geschnitten 1 Fenchelknolle, Strunk entfernen, in feine Streifen geschnitten 1/2 Stange Lauch, gewaschen und in feine Streifen geschnitten je 1 Bund Dill und Schnittlauch, fein geschnitten Salz, Pfeffer

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Anna-Kathrin Grunau

Herbst KÜRBIS-SCHAUMSUPPE MIT ZITRONENGRAS UND HÜHNERSPIESS Diese Suppe gelingt einfach leicht und ist sehr gut vorzubereiten. Sie ist garantiert ein guter Einstieg in ein Menü und hat unsere Gäste immer wieder begeistert. Die Mischung der leichten Säure der Limette, der süßlichen Note der Kokosmilch und -flocken und der leichten Schärfe des Chilipulvers liefert ein unglaubliches Geschmackserlebnis. Dazu besticht die Suppe, gerade im Herbst und Winter, durch ihre kräftige Farbe und ist somit auch immer ein Erlebnis fürs Auge. Die Hähnchenspieße aus dem Ofen sind das „i-Tüpfelchen“.

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Den Kürbis vierteln, die Kerne herauslösen und dann das Fruchtfleisch in Würfel schneiden. Im Anschluss daran die Zwiebeln abziehen und ebenfalls würfeln. Danach noch das Zitronengras putzen und in feine Ringe schneiden. 2 EL Öl erhitzen, Zwiebelwürfel, 2 EL Kokosflocken und Zitronengras anschwitzen. Kürbiswürfel hinzufügen. Mit Gemüsebrühe und Kokosmilch ablöschen. Zugedeckt bei mittlerer Hitze 15 Minuten kochen. Dann mit einem Schneidstab fein pürieren. Mit Salz, Pfeffer und Limettensaft abschmecken. Hühnchen in Würfel schneiden. Mit 1 EL Öl, Chilipulver, Salz, Pfeffer und 1 EL Kokosflocken vermischen. Auf Holzspieße ziehen. Auf einem Backblech verteilen und im heißen Ofen bei 200 °C 5 Minuten garen. Mit der Suppe servieren.

Zutaten für 4 Personen 800 g Hokkaido-Kürbis 1 Zwiebel 1 Stange Zitronengras Holzspieße 3 EL Olivenöl 3 EL Kokosflocken 600 ml Gemüsebrühe 200 ml Kokosmilch 2 EL Limettensaft 300 g Hühnerbrust 1 Messerspitze Chilipulver 1 Prise Salz und Pfeffer

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Das Rezept kam vom österreichischen Zweig in unsere Familie. Ja, die Hälfte unserer Familie sind Österreicher – mehr noch Wiener. Das Rezept ist ausgelegt für einen feurigen, feuchtfröhlichen Familienabend ab sechs Personen – immerhin sind es fünf bis sechs Liter Suppe. Wer mit der Hexensuppe aufgewachsen ist, für den ist sie ein Highlight im Jahr. Neueinsteigern sei vor allem der vorsichtige Umgang mit dem Tabasco angeraten.

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Andreas Schäfer

Hexensuppe

SERBISCHE BOHNENSUPPE À LA SCHÄFER Zutaten

Zwiebeln, Knoblauch und Peperoni glasig andünsten, gewürfelten Speck, Bauchspeck und Kabanossi hinzufügen und ebenfalls andünsten. Dann passierte Tomaten und weiße Bohnen dazu. Mit viel Wasser zum Kochen bringen. Die Brühwürfel einbröseln, die Gewürze und Fondor dazugeben. Zum Schluss die gewürfelten Paprikaschoten hinzufügen. Circa 20 Minuten bei kleiner Flamme köcheln lassen. Abschmecken und nach Belieben mit Tabasco würzen. Und ganz wichtig: nicht vergessen, kalte Getränke im Haus zu haben.

3 große Zwiebeln 3 Knoblauchzehen 4 Peperoni 600 g Kabanossi 600 g geräucherter Bauchspeck 250 g fetter Speck 500 g passierte Tomaten 1000 g weiße Bohnen 10 Würfel fette Brühe 3 Paprika Gewürze: Fondor, Basilikum, Bohnenkraut, Majoran, Oregano, Thymian, Salz, Tabasco nach Belieben Salz, Pfeffer

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Eigentlich hatte ich meine Buchhändlerin nur „auf ein Bütterken“ eingeladen, aber es war ein solch kalter Wintertag, dass ich schnell eine Suppe „für davor“ kochte.

