Rauszeit – Wenn alle Tage kein Alltag sind

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RAUSZEIT

Wenn alle Tage kein Alltag sind

Von Christina N端ske & Tim Ciasto


„Wandel und Wechsel liebt, wer lebt.“

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Richard Wagner


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Zeit zu geben Vielleicht wunderst du dich, warum wir diese Buch-App kostenlos anbieten. Lass uns versuchen zu erklären.

In den letzten 3 Jahren haben wir viel Zeit, Energie und auch Geld investiert. Aber wir haben noch viel mehr erlebt, gelernt und sind an unseren Erfahrungen gewachsen. Es war die beste und vielleicht wichtigste

Noch während unserer einjährigen Auszeit hatten wir den Gedanken unsere Erlebnisse in Bilder und Text festzuhalten. Zunächst wollten

Investition unseres Lebens. Rückblickend fühlt sich das wie ein riesiges Geschenk an, und als dieses möchten wir es an dich weitergeben.

wir das in erster Linie für uns machen; als eine Art farbenfrohes Reisetagebuch. Die Idee wuchs zu einer Vision. Ein inspirierendes Reisebuch, mit einfühlsamen Texten und vielen atemberaubenden Bildern, sollte es jetzt werden. Oh ja, und dann verkaufen wir das Ganze und decken damit die Kosten unserer Reise! Ein schöner Gedanke. Nach der Rückkehr in unser Berufsleben arbeiteten wir eifrig weiter, und versuchten Verleger in Deutschland für unser Werk zu begeistern. Neun Monaten später war unser Werk fertig, aber kein Verlag war daran interessiert. Es muss doch eine Möglichkeit geben unser Produkt zu vermarkten, ohne uns dabei finanziell zu ruinieren. Was tun? Ein E-Book schien uns die perfekte Lösung zu sein. Das Layout funktionierte jedoch nicht mehr und musste umgearbeitet und um zusätzliche Funktionen ergänzt werden. Es dauerte ein weiteres Jahr bis wir unser Buch im Apples iTunes Store veröffentlichen konnten. Was sollte das Buch kosten? Ähnliche Bildbände im Buchladen kosten mindestens 39,- Euro. Sollten wir stattdessen 19,- Euro verlangen? 9,90 Euro, 7,90 Euro, 4,90 Euro, oder noch weniger...? Kostenlos! Das war die einzige Antwort, die sich richtig anfühlte.

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Wir wünschen uns, dass dich unsere Erlebnisse, Bilder und Reflexionen inspirieren dein Leben intensiver zu leben. Wage zu träumen. Traue dich das zu machen, was du immer schon machen wolltest. Die richtige


Zeit dafür ist jetzt und nicht erst irgendwann. Es lohnt sich deine Träume zu verwirklichen, denn nur so kannst du erfahren, welch großartiges Potential in dir steckt. Es wäre schön, wenn viele Menschen die Möglichkeit bekommen unser Buch zu lesen. Dazu müssen sie aber erst mal wissen, dass es „Rauszeit“ gibt. Dabei kannst du uns helfen. Wenn dir unser Buch gefällt, dann teile es mit deiner Familie, Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen, auf Facebook, Twitter, usw. Wenn du noch mehr über uns erfahren möchtest, dann besuche uns gerne auf unserem Blog http://rauszeit.info

Und wir würden uns sehr freuen von dir zu hören, indem du auf unserem Blog einen Kommentar hinterlässt. Viel Spaß beim Lesen und Miterleben.

Christina & Tim 5


Inhalt 6


Fernweh

Am Anfang war ein Traum Eine Idee entsteht und reift Vorbereiten und aufbrechen

8 10 13

Unterwegs

Aufregung pur Urlaub Auskosten Zeit der Fragen und Zweifel Antworten finden Zur체ck in unsere Zukunft

15 71 115 153 199

Ankommen

Versuch einer Bilanz Wie es ist, zur체ckzukommen Ein Zuhause auf R채dern

233 238 243

Index 244 Danke 246 Die Autoren 248

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Am Anfang war ein Traum Dieses Buch ist ein Bericht über die Realisierung eines Traums.

Im Sommer 2009 sind wir aufgebrochen. Im Sommer 2010 sind wir zurückgekommen. Wie der Weg von der ersten Idee bis zum tatsächli-

Eine Auszeit in unserer Lebensmitte, um zeitweilig etwas komplett anders zu machen. Ein Jahr mobil unterwegs durch Europa und Marokko

chen Aufbruch war, wohin die Reise uns führte, was sie mit uns machte, und wie es war, zurückzukommen – davon erzählt dieses Buch.

– nur wir zwei in einem kleinen Wohnmobil, mit ein paar Surfboards und den Dingen, die wir zum Leben brauchen.

Neben reichem Bildmaterial gibt es Schilderungen unserer Eindrücke der Länder und Regionen, durch die wir gekommen sind, Berichte von

Den Alltag hinter uns lassen, Lebensfreude tanken, uns täglich

unseren Aktivitäten und von Menschen denen wir begegnet sind, Rezep-

herausfordern und Neues ausprobieren. Zeit haben und körperlich aktiv

te unserer Lieblingsgerichte, und Reflexionen darüber, wie es uns auf den

sein, die Natur erkunden, gut essen, schöne Stimmungen und Erleb-

verschiedenen Etappen der Reise erging.

nisse mit der Kamera einfangen. Ein Jahr lang Abend für Abend sagen können: „Wow, was für ein schöner Tag!“ Davon wagten wir lange nur zu träumen. Die Realisierung unseres Traums begann damit, dass wir ihn uns immer konkreter ausmalten. Welche Route würden wir nehmen? An den Küsten entlang, den skandinavischen Sommer nutzen und dann der Sonne nach Süden folgen. Den Winter in Marokko verbringen und im Frühling langsam zurück in Richtung Norden reisen.

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Zum Schluss ziehen wir ein Resümee – soviel sei jetzt schon verraten: Zur Nachahmung empfohlen!


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Eine Idee entsteht und reift Wir alle wechseln unsere Richtung viele Male jeden Tag. Häufig sind dies

Draußen zu sein, gefiel uns so gut, dass wir uns einen VW-Bus mit

kleine, alltägliche Anpassungen, manchmal aber auch größere Verände-

Schlafmöglichkeit kauften, um an den Wochenenden am Meer und in

rungen in unserem Leben.

der Natur sein zu können. Nach einer Weile bemerkten wir, dass unser Haus, Garten und all die Dinge, die wir angesammelt hatten, mehr Zeit

Bis vor sechs Jahren sind wir etablierten Wegen gefolgt. In Ham-

in Anspruch nahmen als uns lieb war. Und so beschlossen wir, uns von

burg lebten wir in vertrauter Umgebung, in der Nähe von Familie und

Vielem zu trennen. Wir reduzierten unser Hab und Gut, sowie unseren

Freunden und hatten einen guten Job. Alles war vertraut und bequem.

Lebensraum um die Hälfte und zogen in eine Mietwohnung. Tief in uns

Dann bekamen wir die Chance in Schweden zu arbeiten. Der Umzug

wuchs jedoch der Wunsch nach einer noch größeren Veränderung.

nach Helsingborg und die Veränderung, die ein Landes- und Jobwechsel mit sich bringt, forderte uns heraus und gab uns viele Möglichkeiten

Im Herbst 2008 hatten wir die Idee, eine Auszeit zu nehmen und

unseren Horizont zu erweitern. Wir schufen uns ein schönes Zuhause,

eine längere Reise zu machen. Wir diskutierten Möglichkeiten und

lernten interessante Menschen und eine neue Sprache kennen. Und wir

schmiedeten Pläne. Eine Weltreise – das könnten wir noch machen,

waren dankbar für die Veränderung. Nach einiger Zeit stellte sich auch

wenn wir alt und lau sind. Aber in einem Wohnmobil, immer am Meer

in Schweden ein Gefühl der Vertrautheit ein. Und mit dieser Vertraut-

entlang, die wunderschönen Dinge entdecken, die in Europa direkt vor

heit kam ein Gefühl der Alltäglichkeit. Erst unterschwellig, dann immer

unserer Haustür liegen – das klang wie eine tolle Idee. Tims Wunsch

lauter.

war es, so viele Surfspots wie möglich zu sehen und zu surfen und dabei sein Können zu vertiefen. Ich wollte so viel Zeit wie möglich aktiv in der

Unsere Urlaube verbrachten wir überwiegend am Meer. Wir beide

Natur verbringen und Einrad fahren lernen. Beide wollten wir unser

lieben das Wasser, den weiten Horizont und die Luft an der See. Außer-

Leben entschleunigen und dabei die Natur und ihre Schönheiten erkun-

dem gibt es für Tim nichts Schöneres als Wellen, auf denen er reiten

den, aber auch mehr über andere Länder lernen. Außerdem waren wir

kann. Auf unseren Reisen haben wir andere Menschen kennen gelernt

gespannt auf die persönlichen Herausforderungen, die uns auf unserem

und bekamen vielfältige Anstöße.

Weg begegnen würden.

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Nachdem die Idee immer konkreter wurde, trafen wir die Entscheidung unseren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Also haben wir das Gespräch mit unserem Arbeitgeber gesucht. Und nach einigen Gesprächen bekamen wir tatsächlich die Chance eine Auszeit zu nehmen. Nicht geradeaus und auch nicht gewöhnlich, so sollte es weitergehen. Jetzt hatten wir die Möglichkeit unsere Richtung grundlegend zu wechseln. Nur wir zwei in einem kleinen Wohnmobil, mit ein paar Surfboards und den Dingen, die wir zum Leben brauchen würden. Täglich neue Herausforderungen annehmen und Neues entdecken sollte unser spannender Alltag werden.

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Vorbereiten und aufbrechen Schon wieder dieses kratzende Geräusch. Wir versuchen, durch die Fens-

Dabei haben wir die lange, spannende Diskussion, was alles auf die

ter unseres Wohnmobils die Ursache auszumachen. Da ist aber nichts.

Inventarliste für unser Wohnmobil muss, schon vor Wochen geführt. Re-

Gerade hatten wir versucht einzuschlafen. Jetzt sind wir nervös und

duktion auf das Wesentliche war das Motto. Braucht man wirklich eine

hellwach.

Kaffeemühle, einen Parmesanhobel, ein Schoko-Fondue, ein Einrad und Inlineskates? Ja, war unsere Einschätzung.

Seit zwei Tagen trainieren wir wildes Campen. Tagsüber sind wir viel im Büro, um berufliche Projekte abzuschließen und unsere Stellvertreter

Wir sind mit unseren Vorbereitungen genau im Plan. Der Miet-

einzuarbeiten. Die Abende verbringen wir auf einem ruhigen Parkplatz

vertrag ist gekündigt; fast alles, was wir hatten, ist eingelagert. Um

mit Blick über den Öresund und genießen die schönen Sonnenuntergän-

Aufwand und Kosten zu sparen, haben wir aussortiert und viele Dinge

ge. Im Auto schlafen wir jedoch unruhig und fühlen uns verwundbar. Da

abgegeben. Ein neues Wohnmobil ist angeschafft – unser VW-Bus

ist nur noch eine dünne Blechhaut, die uns und unsere Habseligkeiten

erschien uns zu klein, um ein Jahr darin zu leben. Dazu reisten wir eigens

beschützt.

nach Hamburg, mit dem Ziel, den Autokauf in einer Woche zu erledigen. Die Autohändler, die wir besuchten, wirkten sehr erstaunt über unseren

In den letzten Monaten gab es extrem viel zu organisieren. Je näher

straffen Zeitplan. Mit etwas Aufwand war dann doch alles möglich.

die Abreise heranrückt, desto tätiger werden wir. Die Tatsache, bald

Telefon und Internet sind rechtzeitig zum Auszug gekündigt und alle

ein Jahr frei zu leben, erscheint uns unwirklich, und es fällt uns schwer,

anderen monatlichen Fixkosten so weit wie möglich reduziert.

richtige Vorfreude zu empfinden. Tim ist der Meinung, dass wir nicht genügend Ausrüstung haben. Seit Tagen wälzt er Camping-Kataloge und

In zwei Tagen geht es los, unwiderruflich. Wir sind dabei, unser

recherchiert im Internet, um herauszufinden, was wir noch benötigen

Leben drastisch zu verändern. Was das mit uns macht, nehmen wir nur

könnten. Endlich findet er noch etwas: einen faltbaren Hocker in Luxus-

unbewusst war. Die Trennung von Heim, Menschen und Orten, die uns

ausführung, für stolze 50 Euro. Seine Begründung für die Notwendigkeit

wichtig sind, zeigt Wirkung. Jetzt gibt es nur noch uns und das Wohnmo-

dieser Last-Minute-Anschaffung bleibt etwas schwammig ...

bil und vor uns liegt das Ungewisse.

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AUFREGUNG PUR „Neue Ozeane kann man nur entdecken, wenn man den Mut hat, die Sicht auf das Land zu verlieren!“

André Gide

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Im Rausch der Geschwindigkeit Es ist fantastisch, endlich unterwegs zu sein. In unserem neuen Zuhause

Trotz unserer Eile kosten wir unsere neue Freiheit aus. In unserem

rollen wir durch Schweden. Schweigend genießen wir das Schauspiel der

kleinen Wohnmobil fühlen wir uns wohl und ein Schritt vor die Tür

wunderschönen Landschaften, die an uns vorüberziehen. Auch das Radio

genügt, um unendlich viel Platz zu haben. Wir sind offline und statt Out-

bleibt aus, denn es scheint als könnten wir keinen weiteren Reiz ertra-

look gibt es phantastische Landschaften zu sehen. Unser einziges Telefon

gen. Die Farben, Formen und das Licht um uns herum verändern sich wie

klingelt kaum und wir nutzen es lediglich, um SMS-Lebenszeichen an

im Flug. Und das tun auch unsere Gedanken.

unsere Familien zu schicken.

Diesmal ist es anders. Ein Jahr lang bestimmen wir, wo es lang geht.

Keine weiteren Verpflichtungen – warum also diese Eile?

Unendliche Möglichkeiten tun sich auf und mit ihnen neue Herausforderungen. Neues entdecken ist großartig. Aber nicht wissen, wo wir einen sicheren Nachtplatz finden, kann ganz schön nerven. Und das sorgt manchmal für Turbulenzen. Wir sind fest entschlossen, möglichst viel zu sehen. Wir haben reichlich Zeit, aber auch reichlich viel vor. Wir genießen im Eiltempo. Unsere Reisegeschwindigkeit gleicht unserer Alltagsgeschwindigkeit. Erst in Norwegen bemerken wir, wie erschöpfend das ist. Mitten am Tag bleiben wir stehen und schlafen. Auf den Lofoten beschließen wir uns Zeit zu nehmen – und reisen trotzdem nach drei Tagen weiter.

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VON SÜD- NACH NORDSCHWEDEN Schweden ist für uns mit vielen schönen Erfahrungen und Erinnerungen

Entlang der Küste geht es in Richtung Norden bis Haparanda. Auf

verbunden. Es ist das Land unserer Wahl, in dem wir die letzten fünf

dem Weg besuchen wir historische Kirchendörfer und freuen uns über

Jahre gelebt und gearbeitet haben.

die vielen kleinen Holzhäuser. Bei den Kukkola-Stromschnellen verbringen wir eine laue Sommernacht. Dunkel wird es nicht. Der Himmel über

Hier beginnen wir unsere Reise und fahren entlang der Westküs-

uns ist lila und verläuft sich im goldgelb des leuchtenden Horizonts.

te nach Norden. Im Schärengarten nördlich von Göteborg sehen wir unzählige Inseln, die sich wie Walrücken aus dem Blau des Kattegats

Weiter geht es in Richtung Kiruna, der nördlichsten Stadt Schwedens.

erheben. Darauf stehen hölzerne Fischerhütten – wie rote Farbkleckse,

Unser Navi führt uns über einsame Schotterstraßen. Dass wir über zig

auf steingrauem Fels.

Kilometer keine Menschenseele sehen, macht uns ein wenig nervös.

Wir lassen die Küste hinter uns und fahren vorbei am Vättern,

Unsere letzte Station vor der norwegischen Grenze ist der Abisko-

dem größten Binnensee Schwedens. In der Region Dalarna sehen wir

Nationalpark. Unglaublich still ist es hier. Außer der Straße gibt es hier

Hunderte von liebevoll gepflegten roten Holzhäusern und Bauernhöfen.

nur Steine, Moose und Flechten. Und so verabschiedet sich Schweden

Leider regnet es fast ununterbrochen und so beschließen wir, weiter bis

von uns – menschenleer.

Östersund in der Mitte des Landes zu fahren. Hier verbringen wir ein paar Tage bei einem Freund. Von dort geht es weiter nach Osten an den Bottnischen Meerbusen. Der Landstrich scheint menschenleer, wir fahren durch endlose Birkenund Nadelwälder. Trotzdem entdecken wir immer wieder Schilder am Straßenrand, die uns irgendwo im nirgendwo einladen, einen Kaffee zu trinken, ein Sommerhaus zu mieten oder bei einem Flohmarkt vorbei zu schauen.

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Ein wenig wie „Ferien auf Saltkrokan“. Bunte Holzhäuser schmiegen sich an den Fels im Naturhafen von Smögen. Hier in den Schären nördlich von Göteborg scheint die Zeit vielerorts stehen geblieben zu sein.

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Auf einer Wanderung über die Insel Sandön eindecken wir diese im Felsen verankerte Sitzbank. Einer der vielen idyllischen Orte, die wir für uns alleine haben.

Die Westküste ist gesäumt von kleinen Orten, die traditionell von der Fischerei leben. In Möllesund finden wir Kabeljau, der nach alt hergebrachter Art an der Luft getrocknet wird.

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Ein Kirchendorf aus dem 17. Jahrhundert in Skellefteå. Einst nutzten Kirchenbesucher die fast 400 gut erhaltenen Holzhäuser zum Übernachten. Heute werden die meisten als Sommerhaus verwendet.

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Keines der Häuser gleicht dem anderen. Alle haben unterschiedliche Größen, Türen und Fenster. Der Eingangsbereich dieses Hauses lässt erahnen wie niedrig und klein die Behausung dahinter ist.

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An den Kukkola-Stromschnellen nördlich von Haparanda entdecken wir ein Museumsdorf. Hier am Torne Fluss wurde gefischt und die Wasserkraft als Antrieb für die Dorfmühle (Gebäude im Hintergrund rechts) verwendet.

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Der Himmel 端ber uns ist lila und der goldgelb leuchtende Horizont erlaubt es uns, diese Stimmung um 11:00 Uhr nachts einzufangen. Von den Holzstegen 端ber den Stromschnellen wurde traditionell mit Netzen und Reusen gefischt. Welche Geschichte der Stuhl hat, wissen wir nicht.

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Rot-weißes Schweden. Wir haben uns immer gefragt, was es mit der roten Farbe der Häuser auf sich hat. Der typische Farbton wurde ab dem 16. Jahrhundert beliebt. Die roten Pigmente sind ein Nebenprodukt des Kupferabbaus und stammen traditionell aus der großen Kupfermine in Falun. Aus diesem Grund nennt sich die Farbe auch Falunrot.

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Einige alte Holzhäuser trotzten der Witterung auch ohne Farbe und halten Jahrhunderte bei entsprechender Pflege.

Das lila WaldweiderĂśschen begleitet uns auf der gesamten Fahrt durch Schweden.

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Wir verlassen die größeren Verkehrswege und erkunden die Umgebung. Mitunter werden wir von der Beschaffenheit der Straßen überrascht – hier teilweise asphaltierter Fels auf dem Weg zum Luppio Berg.

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Wollgras scheint sich im kühlen und kargen Nordschweden wohl zu fühlen. Uns wäre es hier bei -1º Celsius Jahresdurchschnittstemperatur auf Dauer zu kalt.


Im Abisko Nationalpark. Endlose, menschenleere und beeindruckende Natur. Die Sonne und die schnell ziehenden Wolken malen immer neue Stimmungen in die Landschaft.

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ANGELN GEHEN

Wir warten. Tomas will uns zeigen, wie es geht. Tageszeit und Wetter müssen stimmen.

