Kinderkram 236

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Forschen macht Spaß!

Ein Leben für die Forschung Jeder weiß, dass Albert Einstein der Vater der Relativitätstheorie ist und kennt Charles Darwin, der als erster erkannt hat, dass sich die Arten im Laufe der Zeit verändern und an die Umwelt anpassen. Aber wer kennt die sechs Nobelpreisträger, die einen Bezug zur Kieler Universität haben und deren Büsten im Ratsdienergarten am Kleinen Kiel stehen? Und die anderen Gelehrten und Forscher*innen aus unserer Region, die ihr Leben der Forschung und der Wissenschafft gewidmet haben? Sechs von Ihnen stellen wir Ihnen vor.

Samuel Reyher lehrte in Kiel ab 1665, dem Gründungsjahr der ­Universität, Mathematik.

2004 wurde die Grundschule in Kiel-Neumeimersdorf nach Johanna Mestorf benannt.

Max Planck als 16-jähriger Schüler

Samuel Reyer (1635 – 1714)

Johanna Mestorf (1828 – 1909)

Max Planck (1858 – 1947)

Samuel Reyer wird 1635 in Thüringen als Sohn eines Schulrektors geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums studiert er Philosophie, Mathematik und Rechtswissenschaft. Er unter­ nimmt mehrere Reisen durch Holland und geht zu weiteren Studien der Mathematik und der Jurisprudenz, aber auch der orientalischen Sprachen, nach Leyden. 1665 wird er Professor für Mathematik an der neu gegründeten Universität in Kiel. Reyher ist ein Universalgelehrter. Zahlreiche Schriften widmet er der Rechtswissenschaft und der Universalgeschichte. Als Naturforscher befasst er sich unter anderem mit astronomischen, meteorologischen und meereskundlichen Experimenten, richtet ein Observatorium ein und wird ein Fachmann für militärische Baukunst. In Kiel gehört er schon bald zu den beliebten Professoren. Auf Wunsch seiner Studenten organisiert er neben den Pflichtvorlesungen zahlreiche Privatveranstaltungen und baut und repariert seine astronomischen Instrumente selbst. Sein Interesse gilt der praktischen Frage: „Wie kann die Mathematik am besten zur Erklärung und Nutzbarmachung von Naturphänomenen herangezogen werden?“ Reyher betrachtet mit seinen Instrumenten Sonnenflecken, Sonnen- und Mondfinsternisse. Über 44 Jahre hinweg beobachtet er am Sternhimmel den pulsierenden Mira-Stern im Walfisch. Ein notwendiges Hilfsmittel für astronomische Beobachtungen sind genau gehende Uhren. Daher begann Reyher schon früh mit der Konstruktion eigener Zeitmesser. Mit Hilfe einer dieser Uhren bestimmt er die Jahreslänge auf 365,2418 Tage. Der heutige Wert ist 365,2422.

Johanna Mestorf wird als viertes von insgesamt neun Kindern 1828 in Bad Bramstedt geboren. Sie wird die erste Museumsdirektorin in Deutschland und die erste Professorin im Königreich Preußen. Schon als Kind, vermutlich durch die archäologischen Studien ihres Vaters und dessen umfangreiche Sammlung von Altertümern beeindruckt, entwickelt Johanna Mestorf großes Interesse an der Archäologie. Doch zunächst scheint ihr Lebensweg eine andere Richtung zu nehmen, sie arbeitet bis zum Alter von 31 Jahren als Erzieherin und Gesellschafterin in Schweden, Frankreich und Italien. 1859 kehrt sie zu ihrer Mutter nach Hamburg zurück. Dort wird der Direktor der Hamburger Staatsbibliothek Christian Petersen ihr Mentor und ebnet ihr den Weg in die Welt der Wissenschaft. Zunächst übersetzt sie die wichtigsten Bücher über Archäologie aus Skandinavien. Von 1869 an nimmt Johanna Mestorf an internationalen Archäologenkongressen teil. Zu der Zeit beginnt auch ihre zunächst ehrenamtliche Arbeit für das „Museum für Vaterländische Altertümer“ in Kiel. Ihr Ziel ist es, dort als Kustodin angestellt zu werden. Durch Kontakte und Fürsprache erhält sie schließlich 1873 im Alter von 45 Jahren diese Stelle. 1891 wird sie dann Direktorin des Museums. 71-jährig verleiht ihr die Christian-Albrechts-Universität den Titel einer Honorarprofessorin. Ihr großer Verdienst ist der Aufbau und die Katalogisierung der Bestände des Museums. Diese bildet bis heute den Kern der archäologischen Sammlung des Landes.

Max Planck wird als sechstes Kind seiner Eltern 1858 in Kiel geboren. Er ist zunächst Schüler der Sexta auf der Kieler Gelehrtenschule, bis seine Familien 1867 nach München umzieht. Nach Abschluss der Schule fällt ihm die Wahl eines Studienfachs nicht leicht, zunächst schwankt er zwischen Naturwissenschaften und einem Musikstudium. Planck, der über ein absolutes Gehör verfügt, spielt Klavier und Cello und begleitet regelmäßig Gottesdienste an der Orgel. Da er in der Musik aber keine Berufsperspektive sieht, studiert er Physik in München und Berlin. 1885 tritt Planck seine erste Professur in Kiel an und legt sich endgültig auf die theoretische Physik als Fachgebiet fest, was für die damalige Zeit zunächst eine ungewöhnliche Entscheidung ist. In Deutschland gibt es nur zwei Lehrstühle für diese Richtung der Physik, die von den dominierenden Experimentalphysikern oft lediglich als Hilfswissenschaft für ihre Forschungen gesehen wird. Von 1889 bis zu seinem Ruhestand 1926 lehrt er in Berlin. Bei der Entwicklung einer Formel erkennt Max Planck, dass Strahlung sich nicht kontinuierlich, sondern in Energiepaketen, sogenannten Quanten, ausbreitet. Das ist ein Bruch mit dem philosophischen Prinzip der Stetigkeit von Vorgängen in der Natur, das bis dahin in der Physik wie in der Philosophie galt und laut dem es keine sprunghaften Veränderungen geben sollte. 1900 stellt er auf der Sitzung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft seine Erkenntnisse vor. Dieser Tag gilt als die Geburtsstunde der Quantentheorie. Für seine Entdeckung erhält er 1919 den Nobelpreis für Physik des Jahres 1918. Kinderkram Nr. 236 · Februar 2022


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