Felizitas Schnelle

Für meine Buchhändlerin GEMÜSESUPPE

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Zutaten für 4 Personen

Die klein geschnittenen Zwiebeln und Knoblauchzehen sanft in Butterschmalz anbraten, dann das Gemüse, geschält und gewürfelt, hinzugeben und behutsam bei mittlerer Temperatur dünsten, dabei immer wieder umrühren. Jetzt gießt man die Gemüsebrühe in den Topf, gibt etwas Salz und Pfeffer dazu, streut den Thymian hinein und lässt die Suppe circa 15 Minuten köcheln. Wer es gerne weich hat, gibt ihr noch ein paar Minuten. Dampft die Suppe im Teller, verfeinert sie ein guter Klacks Crème fraîche.

2 Möhren 2 Pastinaken 2 Petersilienwurzeln 1 kleine Knolle Rote Bete 6 kleine Kartoffeln 1 Zwiebel 1–2 EL Butterschmalz 1 Teelöffel Gemüsebrühe Salz Pfeffer Thymian Crème fraîche

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Kommt die Zeit des Spargels, ist es nicht meine Zeit. Bei mehr als einer Portion werde ich schmerzhaft bestraft. Ich bin empfänglich für Gichtattacken. Die Schmerzen beginnen gewöhnlich sehr heftig im linken Großzehengrundgelenk. Also: Verzicht. Doch ab und zu ein Spargelcremesüppchen schmeckt auch mir fein. Unsere jüngere Tochter wohnt in der Schweiz. In einem Restaurant, bekannt für gutes Essen, stand eine solche Suppe auf der Speisekarte. Weil die Spargeln (der schweizerische Plural!) kostbar sind, war der Preis der Suppe mit 10 Franken sicherlich (mit kehligem „ch“ zu sprechen) gerechtfertigt. Ich hatte nicht erwartet, eine Suppe vorgesetzt zu bekommen, die ich als Milchsuppe bezeichnet hätte. Nicht ein einziges Stück, nicht einmal ein Stückchen Spargel schwamm in der weißen Flüssigkeit. Ich weiß allerdings auch nicht, ob es möglich ist, die Stangen des Spargels oder der Spargeln zu pürieren ohne Reste, also zusätzlich gesiebt. Besser ist immer noch ein Rezept, das so oder in leichten Abwandlungen eine von mir sehr geschätzte Suppe ergibt (meine Frau meint, das könne man nicht so genau festlegen, es gehe nach Tagesform mal so, mal so – doch bisher immer so zur positiven Seite).

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Klaus Höffgen

Was soll der Spargel in der Suppe?

SPARGELCREMESUPPE Spargel schälen und Enden abschneiden (preiswerter ist natürlich Bruchspargel, aber da ist das Schälen schwerer). Die Stangen in 2–3 cm lange Stücke schneiden. Mit Wasser, 1 Prise Zucker und Zitronenscheiben 20 Minuten aufkochen. (Blöde Frage des Mannes, als ob er kochen lernen wolle: Wie viel Wasser? Hausfrau: Das weiß man, natürlich muss der Spargel bedeckt sein und noch ein bisschen mehr.) Spargel in ein Sieb geben, abtropfen lassen, den Sud auffangen. Butter erhitzen, Mehl einrühren, anschwitzen und mit dem Spargelsud ablöschen. Unter ständigem Rühren zum Kochen bringen, Milch und süße Sahne hinzufügen. Mit Salz, Pfeffer und einem Hauch gemahlener Muskatnuss abschmecken. Die Spargelstücke zur Suppe hinzugeben.

Zutaten für 4 Personen 250 g Spargel 30–40 g Butter Salz Pfeffer Zucker Zitronenscheiben Mehl 1/4 l Milch 1/4 l süße Sahne Muskatnuss

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Angelika Peuker-Porrmann

Als Kinder haben wir den Silvesterabend immer bei meinen Großeltern verbracht. Zum Abendessen gab es Kartoffelsalat und Würstchen. Dann wurde gespielt und im Fernsehen die „Münchener Lachund Schießgesellschaft“ angeschaut. Um Mitternacht haben wir uns das Feuerwerk angesehen, wobei der Beitrag unserer Familie nur aus Wunderkerzen bestand. Danach gab es die Mitternachtssuppe meiner Oma. Das von meiner Oma handgeschriebene Rezept habe ich nach ihrem Tode an mich genommen. Man sieht an vielen Fett- und Suppenspritzern auf dem Papier, wie oft das Gericht bei uns bis heute gekocht wurde.