Endlich ist es soweit, wir dürfen Köder sammeln, sie am Angelhaken befestigen und die An-

gel auswerfen. Alleine das Auswerfen ist eine Kunst, wir müssen es wieder und wieder üben. Jedes Mal rollen wir die Schnur ganz langsam ein und hoffen, dass ein Fisch anbeißt. Tim

wird schon langsam nervös. Auf einmal ruckt es an meiner Angel. Mein erster Fisch hängt am

Haken und ich ziehe ihn vorsichtig an Land. Als auch bei Tim einer anbeißt, ist unser erstes Angelerlebnis perfekt. Die Barsche sind wunderschön, jetzt gilt es nur noch, sie zu töten. Tomas macht es uns vor. Aber nun sind wir dran und das, was kommt, ist sehr ungewohnt.

Den Körper des Fisches halten wir fest in der Hand und spüren wie er versucht sich zu be-

freien. Jetzt knicken wir seinen Kopf rasch so weit nach hinten, bis es hörbar knirscht, und

im selben Augenblick fühlen wir, wie der Barsch in unserer Hand leblos wird. Nachdem wir die Fische ausgenommen und filetiert haben, braten wir sie mit viel Butter in einer Pfanne. Ein besonderes Erlebnis mit köstlichem Abschluss.

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Affenbrei mit Erdbeeren So nennen Johanna und Niklas, die Kinder unserer Freunde, dieses Frühstücksrezept. Affenbrei ist einfach zuzubereiten, warm, und gibt Energie für den ganzen Tag. Außerdem ist er sehr gesund und schmeckt lecker. Reste eignen sich gut als Snack für zwischendurch. 1 Tasse Haferflocken 2½ Tassen Wasser oder Milch 1 Prise Salz 1 zerdrückte Banane 1 geriebener Apfel 2 EL gehackte Mandeln ½ Tasse kalte Milch oder Joghurt (optional) Einige frische Erdbeeren 2 EL gehackte Pistazien 1 Prise Zimt

Die Haferflocken mit 2½ Tassen Wasser oder Milch und einer kleinen Prise Salz in einem Topf aufsetzen. 8-10 Minuten auf kleiner Flamme unter häufigem Rühren köcheln lassen, bis der Brei die richtige Konsistenz hat. Die Banane zerdrücken, den Apfel reiben, beides mit gehackten Nüssen verrühren und anschließend zum fertigen Haferbrei geben. Den warmen Brei auf Schüsseln verteilen und mit kalter Milch oder Joghurt übergießen. Anschließend mit frischen Erdbeeren, gehackten Pistazien und ein wenig Zimt garnieren. Ergibt 2 Portionen. Smaklig måltid!

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NORWEGEN – VON DEN LOFOTEN BIS ZUM SKAGERRAK Natur pur. Berge, Täler und Wasser, wohin man blickt. Die Straßen

Auf dem Festland angekommen, fahren wir landeinwärts. Es geht

schlängeln sich durch die Landschaft, Serpentinen hinauf und hinunter,

durch moosige Wälder und blühende Wiesen. An einem der vielen

durch endlose Tunnel und entlang der tiefgrünen Fjorde.

Wasserfälle sehen wir Lachse springen und können uns daran kaum satt sehen. Dann geht es entlang der Küste weiter nach Süden. Ich hatte

Unser erstes Ziel sind die Lofoten. Welch ein Anblick – wie eine

gehofft auf den Lofoten die Surfsaison eröffnen zu können, aber es gab

Kreuzung aus Karibik und Hochalpen. Steile mit Schneeresten gespren-

leider keine Wellen. Weiter im Süden haben wir mehr Glück. Wir verbrin-

kelte grüne Berge, stehen im kristallklaren Nordmeer mit seinen türkisen

gen ein paar Tage in Hoddevika, einem Dorf in einer kleinen Bucht mit

Buchten und weißen Sandstränden. Und darüber, das tiefblaue Firma-

30 Häusern und drei Surfschulen. Hier surfen Christina und ich kleine

ment.

Wellen. Auf einer zum Campingplatz umfunktionierten Wiese packt Christina ihr Einrad aus. Das sorgt für Aufsehen und wir lernen dabei

Wir fahren nach Eggum, um freie Sicht nach Norden zu haben. Hier

nette Leute kennen.

wollen wir sehen, ob die Mitternachtssonne tatsächlich nicht untergeht. Es ist kalt. Wir setzen uns ins Auto, trinken Tee und warten. Als um 1:00 Uhr die Sonne immer noch da ist, legen wir uns zufrieden schlafen.

Die zerklüftete Küstenlandschaft im Süden lässt uns weiterhin nur langsam vorankommen. Bei einem Stopp in Stavanger erkunden wir die Altstadt und das kuriose Bunte Viertel. Schließlich geht es weiter nach

Während der Überfahrt zum Festland ist die See unruhig. Vom Ach-

Kristiansand und zur Fähre, die uns nach Dänemark bringen soll.

terdeck der Fähre verfolgen wir das Schauspiel, wie die Sonne langsam hinter den Lofoten verschwindet. Das unwirkliche Dämmerlicht verwandelt die Berge in ein Schattenbild, das über den Wellen zu schweben scheint.

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NĂśrdlich des Polarkreises. Hoch empor ragende Berge, die im kristallklaren Nordmeer stehen. Das sind unsere ersten Ausblicke auf die Lofoten. Die StraĂ&#x;en sind eng, und tiefe, unter den Fjorden liegende Tunnel verbinden die Inseln.

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In Svolvär auf der Insel Vågan machen wir eine Pause. Überall an den Ufern stehen auf Pfeilern ins Meer gebaute Häuser. Viele dieser Hütten werden als Ferienhäuser verwendet.

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Die reichen Ölvorkommen vor den Küsten machen Norwegen zu einem der wohlhabendsten Länder der Welt. Glücklicherweise finden wir nur wenige Hinweise darauf.

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Der kleine Ort Eggum ist ideal, um die Mitternachtssonne zu beobachten. Das hohe Kliff schützt uns vor kaltem Wind. Und wir haben freie Sicht nach Norden.


Ein Blick über die steilen Berge und Fjorde auf der Fahrt nach Unstad, einem der wenigen weltbekannten Surfspots nördlich des Polarkreises. Tims großer Wunsch ist es, inmitten dieser atemberaubenden Kulisse surfen zu können.

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Das tĂźrkisblaue Wasser verlockt zum Baden. Am liebsten mĂśchten wir hineinspringen, aber mit nur 9 Grad Wassertemperatur ist es uns doch ein wenig zu kalt.

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Die Lofoten leben vor allem von der Fischerei und vom Tourismus. Der wichtigste Fisch ist der Kabeljau, der traditionell durch Trocknen haltbar gemacht wird.

Ein Buchstabe genügt. Å – so nennt sich der westlichste Ort auf der Lofoteninsel Moskenes.

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Umgeben von der orange leuchtenden Mitternachtssonne bleiben die Lofoten hinter uns zurück. Die Dünung der graublauen See lässt die Fähre kräftig schaukeln. Wir aber sind durch das Schauspiel der wechselnden Farben und Schatten abgelenkt.

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Die Brücke über den Malstrom, eine Meerenge, durch die bei Gezeitenwechsel gigantische Wassermassen fließen. Wir sehen, wie sich dabei Meter große Wasserwirbel bilden.

Torghatten – ein Berg mit einem Loch. Wir durchwandern das Naturwunder. Die Sage finden wir spannender als das, was Geologen über die Entstehung herausgefunden haben.

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Am Laksforsen Wasserfall sehen wir Lachse springen – etwas, das wir bis jetzt nur aus Naturfilmen kannten. Und die Realität bewegt uns viel mehr als eine Kopie es vermag.

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Auf dem Weg entdecken wir alte Holzhäuser mit wunderschön gearbeiteten Verzierungen.

„Der Freier“ – ein Wasserfall im Geiranger Fjord. Die Sage geht, da er kein Glück in der Liebe hatte, griff er zur Flasche. Diese ist noch immer in seinem Lauf sichtbar.

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Im Tal, am Ende der Serpentinen, liegt Hoddevika mit seiner kleinen, weiĂ&#x;sandigen Bucht. Hier verbringen wir drei Tage und gehen das erste Mal surfen. Wir sind nicht die Einzigen. Im winzigen Dorf gibt es drei Surfschulen.

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Hoddevika Wir haben die Nase voll. Seit Tagen haben wir keine gerade Straße mehr gesehen. Es kommt uns vor, als würde Norwegen nur aus steilen Bergen und tief in das Land hineinreichenden Fjorden bestehen. So beeindruckend diese Landschaft auch ist, so zeitaufwendig ist es, mit dem Auto voran zu kommen. Wir brauchen eine Reisepause und dafür haben wir uns den kleinen Ort Hoddevika ausgesucht. Im Ort gibt es eine Wiese direkt am Strand, auf der wir für kleines Geld parken dürfen. Wir sind nicht allein – erstaunlich viele Camper unterschiedlichster Nationalität haben sich hier eingerichtet. Erstmal ankommen – wir machen einen ausgedehnten Spaziergang und erkunden dabei die schöne Bucht mit dem klaren, türkisfarbenen Wasser. Am nächsten Tag beschließt Christina ihr Einrad auszupacken und ein wenig zu üben. Prompt bringt uns das ins Gespräch mit unseren Nachbarn und wir lernen Lisa und Tom, ein nettes Paar aus Belgien, kennen. Beide sind Anfang 30 und arbeiten freiberuflich im Event-Marketing. Mit ihrem alten roten VW-Bus, der so aussieht als würde er jeden Augenblick auseinander fallen, verreisen sie jedes Jahr mehrere Monate. In Norwegen sind sie zum Klettern und Kajakfahren. Die beiden wirken auf uns extrem entspannt und ausgeglichen. Es scheint, als ob Lisa und Tom das Leben so nehmen, wie es kommt, und in jeder Situation das Positive sehen. Es stört sie nicht im Geringsten, mit einfachsten Mitteln unterwegs zu sein. Beide strahlen eine pure und natürliche Lebensfreude aus, die ansteckt. Abends liegen wir nachdenklich im Bett und lassen die Erlebnisse und Bekanntschaften der letzten Tage Revue passieren. Die Begegnung mit tief entspannten Menschen hat uns schwer beeindruckt und wir werden das Gefühl nicht los, noch viel lernen zu können.

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Gamle Stavanger – der alte Stadtkern mit seinen kleinen Gassen und weißen Häusern. Viele davon sind aus Holz und liebevoll gepflegt. Eingänge und Fassaden werden überall von Rosen und anderen Blumen verziert.

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Die mutigen Farbkombinationen im Bunten Viertel imponieren uns. In diesem Stadtteil floriert die kreative Szene – CafÊs, Kunsthandwerk, originelle Mode und mehr ist hier zu finden.

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WILDES BADEN Wie kleine Kinder, voll glückseligem Lachen und Begeisterung. Wie kalt ist das Wasser? Wie

tief? Können wir gegen den Strom schwimmen oder reißt er uns mit? Tim steigt vorsichtig über die Steine in das Bassin direkt vor einem kleinen Wasserfall. Er gleitet in die Fluten. Kein Auf-

schrei. Das Wasser ist frisch, aber nicht eiskalt. Dann taucht er unter und schwimmt gegen den Strom. „Ist gar nicht so schlimm“, ruft er, als er wieder auftaucht, und winkt mir aufmunternd

zu. Okay, auch ich wage mich ins Wasser. Es ist tatsächlich nicht zu kalt – aber die Strömung ist nicht zu verachten! Ich schaffe es zu einem Stein in der Mitte des Flusses und ruhe mich

aus. Dann lasse ich mich zurücktreiben. Was für ein Erlebnis – wir sind glücklich und fühlen uns quicklebendig.

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Grandioses Sandwich Wenn der Hunger kommt, muss es manchmal schnell gehen. Da ist ein Sandwich die ideale Lösung. Schnell gemacht, leicht abgewandelt und immer lecker. Weil es so vielseitig ist, nannten wir es „Grandioses Sandwich“. Hier unsere Lieblingsvariante. 4 Scheiben Vollkornbrot 4 Scheiben schnittfesten Käse, z.B. Jarlsberg, Gruyere oder Manchego 4 dünne Scheiben luftgetrockneter Schinken 1 TL. Mayonnaise 1 TL scharfen Senf 2 Eier fürs Spiegelei 1 TL Öl für die Pfanne Sprossen oder Brunnenkresse Salz, und Pfeffer aus der Mühle

Zwei Scheiben Brot mit Mayonnaise bestreichen, zwei mit Senf. Die Mayonnaisebrote erst mit Schinken, dann mit Käse belegen. Öl in der Pfanne erhitzen, zwei Spiegeleier darin braten, salzen, pfeffern, und heiß auf die belegten Mayonnaisebrote geben. Mit Sprossen oder Kresse bestreuen und mit den Senfbroten zudecken. Ergibt 2 Portionen. Bon måltid!

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ZWISCHEN SKAGERRAK UND NORDSEE – DÄNEMARK Flaches Land, gerade Straßen und Wind. Eine willkommene Abwechslung nach all den Kurven und Bergen in Norwegen.

Der Wind flaut in der Nacht ab und am Morgen sind die Surfbedingungen passabel. Tim lässt es sich nicht nehmen, die Wellen mit vielen anderen deutschen Surfern zu teilen. Anschließend machen wir uns auf

Tim und ich haben schon vor unserer Reise viele schöne Urlaube in Dänemark verbracht. Jetzt freuen wir uns an den vielen vertrauten An-

den Weg und fahren mit leckerem dänischem Gebäck als Proviant weiter nach Deutschland.

blicken. Weite Horizonte und darüber ein Himmel, der irgendwie größer scheint als anderswo. Mit der Fähre angekommen, fahren wir nach Skagen, wo Kattegatt und Skagerak sich treffen. Welch ein Chaos, wenn zwei Meeresströmungen auf einer schmalen Sandzunge aufeinander klatschen. Ein tolles Naturschauspiel. Von dort geht es weiter Richtung Süden, nach Hvide Sande, einem bekannten Surfspot. Auf dem Weg ist es, wie häufig in Dänemark, sehr windig. Die Strecke ist gesäumt von windgebeugten Bäumen, gepflegten weißen Reetdachhäusern und Windkrafträdern. In Hvide Sande angekommen, suchen wir Schutz hinter den mit Silbergras bewachsenen Dünen. Wir sind nicht alleine. Um uns herum stehen etliche Wohnmobile und Autos mit Surfbrettern.

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In Nørre Vorupør. Mit diesen kleinen nordseetauglichen Fischerbooten werden Krabben und Schollen gefischt. Wir machen eine kurze Pause, kaufen geräucherten Fisch und essen ihn genüsslich.

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Bei Skagen machen wir einen Spaziergang und besuchen eine im Sand versunkene Kirche, von der nur noch der Kirchturm zu sehen ist.

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Ein alter hĂślzerner Fischkutter im Schiffsmuseum von Hvide Sande. Alles an Bord ist nach wie vor funktionstĂźchtig.

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Verwittertes Holz, Rost und alte Farbe. Diese Elemente bilden gemeinsam eine ganz eigene SchĂśnheit. Wir mĂźssen nur ein wenig genauer hinsehen.

Wir staunen Ăźber die Handwerkskunst, die in allen Details und Materialien steckt.

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Dieses schĂśn erhaltene Reetdachhaus, mit liebevoll gepflegtem Vorgarten, finden wir in einem der KĂźstenorte.

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Dänemark ist flach. Nach all den Kurven und Bergen in Norwegen freuen wir uns über gerade Straßen. Nirgends ist das Meer weit entfernt und das Wetter häufig rau. Der Wind treibt die Wolken schnell über den Himmel und das Land wird von der Sonne in intensive Farben getaucht.

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SLACKEN Wir wissen nicht, ob das ein richtiges Wort ist – spielt auch keine Rolle, denn wichtig ist nur, dass es uns viel Spaß bringt.

Ich stehe sicher auf meinem linken Fuß. Jetzt bloß ruhig bleiben. Konzentriert fokussiere ich den Baum, der ein paar Meter vor mir steht. Um meinen Schwerpunkt niedrig zu halten, gehe

ein wenig tiefer in die Knie. Jetzt setze ich meinen rechten Fuß nach vorne und belaste ihn langsam. Ein weiterer Schritt ist getan. Ich balanciere auf einer Slackline, einem zweieinhalb

Zentimeter breiten Band, das kniehoch zwischen zwei Bäumen gespannt ist. Es klappt schon viel besser als bei unseren ersten Versuchen, die uns Krämpfe in den Füßen einbrachten. Was

uns anfangs unmöglich erschien, fällt uns jetzt fast leicht. Am Ende der Slackline angekommen, versuche ich umzudrehen, verliere dabei das Gleichgewicht und steige lachend ab. Tim grinst

und springt ungeduldig auf die Slackline, steht erst unsicher, fängt sich aber und beginnt seinen Lauf auf dem Plastikband.

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Geräucherte Makrele auf Bandnudeln Frisch geräucherter, direkt am Hafen gekaufter Fisch, ist in Dänemark eine Delikatesse. Kombiniert mit Pasta lässt sich schnell ein delikates Gericht zaubern. 200g Bandnudeln 1 kleine ganze geräucherte Makrele 4 EL Olivenöl bester Qualität Saft von 2 Limetten Salz und Pfeffer aus der Mühle Rote Bete Sprossen und Brunnenkresse zur Dekoration Parmesan (nach Belieben)

Die Bandnudeln in reichlich Salzwasser kochen. Währenddessen die Makrele in grobe Stücke teilen. Für die Pastasoße das Öl und den Saft der Limetten vermischen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Sobald die Nudeln bissfest sind, das Wasser abgießen und anschließend die Soße unter die Nudeln heben. Die Nudeln auf Teller verteilen, die geräucherten Fischstücke darüber geben und mit Sprossen und Kresse dekorieren. Nach Geschmack Parmesan darüber hobeln und zum Abschluss ein wenig pfeffern. Ergibt 2 Portionen. Lad det smage!

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Im Hier Jetzt Im Hier undund Jetzt Es ist wie ein normaler Urlaub – nur dass wir noch 11 Monate vor uns haben. Wir durften phantastische Dinge sehen und konnten Eindrücke atemberaubender Landschaften und Orte mitnehmen. Oder sollten wir besser Momentaufnahmen sagen? Sind es bloß im Vorbeifahren gesammelte Schnappschüsse? Waren wir wirklich da, wo wir waren? Wir haben die Zeit, um jeden Tag zu auszukosten, aber seltsamerweise kommt genau das zu kurz: entspanntes Genießen. Wir fürchten etwas zu verpassen, wenn wir auf unserer Route auch nur eine Sehenswürdigkeit auslassen. Was dabei manchmal auf der Strecke bleibt, sind die vielen kleinen und unscheinbaren Wunder, die uns täglich umgeben. Die wärmenden Sonnenstrahlen auf unserer Haut, der Wind, die frische Luft, die nach Salz und Tang riecht – so viele Details, die es wert sind, wahrgenommen zu werden. Es scheint jedoch, als seien wir noch nicht zur Ruhe gekommen. Zu hektisch, zu getrieben sind wir, um im Augenblick zu leben und ihn voll auszukosten. Vielleicht ist es ja nur die anfängliche Aufregung, die uns nicht im Hier und Jetzt ankommen lässt.

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URLAUB AUSKOSTEN “Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden.”

Mark Twain

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Einfach Sein Es riecht nach Harz und die intensive Sommerhitze lässt die Pinien knis-

Verpflichtungen und Termine gibt es nicht mehr – auch die nicht, die

tern, als würden sie brennen. Das Prasseln der Bäume erinnert ein wenig

wir uns selbst auferlegt haben. Nur das, was uns augenblicklich wichtig

an ein gemächlich loderndes Lagerfeuer – lediglich die Flammen fehlen.

ist, zählt.

Im Halbschatten des Waldes sitzend, lauschen wir dem, was die Bäume sich zu sagen haben, und zelebrieren unser Dasein, indem wir einfach nur da sind.

Wir sind den ganzen Tag draußen, sind körperlich aktiv, und bemerken, wie gut uns das tut. Mentale Verspannungen lösen sich auf, der Kopf leert sich. Langeweile? Nein. Es ist wie eine Diät, in der wir statt

Nach all der Eile und Rastlosigkeit, die wir zu Beginn unserer Reise verspürten, sind wir jetzt endlich im Urlaub angekommen. Fast sechs

überflüssiger Pfunde die angesammelten Lasten unseres Alltags verlieren. Es ist eine Rehabilitation ins Leben.

