Den Willen Gottes erkennen

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Falls nicht anders angegeben, sind die Bibelstellen zitiert nach der Elberfelder Übersetzung (Edition CSV Hückeswagen). Copyright Christliche Schriftenverbreitung, 42499 Hückeswagen.

Rasnake, Eddie

Den Willen Gottes erkennen Ein 12-Wochen-Kurs für Einzelne und Gruppen

This book was first published in the United States by AMG Publlishers, 815 Shallowford Rd, Chattanooga, TN 37421 with the title Living God’s Will © 2001 by Eddie Rasnake. Translated by permission.

ISBN 978-3-95473-010-0

© 2013 rigatio, ein Verlag der Buhl Data Service GmbH Übersetzung: Anke Hillebrenner, Lemgo Umschlag- und Satzgestaltung: rigatio Druck: Kösel, Altusried


Inhalt Nehmen Sie Gottes Hinweise wahr!............................................ 9 Lektion 1 Kl채ren Sie die Herrschaftsfrage.................................................. 17 Lektion 2 Gedanken zum Thema Gebet....................................................... 31 Lektion 3 Im Licht des Wortes Gottes.........................................................47 Lektion 4 Guter und weiser Rat ist teuer.................................................... 63 Lektion 5 Die Kosten 체berschlagen............................................................ 79 Lektion 6 Umwege und andere gl체ckliche Umst채nde.............................. 95 Lektion 7 Innehalten und Frieden finden...................................................113 Lektion 8 Der Heilige Geist.........................................................................129 Lektion 9 Unsere Verantwortung als Verwalter.......................................145 Lektion 10 Glaube und Vertrauen................................................................159 Lektion 11 Auf Gott warten.......................................................................... 175 Lektion 12 Der Geist der Besonnenheit....................................................... 191 Anhang Gottes Willen folgen..................................................................209


DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN

Symbole zur schnellen Orientierung:

H

Hier geht es um das Studium passender Bibelstellen und um biblische Lehre.

E

Wichtige Aussagen und Kerngedanken sind hier hervorgehoben.

D

Hier gibt es Wissenswertes und weitere Infos über das Umfeld der Bibel.

G

Lernen Sie mehr über biblische Begriffe und sprachliche Besonderheiten.

L

Diese Aufgaben sollen Sie zu ganz praktischen Schritten anleiten.

M N

Reden Sie mit Gott über das, was Sie in der Lektion gelernt haben.

Denken Sie über die Frage nach und geben Sie eine persönliche Antwort.

Weiteres hilfreiches Material zur Durchführung dieses Kurses finden Sie auf www.rigatio.com.

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Über den Autor Eddie Rasnake bekehrte sich 1976 in seinem ersten College-Jahr zu Jesus Christus. 1980 machte er an der East Tennessee State University seinen Abschluss mit Auszeichnung. Er und seine Frau Michele dienten fast sieben Jahre lang als Mitarbeiter des Campus Crusade for Christ. Ihr erstes Missionsfeld war die University of Virginia, und während sie noch dort tätig waren, begannen sie außerdem mit einem Dienst an der James Madison University. Anschließend war Eddie für vier Jahre der Leiter von Campus Crusade an der University of Tennessee. 1989 verließ er diese Arbeit, um Wayne Barber an der Woodland Park Baptist Church zu unterstützen. Dort übernahm er die Aufgabenbereiche Jüngerschaft und Schulung. Mehr als ein Jahrzehnt hat er Gläubige in Osteuropa zugerüstet und Material in Albanisch, Deutsch, Griechisch, Italienisch, Rumänisch und Russisch veröffentlicht. Eddie gehört zum Vorstand des Zentrums für Christliche Leiterschaft in Tirana, Albanien, und des Bibeltrainingszentrums in Eleuthera auf den Bahamas. Des Weiteren ist er Seelsorger des Baseballteams der Chattanooga Lookouts (Partner der Cincinnati Reds AA). Eddie und seine Frau Michele leben mit ihren vier Kindern in Chattanooga, Tennessee.

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DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN

Vorwort Möchten Sie den Willen Gottes für Ihr Leben erkennen? Nun, genau das ist Gottes Herzensanliegen! Dabei ist das Ermitteln des göttlichen Willens kein Versteckspiel. Es handelt sich um kein kosmisches Ostereiersuchen, bei dem Gott seinen Willen verbirgt und wir versuchen müssen, sein geschickt gewähltes Versteck ausfindig zu machen. Es ist nicht Gottes Art, seinen Willen vor uns zu verbergen. Warum also haben wir solch eine Mühe damit, ihn zu erkennen? Einer der Gründe, warum dieses Buch entstand, ist die Tatsache, dass mir rund um den Globus immer wieder Menschen begegneten, die genau damit ein grundlegendes Problem haben. Wir sind darauf angewiesen, Gottes Sprache zu erforschen und verstehen zu lernen. Wir müssen verstehen lernen, wie Gott uns seinen Willen deutlich macht – auf der Beziehungsebene durch Gebet, Glauben, Ausharren, Hingabe, Beschäftigung mit seinem Wort und so weiter. Das Reden Gottes zu verstehen und zu beherzigen, sind grundlegende Aspekte, die untrennbar mit unserem täglichen Wandel in Jesus verbunden sind. Egal wo man mit Menschen redet – ob in Deutschland, Amerika, Osteuropa oder in der Karibik –, gewinnt man den Eindruck, dass die meisten Christen mit ein und demselben Punkt ihre Mühe haben. Das Problem ist nicht so sehr, den Willen Gottes herauszufinden, sondern unseren eigenen Willen damit in Einklang zu bringen. Immerhin habe ich ja auch noch einen Willen. Und wenn dieser Wille mit dem göttlichen Willen nicht übereinstimmt, muss ich eine Entscheidung treffen und mir eine Antwort auf die folgende Frage geben: „Wer ist der Herr über diesen Bereich meines Lebens?“ Ich mag noch so inbrünstig von Gott singen, ihn bekennen oder an ihn und seine Allmacht glauben. Doch wenn ich meinen Willen dem Willen Gottes in einer bestimmten Angelegenheit vorziehe, dann ist Gott an dieser Stelle nicht der Herr meines Lebens, sondern mein Ich. Genau aus diesem Grund meine ich, im Zuge meiner Beratungstätigkeit eines beobachtet zu haben: Der Prozess, Gottes Willen zu erkennen, kostet bei Weitem nicht so viel Energie, wie die Entscheidung, ihm zu folgen – eine Erkenntnis, in die ich auch mich selbst mit einschließe. Und wie steht es mit Ihnen? Ich bin davon überzeugt, dass Gott den Weg zur Erkenntnis seines Willens hell erleuchtet und sorgfältig markiert hat. Doch es ist an uns, diese Markierungen und Hinweise wahrzunehmen, zu deuten und die Entscheidung zu treffen, ihnen zu folgen. Lassen Sie sich also auf das Wagnis ein, Gottes Willen aufzuspüren - und ihn zu tun! Eddie Rasnake