Mitternachtssuppe GULASCHSUPPE 30


Zutaten 1 kg Rindergulasch noch kleiner würfeln 1 kg Zwiebeln in Würfel schneiden 200 g gewürfelten durchwachsenen Speck 4 Knoblauchzehen 1 Tetrapack Tomatenpüree 1 Tube Tomatenmark 5 Lorbeerblätter 2 Nelken Thymian (getrocknet oder frisch) viel Paprikapulver Salz Cayennepfeffer oder Chilischote nach Geschmack circa 2 l Fleischbrühe 400 ml Rotwein saure Sahne

Fleisch und Speck in Olivenöl anbraten. Zwiebeln und Knoblauch dazugeben und schmoren lassen. Nach circa 20 Minuten mit Brühe ablöschen und mit den Gewürzen circa 1 Stunde auf kleiner Flamme köcheln lassen. Zum Schluss Rotwein und saure Sahne dazugeben.

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Ein Rezept aus altem Familienbesitz. Meine Vorfahren kamen aus Ostpreußen und dieses Blaubeergericht war ein sehr begehrtes Essen für helle Sommertage. Meine Mutter hat es mit Liebe zubereitet und auch die Mutter meiner Mutter. Wahrscheinlich war früher alles etwas aufwendiger, mussten doch Blaubeeren erst einmal gesammelt werden. Wahrscheinlich wurde dieser Fleiß aber auch durch ein Geschmackserlebnis belohnt, das wir heute wohl so nicht mehr kennen. (Aber mit eingemachten Blaubeeren sind zumindest meine Kinder immer äußerst zufrieden gewesen.)

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Dr. Gertrud Spatschek

Für helle Sommertage

BLAUBEERKALTSCHALE MIT KLÜTERN Zutaten

Mit dem Saft der Blaubeeren und etwas zusätzlichem Wasser Sago aufkochen und zu Froscheiern ausquellen lassen. Blaubeeren dazugeben und süßen. Für die Klütern (Klöße) die Zutaten zu einem zähen Nudelteig verrühren. Davon esslöffelweise abstechen und in die kochende Suppe gleiten lassen. Wenn die Klütern oben schwimmen, Herd abschalten und die Suppe kalt werden lassen. Mit frischen Aprikosen oder Sauerkirschen ist die Suppe auch lecker.

für die Suppe: 1 Glas eingemachte Blaubeeren (Das ist die bequeme Lösung. Mit frischen Blaubeeren ist es entweder umständlicher oder teurer.) 2–3 EL Sago Zucker nach Geschmack für die Klöße: 4 gehäufte EL Mehl 1 Prise Salz 1 Ei 1 EL Zucker etwas Wasser

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Dirk Brall

Als wir vor einigen Jahren in Schwarzort auf der Kurischen Nehrung waren, grillte Albertas für uns immer frisch gefangenen Fisch. Er füllte ihn mit Kräutern aus dem Garten, legte eine Zitrone hinein, würzte ihn und wickelte ihn in Alufolie, die er luftdicht verschloss. Seitdem haben wir oft Fisch auf diese Weise gegrillt. Leider wohnen wir nicht am Wasser, deshalb essen wir gerne geräucherten Fisch. Und diese Suppe mit Zucchini und Zitronen hat bisher jeden überzeugt. An einem Tag sind wir von Schwarzort nach Nidden geradelt und haben uns das Ferienhaus von Thomas Mann angeschaut. Zufällig fand gerade eine Lesung statt. Abends saßen wir dann wieder bei Albertas im Garten, direkt am Haff. Er erklärte uns die Wimpel der Fischer. Und schenkte Wodka nach. Irgendwo grunzte ein Wildschwein, die Ostsee rauschte in der Ferne. Im Morgengrauen würden die Fischer wieder rausfahren. Der Geschmack von Zitrone und Fisch blieb.

