Forschungsbericht Maschinenwesen 2011

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Die Forschungsgruppe Biomechanik befasst sich mit der theoretischen Modellierung, numerischen Simulation und experimentellen Validierung von regenerativen Weichteilmaterialien. Hierbei handelt es sich um Knorpel und Knorpelersatz sowie um Bandscheiben oder andere kollagenhaltige Weichteilmaterialien wie beispielsweise die menschliche Bruchmembran im Auge. Bei diesen Materialien ist die Entwicklung ihrer mechanischen und biologischen Eigenschaften abhängig von der mechanischen Beanspruchung. Ziel der Studien ist es daher diese Abhängigkeit zu verstehen und gezielt zur Behebung von Gewebeschäden und zur Entwicklung von Gewebeersatzmaterialien einzusetzen.

Innerhalb dieses Forschungszweiges werden neue Material- und Strukturmodelle für stoßwellenbelastete, dünnwandige Strukturen entwickelt. Hierbei handelt es sich um geometrisch und physikalisch nichtlineare Strukturverformungen unter Berücksichtigung nicht-lokaler Materialschädigung. Hierdurch werden Lokalisierungsprobleme bei Entfestigungen vermieden, so dass in Finite Elemente Simulationen keine Netzabhängigkeiten auftreten. Außerdem kann durch die realistische Modellierung von Entfestigungen die Materialschädigungsentwicklung bis hin zum Strukturversagen präziser vorhergesagt werden, als bei herkömmlichen lokalen Schädigungsmodellen. In der vorgeschlagenen Strukturtheorie wird die nicht-lokale Schädigung als zusätzlicher Freiheitsgrad in die aufgenommen. Als Konsequenz dieser Modellierung entstehen zusätzliche Materialparameter, die durch Experimente ermitttelt werden müssen. Hierzu werden spezielle Mikrobiege- und -zugversuche durchgeführt sowie Versuche in Stoßwellenrohren und an makroskopischen Zugproben. Durch die Vielzahl von Messungen in einem breiten Intervall von Dehnraten gelingt es alle erforderlichen Materialparameter zu identifizieren. In Abb. 4 ist ein Stoßwellenrohr für Experimente mit Platten bis zu einem Durchmesser von 553mm dargestellt.

Abb.1

Zur Modellierung der komplexen mechanischen Zusammenhänge der menschlichen Bandscheibe werden Geometrien, die aus CT-Daten gewonnen werden, in Finite Elemente Modelle, siehe Abb. 1, übertragen. Damit die mechanischen Randbedingungen sowie die für die Stoffwechselversorgung wichtigen Eigenschaften in der numerischen Simulation erhalten bleiben, wird im Finite Elemente Modell ein Bewegungssegment, bestehend aus zwei Wirbeln und einer Bandscheibe dargestellt, siehe Abb. 2. Für die korrekte Materialbeschreibung ist ein Modell erforderlich, dass die anisotropen Materialeigenschaften erfasst. Hierzu zählen neben der Elastizität auch die Dehnratenabhängigkeit des Materials sowie die Diffusion, wodurch der Nährstofftransport gewährleistet wird.

Abb. 4

Abb. 2

Zur experimentellen Überprüfung der Finite Elemente Simulationen und zur Materialparameteridentifikation werden Bioreaktoren entwickelt, in dem Bewegungssegmente unter Kultivierungsbedingungen mechanisch stimuliert werden (Abb. 3). Während des mehrwöchigen Versuchs können Kräfte und Torsionsmomente sowie Verschiebungen und Verdrehungen gemessen werden. Mittels biologischer Auswertungen können Stoffwechselvorgänge überwacht werden. Diese experimentellen Befunde können dann mit den numerischen Ergebnissen verglichen werden. Modell- und Bioreaktorentwicklungen dieser Art werden ebenso mit den anderen, oben erwähnten Materialien betrieben. Abb. 3

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