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Nehmen Sie Gottes Hinweise wahr! Julia konnte einfach nicht einschlafen und wälzte sich in ihrem Bett hin und her. Ihre Gedanken überschlugen sich bei dem Versuch, sich alles noch einmal ins Gedächtnis zu rufen und ihre Lage zu peilen. Als sie heute Abend im Gemeinschaftsraum des Studentenwohnheims zusammensaßen, hatte Ben das Thema Hochzeit wieder zur Sprache gebracht. Ihre Beziehung hatte sich für ihren Geschmack etwas rasant entwickelt, obwohl sie schon das Gefühl hatte, ihn zu lieben. Vielleicht war er ja wirklich der Richtige. Aber hundertprozentig sicher war sie sich nicht. „Herr, was soll ich tun?“ So lautete ihr inständiges Gebet. Nervös und etwas fahrig hantierte Sam mit seinem Bleistift und brachte halbherzig ein paar Entwurfsversuche für sein neues Projekt zu Papier. Jetzt hatte er auch noch die Miene abgebrochen. Er konnte sich einfach nicht auf seine Arbeit konzentrieren. Immer und immer wieder wanderten seine Gedanken zu der Entscheidung, die er zu treffen hatte. Das Jobangebot schien zu genial, um wahr zu sein: 100.000 Dollar Jahresgehalt, eigene Sekretärin, ein Firmenwagen und eine Tätigkeit, in die er sich lieber jetzt als gleich hineinknien würde. Die andere Seite der Medaille war, dass der Job einen Umzug ans andere Ende des Staates und somit bedeuten würde, dass sie Freunde, Familie und Gemeinde zurücklassen müssten. Außerdem müssten sie die Kinder aus ihrer schulischen Umgebung reißen, und Steve, ihr Sohn, hatte gerade einen festen Platz in der Fußballauswahl der Schule bekommen. „Herr, was soll ich tun?“ Sams Stimme klang verzweifelt. Dennis Magen fühlte sich schwer an wie Blei. Gedankenverloren stocherte er in seinem Essen herum. Er hatte überhaupt keinen Hunger, obwohl seine Mutter ihm sein Lieblingsessen gekocht hatte. Seit drei Wochen hatte er nun sein Abitur in der Tasche und immer noch keine Ahnung, was er den Sommer über machen sollte, geschweige denn den Rest seines Lebens. Sollte er weiter die Schulbank drücken und studieren, oder sollte er das Angebot seines Vaters annehmen und in das Familienunternehmen einsteigen? Ganz tief in seinem Herzen verspürte er den Wunsch, zu seinem Freund David nach Südamerika zu gehen, der dort als Missionar arbeitete. Doch er wusste auch, dass seine Eltern damit nicht einverstanden wären. Wieder und wieder betete er: „Herr, was soll ich tun?“

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DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN „Herr, was soll ich tun?“ - können Sie sich daran erinnern, diese Frage einmal zu einem Gebet formuliert zu haben? Wenn es Ihnen so geht wie mir, dann ist dieser Satz in Ihren stillen Dialogen mit Gott mehr als nur einmal aufgetaucht. Oftmals wünschen wir uns, Gott würde seinen Willen in großen, gut lesbaren Buchstaben in die Wolken schreiben oder hörbar zu uns reden. Vielleicht geht es Ihnen wie mir und Sie sind ebenfalls der Aussprüche von Leuten überdrüssig, die ständig die Formulierung „Gott hat mir gesagt ...“ im Munde führen. Doch insgeheim wünschen Sie sich, er würde Ihnen auch einmal etwas „sagen“. In erster Linie streben wir danach, Gottes Willen herauszufinden, weil wir davon überzeugt sind, dass er weiß, was das Beste für uns ist. Doch tief im hintersten Winkel unseres Herzens treibt uns die Angst vor den Konsequenzen einer falschen Entscheidung, sodass uns wohler dabei ist, wenn Gott die Entscheidung für uns trifft. Dabei fallen seine Entscheidungen nicht immer so aus, wie wir es erwarten. Gleichwohl möchte er uns führen, und dabei spielt es eine große Rolle, wie wir uns entscheiden – auch wenn es Menschen gibt, die das Gegenteil behaupten. Gottes Wort enthält eine Menge Wahrheiten in Bezug auf seinen Willen. Wenn man näher hinsieht, begegnet einem das Thema sogar erstaunlich häufig. Unser Problem im Hinblick auf die Erkenntnis des göttlichen Willens besteht also nicht darin, dass Gott seinen Willen heute weniger offenbart, als er es früher getan hat. Unser Problem liegt vielmehr darin, dass wir nicht mehr verstehen, wie Gott kommuniziert, und wir an komplett falscher Stelle nach seinen Antworten suchen. Auf den folgenden Seiten werden Sie erfahren, welches die richtigen Stellen sind. Dieses Buch möchte keine Lektionen aus dem „Elfenbeinturm“ liefern, sondern praktikable und leicht anwendbare Prinzipien aus dem Wort Gottes. Keine Sorge: Die Trauben, um die es hier geht, hängen nicht hoch. Die Suche nach Gottes Führung ist also keine „geistliche Ostereisuche“, bei der Gott seinen Willen versteckt und ruft: „Nimm ihn dir - wenn du ihn findest.“ Ich bin sicher, dass Gott den Weg, den wir auf der Suche nach dem göttlichen Willen gehen müssen, so gut ausgeschildert hat, dass wir unser Ziel nicht verfehlen können. Doch wir müssen auf seine Wegweisung achten, sie auf unsere Situation beziehen und dann anwenden. Der alles entscheidende erste Schritt bei dieser Suche ist also die Wahrnehmung. Wenn wir die Hinweise Gottes nicht wahrnehmen, die sich oftmals direkt vor unserer Nase befinden, wenn wir nicht nach ihnen Ausschau halten, können wir nicht erwarten, den Willen Gottes herauszufinden. Doch die Suche ist hier noch nicht zu Ende. Wenn wir die Hinweise Gottes zwar wahrnehmen, unsere Sinne jedoch nicht sensibel oder geschult genug sind, um die Hinweise für unsere Situation richtig zu deuten, nützen sie uns genauso viel wie die Brailleschrift für einen Nichtblinden. Und schließlich werden uns weder Wahrnehmung noch korrekte Deutung helfen, wenn wir die Hinweise nicht anwenden und uns nicht nach ihnen richten.

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Nehmen Sie Gottes Hinweise wahr!

Lassen Sie mich das anhand eines Beispiels verdeutlichen: Wenn wir an einem Stopp-Schild nicht anhalten, bewahrt es uns nicht davor, unser Auto kaputtzufahren. Doch bevor wir anhalten können, müssen wir das Schild zunächst einmal wahrnehmen. Danach müssen wir herausfinden, was es bedeutet, und schließlich seiner Bedeutung gemäß handeln. Bei Gottes „Hinweisschildern“ ist es ähnlich. Sie führen uns nicht zum Ziel, wenn wir nur einen Schritt dieses Prozesses auslassen. Wahrnehmung, Deutung und Anwendung sind Schritte eines jeglichen Kommunikationsprozesses, in welchem Zusammenhang auch immer. Wenn sich diese Schritte zur Erkenntnis des göttlichen Willens nach der Herangehensweise an einen biblischen Text anhören, dann ist das kein Zufall. Die Bibel ist Gottes verschriftlichter Wille und eines seiner Mittel zur Kommunikation mit uns. Dieser Bibelkurs wird uns helfen, mit Gott in Kontakt zu treten, sein Reden zu deuten und das Erkannte mit der jeweiligen Lebenssituation in Verbindung zu bringen sowie dann praktisch anzuwenden. Ich kümmere mich dabei um einen guten „Straßenbelag“, doch Sie müssen Ihr Fahrzeug selbst steuern. Bevor wir Gottes Hinweisschilder unter die Lupe nehmen, müssen wir noch ein paar Grundvoraussetzungen klären: Wir müssen die Wahrheiten über den Willen Gottes aus göttlicher Perspektive betrachten, um das Thema zutreffend behandeln zu können.

