RWTH-Themen Energy, Chemical & Process Engineering

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Bild 4: Physikalisches Modell in der Versuchshalle des IWW zur Untersuchung eines unterirdischen Speichers in Kavernenbauweise. Quelle: Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft

chende Grundlagen bezüglich des Einflusses der maßgebenden geometrischen und betrieblichen Randbedingungen auf den Füllund Entleervorgang während des Pumpen- beziehungsweise Turbinenbetriebs erforderlich. Das Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft untersucht in diesem Zusammenhang experimentell wie numerisch die Strömungsprozesse beim Füll- und Entleervorgang in unterirdischen Pumpspeicherwerken. Ziel ist es einerseits, die Nutzbarkeit vorhandener unterirdischer Kavernen und Stollen im Steinkohlebergbau, Erzbergbau und Salzbergbau für unterirdische Pumpspeicherwerke zu überprüfen und andererseits, die hydrodynamisch optimale Form zu finden. Das Institute for Future Energy Consumer Needs and Behavior untersucht in diesem Kontext die zu erwartende Wirtschaftlichkeit von unterirdischen Pumpspeicherwerken unter Unsicherheit. Dabei wird zunächst von techno-ökonomischen Parametern der in Kavernen angelegten Kraftwerke in Österreich und der Schweiz ausgegangen, um modellgestützt realistische Kostenschätzungen für den Bau durchzuführen. Der Unsicherheit und der Vielfalt an denkbaren Varianten bei der Realisierung von unterirdischen Pumpspei-

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Bild 5: Jährlich erwartete Erlöse von einem auf acht Stunden Vollastbetrieb ausgelegten UPSW in Abhängigkeit von der Höhendifferenz zwischen Ober- und Unterbecken. Anmerkungen: Berechnet für Erlösszenarien (10/50/100 €/ MWh) und zwei Speichergrößen (“klein” = 0,5 Mm3, „groß“ = 1 Mm3), y-Achse logarithmiert. Quelle: Institute for Future Energy Consumer Needs and Behavior

cherwerken in aufgelassenen (Steinkohle-) Bergwerken wird mit umfangreichen Sensitivitätsanalysen Rechnung getragen, um die Bandbreite und Robustheit der Resultate besser beurteilen zu können. Mittels stochastischer Analysen werden darüber hinaus die Verteilungen der zu erwartenden Zahlungsströme der laufenden Kosten und Erlöse sowie die risikoabhängigen optimalen Investitionszeitpunkte berechnet, siehe Bild 5. Die Einflüsse der Geometrie bestehender Hohlräume auf die Füll- und Entleervorgänge unterirdischer Speicherbecken im Pumpspeicherbetrieb sind derzeit nicht bekannt. Es wird erwartet, dass im ungünstigsten Fall Einschränkungen im Betrieb, erhöhte Energieverluste, geologische Instabilitäten und damit ein Verlust der Leistungsfähigkeit gegebenenfalls aber auch Betriebsausfälle auftreten können. Dies liegt daran, dass bei der Nutzung bestehender Hohlräume diese aus Gründen des Abbaus einer Lagerstätte erstellt und optimiert wurden und damit hydrodynamisch nicht optimiert sind. Eine hydrodynamisch optimierte Form würde sich neben den betrieblichen Vorteilen bei geeigneter Planung positiv auf die Akzeptanz, die Umweltverträglichkeit, die Stabilität, die erwartete technische

und wirtschaftliche Lebensdauer, die Geologie und die Bau- und Betriebskosten auswirken. Dazu ist es erforderlich, die Strömungsprozesse beim Füll- und Entleervorgang zu kennen. Während des Füll- und Entleervorgangs unterirdischer Pumpspeicherwerke kommt es zu lokalen Strömungsprozessen wie solitären Wellen, Reflexionen, Lufteintrag und Wechselsprüngen. Diese lokalen Strömungsprozesse müssen vermieden werden, um einerseits Energieverluste zu reduzieren und andererseits, um keine unerwünschten Wechselwirkungen mit dem anstehenden Gestein zu haben. Außer unterirdischen Pumpspeicherwerken werden aber auch noch andere Alternativen zu klassischen Pumpspeicherwerken am Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft untersucht. Eine Alternative mit hoher Bedeutung für die Aachener Region ist die Nachnutzung der Tagebaue als Pumpspeicherwerk. Hier gibt es aufgrund der vorhandenen Höhenunterschiede sowie der Verfügbarkeit von Wasser und Stromnetzen zahlreiche Optionen, die derzeit in der Region diskutiert und am Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft untersucht werden. Am Institute for Future Energy Consumer Needs and Behavior werden sowohl alter-

native Speicherkonzepte für die Nachnutzung von BraunkohleTagebau-Stätten als auch die Optimierung der Energiekosten der Brunnenwasserhaltung – unter Berücksichtigung der aktuellen Marktbedingungen für elektrische Energie und Einbindung einer Wärmepumpe für ein Nahwärmenetz – aus energieökonomischer Perspektive untersucht.

Autoren: Univ.-Prof. Dr. rer. soc. oec Reinhard Madlener ist Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftswissenschaften, insbesondere Energieökonomik, Leiter des Institute for Future Energy Consumer Needs and Behavior und Sprecher des Forschungsgebietes „Energie, Mobilität und Umwelt“. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Elena Pummer ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Holger Schüttrumpf ist Inhaber des Lehrstuhls für Wasserbau und Wasserwirtschaft und Leiter des Instituts für Wasserbau und Wasserwirtschaft.


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