Der Geschmack von Zitrone und Fisch ZITRONENFORELLENSUPPE 34


Zutaten

Die Zwiebel und 1 Zucchini würfeln und in Olivenöl anschwitzen. Dann mit der Gemüsebrühe ablöschen, die Schlagsahne, Zitronenschale und -saft hinzufügen. 15 Minuten lang aufkochen, anschließend pürieren. Zweite Zucchini und die Forellenfilets würfeln und hinzufügen. Wenige Minuten in der Suppe ziehen lassen, nicht mehr aufkochen. Mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.

1 Zwiebel 2 Zucchini 350 ml Gemüsebrühe 200 ml Schlagsahne 2 geräucherte Forellenfilets 1 Bio-Zitrone (gepresst und die Schale abgerieben) Muskat, Salz, Pfeffer

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Bei kaum einem anderen Kindheitsgericht waren die Lager in der Familie so gespalten wie bei der Graupensuppe. „Kälberzähnchensuppe” sagte Opa dazu und schüttelte sich leicht, die Abneigung meiner Mutter war weitaus größer. Nur Oma und ich konnten von diesem sämigen Beinahe-Brei nicht genug bekommen. Deshalb hatte meine Großmutter immer Graupensuppe für mich mitgekocht und portionsweise abgefüllt, als ich schon lange nicht mehr zu Hause gewohnt habe. Jahre später. Oma kann nicht mehr kochen und wird stattdessen von meiner Mutter liebevoll versorgt. Dass Graupensuppe nicht mehr auf dem Speiseplan meiner Mutter stand, leuchtet ein. Gleichzeitig bekam ich immer mehr das berüchtigte Geschenk-Problem. Was schenkt man einer alten Dame, die wirklich alles, alles hat. Graupensuppe vielleicht? Portionsweise abgefüllt und einfrierbereit – so wie sie es früher für mich gemacht hat? Die ersten Kochversuche waren enttäuschend, das Ergebnis reichte lange nicht an die Suppe meiner Großmutter heran. Mit diesem Rezept waren wir aber beide zufrieden, auch wenn vielleicht das allerletzte Quäntchen fehlte.

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Sandra Rudel

Kälberzähne

GRAUPENSUPPE À LA OMA Zutaten

Wasser in einen Topf füllen, Fleisch, Knochen, Zwiebel und grob zerkleinertes Suppengemüse dazugeben, leicht salzen, erhitzen und etwa 1 ½ Stunden köcheln lassen, bis das Fleisch schön weich ist. Brühe durchsieben, Suppengemüse und Fleisch kleinschneiden. Die Graupen abspülen. Wer die Suppe nicht so schleimig mag, kann die Graupen auch kurz ankochen und noch einmal abspülen. Die selbst gekochte Brühe erhitzen, die Graupen zugeben und eine halbe Stunde kochen lassen. Dann die gewürfelten Kartoffeln zufügen und weitere 15 Minuten kochen. Die Hitze reduzieren. Von den Bratwürsten jeweils einen kleinen Zipfel abschneiden und vorsichtig kleine Klößchen in die Suppe drücken. Das klein geschnittene Suppengemüse und Fleisch wieder hinzugeben. Noch ein paar Minuten ziehen lassen und dann mit der Petersilie bestreut servieren.

für 4 Personen für die Brühe: 500 g Rindfleisch (Hohe Rippe, Beinscheibe oder Tafelspitz) Markknochen zum Auskochen etwas Salz 1 Zwiebel, geschält Suppengrün (Petersilie, Möhren, Porree, Sellerie) Liebstöckel nach Geschmack für die Graupensuppe: 250 g Graupen (ich mag ja die groben, aber das ist Geschmackssache) 3–4 Kartoffeln, gewürfelt 2 grobe Bratwürste glatte Petersilie, in Streifen geschnitten

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Mein kleines Gericht kommt als Auftakt eines MenĂźs im Freundeskreis zum Einsatz. Es stillt den ersten kleinen Hunger und macht Appetit auf weitere VerwĂśhnungen.

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Ingeborg Böll

Ein kleines Gericht

GEBACKENE AUBERGINEN Jeweils für 2 Personen wird 1 Aubergine halbiert und mit Zitronensaft beträufelt, dann legt man sie mit der Schnittseite nach unten auf ein Backblech und schiebt sie unter den vorgeheizten Grill. Nach etwa 15–20 Minuten sind die Auberginen gar, sie dürfen außen ruhig etwas schwarz werden. Jede Auberginenhälfte wird vom Gast bei Tisch mit grobem Salz gewürzt und mit köstlichem Knoblauchöl beträufelt.

