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UHR. Vom America’s Cup aufs
RECYCLING DE LUXE Diese Uhr war eine Yacht
Aus dem Rumpf und den Tragflächen eines America’s-Cup-Seglers hat Panerai 250 „Luna Rossa“-Modelle geschaffen.
Aus den Kohlenstofffasern einer AC75Yacht hat Panerai in seinem Ideenlabor ein neues Material geschaffen: Es heißt Scafotech und wird für die Zifferblätter der limitierten „Luna Rossa“ verwendet. Benannt ist dieses Modell nach dem Team, das Panerai sponsert. Preis: 10.800 Euro; panerai.com
GUT GESCHÜTZT Das besondere Zifferblatt befindet sich in einem Titan-Gehäuse mit 42 mm Durchmesser und 14,4 mm Höhe.
AMERICA’S CUP
SPEKTAKULÄRES DUELL Beim America’s Cup treten die Teams zweier Yachtclubs gegeneinander an: Titelverteidiger trifft auf Herausforderer. Ersterer ist bei der 36. Auflage das Team von Neuseeland, der Herausforderer wird im Prada Cup (15. Jänner bis 22. Februar) ermittelt. Wer zuerst sieben Rennen gewonnen hat, ist Sieger des America’s Cup – ab 6. März. Segel setzen: americascup.com
HITMAN 3 Heimlicher Angriff
Der ehemalige Elitesoldat und Bodyguard Billy Billingham erklärt, worauf es bei Schleichspielen wie „Hitman 3“ ankommt.
Stealth- oder Schleichspiele verlangen Selbstbeherrschung – meist in Situationen, in denen wir nur allzu gern zuschlagen würden. Meist geht es darum, sich ohne Aufsehen irgendwo durchzuschummeln, wie etwa im Samurai-Abenteuer „Ghost of Tsushima“ oder in „Marvel’s Spider-Man“ (beide PlayStation). Am bekanntesten sind die Anschleichtaktiken aus der Reihe „Metal Gear“ und den „Hitman“-Spielen. Auch im neuen „Hitman 3“ müssen die Spieler entscheiden, ob sie sich lieber möglichst lang unentdeckt anpirschen oder sich mit Karacho auf ihre Opfer stürzen.
Bonuspunkte gibt es für Variante eins, kann dieser Zugang doch auch im echten Leben Vorteile bringen. Mark „Billy“ Billingham hat sich als Soldat des britischen Special Air Service und bei Geheimoperationen in Afghanistan und im Irak verdient gemacht. Er diente Hollywood-Promis wie Russell Crowe, Tom Cruise und Angelina Jolie als Bodyguard. Heute berät er die Macher der Special-ForcesReality-Show „SAS: Who Dares Wins“. Uns hat er ein paar Überlebenstechniken verraten, die für „Hitman 3“Spieler nützlich sind.

Szene aus „Hitman 3“: Agent 47, der Held des Spiels, blickt von ganz oben auf die Welt.
Mark „Billy“ Billingham war Soldat in Afghanistan und Leibwächter bei Tom Cruise. Heute berät er die Macher einer britischen Reality-Show.
markbillybillingham.com
„Hitman 3“ ist jetzt für PlayStation, Xbox, Nintendo Switch, Stadia und Windows erhältlich: hitman.com
Zeit nehmen
„Nichts schlägt den Überraschungseffekt“, sagt Billingham. „Wenn Sie sich die Zeit nehmen, sich heimlich einer Sache anzunähern, behalten Sie die Kontrolle. Natürlich können auch Tempo und Aggression zielführend sein, das gilt es abzuwägen. Aber: Wenn es laut wird, verlieren Sie die Kontrolle. Dann entstehen neue Hindernisse, die Sie meistern müssen.“
Ausrüstung checken
„Vergewissern Sie sich, dass alles funktioniert. Achten Sie darauf, dass Ihre Taschen keine Verschlüsse haben, die Lärm machen. Mit einem Nachtsichtgerät kriegen Sie einen grünen Schimmer im Gesicht, der muss abgedunkelt werden. Finden Sie heraus, auf welchem Boden Sie gehen werden, tragen Sie Schuhe mit weichen Sohlen, und schleppen Sie nichts Sperriges mit sich herum, das sich verfangen kann.“
Atmung kontrollieren
„Sich robbend fortzubewegen kann sehr anstrengend sein, also machen Sie das erst ganz kurz vor dem Ziel. Wenn es finster ist, wird Hören zur wichtigsten Sinneswahrnehmung. Bewegen Sie sich langsam, höchstens zehn Zentimeter auf einmal. Tasten Sie nach Zweigen, Stolperdrähten und allem, was Lärm machen könnte. Wenn eine Patrouille vorbeikommt, kontrollieren Sie Ihren Atem. Noch besser: Halten Sie die Luft kurz an.“
