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Ein unverwechselbares Duo Inge Winter und Dieter Wolf waren jahrzehntelang in der Bütt aktiv. „Inge und Dieter“ hießen sie schlicht. Bis heute erinnern sich die Menschen gern an das fulminante Duo und sein komisches Programm. Und bis heute können beide auch nicht so ganz ohne die Fastnacht bei der Homburger Narrenzunft (HNZ). Warum auch!
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m Partykeller bei Inge Winter zuhause ist es wirklich gemütlich. Aber nicht nur das. Unzählige Orden, Fotos, Urkunden und andere Auszeichnungen schmücken die Wände. Zu jedem einzelnen Stück gibt es eine Geschichte, die untrennbar verwoben ist mit Inge Winters Leben: Mit ihrer Geschichte und der ihres Bruders Dieter. Die beiden sind und waren mehr als „nur“ Geschwister. Sie waren das Duo „Inge und Dieter“ und jahrzehntelang nicht aus der Homburger Fastnacht wegzudenken. Bis heute hat das Duo einen klangvollen Namen, an den sich viele gern erinnern. Weit gereist sind sie außerdem, hatten Gastauftritte unter anderem in Bobenheim, Ramstein, Kaiserslautern.
Seit 1983 als Gärtnerin Flora in der Bütt „Meine erste Rolle war die der Gärtnerin Flora, da stand ich noch alleine in der Bütt“, sagt Inge Winter (78). 1983 war das. „Davor habe ich oft Kappensitzungen besucht und mir bei den Büttenreden gedacht, das würde ich auch gerne mal machen“, sagt sie. Als ihr Bruder in der Session 1988/ 1989 dazu kam „Ich hab ihn so lange gequält, bis er Ja gesagt hat!“ war es stets das Thema „Männer und Frauen“, das die beiden fasziniert hat. „Wir waren Engel und Teufel, Bienchen und Karl, auch mal ein Silberhochzeitspaar“, sagt Dieter Wolf. Der von 1998 an (bis 2012) noch besser bekannt wurde unter dem
Pseudonym „RTL-Rathaustelefonist Lupus“, abgeleitet vom lateinischen Wort für „Wolf“, nämlich „Lupus“. Noch heute erkennen ihn die Menschen, sprechen ihn an. „Die Leute sagen immer noch ’Das ist doch der Lupus’“, sagt Wolf. Inge und Dieter - ein eingespieltes Team. Ein Stichwort genügt und die Texte sprudeln nur so hervor. Apropos Texte: Die haben die beiden meist gemeinsam erarbeitet mit dem legendären Heinrich Biewer, ein Urgestein der Homburger Narrenzunft. „Wir haben zusammengesessen, jeder hat seine Ideen zum Thema vorgebracht. Das hatte natürlich auch immer Bezug zu dem, was in Homburg passiert ist“, sagt Inge Winter. Den letzten Schliff, die Reimform, habe schließlich Heinrich Biewer ihren Reden gegeben. „Und dann wurde geübt und geprobt“, sagt Dieter Wolf. Die beiden sprachen beim Auftritt stets frei, ohne einen Blick
auf die Zettel in ihrer Hand. Warfen sich verbal die Bälle nur so zu, ergänzten einander perfekt. „Ein Büttenredner vom Format eines Heinrich Biewer ist wirklich einmalig. Heute noch gute Redner zu finden, das ist nicht leicht“,
sagt Rüdiger Schneidewind. Auch er ist zu Inge Winter in den Partykeller gekommen, hat aber als viel beschäftigter Oberbürgermeister der Stadt Homburg – und, was natürlich wichtiger ist, als 1. Zunftmeister der
Als Bütten-Duo „Inge und Dieter“ haben sie sich einen Namen gemacht und sind beide bis heute in der Homburger Narrenzunft aktiv.
