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Im Gespräch: Marlise Vögtlin, Projektleiterin für die Neue Kaufmännische Grundbildung bei santésuisse

«Dem Aufwand der Berufsbildner wird zum Teil nicht genügend Rechnung getragen» Die Lernenden auf ihrem Weg in die Berufswelt und bei ihrer persönlichen Entwicklung zu unterstützen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Berufsbildner übernehmen zusätzlich zu ihren alltäglichen Arbeitsaufgaben eine grosse Verantwortung bei der Ausbildung ihrer Lernenden. Durch ihren Einsatz in der Nachwuchsförderung leisten sie einen wichtigen Beitrag zur erfolgreichen Ausbildung. Marlise Vögtlin, Projektleiterin für die Neue Kaufmännische Grundbildung bei santésuisse, spricht im Interview aber auch von den Schwierigkeiten, mit denen die Ausbildner zu kämpfen haben.

Die Lernenden werden seit dem Jahr 2003 nach der Neuen Kaufmännischen Grundbildung ausgebildet. Was für Rückmeldungen erhalten Sie von den Berufsbildnern über die neue Ausbildung?

Die Ausbildung zur Kauffrau oder zum Kaufmann ist durch die NKG attraktiver und anspruchsvoller geworden. Durch die Einführung betrieblicher Prüfungselemente ist die Arbeit der Berufsbildner mit grossem Aufwand verbunden. Die Rückmeldungen lassen darauf schliessen, dass dem Aufwand der Berufsbildner zum Teil nicht genügend Rechnung getragen wird. Die Berufsbildner übernehmen die Ausbildungs- und Betreuungsaufgaben zusätzlich zu ihren alltäglichen Arbeitsaufgaben, oft ohne dass ihnen dieser Aufwand bei ihren Stellenprozenten angerechnet wird. Hier gibt es allerdings Unterschiede bei den einzelnen Krankenversicherungen. Weshalb hat der Ausbildungs- und Betreuungsaufwand seit der Neuen Kaufmännischen Grundbildung zugenommen?

Durch das Auslösen, das Beobachten und Betreuen sowie das Bewerten der betrieblichen Prüfungselemente hat der

Zeitaufwand für die Betreuung eines Lernenden zugenommen. Die Sicherstellung der Erreichung sämtlicher Leistungsziele ist ein zusätzlicher Aufwand. Obwohl hier die Verantwortung in erster Linie bei den Lernenden liegt, muss der Berufsbildner Hilfe und Unterstützung leisten. In der Deutschschweiz ist das Ergebnis des schriftlichen Qualifikationsverfahrens tiefer als im letzten Jahr ausgefallen. Wo liegen aus Ihrer Sicht die Gründe dafür?

Es gibt keine verbindlichen Erhebungen, welche das Ergebnis begründen. Tiefere Noten im schriftlichen Qualifikationsverfahren sind auch bei anderen Ausbildungs- und Prüfungsbranchen zu beobachten. Möglicherweise wiegen sich die Lernenden durch die Vorschlagsnoten der Arbeits- und Lernsituationen (ALS) und der Prozesseinheiten (PE) in einer gewissen Sicherheit, was das Bestehen des betrieblichen Qualifikationsverfahrens betrifft. Gespräche mit einigen Lernenden haben ergeben, dass sie sich nicht speziell auf die schriftliche Prüfung hin vorbereiten, sondern das Schwergewicht in der Prüfungsvorbereitung auf das schulische Qualifikationsverfahren legen. Am letzten überbetrieblichen Kurs führt santésuisse eine simulierte schriftliche Prüfung durch. Statistiken zeigen auf, dass sich diese Note bis zum Qualifikationsverfahren nur noch marginal steigern lässt. Wenn die Lernenden zu diesem Zeitpunkt mit der Repetition des Prüfungsstoffs noch nicht begonnen haben, reicht die Zeit kaum, sich das Wissen noch anzueignen. Sind bereits Änderungen in der Neuen Kaufmännischen Grundbildung vorgesehen?

Ja, es läuft bereits eine Revision des Ausbildungs- und Prüfungselements von 2003 für Kaufleute. Auslöser dafür ist das neue Berufsbildungsgesetz (BBG). Ziel der Revision ist es, im Rahmen der neuen Bildungsverordnung (BiVo) optimale Rahmenbedingungen für die lang-

fristige Sicherstellung des Berufsnachwuchses zu schaffen. Wo möglich und sinnvoll, möchte die Revision zudem Vereinfachungen bei der Steuerung und dem Vollzug der Ausbildungsvorschriften schaffen. Die künftige BiVo für die Kaufmännische Grundbildung soll neben der formalen Anpassung an das neue Bildungsgesetz auch die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe fördern sowie die Konkurrenzfähigkeit der dualen Berufsbildung stärken.

Marlise Vögtlin (rechts): «Die Ausbildung zur Kauffrau oder zum Kaufmann ist anspruchsvoller geworden.»

Ziel von santésuisse ist, Krankenversicherer, welche aufgrund der Organisationsstrukturen aktuell nach dem Modelllehrgang «Dienstleistung & Administration» ausbilden, wieder für unsere Branche zu gewinnen. Wir werden uns einsetzen, einen entsprechenden Modelllehrgang mit Hilfe von Ausbildungsverantwortlichen aus den Betrieben aufzubauen. Mit Einführung der neuen Bildungsverordnung ist per 2011 zu rechnen. INTERVIEW: STEFANIE MOHLER

21 | Krankenversicherung 7/08


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