Richtig Gas geben
„Wir nennen unser System ‚ramping up‘, allmähliche Steigerung. Es beginnt mit dem Anschleichen, aber sobald man etwa durch eine Tür muss, wird es laut. Der Eintritt sollte explosiv sein. Die Personen im Raum werden eine Schrecksekunde brauchen, um überhaupt zu verstehen, was vor sich geht. Bis dahin sind Sie längst drinnen.“
Alarm einplanen
„Es kann kontraproduktiv sein, zu lang im Schleichmodus zu bleiben. Klar, es gibt viele Operationen, die keiner sieht. Jedoch ist es praktisch unmöglich, sich an jemanden heranzuschleichen und ihn auszuknocken, ohne dass er irgendwann etwas bemerkt. Der Überraschungseffekt kann Sie sehr weit bringen, aber wenn der Alarm angeht, wird es wohl oder übel laut.“

CROSSOVER-LITERATUR Mischung impossible
Mystery, Thriller, Horror oder Pulp? Der kanadische Autor Carsten Stroud vereint die unterschiedlichsten Genres zur meisterhaften Romantrilogie: Willkommen in „Niceville“.
Text JAKOB HÜBNER
Schweißtreibend wie ein Roman von Stephen King oder Lee Child, meisterhaft wie einer von Cormac McCarthy, mysteriös wie die TV-Serien „Twin Peaks“ und „Lost“, abgefahren wie ein Film von den CoenBrüdern und abgebrüht wie einer von Quentin Tarantino.“
Wer auch immer den Klappentext zu „Niceville“ verfasst hat, war offenbar in Gönnerlaune. Trotzdem muss man neidlos anerkennen, dass diese Referenzorgie die Sache erstaunlich treffsicher auf den Punkt bringt – tatsächlich hätte ich persönlich sogar noch eine Prise Elmore Leonard beigemengt.
Man ahnt: Wir haben es hier mit einem Werk zu tun, das jegliche Bemühungen, es in eine Genre-Schublade zu stecken, bereits im Keim erstickt. Im Fachjargon nennt man das Hybrid- oder Crossover-Literatur. Etwas bodenständiger formuliert: Kraut und Rüben.
In den meisten Fällen gehen derartige literarische Experimente in die Hose, die wenigen Ausnahmen dieser Regel, jene, bei denen sich das stilistische Potpourri jedoch wie von Zauberhand zu einem stimmigen Gesamtbild verdichtet, funkeln umso heller. Die „Niceville“-Trilogie des kanadischen Autors Carsten Stroud zählt zweifelsohne zu diesen seltenen Juwelen.
Als atmosphärische Grundierung zu seinem Mosaik dient dem 1946 in Hull, Quebec geborenen Stroud der klassische SüdstaatenRoman. Niceville ist eine Bilderbuchstadt irgendwo im schwülen Süden der USA, wo die Zeit stillzustehen scheint. Hier regieren die Hierarchien der Gründerfamilien, altes Geld, Kriegsnostalgie, College-Football und große, schweigende Bäume.
Dieser Kleinstadtidylle initiiert Stroud mit fein gesetzten
Zitat aus „Niceville“, Kapitel: „Byron Deitz hat ein Problem“
„Byron Deitz sah genau so aus, wie ein Mann mit einem solchen Namen aussehen sollte: Er war ein massiv gebauter Kerl ohne Hals, aber mit rasiertem Schädel, einem harten, unfreundlichen Gesicht und kleinen, gemeinen schwarzen Augen.
Im Film hätte er einen der glatzköpfigen Bösen mit schwarzem Ziegenbärtchen gespielt, der einen Stuhl aus Balsaholz auf den Kopf kriegt, wenn die hinreißende junge Frau im knappen Bikini versucht, ihn davon abzuhalten, den Helden mit dem langen blonden Haar zu vermöbeln.“
Nadelstichen ein schleichendes Gift, das etwas Uraltes, Gespenstisches und sehr, sehr Böses heraufbeschwört. Als Erstes verschwindet der zehnjährige Rainey Teague spurlos auf seinem Schulweg. Einfach so, von einem Moment auf den anderen. Nur wenig später sind auch andere Menschen plötzlich nicht mehr da. Und andere, die eigentlich längst weg sein sollten, weil sie im Grab liegen, sind plötzlich wieder da. Kurz: Die feine Fassade von Niceville gerät ernsthaft ins Bröckeln.