Zutaten Auberginen Zitronensaft grobes Salz Knoblauchöl

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Ricarda Laber

Geburtstagsbrunch FRISCHKÄSE-DATTEL-CREME

Als ich vor einiger Zeit zu einem Geburtstagsbrunch eingeladen war und all die herrlichen Gaumenleckereien des Buffets sah, war ich froh, vorher nur meine Joggingrunde gedreht und NICHT das übliche kleine „Überbrückungsfrühstück“ zu mir genommen zu haben. Denn so war mehr Platz, um von all den Köstlichkeiten wenigstens EINE Portion probieren zu können (was bei mir schon fast die Kapazitätsgrenze sprengte ...). Aber die Dattel-Frischkäse-Creme, die toppte bei mir alles andere! Als ich nach dem Rezept fragte, stellte sich auch gleich heraus, dass dieses Rezept im Freundeskreis schon vielfach weitergereicht worden war und wohl mindestens deutschlandweit Verbreitung gefunden haben muss. Es würde mich also nicht wundern, wenn dieses Rezept noch von einigen anderen Werdenern eingereicht worden wäre ...

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Die Frühlingszwiebeln waschen und möglichst klein schneiden oder hacken. Auch die Datteln in möglichst kleine Stücke schneiden/hacken. Die restlichen Zutaten miteinander verrühren (ganz wichtig: Zitrone nicht vergessen!). Die Zwiebeln und Datteln dazugeben, vermengen und mit Salz und Pfeffer würzen. Fertig!

Zutaten 1 große Dose Frischkäse (300 g) 1 kleiner Becher Joghurt (125 g) 1 Bund Frühlingszwiebeln 70 g entsteinte Datteln Saft einer Zitrone Salz, Pfeffer

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Die Küche meiner Kindheit war das Schlachtfeld dicker Frauen aus mageren Zeiten. Durch Mangel und Fantasie geschult, wären sie niemals auf den Trichter gekommen, nach Rezepten zu kochen. Das Maß aller Dinge, das sie brauchten, hatten sie in den Händen, die ihnen auch Knet-Rührhaken und Probierlöffel waren. In dieser Kneipenküche tief im Westen ging es im Wesentlichen um die korrespondierenden Gerichte zu Export und Samtkragen. Kalte Koteletts, heiße Muscheln im Herbst, Frikadellen – mit viel Brötchen drin – und das verschollene Russisch Ei waren meine Gaumenvorschule und Freude meines Alters, wenn ich sie denn heute noch mal finde – im Ruhrgebiet inner Kneipe! Passend zum Osterfest ein weiterer ausgestorbener Klassiker, an den ich mich gern erinnere. Das Solei. In ferner Zeit auf jedem Tresen mystisch in trüben Gläsern gefangen und zum Ärger der Oma – Sauerei! – mit Öl, Senf, billigem Essig in einem Hieb verschluckt! Die ganze Trinksaison über (nicht nur zu Ostern) Grundlage, Proteinquelle und Katerfrühstück. Das Rezept blieb mir Jahrzehnte ebenso trüb verborgen und es gibt keine mehr, die erzählen könnte, wie es ging. Aber ich rekonstruiere: je einfacher, desto echter ist die Zubereitung. 42


Petra Gärtner

Die Küche meiner Kindheit war das Schlachtfeld dicker Frauen aus mageren Zeiten SOLEIER Zutaten

Eier, wie gewohnt knüppelhart kochen. Salz, Zucker, Kümmel, Pfefferkörner, Piment, Lorbeer, Zwiebelschale und 1 l Wasser aufkochen. So lange rühren, bis sich das Salz aufgelöst hat und eine „Sole“ (starke Salzlösung) entstanden ist. Salzlösung etwas abkühlen lassen und noch warm über die Eier gießen, sodass alles vollständig bedeckt ist. Ein großes Gurkenglas würde hier passen. Eier mindestens 24 Stunden, besser 2–3 Tage im Kühlschrank in der Sole ziehen lassen. Durch die Risse in der Schale zieht etwas Salz und das Aroma der Gewürze ins Ei. Und die braune Farbe der Zwiebelschale zeichnet sich wie ein Marmormuster auf den Eiern ab. Zum Essen die Soleier pellen, halbieren und das Eigelb vorsichtig herauslösen. Je etwas Öl und Essig in die entstandene Mulde geben, mit Pfeffer würzen und das Eigelb vorsichtig mit der runden Seite nach oben wieder draufsetzen. Nach Geschmack etwas Senf auf die Soleier. Und nun ab damit! Hopfen und Malz, rinn innen Hals! Die Soleier halten sich etwa 5 Tage, werden aber mit der Zeit etwas salziger. Für Feingeister aus dem Süden der Republik: Der Sud kann mit etwas Rote-Bete-Saft oder ausgedrücktem Petersiliensaft eingefärbt werden. Nach dem Pellen ergibt das ein zartes Muster in der jeweiligen Farbe – sozusagen marmorierte Soleier. Fisimatenten, würde Oma sagen!