Homburger Narrenzunft – nicht viel Zeit. Seit 17 Jahren ist er bei den Homburger Narren aktiv, hat selbst oft in der Bütt gestanden. „1955 wurde die Narrenzunft hier in Homburg gegründet“, sagt er. Ein durchaus elitärer Verein sei die Narrenzunft damals gewesen, vertreten vor allem durch Geschäftsleute und hohe Herren. Schneidewind: „Inzwischen sind wir breiter aufgestellt,
Foto: Spellbynder
eine gesunde Mischung aus allen sozialen Schichten.“ Rund 500 Aktive zählt die HNZ, darunter vor allem Kinder- und Jugendliche. Die Kategorie Tanz sei, vor allem bei Mädchen, sehr gefragt, einschließlich der eigenen BallettAbteilung, die es bei der HNZ seit 2011 gibt. „Die Karnevalsvereine sind bei den Mädchen das, was die Fußballvereine bei den Jungs sind“, sagt Schneidewind. Und verweist sogleich darauf, dass nicht er selbst Schöpfer dieser Erkenntnis sei, sondern Volker Wagner, ehemaliger Vorsitzender des Bundes Deutscher Karneval (BDK). „Da ist was dran“, fügt Schneidewind hinzu. Dass die Fastnacht sich verändert hat, das hat auch Schneidewind in den zurückliegenden Jahren festgestellt. „Von den Sitzungen, die im Fernsehen übertragen werden, sind die Menschen regelrecht übersättigt. Außerdem sind die Ansprüche deutlich höher geworden. Die ehrenamtliche Arbeit, die ja bei den Vereinen dahinter steckt, das wird weniger wertgeschätzt“, sagt er. Und lobt im Anschluss seinen Vorstand, der bei den Homburger Narren Zunftrat heißt. Und ohne den, ohne dessen Rückendeckung „vieles nicht funktionieren würde.“ Wie überhaupt vieles ohne die Helfer der HNZ nicht durchführbar wäre. Zu denen gehören mittlerweile auch Inge Winter und Dieter Wolf. 2006 warfen die beiden das Handtuch. „Man muss wissen, wann man aufhören muss. Und das soll man ja bekanntlich, wenn es am schönsten ist“, sagt Dieter Wolf. Aufgehört - das haben beide
auch nicht so ganz. Inge Winter ist vor allem nach wie vor hinter der Bühne aktiv. „Ich freue mich jedes Mal, wenn die Session wieder losgeht, ich viele Bekannte und Freunde wiedersehe und treffe“, sagt sie. Großes Hallo allerseits, Umarmungen, freudige Begrüßungen – das tut einfach gut. Dann packt Inge Winter an, wo es nötig ist. Hilft bei der Bewirtung der Gäste. Oder schwingt Rouge- und Puderpinsel, schminkt Akteure wie beispielsweise die Sänger der „Promillos“. Die Musik- und Instrumentalgruppe gehört seit der Session 2007/2008 zur HNZ und hat in Dieter Wolf seit rund zehn Jahren ein zusätzliches stimmgewaltiges Mitglied. Auch bei Großveranstaltungen packen die beiden mit an. Wie beispielsweise bei der Süddeutschen Meisterschaft Karnevalistischer Tänze, die bereits drei Mal in Homburg ausgetragen wurde. „6000 Zuschauer, etwa 3000 Sportler, Tänzerinnen und Tänzer, das war schon eine Mammutaufgabe und anstrengend“, sagt sie. Das Publikum vermisst die beiden, vermisst Inge und Dieter jedenfalls schmerzlich. Bis heute. „Wir werden immer wieder, vor allem bei Veranstaltungen und Sitzungen, gefragt: Tretet ihr nicht auf? Aber wir sind doch nur euretwegen hierher gekommen!“, sagt Inge Winter. In der Session 2016/2017 stiegen die beiden dann doch nochmal in die Bütt, boten ihr Schauspiel dar bei beiden Prunk- und den Seniorensitzungen. Es gibt also doch ein Zurück? Ein kategorisches „Nein“ kommt dann von ihr. Und die Bühne, die Bütt, fehlt ihr das so gar nicht? Sie stockt, ganz kurz. „Doch“, sagt sie. Und lacht! wal
AUF EINEN BLICK Homburger Narrenzunft Blieskasteler Straße 13 66424 Homburg Postfach 1743 66404 Homburg info@homburgernarrenzunft.de www.homburgernarrenzunft.de 1. Zunftmeister Rüdiger Schneidewind Telefon: (01 60) 97 21 45 54
Gegrüßt seid ihr Narren - mit „Da je“, „Alleh Hoi“ und „Nix wie druff“
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n ihren Taten sollt ihr sie erkennen!“, so heißt es im Johannes-Evangelium. „An ihren Rufen sollt ihr sie erkennen“, so könnte es in der Fastnachtszeit heißen. So verschieden wie Gardeuniformen oder Kostüme sind auch die Rufe der Fastnachter. Selbst im Saarland gibt es die unterschiedlichsten Schlachtrufe. Von den Karnevalshochburgen ganz
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wie Uniform. Nicht wegzudenken aus der Fastnacht. Schließlich galt es, das Militär zu persiflieren. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, heißt, jeder Karnevalsverein ist in der Gestaltung seiner Gardeuniform frei. Nicht selten steckt allerhand aufwändige Handarbeit dahinter. Je nach „Rang“ und „Truppenteil“ gibt es mancherorts sogar innerhalb der Garde unterschiedliche Uniformen.