Was ist Gottes Wille? Leider geht man oft von einem ungenauen und teilweise auch unzutreffenden Bild von Gott und seiner Sicht der Dinge aus. Anstatt in ihm den guten Hirten und den liebenden Vater zu sehen, neigen wir dazu, ihn wie den sprichwörtlichen „alten, grauhaarigen Mann mit Krückstock“ zu behandeln. Wir stellen uns vor, wie er aus den Wolken des Himmels herausschaut und mit Argusaugen nach denjenigen sucht, die Spaß haben, nur um sie zu bestrafen und ihnen ein „Hört auf damit!“ zuzurufen. Der Buchautor und Konferenzredner Dan Hayes hat es einmal so ausgedrückt: „Oft machen wir uns schuldig, weil wir denken: Gottes Willen zu folgen bedeutet, in den erstbesten Kahn nach Borneo zu springen und den Rest unseres Lebens Wunden in Eingeborenenhütten zu versorgen. Ab und zu frage ich mich ernsthaft, wie viele Christen unter den weißen Westen ihrer Geistlichkeit den Zweifel an der Tatsache mit sich herumtragen, dass Gott Gutes mit unserem Leben im Sinn hat – selbst wenn er uns nicht nach Borneo schickt. Dabei muss ich an die Worte des alten Quäkers denken, der Gott in einem Moment absoluter Ehrlichkeit vorwarf: ‚Du musst dich nicht wundern, dass du nur so wenige Freunde hast, wenn du die, die dir geblieben sind, so behandelst.‘“ In der Heiligen Schrift lesen wir etwas ganz anderes über den Willen Gottes: Sie bezeichnet ihn in Römer 12,2 als gut, wohlgefällig und vollkommen. Denken Sie einmal darüber nach. Gottes Wille für Ihr Leben ist durch und durch gut! Sein Wille ist wohlgefällig (das griechische Wort, das hier mit wohlgefällig übersetzt wird, heißt eigentlich angenehm), und er ist vollkommen (insofern, als dass er die Bedürfnisse des Menschen stillt). Gottes Wille für Sie und für mich verdient diese Attribute und ist noch viel mehr als das.

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DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN Lassen Sie uns einmal Klartext reden. Haben Sie nicht manchmal mit der Versuchung zu kämpfen, Ihren eigenen Willen dem Willen Gottes vorzuziehen? Ich schon. Bedenken Sie nur, wie hilfreich es in solchen Situationen wäre, wenn wir es bis in die tiefste Tiefe verstanden und durchdrungen hätten, dass sein Wille, sein spezifischer Wille für diese ganz konkreten Umstände, gut, wohlgefällig und vollkommen ist. Vielleicht sind Sie gerade in diesem Moment auf der Suche nach dem Willen Gottes. Wie tröstlich ist es da, wenn Sie sich der Tatsache gewiss sind, dass sein Wille für Sie besser ist als Ihr eigener!

Warum wir den Willen Gottes nötig haben Haben Sie sich jemals die Frage gestellt, wofür wir den Willen Gottes brauchen? Wahrscheinlich nicht. Es ist vermutlich nicht die Art von Frage, die ein Christ sich stellen sollte; doch es ist hilfreich, wenn man sich eine Antwort auf diese Frage geben kann. Denn die Antworten auf die Warum-Fragen sind stets die Grundlage für die Lösung des Wie. Die wahrscheinlich beste Antwort gibt uns die Mahnung in Epheser 5,15-17: „Gebt nun Acht, wie ihr sorgfältig wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise, die die gelegene Zeit auskaufen, denn die Tage sind böse. Darum seid nicht töricht, sondern verständig, was der Wille des Herrn sei!“ Der Weise unterscheidet sich vom Törichten durch das Verständnis des göttlichen Willens. Es ist unmöglich, angesichts der Finsternis dieser Tage das Beste aus unserer Zeit zu machen, ohne den Willen Gottes für unser Leben zu kennen. Vor diesem Hintergrund können wir mit Fug und Recht behaupten: Gott möchte, dass wir seinen Willen erkennen. In Kolosser 1,9 betrachtet Paulus diese Wahrheit noch einmal von einer etwas anderen Seite. Er betet, dass die Gläubigen in Kolossä „erfüllt sein (mögen) mit der Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht“. In Vers 10 erläutert er den Grund für dieses Gebet: „… um würdig des Herrn zu wandeln zu allem Wohlgefallen, in jedem guten Werk Frucht bringend und wachsend durch die Erkenntnis Gottes.“ Diese Worte zeigen uns, dass es nicht möglich ist, des Herrn würdig zu wandeln und ihm zu gefallen, ohne seinen Willen zu erkennen und zu tun.

Die Verheißung der Erkenntnis des göttlichen Willens Zwar wissen wir, dass wir den Willen Gottes kennen müssen, doch wir fühlen uns oftmals wie ein Esel auf der Jagd nach der berühmten Karotte an der Angel: Trotz aufrichtiger Bemühungen um Erkenntnis will uns einfach kein rechtes Licht aufgehen. Wenn wir vergeblich nach Gottes Willen fragen, liegt der Hase in Wahrheit jedoch bei uns selbst im Pfeffer. Unser Herr hat uns in Jakobus 1,5 versprochen: „Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, so erbitte er sie von Gott, der allen willig gibt und nichts vorwirft, und sie wird ihm gegeben werden.“

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Nehmen Sie Gottes Hinweise wahr!

Auf der Suche nach Gottes Willen sollten wir die beliebten Fallen umgehen, in die viele vor uns schon hineingetappt sind. Dieses Buch ist keine Garantie für Briefe oder Stimmen vom Himmel, doch eines ist sicher: Wenn Sie Gottes Prinzipien befolgen, werden Sie seinen Willen erkennen; und auf dem Weg dahin werden Sie einiges über die Art und Weise lernen, wie Gott kommuniziert. Ich bin ganz ehrlich zu Ihnen. Es gibt nur zwei Gründe, weshalb dieses Buch entstand. Erstens: Ich weiß, wie es ist, wenn man mit der Suche nach Gottes Willen hadert, und ich möchte Ihnen bei dieser Suche helfen. Zweitens: Wenn ich Ihnen auf dieser Suche mit praktischen Ratschlägen zur Seite stehen und Ihnen helfen kann, Gottes Reden zu verstehen, werden Sie auf Ihrem zukünftigen Weg mit dem Herrn ein ganzes Stück vorangekommen sein. Bei der nächsten Gelegenheit ist das Fragen nach Gottes Willen dann schon nicht mehr ganz so schwierig. Mein Wunsch ist es, dass Sie Gottes Willen nicht nur verstehen, sondern dass Sie es zu Ihrem Lebensstil machen, ihn auch zu befolgen und auf Gottes Stimme zu hören.

Die „Alternativenfalle“ Den meist begangenen Fehler im Prozess der Erkenntnis des göttlichen Willens möchte ich hier einmal die „Alternativenfalle“ nennen. Was ich damit meine, ist die Angewohnheit, die Entscheidung für den zu beschreitenden Weg auf lediglich zwei Optionen zu reduzieren: ein Entweder-oder, die Wahl zwischen zwei Alternativen. Das klingt im ersten Moment gar nicht dramatisch, doch dieser Entscheidungsmodus kann uns auf die ganz falsche Bahn manövrieren. Das Problem dabei ist, dass beide Alternativen falsch sein können, wenn sie unserem eigenen Denkprozess entspringen. In meinem zweiten Studienjahr kämpfte ich mit einer für mich sehr wesentlichen Entscheidung. Ein Jahr zuvor war ich Christ geworden und besuchte ein mittelgroßes, staatliches College im Süden des Landes. Jetzt aber begann meine Beziehung zu Christus zu wachen, und so überlegte ich, ob es nicht sinnvoller wäre, auf ein christliches College zu wechseln, wo ich die Möglichkeit hätte, mein Bibelwissen zu vertiefen. Ich spielte außerdem noch College Fußball, und das Trainings- und Wettbewerbsniveau auf dem christlichen College, das ich ins Auge gefasst hatte, war weitaus höher. Auf der anderen Seite hätte ich dort, wo ich war, die Möglichkeit, andere mit dem Evangelium zu erreichen. Um eine Lösung für dieses Dilemma zu finden, fragte ich Gott: „Soll ich auf diesem staatlichen College bleiben oder auf das christliche wechseln?“ Auf den ersten Blick klingt das vernünftig und naheliegend, doch in meinen Entscheidungsprozess hatte sich ein grundlegender Fehler eingeschlichen: Ich hatte mich selbst auf zwei Optionen festgelegt und aus der Angelegenheit eine „Entweder-oder“-Entscheidung gemacht. Ich hatte dabei die Möglichkeit außer Acht gelassen, dass keine der beiden Alternativen Gottes Willen entsprechen könnte, zumal es sich zwischen nur

