Halle-Silberhoehe

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Robert Schlotter Halle -Silberhรถhe mit einem Text von Alexander Kriwat





Halle-Silberhรถhe



Robert Schlotter Halle -Silberhรถhe mit einem Text von Alexander Kriwat


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1979 beginnt die Umwandlung der grünen Wiese:

Beton wuchert über die Natur. Graue Kästen gräbt man ein, Schlafzellen für die vielen Körper, die jeden Morgen in die Industrieorganismen Buna und Leuna strömen und abends zurückfließen. 1989 ist man fertig mit der Glasur, doch der Organismus ist alt, das Herz beinahe tot. Wer fliehen kann, tut es. Die Zurückgebliebenen erleben die erneute Metamorphose: Altes Gewebe wird immer noch entfernt, viel schimmert die einstige grüne Haut schon durch den alten Panzer, durchstößt auch mächtig die alten, künstlichen Vorstellungen. Das Ungebrauchte wird weggeharkt, die Ungebrauchten bleiben und bleiben ungebraucht. Wer das nicht erträgt, versucht sich zu betäuben oder kehrt sich nach innen, den Träumen zu.

Vom S-Bahnhof den Asphalt hinauf, über einen Platz

von Platten, an Häusern vorbei, rechts eine Einkaufshalle, die zwei Türme aus der Blütezeit zwingen zum Stehen und Staunen, Symbole sozialistischen Machtanspruchs, Leere in ihnen. Von links klaffen die toten Höhlen aufgelassener Wohnungen. Den Weg weiter trifft man welche, die reden von früher oder von welchen, die nicht mehr sind, weil sie aufgaben. Irgendwann lässt man die letzten Felsen hinter sich und schwimmt im Grün, atmet die neue Freiheit der Einebnung.

Mitten in die Geschehnisse aufgebrochen, die Zeugen

zu dokumentieren, blickt man auf ein Puzzle aller Lebensfarben. Man stößt auf Scheu: Sie gehen weiter, winken ab, haben zu viel erlebt, wollen kein Abonnement, haben selber nichts. Die Wehmut, das einst Bewohnte oder gar


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Mitgebaute nun stürzen zu sehen, ließ nur die Suche nach der rechten Perspektive, von der man nicht genau wisse, wo sie jetzt ist. Ihre Arbeit hat man ihnen auseinandergebaut, ihr Leben mussten sie neu zusammensetzen. Oder man trifft auf die mit der Offenheit, mal warm, mal abgeklärt, mal subtil-verschmitzt, aber immer herzlich: mit dem Vertrauen auf das Leben, auf das gute Gewissen, trotz allem viel zu haben, was nicht zu bezahlen, nicht zu kaufen, nicht zu nehmen ist.

Einst gedachte die Theorie derer 40.000, die Praxis ließ

bis heute weniger als die Hälfte zurück. Als Folge wächst die soziale Destabilisierung und die Unfähigkeit des Stadtteils, sich selbst tragen und versorgen zu können. Nährboden weiteren Aufbruchs. Das Verlassene ausgehöhlt und abgerissen, die Brachen aufgeforstet, will die künftige »Waldstadt Silberhöhe« mit neuer Attraktivität locken, das schon lange andauernde Defizit an Identifikation aufholen. Mit mehr Grün und den nahen Saale-Elster-Auen. Wohin die Reise geht? Alles wird sich spiegeln in den Augen der Gebliebenen, Zeugen im Krisengebiet.


Wittenberger StraĂ&#x;e

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Wilhelm-von-Klewiz-StraĂ&#x;e

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Wilhelm-von-Klewiz-StraĂ&#x;e

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Jessener StraĂ&#x;e

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Wittenberger StraĂ&#x;e

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Weißenfelser Straße

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Wernigerรถder Straร e

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Karlsruher Allee

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Coimbraer StraĂ&#x;e

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Anhalter Platz

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Herr Pohla, seit 1987 in Halle-Silberhรถhe

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Herr Krone, seit 1981 in Halle-Silberhรถhe

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Frau Rรถmer, seit 1996 in Halle-Silberhรถhe

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Herr Märtens, seit 1994 in Halle-SilberhÜhe

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Herr Weber, seit 1999 in Halle-Silberhรถhe

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Herr Hagedorn, seit 1985 in Halle-Silberhรถhe

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Frau Rรถmer, seit 1996 in Halle-Silberhรถhe

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Frau Kühne, seit 1987 in Halle-Silberhöhe

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Herr Both, seit 1980 in Halle-Silberhรถhe

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Herr Kamara, seit 1999 in Halle-Silberhรถhe

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Herr Fischer, seit 1998 in Halle-Silberhรถhe

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Frau Friedrich, zu Gast in Halle-Silberhรถhe

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Frau Martin, seit 1982 in Halle-Silberhรถhe

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Herr Mucke, seit 1980 in Halle-Silberhรถhe

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Weißenfelser Straße

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Am Hohen Ufer

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Wilhelm-von-Klewiz-StraĂ&#x;e

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Wilhelm-von-Klewiz-StraĂ&#x;e

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SchilfstraĂ&#x;e

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Erich-Kästner-Straße

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Erich-Weinert-StraĂ&#x;e

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Karlsruher Allee

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Willi-Bredel-StraĂ&#x;e

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Willi-Bredel-StraĂ&#x;e

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Willi-Bredel-StraĂ&#x;e

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Sämtliche Aufnahmen entstanden zwischen Oktober 2005 und März 2007. Fotografie, Konzeption und Gestaltung Robert Schlotter Text Alexander Kriwat

Vielen Dank an alle beteiligten Personen, insbesondere Alexander Kriwat, Daniel Schumann, Prof. Dirk Fütterer, Prof. Roman Bezjak, Katrin Kamrau, Oliver Leu, Mandy Zibolka, Wolfgang Kraatz und meine Eltern, ohne deren Unterstützung dieses Buch nie zustandegekommen wäre.


Die Deutsche Nationalbibliothek registriert diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://d-nb.de abrufbar. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Freigrenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Erste Auflage © 2009 mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH, Halle ( Saale ) www.mitteldeutscherverlag.de © 2009 Robert Schlotter und Alexander Kriwat www.robertschlotter.com ISBN 978-3-89812-663-2 Printed in Germany





ISBN 978-3-89812-663-2


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