Doch noch während sich dieses diffuse Mystery-Setting wie ein Nebel des Grauens über Niceville legt, knallt Stroud einen brachialen CopThriller mitten in die Handlung und stanzt großkalibrige Löcher in seine Story – und in einige der Protagonisten. Sobald auch dieser Handlungsstrang ordentlich auf Zug gebracht ist, eröffnet Stroud bereits die nächste erzählerische Front, diesmal in Form einer schwarzhumorigen Gangster-Burleske in allerbester Pulp-Manier. Ganz nebenbei streut er eine kleine Coming-of-Age-Story ein, deutet eine zarte Romanze an und schickt – freilich fein gestaffelt – einen Erpresser, einen Psychopathen und einen Profikiller ins Rennen.
Von ganz entscheidender Bedeutung für das Gelingen dieses verwegenen Höllenritts quer durch sämtliche belletristischen Genres sind vor allem die Figuren, die Stroud zu diesem Zweck in den Sattel hebt. Die wirken zunächst einmal alle – vom zerrissenen Ex-Special-Forces-Helden und der smarten Junganwältin über den korrupten KillerCop und den cholerischen Mafiaboss bis hin zu der blondierten Sexbombe und einem hochnervösen Chihuahua – so klischeehaft, als wäre man in eine Familienaufstellung der Trivialliteratur geplatzt. Aber wie gesagt: zunächst einmal. Stroud setzt diese Figuren nämlich lediglich als eine Art Wegweiser durch sein großartiges literarisches Labyrinth ein, die – sobald man sie passiert hat – ein durchtriebenes psychologisches Relief und ein erstaunliches Eigenleben entwickeln.
Insgesamt umfasst die „Niceville“-Trilogie rund 1600 Seiten. Und nur wenige davon haben keine Überraschung parat.
CARSTEN STROUD „DIE NICEVILLE-TRILOGIE“
(„Niceville“, „Die Rückkehr“, „Der Aufbruch“) Deutsch von Dirk van Gunsteren, Robin Detje, Daniel Hauptmann.
DuMont
LESETIPPS Grauenhaft gut
Ein literarisches Quartett aus dem Gruselkabinett
JOE HILL
Bereits mit seinem Debütroman konnte der 1972 geborene US-Autor den Bram Stoker Award, den Locus Award und den International Thriller Award abräumen. Es folgten Horror-Heuler wie „Teufelszeug“ und „Christmasland“. Irgendwie scheint Joe Hill das Gruselgenre im Blut zu liegen. Vielleicht deshalb, weil sein richtiger Name Joseph Hillström King lautet und er der Sohn eines gewissen Stephen King ist.
„Blind“ (Heyne) MATT RUFF
Zuletzt hat Ruff seinem Ruf als Kultautor mit dem Gaming-Roman „88 Namen“ wieder einmal alle Ehre gemacht. In „Lovecraft Country“, auf Deutsch 2018 erschienen, unterfüttert er den ganz realen Horror der amerikanischen Rassentrennung während der Jim-Crow-Ära mit fiktiven Versatzstücken aus der Knister-Kiste des legendären Genre-Großmeisters H.P. Lovecraft (1890–1937). Ein wahrhaft meisterhaft makaberer Mix.
„Lovecraft Country“ (dtv)
DEAN KOONTZ Mit über 500 Millionen verkauften Büchern zählt Dean Koontz zu den erfolgreichsten Autoren der Welt. Dazu beigetragen hat auch seine fünfbändige „Frankenstein“-Reihe, in der Koontz, der mit dem stolzen Titel „World Horror Grand Master“ geadelt wurde, dem weltberühmten Monsterwerk von Mary Shelley aus dem Jahr 1818 eine artgerechte Frischzellenkur verpasst hat. „Frankenstein“ (Heyne)
CHUCK PALAHNIUK Wer einen Palahniuk („Fight Club“) aufschlägt, sollte sich bewusst sein, dass er es hier mit einem Autor der Neigungsgruppe „literarischer Wahnsinn“ zu tun hat. Allerdings mit einem der allerbesten in diesem Metier. In „Lullaby“ stimmt Palahniuk ein afrikanisches Wiegenlied an, das die unangenehme Nebenwirkung hat, jeden zu töten, der es hört. Gibt’s übrigens auch als Hörbuch… „Lullaby“ (Goldmann)