Nr 10 1936

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D A S 11. A N G L O - S W I S S R E N N E N Murren 9. Januar 1936 .,

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Von Heinrich Fueter, SAS,Zurich

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Es war ein sehr umständlicher, h ß e r s t akademischer Weg, den unser doppel-ein(s)maligesAnglo-Swiss-Treffen nach glücklich bestandenem Dezennium dieses Jahr ging. Prestige, Finanzen, Tradition und Neulandprinzipien jagten sich, in Lettern festgelegt, herüber und hinüber, hallten hingeknurrt durch Kabel und Drähte, waren Hebel und Hindernis, bis daß der neunte Jänner den Schiltgrat und seine zweimal sechs Kämpen mit abertausend winzigen Flocken friedlich überrieselte. - Später dann, als der Frühling bereits wieder unsere Berge ., unerquicklichen Novemaus Kleinlichkeit „weniger", St. Moritz nicht aus Eigennutz ,,mehr offerierte" (so nämlich hieß das vielzitierte, schöne Wort!). Doch die Rückkehr zum angestammten Oberland, nach der einmaligen Escapade an die Corviglia, war durchaus sinngemäß. Wir wollen unterscheiden zwischen Tradition und Tradition. Sie kann lebendige Erinnerung oder für das Anglo-Swiss voll ,und ganz zu. Nicht, daß wir die Freundschaft engherzig an einen Ort binden möchten, aber wir wollen einmal gsorte wiederempfinden. 1 1. - .Pas ist keine alberne Sentimentalität, sondern eine achtenswerte Angelegenheit des Gefühls, deren Richtigkeit

. . - -fAblich ist es, daß selbst der spannende Stand von 5 : 5 dem Rennen seinen friedlichen Kampfgeist (dieses Paradoxon existiert !) nicht zu nehmen vermochte. Das Equilibre hat auch nach dem verdienten Sieg des SAS, dem neuen Ergebnis 6 : 5, nicht um eine Nuance gezittert. Die innere Gleichheit, Wohlgesonnenheit und Fairpess dieses Wettkampfes ist wohl einmalig! , . Zu den alten Freundschaftsfahrern Streiff, Kaech und Müller gesellten sich Galatti, Ren6 Jaeger und Senarclens. Bei den BUSC-Mannen waren Raeburn und Green allein ,,altes Kaliber", mit Tomkinsori und Kessler : vor allem hatten sie gute Neulinge; de Cosson und Sydenham vervollständigten die Sechs. ::-DieKandahar-Strecke trug über glasigem Grund eine kleine trügerische Prise Neuschnee. Die Sicht war durch Nebel- und Schneetreiben schlecht, ergo, Tücken allerorts. Die Fahrer nahmen nur für einen winzigen Moment feste Gestalt an, dann verschwanden sie in milchigem, schleierhaftem Grauweiß: Tomkinson fährt mit Flair, Raeburn hat Streckenkenntnis, Streiff „Kopf", Senarclens Wucht, Gallati zuletzt keine Brille, Green Stand, ' Kaech Eleganz und Jaeger zuviel Hocke. Dies ist auch ihre Rangfolge. Fügen wir hinzu, daß bei den Schweizern das Teamfabren stark zum Ausdruck kam. Es ging ihnen nicht um eine Bestzeit, sondern um das MannschaftsKlassement. Was sich die SAS-ler diesmal vorgenommen hatten, haben sie auch im Sturm des Gefechts gehalten. Wem Arnold Lunn einen Morgen lang sich selbst überlassen ist mit zwei Dutzend Stangen, so heischt seine philosophische Natur ihr Recht. Dieser Geltungsanspruch ist geradezu äußerlich sichtbar. Eine mittelalterliche Kapuze überdeckt seinen bekannten Hut und unter diesem äugt eine riesige Hornbrille. Fast mystisch ist das Sinnen und Handeln dieser stangenbewehrten Figur am Nursery-Hang, deren kauzige Originalität Nebelschwaden umschleichen. Wir haben sie oft der allzugroßen Kniffligkeit iin Flaggenwald bezichtigt, diesmal täten wir ihr Unrecht. Der Slalomwar rasch, offen, - ja verführerisch schnell, gerade dort am schnellsten, wo eine Lum'sche ,,Reminiszenz" die Piste zierte: ein Bastard aus wülstiger Schneise und engschlündigem Rechtstor. Zum Schluß fegten die Zwölf demonstrativ zwischen den Zuschauern durch eine hunte Vertikale, beim ersten Lauf nach dem Ziel einer währschaften ,,Holzhurd" entgegen, nach dem zweiten hinein in freien, sonnenbeschienenen Sulz. Gerade im zweiten Gang zeigten sich die Taktiker. Streiff als Letztfahrender zeigte sich hier, einmal mehr, allen anderen überlegen. Jedes Tor schwang er fein säuberlich gerade in jenem kleinen Fleckchen an, das noch kein anderer blankgescheuert hatte. Jaeger verhalf zum zweiten ehrenvollen Slalomplatz. Er überraschte sich selbst, Kameraden und Publikum. An nächster Stelle steht Digby mit dem witzig kleinen Schnurrbart. Sein Kombinationsresultat steht nur um einen Bruchteil hinter demjenigen Streiffs. Die Schweizermannschaftkam durch ihr ruhigeres Fahren zum zweiten Erfolg und geht aus dem Kampf mit großem Vorsprung als Kombinationssieger hervor. Die neue Kombinations-Bewertungsmethode Schulers, befürwortet von Lunn, hat unser2.0$%~ndi Gurtner nicht mit Unrecht mit dem Rätsel-Witz . . . und wie alt ist dann der Kapitän? verglichen. :7 .:l? ;,.ilaF?$ z%e"iZ" Gegenüber dem Vorjahr ist vor allem die Verschiebung in Abfahrt und Slalom auffallend. Erstere Engländer an der Spitze, letztere zwei Schweizer. Die Tips lauteten eher umgekehrt. Das Anglo-Swiss-Dinner hat auch diesmal seinen ganzen Zauber den fröhlichen Abendstunden verliehen. Da liegt plötzlich Resultat, Sieg, Kampf und Besiegtsein weit hinter uns. Der Skipapst spricht, King George und Mutter Helvetia werden geehrt, die Captains replizieren, wir singen die Lieder jeder Heimat und die Strophen mit den Texten aller Gattung, wir freuen uns des Daseins, - der Vergangenheit und des Weiterlebens des Anglo-Swiss !


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