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DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN zwei Optionen bei Weitem leichter entscheiden lässt als zwischen mehreren. Im Ergebnis machte das die ganze Sache viel aufreibender und emotional schwieriger, als sie eigentlich hätte sein müssen. Nach wochenlanger Quälerei mit erhöhtem Verbrauch an Kopfschmerztabletten überlegte ich einmal ganz in Ruhe, welche Bedürfnisse ich zu stillen versuchte. In diesem konkreten Fall verspürte ich den Wunsch nach tieferem Bibelverständnis und den Ehrgeiz, meine Fußballleistungen zu verbessern; ich wollte testen, wie weit ich es bei diesem Sport bringen könnte. Alles so weit in Ordnung. An diesen Beweggründen war an sich nichts auszusetzen. Zwei Hauptfaktoren hatten sich herauskristallisiert: die Entwicklung 1. meiner Bibelkenntnis und 2. meiner sportlichen Leistung im Bereich Fußball. Wie hätten Sie an meiner Stelle entschieden? Wären Sie auf diese beiden Optionen festgelegt gewesen, hätten Sie sich wahrscheinlich genau wie ich angesichts dieser beiden Ziele für den Wechsel auf das christliche College entschieden. Trotzdem war es in diesem Fall nicht Gottes Wille. Hätte ich meine Entscheidung bis zum Ende durchgezogen und das College gewechselt, hätte ich die besten Gelegenheiten in meinem noch jungen Leben als Christ verpasst, anderen von meinem Glauben weiterzusagen. Obwohl der Besuch der christlichen Universität sicherlich mein biblisches Wissen vertieft hätte, wäre er vielleicht am Ende ein Hindernis gewesen, es anzuwenden. Die Möglichkeiten, Gottes Wort als Student unter anderen Studenten weiterzugeben, sind ungleich größer als in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens; und Gott hat mich in diesem Dienst sehr gesegnet. Wie habe ich diese Entscheidung also getroffen? Gott hat den Rat eines guten Freundes gebraucht, um mir zu zeigen, dass ich mich selbst in die „Alternativenfalle“ hineinmanövriert hatte. Schließlich betete ich: „Herr, könnte eine ganz andere Option viel besser dazu dienen, diese Ziele zu erreichen?“ Dieses Gebet wirkte enorm befreiend. Nicht lange danach erfuhr ich von der Möglichkeit, die Sommerferien für die Verwirklichung meines Ziels zu nutzen. Jemand gab mir den Hinweis auf eine Sommerbibelschule, auf der ich Kurse über das Neue und das Alte Testament sowie grundlegende biblische Prinzipien belegen konnte. Ausgerechnet in jenem Sommer führte das Missionswerk Athleten in Aktion ein Fußballtrainingslager genau in dieser Stadt durch, und ich durfte den Sommer über mittrainieren. Das war ohne Zweifel Gottes Wille. Diese dritte Option vereinte die Vorteile eines christlichen Colleges mit der Möglichkeit, Gottes Wort an der staatlichen Universität zu verbreiten. Doch erst als ich mich aus der „Alternativenfalle“ befreit hatte, bin ich auf sie aufmerksam geworden. Wie bin ich also in die Alternativenfalle hineingestolpert? Hauptsächlich aus drei Gründen: Zunächst hatte ich nicht ausreichend gebetet. Zweitens hatte ich die

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Nehmen Sie Gottes Hinweise wahr!

Kosten nicht wirklich überschlagen. Und drittens hatte ich niemanden um Rat gefragt. Als ich diese drei Dinge änderte, konnte ich mich aus der Falle befreien und Gottes Willen herausfinden. Wie steht es mit Ihnen? Sind Sie auch schon einmal in die Alternativenfalle hineingetappt? Ich sehe ein, dass es sich in dieser Falle auch manchmal bequem anfühlt. Wie sieht beispielsweise die Antwort aus, wenn ein Mann einer Frau einen Heiratsantrag macht? Ja oder nein, würde man meinen. Aber das stimmt nicht! Deshalb ist die Alternativenfalle so tückisch. Im Falle des Heiratsantrages bieten sich der Frau drei mögliche Optionen: 1. Sie sagt Ja und heiratetet ihn. 2. Sie sagt Nein und bricht die Beziehung ab. 3. Sie sagt, dass sie jetzt noch nicht reif sei, diese Entscheidung zu treffen, und deshalb noch etwas Zeit brauche. Vielleicht kennt die Frau den Mann noch nicht gut genug, vielleicht gibt es noch Unwägbarkeiten bezüglich ihrer Zukunft oder Ähnliches. Lassen Sie sich also nicht von jemand anderem in die Alternativenfalle drängen. In einem Buch über den Willen Gottes, das in den siebziger Jahren erschien, heißt es: „Dem Herrn ist egal, ob wir Brötchen oder Toast zum Frühstück essen. Solange meine Entscheidung nicht grundlegenden Prinzipien der Heiligen Schrift widerspricht, ist es nicht relevant, wie ich mich entscheide.“ Obwohl das auf den ersten Blick vernünftig erscheint, reduziert es unsere Entscheidungen auf den Alternativenlevel. Selbst wenn Gott weder Brötchen noch Toast den Vorzug geben würde, kann es doch immerhin sein, dass er keine der beiden Optionen, die ich ihm zur Auswahl biete, für die richtige hält. Vielleicht findet er ja, dass es höchste Zeit für mich ist, mit einem nahrhafteren Frühstück in den Tag zu starten. Wir brauchen nicht nur die Erkenntnis des göttlichen Willens in einer konkreten Situation. Was wir ebenso nötig haben, ist göttliche Weisheit. Wir müssen die Dinge aus seiner Perspektive betrachten und sein ewig gültiges Wertesystem zugrunde legen, um unsere Entscheidungsmaßstäbe zu filtern. Dieses Buch möchte nicht nur dazu beitragen, dass Sie den Problemlösungen auf die Spur kommen, die Gott für Sie schon bereithat. Es möchte Ihnen helfen, die biblischen Grundsätze zu verstehen, die bei jeder Entscheidungsfindung beachtet werden müssen. Obwohl es sicherlich Umstände gibt, die eine Entscheidung zwischen zwei Alternativen fordern, ist diese Situation doch seltener, als wir vielleicht meinen. Wenn Sie zu denen gehören, die immer wieder in diese Falle tappen, dann lassen Sie den Mut nicht sinken. Sie können zur Freiheit und Fähigkeit durchdringen, Gottes Willen zu erkennen, auch wenn eine Situation mehr als zwei Optionen bietet. Denken Sie daran, dass Gott noch mehr mit Ihnen vorhat. Sie müssen nur lernen, auf seine Stimme zu hören und sie in rechter Weise zu verstehen. Und Sie werden es lernen! Und genau das ist das Anliegen dieses Buches.

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DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN

Jetzt wird´s persönlich Warum haben Sie zu diesem Buch gegriffen? Vielleicht haben Sie es aus purem Eigeninteresse und für Ihr eigenes geistliches Wachstum ausgewählt, um Fakten über Gottes Willen zu erarbeiten. Wahrscheinlicher ist es jedoch, dass Sie sich in einer Situation befinden, in der Sie darauf angewiesen sind, dass Gott Ihnen seinen Willen offenbart. Nehmen Sie sich jetzt ein paar Minuten Zeit, um die Bereiche konkret zu benennen, die Ihnen gerade auf dem Herzen liegen. Wenn Sie dann die folgenden Kapitel durcharbeiten, in denen es um die biblischen Grundsätze geht, können Sie sie auf Ihre konkrete Frage beziehen und die erlernten Wahrheiten auf Ihr akutes Problem anwenden.

