Telefonseelsorge Jahreskalender

ÂťSei getrost, liebes SchwesterchenÂŤ TelefonSeelsorge in Mecklenburg-Vorpommern

0800 – 111 0 111 0800 – 111 0 222

»Sei getrost liebes Schwesterchen« – ein Geburtstagskalender

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ies ist ein Geburtstagskalender im doppelten Sinne. Er ist zum

Märchen erzählen wahre Geschichten, weil sie in ihrer bildhaften

20jährigen Bestehen der TelefonSeelsorge in Mecklenburg und Vor-

Sprache menschliche Erfahrungen ausdrücken, jenseits historischer

pommern entstanden. In Schwerin und Rostock begann der Dienst am

Fakten. Neben seinem abfragbaren Lebenslauf hat jeder Mensch

Telefon im November 1991, Greifswald und Neubrandenburg kamen

auch seine eigene Geschichte, die in Geschichten erzählt werden will.

1994 und 2001 dazu.

Und immer wieder wird im Dienst am Telefon deutlich, welch tiefe

Außerdem ist das Kalendarium so gestaltet dass er, unabhängig von

Realität auch im Erdichteten liegt. Märchen in ihrer Vielschichtigkeit,

der Jahreszahl, auch als Geburtstagskalender ge-nutzt werden kann.

mit ihren Grausam- und Glückseligkeiten, stehen hier für die Geschichten und Erfahrungen der Anrufenden. TelefonSeelsorge hört

TelefonSeelsorge ist kirchliches Handeln in der Welt und geschieht

ihnen zu.

im Auftrag der Kirche. Darum haben die Autoren für diesen Kalender Bilder ausgewählt, die in Kirchen der Region aufgenommen wurden.

Der Kalender lädt dazu ein, Bilder und Märchensequenzen auf sich

Jedoch sind die Bildmotive nicht unbedingt typisch für Kirche. Es gibt

wirken zu lassen. So entsteht vielleicht eine innere Vorstellung von

keine Aufnahmen von Gottesdiensten, auch die Architektur ist nicht

dem, was tagtäglich am Telefon geschieht: Begegnung mit Fremden

im Fokus. Eher werden Randnotizen wahrgenommen, Menschen, die

und Vertrautem, Gelingen und Scheitern, überraschenden Wendungen

- teils zufällig, teils absichtsvoll - in den Mittelpunkt der Aufmerksam-

und der Hoffnung auf ein gutes Ende.

keit geraten sind. So gesehen, weisen die Bilder darauf hin, in welchem Kontext TelefonSeelsorge geschieht.

Den Bildern hinzugesellt sind Sequenzen aus Grimms Märchen.

Benno Gierlich | Leiter der Ökumenischen TelefonSeelsorge Rostock

Nikolaikirche Rostock

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er Berg tat sich auf, da kam er in ein großes verwunschenes

Schloß, worin Stühle, Tische und Bänke alle schwarz behangen waren.

Da kamen drei Prinzessinnen, die ganz schwarz angezogen waren und nur ein wenig Weiß im Gesicht zeigten. Die sagten zu ihm, er solle nicht bang sein, sie wollten ihm nichts tun, er könne sie erlösen. Da sagte er, das wolle er gern tun, wenn er nur wüßte, wie er das machen solle. Da sagten sie, er sollte ein ganzes Jahr nicht mit ihnen sprechen, und sie auch nicht ansehen. | Die drei schwarzen Prinzessinnen

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Kirche Greifswald-Wieck

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er Riese aber trug es heim und ließ es an seiner Brust saugen, und

nug, er säugte ihn abermals zwei Jahre, und als er dann mit ihm in den

der Däumling wuchs und ward groß und stark nach Art der Riesen.

Wald ging und sprach »nun reiß einmal eine ordentliche Gerte aus,«

Nach Verlauf von zwei Jahren ging der Alte mit ihm in den Wald, wollte

so riß der Junge den dicksten Eichenbaum aus der Erde, daß er krach-

ihn versuchen und sprach »zieh dir eine Gerte heraus.« Da war der

te, und war ihm nur ein Spaß. »Nun ists genug,« sprach der Riese, »du

Knabe schon so stark, daß er einen jungen Baum mit den Wurzeln aus

hast ausgelernt,« und führte ihn zurück auf den Acker, wo er ihn geholt

der Erde riß. Der Riese aber meinte »das muß besser kommen,« nahm

hatte. Sein Vater stand da hinter dem Pflug, der junge Riese ging auf

ihn wieder mit und säugte ihn noch zwei Jahre. Als er ihn versuchte,

ihn zu und sprach »sieht er wohl, Vater, was sein Sohn für ein Mann

hatte seine Kraft schon so zugenommen, daß er einen alten Baum aus

geworden ist.« | Der junge Riese

der Erde brechen konnte. Das war dem Riesen noch immer nicht ge-

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Marienkirche Wesenberg

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ines Tages wollte sie in den Wald gehen und Futter holen, da rief

sie alle sieben herbei und sprach »liebe Kinder, ich will hinaus in den Wald, seid auf eurer Hut vor dem Wolf, wenn er hereinkommt, so frißt er euch alle mit Haut und Haar. Der Bösewicht verstellt sich oft, aber an seiner rauhen Stimme und an seinen schwarzen Füßen werdet ihr ihn gleich erkennen.« Die Geißlein sagten »liebe Mutter, wir wollen uns schon in acht nehmen, Ihr könnt ohne Sorge fortgehen.« Da meckerte die Alte und machte sich getrost auf den Weg. | Der Wolf und die sieben jungen Geißlein

