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BEI IHREN SOHLEN IST ALLES BANANE

Wer nachhaltige Produkte entwickeln will, braucht viel Kreativität. Der beste Beweis dafür ist Materialdesignerin Sarah Harbarth aus Basel. Sie stellt mit Abfallprodukten wie Bananenschalen Materialgranulate für Schuhsohlen her.

TOM WYSS

Die Idee mit der Banane reifte in Berlin. Sarah Harbarth absolvierte im Rahmen ihres Studiums des Industriedesigns an der Fachhochschule Nordwestschweiz ein Austauschsemester in der deutschen Hauptstadt – und bekam in einem Kurs den Auftrag, ein Upcycling-Material aus vermeintlich endlichen Ressourcen zu erfinden. Die Baslerin musste nicht lange suchen, um eine passende Grundlage für ihr Projekt zu finden. «Ich bin ein extrem kreativer Mensch und habe ständig neue Ideen», sagt sie. «Bei einem Blick in den Abfall stellte ich fest, dass wir ein Drittel der Banane, die Schale, wegschmeissen. Ich beschloss, damit zu experimentieren.»

Von der Küche zum Start-up

Es waren Experimente, die sie in ihrer kleinen Küche in Berlin durchführte. Und die darauf abzielten, aus Bananenschalen alternative Kunststoffe für Schuhsohlen herzustellen. Denn Harbarths Ziel war klar: Sie wollte unter der Prämisse der Kreislaufwirtschaft ein biologisch basiertes und abbaubares Material ent- wickeln, das den schädlichen Mikroplastikabrieb unserer Schuhsohlen verhindern kann. Allein in der Schweiz gelangt Mikroplastik –buchstäblich laufend – jährlich zu fast Tausend Tonnen in die Umwelt. Und das Potenzial für die klimaverträgliche, neue Materialgrundlage ist gross: «Es landen bei uns täglich über 40 Tonnen Bananen im Abfall.»

Harbarths Experimente mit dem Upcycling von Lebensmittelneben- strömen fruchteten schon bald: Die Studentin sorgte mit ihrer Idee an einer Ausstellung an der Hochschule der Künste in Berlin für viel Aufmerksamkeit bei Fachleuten und trieb das Projekt nach der Rückkehr in die Schweiz motiviert voran. Kurz nach ihrem Bachelor-Abschluss gründete die 26-Jährige das Start-up Kuori (Finnisch für Schale). «Ich bin jemand, der seine Träume und Visionen konsequent weiterverfolgt», sagt sie. Und andere auch davon begeistern kann: Zahlreiche Investorinnen und Investoren ermöglichten schliesslich, dass Harbarth ein kleines Team bilden konnte.

Dieses arbeitet derzeit mit Hochdruck daran, nebst den Bananenschalen noch weitere LebensmittelNebenströme für das Projekt zu nutzen, so zum Beispiel Nussschalen. Konkret werden diese organischen Abfälle zu einem sogenannten Bio-

Polymer hinzugefügt, das die Basis für Kunststoff bildet. «Wir wollen ungenutzte und unendliche Ressourcen natürlichen Ursprungs wiederverwertbar machen und sie durch Upcycling nutzen», so Harbarth.

Gesucht: Supermarkt-Abfälle

Die engagierte Tüftlerin hofft, nach Abschluss der Pilotphase noch dieses oder dann nächstes Jahr den Markteintritt zu schaffen. Dies unter anderem am Beispiel Wilding Shoes, einem Hersteller nachhaltiger Schuhe. «Wir suchen aber noch weitere Schweizer Lebensmittelhersteller, die uns beliefern», sagt Sarah Harbarth. «Denn wir wissen, dass zahlreiche von ihnen mit Abfallströmen zu kämpfen haben.»

Sie denke da beispielsweise an Supermärkte, aber auch Industriebetriebe wie Schoggi-, Bonbon- oder Getränkehersteller. «Wir können die Abfallströme dieser Unternehmen effektiv nutzen und gewinnen wertvolle neue Ressourcen zurück.» Harbarth blickt dabei auch schon über den Schuhrand hinaus: Mögliche Einsatzgebiete ihrer Materialien seien auch Sportartikel oder Spielzeug. Infos: www.kuori-materials.com

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Weitere UpcyclingProjekte aus der Natur

Leder aus Äpfeln, Pneus aus Löwenzahn: Ebenfalls eine beliebte Frucht haben die beiden Zürcher Jungunternehmer Lucas und Claudius Knecht für ihre Geschäftsidee Sohotree ausgesucht. Sie stellen aus Resten, die bei der Apfelsaftproduktion anfallen, die vegane Lederalternative ApplePeel her. Daraus werden Portemonnaies oder Taschen produziert. Und in Deutschland fanden Forscher des Fraunhofer­Instituts (IME) in Münster heraus, dass sich aus Löwenzahn Naturkautschuk herstellen lässt, der für die Pneuherstellung eingesetzt werden kann.

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