für 12 Soleier 12 Eier 60 g Salz 1 TL Zucker 1 TL Kümmel 1 TL schwarze Pfefferkörner 3 Pimentkörner 1 Lorbeerblatt Schale von 1 braunen Zwiebel zum Servieren: Öl Essig frisch gemahlener Pfeffer Senf

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Die schwäbische Küche lernte ich 1967 in Tübingen kennen, wo ich ein paar Semester verbrachte. Weniger an der Uni, noch seltener gebeugt über Fachbücher in meiner Bude. Die war zwar zentral gelegen, aber desto winziger: 3,5 x 2,2 m, drei Wände mit Schrägen, nach der Wohnflächenverordnung also circa 5 m2, mithin eine Art Wohnklo, ausgestattet mit einem Bett, einem Tisch, einem Waschbecken und (immerhin) zwei sozial orientierten Stühlen. Der Schrank stand jenseits der Tür auf einem Treppenabsatz. Meine Liebste holte während zweier Semester (ich hatte dafür neun lange Jahre gebraucht) das große Latinum nach: viermal die Woche zu nachtschlafender Zeit von sieben bis acht, anschließend Kaffee bei mir. Wenn ihr meine Zimmerwirtin im Gefolge vierer ihrer Katzen auf der Treppenstiege begegnete, hieß es etwas spitz: Mer weiß nie, kommet se oder ganget se? Der Schwabe an sich ist bekanntlich ja sparsam, dementsprechend die schwäbische Küche. Maultaschen, Linsen/Spätzle, Krautspätzle, saure Leber, saure Kutteln, Eintöpfe (etwa Hoppelpoppel oder Gaisburger Marsch). Cucina povera, oder besser (weil der Schwabe als solcher ja nicht arm ist) cucina ecònoma. Zu meinem (und ihrem) Leidwesen verbrachte die Liebste monatlich ein bis zwei Wochenenden „daheim“. Es war immer ein großer Abschied. Noch größer war nur die Wiedersehensfreude, wenn ich sie vom Bahnhof abholte … Schräg gegenüber lag eine Imbissstube, gediegene regionale Küche (siehe oben), ohne viel Schnickschnack.

Vier Resopaltische mit ebenso vielen Stühlen, Servietten im Spender (immerhin!). Hieß damals aussagekräftig „Zum Zum“. Mittlerweile zur „Osteria morta della piccola“ mutiert. Alles „fatto a la casa“. Egal, war aber schon damals so. Wenn sich erwähnte Wiedersehensfreude gelegt hatte, ging’s dort hinein. Die Gattin (jedenfalls tat sie so) des Besitzers/Inhabers/Kochs wusste schon Bescheid: „Wie immer?“ – „Wie immer“. Nach drei Minuten war’s auf dem Tisch: zwei Wurstsalat, zwei Viertele Haberschlachter, kein Wasser. Schwäbischer Wurstsalat: große Suppenteller (in denen man später die „Pasta del cheffe“ servierte – Schwaben können das), ein See von Essig(-essenz. Für alle, die’s nicht mehr wissen und ihn nur zu Reinigungszwecken einsetzen: Mischungsquotient zu Wasser schätzungsweise 1:5), überragt von einem Berg Fleischwurst und Zwiebeln, Zwiebeln, Zwiebeln, an Festtagen mit einem Stiel Petersilie. Ergiebiges und nachhaltiges Essen, doch situativ zwingend für beide das gleiche („semper idem quia aliquid haeret“)! Inzwischen sind wir ja alle etwas weiter. Aber mehr hin als wieder muss es noch mal sein. Hier für die, die absolut mehr wissen möchten, mein abgewandeltes Rezept (wie der Italiener sagen würde „tris de salsiccia“), natürlich für zwei Personen: Und für den, der auch dieses Geheimnis wissen will: Die Liebste ist nach knapp 50 Jahren noch dieselbe. Aber dafür gibt’s kein Rezept.

