Blattlausbekämpfung mit Nützlingen

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INFOBLATT

Biologischer Pflanzenschutz

Blattläuse Möglichkeiten der Biologischen Bekämpfung

Blattläuse sind Pflanzensaftsauger. Mit ihren stechend-saugenden Mundwerkzeugen ernähren sie sich vom Saftstrom (Phloem) der Pflanzen. Dabei scheiden sie den sogenannten Honigtau aus, der als klebriger Belag auf den Blättern die Assimilationsfähigkeit der Pflanze beeinträchtigt. Häufig bilden sich infolge ihrer Saugtätigkeit, bei der ein giftiger Speichel abgegeben wird, Blattkräuselungen und Triebstauchungen.

Autoren: Dr. Helmut Haardt Dirk Scholz

Aber nicht nur dadurch schädigen Blattläuse. Durch die Übertragung von Pflanzen-Viren kann es zu sehr viel gravierenderen Schäden kommen.


Beschreibung und Schaden Blattläuse gehören zusammen mit den Schildläusen, Mottenschildläusen, Blattflöhen und Zikaden zu den Pflanzensaugern (Homopteren). Weltweit sind ca. 3.000 Blattlaus-Arten bekannt. Damit stellen sie die artenreichste Schädlingsfamilie dar. In Deutschland sind es etwa 800, von

Deformationen und Saftentzug schädigen Blattläuse vor allem durch die Übertragung von Pflanzen-Viren, die zu viel gravierenderen Schäden führen können. Der Vermehrungszyklus von Blattläusen ist ungewöhnlich aber effektiv. Zur schnellen

denen 60 Arten häufig an unseren Kulturpflanzen anzutreffen sind. Oft ist die Farbe namensgebend. Sie reicht von gelb, grün, rot, braun bis schwarz, kann aber nicht als ein eindeutiges Bestimmungsmerkmal herangezogen werden, da sie in Abhängigkeit von Umweltfaktoren wie Wirtspflanze, Jahreszeit und Generationstyp variiert. Mit ihren Mundwerkzeugen, die in Ruhestellung unter dem Körper anliegen, besaugen sie den Saftstrom, das Phloem. Dabei scheiden sie als Honigtau bezeichneten zuckerhaltigen Kot aus, der auf befallenen Pflanzen einen klebrigen Belag hinterlässt. Er bildet die Nahrung für Schwärzepilze, die sich infolge eines Blattlausbefalls ansiedeln. Je nach Art bilden Blattläuse häufig dichte Kolonien und saugen an Triebspitzen oder Blattunterseiten. Als Folge des bei der Saugtätigkeit abgegebenen giftigen Speichels entstehen Blattkräuselungen und Triebstauchungen. Neben Verschmutzungen,

Besiedelung ihrer Nahrungsquelle vermehren sich Blattläuse im Sommer ungeschlechtlich. Die Sommerweibchen bringen täglich drei bis sechs weibliche Junge zur Welt, die sofort mit der Nahrungsaufnahme beginnen. Erst bei hohen Populationsdichten entstehen zur Besiedelung neuer Pflanzen geflügelte Tiere. Zum Ende der Vegetationszeit werden wieder Geschlechtstiere gebildet, deren Weibchen nach erfolgter Paarung Eier legen, wodurch eine geschlechtliche Regeneration möglich ist. Viele der Blattlaus-Arten vollführen in dieser Zeit einen Wirtswechsel zu anderen Pflanzen, häufig Gehölzen, an denen die Eiablage stattfindet. Dieser vollständige Generationszyklus wird als Holozyclie bezeichnet. In Gewächshäusern, Wintergärten und Blumenfenstern können Blattläuse auch anholozyclisch, d.h. ohne Einschaltung eines Eistadiums überwintern.


Biologische Bekämpfung

Lücke schließen die Parasitoiden-Arten Aphidius ervi und Aphelinus abdominalis.

Schlupfwespen (Parasitoide) sind wichtige Nützlinge bei der Blattlausbekämpfung, da sie aufgrund ihrer kurzen Generationszeit schnell große Populationen aufbauen können. Blattlausschlupfwespen legen ihre Eier einzeln in lebende Blattläuse. Das Schlupfwespenweibchen sticht seinen Wirt nach einem Orientierungs- und Beschwichtigungsritual mit dem am Hinterleib befindlichen Ovipositor an. Hierbei prüft es, ob die