Wochen und mehr als 8000 Kilometer hat es gedauert. Erst jetzt können wir wirklich entspannen. Kein nervöser Aktivismus und kein Minutentakt treibt uns mehr an. Hier in den Pinienwäldern der aquitanischen Atlantikküste werden wir ruhig und beginnen uns frei zu fühlen. Bei 38°C im Schatten freuen wir uns über jeden Schweißtropfen und den gelegentlichen Windhauch, der Kühlung verschafft. Kein Buch, keine Musik und keinen Fernseher brauchen wir, um das totzuschlagen, was wir im Überfluss haben – Zeit. Einfach Sein, das genügt. Leben kann so simpel sein. Wir schlafen, essen, gehen spazieren, genießen die Sonne, baden und surfen. Notwendige Einkäufe erledigen wir mit dem Fahrrad. Das Auto bleibt stehen. Soll es doch Wurzeln schlagen.

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FRANKREICH Deutschland, Holland und Belgien lassen wir links liegen und beeilen uns, in das gelobte Land der Campingfreunde zu kommen – Frankreich.

Am nächsten Tag melden wir uns in Le Gurp auf einem Campingplatz an und bleiben. Aus ein paar Tagen werden drei Wochen, in denen wir einfach nur entspannen und entschleunigen.

Unser erstes Ziel ist die Hafenstadt Honfleur in der Normandie mit ihren schönen Holzhäusern. Vorbei an saftig grünen Weiden mit fetten

Ausgeruht durchreisen wir die berühmte Weinregion des Médoc

Kühen geht es weiter entlang der Küste bis nach Granville in der Bucht

und machen Halt in Saint-Émilion. Im mittelalterlichen Dorf mit seiner

von Saint-Malo. Es ist Hochsaison und Ferienzeit, aber trotz überfüllter

berühmten Felsenkirche verkosten wir Wein und Crémant der Region.

Stellplätze bleiben wir ein wenig. An der Pointe du Raz in der Bretagne verbringen wir ein paar Tage. Steile felsige Küsten, massive Steinhäu-

Es zieht uns zurück ans Meer. Vorbei am Becken von Arcachon geht

ser und grandiose Aussichten verleihen der Gegend eine raue, wilde

es weiter in den Süden bis nach Moliets-Plage. Dort treffen wir Tims

Schönheit. Morgens gibt es Hochnebel und danach für ein paar Stunden

Bruder und einige Freunde, die ihren Sommerurlaub hier verbringen.

wärmende Sonne. Am späten Nachmittag ziehen kühle Nebelschwaden

Zwei Wochen lang kosten wir deren Gesellschaft aus. An den Abenden

vom Meer auf, die für eine unheimliche Atmosphäre sorgen. So schön

sitzen wir gemeinsam bei Öllampenschein im Schatten der Dünen, essen

unsere Umgebung auch ist, uns genügt das nicht. Wir wollen richtigen

lecker, trinken Wein, reden und lachen.

Sommer erleben und deshalb beschließen wir schnell weiter in den Süden zu reisen.

Wir reisen weiter ins französische Baskenland. Dort erkunden wir das mondäne Biarritz, das baskische Bayonne und Anglet mit seinen

In nur einem Tag fahren wir von der Bretagne bis nach Royan, wo

weltbekannten Surfstränden.

wir abends mit der Fähre über die Gironde setzen. Wir genießen die Überfahrt – die Luft ist mild, es riecht nach Salz und Pinien und die Sonne verabschiedet sich mit spektakulären Farben über dem Atlantik.

Der Sommer neigt sich langsam seinem Ende zu und wir beschließen in die Pyrenäen weiterzureisen, wo wir dem Jakobsweg bis an die nordspanische Grenze folgen.

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Honfleur, eine Bilderbuch-Hafenstadt in der Normandie – einst von Künstlern geschätzt und heute beliebtes Ausflugsziel reicher Pariser. Eine bunte Mischung sehr schmaler Holzhäuser und geschäftiger Restaurants säumt den Hafen. Es ist Anfang August und in den Straßen wimmelt es von Menschen.

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Église Ste-Catherine. Die Kirche wurde im 15. und 16. Jahrhundert vollständig aus Holz gebaut, da alle Steine zum Wiederaufbau der Befestigungsanlagen nach dem Hundertjährigen Krieg benötigt wurden.

Beim Durchstreifen Honfleurs entdecken wir viele malerische Gassen und Innenhöfe.

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In der Bretagne ist die Küste steil und zerklüftet. Kein Problem für entschlossene Angler. Sie klettern an die Stellen, wo die Fische am besten beißen.

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Die Gezeitenunterschiede an der Nordwestküste Frankreichs sind gewaltig. Bis zu 14 Meter beträgt der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser. Wie besteigt man wohl die am Kai festgemachten Ruderboote?


An der Pointe du Raz bieten sich uns phantastische Ausblicke. In der Ferne ist die Halbinsel Crozon zu sehen. Am Morgen und am späten Nachmittag ist es hier häufig neblig und so können wir die Aussicht nur in der Mitte des Tages bewundern.

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Surfen in der Baie des Trépassés (Bucht der Verstorbenen). Das gesamte Gebiet ist bei Seefahrern berühmt und berüchtigt für seine brandungsumtosten Klippen, die schon vielen zum Verhängnis wurden. Unsere Wellen sind jedoch nicht gefährlich, sondern laden zum Spaßhaben ein.

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Wir sind fasziniert vom Anblick und der Größe der vielen Hinkelsteinfelder. Bei Carnac gibt es die weltweit größte Anhäufung megalithischer Stätten: über 3000 aufrecht stehende Hinkelsteine . Viele davon sind bis zu 7000 Jahre alt und wurden somit lange vor Obelix errichtet. Bis heute weiß niemand genau, zu welchem Zweck die vielen Steine aufgestellt wurden.

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Soulac-sur-Mer – endlich sommerliche Temperaturen. Das gefällt uns so gut, dass wir beschließen, einige Wochen auf einem Campingplatz zu bleiben und den Sommer auszukosten.

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250 Kilometer langer, schnurgerader Sandstrand an der Atlantikküste Aquitaniens. Die Dünung des Meeres trifft ungebremst auf den Strand und die vereinzelten Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Die kräftigen Wellen und Strömungen machen das Baden gefährlich und viele Strände sind im Sommer bewacht.

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Saint-Émilion. Das mittelalterliche Dorf ist heute hauptsächlich für seine kräftigen, dunklen Rotweine bekannt. Wir sind besonders von der Église Monolithe beeindruckt – einer Felsenkirche, die zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert in den Kalkstein gehauen wurde. Später setzte man einen Kirchturm auf das einzigartige Gebäude, der durch sein Gewicht die Stabilität des Bauwerks gefährdet.

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Der Kreuzgang des Klosters der Église Collégiale. Eine der vielen Sehenswürdigkeiten, die wir während einer Stadtführung erkunden.

Bei Saint-Émilion gibt es unzählige Weingärten. Einige bieten Übernachtungsplätze für Wohnmobile an und wir übernachten für fünf Euro auf einem Weingut und lassen uns dabei den lokalen Tropfen schmecken.

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Die Côte des Basques in Biarritz – der Geburtsort der europäischen Surfingszene. Hier surfen wir ausgiebig und erfreuen uns am Flair des schicken Seebads, das bei weitem nicht so überlaufen ist wie bekannte Badeorte der Côte d’Azur.

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Der Steg zum Rocher de la Vierge (Jungfrauenfelsen). Vom Felsen aus hat man einen grandiosen Ausblick auf die Küste von Landes im Norden. Im Süden sieht man schon die Berge des spanischen Baskenlandes.

Gestreifte Badezelte an der Grande Plage. Neben einem schönen Sandstrand gibt es eine breite Promenade mit mondänen Restaurants, Hotels und einem Kasino.

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Rote Fensterläden in Bayonne, der kulturellen Hauptstadt des französischen Baskenlandes. Hier gibt es leckeren luftgetrockneten Schinken und phantastische Schokolade. Wir haben natürlich von allem probiert.

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Die Farbe Rot steht für das Baskenland. So wie hier im schönen Dorf Ainhoa, sehen wir überall wunderschöne Details und Stillleben, die mit der Kamera festgehalten werden wollen.


Rote Chilis in Espelette. Die Schoten sind typisch in baskischen Gerichten. Die Qualität der Chilis aus Espelette ist so gut, dass ihnen das Prädikat Appelation d’Origine Contrôlée (AOC) verliehen wurde, das sonst nur für Weine verwendet wird. An den Fassaden der Häuser hängen unzählige, an Schnüren zum Trocknen aufgehängte Chilischoten.

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ERNTE IM MEERESGARTEN

Die Ebbe hat muschelbewachsene Felsen freigegeben, die jetzt blauschwarz in der Sonne glänzen. Noch nie haben wir so viele Miesmuscheln auf einmal gesehen. Es sind unzählige, dicht an

dicht gedrängt, und jede einzelne hat sich mit Haftfäden auf dem Untergrund verankert. Beim Durchwandern des Meeresgartens sehen wir Sammler, die gezielt größere Exemplare mit einer geschickten Drehung vom Felsen lösen und in mitgebrachte Eimer legen. Erst schauen wir nur

neugierig zu, aber dann wird uns klar, welche Möglichkeiten sich uns hier bieten – ein leckeres, superfrisches und kostenloses Abendessen. Wir beginnen zu suchen und fühlen uns bald wie im

Goldrausch. Als unsere Hände nicht mehr ausreichen, beginnt Tim seine Hosentaschen zu füllen.

Es dauert nicht lange, bis wir nicht mehr wissen wohin mit unserem Schatz. Genug für ein Abendessen haben wir längst, trotzdem fällt es uns schwer, aufzuhören.

Hier inmitten der Natur beschaffen wir uns die Nahrung, die wie brauchen; es riecht nach Tang und Meer, und um uns herum lebt alles – das hat etwas ganz Ursprüngliches und Natürliches. Und das Beste ist: Wir wissen genau, wo unser Abendessen herkommt. Keine Industrie, kein

Logistikunternehmen, keine Plastikverpackung und kein Supermarkt ist beteiligt. Das ist eine

Abwechslung, die einfach nur schön ist. Am Abend bereitet uns Tim die Muscheln in einer leck-

eren Weißweinsoße zu. Es sind nicht die Größten, die wir je gegessen haben, aber die Besten.

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Muscheln in Weißweinsauce – Moules au vin blanc Unsere frische Muschelbeute wollen wir mit Weißwein und Sahne zubereiten. Schnell kaufen wir im Dorf ein frisches Baguette und eine Flasche Weißwein, bevor wir uns auf den kostenlosen Stellplatz stellen und dort von bretonischen Nebelschwaden eingehüllt werden. 1 kg Miesmuscheln, gesäubert 1 kleine Schalotte 1 kleine Möhre ¼ Sellerieknolle (klein) 2 Knoblauchzehen 50 g Butter ¼ l Weißwein, trocken ¼ l Sahne Salz & Pfeffer 1 kleiner Bund Petersilie

Muscheln waschen und säubern, offene Muscheln aussortieren. Die Schalotte und die Möhre in feine Streifen und den Sellerie in kleine Würfel schneiden. Petersilie säubern und grob hacken. In einem großen Topf die Butter schmelzen lassen und das Gemüse darin andünsten. Die Knoblauchzehen dazupressen. Mit Weißwein ablöschen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Muscheln in den kochenden Sud geben und bei geschlossenem Topf 5 Minuten kochen lassen. Dann die Sahne und die gehackte Petersilie einrühren, nochmals abschmecken und Muscheln in tiefen Tellern mit dem Sud servieren. Dazu gibt es frisches Baguette. Ergibt 2 große Portionen. Bon appétit.

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NORDSPANIEN Grün. Saftige Wiesen, Pampasgras an den Straßenrändern und Eukalyptuswälder – so haben wir Spanien noch nicht erlebt.

In Asturien geht es wieder an die Küste. Wilde, fast unberührte Küstenlandschaften liegen hier in unmittelbarer Nähe zu unansehnlichen Raffinerie- und Industriegebieten größerer Städte wie Avilés. Der kleine

In Bilbao parken wir unser Auto vor dem Guggenheim Museum,

Fischerort Luarca gefällt uns da viel besser und wir beschließen, ein

bewundern die markante Architektur und begeben uns in die Altstadt.

wenig zu bleiben. Nach einigen Tagen wird das Wetter schlechter und

Hier lassen wir uns leckere Tapas im Café Iruña schmecken. Entlang der

das veranlasst uns, nach Galizien weiterzureisen. Die Küste wird immer

Küste fahren wir weiter nach Kantabrien.

zerklüfteter, die Straßen enger und kurviger und die Häuser bunter. Der Norden mit dem Cabo Ortegal erinnert uns ein wenig an Norwegens

Die sanften Hügel und grünen Felder mit den Pyrenäen im Hintergrund erinnern ein wenig an das bayrische Voralpenland, nur dass hier

Fjord-Landschaften. Es beginnt zu regnen und die Küste hüllt sich in Wolken.

das Meer in unmittelbarer Nähe ist. Immer wieder verlassen wir die Schnellstraße und machen Abstecher ans Meer. Am Strand von Langre

Das ist die Gelegenheit für uns, Santiago de Compostela zu erkun-

endet die Straße und Landschaft abrupt vor einer Steilküste, vor uns nur

den – die Stadt der Pilger und der Catedral del Apóstol, die das Ziel des

das weite Meer. Wir bleiben eine Nacht. Am nächsten Tag geht es weiter,

Jakobswegs ist.

vorbei an Santander bis nach Oyambre. Hier checken wir auf einem Campingplatz ein, um Strom zu tanken. Direkt vor uns liegt ein fünf

In einem Hafenrestaurant in Fisterra essen wir leckere Muscheln

Kilometer langer, menschenleerer Sandstrand und in der Bucht laufen

und lassen uns den lokalen Albariño Weißwein schmecken. Nach dem

schöne kleine Wellen, die wir natürlich zum Surfen nutzen.

Essen legen wir uns gut gelaunt in unser Auto, das wir vor der Tür des Restaurants geparkt haben. Um vier Uhr morgens werden wir jedoch

Wir fahren landeinwärts, um die Picos de Europa besser sehen zu können – gezackte, tief zerklüftete Berge in herbstlicher Kulisse.

unsanft vom regen Fischereibetrieb um uns herum geweckt. Nach einem ausgiebigen Frühstück am Cabo de Finisterre, dem Ende der Welt, machen wir uns auf in Richtung Süden nach Portugal.

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Isla de Izaro – die kleine Insel liegt vor der Mündung des Flusses Mundaka. Hier befindet sich die bekannteste Welle Spaniens – ein häufiger Austragungsort internationaler Wellenreit-Wettbewerbe. Wir sind leider zur falschen Zeit dort, denn es gibt keine Wellen und keine spektakulären Surfer zu beobachten.

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An der Nordküste des spanischen Baskenlandes passieren wir immer wieder Straßenabschnitte, die von starken Regenfällen beschädigt wurden. In diesen Momenten wünschen wir uns einen geländegängigen Allrad-Camper, aber unser Fiat Ducato meistert auch diese Situationen.

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Die 9 Meter hohe Spinnen-Bronzefigur „Maman“ der Künstlerin Louise Bourgeois vor dem Guggenheim Museum in Bilbao. Unter dem Spinnenkörper befindet sich ein Beutel mit weißen Marmoreiern. Die Figur soll die Fürsorge und Zerbrechlichkeit der Mutterschaft symbolisieren. Uns hat sie jedoch mehr an angreifende Aliens aus einem Science-Fiction-Film erinnert.

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Das Guggenheim Museum für moderne Kunst besteht aus Glas, Titan und Kalkstein. Die Metallverkleidung reflektiert das Licht und die Farben der Umgebung und lässt immer neue visuelle Eindrücke entstehen.

Die Escaleras de Mallona an der Plaza Miguel de Unamuno. Das typische Rot des Baskenlandes begegnet uns auch in Bilbao als dominante Farbe für Fensterläden und Details an Häusern.

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Playa de Oyambre am fr端hen Morgen, kurz vor unserem ersten Surf. Sonne und Wolken tauchen die Bucht in ein unwirkliches Licht und wir freuen uns darauf, die Sonne vom Meer aus 端ber der K端ste aufgehen zu sehen.

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Je weiter wir in Richtung Westen fahren, desto enger und kurviger werden die Straßen. Unsere Reiseroute schlängelt sich durch Eukalyptuswälder, deren Boden von vertrockneten Farnen bedeckt ist. Dies ist eines unserer Lieblingsbilder.

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Am Cabo Ortegal im Nordosten Galiziens st체rzt die K체ste nahezu senkrecht ins Meer. Hier trifft der Atlantik auf den Golf von Biskaya. Unser Aussichtspunkt liegt so hoch, dass selbst m채chtige Atlantikwogen wie kleine harmlose Wellen aussehen.

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Am Cabo Ortegal endet die enge und kurvige Straße direkt vor dem Leuchtturm. Während die Sonne untergeht, machen wir schnell ein paar Fotos, so lange das Licht mitspielt.

Einer der unzähligen traditionellen Hórreos. In den frei stehenden Speichern aus Stein oder Holz wird Mais optimal belüftet gelagert, was bei dem vielen Regen und der hohen Luftfeuchtigkeit notwendig ist.

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Revolver!? Er kommt geradewegs auf uns zu. Lächelnd heißt er uns in Porto do Barqueiro willkommen, aber nicht auf Spanisch, sondern auf Deutsch. Zunächst sind wir ein wenig misstrauisch, aber es dauert nicht lange, bis uns der ältere Herr in ein Gespräch verwickelt hat. Er erzählt uns, dass er einige Zeit in Deutschland gelebt hat, aber vor vielen Jahren wieder in seine galizische Heimat zurückgekehrt ist. Offenbar freut er sich, wieder einmal Deutsch sprechen zu können. Er erzählt uns von seiner Arbeit in Deutschland und vom Leben in Galizien. Nach einer Weile fragt er uns, was wir hier machen, woraufhin wir ein wenig von unserer Reise erzählen. Aufmerksam hört er zu, lächelt, nickt, aber plötzlich macht sich Besorgnis auf seinem faltigen Gesicht breit. „Habt ihr einen Revolver dabei?“ fragt er uns. Revolver!? Wir haben das Gefühl, uns verhört zu haben. Wozu sollten wir eine Waffe dabei haben, fragen wir ihn? Er erzählt uns daraufhin von seiner Karriere als galizischer Polizist und davon, dass man gar nicht vorsichtig genug sein kann. Die Welt ist gefährlich, und das sei auch in Galizien so. Er bietet uns seine Hilfe an, falls wir in dieser Gegend in Not geraten sollten. Nach einer Weile wendet sich unser Gespräch wieder gewöhnlicheren Themen zu. Bald verabschieden wir uns von ihm und beginnen unseren geplanten Spaziergang durch das kleine Fischerdorf. Auf dem Weg denken wir über die eigenartige Frage des pensionierten Polizisten nach. Wir fühlen uns überrascht und verunsichert, und schon bald sind es unsere Gesichter, auf denen sich Besorgnis breit macht. Während der nächsten Tage halten wir noch gezielter Ausschau nach sicheren Stellplätzen. Nach einer Weile werde wir wieder lockerer und bemerken, wie schön und ungefährlich Galizien ist.

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Die Galizier lieben es bunt. Allerorts finden wir Häuser und Boote, die in kräftigen Farben leuchten. Für unser Auge ist das sehr ungewohnt und wir sind immer wieder aufs Neue überrascht, wenn wir ein Kermit-grünes oder Feuerwehr-rotes Haus sehen.

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Am Aussichtspunkt Garita de Herbeira steht ein einsames altes Steinhaus. Dahinter fällt die Küste 600 Meter tief ins Meer und außer Steinen, Gras und Windkraftanlagen gibt es hier nichts zu sehen. Wir sind ganz alleine und betrachten die Schönheit der rauen Natur.

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Catedral del Apóstol in Santiago de Compostela – das Reiseziel aller, die dem Jakobsweg folgen. Hier treffen sich die vielen Pilger, die wir auf unserem Weg überholt haben. Viele haben eine Jakobsmuschel an ihrem Rucksack hängen.