Die zu treffende Entscheidung (bezeichnen Sie sie so konkret wie möglich)

Mögliche Lösungsoptionen Nr. 1

Nr. 2

Nr. 3

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Lektion 1

Klären Sie die Herrschaftsfrage Unruhig wälzte sich Lena in ihrem Bett hin und her, während sich ihr Bettzeug in ein hoffnungslos verknotetes Etwas verwandelt hatte. Der Schein ihres Digitalweckers zeigte schonungslos das bevorstehende Ende der Nacht an. An Schlafen war gar nicht zu denken. In ihrem Kopf spulten sich die Bilder des Vortags wie ein Spielfilm ab. Als Sara sie vor ein paar Monaten gefragt hatte, ob sie ihre Brautführerin sein wollte, hatte sie sich sehr gefreut. Während des Studiums hatten sie zusammengewohnt, und obwohl sich ihre Wege in letzter Zeit nicht mehr häufig gekreuzt hatten, war es immer noch eine sehr besondere Freundschaft. Doch jetzt wünschte sie sich, sie wäre niemals zu dieser Hochzeit gegangen. Ja, klar, es war schön, die alten Freunde wiederzusehen und sich gegenseitig auf den neuesten Stand der Ereignisse zu bringen; doch niemals zuvor war sie sich ihres Singledaseins so schmerzhaft bewusst gewesen. Es schien, als wären all ihre Studienfreunde verheiratet und würden Familien gründen. „Komm schon, Lena, sieh zu, dass du den Brautstrauß fängst!“, kreischten sie, als wollten sie ihr einen Partner aufzwingen. Die gelegentliche Frage nach ihrem Beziehungsleben hatte sie auch noch nicht weiter gestört, doch jetzt kämpften ihre Nerven mit der erbarmungslosen Realität. Sie wurde ja schließlich nicht jünger. Die biologische Uhr tickte, besonders wenn sie noch Kinder haben wollte. In ein paar Monaten werde ich dreißig, dachte sie. Oh Mann, das klingt schrecklich. Vielleicht bin ich einfach zu wählerisch. Vielleicht gibt es „den Richtigen“ ja gar nicht. Vielleicht ist es Zeit, sich nach „dem Akzeptablen“ umzusehen. In diese Kategorie passt Tom dann auch sicher hinein. Sie hatten sich ein Jahr zuvor auf der Weihnachtsfeier ihrer Firma kennengelernt und sich seitdem auch regelmäßig getroffen. Er sieht ziemlich gut aus, grübelte sie. Außerdem hat er eine gute Position in der Insolvenzabteilung des Büros. Wahrscheinlich wird er in ein paar Jahren Juniorpartner sein.

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„Herr, ich möchte gerne heiraten. Ich habe es satt, allein zu leben.“ Lena


DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN Sicher, er hatte keine Beziehung zu Gott, wie sie es hatte, aber immerhin war er einige Male mit ihr zum Gottesdienst gegangen. Und kürzlich brachte er eben das Thema Heiraten zur Sprache. Scheinbar wollte er jetzt Ernst machen. „Vielleicht würde das bedeuten, dass ich dann nicht mehr von einer Unternehmung zur anderen hetze und auf diese Weise mehr Zeit für Gott habe. Herr, ich bin mir ganz sicher, dass er eines Tages ein hingegebener Christ sein wird“, rief Lena. Sie formte die Worte so extrem deutlich, als wolle sie sowohl sich selbst als auch Gott von ihren Argumenten überzeugen. „Herr, ich möchte heiraten ... Ich habe es satt, allein zu leben“, klagte sie und schlief schließlich erschöpft ein. Ein paar Wochen später schenkte Tom ihr einen Verlobungsring. Emotional beeindruckt von dieser Situation betete Lena still: „Herr, bitte segne unsere Ehe.“ Hatte Lena Gottes Willen herausgefunden, oder hatte sie sich schlichtweg für das entschieden, was sie sich selbst wünschte?

Die Herrschaftsfrage 1. Tag

Was bedeutet eigentlich die Regel Vorfahrt achten? Wie im Straßenverkehr heißt auch eine der wichtigsten Regeln auf der Straße, die zur Erkenntnis des göttlichen Willens führt, Vorfahrt achten. Menschen laufen immer wieder haarscharf an Gottes Willen vorbei, weil sie danach mit der folgenden inneren Einstellung suchen: „Herr, zeig du mir, was du von mir möchtest, damit ich mich entscheiden kann, ob ich das auch möchte.“ Diese Haltung spiegelt unseren Willen wider, das letzte Wort über unsere Situation zu behalten, anstatt es dem Herrn zu überlassen. Letztendlich deckt sie unser Misstrauen gegenüber Gott und seiner Güte auf.

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Lesen Sie Römer 12,2. Wie beschreibt Paulus hier den Willen Gottes?

„... dass ihr prüfen mögt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.“

In Römer 12,2 bekommen wir eine präzise Beschreibung des göttlichen Willens: Er ist gut, wohlgefällig und vollkommen. Denken Sie darüber nach. Gottes Wille für Ihr Leben ist wahrhaft gut! Sein Wille ist wohlgefällig (das griechische Wort bedeutet eigentlich angenehm), und er ist vollkommen (insofern, als dass er Ihre persönlichen Bedürfnisse stillt). Gottes Wille für Sie und für mich verdient diese Attribute und ist noch viel mehr als das.

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Lektion 1: Klären Sie die Herrschaftsfrage

Lassen Sie uns einmal Klartext reden. Haben Sie nicht manchmal mit der Versuchung zu kämpfen, Ihren eigenen Willen dem Willen Gottes vorzuziehen? Ich schon. Bedenken Sie nur, wie hilfreich es in solchen Situationen wäre, wenn wir es bis in die tiefste Tiefe verstanden und durchdrungen hätten, dass sein Wille, sein spezifischer Wille für diese ganz konkreten Umstände, gut, wohlgefällig und vollkommen ist. Vielleicht sind Sie gerade in diesem Moment auf der Suche nach dem Willen Gottes. Wie tröstlich ist es da, wenn Sie sich der Tatsache gewiss sind, dass sein Wille für Sie besser ist als Ihr eigener! Hat Lena nun Gottes Willen erkannt, oder hat sie sich einfach für etwas entschieden, wovon sie hofft, es wäre der Wille Gottes? Oftmals zweifeln wir an den Worten aus Römer 12,2, die uns schwarz auf weiß deutlich machen, dass Gottes Wille gut ist. Wir möchten uns das Recht vorbehalten, ein „Misstrauensvotum“ einzulegen, wenn uns etwas nicht gut erscheint oder uns etwas partout widerstrebt. Aber Gott ist eben nicht der Bundestag, und er lässt seiner nicht spotten. Gott wird uns seinen Willen erst offenbaren, wenn wir von Herzen zu tun bereit sind, was immer er uns sagt. Gottes Wille ist keine Option, sondern eine Verpflichtung. Wenn wir uns seinem Willen nicht unterordnen, wird er seinen Atem nicht für irgendwelche nutzlosen Anweisungen verschwenden. Der Theologe Lewis Sperry Chafer hat es in seinem Buch He That Is Spiritual (Zondervan, 1918) einmal so auf den Punkt gebracht: „Gottes Stimme ist laut genug, dass eine willige Seele sie verstehen kann.“ Wenn wir nicht an den Punkt kommen, an dem wir Gott den Vorrang gewähren und ihm jeden Bereich unseres Lebens anvertrauen, wird es uns wie dem Zweifler in Jakobus 1 ergehen. Der gleicht einer Meereswelle, die vom Wind hin und hergetrieben wird. Jakobus schlussfolgert: „Denn jener Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen wird; er ist ein wankelmütiger Mann, unstet in allen seinen Wegen“ (Jak 1,7-8).

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Lesen Sie Römer 12,1-2. Welche Grundvoraussetzungen nennt der Text, um den guten, wohlgefälligen und vollkommenen Willen Gottes zu erkennen?

Wenn unsere Suche nach dem guten, wohlgefälligen und vollkommenen Willen Gottes erfolgreich sein soll, müssen wir für uns festmachen, was die Bibel in Römer 12,1 fordert: „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure

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„Gottes Stimme ist laut genug, dass eine willige Seele sie verstehen kann.“ Lewis Sperry Chafer


DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Dienst ist.“ Zwar klingt es zunächst etwas paradox, doch der erste Schritt auf dem Weg zur Erkenntnis des göttlichen Willens ist die völlige Unterordnung. Gott möchte, dass unsere Antwort Ja lautet, bevor er uns die Frage stellt. Wir alle wissen, dass Jesus Christus der Herr ist. Doch diese Textstelle fordert uns auf, Jesus Christus auch wirklich Herr in unserem Leben sein zu lassen. Hat Lena diese Notwendigkeit in ihrem Entscheidungsprozess beherzigt?

