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MEIN ERSTES MAL

PAROV STELAR

«Ich musste der Lokführer meines Lebens werden»

Er ist der erfolgreichste Elektromusiker Österreichs. Vor zehn Jahren war er knapp davor, alles zu verlieren. Hier erzählt Parov Stelar, wie er seine erste grosse Krise überstand.

In seiner Heimat Österreich ist Marcus Füreder erfolgreich. Sehr erfolgreich sogar. Als Parov Stelar hat er zehn Amadeus Awards gewonnen und spielt in den grössten Clubs des Landes. Noch erfolgreicher ist er aber im Ausland: Der Erfnder des Genres Electroswing spielt in Frankreich Konzerte vor über 100.000 Fans, in den amerikanischen iTunesCharts waren seine Hits auf Nummer eins, seine Videos auf YouTube haben mehr als 500 Millionen Views.

Ihm ist das aber nicht genug. Neben dem Musikmachen betreibt er eine Plattenfrma und einen Verlag, er produziert andere Künstler und entwirft seine Albumcovers. Ende April erscheint sein neues Album «Moonlight Love Affair». Dieser Tatendrang macht ihn zu einem der vielschichtigsten Künstler des Landes. Um 2010 herum wäre ihm diese Eigenschaft allerdings beinahe zum Verhängnis geworden. Hier spricht der heute 46Jährige von seiner ersten schweren Krise – und erklärt, wie er sie überwunden hat. «Vor zehn, zwölf Jahren hat es mich richtig erwischt. Komplettes Burnout. Dabei lief es zu der Zeit richtig gut. Der Zug hatte Fahrt aufgenommen, Parov Stelar war international gefragt. Das Problem war, ich war totaler Autodidakt, ich hatte mich ins Musikgeschäft geschmissen, ohne seine Mechanismen zu verstehen. Wie führt man ein Label? Wie führt man einen Musikverlag? Wie setzt man ein LiveProgramm auf? Ich machte das alles selbst. Und übersah dabei, dass es Zeiten geben muss, in denen du deine Batterien auflädst. Irgendwann stand ich auf und bemerkte, ich war emotional farbenblind. Es gab keine Farben mehr. Ein dunkler Schatten lag über mir, der sich einfach nicht verziehen wollte. Eine Therapeutin schickte mich dann in eine BurnoutKlinik in Osnabrück, um Ruhe zu fnden. Dann rief meine Konzertagentur an:

‹Wo ist die Klinik? An der holländischen Grenze? Perfekt, dann könnten wir dir nächste Woche in Holland ein paar Gigs aufstellen.› Das war ein AhaErlebnis. Mir wurde bewusst, dass ich die Selbstbestimmung verloren hatte. Und ich wusste, ich muss wieder der Lokführer sein. Nicht Passagier in der VIPKlasse, der sagt: ‹Bitte noch ein Glas Champagner.› Ich dachte, ich hätte die Zügel in der Hand, aber das war nicht so. Musik machen oder kreativ sein war zu der Zeit unmöglich. Da ging nur Dienst nach Vorschrift. Das wäre aber ohnehin falsch gewesen. Denn wenn du einfach weitermachst, kann das böse enden. Viele Leute, die ein schweres Burnout haben, kehren nicht mehr in ihren Beruf zurück. 0:00 –39:20 Parov Stelar Mein erstes Mal – der Podcast Wie ich wieder zum Lokführer wurde? Ich war viel im Wald. Ich wuchs im Mühlviertel auf und hatte dadurch von Kindheit an «Ich dachte, ich hätte eine starke Naturverbundenheit, die mir immer viel Trost gespendie Zügel in der Hand. det hat. Und durch Sport! Weil Aber das war nicht so.» ein Burnout ja im Endeffekt ein Gedankenkarussell ist. Du Multitalent Parov Stelar über das kommst nicht mehr heraus, du Aha-Erlebnis in seinem Burn-out hast keinen Zugriff mehr auf andere Bereiche deines Lebens. Und Sport ist ein Ventil, mit dem du kurzfristig abschalten kannst. Und genau darum geht es: den PauseKnopf zu drücken. So lange, wie du es für richtig hältst. Egal was die anderen sagen.»

«MEIN ERSTES MAL» IST DIE RED BULLETIN-PODCAST-SERIE, in der Heldinnen und Helden über ihre Anfänge sprechen. Die Folge mit Parov Stelar, in der er auch erzählt, wie er mit den Absagen von Plattenfirmen sein Klo tapezierte, gibt’s im Podcast-Kanal von The Red Bulletin – auf allen gängigen Plattformen wie Spotify und auf redbulletin.com/podcast

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