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SPIEL MIT DEM MEER

Ich bin nervös. In meinem Bauch kribbelt es, wie vor einem Rendezvous. Noch einen Abschiedskuss, dann wünscht mir Christina viel Spaß. Ich nehme mein Surfbrett und eile ins Wasser.

Auf dem Brett liegend paddle ich durch die Dünung. Immer wieder kommen mir bereits gebrochene Wellen entgegen und spülen kaltes Wasser über meinen Kopf. Ich bin froh über meinen

Neoprenanzug. Nach einer Weile komme ich an, wo die Wellen zu brechen beginnen. Ich setze

mich auf mein Brett, blicke hinaus auf das Meer und warte. Die Luft riecht nach Salz. Unter mir sehe ich Fische vorbeischwimmen und über mir kreist eine Möwe. Jetzt ist es soweit. Nicht weit von mir baut sich eine hüfthohe Welle auf. Schnell drehe ich mein Brett in Richtung Land und

paddle. Erst langsam, dann immer schneller und kräftiger. Die Welle ist direkt hinter mir und ich spüre, wie ich von ihrer Energie erfasst werde. Ein letzter Paddelzug noch, dann beginnt mein Wellenreiter zu gleiten. In einer schnellen, fließenden Bewegung drücke ich meinen Oberkörper hoch und bringe meine Füße unter mir auf das Brett.

Für einen Augenblick fühle ich mich schwerelos – dann gleite ich stehend über das Wasser. Alles außerhalb dieses Moments wird bedeutungslos – ich bin im Einklang mit dem Meer.

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Chorizo in Apfelwein – Chorizo en Sidra In einer Tapasbar in Luarca haben wir dieses Gericht entdeckt. Asturien ist bekannt für seine Fleisch- und Wurstwaren, und der Apfelwein Sidra ist ebenfalls eine lokale Spezialität. In diesem Gericht wird beides zu einer würzigen Tapa vereint. 4 Chorizos oder 2 Chistorras ½ Liter trockenen spanischen Sidra 1 Lorbeerblatt

Die Chorizos mit einer Gabel mehrfach einstechen. Eine Pfanne auf großer Flamme erhitzen und die Würste auf beiden Seiten anbräunen. Die Chorizos kurz aus der Pfanne nehmen und das überschüssige Fett abgießen. Die Wärme auf niedrige Flamme reduzieren und die Würste wieder in die Pfanne geben. Jetzt so viel Apfelwein zugeben, bis die Würste mindestens bis zur Hälfte bedeckt sind. Lorbeerblatt dazugeben und die Pfanne mit einem Deckel schließen. Etwa 20 Minuten köcheln lassen. Die fertigen Würste aus der Pfanne nehmen, mit rustikalem Weißbrot und einem Glas kaltem Sidra servieren. Ergibt 2 Portionen. ¡buen provecho!

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Wünsch dir was Sie glitzern wie kleine Diamanten auf blauschwarzem Samt. Über uns

leben können – und zwar mit allen unseren Sinnen. Alles, was wir dafür

erstreckt sich die sommerliche Milchstraße mit ihren unzähligen, fun-

tun müssen, ist raus zu gehen und es zu tun. In unserem Alltag sieht es

kelnden Sternen.

jedoch häufig anders aus. Das Echte wird immer mehr vom Künstlichen ersetzt. Virtuelle Welten, Web-Meetings, Cyber-Freundschaften nehmen

Wir liegen auf einer Decke auf dem noch warmen Waldboden. Es

immer mehr Raum ein. Neuerdings verspricht uns sogar 3-dimensiona-

ist ein wunderbarer Sommerabend und die Luft riecht nach den Pinien,

les Kino und Fernsehen „echtes“ Eintauchen in das, was uns vorgespielt

deren Silhouetten sich tiefschwarz vor dem leuchtenden Band der

wird – was könnte weniger echt sein?

Milchstraße abheben. Durch die Lücken der Baumkronen beobachten wir aufmerksam den Nachthimmel und warten.

Das Echte ist der Moment, den wir gerade leben. Wie viel Glück wir doch haben! Unsere Reise, all die schönen Orte, Erlebnisse und magi-

Da, eine Sternschnuppe – und gleich darauf noch eine. Ich liebe es, Sterne und Sternbilder zu beobachten; für Christina ist es das erste Mal,

schen Augenblicke – so wie dieser wunderbare Moment. Wir saugen ihn in uns auf, so gut wir können.

dass sie das bewusst miterlebt. Jetzt bemerkt sie, wie wunderschön das Firmament und seine Bewegungen sind. Gemeinsam wüschen wir uns etwas. Angekommen im Hier und Jetzt, erleben wir etwas Pures und

Und da, wieder eine Sternschnuppe. Mehr pures und natürliches Erleben, das ist es, was wir uns wünschen.

Echtes, was uns tief berührt. Wir sind mittendrin, umgeben von der Schönheit der Natur. Wir unterhalten uns über die Dinge, die uns bewegen. Nach einer Weile kommen wir auf das Thema Fernsehen zu sprechen und denken darüber nach, wie viel Zeit wir häufig damit verbringen. Fernsehen entspannt, unterhält und amüsiert. Und es lenkt ab. Wir sehen uns Kopien und Abbilder an und wir vergessen dabei, dass wir vieles davon selbst er-

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ZEIT DER FRAGEN UND ZWEIFEL „Wir verlangen, das Leben müsse einen Sinn haben - aber es hat nur ganz genau so viel Sinn, als wir selber ihm zu geben imstande sind.“

Hermann Hesse

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Glücks-satt? Hier gibt es sie, aber nicht für uns. Jedenfalls nicht heute. Enttäuscht ste-

Losgefahren sind wir, um dem Alltagstrott zu entfliehen. Und jetzt

hen wir vor dem Tor des Monumento Natural das Pegadas dos Dinossáu-

fühlt es sich so an, als ob er uns wieder eingeholt hat. Sicher, unser neuer

rios, einem Park mit den längsten, versteinerten Dinosaurier-Fußspuren

Alltag ist anders, abwechslungsreicher als der, den wir hinter uns gelas-

der Welt. Geschlossen, Mist!

sen haben. Trotzdem haben wir uns an ihn gewöhnt. Muss das so sein? Wo bleibt der Kurzweil?

Wir fahren weiter und es regnet wieder. Anscheinend sind, gemeinsam mit uns, die ersten großen Herbststürme in Portugal angekommen.

Wir werden das Gefühl nicht los, dass da noch mehr Fragen sind, und

Der starke Wind rüttelt an unserem Auto und wir fühlen uns gereizt. Seit

es kommen immer neue dazu. Und dann ist es, als ob ein Damm bricht.

einiger Zeit geht das schon so – der kleinste Anlass genügt, um uns die

Was soll das alles? Wieso sind wir unterwegs? Welchen Sinn hat unsere

Stimmung zu verderben. Langsam beginnen wir uns zu fragen, warum

Reise? Wo wollen wir hin? Woher kommt diese Unzufriedenheit? Sind

das wohl so ist. Ist das Wetter vielleicht schuld an unserem Gemütszu-

wir etwa schon so verwöhnt, dass wir all das Positive nicht mehr sehen?

stand? Nein, so einfach ist das nicht.

Eine Flut von Wieso, Weshalb, Warum bricht über uns zusammen.

Viereinhalb Monate sind vergangen, seit wir unsere Reise ange-

Hilflos stehen wir vor einem Berg ungewohnter Fragen. Schon bald

treten haben. Nach wie vor entdecken wir Neues, sehen interessante

merken wir, dass diese nicht neu, sondern verdrängt und unbeantwortet

Dinge und meistern die vielen kleinen Herausforderungen, die uns

sind. Wie gut, dass wir jetzt die Zeit haben, uns ihrer anzunehmen.

täglich begegnen. Wir können kommen und gehen, wann und wohin wir wollen. Unendliche Möglichkeiten liegen vor uns! Dennoch empfinden wir die Welt um uns herum nicht mehr als so aufregend und bunt, wie es noch vor kurzem war. Vielleicht sind wir einfach nur satt. Sind wir nach anfänglicher Euphorie jetzt wieder auf unserem normalen Glücksniveau angekommen?

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PORTUGAL Den Rio Minho, die nördliche Grenze Portugals, überqueren wir bei

Wieder an der Küste, verbringen wir einige regnerische Tage in São

Valença und folgen seinem Lauf bis ans Meer. An der Costa Verde, der

Pedro de Muel. Aus dem Erkunden der vielen bekannten Surfspots im

grünen Küste, geht es in Richtung Süden. Eigentlich wollen wir uns mehr

Norden von Lissabon wird nichts, da das Wetter und die Wellen nicht

Zeit für diese Region nehmen, aber Sturm und schlechtes Wetter veran-

mitspielen. Es regnet fast ununterbrochen, also beschließen wir das

lassen uns, weiter zu reisen.

Landesinnere weiter zu erkunden. In Alcobaça besuchen wir ein gigantisches Zisterzienser-Kloster, das einst für seine extrem feinschmeckeri-

Als wir in Porto, der zweitgrößten Stadt des Landes, ankommen, ist

schen und übergewichtigen Mönche bekannt war.

es bereits dunkel. Es regnet und wir haben zunächst Schwierigkeiten, einen Campingplatz zu finden. Am Morgen geht es mit dem Bus in die

In Évora, südöstlich von Lissabon, sehen wir das erste Mal seit

Stadt, die in der ganzen Welt für ihren berühmten Portwein bekannt

Tagen die Sonne. Wir erkunden die Stadt und sind begeistert von ihren

ist. Die Stadt ist faszinierend, überall sehen wir verblichene Schönheit,

historischen Sehenswürdigkeiten, die von der UNESCO als Weltkultur-

die sie noch reizvoller macht. Natürlich lassen wir es uns nicht nehmen,

erbe gelistet sind. Weiter geht es an die Costa Dourada, wo wir endlich

eine Portweinführung mitzumachen. Wir bestaunen scheinbar endlose

mal wieder ins Wasser kommen. Diese Küste ist rau, nur wenig besiedelt

Gänge mit unzähligen Portweinfässern, lernen so manches über die

und es gibt massenhaft unberührte einsame Strände. Nachts ist hier der

Produktion von Port und gehen seinem Geschmack in mehr als einem

Himmel wunderbar dunkel und voller funkelnder Sterne.

Glas auf den Grund. In Sagres, dem südwestlichsten Ort Europas, erforschen wir die UmVorbei an zahllosen Weingärten folgen wir dem Rio Douro in das Landesinnere. Etwas weiter im Süden erkunden wir den verwünschten

gebung und sind beeindruckt von der Steilküste, die von riesigen Wellen umtost wird.

Wald von Buçaco, wo wir in gespenstischem Zwielicht und dichtem Nebel riesige Bäume und Farne bewundern.

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Was ist das? In der Altstadt Portos entdecken wir Häuser, die mehrfach aufgestockt wurden. Auf das Dach kommt eine Wellblechhütte, und wird es zu eng, wird notfalls noch eine draufgesetzt.

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Fischstand auf dem historischen Mercado do Bolhão. Auf dem zweistöckigen Markt mit offenem Innenhof und Galerien im Obergeschoss werden alle nur erdenklichen Lebensmittel angepriesen. Alles frisch und lecker!


Ein traditionelles portugiesisches Spezialitätengeschäft in der Nähe des Bolhão Marktes. Typische Spirituosen, Fleisch- und Wurstwaren, sowie Tee, Kaffee und Gebäck werden hier angeboten. Gegenüber lassen wir uns einen Galão mit Pastéis de Nata (Milchkaffee mit Puddingtörtchen) schmecken.

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Blick über die Dächer der Portweinkellereien in Vila Nova de Gaia. Auf der anderen Seite des Douro sehen wir Portos Altstadt im Licht der Nachmittagssonne. Hinter uns liegt die berühmte Taylor’s Kellerei, in der wir eine Portweinführung mit anschließender Verkostung mitmachen.

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Das Douro-Tal liegt vor uns. Hier werden die Trauben angebaut, die schließlich zum köstlichen Portwein verarbeitet werden. Etwa 80 Rebsorten soll es in der Region Douro geben. Die meisten wachsen an steil abfallenden Hängen, die teilweise in Terrassen angelegt sind. Erst hier wird uns bewusst, wie viel Arbeit in einer Flasche Portwein steckt, und darauf lassen wir uns ein Glas schmecken.

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Das Dormitorium des Mosteiro de Santa Maria de Alcobaça. Das riesige Zisterzienser-Kloster beeindruckt uns durch seine schiere Größe und imposante Architektur. Die Abtei beherbergte zu ihrer Blütezeit bis zu 1000 wohlgenährte Mönche.

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Die Mönche des Klosters waren einst berüchtigt für ihre Völlereien, aber sie konnten auch wunderschöne Gärten anlegen.

Die Feuerstelle der Küche mit ihrem Kaminabzug – groß genug um vier Ochsen gleichzeitig zu braten. Dahinter befindet sich ein Wasserbecken, das von einem Fluss mit Frischwasser und lebenden Fischen gespeist wird.

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Capela dos Ossos – Évora. In der Kapelle befinden sich die Gebeine von etwa 5000 Menschen. Zu sagen, sie seien hier begraben, trifft nicht zu. Alle Wände, Säulen und die Decke der Kapelle sind kunstvoll mit Knochen und Schädeln verziert. Was den Franziskanermönchen im 17. Jahrhundert als Alternative für überquellende Friedhöfe erschien, ließ makaber schöne Muster entstehen.

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Der Diana Tempel in Évora – das besterhaltene römische Bauwerk Portugals. Im 2. Jahrhundert erbaut, später eingemauert und vergessen, dann als Schlachthof verwendet, wurde es im 20. Jahrhundert wiederentdeckt.

Aqueduto da Água de Prata. Das Aquädukt des silbernen Wassers in Évora wurde im 16. Jahrhundert errichtet, um die Stadt mit Frischwasser zu versorgen. Heute sind Häuser, Geschäfte und Cafés in die Bögen gebaut.

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Endlich wieder im Wasser. In Vila Nova de Milfontes an der Costa Dourada ist uns Neptun gut gesonnen. Neben der FlussmĂźndung des Rio Mira bricht eine schĂśne Welle, die Tim mit einem Einheimischen Boogieboarder teilt.

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Du links, ich rechts Soll ich oder soll ich nicht? Das Wetter ist schön und auch die Wellen sehen einladend aus. Allerdings bin ich hier noch nie gesurft und weiß nicht, ob Felsen unter der Wasseroberfläche lauern, die gefährlich werden können. Ich mache erst mal ein paar Fotos. Hm, das sieht wirklich vielversprechend aus. Ein Kleinwagen hält hinter uns, die Tür öffnet sich und der junge Fahrer stellt sich neben mich. „Wie sind die Wellen?“ fragt er nach einer Weile. Ich berichte, was ich gesehen habe, und wir kommen ins Gespräch. Er erzählt, dass er hier in Vila Nova de Milfontes aufgewachsen ist und hier regelmäßig mit seinem Boogieboard Wellen abreitet. Ein Boogieboard ist ein sehr kurzes Brett, dass man liegend surft – vorzugsweise in schnellen und steilen Wellen. Im Gegensatz dazu surfe ich ein fast 3 Meter langes Longboard und liebe es, die Wellen ruhig entlang zu gleiten. Das macht unsere Vorlieben so verschieden wie die von leidenschaftlichen Trucker- und Motorradfahrern. Trotz unterschiedlicher Neigung fragt er mich, ob ich mit ihm surfen möchte. Wir ziehen unsere Neoprenanzüge an, bewaffnen uns mit unseren Surfgeräten und freuen uns, einen Partner für unser Spiel mit dem Meer gefunden zu haben. Als wir an der Welle ankommen, erklärt er mir, was wir machen. „Du surfst links und ich rechts“ sagt er. Wir müssen nicht lange warten, da baut sich hinter uns eine schöne Welle auf, die wir gleichzeitig anpaddeln. Mein Surfpartner nimmt den steil und schnell brechenden rechten Wellenkamm, während ich die sanfter brechende Wasserwand nach links entlang gleite. Nach unserem erfolgreichen Ritt kehren wir gleichzeitig an den Ausgangspunkt zurück und haben beide ein breites Lächeln auf dem Gesicht.

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Steilküste bei Sagres. Wir haben nur sehr wenig Angelerfahrung, aber wir fragen uns ernsthaft, wie es die Fischer schaffen, den Fang anzulanden. Uns wird schon vom Zusehen ganz mulmig.

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Cabo de São Vincente – das Kap, das Europas südwestlichsten Punkt markiert. Der Leuchtturm dient täglich Hunderten von Schiffen als Orientierung.


Gleich neben dem Cabo de São Vincente – Europas südwestlichste Imbissbude. Täglich kommt hier eine Vielzahl von Reisebussen mit hungrigen Touristen vorbei. Falls wir jemals in der Gastronomie tätig werden... wir würden das Angebot komplett überarbeiten und das leckerste Essen am südwestlichsten Punkt Europas daraus machen.

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SIGHTSEEING

686 Stufen soll sie haben, gebaut als barocke Doppeltreppe. So steht es in unserem Por-

tugalführer. Wir beschließen sie uns anzusehen. In Lamego angekommen, suchen wir uns einen si-

cheren Parkplatz. Mit Kamera und besagtem Reiseführer machen uns auf den Weg. Die Treppe windet sich symmetrisch im Zickzack den Berg hinauf. Tim nimmt die rechte Seite und ich die andere. Anfangs liegen wir gleichauf, bis ihm das erste Fotoobjekt vor die Kamera kommt. Alle

Einstellungen werden vorgenommen, das erste Foto wird geschossen. Wie gut ist es geworden? Noch eins und dann noch weitere aus anderen Blickwinkeln. Ich warte geduldig. Weiter geht’s

– drei Schritte ungefähr, bis das nächste Foto folgt. So nähern wir uns langsam unserem Ziel. Auf dem nächsten Treppenabsatz angekommen, muss ich warten. Tim ist bestimmt dabei, die

schönen blauen Fliesenbilder zu fotografieren. Ich nutze die Gelegenheit, etwas mehr über das Bauwerk nachzulesen. Nach einer Weile erreichen wir die Wallfahrtskapelle, die am Ende der

Treppe liegt. Auf dem Rückweg erkunde ich den angrenzenden Park, während Tim noch immer

die Treppe fotografiert. Unten angekommen, stärken wir uns mit einem Kaffee und einem portugiesischen Cremetörtchen und besprechen, was wir uns als Nächstes ansehen wollen.

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Steinsuppe – Sopa da petra Eine typisch portugiesische Suppe, die wir zum ersten Mal in Porto probiert haben. Angeblich hat sie ein Mönch erfunden. Die Geschichte dazu ist folgende: Als dem Mönch von einem reichen Bauern eine Spende verwehrt wurde, behauptete er, aus einem Stein eine köstliche Suppe kochen zu können. Listig rang er daraufhin dem geizigen Bauern eine Zutat nach der anderen ab, jedes mal mit der Erklärung, die Suppe dadurch geschmacklich zu vollenden. Das Resultat war ein kräftiger und schmackhafter Suppeneintopf. 1 ½ 1 2 1 1 1 1 1

Liter Wasser Liter Fleisch- oder Gemüsebrühe Stück geräucherter Speck kleinere Paprikawürste (Choriço) große Tomate, gewürfelt gelbe Zwiebel, gehackt große Kartoffel, klein gewürfelt Dose große weiße Bohnen Karotte, in Scheiben geschnitten

¼ Weißkohl, in feine Streifen geschnitten 2 Lorbeerblätter 2 Esslöffel Olivenöl Meersalz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer Olivenöl in einem großen Topf erhitzen, Zwiebeln dazugeben und ein wenig andünsten. Speck, Würste und Tomaten dazugeben und unter ständigem Rühren die Tomaten gar kochen. Mit Wasser und Brühe aufgießen, salzen und pfeffern und die Lorbeerblätter hinzufügen. Ein wenig von der Fleischbrühe entnehmen, die Hälfte der Bohnen darin zerstampfen und den Brei anschließend zurück in den Suppentopf geben. Kartoffeln, Karotten, Weißkohl und die restlichen Bohnen dazugeben und gar kochen. Nochmals mit Salz und Pfeffer abschmecken und in Suppenschüsseln servieren. Ergibt 4 Portionen. Bom proveito!

