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REISEN. Eine wilde Kajakfahrt durch das Socˇa-Tal in Slowenien

„An manchen Stellen sieht es hier aus wie im Urwald von Ecuador.“

Kajak-Ass Adrian Mattern, 26, erzählt über die Schönheit der Natur im Socˇa-Tal.

Das Beste kommt zum Schluss: Kurz vor dem Ende geht es in die „Große Schlucht“. Das ist meine Lieblingsstelle auf der Socˇa. Der Fluss wird dann für knapp zwei Kilometer schneller, von beiden Seiten rücken die Felswände näher und näher, und immer wieder gibt es bis zu drei Meter hohe Wasserfälle, die du hinabstürzt. Zum Durchatmen bleibt keine Zeit, denn das nächste Hindernis wartet schon: fünf bis sechs Meter hohe Steine, die aus dem Wasser ragen. Großartig! Die sind perfekt, um meinen „Cobra Flip“ zu üben – einen Trick, bei dem ich das Kajak in der Luft einmal ganz um die eigene Achse drehe. So was macht man eigentlich bei größeren Wasserfällen, es geht aber eben auch an solchen Brocken, die ich dafür als Sprungchance benutze.

Kreativ im Kajak

Ich gehe Hindernisse gerne kreativ an. Deshalb benutze ich für solche Aktionen wie den Cobra Flip einen „River Runner“, das ist ein etwas kürzeres Kajak als jene für Hobbyfahrer. Es ist zwar nicht so stabil, dafür bin ich wendiger. Ich will anders Kajak fahren als die anderen. Deshalb gucke ich mir auch andere Sportarten wie FreestyleSkifahren und Skateboarden als Inspirationsquelle an, wie die Probleme lösen. Nur weil man bisher auf eine bestimmte Art Kajak gefahren ist, muss das ja nicht immer so sein.

Wasser marsch: Adrian Mattern auf der 4,4 Kilometer langen „Abseilstrecke“

Adrian Mattern ist unser Guide auf einem der schönsten Flüsse Europas – der Socˇa.

Hier fahren Anfänger & Profis

Die Socˇa entspringt einer Karstquelle oben in den Julischen Alpen im slowenischen Nationalpark Triglav und fließt bis in die Adria – wobei der Fluss aber nur zwischen den Ortschaften Trenta und Tolmin für Wassersportler interessant ist, weil er danach zu flach wird. Dieser Teil ist in zwölf Streckenabschnitte unterteilt. Da sind alle Schwierigkeitsstufen von 1 (leicht) bis 5 (sehr anspruchsvoll) dabei.

Anfängern empfehle ich die fünf Kilometer lange „Hausfrauenstrecke“ (Stufe 1) mit Einstieg an der Brücke von C ˇ ezsocˇa. Das Wasser ist hier sehr fair – das heißt, es versperren keine Steine den Weg, und der Fluss ist ruhig und relativ tief. Wenn

Jesenice

Kobarid

Socˇa

GORIŠKA Laibach

Slowenien

Anreise

Mit dem Auto: Von Villach erreicht man nach nicht einmal einer halben Stunde Fahrt die slowenische Grenze am Wurzenpass. Achtung, Vignette nicht vergessen (1 Woche: € 15). Von dort geht es weiter über den Vršicˇ-Pass, einen 1.611 Meter hohen Gebirgsübergang, von dem aus man einen atemberaubenden Blick auf die Julischen Alpen hat. Danach führen 50 Haarnadelkurven schließlich ins Socˇa-Tal. Mit der Bahn: Die Fahrt von Villach zum nächstgelegenen Bahnhof Most na Socˇi dauert 3 Stunden (Ticket: € 15,70). Von dort geht es mit dem Bus nach Bovec – oder 20 Kilometer mit dem Taxi bis Kobarid.

Das Tal eignet sich auch gut zum Paragliden (o.). Unten: Adrian ruht sich nach der Kajak-Session im Ford Transit Custom Nugget aus.

Für Flieger und Camper

Keine Lust auf Kajak? Oder keinen Schlafplatz? Kein Problem. PARAGLIDING

Im Socˇa-Tal herrscht unter anderem aufgrund seiner Nähe zum Meer eine besondere Thermik. Dadurch kann man hier sehr lange Gleitschirmflüge machen. Ein überaus beliebter Startplatz dafür ist zum Beispiel der Berg Stol (1400 m) bei Kobarid.

Infos: soca-valley.com

CAMPING

In Kobarid betreibt Jakob Koren das Camp Koren, eine beliebte Anlaufstelle für Kajak-Fahrer. Hier stört es niemanden, wenn man seine Sachen zum Trocknen zwischen den Bäumen aufhängt. Außerdem befindet sich das Camp direkt am Ende der „Abseilstrecke“. Wer am Abend noch schnell eine Runde fahren möchte, braucht bloß eine Mitfahrgelegenheit zum Streckenanfang – und kann am Ende direkt beim Camp aus dem Kajak aussteigen. Es gibt WLAN und eine CrossFit Box, die so gut ausgestattet ist, dass hier sogar manch slowenischer Profi-Skifahrer trainiert.

campingplatz-koren.de

Size matters: Adrian Mattern benutzt das kurze Kajak-Modell „River Runner“, um wendiger zu sein.

man einmal umkippt, haut man sich nicht gleich den Kopf am Grund an. Hier kann man super Kehrwasser fahren üben – also wie man aus der Strömung herauskommt und an Land anlegt.

Fortgeschrittene haben auf der „Slalom-Strecke“ (Stufe 4) bei Trnovo ihren Spaß. Die heißt so, weil hier auch das slowenische Kajak-Team trainiert. Hier schauen schon mehr Steine aus dem Wasser, und immer wieder begegnet einem eine Stufe. Dafür ist die Strecke mit 700 Metern aber auch nicht so lang. Wer dabei schon an seine Grenzen stößt, steigt am Ende lieber aus. Denn nach der Slalom-Strecke kommt die Große Schlucht, die herausforderndste Passage auf der Socˇa.

Direkt im Anschluss folgt die „Abseilstrecke“ (Stufe 3–4) – ein Geschenk für Profis, die aus der Großen Schlucht kommen. Der Fluss wird hier wieder etwas breiter und die Stufen kleiner. Ein schöner Abschnitt zum Cooldown – oder um sich langsam an größere Schwierigkeiten im Wildwasser heranzutasten. Wer so was sucht, steigt einfach erst bei der „Blauen Lagune“ ein.

„Die Soča hat praktisch das ganze Jahr über genug Wasser zum Kajakfahren.“

Adrian Mattern, 26, Kajak-Profi

Südamerika in Europa

Manchmal ist es auch schön, sich einfach treiben zu lassen und die Landschaft zu genießen. Allein die Farbe des Wassers ist spektakulär. Grünalgen und Kalkpartikel verleihen ihm einen grün-bläulichen Schimmer.

Ringsherum thronen die Gipfel der Julischen Alpen. Das weiße Karstgestein in der Region kann den Regen besonders gut speichern und übers Jahr verteilt lange abgeben. Das hat zwei Vorteile: Zum einen hat die Socˇa praktisch das ganze Jahr über genug Wasser zum Kajakfahren. Und die Vegetation ist dadurch extrem grün. Manchmal sieht es aus wie im Urwald. Das erinnert mich dann sogar ein bisschen an Ecuador, wo ich 2016 einen Kajak-Trip gemacht habe.

NICHT NUR IN TERMINEN SCHWIMMEN?

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