Christoph Wacker

Storia senza ricetta WURSTSALAT, SCHWÄBISCH 46


Zutaten

Je 80 g Bio-Fleischwurst, Presskopf oder andere Sülzwurst, Lyoner o. Ä., alles geschnitten (eigenhändig oder vom Metzger ihres Vertrauens) in 7-mm-Scheiben. 5 Schalotten, möglichst die länglichen „Bananenschalotten“, quer sehr dünn schneiden. Vorsicht Finger! Vinaigrette aus reichlich Chardonnay-Essig und ein bisschen Olivenöl. Durchmengen, 1 Stunde oder mehr (je nach Ankunft oder Wunsch des/der Gastes/Gästin) durchziehen lassen. Wer sich mehr (auch finanziell) zur anderen Seite des Bodensees orientiert, ersetze 1/3 Wurst durch Appenzeller o. Ä. Ist aber für Schwaben unerträglich teuer und heißt dann Schweizer Wurstsalat.

80 g Bio-Fleischwurst 80 g Presskopf oder andere Sülzwurst 80 g Lyoner 5 Schalotten Chardonnay-Essig Olivenöl

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Omas Salat, geliebt von der ganzen Familie, darf auf keiner Feier fehlen! Dazu gibt es IHRE Frikadellen und alle sind gl端cklich. Mittlerweile 94 Jahre alt, hat Lilo immer noch das Gesp端r, um dem Salat die richtige Note zu verleihen. Wenn die Familie gefragt wird, was soll es an Heiligabend zu essen geben, kommt aus allen Kehlen: Oma Lilos Kartoffelsalat! Oft kopiert, nie erreicht, wenige Zutaten, aber sehr schmackhaft mit einer Prise Liebe zubereitet.

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Elke Schrödter

Mit einer Prise Liebe

OMA LILOS KARTOFFELSALAT Zutaten

Pellkartoffeln kochen, erkalten lassen und pellen, in kleine Würfel schneiden. Gewürzgurken ebenfalls in kleine Würfel schneiden. Zwiebel sehr, sehr fein würfeln. Eigelb und Senf im Mixer verrühren, sehr langsam Öl dazugießen (feiner Strahl), mit Salz und Pfeffer abschmecken. Eischnee schlagen. Kartoffeln, Gurken, Zwiebeln mit der Mayonnaise mischen – mit Essig abschmecken. Dann den Eischnee unterheben. Einige Stunden ziehen lassen. Eventuell nachwürzen und mit einem Schuss Gurkenwasser angießen.

für 4 Personen 1,5 kg festkochende Kartoffeln 1 Glas kleine Gewürzgurken 1 kleine Zwiebel 2 Eigelb (Zimmertemperatur!) 1 Eiweiß 11/2 TL Löwensenf 1/4 l Sonnenblumenöl Salz, Pfeffer und ein Schuss weißer Essig

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Zu Hause gab es zwei typisch rheinische Gerichte, die meine Lieblingsspeisen waren und die auch heute noch in meine persönliche Gourmet-Top-Ten gehören. Zu bestimmten Fest- und Feiertagen gab es Sauerbraten mit wunderbarer Aachener-Printen-Rosinen-Soße. Der eigentliche Anlass jeglichen Festes verblasste für mich, wenn es zum Genuss dieser besonderen Gaumenfreude kam. Und dann gab es noch dieses spezielle Fest, das u. a. die Rheinländer wie kaum ein anderes begehen: Karneval. Wann genau die Familientradition bei uns einsetzte, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls gab es viele Jahre in Folge ein gemeinsames Karnevalsritual. Mutter bereitete unter Überwindung ihrer tiefen Abneigung gegen jegliche Art von Fisch am Karnevalsdonnerstag eine große Schüssel wunderbaren rosaroten Heringssalats zu, den ich für sie abschmecken musste.