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SÜDSPANIEN – BUCHT VON CÁDIZ Costa de la Luz – Küste des Lichts, so heißt die südliche Atlantikküste

Palmar bleiben wir einige Tage, um die guten Surfbedingungen zu nut-

Spaniens. Die portugiesisch-spanische Grenze haben wir bei Ayamonte

zen. Früh morgens ist es am schönsten. Wenn es dann noch windstill ist,

überquert. Zunächst geht es auf der Autobahn bis nach Sevilla, und von

liegt das Meer so glatt, als ob ein dicker Ölfilm darauf schwämme, und

da in Richtung Süden zurück an die Küste. Es ist ein Umweg, der uns

nur die herannahende Dünung sorgt für Bewegung. Magisch!

am Flussdelta des Rio Guadalquivir und am Parque Nacional de Doñana vorbeiführt. Hier befindet sich Spaniens wichtigstes Feuchtgebiet, das

Wir genießen die weitgehend unverbaute Küste mit den langen

in den 90er Jahren von der UNESCO zum Weltnaturerbe erhoben wurde.

weißen Sandstränden und einem Hinterland mit sanften Hügeln und

Dass der Nationalpark nur mit Voranmeldung betreten werden darf,

Schirmkieferwäldern – und das Beste: Zu dieser Jahreszeit ist kaum

sorgt dafür, dass Tausende von überwinternden Zugvögeln und seltene

etwas los!

Tierarten, wie der iberische Luchs, ihre Ruhe von Touristen wie uns haben.

Wir erkunden die typischen weißen Dörfer Andalusiens, die es hier an der Costa de la Luz noch gibt. Neben Conil de la Frontera gefällt uns

Von Sanlúcar de Barrameda aus fahren wir entlang der Küste nach

Vejer de la Frontera besonders gut. Die Region lebte einst vom Thunfisch-

Süden. Was wir auf dem Weg sehen, ist ein extremer Gegensatz zu

fang und wir entdecken vielerorts verfallende Überreste, die von dieser

unberührter Natur. Riesige, aus dem Boden gestampfte Ferienanlagen,

Zeit zeugen.

Golfplätze, Gewächshäuser und ein großer Militärflugplatz. In Rota machen wir dennoch eine Pause, um den alten Stadtkern zu erkunden und einen Café con Leche zu trinken.

Weiter im Süden kommen wir an riesigen Windkraft- und vereinzelten Solarenergieanlagen vorbei. Das immer windige Tarifa ist unsere letzte Station an der Küste des Lichts. Am westlichen Rand der Stadt

Wir umfahren Cádiz, um nach Conil de la Frontera zu gelangen, wo

befindet sich die Punta de Tarifa, die Spitze von Tarifa – der südlichste

wir „wild“ parkend in einem Wohngebiet übernachten. Am nächsten

Punkt des europäischen Festlandes. Hier beginnt die Straße von Gibral-

Morgen lacht die Sonne und dazu gibt es Wellen. Am Strand von El

tar, und an klaren Tagen erscheint Afrika zum Greifen nah.

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Fliesenmosaik auf einem Platz in Conil de la Frontera. Die Costa de la Luz (K端ste des Lichts) war einst vor allem f端r den Thunfischfang bekannt. Das massiv 端berfischte Meer gibt jedoch kaum noch etwas her, und so spielt heute der Tourismus eine weit wichtigere Rolle.

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Sancti Petri, das einstige Fischerdorf für Thunfisch, ist heute ein Geisterdorf. Sucht man im Internet nach dem Ort, findet man fast nur Links zu modernen, luxuriösen Hotelanlagen, die zu Novo Sancti Petri gehören. Der Hafen des am Ende einer Landzunge gelegenen Geisterdorfes wurde mittlerweile in einen modernen Yachthafen umgebaut.

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Vejer de la Frontera – Blick von der Stadtmauer über das andalusische Hinterland. Der Ort liegt auf einem steilen Hügel und sein Stadtkern ist vollständig von einer etwa zwei Kilometer langen Stadtmauer umgeben.

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Enge Gassen winden sich innerhalb der Stadtmauern bergauf und bergab durch den weiร en Ort. Es gibt viel zu entdecken und wir finden es schรถn, dass wir keine Autos sehen.

Beim Durchwandern der engen Gassen entdecken wir immer wieder idyllische Hinterhรถfe.

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Cabo de Trafalgar. Vor diesem Kap wurde im Jahre 1805 die spanische Seemacht von der britischen Flotte unter Admiral Nelson besiegt. Wir nutzen das Meer friedlich und surfen. Abends setzen wir uns mit einem Bier auf die D端ne und beobachten, wie die Sonne untergeht.

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Südstrand am Cabo de Trafalgar. Kommt die Dünung aus der passenden Richtung, so kann man hier prima surfen. Die Berge im Hintergrund gehören zum Rif-Gebirge in Marokko. Bei klarem Wetter lässt sich die Nordküste Afrikas sehen.

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Toro de Osborne, die Silhouette eines wilden Stieres. Die Werbetafel f端r den Weinbrand Veterano der Osborne-Gruppe hat regelrechten Kultstatus erreicht. Etwa 90 der bis zu 14 Meter hohen Silhouetten aus Metall gibt es in Spanien, 21 davon stehen in Andalusien.

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Windräder bei Tarifa. Je näher man an die Straße von Gibraltarar kommt, desto windiger wird es. In der Region sehen wir Hunderte von Windrädern, die konstant Strom produzieren. Hier weht es fast jeden Tag und das macht den Ort zur Windhauptstadt Europas. Aus diesem Grund ist die Gegend besonders bei Wind- und Kitesurfern beliebt.

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ZUNGE GERADE HALTEN UND LOS Fokus! Den linken Fuß auf das Pedal, etwas Schwung nehmen, aufsitzen und mit beiden Füßen

gleichmäßig treten. Das sind viele Schritte auf einmal und damit es klappt, muss alles ganz schnell gehen. Gelingt mir das, bin ich sehr zufrieden. Um es etwas einfacher zu machen, steige ich häufig an einer Stütze auf, balanciere mich aus, nehme etwas Schwung und peile mein Ziel an. Sobald ich fahre, ist meine gesamte Aufmerksamkeit nur darauf gerichtet, mein Gleichgewicht zu halten. Dann wird das Einrad zu einem Teil von mir und ich fühle pures Glück.

Eine Unebenheit im Asphalt bringt mich ins Wanken, aber ich kann mich gerade noch fangen.

Weiter geht es, möglichst gleichmäßig in die Pedale treten, austarieren. Es kommt mir so vor, als ob alle Muskeln in meinem Körper mitarbeiten. Wow, ich komme meinem Ziel immer näher und mir gelingt es sogar, eine große Kurve zu drehen. Was will Tim, ich soll für ein Foto lächeln? Das

war’s mit meiner Konzentration. Ich verliere das Gleichgewicht und springe schweißgebadet und happy ab.

Was für ein Spaß! Es ist nie zu spät, etwas Neues zu lernen.

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Carminas andalusischer Kartoffelsalat Carmina liebt es, zu kochen. Sie ist eine gute spanische Freundin und hat uns dieses spannende Rezept beigebracht. Der Salat wird mit Melva, einem makrelenartigen Fisch, der an der andalusischen Atlantikküste gefangen wird, zubereitet. Alternativ kann man auch Thunfisch verwenden. 6-8 mittelgrosse festkochende Bio-Kartoffeln 2 große Orangen ca. 300g Melva oder Tunfisch aus der Dose (in Öl) 1 rote Zwiebel 100ml bestes Olivenöl Meersalz und frisch gemahlener Pfeffer Glatte Petersilie zum Dekorieren

Kartoffeln gründlich waschen und in Salzwasser zum Kochen bringen. Orangen filetierenden und den Saft des ungenutzten Teils ausdrücken und auffangen. Die Zwiebel in sehr feine Streifen schneiden. Nach etwa 20 Minuten Kochzeit die Kartoffeln abgießen und leicht abkühlen lassen, danach vierteln und in eine Salatschüssel geben. Orangensaft, Olivenöl, Zwiebeln hinzugeben, mit Salz und Pfeffer abschmecken und vorsichtig durchmengen. Nach einer Weile die Fischstücke und Orangenfilets dazugeben und nochmals vorsichtig durchmengen. Die Salatschüssel abdecken und 1-2 Stunden kaltstellen. Auf Tellern servieren und mit grob gehackter Petersilie dekorieren. Ergibt 4 Portionen. ¡buen provecho!

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Suchend Es kommt uns vor, als hätten wir etwas verloren. Etwas, das wir am

Die Welt um uns herum ist voller Mängel und gleichzeitig voller

Anfang unserer Reise noch hatten – Neugier und Leidenschaft für die

Schönheit. Unser Fokus bestimmt unsere Realität und letztendlich, wie

Dinge, die vor uns lagen. Alles war spannend und aufregend, aber jetzt,

wir diese wahrnehmen. Was sind die Dinge, auf die wir uns konzentrie-

so scheint es, hat sich das verändert.

ren wollen? Was soll uns in Erinnerung bleiben? Das ist eine Entscheidung, die wir aktiv und bewusst treffen können, und zwar jeden Tag aufs

Unsere Situation ist die Gleiche. Wir reisen und sind umgeben von

Neue.

so vielen neuen und positiven Dingen. Unser Augenmerk richtet sich stattdessen auf schlechtes Wetter, geschlossene Türen und verpasste und nicht genutzte Möglichkeiten. Wir sind unaufmerksam und blind für die

Offen zu sein, in allem etwas Positives und Spannendes zu sehen, ist das, was wir wieder finden möchten.

kleinen Wunder, die uns täglich umgeben. Wir versuchen uns zu erinnern, an all die schönen Erlebnisse der letzten Zeit, um herauszufinden, was es war, das den Augenblick so besonders gemacht hat.

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ANTWORTEN FINDEN “Wenn du eine weise Antwort verlangst, musst du vernünftig fragen.”

Johann Wolfgang von Goethe

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Carpe diem Wir haben keine Zeit zu verschwenden. Die Verabredung, die wir haben,

Seitdem beginnen wir fast jeden unserer Tage so wie den heutigen.

ist immer pünktlich und wird nicht auf uns warten. Das Auto schließen

Luft, Weite und Freiheit – das erleben wir jeden Morgen, wenn wir die

wir ab und lassen es auf dem kleinen, von Lehmmauern eingegrenzten

Tür unseres mobilen Zuhauses öffnen und nach draußen treten. Es ist

Stellplatz zurück. Noch ist es dunkel, aber jede Minute, die vergeht, lässt

die Zeit, den Tag, der vor uns liegt, zu begrüßen. Wir gehen los und mit

es ein wenig heller werden. Der Sand unter unseren Füssen gibt bei

jedem Schritt, den wir machen, schütteln wir unsere Müdigkeit ab. Unse-

jedem unserer Schritte nach, was den Anstieg, der vor uns liegt, mühsam

re Gedanken richten sich auf das, was vor uns liegt. Was gibt es heute zu

macht. Bei einer kleinen Rast sehen wir, wie unser Atem kleine, weiße

entdecken? Was macht uns glücklich und dankbar? Wie können wir den

Wolken bildet – gut, dass wir uns warm angezogen haben. Noch sind wir

heutigen Tag zu einem besonderen Tag machen?

nicht am Ziel angekommen und wir müssen uns beeilen. Die kleinen, rosa leuchtenden Wolken am Himmel sagen uns, dass es nicht mehr

Auf diese Fragen wollen wir täglich Antworten finden.

lange dauert, bis die Sonne aufgeht. Gerade als wir die höchste Stelle der Düne erreichen, können wir schon die ersten Lichtstrahlen sehen. Schweigend stehen wir nebeneinander und betrachten, wie das orange Licht langsam die Gipfel der anderen Dünen aufleuchten lässt. Wir sind froh, hier zu sein, und nehmen die Schönheit des Augenblicks in uns auf. In den letzten Monaten hat sich viel getan. Als wir uns im November entschlossen hatten, Antworten auf unsere vielen Fragen zu finden, sind wir zu einem weiteren Abenteuer aufgebrochen. Einem Abenteuer, dessen Ziel es ist, uns selbst besser kennen zu lernen. Bald wurde uns klar, dass wir ein Ziel und eine Aufgabe brauchen. Einfach nur Zeit und viele Möglichkeiten zu haben, ist nicht genug, wenn wir diese nicht nutzen.

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SÜDSPANIEN – COSTA DEL SOL Wir fahren nach Westen, vorbei am Felsen von Gibraltar bis kurz vor

Nach der Abreise von Tims Eltern treten wir zum Spanischunterricht

Marbella. Tims Eltern haben hier ein Haus, in dem Sie einen Teil des Jah-

an. Wir wollen jeden Tag nutzen, um etwas Neues zu lernen. Morgens

res verbringen. Wir parken unseren Camper vor der Garage und schlie-

stehen wir früh auf, machen einen kurzen Spaziergang, frühstücken und

ßen ihn an das Stromnetz an. Das erste Mal seit Monaten haben wir die

fahren dann mit unseren Fahrrädern auf der Uferpromenade bis nach

Möglichkeit, die Annehmlichkeiten eines Hauses zu nutzen. Ein richtiges

Marbella. Hier haben wir täglich drei Stunden Spanisch bei Lydia, die

Bad und eine große Küche haben schon etwas für sich. Dennoch haben

uns mit ihrem unverwechselbaren Humor immer wieder zum Lachen

wir auf unserer Reise nichts vermisst – außer einem Backofen, einem

und Lernen bringt. In den zwei Unterrichtswochen macht die Costa del

gemütlichen Sofa, auf dem wir beide Platz haben, und einer Toilette, die

Sol – die Sonnenküste – ihrem Namen alle Ehre. Obwohl es schon Mitte

wir spülen und danach vergessen können.

Dezember ist, haben wir perfektes Wetter mit tiefblauem Himmel und konstantem Sonnenschein, der das Thermometer tagsüber auf bis zu 20

Abseits der dicht bebauten und verkehrsreichen Küste gibt es hier

Grad Celsius klettern lässt. Auf dem Heimweg vom Spanischunterricht

vieles zu entdecken – typische weiß gekalkte andalusische Dörfer, Stau-

machen wir Rast in einem der vielen Restaurants, testen dort unsere

seen, atemberaubende Schluchten und unberührte Natur. Nur ein paar

neuen Sprachkenntnisse, essen ein paar Tapas und genießen die Aus-

Kilometer landeinwärts befinden wir uns inmitten karger Berge – über

sicht über das Meer. In der Ferne sehen wir bis zum Felsen von Gibraltar,

uns kreist ein Adler und die milde Bergluft riecht nach wilden Kräutern.

und dahinter können wir sogar schon Afrika erkennen – unser nächstes

Dazu kommt noch die fantastische Aussicht, die wir ganz für uns alleine

Ziel.

haben. Jede Menge Gründe also, uns auf unsere Fahrräder zu setzen und die schöne und unverdorbene Natur zu erkunden.

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Eine Dehesa im Südwesten Andalusiens – ein für die Gegend typischer Eichenhain. Dazwischen entdecken wir immer wieder schwarze iberische Schweine, die sich von den Eicheln ernähren. Der luftgetrocknete Edelschinken dieser Rasse ist eine berühmte spanische Spezialität.

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Die Bar eines Restaurants bei Jimena de la Frontera. Während wir uns auf der Terrasse von der Sonne wärmen lassen, bereitet uns der Ober einen Café con Leche zu.

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Casares – eines der schönsten Bergdörfer im Hinterland der Costa del Sol. Die weißen Häuser schmiegen sich an die steilen Berghänge und schon von der Ferne sieht man das Dorf in der andalusischen Sonne leuchten.

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Beim Durchstreifen des Bergdorfes Castellar de la Frontera finden wir in den engen und steilen Gassen schĂśne Details, die es wert sind, fotografiert zu werden.

Am Ende jeder Gasse in Castellar de la Frontera wartet eine Ăœberraschung. Hier ein Stillleben mit Blumen und jungen Katzen.

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Eine Korkeiche auf dem Weg nach Casares. Dieser Baum wurde erst vor kurzem gesch채lt und die verbleibende d체nne Korkschicht ist intensiv rot gef채rbt. Eine einzelne Eiche kann 체ber ihre Lebensspanne 100 bis 200 Kilogramm Kork produzieren.

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Hier werden die geernteten Korkrinden gelagert, sp채ter zerschnitten und zu Paketen geschn체rt. Von wie vielen B채umen der Kork auf dem Foto wohl stammt?

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Embalse del Conde de Guadalhorce – einer der drei Seen im Parque Ardales, der im Nordwesten Malagas liegt. Das Wasser wird hier künstlich aufgestaut und sichert einen Teil der Strom- und Wasserversorgung der Costa del Sol. Die Gegend ist touristisch wenig erschlossen und eine schöne Abwechslung zur verbauten Mittelmeerküste.

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El Chorro. Der Rio Guadalhorce schlängelt sich durch eine vier Kilometer lange Schlucht, die bis zu 400 Meter tief und nur 10 Meter breit ist. Die steilen Felswände sind besonders bei Kletterern beliebt.

Paraje Natural Torcal de Antequera. In den Bergen des Nationalparks gibt es Steinböcke und wir freuen uns, diesen geschickten Tieren beim Klettern zusehen zu dürfen.

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Puerto Banús. Der exklusive Jachthafen in der Nähe von Marbella ist ein beliebter Treffpunkt des Jetsets. Vom kleinen Motorboot bis zur 70 Meter langen Luxusjacht mit Hubschrauberlandeplatz ist hier alles zu finden. Die Liegegebühren sollen bis zu einer halben Million Euro pro Quadratmeter betragen.

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Der Blick vom Mirador del Estrecho, dem Aussichtspunkt auf die Meerenge von Gibraltar. Der Berg Jebel Musa, der zum Rif-Gebirge im nordafrikanischen Marokko gehÜrt, scheint zum Greifen nah zu sein. An der engsten Stelle beträgt die Distanz zwischen den beiden Kontinenten nur 15 Kilometer.

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¿QUE TAL?

¡Muy bien gracias! ¿Y tú? So beginnt der Unterricht jeden Morgen. Wiederholung gibt Sicherheit. Tim und ich haben uns entschlossen, zwei Wochen Spanischunterricht zu nehmen. Jeden Tag drei Stunden, die wir uns teilen und in denen jeder vom Unterricht des anderen profitiert. Tim hat einen Vorteil, er hat als Kind vier Jahre in Spanien gelebt – für mich ist es eine komplett neue Sprache.

Lydia, unsere Spanischlehrerin, ist klasse. Mit einem Strahlen im Gesicht, immer zum Lachen be-

reit und mit viel Geduld bringt sie uns ihre Sprache näher. Bei strahlendem Sonnenschein radeln wir jeden Morgen an der Hafenpromenade nach Marbella, um Lydia zu treffen. Der Unterricht

ist sehr intensiv und der Schwerpunkt liegt darauf, zu sprechen und sich mitzuteilen. Wir beide sind mit Spaß und Konzentration dabei. Wenn nach drei Stunden der Unterricht vorbei ist,

gehen wir erschöpft in die nächste Tapas-Bar, um das Gelernte sacken zu lassen. Ich nutze

die Gelegenheit und bestelle auf Spanisch. Nach unserer wohlverdienten Mittagspause fahren wir nach Hause, wo wir uns wenig später an die Hausaufgaben machen. Anstrengend, aber schön!

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Brokkoli mit Parmesan und Olivenöl Beim Spanischunterricht haben wir uns viel über Essen unterhalten. Unsere Lehrerin Lydia hat uns von einem ihrer Lieblingsgerichte vorgeschwärmt. Es ist ein frisches und leichtes Gericht, das wir in unser Repertoire aufgenommen haben. 300 g Brokkoli Saft einer halben Zitrone 3 Esslöffel bestes Olivenöl 1 Handvoll Pinienkerne Parmesan Salz & Pfeffer

Den Brokkoli in gleichgroße Röschen teilen. Die holzigen Enden des Stiels entfernen und den Rest in grobe Stücke schneiden. Den Brokkoli kurz in Salzwasser garen. In der Zwischenzeit die Pinienkerne vorsichtig in einer Pfanne anrösten. Den gerade noch bissfesten Brokkoli abgießen und die Röschen auf Teller verteilen. Mit Olivenöl und Zitronensaft beträufeln und mit den Pinienkernen dekorieren. Mit grobem Meersalz und frisch gemahlenem Pfeffer würzen und abschließend Parmesan darüber hobeln. Mit getoastetem Weißbrot servieren. Ergibt 2 Portionen. ¡buen provecho!

