infosantésuisse Nr.04/2011 deutsch

Page 3

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm Wann ist ein Apfel ein guter Apfel? Die Frage scheint banal. Doch weit gefehlt. Denn was meint «gut»? Ist es die rote Haut, die ihn «gut» macht? Oder die Grösse, die den Rahmen einer Norm nicht sprengt? Ist er «gut», wenn er mir schmeckt, oder nur, wenn mir eine Prüfstelle anhand verschiedener Indikatoren seine Qualität bescheinigt? Apropos Prüfstelle: Wer soll die Apfel-Qualität denn prüfen, messen, kontrollieren? Beamte, die über die Obstplantagen herfallen oder der anbauende Bauer selbst? Wer garantiert mir im letzten Fall, dass der Bauer nicht schummelt? Wer bestimmt, welche Indikatoren gemessen werden? Ist der Grad der Fäulnis ein Kriterium? Der Anteil an Schadstoffen? Oder der Kommentar der kauenden Grossmutter? Oder soll gar nicht das Ergebnis gemessen werden, sondern der Weg zum Apfel? Prozesse, Strukturen, Management? Einfacher wäre, man legt das Augenmerk auf Hotspots und schreibt dem Bauer vor, dass er keine Pestizide verwenden darf. Genügt das? Wohl kaum. Umfassender ist es, den Schadstoff im Endergebnis Apfel zu messen. Dann weiss der Bauer, dass in der Produktion irgend etwas krumm läuft und kann reagieren. Der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm. Wie bringt man eigentlich alle Bauern dazu, das Gleiche zu messen? Was, wenn sie sich weigern und drohend mit den Heugabeln rasseln? Gibt es dann weniger Geld? Oder droht der mühsame Gang zum Kadi? Und: Wer zahlt das Ganze? Die Konsumenten, Produzenten, der Staat oder alle zusammen? Warum eigentlich soll die Qualität überhaupt gemessen werden? Garantiert nicht die Person des Anpflanzers, seine Kunst, sein Selbstverständnis, seine moralische Integrität, dass ein guter Apfel auf den Tisch kommt? Was würde wohl Evas Adam dazu sagen? Sie sehen, auch an Äpfeln kann man sich die Zähne ausbeissen – wenn es darum geht, ihre Qualität zu bestimmen. Anders als am Beginn der Menschwerdung sollte die Auseinandersetzung mit dem Apfel in diesem Heft aber dazu führen, Sündenfälle zu verhindern. Ich wünsche Ihnen eine qualitativ befriedigende Lektüre.

3 | Editorial 4/11

Silvia Schütz Chefredaktorin infosantésuisse


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.