Baumwollproduktion und Pflanzungswirtschaft in de Nordamerikanischen Südstaaten

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wirtschaftlicher Erfordernisse und Zwecke und socialer Anschauungen hatte schon vor dem amerikanischen Unabhangigkeitskampf im Norden und Süden ein in seinen Zielen und Ideen fest gefügtes Gebilde geschaffen, an welchem die Anschauungen der Revolutionszeit ein Reformwerk mit nur teilweisem Erfolg versuchten1. Die Vorrechte an Grund und Boden, Entail und Primogenitor, werden liberali aufgehoben2. Dies ging, wed kein erhebliches Moment dagegen vorlag ; Vorrechte spielten damais in der Landfrage des neubefreiten Amerika keine Rolle, denn unbeschränkter Grunderwerb war jedermann leicht erreichbar. Anders wurde es, als man gegen die Sklaverei vorgehen wollte, weil hier fur die südliche Produktion wichtige Momente in Frage kamen, die im Norden fehlten; mehr noch, weil bei der numerischen Starke des Sklavenelements im Süden der allgemeinen Theorie, dafs alle Menschen frei und gleichgeboren etc., im Rassenunterschied ein praktisch unüberwindlicher Widerspruch gegenübertrat. So beschrankte man sich, eine Ausdehnung der Sklaverei zu verhindern und überliefs ailes Übrige dem Walten der Vorsehung, deren besondere Teilnahme man in Amerika von jeher zu besitzen glaubte. Die Philosophen erwarteten, die „ewigen Wahrheiten" würden sich mit der Zeit automatisch und unwiderstehlich zur Geltung bringen. Die Erfahrungen mit den standig abnehmenden Sklavenbeständen Westindiens schienen zu gewährleisten, dafs eine Sklaverei ohne Importe neuen Materials einem sichern Tode überliefert werde; man hoffte also zuversichtlich, mit der kleinen Hilfe des Einfuhrverbots die Todesstunde der Sklaverei naher heranzurücken und zu erleichtern 3. Dabei beachtete man Verschiedenes nicht. Es hatte sich bereits bisher die Lage des Sklaven in Nordamerika von der seines westindischen Bruders unterschieden, weil dort nicht die Verminderung die Regel bildete, sondera stets eine natürliche Zunahme vorgeherrscht hatte. Dies hatte verschiedene Gründe4. Erstens die nordlichere Lage, die die Arbeit weniger ruinös machte, als im Tropenklima ; zweitens die geringere Eintraglichkeit der Landwirtschaft in diesen Gegenden verglichen mit der Zuckerproduktion, „die mehr Leben vernichtete als die 20 Jahre europäischer Kriege nach der französischen Revolution“, weil es sich bei ihr bezahlte, die Arbeitskrafte auf das schonungsloseste auszunützen; demgemäss hatte man drittens von jeher mehr Wert auf die Erzeugung von Nachwuchs gelegt, den Sklaven nicht 1

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Oben S. 47-48. Oben S. 100—101. Oben S. 184 —185. Weston, Progress of Slavery, S. 87—89.


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