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MAROKKO Nach anfänglichem Zögern, Verspätungen und einer stürmischen

gut, dass wir einige Wochen bleiben. Zwischendurch fahren wir immer

Überfahrt sind wir endlich in Afrika angekommen. Im spanischen Ceuta

wieder nach Agadir, machen Ausflüge in der Region, besuchen Essaouira

benötigen wir zwei Stunden, um die chaotische Grenze nach Marokko zu

und Marrakesch. Auf den ersten Blick erscheint uns vieles in Marokko

überqueren. Es ist schon spät, als wir als einzige Gäste auf einem Cam-

einfach und ärmlich. Viele Dinge, die wir als zu alt und nutzlos betrach-

pingplatz bei Tanger einchecken. Wir fühlen uns ein wenig unsicher, und

ten, werden hier auf geniale Weise zu neuem Leben erweckt und nutzbar

nachts rüttelt der Sturm kräftig an unserem Auto.

gemacht. Uns wird bewusst, wie verwöhnt wir sind und wir beginnen die vielen Dinge, die uns selbstverständlich geworden sind, mehr zu

Aufgrund des scheußlichen Wetters beschließen wir, so schnell wie

schätzen.

möglich in den Süden zu fahren, denn dort soll es etwas besser sein. Unsere Route führt uns vorbei an vollständig überschwemmten Land-

Nach sechseinhalb Wochen an der Atlantikküste machen wir uns auf

strichen. Bei Essaouira ist die Küstenstraße nach Agadir überschwemmt

den Weg ins Landesinnere. Unsere Fahrt führt uns vorbei an Palmen und

und wir sind gezwungen, einen abenteuerlichen Umweg über das

Mandelhainen, Wohnburgen aus Lehm, atemberaubenden Schluchten

Landesinnere zu nehmen. Als wir endlich auf dem Campingplatz in

und wüstenähnlichen Landstrichen. Nach einigen Tagen erreichen wir

Agadir ankommen, ist es bereits dunkel. Es ist Heiligabend, aber wir sind

die goldenen Sanddünen der Erg Chebbi im Osten Marokkos. Nach einer

erschöpft und wollen nur noch eines: schlafen.

Wüstenwanderung und einem leckeren Tajine-Gericht legen wir uns zufrieden schlafen. Am nächsten Tag fahren wir nach Norden und unser

Am nächsten Morgen sehen wir, welche Verwüstungen der Sturm

Weg führt uns über mehrere Passstraßen, wo wir das erste Mal auf un-

der letzten Tage angerichtet hat. Dass wir es trotz widrigster Umstände

serer Reise eine durchgehende Schneedecke sehen. In Fes besuchen wie

bis hier geschafft haben, macht uns Mut, weiter zu reisen. Noch am glei-

die berühmte mittelalterliche Medina und verlieren uns dabei mehrfach

chen Tag fahren wir nach Imessouane, wo wir uns auf einem staubigen

im Labyrinth der engen Gassen. Noch weiter im Norden verbringen wir

Campingplatz einrichten. Das kleine Fischerdorf ist nicht vom Tourismus

zwei Tage in Chefchaouen, der bekannten blauen Stadt am Fuße des Rif-

verdorben und bietet fantastische Surfmöglichkeiten. Es gefällt uns so

Gebirges, bevor wir Afrika nach exakt zwei Monaten wieder verlassen.

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Transport auf althergebrachte Art. Kaum haben wir die marokkanische Grenze überquert, sehen wir an den Straßenrändern Esel und Maultiere, die als universelles Transportmittel verwendet werden.

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n den letzten Tagen hat es extrem starke Regenfälle gegeben. An der Küste ist kein Durchkommen in Richtung Süden und so nehmen wir eine Route über das Landesinnere. Wir haben Glück, dass wir den angeschwollenen Fluss südlich von Chichaoua überqueren können. Es ist der 24. Dezember, wir kommen nur langsam voran und hoffen, es irgendwie noch bis nach Agadir zu schaffen.

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Imessouane – ein kleines Fischerdorf nördlich von Agadir. Die Wellen in der dortigen Bucht sind so lang, dass man über eine Minute auf ihnen surfen kann. Auf einem kleinen Campingplatz nisten wir uns für mehrere Wochen ein. Es gibt hier zwar nur das Nötigste, aber dafür ist der Ort vom Massentourismus verschont geblieben – das macht ihn für uns besonders attraktiv.

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Imesouanne Wir sind da, endlich haben wir es geschafft! Nach drei abenteuerlichen Reisetagen mit sintflutartigen Regenfällen, Sturm und überschwemmten Straßen sind wir endlich in Imessouane angekommen. Kaum haben wir uns auf dem kleinen Campingplatz eingerichtet, werden wir auf Österreichisch begrüßt. „Wir haben euch schon in Südspanien gesehen!“ sagen die beiden und stellen sich als Christoph und Tanja vor. In den nächsten Tagen lernen wir das Paar näher kennen. Wir erfahren, dass sie während des Sommers in Wien auf einem Campingplatz arbeiten, und sobald die Saison endet, machen sie sich auf den Weg in den Süden. Beide reisen leidenschaftlich gerne und haben unterwegs schon unglaublich viel erlebt. Erstaunt erfahren wir, dass sie mit einem roten Fiat Panda Afrika durchquert haben und in Kapstadt einen Frachter-Kapitän dazu überredeten, sie und das kleine Auto wieder nach Europa zu bringen. Geschichten wie diese erzählen sie uns in einem Nebensatz und so, als ob das nichts besonderes sei. Beide leben und reisen mit sehr begrenztem Budget. Um unnötige Kosten zu vermeiden, wird alles, was sie haben, perfekt in Schuss gehalten. „Uns genügt es, nur wenige Dinge zu besitzen, solange wir so leben können, wie wir wollen!“ erklärt Christoph. Vor drei Jahren hat sie die Surfleidenschaft gepackt; seitdem kehren sie jeden Winter nach Imessouane zurück. „Hier ist das Leben unverdorben und der Winter lässt sich gut aushalten!“ sagt Tanja. Im Schlepptau der beiden lernen wir, wo in Imessouane das Brot am frischesten ist, wo die Linsen am besten schmecken und wo sich am besten einkaufen lässt.

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Wochenmarkt in Aourir. Obst und Gemüse werden auf dem Boden liegend verkauft, was den Händlern Standgebühren erspart. Obwohl alles sehr einfach ist, legen die Verkäufer großen Wert auf die Präsentation ihrer Waren. Stets wird darauf geachtet, dass alles sauber und ordentlich aussieht.

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Fleischhändler in Aourir. Fleischkauf ist in Marokko anscheinend Männersache. Außerdem ist es wichtig, dass das Fleisch von männlichen Tieren stammt. Als Nachweis wird immer der Hoden des Tieres ausgestellt.

Bananenhändler in Aourir. Die Früchte stammen von lokalen Plantagen und sind außergewöhnlich süß und aromatisch. Hier decken wir uns mit Proviant für die Fahrt ein.

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An der Stadtmauer in Essaouira. Ein Einheimischer füttert die Möwen; er trägt eine typische Jellaba (ein weites marokkanisches Gewand). Das Einzige, das nicht so recht ins Bild passt, ist seine coole Sonnenbrille.

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Wir wussten nicht, dass Ziegen auf Bäume klettern können. Die Früchte des Arganbaums, der nur im Südwesten Marokkos wächst, schmecken den Ziegen so gut, dass sie keine Mühen scheuen, um bis in den Baumwipfel zu steigen.

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Der Innenhof des Palais Bahia. Bei seinem Bau Ende des 19. Jahrhunderts wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Edelste Materialien, Fliesen, Marmor und Zedernholz, wohin wir auch blicken.

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Für jede Ware gibt es einen eigenen Souk. Im Souk der Färber dreht sich alles um das Färben von Textilien. Alle Händler bieten in etwa das Gleiche an und präsentieren ihre Produkte ähnlich. Wo kauft man am besten?


Djemaa el Fna – der zentrale Marktplatz von Marrakesch. Tagsüber ist er so gut wie leer, aber an den Abenden erwacht der Platz zum Leben. Dann wird er zum Schauplatz für Gaukler, Schlangenbeschwörer, Musiker und die vielen Verkaufsstände, an denen kulinarischen Spezialitäten angeboten werden. Wir beobachten das bunte und laute Treiben, während uns die Gerüche marokkanischer Köstlichkeiten das Wasser im Mund zusammen laufen lassen.

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Unterwegs im Souss-Tal – Arbeiter auf dem Weg nach Agadir. Lastwagen werde als universelles Transportmittel verwendet. Egal ob große Lasten, Tiere oder Menschen, es wird auf den Wagen gepackt, was Platz findet, und häufig alles gleichzeitig.

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Mercedes 200D – das meist verbreitete Taxi Marokkos. Diese Autos fahren im ganzen Land herum und transportieren dabei bis zu 6 Passagiere. Viele der Fahrzeuge sind uralt und haben mehr als 1.000.000 Kilometer zurßckgelegt.

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Aït-Ben-Haddou – am Fuße des hohen Atlas. Das befestigte Dorf besteht aus sechs verschachtelten Kasbahs, die in traditioneller Lehmbauweise errichtet wurden. Die Wohnburgen sind vom Verfall bedroht, da die Gebäude aus Lehm einen großen Pflegeaufwand erfordern. Das Dorf diente schon in vielen internationalen Filmproduktionen als Kulisse und wurde für die Dreharbeiten immer wieder restauriert.

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Das Dades-Tal. Der Fluss Dades zwischen dem Hohen Atlas und der Djebel Sarhro-Gebirgskette, sorgt in der w端stenartigen Region f端r eine kontinuierliche Wasserversorgung. Entlang des Flusslaufes liegen einige Oasen und dank des Wassers kann dort Landwirtschaft betrieben werden.

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Das Stadttor Bab Ben Djalloud in Fés. Die Medina der einstigen Königsstadt ist seit dem Mittelalter fast unverändert geblieben. Ohne einen Führer wagen wir uns in das Gassengewirr – und verirren uns mehrfach.

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Die Gassen sind so eng, dass nur lebende Transportmittel genutzt werden können: Esel, Maultiere und Menschen tragen alle Lasten, die in der Altstadt bewegt werden müssen.


Leder wird in Fés auf traditionelle Art gegerbt und gefärbt. Die Gerbereien sind eine Touristenattraktion. Die angrenzenden Ledergeschäfte werben mit der besten Aussicht auf die Gerbbecken und verlangen dafür einen kleinen Obolus. Während wir fotografieren und den betörenden Gestank des Gerbprozesses in uns aufnehmen, bereiten sich die Händler schon auf den Verkauf der lokalen Lederwaren vor – alles ganz natürlich ...

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Chefchaouen – die blaue Stadt am Fuße des Rif-Gebirges. Die einst vom andalusischen Baustil mit weiß gekalkten Häusern geprägte Stadt hat seit Anfang des letzten Jahrhunderts eine neue Farbe erhalten. Der gesamte alte Stadtkern erstrahlt heute in vielen verschiedenen Blautönen. Die Farbe schützt vor dem bösen Blick, das glauben auf jeden Fall die Menschen hier. Für uns ist es einfach nur wunderschön anzusehen.

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Foto mit blauer T端r No. 57. Im Ort gibt es so viele blaue T端ren, Pforten, Fenster und andere fotogene Details, dass wir den Versuch, alles zu dokumentieren, irgendwann aufgegeben haben.

In Chefchaouen ist alles Blau und in jeder Gasse erwarten uns neue Farbnuancen.

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WÜSTENEXKURSION

Es ist unglaublich still. Selbst unsere eigenen Worte klingen irgendwie gedämpft. Die Wolken über uns haben einen eigenartigen rosa Schimmer, es ist der Widerschein des gelborangen Wüsten-

sandes, der die langsam ziehenden Wolken einfärbt. Wir fühlen uns wie Kinder in einem riesigen Sandkasten und jetzt ist Zeit zu spielen. So schnell wir können, laufen wir die Dünen hinauf

und wieder hinunter. Angst zu fallen oder zu stolpern haben wir nicht – im Gegenteil, wir legen es regelrecht darauf an. Nachdem wir uns ausgetobt haben, setzen wir uns erschöpft auf den

Kamm einer großen Düne und nehmen uns die Zeit, unsere Umgebung zu bewundern. Schon bald

haben wir Lust, neue Dinge auszuprobieren. Ich wollte immer schon mal testen, ob ich die Kraft habe, Christina zu stemmen. Jetzt ist die ideale Gelegenheit. Nach einigen, von Lachkrämpfen

vereitelten Fehlversuchen, klappt es tatsächlich, wenn auch nur für ein paar Sekunden. Die Zeit

vergeht wie im Flug, und schon bald steht die Sonne tief über dem Horizont. Die Schatten der Dünen werden länger und das warme Licht lässt den Sand jetzt intensiv orange leuchten. Bald

kommen hellrote und sogar purpurne Farbnuancen dazu. Es ist ein wunderbares Naturschauspiel, das wir hier miterleben dürfen.

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Tagine mit Fisch An jeder Straßenecke in jedem noch so kleinen Dorf gibt es sie frisch zubereitet. Nach unserer ersten Tajine steht fest: Wir brauchen auch so einen Tajinetopf. Im nächsten Dorfladen werden wir fündig und kaufen einen, für weniger als drei Euro. 4 EL gehackte glatte Petersilie 50 ml Olivenöl 1 TL Paprikapulver & einige Safranfäden ½ TL gemahlener Ingwer 1 Zitrone 2 Fischfilets je ca. 150 g 2 größere Tomaten, enthäutet und grob gehackt 1 Knoblauchzehe, gehackt ½ TL gemahlener Kreuzkümmel Salz & frisch gemahlener schwarzer Pfeffer 2 Kartoffeln, geschält und in dünne Scheiben geschnitten 1 Zwiebel, in dünne Scheiben geschnitten 1 EL eingelegte Zitronen, gewürfelt Einige grüne Oliven, entsteint

In einer Schüssel Petersilie, Olivenöl, Paprikapulver, Safran, Ingwer und den Saft einer halben Zitrone sorgfältig verrühren. Den Fisch in die Marinade geben und 1 – 2 Stunden kaltstellen. In einer weiteren Schüssel die Tomaten mit Knoblauch und Kreuzkümmel würzen, salzen und pfeffern. Die Tajine mit einer Schicht Kartoffeln auskleiden. Die Kartoffeln mit den Zwiebelscheiben belegen und die gewürzten Tomaten darüber verteilen. Zugedeckt bei Mittelhitze etwa 15 Minuten köcheln lassen, bis die Kartoffeln weich sind. Dann die Fischfilets auf das Gemüse legen, die eingelegten Zitronenwürfel darüber verteilen und mit der restlichen Marinade übergießen. Jetzt die Oliven dazugeben. Zugedeckt etwa 10 Minuten schmoren, bis der Fisch gar ist. Mit Petersilie garnieren und in der Tajine servieren. Frisches Fladenbrot dazu reichen. Ergibt 2 Portionen.

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Einfachheit Im Halbdunkel steht er vor uns. Die einfache Kochstelle ist genauso

Erschöpft vom morgendlichen Surfen blicken wir auf das türkisblaue

überholungsbedürftig wie sein Gebiss, das er uns mit breitem Lächeln

Meer hinaus und lassen uns unsere Linsen schmecken. Es gibt nichts

zeigt. Wir bestellen das einzige Gericht, das er im Angebot hat, bezahlen

auszusetzen und nichts zu verbessern. Wir sind rundum zufrieden und

und nehmen vor dem Eingang des Lokals auf ein paar ungleichen und

glücklich.

brüchigen Plastikstühlen platz. Im kleinen marokkanischen Fischerdorf Imessouane lernen wir Nach wenigen Minuten kommt unser Essen – ein Linseneintopf, der

Einfachheit von einer neuen Seite kennen. Beinahe täglich haben wir

uns auf einfachen Tellern serviert wird. Dazu gibt es ein paar Fladenbro-

Erlebnisse, die unser Verständnis von materiellem Besitz ins Wanken

te, eine Schale mit Salz und eine schmierige Plastikdose mit gemahle-

bringen. Was brauchen wir wirklich, um glücklich zu sein?

nem Kreuzkümmel. Unsere Löffel hat der freundliche Linsenmann extra an seiner Schürze abgewischt. Er gibt sich alle Mühe, uns einen guten

Seit wir unseren Besitz auf nur wenige Kubikmeter reduziert haben,

Service zu bieten, aber seine Unbeholfenheit lässt uns vermuten, dass

ist vieles einfacher geworden, wie z. B. der gründliche Hausputz unseres

wir die einzigen ausländischen Gäste sind, die sein Lokal regelmäßig

Campers. Alles, was wir besitzen, verlangt uns kontinuierlich einen ge-

besuchen. Zu uns gesellen sich ein paar streunende Katzen, die begierig

wissen Aufwand ab – in Form von Geld, Zeit oder Einsatz. Je höher unser

auf ein paar Essensreste hoffen.

Lebensstandard ist, desto größer der damit verbundene Aufwand.

Verglichen mit dem, was wir aus Europa kennen, lässt sich unser Lokal nur mit viel Toleranz als einfach und idyllisch beschreiben. Es sieht

Weniger kann also wirklich mehr sein. Was für ein bereichernder Gedanke!

in keiner Weise aus wie ein Ort, an dem man sich besonders schöne Urlaubsmomente ausmalen würde. Und doch erleben wir hier genau das.

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ZURÜCK IN UNSERE ZUKUNFT “Das Leben ist zu kurz, um klein zu sein.”

Benjamin Disreali

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Abschied und Neubeginn Serpentinen – unser Auto muss sich anstrengen. Das Mittelmeer haben

Was derzeit feststeht, ist nur, dass wir in zwei Monaten wieder

wir vor kurzem hinter uns gelassen. Jetzt folgen wir dem Fluss Trebbia,

in Schweden sein und uns eine Wohnung suchen wollen. Und im Juli

der sich türkisfarben durch die gerade grün werdenden Berghänge

werden wir unseren Job wieder antreten. Bis dahin haben wir noch viel

schlängelt. Kühl ist es. Seit ein paar Tagen sind wir auf dem Weg in

vor. Die verbleibende Zeit möchten wir vor allem nutzen, um sie mit

Richtung Norden, und obwohl wir schönes Wetter haben, wird es jeden

Freunden und Familie zu verbringen und um unsere Zukunft zu planen.

Tag kälter. Die Sonne scheint nicht mit uns mithalten zu können; es kommt uns vor, als hätten wir den Frühling überholt. Aber vielleicht ist

Die Straße schlängelt sich durch die Berge; wir können immer nur

unsere Wahrnehmung von den vielen Abschieden geprägt: Abschied

einen kurzen Abschnitt vor uns sehen. Aber wir kennen unser Ziel und

vom Süden, von der Wärme, vom Meer und von Freunden, die wir lieb

das lässt uns entspannen. Wir beginnen die Abwechslungen und Eindrü-

gewonnen haben.

cke zu genießen, immer offen und neugierig für das, was uns hinter der nächsten Kurve erwartet.

Zehn lange und aufregende Reisemonate liegen hinter uns, in denen wir viel erleben und lernen durften. Jetzt sind wir auf dem Weg nach Hause – zumindest geografisch. Wieder einmal fühlen wir uns wie an einer Weggabelung, an der wir uns für eine Richtung entscheiden müssen. Nach all der Zeit „on the road“ fragen wir uns, wo unser Zuhause ist. Das heißt nicht etwa, dass wir uns verloren oder heimatlos fühlen. Die Frage hat ihren Ursprung in der Gewissheit, dass wir wählen können. Wir sind frei und können dem Wort Zuhause eine neue Bedeutung geben. Wo wollen wir leben, und vor allem, wie wollen wir in Zukunft leben? Das sind die Fragen, die uns durch den Kopf gehen.