Die Herrschaftsfrage 2. Tag

Was bedeutet es, Jesus die Herrschaft zu überlassen? Oftmals handhaben wir die Herrschaft Jesu in unserem Leben wie die Position eines Königs oder einer Königin im Staatssystem einer konstitutionellen Monarchie. Das wohl geläufigste Beispiel dafür ist das Staatssystem in Großbritannien, dem ein amtierender Monarch vorsteht. Gleichwohl trifft nicht die Königin oder der König, sondern das Parlament alle Entscheidungen und Anordnungen. Heutzutage funktioniert das folgendermaßen: Aus Achtung vor der Königin befindet sich am unteren rechten Rand eines jeden Gesetzesentwurfes eine schwarze Unterschriftenlinie. Jeder Gesetzesentwurf wird der im Buckingham Palace residierenden Queen mit der Bitte übermittelt, ihre Zustimmung zu erteilen, indem sie ihre Unterschrift auf der dafür vorgesehenen Linie leistet. Das eigentlich Interessante an dieser Vorgehensweise ist jedoch, dass das Gesetz auch dann in Kraft tritt, wenn die Queen ihre Unterschrift verweigern würde. Ihre Herrschaft und Autorität im Hinblick auf die Geschicke ihres Landes sind lediglich symbolischer Natur. Vielmehr wird der Staat durch den Premierminister und das Parlament regiert. Allzu oft gestalten wir unser Leben nach dem Vorbild der konstitutionellen Monarchie. Zwar reservieren wir dem Monarchen – Jesus Christus – seinen Platz im System. Aber wir behalten uns vor, die Entscheidungen selbst zu treffen, und bitten den Herrn nur noch, sie zu billigen. Aber wenn ich dem Herrn nachfolgen möchte, muss ich einer Wahrheit ins Auge blicken: Das Leben eines Christen funktioniert nicht nach dem Vorbild einer konstitutionellen Monarchie. Gott unterschreibt nicht meine Pläne – er will, dass ich seine Pläne unterschreibe und mich ihnen unterstelle. Das bedeutet es, Jesus die Herrschaft zu überlassen. Alles, was dahinter zurückbleibt, ist keine Nachfolge, wie die Bibel sie versteht.

Betrachten Sie die angegebenen Verse, und geben Sie in eigenen Worten deren Kernaussage wieder.

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Lektion 1: Klären Sie die Herrschaftsfrage

Lukas 6,46

Matthäus 21,28-32

Johannes 7,17

In allen drei Textpassagen kommt zum Ausdruck, dass Nachfolge Jesu mehr ist als nur ein Lippenbekenntnis. Es genügt nicht zu bekennen, dass Jesus unser Herr ist – unsere Hingabe an ihn sollte durch unsere Entscheidungen und unser Handeln sichtbar werden. Deshalb fragt Jesus: „Was nennt ihr mich aber: Herr, Herr! und tut nicht, was ich sage?“ (Lk 6,46). Derselbe Gedanke taucht im Gleichnis von den ungleichen Söhnen in Matthäus 21 auf. Johannes 7,17 bringt den Kerngedanken auf den Punkt, dass wir Gottes Stimme nur in dem Maße hören können, wie wir ihm hingegeben leben. Und wenn wir hingegeben leben, werden wir unterscheiden können, welche Entscheidungsoptionen von Gott kommen und welche eben nicht.

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DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN

Die Herrschaftsfrage 3. Tag

G

Schon gewusst?

MIT BANN BELEGT

Das hebräische Wort charam oder cherem bedeutet „ausgesondert“ oder „mit Bann belegt“. Etwas „Gebanntes“ war ausgesondert für den Herrn. Das Gebannte von Jericho war „ausgesondert“ oder wörtlich „mit Bann belegt“ – wie beispielsweise die Erstgeburt grundsätzlich dem Herrn gehörte (Jos 7). In 3. Mose 27,28 lesen wir von einem für den Herrn ausgesonderten Opfer; 3. Mose 27,29 spricht von Menschen, die mit Bann belegt sind. Letzteres bedeutete, dass diese Menschen für das Gericht ausgesondert wurden, das sie für ihre Sünden empfangen sollten. Amalek war ebenfalls ein Gebannter („schlage Amalek“, „verschone ihn nicht“, 1Sam 15,3.8-9.18.20), dessen Verbrechen wie auch die der Kanaaniter zu Josuas Zeiten nach Vergeltung schrien.

Was uns an einem hingegebenen Lebensstil hindern kann Die beiden tückischsten und gefährlichsten Fallstricke auf dem Weg zu einem hingegebenen Lebensstil sind Stolz und Ich-Bezogenheit. Diese teuflischen Charakterzüge schleichen sich fast unbemerkt ein und schlagen dann ganz geschickt zu. Wenn wir nicht aufpassen und diesen Fallstricken auf den Leim gehen, kann Satan sein Ziel erreichen, dass Gottes Führung in unserem Leben keine Relevanz mehr hat. Der Lockruf des Stolzes und der Egozentrik führen uns wie ein absichtlich falsch platziertes Umleitungsschild auf Abwege, verwirren uns und legen uns geistlich lahm – weit ab von den Wegen, die der Herr für uns vorbereitet hat. Das Leben des Königs Saul (1Sam 15) liefert ein anschauliches Beispiel für die zerstörerischen Kräfte dieser beiden Charakterzüge. Eine seiner ersten Amtshandlungen war es, Gottes Strafe an den Amalekitern zu vollstrecken, diesem heidnischen Stamm, der das schutzlose Volk Israel auf seiner Flucht aus Ägypten aus dem Hinterhalt angegriffen hatte. Sauls Auftrag lautete, diesen Stamm komplett auszurotten - eine sehr harte, aber gerechte Strafe für ihr sündiges Tun. Die Bibel spricht in einem solchen Fall davon, den Bann am Feind zu vollstrecken. Das schloss neben der Tötung aller Lebewesen – Männer, Frauen, Kinder und Vieh – auch die Zerstörung aller Besitztümer und Wohnstätten ein. Weil dieses widergöttliche Volk so durchzogen war von Sünde, sollte nichts und niemand verschont werden. Saul und seine Männer befolgten diese Anweisungen jedoch nicht. Zwar töteten sie alle Menschen (bis auf König Agag) und zerstörten alles, was in ihren Augen wertlos war. Doch das, was noch nützlich sein konnte – Schafe, Ochsen etc. –, verschonten und behielten sie. Sie waren also nur in Teilen gehorsam – in Gottes Augen also ungehorsam.

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Lesen Sie 1. Samuel 15. Notieren Sie, inwiefern Samuel dem Befehl Gottes Folge leistete.

Gott sagt: „Er hat sich von mir abgewandt und hat meine Worte nicht ausgeführt“ (V. 11). Es fällt auf, dass Gott eben nicht sagt: „Er hat einige meiner Worte nicht ausgeführt.“ Teilweiser Gehorsam ist immer noch Ungehorsam. Wenn ich Gott nur dann

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Lektion 1: Klären Sie die Herrschaftsfrage

gehorche, wenn sein Wille mit meinen Wünschen übereinstimmt, dann folge ich nicht seinem Willen, sondern meinen Wünschen. Warum hat Saul nicht gehorcht? Erst einmal hat er König Agag verschont. Warum? Zu dieser Zeit war es üblich, dass der König eines besiegten Volkes sozusagen als Siegestrophäe mit zurück ins eigene Land genommen und dort zur Schau gestellt wurde. Oftmals wurde dieser König dann auf einem Siegeszug an einen Streitwagen gekettet durch die Stadt gefahren. Die Demütigung des besiegten Königs ließ den eigenen Sieg noch strahlender erscheinen. Im Grunde genommen entsprang die Idee, Agag zu demütigen, Sauls Stolz. Er wollte mit seinem Erfolg prahlen.

Was sagen uns die Verse 24 und 30 über Sauls Stolz und Ich-Zentriertheit?

