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BILDGEBENDE DIAGNOSTIK

HLA-B27 und Rückenschmerzen – es muss nicht immer entzündlich sein

ANAMNESE: Der 29-jährige Patient stellte sich zur rheumatologischen Abklärung vor. Er berichtet über seit mehreren Jahren bestehende, vor allem bei Belastung auftretende Rückenschmerzen lumbo- und iliosakral links. Es erfolgten wiederholt orthopädische Konsiliaruntersuchungen. Zur weiteren Abklärung wurde ein MRT des Beckens und der ISG (ohne KM) durchgeführt. Dabei ergab sich der Verdacht auf eine ISG-Arthrose. Therapien mit NSAR (Ibuprofen, Diclofenac etc.) hätten nur zu einer geringen und nicht andauernden Besserung geführt. Kein entzündlicher Wirbelsäulenschmerz. Keine Uveitis, keine Psoriasis und keine CED. Bekanntes Asthma bronchiale sowie Trichterbrust. anatomische Anomalien, meist als Zufallsbefunde, radiologisch diagnostiziert.

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Unter einer Sakralisation versteht man die knöcherne Vereinigung des letzten Lendenwirbels (L5) mit dem Os sacrum ohne dazwischenliegende Bandscheibe. Die Verschmelzung des ersten Steißbeinwirbels mit dem kaudalen Ende des Os sacrum bezeichnet man ebenfalls als Sakralisation. Letztere kann entweder teilweise, d. h. wie im vorliegenden Fall asymmetrisch als Hemisakralisation, oder komplett (symmetrisch) erfolgen. Eine asymmetrische Sakralisation kann zu einer Skoliose führen.

Eine Sakralisation eines Lendenwirbels findet man bei ca. 6-16 % der Bevölkerung. In den meisten Fällen bleibt eine Sakralisation klinisch unbemerkt und ist oft ohne Krankheitswert. In Einzelfällen kommt es infolge der durch die Anomalie bedingten Fehlstellung und Fehlhaltung der Wirbelsäule zu chronisch-rezidivierenden Rückenschmerzen. Beschrieben werden im Einzelfall auch mehrere knöcherne Anomalien beim individuellen Patienten. Die vorhandene Trichterbrust könnte Ausdruck einer weiteren Knochenanomalie sein.

THERAPIE: Nach Ausschluss einer entzündlichen oder degenerativen Ursache der Schmerzsymptomatik wurde dem Patienten zur regelmäßiger Krankengymnastik und Physiotherapie geraten. m

KLINISCHER BEFUND: 178 cm, 84,5 kg. Gelenkstatus: Die Rotation im Bereich der Hüftgelenke altersentsprechend. Wirbelsäulenstatus: LWS – Schober lumbal 10/14 cm, Finger-Bodenabstand 30 cm.Druckschmerz rechts gluteal.

LABOR: CRP <5 mg/l (Norm bis 5 mg/l), BKS 5/h, Hb 15 g/dl, RF neg., ccP-Ak neg., ANA neg., HLA-B27 positiv.

DIAGNOSE: Lumbosakrale Übergangsanomalie mit Sakralisation des 5. LWK

BEMERKUNGEN: Im lumbosakralen Übergangsbereich werden nicht selten

RÖNTGEN: Abb. 1a: Röntgen LWS ap (12/2020): Die Wirbelsäule kommt achsengerecht zur Darstellung. Die Wirbelkörper erscheinen nicht höhengemindert. Keine Zeichen der Spondylitis oder Sakroiliitis. Übergangsanomalie links mit Sakralisation des 5. Lendenwirbelkörpers und lumbosakralen waagerechten Gelenkspalt. Abb. 1b: Röntgen LWS seitlich (12/2020): Steilstellung mit angedeuteter Kyphosierung der LWS. Bandscheibenraum L5/S1 beginnend verschmälert, die übrigen Bandscheibenräume intakt.

Prof. Dr. med. Herbert Kellner

Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Gastroenterologie und Physikalische Medizin Romanstr. 9, 80639 München