zu schweigen. „Helau“ erschallt es in Mainz, Düsseldorf und Koblenz. Woher es stammt, ist indes nicht ganz klar. Theorien gibt es einige. Es könnte abgeleitet sein von „Hellblau“ oder auch von „Hölle auf“. „Kölle Alaaf“ ist bekannt aus – nunja, Köln. Verwandt wurde die Redewendung tatsächlich erstmals 1635, das ist sogar schriftlich belegt. „All af“ heißt so viel wie „Alles ab“. Und im Saarland? Des „Alaaf“ haben sich die Narren auch hier bemächtigt, nämlich in Tholey mit „Tholey Alaaf“. Weit verbreitet ist das gute, alte „Alleh Hopp“. Das wird gemeinschaftlich gerufen in Humes, Illingen, Kirkel, Nalbach, Ottweiler, Reinheim, Rubenheim, Saarbrücken, Saarlouis, Schwalbach-Hülzweiler, St. Ingbert, St. Wendel und in Völklingen. Doch Obacht: Ein „Helau“ gibt es statt des „Alleh Hopp“ auch hier, und zwar in Völklingen-Ludweiler. Dort beispielsweise bei der Karnevalsgesellschaft Beeles 1927. Hier hieß es vom Gründungsjahr an zunächst „Immer lustig“, ging über „Blemm, Blemm“ zu „Helau Hopp“. Seit 2008 erklingt nunmehr ein vereinfachtes „Helau“. Ein anderes „Alleh Hopp“, das noch sehr an den französischen Ursprung erinnert, ertönt in Brit-
ten. Dort wird es „Allez Hopp“ geschrieben, was übersetzt ja so viel bedeutet wie „Auf, Los!“ Im Saarland wird bei „Allez“, zumindest beim närrischen Schlachtruf, stets die erste Silbe betont, nicht die zweite! In Ottweiler weicht das „Alleh Hopp“ durchaus auch einem „Hei six“, je nach Karnevalsgesellschaft. Und noch eine Besonderheit gibt es im Saarland, in Losheim nämlich. Dort wird nicht „Alleh Hopp“ und auch nicht „Allez Hopp“, sondern „Alleh Hoi!“ gerufen! Besondere Rufe haben sich auch die Narren in Lebach beziehungsweise Lebach-Landsweiler, Merzig und Völklingen-Geislautern ausgedacht. Hier heißt es „Da je!“. Der Ausdruck war im Saarländisch-Lexikon leider nicht zu finden, aber in dem Wörterbuch „Eifeler Platt“. Könnte übersetzt so viel bedeuten wie „aufmunternder Ansporn, um etwas oder jemanden (endlich) in Bewegung zu setzen“. Ganz ähnlich klingt es in Dillingen-Diefflen, nämlich „Nau je!“ Richtig lautmalerisch klingt der Narrenruf in Bexbach: „DiLaHei“. Das steht für „Die lachende Heimat“. Exotisch auch das „Türken Hopp“ in SchmelzLimbach. Schmelz-Limbach
selbst nennt sich die „Saarländische Türkei“. Der Ausdruck soll auf die Historie des Ortes und einiger seiner Bewohner zurückgehen. Vor Jahrhunderten wanderten angeblich arme Bauern Richtung Balkan aus. Sie wurden vertrieben und kehrten nach dem Zweiten Weltkrieg als „die aus der Türkei“ zurück. Der Rest ist Geschichte. Sind die Narren in Dirmingen los, rufen sie einander „Hoppla Hopp“ zu. In Großrosseln ist offenbar alles ganz toll, dort rufen sie „Doll Doll“. An Märchen und Zauberer erinnern die Weiskircher mit ihrem „Simsalabim Alaaf“, das auch gern mal dreifach donnern kann. In Saarhölzbach ist das „Hol Iwwa“ bekannt, die Ommersheimer machen den „Sack zu“! Im Saarbrücker Stadtteil Herrensohr (das zum Stadtbezirk Dudweiler gehört und auch bekannt ist als „Kaltnaggisch“) sind die Narren stets gut drauf und rufen also auch „Gudd druff“. In Neunkirchen schmettern die Akteure unter anderem „Heijo“. Bleibt noch der Schlachtruf „Nix wie druff!“, den sowohl die Homburger als auch die Blieskasteler verwenden. In diesem Sinne: Jedem Narren gefällt seine Kappe! Beziehungsweise sein Schlachtruf! wal Im Saarland haben die Narren ganz unterschiedliche Schlachtrufe.
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