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SPANIEN, FRANKREICH UND ITALIEN – DIE MITTELMEERKÜSTE Nachdem wir insgesamt fünf Monate im tiefen Süden Europas und in

In Frankreich lassen wir den Golfe du Lion hinter uns und beeilen

Marokko verbracht haben, ist es jetzt an der Zeit, in den Norden zurück-

uns, an die Côte d‘Azur zu kommen. Einige Tage verbringen wir auf der

zukehren. Die erste Etappe führt uns ostwärts an der Costa del Sol ent-

Halbinsel Giens, die uns mit französischem Flair, azurblauem Wasser

lang. Die auf einer Länge von 300 Kilometern dicht bebaute „Küste der

und konstantem Sonnenschein klar macht, warum diese Gegend so

Sonne“ verspricht 320 Sonnentage pro Jahr und das lockt lichthungrige

beliebt ist. Unsere Reise führt uns weiter landeinwärts, vorbei an den

Nordeuropäer hierher. Zwischen der Straße von Gibraltar und Almeria ist

Ausläufern der Provence mit ihren sanften Hügeln und idyllischen Land-

seit den 60er Jahren ein Ballungs-raum entstanden, der im Vorbeifahren

straßen, bis wir die italienische Grenze erreichen.

einen unschönen Eindruck hinterlassen kann. Östlich von Almeria wird es plötzlich ruhig und die Bebauung nimmt rasch ab. Vor uns liegt die

In Diano Marina an der ligurischen Küste bleiben wir ein wenig.

Halbinsel Cabo de Gata, die uns mit unberührter Natur und türkisblauen

Hier erkunden wir mit unseren Fahrrädern die Gegend und tauchen

Buchten überrascht.

ein wenig in die italienische Lebensart ein. In Andora, das ein wenig weiter im Osten liegt, hat Tim Glück und kann einige Mittelmeerwellen

An der Costa Blanca fahren wir nach Norden und können dabei

surfen. Bei Genua verlassen wir das Mittelmeer und fahren nordwärts

immer wieder landschaftlich schöne Gegenden entdecken. Daneben gibt

bis zum Gardasee, wo wir übernachten. Am nächsten Morgen geht es

es andere „Sehenswürdigkeiten“ wie das einstige Fischerdorf Benidorm

weiter, vorbei an Venedig und von hier in Richtung Österreich. Schon

mit seinen unzähligen Touristensilos, die dicht an dicht in den Himmel

bald können wir die oberitalienischen Alpen vor uns sehen. Nachdem

ragen. An der Costa de Azahar, der Küste der Orangenblüte, beschließen

wir den größten Teil unserer Reise an der Küste verbracht haben, fühlt es

wir eine Pause einzulegen. Auf einem Campingplatz zwischen Orangen-

sich nun seltsam an, das Meer hinter uns zu lassen. Es ist wie der Beginn

hainen bleiben wir ein paar Tage und genießen die milde Luft, die vom

eines neuen Reiseabschnitts, und wir freuen uns auf die Erlebnisse, die

süßlichen Duft der blühenden Bäume geschwängert ist. Unser letzter

noch vor uns liegen.

Stopp in Spanien liegt an der Costa Brava, wo wir das berühmte Tossa de Mar erkunden.

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Cabo de Gata – Spaniens südöstliches Kap. Kurz hinter Almeria weicht die durchgehend bebaute Landschaft der Costa del Sol der unberührten Natur einer Halbinsel, die als Biosphärenreservat ausgewiesen ist. Wohltuend still ist es hier – ein angenehmer Kontrast zur lärmenden Betriebsamkeit an der Küste der Sonne, die wir hinter uns gelassen haben.

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Bei einem Spaziergang begegnet uns eine Herde Ziegen, die nervös zwischen den Agaven herumspringen. Vielleicht hat sie das plötzliche Auftauchen unseres Campingbusses aufgeschreckt.

Die einen Kilometer lange Playa de los Genoveses südlich von San José wird im Sommer gerne zum Baden genutzt. Heute aber liegt sie verlassen unter den tief hängenden grauen Wolken, die über das Meer heranziehen.

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Wir lassen das Meer hinter uns zurück und durchfahren den Naturpark des Cabo de Gata. Überall an den Straßenrändern wächst Klatschmohn und seine rote Farbe bildet einen schönen Kontrast zum Grün, das die winterlichen Regenfälle hervorgebracht haben.

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Benidorm – aus unserer Sicht der eindeutige Sieger des nationalen Bausünden-Wettbewerbs. Das einstige Fischerdorf machte sich in den 60er Jahren daran, Hochhäuser und Hotels für den Massentourismus zu errichten. Das Resultat: Die größte Hochhausdichte in Relation zur Einwohnerzahl weltweit!

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Bei Jávea verbringen wir ein paar Tage auf einem Campingplatz, der inmitten von Orangenhainen liegt. Heimlich pflücken wir zwei Orangen, müssen aber feststellen, dass die Früchte total sauer und unreif sind.

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Neben Orangen- gibt es hier auch viele Mandelhaine. Die dicht behaarten Steinfrüchte sind noch ganz jung und es wird noch ein paar Monate dauern, bis sie geerntet werden können.


Tossa de Mar an der Costa Brava ist ein katalanisches Seebad, das vor allem im Sommer gerne besucht wird. Der kleine Ort liegt in einer von steilen Klippen gesäumten Sandbucht. Marc Chagall, der das Dorf in den 30er Jahren besuchte, nannte es „Das blaue Paradies“.

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Cervo in der Provinz Imperia an der ligurischen Küste Italiens. Die an einem steilen Hang gelegene mittelalterliche Stadt lässt sich nur zu Fuß erkunden, da die kleinen Gassen und Straßen für Autos ungeeignet sind.

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Auf einer Fahrradtour in das ligurische Hinterland entdecken wir Diano Castello. Das befestigte Dorf wurde im 10. Jahrhundert zur Verteidigung gegen einfallende arabische Piraten erbaut.

WunderschĂśne Details gibt es Ăźberall in Diano Castello zu finden. Uns gefallen vor allem die verwaschenen, pastellfarbenen Fassaden und die vielen Steinmuster, die das Pflaster der engen Gassen schmĂźcken.

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Surf Café „Due cappucci, per favore“. Lächelnd nimmt der Barista unsere Bestellung auf, und schon fängt die Kaffeemühle lautstark zu arbeiten an. Kurz darauf wird auch die Espressomaschine zischend in Gang gesetzt. Das Surf Café „Single Fin“ in Andora an der Ligurischen Riviera erscheint ein wenig wie ein Direktimport aus Kalifornien. Unter der Decke hängen etwa ein Dutzend Surfboards, die meisten davon typisch amerikanische Longboards mit nur einer Finne – Single Fins eben, wie es der Name des Cafés verspricht. Wir nehmen auf der Terrasse des kultigen Lokals Platz und kurz drauf bringt uns der Barista unseren Cappuccino. Wir fragen nach den Surfbedingungen für die nächsten Tage und bekommen einen ausführlichen Bericht. „Gestern war es gut und übermorgen kann man wahrscheinlich auch wieder surfen!“ erklärt der Barista. „Der Surfspot liegt gleich vor unserem Café auf der anderen Seite der Straße; hier gibt es an über 100 Tagen im Jahr Wellen!“ Heute müssen wir uns mit einem leckeren Cappuccino begnügen, denn das Mittelmeer ist so ruhig wie ein Gartenteich. Zwei Tage später haben wir mehr Glück und können einige schöne Wogen abfahren. Als wir das Wasser verlassen, sehen wir unseren freundlichen Barista ins Meer eilen; unter dem Arm trägt er eines der Bretter, die wir neulich unter der Decke des Cafés hängen sahen. Einen Surfspot direkt vor der Haustüre zu haben, könnte uns auch gefallen.

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Jetzt bleibt das Mittelmeer endgültig hinter uns zurück und vor uns liegen die Alpen Oberitaliens. Das Schmelzwasser der Berge fließt türkisfarben durch das Flussbett des Tagliamento, der als einer der letzten Wildflüsse der Alpen gilt.

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DEN WIND IN DEN OHREN

Okay, los geht’s. Am Anfang ist es immer etwas ungewohnt, aber dann fühle ich mich schnell wieder sicher auf den acht Rollen. Der Asphalt ist glatt und ich rolle dahin. Tim fährt vor mir, er hat viel mehr Übung und Erfahrung als ich und ich freue mich, ihm zuzusehen. Elegant, gekonnt und gelassen sieht er aus. Sexy finde ich ihn auch, wie er sich geschmeidig vor mir bewegt.

Plötzlich, mitten in der Fahrt, dreht er sich um, bremst dadurch etwas ab und fährt rückwärts

weiter. Er möchte sehen, wie es mir ergeht, ob ich mich sicher fühle, und natürlich auch zeigen, wie gut und sicher er fährt. Jetzt gebe ich Gas und ziehe an ihm vorbei. Die Straße ist leer, ich habe freie Fahrt und werde immer schneller. Der Fahrtwind rauscht in meinen Ohren, mein

Herz pocht, ich bin voller Energie und Freude und genieße die Geschwindigkeit. Ich höre Tim hinter mir; ein Blick über die Schulter und ich weiß, wie viel Vorsprung ich noch habe. Jetzt

gebe ich alles, überholen lasse ich mich nicht gerne. Aber Tim holt weiter auf. Pah, soll er mich doch überholen. Ich bremse etwas ab und hänge mich dann an ihn dran. Jetzt fahren wir im Tandem und ich folge seinen fließenden Bewegungen.

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Ligurische Pasta – Gemelli al pesto fagiolini e patate Was isst man in Ligurien? Pasta mit Pesto. Wir haben es schon so oft gegessen, aber es war uns nicht bewusst, dass es ein typisch ligurisches Rezept ist. Mit Kartoffeln und Bohnen haben wir es hier kennen und lieben gelernt. 400 g kurze Pasta (z.B. Gemelli) 250 g Brechbohnen 250 g Kartoffeln 1 Glas grünes Pesto Pinienkerne Parmesan (nach Belieben)

Kartoffeln schälen und in mundgerechte Stücke schneiden, Bohnen säubern und schneiden, und beide Gemüse zusammen mit etwas Wasser und Salz bissfest garen, danach abgießen. Die Nudeln gleichzeitig in einem zweiten Topf al dente kochen und ebenfalls abgießen, jedoch einige Esslöffel Nudelwasser aufbewahren. Jetzt die Nudeln, das Gemüse, das Pesto und 3-4 Esslöffel des Nudelwassers vorsichtig mischen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. In einer Schüssel mit angerösteten Pinienkernen und gehobeltem Parmesan dekorieren. Ergibt 2 Portionen Buon appetito!

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ÖSTERREICH Eigentlich hatten wir das nicht geplant. Dennoch sind wir jetzt auf

schön, Zeit für Freunde und Familie zu haben, ohne den Druck, bald wie-

einem Campingplatz, auf einer Donauinsel inmitten von Wien. Christina

der abreisen zu müssen. Wir sind dadurch viel entspannter, und das gibt

wollte schon immer die österreichische Hauptstadt besuchen. Gleich-

unserem Zusammenkommen eine neue Qualität. Gemeinsam entdecken

zeitig treffen wir gute Freunde, die wir auf unserer Reise in Marokko

wir das historische Steyr, fahren mit der Steyr-Museumslokomotive. Da-

kennen gelernt haben. Mit dem Fahrrad machen wir täglich Touren und

bei haben wir viel Zeit, von unseren Reiseabenteuern zu berichten und

erkunden viele der Sehenswürdigkeiten, die Wien zu bieten hat. Pom-

zu hören, was sich in dem Jahr verändert hat.

pöse Bauten aus der Kaiserzeit, interessante Architektur, Jugendstil und kulinarische Attraktionen wie der Naschmarkt sind es wert, entdeckt

Der Frühling hält mit voller Kraft Einzug und wir freuen uns über

zu werden. Tagsüber erforschen wir die schöne Stadt und abends sitzen

die Veränderungen, die die Jahreszeit mit sich bringt. Es sprießt und

wir zusammen mit unseren Freunden, essen, trinken ein Glas Wein

grünt überall und die Natur entwickelt sich täglich weiter. Seit letztem

und lassen Erinnerungen unserer Reise aufleben. So vieles haben wir in

Sommer sind wir der Sonne bis nach Marokko gefolgt. Den Wechsel der

den letzten Monaten erlebt und es ist schön, unsere Begeisterung mit

Jahreszeiten haben wir dabei nicht so intensiv wie sonst erlebt. Es war

anderen teilen zu können, die Ähnliches erlebt haben. Hier nimmt auch

schön, einen lang anhaltenden Sommer zu haben, aber jetzt freuen wir

die Idee, ein Buch über unsere Reise zu schreiben, konkretere Form an.

uns, die volle Energie des Frühlings zu spüren. Alles erwacht, wächst und

Nach ein paar Tagen ist es Zeit abzureisen, aber wir nehmen uns vor, uns

verändert sich. Und genauso fühlen auch wir uns nach unserer langen

wieder zu sehen.

Reise.

Von Wien geht es in westlicher Richtung durch den Wienerwald, dem der Frühling ein hellgrünes Kleid verliehen hat. Wir fahren bis Steyr in Oberösterreich, wo wir meine Schwester mit ihrer Familie besuchen. Bei unserer Ankunft haben wir ungewöhnlich schönes und warmes Wetter, welches wir mit einem kleinen Grillfest und kühlem Bier feiern. Es ist

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Das Wiener Riesenrad ist eines der Wahrzeichen der Stadt. Als das Riesenrad am 3. Juni 1897 zum ersten Mal in Betrieb genommen wurde, hatte es noch 30 statt der heutigen 15 Gondeln. Eine Fahrt kostete damals acht Gulden, was etwa einem Viertel des Monatsverdienstes eines Beamten entsprach und damit ein verdammt teurer SpaĂ&#x; war.

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Eine Straßenbahn auf Wiens Ringstraße und das Parlament im Hintergrund. Wir sind mit dem Fahrrad unterwegs und so haben wir die Möglichkeit, in aller Ruhe die vielen Prachtbauten der schönen Hauptstadt zu bewundern.

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Das Hundertwasserhaus – eine der beliebtesten Wiener Sehenswürdigkeiten. Seit 2010 darf es jedoch nicht mehr nur Hundertwasserhaus genannt werden, und da wir hier eine Abbildung des Gebäudes verbreiten, kommen wir hiermit unserer Pflicht nach, auch seinen Architekten und Mitschöpfer Univ.Prof. Dipl.-Ing. Josef Krawina zu nennen.

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Das Secessionsgebäude wird von den Wienern einfach Secession genannt, was in Wien ein Synonym für Jugendstil ist. 1898 wurde es erbaut und seitdem wird hier zeitgenössische Kunst ausgestellt.

Eine der vier Heraklesfiguren am Eingang zum Michaelertrakt der Wiener Hofburg. Die Figur zeigt, wie der Held Herakles den Riesen Antaios von der Erde hob und ihn damit seiner Stärke beraubte.

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Im oberösterreichischen Steyr fließen die Flüsse Steyr und Enns zusammen, was bei Tauwetter und starken Regenfällen immer wieder zu Überschwemmungen führt. Die Entstehung der Stadt ist den Kelten der Eisenzeit, ca. 600 v. Chr., zu verdanken.

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Der historische Stadtkern der so genannten Romantikstadt wird so authentisch wie möglich erhalten. An jeder Ecke finden wir mittelalterliche Häuser, die schön dekoriert sind.

Am 1. Mai nehmen wir an der Eröffnungsfahrt der Steyr-Museumsbahn teil. Die liebevoll restaurierte Dampflok zieht uns durch die wunderschöne Wald- und Auenlandschaft entlang der Steyr.

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AUF IN DEN TAG!

Raus aus dem Bett, fertig machen und los geht’s. Wir begrüßen den frühen Morgen mit einem

zügigen Spaziergang und tanken dabei Energie für den Tag. Unser Kreislauf kommt in Schwung und unsere Lungen füllen sich mit frischer Luft.

Es gibt so vieles zu entdecken. Einen Sonnenstrahl, der durch die Wolken bricht, eine Blume,

die sich gerade öffnet, oder den Grashüpfer, der unseren Weg kreuzt. Wir lassen unsere Gedanken schweifen, genießen das Hier und Jetzt, machen uns gegenseitig aufmerksam auf die

kleinen Naturwunder und sprechen über die Dinge, die wir heute machen und erleben wollen. Un-

sere Vorfreude auf den Tag, der vor uns liegt, wächst. Manchmal frage ich Christina, was heute wohl das schönste Erlebnis sein wird? Oder, worüber wir heute herzhaft lachen werden?

Wenn wir zurückkommen, fühlen wir uns lebendig und erfrischt. So schmeckt das anschließende Frühstück doppelt so gut, und der Tag kann kommen.

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Armer Ritter – Pofesen Wir haben Weißbrot übrig – zu alt und trocken, um es als Frühstücksbrot zu essen. In Österreich gibt es so viele verschiedene Mehlspeisen; hier gibt es doch bestimmt ein Rezept, für das man altbackenes Brot verwenden kann. Wie wäre es mit Armer Ritter oder Pofesen, wie der Österreicher dazu sagt? Wir wandeln das Rezept ein wenig ab – das Brot wird in kleine Stücke zerrupft und wir geben Rosinen dazu. Einen selbst gemachten Vanillejoghurt mit Erdbeermarmelade gibt es dazu. 200 g altbackenes Weißbrot 2 Eier 150 ml Milch 1 EL Zucker (nach Belieben) 1 Handvoll Rosinen (nach Belieben) 1 Prise Zimt 25 g Butter Puderzucker zum Dekorieren

125 g griechischer Joghurt 1 gehäufter EL Vanillezucker 1 TL Zitronensaft Eier, Milch, Zucker und Zimt in einer Schüssel vermischen. Das Weißbrot in mundgerechte Stücke zerpflücken und mit den Rosinen zur Eier-Milch-Mischung geben. Alles gründlich vermengen und danach ein wenig ruhen lassen. Joghurt mit Vanillezucker und Zitronensaft mischen, in eine Schüssel geben und mit einem Klecks Erdbeermarmelade dekorieren. Butter in einer Pfanne schmelzen; sobald sie zu zischen beginnt, die Eier-Brot Mischung dazugeben. Regelmäßig wenden, bis alles gleichmäßig goldbraun ist. Mit Puderzucker bestäuben und mit Vanillejoghurt servieren. Ergibt 2 Portionen. Guten Appetit!

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Rosa Gerade hat es noch geregnet. Dennoch machen wir uns auf den Weg

Ausgerechnet jetzt haben wir keine Kamera dabei. Vielleicht ist

über die nasse Wiese, um auf eine kleine Anhöhe zu gelangen. Dunkle,

das aber auch gut so, denn ein Bild wäre ohnehin nicht in der Lage, den

regenschwangere Wolken ziehen langsam über den Himmel. Die Luft

Augenblick in seiner Tiefe festzuhalten. Manchmal reichen farbenpräch-

ist außergewöhnlich klar und ein intensiv rot leuchtender Horizont ver-

tige Bilder und schöne Worte nicht aus, um zu vermitteln, wie bewegend

heißt das baldige Aufgehen der Sonne und lässt unzählige Tautropfen

Erlebnisse sind.

im Gras rosa funkeln. Überwältigt beobachten wir, wie das Sonnenlicht immer gleißender Unser Blick folgt einer Wolke, die sich unweit von uns ihrer nassen

wird und die fehlenden Farben in den Regenbogen zurück zaubert. Erst

Last entledigt und wir erleben dabei, wie ein Regenbogen entsteht. Kein

jetzt merken wir, dass unsere Schuhe durchnässt sind, und wir beschlie-

ungewöhnliches Ereignis – und dennoch, diesmal ist es etwas ganz

ßen, zu unserem Auto zurückzukehren. Auf dem Weg wächst in uns der

Besonderes. Der sonst so bunte Bogen leuchtet in nur einer Farbe – Rosa.

Wunsch, Erlebnisse wie dieses zu konservieren – für uns selbst, aber

Sprachlos stehen wir da und versuchen zu begreifen, was wir hier erle-

auch, um sie mit anderen zu teilen. Auch wenn dieses Ziel so unerreich-

ben.

bar wie ein rosa Regenbogen ist, wollen wir es trotzdem versuchen.

In diesem Augenblick werden wir Zeugen eines der vielen Wunder, die uns täglich umgeben. Was zunächst nach einem gewöhnlichen Schlechtwettermorgen aussah, verwandelt sich in etwas Außergewöhnliches und wird zu einem Moment, den wir nie vergessen werden. Wunder wie dieses gibt es überall, wir brauchen nur die Augen aufzumachen und unserer Umwelt eine Chance zu geben, zu uns vorzudringen.