Schon aus seiner Erklärung für den Ungehorsam spricht der Stolz: „… denn ich habe das Volk gefürchtet und auf seine Stimme gehört“ (V. 24). Er trachtete mehr nach seinem Ansehen bei den Menschen als danach, Gott zu gefallen (V. 30). Seine Ich-Zentriertheit wird dadurch deutlich, dass er die Beute an sich reißt, anstatt Gottes Anweisungen vollständig zu befolgen. Am aussagekräftigsten ist jedoch Sauls Reaktion auf die Konfrontation mit seiner Schuld. Er zeigt keine Reue, und sein sündiges Verhalten tut ihm in keiner Weise leid. Saul war nicht demütig, sondern stolz (dementsprechend setzte er sich nach seinem Sieg auch selbst ein Denkmal – V. 12). Weil er kein Herz nach dem Herzen Gottes hatte (1Sam 13,13-14), hat Gott ihn als König verworfen.

Stolz und Ich-Bezogenheit Stolz hindert uns häufig daran, uns Gottes Willen und Plan zu beugen – er raubt uns die Fähigkeit, Gottes Stimme zu hören. Gefolgt von seiner scheußlichen Stiefschwester Eitelkeit erschleicht er sich einen Platz in unserem Herzen mit den süßlich dahergeflüsterten Worten: „Du bist doch eigentlich zu gut für so etwas.“ Natürlich kommt diese Botschaft meistens nicht so offensichtlich daher, sondern eher verklausuliert. Doch der Kern ist derselbe. Stolz bremst die Auswirkungen des

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Die Herrschaftsfrage 4. Tag


DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN göttlichen Willens in unserem Leben regelmäßig aus. Die Eitelkeit weckt in uns die Sorge, was die anderen von uns denken, wie unser Handeln auf sie wirken oder dass es womöglich unter unserer Würde sein könnte. Eitelkeit und Stolz sind zwei Seiten einer Medaille. Die stolze Geisteshaltung hält Gottes Willen normalerweise eine Bedingung entgegen. Sind wir stolz, so präsentieren wir Gott eine Liste der Dinge, die wir nicht bereit sind zu tun. Wir erwarten dann von ihm, dass er seinen Willen diesen Forderungen anpasst. Es ist fast so, als trügen wir solch eine imaginäre Liste in unseren Herzen spazieren. Der Stolz sagt zu Gott: „Du kannst mich an die Arbeitsstelle führen, wo du mich haben willst - aber nicht an einen Ort, an den ich erst noch umziehen muss.“ Oder: „Ich tue, was auch immer du von mir verlangst - solange ich nicht ledig bleiben muss.“ Oder er stellt irgendeine andere Bedingung.

Könnte dieses auch Lenas Problem gewesen sein?

Die ernüchternde Konsequenz aus dem Leben des Königs Saul liegt auf der Hand:

Hingabe, die sich an Bedingungen knüpft, ist keine Hingabe

Hingabe, die sich an Bedingungen knüpft, ist keine Hingabe an den Willen Gottes, sondern an unseren eigenen Willen. Sie erweist nicht dem göttlichen Willen und Plan Ehre, sondern unserem eigenen. Aus der Sicht eines Christen ist echte Hingabe ein restloses Ausliefern unseres Ichs an Gott. Wenn Sie ihm nicht alles unterstellt haben, praktizieren Sie keine wirkliche Hingabe.

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Lesen Sie Jakobus 4,6.

Was sagt uns der Text über Gottes Einstellung gegenüber den Hochmütigen?

Wie, glauben Sie, würde eine hochmütige Person auf diese Worte reagieren?

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Lektion 1: Klären Sie die Herrschaftsfrage

Gott widersteht den Hochmütigen. Er hat eine dauerhafte Abneigung gegen solche Menschen. Den von Herzen Demütigen dagegen gibt er Gnade. In Jakobus 1,5 heißt es: „Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, so erbitte er sie von Gott, der allen willig gibt und nichts vorwirft, und sie wird ihm gegeben werden.“ Und die Verse 6-8 lehren uns, dass wir in rechter Weise bitten müssen, denn der wankelmütige Zweifler kann nicht erwarten, etwas von Gott zu empfangen. Glaube (Vertrauen) ist eine Ausdrucksform der Demut, während Halbherzigkeit (halb für Gott, halb für uns selbst) einen Mangel an Hingabe offenbart. Wenn wir Gottes Stimme hören wollen, müssen wir für uns selbst den Entschluss fassen, dass seine Wege genau die Pfade sind, die wir einschlagen wollen.

„Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.“

Ich-Bezogenheit Ich-Bezogenheit geht mit Stolz und Eitelkeit einher. Wir drehen uns oftmals so sehr um unsere eigenen Belange, dass wir vergessen, was für Gott wirklich wichtig ist. Die Ich-Bezogenheit sagt: „Ich will dies und jenes tun ...“, und legt diesen Gedanken dem Nachsinnen über den Willen Gottes zugrunde. Wir werden niemals Gottes Willen herausfinden, es sei denn, unser Herz ist zutiefst bereit, ihn zu tun - wie auch immer er ausfallen wird. Wenn Sie Gottes Marschrichtung für einen bestimmten Bereich Ihres Lebens erfahren wollen, dann sollten Sie sich vorher entscheiden, ob Sie bereit für diese Marschrichtung sind oder nicht. Ansonsten verschwenden Sie nur Ihre Zeit – von Gottes Zeit ganz zu schweigen. Einige Wochen nach ihrer Verlobung nahm Lena Kontakt zu mir auf und fragte mich, ob wir uns einmal zusammensetzen könnten. Beim Abendessen hielt sie mir plötzlich einen funkelnden Diamant entgegen, der ihre Hand zierte, und meinte lächelnd: „Du kannst mir gratulieren!“ Sie erzählte mir von ihrer Verlobung mit Tom und fragte mich, ob ich sie trauen würde. Zunächst war ich überrascht, doch ich merkte an Lenas Entschlossenheit, dass es ihr absolut ernst war. „Willst du mir nicht erst einmal erzählen, wie Gott dich zu diesem Schritt geführt hat?“, fragte ich. Kaum stand diese Frage im Raum, kippte die Stimmung. Ich wollte Lena weder vor den Kopf stoßen noch bloßstellen, doch ihre Miene verriet mir, dass ich einen wunden Punkt getroffen hatte. Sie wurde nervös, fahrig und wartete mit recht vagen Argumenten für die Richtigkeit dieser Entscheidung auf. Schließlich endete sie mit den Worten: „Und außerdem habe ich tiefen Frieden darüber.“ In der Rückschau war es Gott selbst, der mich folgende, etwas abrupt klingende Frage stellen ließ: „Was wäre, wenn Tom nicht der Mann ist, den Gott für dich vorgesehen hat?“ Mit einer Mischung aus Erschrecken und Entsetzen entgegnete sie prompt: „Aber ich bin mir sicher, dass er der Richtige ist … er muss es einfach sein!“

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Jakobus 4,6


DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN Nachdem ich ihr versichert hatte, dass mir viel an ihrem Wohlergehen und an ihrem Erleben von Gottes Fürsorge gelegen war, erlaubte ich mir folgende Frage: „Jetzt mal ganz ehrlich, Lena: Wie sicher bist du dir wirklich, dass dies Gottes Wille ist?“ Nach einem Moment des unsicheren Schweigens entgegnete sie: „Ich schätze mal, dass ich mir zu 75 Prozent sicher bin.“ Etwas entspannter wurde die Atmosphäre, als wir ein Gespräch über die Tatsachen begannen, die uns die Bibel über Gottes Willen lehrt. Im Zuge dieser Unterhaltung ermutigte ich sie, Gott immer und immer wieder zu bitten, seine Führung in dieser Sache zu offenbaren. Schließlich wollte ich wissen, ob sie sich vorstellen könnte, das Gehörte zu überdenken und die Entscheidung über ihre Hochzeit hinauszuschieben, bis sie sich zu 100 Prozent sicher sei. Außerdem schlug ich ihr vor, über das Wochenende wegzufahren und diese Frage mit dem Herrn in aller Abgeschiedenheit zu besprechen.