Blattlaus noch unparasitiert ist. Die darauf folgende Eiablage dauert nur wenige Sekunden. Die aus dem Ei schlüpfende Parasitoidenlarve ernährt sich zunächst vom Körperinhalt (Hämolymphe) ihres noch lebenden Wirtes. Erst mit fortschreitender Entwicklung tötet sie die Blattlaus und es entsteht die sogenannte Mumie, in der sich bei den meisten Arten der Parasitoid verpuppt. Kurz vor der Verpuppung wird die Mumie von der Schlupfwespenlarve mit einem Sekret an der Pflanzenoberfläche befestigt. Später schlüpft das erwachsene Tier (Imago) aus der Mumie und hinterlässt die leere Mumienhülle. Die ein bis vier mm großen erwachsenen Tiere ernähren sich von süßen Pflanzensäften und Honigtau. Sie verfügen über ein ausgezeichnetes Suchvermögen, das es ihnen ermöglicht, auch versteckt lebende Blattläuse aufzuspüren. Blattlausparasitoiden sind meist Spezialisten: Aphidius colemani hat einen besonders weiten Wirtskreis und wird deshalb am häufigsten als Blattlaus-Antagonist eingesetzt. Einige Blattlausarten wie die Kartoffelblattläuse (Macrosiphum euphorbiae und Aulacorthum solani) werden jedoch nicht von ihr parasitiert. Diese

Die bei uns heimische Florfliegenart Chrysoperla carnea ist ein gefräßiger Räuber von Blatt- und Schmierläusen. Die Larve, des im Volksmund auch als „Goldauge“ bezeichneten Insekts, ergreift ihre Beute mit den mächtigen, zangenförmigen, innen hohlen Mundwerkzeugen, spritzt ein lähmendes Sekret hinein und saugt sie aus. Das eineinhalb bis zwei Zentimeter große erwachsene Tier ist hellgrün gefärbt und hat ein fliegenartiges Aussehen. Diese hübschen Tiere findet man häufig im Winter auf Dachböden und in Gartenhäusern, wo sie als Imago gern überwintern. Im Frühjahr werden die Eier in kleinen Gruppen in der Nähe von Blattlauskolonien abgelegt. Sie befinden sich in einer für Florfliegen typischen Weise auf kleinen Stielen. Dies schützt die schlüpfenden Larven vor ihren gefräßigen kannibalistischen Artgenossen. Bei der Offenen Nützlingszucht wird das Potenzial eines frühen Blattlausangebotes genutzt. Das Verfahren setzt auf eine zeitige Etablierung

von Nützlingen auf Ausweichwirten. Bereits sechs


Wochen vor dem Pflanztermin der Kulturpflanzen wird Weizen ausgesät. Nach einer Woche werden die Weizenpflanzen mit Getreideblattläusen beimpft. Haben sich die Getreideläuse ausreichend vermehrt, was nach ca. zwei Wochen der Fall ist, werden räuberische Gallmücken bzw. AphidiusSchlupfwespen auf die Weizenpflanzen ausgesetzt. Noch bevor sich Blattläuse im Gewächshaus etablieren können, wird so ein GegenspielerPotenzial aufgebaut. Dieses Verfahren erfordert jedoch ein genaues Beobachten der Populationsentwicklung von Getreideblattläusen und Nützlingen. Auch die räuberische Gallmücke Aphidoletes aphidimyza ist ein wichtiger natürlicher Gegenspieler von Blattläusen. Das ca. zwei Millimeter große GallmückenWeibchen legt in seiner ein- bis zweiwöchigen Lebenszeit bis zu 200 Eier gezielt in Kolonien von Blattläusen ab. Der Eiablagereiz wird offenbar erst durch Kolonien von mindestens fünf Blattläusen

Bio-technische Maßnahmen Gelbtafeln Mit Hilfe von beleimten Gelbtafeln können die geflügelten Blattläuse abgefangen werden. Eine Bekämpfung ausschließlich mit Gelbtafeln ist

jedoch nicht möglich. Sie können aber zur Befallskontrolle (Monitoring) einen wichtigen Beitrag leisten.

Rollfolien Die besonders großen Formate beleimten Rollfolien von bis zu 100 ermöglichen das Abfangen einer Anzahl von Blattläusen und tragen direkten Befallsminderung bei.

ausgelöst. Innerhalb von zwei bis fünf Tagen schlüpfen die orange gefärbten, beinlosen Larven, die sich ausschließlich von Blattläusen ernähren. Dabei injiziert die Larve zunächst ein lähmendes Gift in die Blattlaus und saugt sie dann aus. Auf diese Weise werden von einer Gallmückenlarve 20 bis 50 Blattläuse getötet. Nach ca. einer Woche lassen sich die ca. drei mm langen ausgewachsenen Larven zu Boden fallen, wo sie sich ein cm tief in feuchter Erde verpuppen. Aus der Puppe schlüpft nach ca. 10 Tagen das erwachsene Tier, das nachtaktiv ist und sich von Honigtau ernährt.

der gelben, m x 0,30 m sehr hohen dadurch zur

Die Rollfolien sollten entlang der Innenwände des Gewächshauses oder entlang der Kulturen aufgehängt werden und nach spätestens drei Monaten oder nachlassender Klebekraft gewechselt werden.

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