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Versuch einer Bilanz Im letzten Jahr haben wir 33713 Kilometern zurückgelegt und fast ebenso

Diesmal jedoch haben wir uns nicht abhalten lassen. Diesmal haben

viele Fotos geschossen. Zurückgekommen sind wir mit viel mehr als nur

wir gewagt, einen ersten Schritt zu tun, und weitere folgten ganz auto-

Bildern. Vieles davon lässt sich nur schwer in Worte fassen.

matisch.

Erträumte Wirklichkeit

Risiken eingehen

Begonnen hat alles mit einer Idee – einem phantastischen Gedanken.

Zurückblickend können wir sagen, dass es sich für uns gelohnt hat ein

Und diesmal haben wir uns nicht zurückhalten lassen, sondern den

gewisses Risiko einzugehen. Dadurch haben wir vieles erlebt. Wir konn-

Gedanken umgesetzt.

ten neue Orte für uns entdecken, haben viel Zeit in der Natur verbracht und durften ihre Wunder und Vielfalt erleben. Wir sind Wellen gesurft, in

Wie häufig haben wir Ideen, die wir gerne verwirklichen würden?

denen wir uns vergessen haben, konnten neue und köstliche Mahlzeiten

Sobald wir beginnen zu träumen, hören wir eine innere Stimme sagen:

genießen, uns in der Sonne vergnügen und spannende Menschen mit

„Das geht nicht, weil ...“. Statt zu überlegen, wie wir unseren Wunsch

unterschiedlichen Lebensstilen und -Philosophien kennen lernen. Wun-

lebendig werden lassen, machen wir uns daran, ihn zu ersticken. „Ist es

derbare Momente, die weit über den Augenblick hinaus in uns wirken.

wirklich eine gute Idee, ein ganzes Jahr auszusteigen?“, oder „Was wird unser Arbeitgeber dazu sagen?“ und überhaupt: „Was ist, wenn uns auf

Zu Beginn unserer Reise haben wir uns große Sorgen um unsere Si-

der Reise etwas zustößt?“ – so und ähnlich lauteten die Bedenken, die

cherheit gemacht. Oft machten wir uns Gedanken, ob unser Auto sicher

uns bremsen wollten.

steht und unsere Habseligkeiten ausreichend beschützt sind. Sorgen hielten uns davon ab, im Jetzt zu leben und den Augenblick zu genießen.

Was hinter unseren Zweifeln steckte, war die Angst vor Verände-

Unsere paranoide Unruhe verschwand jedoch nach einiger Zeit und wir

rung. Unser Vorhaben verlangte jedoch, dass wir offen für Neues sind.

fingen an, unsere neue Situation entspannter zu sehen. Außerdem stell-

Das erschien uns anfangs unbequem und riskant – nichts weiter als

ten wir fest, dass es die Verbrecher, die ihre Opfer nachts im Schlaf mit

selbst erfundene Hindernisse.

Gas betäuben und ausrauben, offenbar nicht auf uns abgesehen hatten.

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Wenn wir neue Idee haben, fragen wir uns heute: „Was möchten wir

Was gibt uns Energie? Was macht uns wirklich glücklich? Wie wollen

spüren?“ oder „Was können wir dabei gewinnen?“ und „Was verpassen

wir unser Leben in der Zukunft gestalten? Fragen, die scheinbar zu groß

wir, wenn wir es nicht tun?“

für unseren Alltag waren.

– und schon verlieren die Risiken an Bedeutung.

Offline sein

Auch unsere Beziehung hat an Tiefe gewonnen, denn nie zuvor hatten wir die Möglichkeit, uns so intensiv kennen zu lernen und Zeit miteinander zu verbringen. Das war nicht immer einfach, aber wir ha-

Es war schön zu erleben, dass ein Leben auch ohne iPhone möglich ist.

ben dadurch viel dazugelernt.

Ein simples Telefon und der gelegentliche Internetzugang genügten uns. Einen Fernseher haben wir auch nicht vermisst. Statt andauernder Kommunikation mit anderen haben wir uns mit uns selbst beschäftigt. Müssen wir immer erreichbar sein und sofort reagieren? Bestimmen

Durch das Offline-Sein haben wir nichts verpasst, sondern es hat unser Leben reicher gemacht.

Haben wollen

wir oder werden wir bestimmt? Als wir aufbrachen, hatten wir uns entschieden, nicht jederzeit erreichbar zu sein. Nach einer Weile bemerkten

Neulich in einem Haushaltswarengeschäft: „Ist diese einmalig günstige

wir, wie gut uns das tat. Kaum ebbte die Flut sinnleerer Kommunikation

Salatschleuder wirklich das, was wir haben wollen?“, fragten wir uns vor

ab, fingen wir an, unsere Gedanken zu hören. Wir waren weniger abge-

der Kasse stehend. Ohne die Frage zu beantworten, machten wir kehrt

lenkt und es schien, als würde uns das sensibler machen. Plötzlich traten

und legten das Schnäppchen zurück.

die feinen Details unserer Umwelt deutlicher hervor und wir hatten die Ruhe, sie wahrzunehmen. Nach einer Weile wurde klar, dass uns der ganze Kommunikations- und Informationswahn davon abhält, wirklich

Unser Kaufverhalten hat sich verändert – wir hinterfragen Anschaffungen viel häufiger.

zu leben. Es war wohltuend, unser Hab und Gut reduziert zu haben. Unser Wir sind unglaublich dankbar für dieses Jahr. Es gab uns Zeit, die

Leben hat dadurch gewonnen, denn es blieb uns mehr Zeit für die Dinge,

Dinge zu tun, die uns Spaß, Freude und Energie geben. Vor allem aber

die uns Spaß und Lebensenergie gaben. Trotz reduziertem Besitz fühlten

gab es uns Zeit, um über grundlegende Fragen nachzudenken.

wir uns reich wie nie zuvor.

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Souvenirs haben wir von unserer Reise nicht mitgebracht – dafür aber einzigartige Erinnerungen, die uns für immer bereichern werden.

lich, fröhlich oder dankbar? Wie häufig haben wir das Gefühl, etwas beigetragen , oder jemandem etwas Gutes getan zu haben? Wie viel Zeit investieren wir, um flexibel, aktiv und gesund zu bleiben? Wie häufig

Alles, was wir besitzen, schafft Verpflichtungen. Die materiellen Dinge, mit denen wir uns umgeben, kosten entweder Geld, Zeit, Enga-

nehmen wir unsere Umgebung und die Schönheit in ihr wirklich wahr? Das sind die Dinge, die uns ein Gefühl von Lebendigkeit geben.

gement oder beanspruchen Raum. Je mehr wir ansammeln, desto mehr Ressourcen wenden wir auf.

Auf unserer Reise haben wir eine grundlegende Erfahrung gemacht: Was wir auch tun und wo auch immer wir sind – wir empfinden das,

Asketen sind wir durch unsere Erfahrungen nicht geworden, aber wir sind uns bewusster, was wir wirklich brauchen und haben wollen.

Endlose Möglichkeiten

worauf wir uns konzentrieren. Freude und Glück können wir auch unter widrigen Umständen erleben. Genauso können wir Frust und schlechte Laune in scheinbar perfekten Situationen erfahren. Wir haben jedoch immer die Möglichkeit, unseren Gedanken und Emotionen eine Richtung zu geben.

Wir haben auf unserer Reise viele Menschen mit alternativen Lebens-

Die Entscheidung liegt bei uns.

modellen kennen gelernt. Alle haben wir unterschiedliche Hintergründe und wir leben auf andere Art und Weise. Es gibt viel mehr Vielfalt, als wir sie aus unserem Alltag kennen. Nicht alle gehen einen gesellschaftlich anerkannten Weg – was auch immer das bedeuten mag. Wer stellt die Regeln auf, wenn nicht wir selbst? Wenn wir es möchten, geht es auch anders – für uns ein echtes Aha-Erlebnis.

86.400 Sekunden So viele Augenblicke hat jeder Tag und jeder ist ein kleines Geschenk. Wie schaffen wir es, möglichst viele dieser Augenblicke mit Bedeutung und Spaß zu füllen? Wie viele Momente sind wir neugierig, leidenschaft-

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Wie es ist, zurückzukommen Immer wieder haben wir die gleiche Frage gehört: „Wie ist es, zurückzu-

„Ist das Jahr etwa schon vorbei?“ ist eine weitere Frage, die wir vor

kommen?“ Jedes Mal können wir nur sagen, es ist schön zurück zu sein,

allem von unseren Arbeitskollegen hören. Alle sagen, das Jahr sei wahn-

aber gleichzeitig ist es eine große Umstellung.

sinnig schnell vergangen. Wieder arbeitend, bemerken auch wir, wie unsere Lebensgeschwindigkeit zunimmt. Es scheint, als ließe der Alltag

In Helsingborg angekommen, begannen wir ein neues unbewegli-

die Zeit nur so verfliegen. Eine ganze Woche vergeht wie Nichts – so wie

ches Zuhause zu suchen. Das dauerte ganze fünf Tage – von der ersten

frei fallender Sand in einer Sanduhr ohne Taille. Die letzten zwölf Monate

Recherche im Internet bis zur Vertragsunterzeichnung. Und das, obwohl

kamen uns im Gegensatz dazu lang vor. Das bedeutet nicht, dass wir uns

viele sagen, es sei nicht leicht eine Mietwohnung zu finden. Vielleicht

gelangweilt haben, jedoch fühlte es sich so an, als hätten wir viel mehr

liegt es daran, dass wir uns keine Sorgen machten, sondern sicher waren,

von unserer Zeit gehabt.

etwas Passendes zu finden. Plötzlich gibt es so vieles zu tun – Telefon und Internetzugang bestellen, unser neues Zuhause beziehen und einrichten und arbeiten gehen.

Im letzten Jahr waren wir körperlich sehr aktiv und jetzt fühlen wir uns so fit und vital wie nie zuvor. Die positive Gewohnheit uns täglich zu bewegen wollen wir beibehalten.

Zurück im beruflichen Alltag sitzen wir den größten Teil des Tages in einem Büro. So großzügig, hell und freundlich unser Arbeitsplatz auch

Apropos Gewohnheiten – es ist erschreckend einfach und bequem,

ist, überwiegend drinnen zu sein fühlt sich ungewohnt und eingrenzend

alte Routinen wieder aufzunehmen. In Beruf und Alltag gibt es so viele

an. Wir vermissen die stetigen Veränderungen in der Natur, die Luft und

Dinge, die immer nach vertrauten Mustern ablaufen. Routinen sind nicht

die Sonne. Mittags nutzen wir deshalb häufig die Gelegenheit, um Spa-

grundsätzlich schlecht, aber teilweise sind wir uns überhaupt nicht klar

ziergänge zu machen. Auch in unserer Freizeit versuchen wir, so viel Zeit

darüber, warum wir Dinge so tun, wie wir sie tun. Ein Jahr „offline“ hat

wie möglich draußen zu verbringen. Das tut uns gut und wir merken,

uns sensibilisiert, Gewohnheiten zu hinterfragen. Alles was wir machen,

wie es unsere Vitalität und Kreativität fördert.

möchten wir bewusster und intensiver erleben.

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Wir fragen uns häufig, wie wir unseren ganz normalen Alltag interessanter und spannender gestallten können? Und wie schaffen wir es, die positiven Gefühle des letzen Jahres lebendig zu erhalten? Das gilt privat wie beruflich. Wann ist die nächste Reise geplant? Das ist eine gute Frage. Denken wir ein wenig nach, wird uns klar, dass wir bereits aufgebrochen sind. Vor uns liegt unsere Zukunft. Wir entscheiden, welche Richtung wir einschlagen. Den Weg, der vor uns liegt, kennen wir nicht genau, aber wir wissen, wo wir hin wollen und, dass viele wunderbare Dinge, Herausforderungen und Entscheidungen auf uns warten. Und somit geht unsere Reise weiter …

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Ein Zuhause auf Rädern Ein Jahr auf 2 mal 5 Metern leben, mit 2 Meter Deckenhöhe. Eine super

verbracht und unser kleines Heim damit ins Endlose erweitert. Als Er-

Erfahrung – und wir haben nichts vermisst.

gänzung hatten wir zwei Klappsessel, einen Tisch, zwei Hocker, mehrere Decken und eine Schatten spendende Markise an Bord.

Trotz einiger kurzer Testreisen waren wir anfangs nicht sicher, wie wir mit Größe und Innenausbau unseres Wohnmobils zurechtkommen würden.

Drei Surfbretter hatten wir auf dem Dach und unsere Räder am Heck auf einem Fahrradträger befestigt. Alles andere konnten wir problemlos im Auto verstauen. Ab und an wurde es eng im Mittelgang, aber wir

Unser Camper ist 6 Meter lang, hat ein fest eingebautes Bett im Heck, viel Stauraum darunter, sowie Hängeschränke für Bekleidung darüber.

haben schnell gelernt, uns damit zu arrangieren. Manchmal hatten wir sogar Gäste und saßen bequem zu viert am Tisch.

Im mittleren Bereich haben wir ein kleines Bad und eine kleine Küchenzeile mit weiterem Stauraum. Beide Vordersitze lassen sich drehen und bilden mit einer kurzen Zweierbank und einem Tisch eine kleine, aber

Unser Wohnmobil passte wie angegossen und alles hat prima funktioniert.

gemütliche Sitzgelegenheit. Wir haben so viel Zeit wie möglich draußen

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Index Aktivitäten

Angeln gehen 30 Auf in den Tag! 226 Den Wind in den Ohren 214 Ernte im Meeresgarten 90 ¿Que tal? 168 Sightseeing 132 Slacken 62 Spiel mit dem Meer 108 Wildes Baden 50 Wüstenexkursion 192 Zunge gerade halten und los 146

Begegnungen Du links, ich rechts 129 Hoddevika 47 Imesouanne 177 Revolver!? 104 Surf Café 212

Impressionen Abschied und Neubeginn 201 Carpe diem 155 Einfachheit 197 Einfach Sein 73 Glücks-satt? 117 Im Hier und Jetzt 67 Im Rausch der Geschwindigkeit 17 Rosa 231 Suchend 151 Wünsch dir was 113

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Länder Dänemark 55–61 Frankreich 75–89 Italien 210–213 Marokko 173–191 Norwegen 35–49 Österreich 219–225 Portugal 119–131 Schweden 19–29 Spanien 95–107, 137–145, 157–167, 204–209

Regionen & Orte Å 41 Abisko Nationalpark 29 Ainhoa 88 Aït-Ben-Haddou 186 Alcobaça 124 Andora 212 Aourir 178 Aquitanien 83 Baie des Trépassés 80 Baskenland 88, 97 Bayonne 88 Benidorm 207 Biarritz 86 Bilbao 98 Bretagne 78 Bucht von Cádiz 137–145 Cabo de Gata 204 Cabo de São Vincente 130 Cabo de Trafalgar 142

Cabo Ortegal 102 Capela dos Ossos 126 Carnac 81 Casares 160 Castellar de la Frontera 161 Cervo 210 Chefchaouen 190 Conil de la Frontera 138 Costa de la Luz 138 Costa Dourada 128 Dades-Tal 187 Diana Tempel 127 Diano Castello 211 Djemaa el Fna 183 Duoro-Tal 123 Eggum 38 El Chorro 165 Erg Chebbi 192 Espelette 89 Essaouira 180 Évora 126 Fés 188 Galizien 102 Garita de Herbeira 106 Geiranger Fjord 45 Hoddevika 46 Honfleur 76 Hvide Sande 58 Imessouane 176 Kukkola-Stromschnellen 24 Laksforsen 44 Lamego 132 Lofoten 36–42 Luppio Berg 28


Malstrom 43 Marrakesch 183 Meerenge von Gibraltar 167 Mercado do Bolhão 120 Mundaka 96 Normandie 76 Nørre Vorupør 56 Oberitalien 213 Oyambre 100 Paraje Natural Torcal de Antequera 165 Pointe du Raz 79 Porto 120 Porto do Barqueiro 104 Puerto Banús 166 Rif-Gebirge 143, 167, 190 Sagres 130 Saint-Émilion 84 Sancti Petri 139 Sandön 21 Santiago de Compostela 107 Schären 20 Skagen 57 Skellefteå 22 Smögen 20 Soulac-sur-Mer 82 Stavanger 48 Steyr 224 Svolvär 37 Torghatten 43 Tossa de Mar 209 Vejer de la Frontera 140 Vila Nova de Gaia 122 Vila Nova de Milfontes 128 Wien 220

Rezepte Affenbrei mit Erdbeeren 33 Armer Ritter - Pofesen 229 Brokkoli mit Parmesan und Olivenöl 171 Carminas andalusischer Kartoffelsalat 149 Chorizo in Apfelwein - Chorizo en Sidra 111 Geräucherte Makrele auf Bandnudeln 65 Grandioses Sandwich 53 Ligurische Pasta Gemelli al pesto fagiolini e patate 217 Muscheln in Weißweinsauce Moules au vin blanc 93 Steinsuppe - Sopa de petra 135 Tagine mit Fisch 195

Wohnmobil Ein Zuhause auf Rädern 239

Zitate André Gide 15 Benjamin Disreali 199 Eleanor Roosevelt 247 Hermann Hesse 115 Johann Wolfgang von Goethe 153 Mark Twain 71 Richard Wagner 4

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Danke ... ... für eure Unterstützung während der Reise und bei unserem Buchprojekt: Heidi & Hubert und Ursel & Klaus, für euer Vertrauen in uns, euren Kindern, bei der Umsetzung dieser verrückten Idee. Cosima, Andreas, Daniel und Marina unsere Geschwister und Familien, dass ihr euch mit uns gefreut und interessiert unsere Reise verfolgt habt. Isolde & Michael, für eure Unterstützung aus der Ferne und unsere Leihadresse in Schweden. Steffi & Nils, für die schöne gemeinsame Zeit unterwegs. Christoph & Tanja, für den Beweis, dass man auch anders leben kann. Sabin & Uli, für die Tipps und Tricks dieses Buch zu verwirklichen. Edith Winner, unsere Lektorin, für die engagierte und professionelle Zusammenarbeit. IKEA, für die Möglichkeit einer Auszeit und den Wiedereinstieg. Und allen anderen, fürs Mut machen und euerem Interesse an unseren Erlebnissen.

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Die Autoren Christina Nüske / * 1967 in Hamburg Ich möchte die Welt verbessern, meine positive Energie mit anderen teilen und allen Mut machen jeden Augenblick zu geniessen. Es gibt Menschen die meinen ich sehe das Leben durch eine rosarote Brille, nur weil ich in fast allen Situationen etwas Positives finden kann. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass mich genau das zu einem glücklichen Menschen macht. Seit 1994 arbeite ich für ein global tätiges Unternehmen. Dort befasse ich mich mit dem Thema Kompetenzentwicklung. Was motiviert uns, unser Wissen zu vertiefen und das Gelernte umzusetzen? Das sind die Fragen, mit denen ich mich täglich beschäftige. Während unserer Reise ist mir noch bewusster geworden, wie wichtig es für mich ist mich herauszufordern und etwas Neues zu lernen und auf diese Weise persönlich zu wachsen.

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Tim Ciasto / *1970 in Wolfratshausen Pures Glück, es strahlt aus mir heraus. So geht es mir, wenn ich im „Flow“ bin, vollständig fokussiert und vertieft in eine Aufgabe, die mir Spaß macht, Energie gibt und mich herausfordert. Ob beim Surfen, Fotografieren, Filmen oder Kochen, Passion ist als wichtigste Zutat immer mit dabei. Fast 18 Jahren war ich für ein international arbeitendes Unternehmen tätig; zuletzt als Spezialist im Bereich der internen Kommunikation. Inspiriert durch unsere Reise und dem stetig wachsenden Wunsch kreativer zu arbeiten, habe ich mich entschieden, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Seit Sommer 2012 arbeite ich am Aufbau meiner Firma VISUALIFE, um kreativ und multimedial, die Dinge sichtbar zu machen, die es verdient haben gesehen zu werden. Und damit hat für mich eine weitere spannende Reise begonnen.

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„Die Zukunft gehört denen, die an die Schönheit ihrer Träume glauben.“

Eleanor Roosevelt

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© 2012 der deutschen Ausgabe VISUALIFE AB, Malmö – Schweden

ISBN 978-91-637-0899-2


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