Am Abend des Karnevalsfreitags versammelte sich dann die Familie um den gedeckten Wohnzimmertisch vor dem Fernseher. Konkreter Anlass für dieses Zusammenkommen war interessanterweise nicht etwa eine original rheinische Karnevalsveranstaltung, die unser Fernseher zu bieten gehabt hätte. Nein, es war die Sitzung „Mainz bleibt Mainz“. Das könnte ich nun als ganz besondere Toleranzleistung meiner Familie hinstellen, aber das wäre deutlich übertrieben. Richtig ist vielmehr, dass mir persönlich das Fernseh-Begleitprogramm relativ egal war. Meine weitgehend ungeteilte Aufmerksamkeit gehörte ohnehin dem wunderbaren Inhalt der großen rosa Schüssel …

Benedikt Geulen

Besser als Büttenreden RHEINISCHER HERINGSSALAT

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Zutaten 1 Glas Rollmöpse 1 Glas Rote Bete 1 kleines Glas Mayonnaise (80%) 1 Tüte Walnusskerne 2 Äpfel 3 festkochende Kartoffeln 100 g Zucker Pfeffer zum Abschmecken

Rollmöpse, Rote Bete, Walnusskerne, Äpfel und gekochte Kartoffeln zerkleinern und mit der Mayonnaise, dem Zucker (kein Salz!), etwas Rote-Bete-Saft und etwas Heringslake gut vermischen. Über Nacht ziehen lassen und am nächsten Tag mit etwas Pfeffer und eventuell noch etwas Rote-Bete-Saft/Heringslake abschmecken. Mit oder ohne Karnevalssitzung genießen.

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Kennen Sie die Geschichte, in der die beiden Alten der Muppet Show auf ihrem Balkon hocken und Waldorf damit prahlt, dass sich nur jüngere Frauen für ihn interessieren? Die lapidare Antwort von Statler: Das glaube ich dir gerne. Es gibt keine älteren. Warum ich die Geschichte vorwegschicke? Es gibt da Parallelen: Ich bin ein großer Freund der Küche, die mit drei Hauptzutaten auskommt. Das reicht. Sind sie von guter Qualität, kann man hervorragendes Essen zubereiten. Wenn meine Freunde mir auch glauben, wächst doch die Zahl derer, die behaupten, eigentlich könne ich gar nicht mit mehr Zutaten umgehen. Da wäre ich schlicht überfordert…

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Meinen Grapefruit-Avocado-Salat habe ich aus einem ganz anderen Grund ausgewählt. Vor einiger Zeit sitze ich am späten Nachmittag über einem durchaus spannenden Buch und stolpere über die eher unbedeutenden Zeilen, in denen eine Frau darüber nachdenkt, wie es wohl wird, wenn sie am Abend mit ihrem alten Vater essen geht. „Sicherlich nimmt er wieder einen Grapefruit-Avocado-Salat. Den nimmt er immer.” Dieser Satz reichte, um meinen Speichelfluss zu aktivieren, meinen Magen leicht knurren zu hören und mein Gehirn Hunger melden zu lassen. Ich sprang auf, hetzte zu meinem Obsthändler, der bereits dabei war, die Auslagen einzuräumen, ergatterte zwei Grapefruits und (ich hatte Glück) zwei richtig reife Avocados. Enttäuscht wurde ich nicht. Es wurde ein ziemlich gutes Abendessen, leicht und – man mag es nicht glauben – obendrein sättigend. Mittlerweile gab es diesen Salat bereits ein gutes Dutzend Mal. Hier ist die etwas verfeinerte Version.


Thomas Schmitz

Waldorf & Statler

GRAPEFRUIT-AVOCADO-SALAT Vier Chicorée-Blätter auf je einen Teller legen. Die Avocados (sie müssen wirklich reif sein, sonst macht alles keinen Sinn) aus der Schale holen und in kleine Stücke schneiden. Die Grapefruits filetieren und in ebenso große Stücke schneiden. Den Gouda klein würfeln. Alles zusammenmengen, mit Olivenöl beträufeln, pfeffern, salzen und anschließend auf die Teller in die Chicorée-Schiffchen verteilen. Wer Lust hat, kann noch ein paar zerhackte Walnüsse oder Pinienkerne rösten und über den Salat streuen. Mit einem Baguette serviert und einem leichten Rotwein dazu, ist es ein perfektes kleines Essen.

Zutaten für 4 Personen 1 Chicorée 3 Avocados 3 Grapefruits 200 g mittelalter Gouda Olivenöl Pfeffer, Salz

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