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Nikolaikirche Stralsund

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ls elfe ihre Sprüche eben getan hatten, trat plötzlich die dreizehn-

te herein. Sie wollte sich dafür rächen, daß sie nicht eingeladen war,

te, so sagte sie »es soll aber kein Tod sein, sondern ein hundertjähriger tiefer Schlaf, in welchen die Königstochter fällt.« | Dornröschen

und ohne jemand zu grüssen oder nur anzusehen, rief sie mit lauter Stimme »die Königstochter soll sich in ihrem fünfzehnten Jahr an einer Spindel stechen und tot hinfallen.« Und ohne ein Wort weiter zu sprechen, kehrte sie sich um und verließ den Saal. Alle waren erschrocken, da trat die zwölfte hervor, die ihren Wunsch noch übrig hatte, und weil sie den bösen Spruch nicht aufheben, sondern nur ihn mildern konn-

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Kirche Wulkenzin

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un glaubte er, wo der Schlüssel wäre, müsste auch das Schloß

dazu sein, grub in der Erde und fand ein eisernes Kästchen. »Wenn der Schlüssel nur paßt!« dachte er, »es sind gewiß kostbare Sachen in dem Kästchen.« Er suchte, aber es war kein Schlüsselloch da, endlich entdeckte er eins, aber so klein, daß man es kaum sehen konnte.

Er probierte und der Schlüssel paßte glücklich. Da drehte er einmal herum, und nun müssen wir warten, bis er vollends aufgeschlossen und den Deckel aufgemacht hat, dann werden wir erfahren, was für wunderbare Sachen in dem Kästchen lagen. | Der goldene Schlüssel

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Dom St. Nikolai Greifswald

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er jüngste saß in einer Ecke und hörte das mit an, und konnte

ren.« »Ei, Vater,« antwortete er, »ich will gerne was lernen; ja, wenns

nicht begreifen, was es heißen sollte. »Immer sagen sie: es gruselt

anginge, so möchte ich lernen, daß mirs gruselte; davon verstehe ich

mir! es gruselt mir! mir gruselts nicht: das wird wohl eine Kunst sein,

noch gar nichts.« | Märchen von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen

von der ich auch nichts verstehe.« Nun geschah es, daß der Vater einmal zu ihm sprach »hör du, in der Ecke dort, du wirst groß und stark, du mußt auch etwas lernen, womit du dein Brot verdienst. Siehst du, wie dein Bruder sich Mühe gibt, aber an dir ist Hopfen und Malz verlo-

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Christuskirche Rostock

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ndlich sagte es zu ihr »ich habe den Jammer nach Haus kriegt,

du haben, weil du so fleißig gewesen bist,« sprach die Frau Holle und

und wenn es mir auch noch so gut hier unten geht, so kann ich doch

gab ihm auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen gefallen war.

nicht länger bleiben, ich muß wieder hinauf zu den Meinigen.« Die

Darauf ward das Tor verschlossen, und das Mädchen befand sich oben

Frau Holle sagte »es gefällt mir, daß du wieder nach Hause verlangst,

auf der Welt, nicht weit von seiner Mutter Haus. | Frau Holle

und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich selbst wieder hinaufbringen.« Sie nahm es darauf bei der Hand und führte es vor ein großes Tor. Das Tor ward aufgetan, und wie das Mädchen gerade darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm hängen, so daß es über und über davon bedeckt war. »Das sollst

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Autoscooter Greifswald-Wieck

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r ging weiter, da kam der dürrbeinige Tod auf ihn zugeschritten

und sprach »nimm mich zu Gevatter.« Der Mann fragte »wer bist du?« »Ich bin der Tod, der alle gleich macht.« Da sprach der Mann »du bist der rechte, du holst den Reichen wie den Armen ohne Unterschied, du sollst mein Gevattersmann sein.« Der Tod antwortete »ich will dein Kind reich und berühmt machen, denn wer mich zum Freunde hat, dem kanns nicht fehlen.« | Der Gevatter Tod

