Christliches Medienmagazin PRO 1/2024

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Politik + Gesellschaft

DEBATTE UM EVOLUTION

Dreimal Schöpfung Die Evolutionstheorie hat ihre Lücken und Tücken. Doch andererseits: wie wörtlich darf, soll, muss ein Christ den biblischen Text zur Entstehung der Welt nehmen? Ein neues Buch bringt drei Wissenschaftler in einem interessanten Dialog darüber zusammen. Jörn Schumacher

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ie Evolutionstheorie ist in den Augen Vieler ausreichend, um die Entstehung des Lebens ohne einen Schöpfergott erklären zu können. Wer genauer hinsieht, entdeckt allerdings Widersprüchlichkeiten und mehr offene Fragen, als es auf den ersten Blick vielleicht erscheint. Nachzuvollziehen, dass die Entstehung einer hochkomplexen Informationsverarbeitung wie in der DNA „aus dem Nichts“ und nur durch das Prinzip von zufälliger Mutation und Selektion entstanden sein soll, fällt nicht immer leicht; und längst nicht alle „Missing Links“ sind schon gefunden worden. Ein Christ steht vor der Herausforderung, den biblischen Schöpfungsbericht mit modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen in Einklang zu bringen, wenn er seinen Glauben ernst nehmen will. Erschuf Gott Adam und Eva wirklich aus Erde, kommt alles heutige Leben von den Überlebenden der Arche Noah, und dauerte die Erschaffung der Welt nur sechs Tage? Der Leiter des „Instituts für Glaube und Wissenschaft“ mit Sitz in Marburg, der Biophysiker Alexander Fink, hat ein Buch herausgegeben, das Christen in dieser Thematik eine große Hilfe sein kann. Fink bat drei Wissenschaftler, die sich seit vielen Jahren mit der Debatte um Evolutionstheorie und Schöpfungsglaube auseinandersetzen, zu einem Austausch. Barbara Drossel, Profes-

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sorin für Theoretische Physik an der TU Darmstadt, ist gläubige Christin und überzeugt, dass Evolutionsprozesse Teil von Gottes Schöpfung sind. Sie sei durch ihre „kirchlich-christliche Sozialisation“ stark mit Evolutionszweifeln „geimpft“ worden, sagte Drossel vor Jahren in einem Interview mit PRO. Als sie sich mit Evolution befasste, war sie allerdings schon „nach kurzer Zeit“ von deren Richtigkeit überzeugt. Reinhard Junker ist seit vielen Jahren für die Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“ tätig, er studierte Mathematik, Biologie und Theologie und promovierte zur theistischen Evolution. Unter anderem in seinem Buch „Schöpfung oder Evolution: Ein klarer Fall?“ lädt er dazu ein, den Evidenzen für oder gegen die Evolutionstheorie zu folgen wie in einem Kriminalfall. Der Dritte in der textlichen Diskussionsrunde ist Siegfried Scherer, Professor an der TU München, der dort bis 2021 einen mikrobiologischen Lehrstuhl leitete. Er begann sein Biologiestudium als Atheist, stand nach einem persönlichen Erweckungserlebnis dann dem Kreationismus nahe. Seine weiteren naturwissenschaftlichen Forschungen ließen ihn von dieser Position allerdings wieder abrücken. Heute wirbt er für eine klare Trennung: Er anerkennt die naturwissenschaftliche Kritik an der Evolutionstheorie, ist jedoch überzeugt, dass die Naturwissenschaft mit


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