„… ich stellte fest, dass ich zwar den Punkt meines Ledigseins früher einmal an Gott abgegeben, ihn mir jedoch irgendwann wieder zurückgeholt hatte. Das Thema Heiraten hatte sich zu einem Anspruch entwickelt, den ich im Herzen an Gottes Willen stellte.“ Lena

Eine Woche später traf ich eine völlig veränderte Lena wieder. Noch bevor sie ein Wort sagte, wusste ich, dass Gott ihr eine Antwort gegeben hatte. Sie begann, mir von ihrem Wochenende mit Gott zu erzählen. Offensichtlich hatte sie meinen Rat befolgt und Gott um Wegweisung und Offenbarung seines Willens gebeten. Wir sprachen über die unterschiedlichen Ratschläge, die sie erhalten hatte, und über ihre Abwägung derselben. Begeistert berichtete Lena über ihre Entdeckungen, die sie im Gebet, im Hineinvertiefen in die Heilige Schrift und durch das Prinzip der Besonnenheit gemacht hatte. „Aber die Wende in meinen Überlegungen kam“, räumte sie ein, „als ich mir die Herrschaftsfrage stellen musste.“ Lenas Augen leuchteten, als sie davon berichtete, wie sie den Herzensentschluss gefasst hatte, jeden einzelnen Bereich ihres Lebens an Gott auszuliefern. „Als ich begann, mit Gott ganz ehrlich verschiedenste Winkel meines Lebens auszuleuchten, stellte ich fest, dass ich zwar den Punkt meines Ledigseins früher einmal an Gott abgegeben, ihn mir jedoch irgendwann wieder zurückgeholt hatte. Das Thema Heiraten hatte sich zu einem Anspruch entwickelt, den ich im Herzen an Gottes Willen stellte“, gab sie zu. Als ihr das bewusst wurde, redete sie Klartext mit dem Herrn und legte ihm ihren Wunsch nach einem Ehemann zu Füßen. Sie bekannte ihm, wie es in ihrem Herzen aussah: „Herr, tief in mir war der Wunsch zu heiraten wichtiger geworden, als dir nachzufolgen.“ Als sie erzählte, wie sie den Herrn um Vergebung gebeten hatte, strahlte sie über das ganze Gesicht. Noch einmal hatte sie ihm gegenüber bekräftigt: „Herr, ich möchte deinem Willen gemäß leben, auch wenn das bedeuten sollte, unverheiratet zu bleiben – weil ich ganz sicher weiß, dass dein Wille das Beste für mich ist. Ich weiß, er wird gut, angenehm und vollkommen sein.“

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Lektion 1: Klären Sie die Herrschaftsfrage

Nachdem Lena die Herrschaftsfrage zugunsten des Herrn beantwortet hatte, begann sie, Tom in einem anderen Licht zu sehen. Obwohl er ihr sicherlich eine stabile Beziehung und finanzielle Sicherheit hätte bieten können, wurde ihr klar: Er würde höchstwahrscheinlich niemals ihre Liebe zu Christus verstehen und teilen. Sie erkannte, dass er niemals den Willen des Herrn in den wichtigen Fragen suchen würde, die im Laufe eines Lebens aufkommen. Anstatt sie in ihrem Wandel mit dem Herrn zu ermutigen, würde er ihr möglicherweise eher Steine in den Weg legen. „Was ich mir wirklich wünsche“, überlegte sie, „ist ein Ehemann, dessen geistlicher Führung ich mich anvertrauen kann. Deshalb bin ich jetzt bereit, auf den Herrn zu warten und ihm zu vertrauen, dass er mir den Ehemann gibt, den er für mich gedacht hat. Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit verspüre ich einen echten inneren Frieden.“ Sie machte nun die Erfahrung, wie tief der Friede Gottes reichen konnte; für sich beschloss sie still, dass ein gottesfürchtiger Ehemann etwas war, auf das es sich zu warten lohnte.

Wie ich auf Gottes Stimme hören kann

Die Herrschaftsfrage

Wo befinden Sie sich gerade in Ihrem Prozess der Suche nach Gottes Willen? Können Sie sich in Lena und ihre Lebensumstände hineindenken? Kämpfen Sie gerade mit einer konkreten Situation, in der eine Entscheidung ansteht? Beschäftigen Sie sich einmal mit den folgenden Fragen, und bestimmen Sie Ihren Standort. Beziehen Sie den ersten und wichtigsten Grundsatz für die Erkenntnis des göttlichen Willens in Ihre Überlegungen mit ein.

5. Tag

N

Standortbestimmung

Unterordnung ist der

1. Habe ich jemals Jesus Christus die Herrschaft über mein Leben anvertraut und mich ihm zur Verfügung gestellt?

wichtigste Schritt, wenn es darum geht, auf Gottes Stimme zu hören. Das entmystifiziert den Prozess der Erkenntnis seines Willens.

2. Bin ich bereit, Gottes Willen in meiner konkreten Situation zu befolgen, egal, wie er auch aussehen mag?

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DEN WILLEN GOTTES ERKENNEN 3. Gehört Stolz zur Triebfeder meines Handelns? (Weigere ich mich vielleicht, etwas zu tun, was „unter meiner Würde“ ist?)

4. Bestimmt eine gewisse Ich-Bezogenheit mein Denken? (Stelle ich meine Wünsche über die Vorstellungen Gottes?)

L

Auf der Suche nach dem Willen Gottes gelangen wir unweigerlich an eine Weggabelung: Die eine Richtung ist Gottes Weg, die andere Richtung unser eigener. Die Unterscheidung fällt nicht immer leicht, und oft sehen sie sich täuschend ähnlich. Manchmal sind die Ziele auch tatsächlich identisch – doch die Länge der Wegstrecke und die Art und Weise, wie wir zum Ziel gelangen, unterscheiden sich voneinander. Sie müssen einen Weg wählen und sich der Tatsache bewusst sein, dass diese Entscheidung Konsequenzen mit sich bringt. Fällt Ihre Wahl auf Ihren eigenen Weg, so wird Gott Sie als ein liebender himmlischer Vater immer wieder zurechtweisen und auch züchtigen. Und wieder und wieder wird er Warnschilder am Wegesrand platzieren, die Sie dazu auffordern, ihm den Vorrang zu gewähren. Entscheiden Sie sich dagegen für seinen Weg, müssen Sie sich ihm unterordnen und vertrauen, dass sein Ratschluss der Beste ist. Dabei sollten Sie Folgendes in Betracht ziehen: Er wird Sie niemals enttäuschen, denn sein Wille durchläuft die Instanz seiner Allwissenheit; sein Wille wird stets begleitet von seiner Allgegenwart und schließlich durchgesetzt von seiner Allmacht. Kann Ihr eigener Wille da auch nur ansatzweise mithalten? Warum zögern Sie noch, dem Herrn die Herrschaft über Ihr Leben anzuvertrauen und ihm freie Hand zu lassen? Nachfolgend ist ein Gebetsvorschlag. Es kann Ihnen dabei helfen, die Entscheidung festzumachen. Natürlich ist es kein Automatismus, der sich durch bloßes Nachsprechen der Worte einstellt. Doch wenn Sie das Gebet von Herzen ehrlich meinen und es Ihrer tiefsten Überzeugung entspricht, sind Sie auf Gottes Straße unterwegs, die zu seinem Willen führt.

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Lektion 1: Klären Sie die Herrschaftsfrage

M

Ein Gebet

„Herr Jesus, ich möchte, dass du der Herr meines Lebens bist. Ich ordne mich dir unter und vertraue darauf, dass dein Wille der Beste für mich ist. Wie auch immer ich mich in dieser Sache nach deinem Willen entscheiden soll, will ich auf dich hören. Meine Antwort wird ja lauten. Hilf mir, deinen Willen zu erkennen, und ich werde danach handeln, egal wie er auch ausfallen mag. Amen.“

M

Formulieren Sie Ihr persönliches Gebet und notieren Sie es hier:

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