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Gertrudenkapelle G端strow

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un trug sichs zu, daß ein armer Soldat, der eine Wunde hatte und

du das umhängst, so bist du unsichtbar und kannst den zwölfen dann

nicht mehr dienen konnte, sich auf dem Weg nach der Stadt befand,

nachschleichen.« Wie der Soldat den guten Rat bekommen hatte,

wo der König wohnte. Da begegnete ihm eine alte Frau, die fragte ihn,

wards Ernst bei ihm, so daß er ein Herz faßte, vor den König ging und

wo er hin wollte. »Ich weiß selber nicht recht,« sprach er, und setzte

sich als Freier meldete. | Die zertanzten Schuhe

im Scherz hinzu »ich hätte wohl Lust, ausfindig zu machen, wo die Königstöchter ihre Schuhe vertanzen, und darnach König zu werden.« »Das ist so schwer nicht,« sagte die Alte, »du mußt den Wein nicht trinken, der dir abends gebracht wird, und mußt tun, als wärst du fest eingeschlafen.« Darauf gab sie ihm ein Mäntelchen und sprach »wenn

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Nikolaikirche Rostock

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ie eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen,

Art, und ohne daß er sich einen Vorwurf zu machen brauchte, von den

wollte da ruhen und sich mit einem frischen Trunk laben: damit er

schweren Steinen befreit hätte, die ihm allein noch hinderlich gewe-

aber die Steine im Niedersitzen nicht beschädigte, legte er sie be-

sen wären. »So glücklich wie ich,« rief er aus, »gibt es keinen Men-

dächtig neben sich auf den Rand des Brunnens. Darauf setzte er sich

schen unter der Sonne.« | Hans im Glück

nieder und wollte sich zum Trinken bücken, da versah ers, stieß ein klein wenig an, und beide Steine plumpten hinab. Hans, als er sie mit seinen Augen in die Tiefe hatte versinken sehen, sprang vor Freuden auf, kniete dann nieder und dankte Gott mit Tränen in den Augen, daß er ihm auch diese Gnade noch erwiesen und ihn auf eine so gute

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Kirche Weitenhagen

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arauf eilte er mit starken Schritten fort und trug sie in einen

sorgfältig und trag es lieber beständig bei dir, denn ginge es verloren,

finstern Wald zu seinem Haus, das mitten darin stand. In dem Haus

so würde ein großes Unglück daraus entstehen.« Sie nahm die Schlüs-

war alles prächtig: er gab ihr, was sie nur wünschte, und sprach »mein

sel und das Ei, und versprach, alles wohl auszurichten. Als er fort war,

Schatz, es wird dir wohl gefallen bei mir, du hast alles, was dein Herz

ging sie in dem Haus herum von unten bis oben und besah alles, die

begehrt.« Das dauerte ein paar Tage, da sagte er »ich muß fortreisen

Stuben glänzten von Silber und Gold, und sie meinte, sie hätte nie so

und dich eine kurze Zeit allein lassen, da sind die Hausschlüssel, du

große Pracht gesehen. Endlich kam sie auch zu der verbotenen Tür,

kannst überall hingehen und alles betrachten, nur nicht in eine Stube,

sie wollte vorübergehen, aber die Neugierde ließ ihr keine Ruhe. Sie

die dieser kleine Schlüssel da aufschließt, das verbiet ich dir bei

besah den Schlüssel, er sah aus wie ein anderer, sie steckte ihn ein

Lebensstrafe.« Auch gab er ihr ein Ei und sprach »das Ei verwahre mir

und drehte ein wenig, da sprang die Türe auf. | Fitchers Vogel

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Kirche Reinsberg

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ndlich gelangte es in einen Wald, und es war schon dunkel ge-

worden, da kam noch eins und bat um ein Hemdlein, und das fromme Mädchen dachte »es ist dunkle Nacht, da sieht dich niemand, du kannst wohl dein Hemd weggeben,« und zog das Hemd ab und gab es auch noch hin. Und wie es so stand und gar nichts mehr hatte, fielen auf einmal die Sterne vom Himmel, und waren lauter harte blanke Taler: und ob es gleich sein Hemdlein weggegeben, so hatte es ein neues an, und das war vom allerfeinsten Linnen. Da sammelte es sich die Taler hinein und war reich für sein Lebtag. | Die Sterntaler

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Impressum Herausgeber

Redaktion

Ökumenische TelefonSeelsorge Rostock

Benno Gierlich, Raymond Jarchow, Claudia Lohse-Jarchow

PF 1020, 18003 Rostock erschienen im November 2011 Auflage

Unterstützung durch

ZeitAnschauen e.V., Greifswald | www.zeitanschauen.de Gestaltung

1500 Exemplare

Tom Rölecke, Hamburg | www.roeler.com

Titel

Druck

Zitat aus »Hänsel und Gretel« Titelbild

Kirche Greifswald-Wieck

Pinguindruck, Berlin Dank an alle, die bei der Erarbeitung und Finanzierung dieses Kalenders mitgewirkt haben.

Photographien

Raymond Jarchow | www.raymondjarchow.de Texte

Jacob und Wilhelm Grimm, »Kinder- und Hausmärchen« Textauswahl

Claudia Lohse-Jarchow

TelefonSeelsorge in Mecklenburg-Vorpommern

e.V.

ZeitAnschauen

ROELER