Hs 2017

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HORS SERIE #014 | REVUE TECHNIQUE LUXEMBOURGEOISE 39

_Abb. 4: Querschnitt Vollverschlossenes Seil [9]

_Abb. 5: Querschnitt eines offenen Spiralseils [4]

von ca. 4m an das Tragseil der Brücke angeschlossen. Bei der Brücke gibt es nicht ein Tragseil, das über die gesamte Brückenlänge gespannt ist und am Pylon umgelenkt wird, sondern zwei einzelne Tragseile, die gelenkig am Pylon angeschlossen sind. Die Hänger sind über Seilklemmen an den Tragseilen befestigt.

Wesentlicher Unterschied zu den vollverschlossenen Seilen ist, dass um die Runddrähte keine Z-Drähte liegen und somit keine geschlossene Oberfläche vorhanden ist [3].

Die Abspannseile und die Tragseile sind aus vollverschlossenen Seilen aus galfanbeschichteten Drähten hergestellt. Vollverschlossene Seile werden bereits seit mehreren Jahrzehnten im Brückenbau verwendet. Dennoch haben stetig technische Weiterentwicklungen stattgefunden. Die Seile, einschließlich ihrer Verankerungen, werden komplett im Werk hergestellt und einbaufertig zur Baustelle transportiert [5]. Vollverschlossene Seile sind Zugglieder, die aus Runddrähten und Z-Profildrähten zusammengesetzt sind. Dabei besteht das Seilinnere aus mehreren Lagen Runddrähten und ist von mehreren Lagen Profildrähten, die ineinander greifen, umschlossen. Durch Aufbringen einer Zugkraft, bilden die Z-Drähte aufgrund seitlicher Pressungen, eine glatte, geschlossene Oberfläche. Dies verhindert das Eindringen von unerwünschten Fremdstoffen. Bei vollverschlossenen Seilen wird die Zugkraft durch Verseilung auf viele einzelne Drähte aufgeteilt, wodurch eine hohe Redundanz besteht. Im Falle eines Drahtbruchs, wird der Restquerschnitt nur leicht geschwächt. Dieser Querschnittsverlust, bzw. Tragkraftverlust wird durch Sicherheitsfaktoren abgedeckt. Zudem tragen gebrochene Drähte bereits nach etwa drei Schlaglängen wieder voll mit. Dieser wesentliche Vorteil beruht auf der, durch die Verseilung hervorgerufenen inneren Reibung zwischen den Drähten. Daher sind selbst mehrere Drahtbrüche unproblematisch, wenn sie ausreichend gleichmäßig über die Seillänge verteilt sind [5]. Die Hänger der Stathafenbrücke sind als offene Spiralseile aus nicht rostendem Edelstah ausgeführt. Offene Spiralseile werden vor allem bei kleineren Tragwerken mit geringen Lasten eingesetzt. Offene Spiralseile, bestehen nur aus Runddrähten. Genau wie bei den vollverschlossenen Seilen, wird ein kreisrunder Kerndraht von sechs Runddrähten schraubenförmig umschlagen. Die Drahtlage darüber ist in Gegenrichtung verseilt, um die Dreheigenschaften zu optimieren.

Im Gegensatz zu externen Spannglieder, die sich im inneren des Hohlkasten befinden und so weitestgehend von Witterungseinflüssen geschützt sind, sind die Seile der Stadthafenbrücke Sassnitz dauerhaft äußeren Einwirkungen aus Wind und Temperatur ausgesetzt. Besonders Regen und Feuchtigkeit können bei unsachgemäßer Ausführung und Wartung der Schutzmaßnahmen zu korrosiven Prozessen führen, die einzelne Drahtbrüche bis hin zu Komplettausfällen hervorrufen können. Werden Schäden in Form von Drahtbrüchen frühzeitig erkannt, können Gegenoder Verstärkungsmaßnahmen vorgenommen werden, bevor es zu Komplettausfällen kommt. Drahtbrüche bedeuten Querschnittsminderungen der Seile, welche durch Frequenzmessungen erkannt werden sollen. Mit Hilfe dieser numerischen Analyse sollen aus zukünftigen Frequenzmessungen Rückschlüsse bezüglich der Intaktheit der Seile getroffen werden können. Dazu werden Lastumlagerungsvorgänge und die dadurch entstehenden Frequenzänderungen in den Seilen aufgrund äußerer Einwirkungen sowie Querschnittsminderungen untersucht. Die Sensitivitätsanalyse wird anhand des numerischen Modells der Stadthafenbrücke in SOFiSTiK durchgeführt. Unter äußeren Einwirkungen kommt es zu Verformungen der Hängebrücke, die wiederum Lastumlagerungen mit sich bringen. Lastumlagerungen in den Seilen bewirken Frequenzänderungen. Um eine sinnvolle Analyse der Auswirkungen einzelner Drahtbrüche bis hin zu Komplettausfällen von Seilen durchführen zu können, muss zunächst die grundsätzliche Sensitivität der Seilkonstruktion im Hinblick auf Temperatur- und Windbelastung untersucht werden. Dazu werden die Belastungs- und Frequenzänderungen der Seile infolge äußerer Einwirkungen mithilfe der Software SOFiSTiK bestimmt. Diese werden anschließend mit den durch Drahtbrüche hervorgerufenen Belastungs- und Frequenzänderungen verglichen. Ziel dabei ist zu bestimmen, ob in-situ gemessene Frequenzänderungen aus Drahtbrüchen resultieren oder ob das Tragwerk derart sensibel auf äußere Einwirkungen reagiert, dass die gemessenen Frequenzänderungen sich aus diesen ableiten. Im Zuge der Sensitivitätsanalyse werden verschiedene Belastungssituationen am SOFiSTiK-Modell simuliert.


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