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Und die Liebe höret nimmer auf
Während sich der vom Leben abgehängte Kasimir in Selbstmitleid suhlt, stolpert Karoline von einer Abhängigkeit in die nächste. Horváths Figuren in all ihrer Brüchigkeit zu durchdringen ist eine große Aufgabe, sind sich Marie-Luise Stockinger und Felix Rech einig.
Text: Sarah Wetzlmayr Fotos: Victoria Nazarova
„Und die Liebe höret nimmer auf“ stellt Ödön von Horváth seinem Stück „Kasimir und Karoline“ als Motto voran. Ein Satz, der im ersten Moment verheißungsvoll nach „in guten wie in schlechten Zeiten“ klingt, dem gleichzeitig aber etwas Bedrohliches innewohnt. Das Motto zu seinem 1932 uraufgeführten Volksstück ist ähnlich doppeldeutig wie der Ausruf „Habe mich gerne!“, den der kurz zuvor „abgebaute“ Kasimir seiner Verlobten Karoline bereits am Ende der dritten Szene entgegenschmettert. Im Trubel des Oktoberfestes verlieren sie einander – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn – aus den Augen. „Vielleicht sind wir zu schwer füreinander“, schlägt Karoline als Erklärung für ihr Auseinanderdriften vor.
Dieser Schwere möchte die nach sozialem Aufstieg strebende Karoline um (fast) jeden Preis entkommen. Ein probates Mittel scheint für sie die zumindest kurzfristige Aushebelung der Schwerkraft zu sein: Sehnsüchtig starrt sie auf den vorbei iegenden Zeppelin, immer wieder möchte sie Achterbahn fahren – doch egal wie viele Loopings die Fahrt beinhaltet, jeder Aus ug in ein besseres Leben endet schlussendlich wieder genau dort, wo er begonnen hat. Die Wirtschaftskrise der späten Zwanziger- und frühen Dreißigerjahre hält Karoline fest auf dem Boden der Tatsachen.
Der Reiz liegt in den Brüchen
„Nach ihren Begri en liebt sie Kasimir, sie will sich aber nicht eingestehen, dass sie überhaupt nicht damit umgehen kann, dass er arbeitslos ist“, hält Marie-Luise Stockinger, die in Mateja Koležniks Inszenierung des Horváth-Klassikers die Rolle der Karoline spielt, fest. Zwar sagt diese: „Wenn es dem Manne schlecht geht, dann hängt das wertvolle Weib nur noch intensiver an ihm“ – doch ihr Handeln
Zwischen zwei Stockwerken und zwei Proben. Wir haben MarieLuise Stockinger und Felix Rech im Arsenal getro en, wo das Burgtheater seine Probebühnen beheimatet.
Burgtheater
Marie-Luise Stockinger
Die gebürtige Oberösterreicherin absolvierte ihre Schauspielausbildung am Max Reinhardt Seminar in Wien. Seit 2015 gehört sie dem Ensemble des Wiener Burgtheaters an. Beim NESTROY 2022 war sie für ihre Rolle in „Zdeněk Adamec“ als beste Schauspielerin nominiert. Sie ist auch in diversen Spiel lmen und Serien zu sehen. Für den ORF drehte sie gerade die Mystery-Serie „Schnee“.
Felix Rech
studierte am Max Reinhardt Seminar in Wien und wurde im dritten Studienjahr als Eleve ans Burgtheater geholt. Es folgten Engagements am Maxim Gorki Theater in Berlin, am Residenztheater München, am Schauspielhaus Bochum und am Schauspiel Frankfurt. Mit der Spielzeit 2019/20 wechselte Felix Rech vom Berliner Ensemble nach Wien, wo er bisher unter anderem mit Ulrich Rasche, Simon Stone und Daniel Kramer arbeitete.
Voller Einsatz.
Für Felix Rech und Marie-Luise Stockinger ging es direkt von der Probe für „Kasimir und Karoline“ zum Foto- und Interviewtermin mit der BÜHNE.