Kinderängste John Faragalla - HS 2021, Prof. Karin Sander - Mentorat Ester Vonplon

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Kinderängste



«Chucky?»





Die Halloweennacht von 1995 schien für Tom keine spezielle Angelegenheit zu sein. Wie gewohnt zog er sein Hexenkostüm an und klingelte mit seinen Freunden bei denselben Nachbaren. Langsam wurde es für Tom und seine Freunde langweilig und sie hatten keinen Spass mehr daran. Sie verspürten den Drang, ein kleines Abenteuer zu erleben. Plötzlich fiel ihnen ein, dass vor geraumer Zeit eine neue Familie in die Nachbarschaft eingezogen ist. Über diese Familie verbreitete sich in der Schule das Gerücht, dass sie sehr komisch und zudem sehr gefährlich sei. Der Plan stand fest: Die Jungs mussten dieser neuen Familie unbedingt einen Besuch abstatten. Allein ihr Grundstück war beängstigend. Der gesamte Garten und das Haus waren mit gruseligen Puppen beschmückt. Bei diesem Anblick lief den Kindern ein kalter Schauer über den Rücken. Doch Tom packte seinen Mut und klingelte an der Tür. Anschliessend machte ihnen eine Frau auf. Entgegen ihren Erwartungen war die Dame äusserst freundlich und bot ihnen zahlreiche Süssigkeiten an. Daraufhin erschien ihr Mann an der Tür und teilte ihnen mit, dass er noch Geschenke für sie habe. Er drückte den Kindern je eine Puppe in die Hand. Sie freuten sich sehr und machten sich langsam auf den Weg nach Hause. Doch die Puppe erregte in Tom ein mulmiges Gefühl. Aufgrund dessen schloss er sie vor der Schlafenszeit in seinen Schrank ein. Im Halbschlaf hörte er seine Mutter rufen, er solle noch seine Zähne putzen. Müde tastete er seine Wand ab, um den Lichtschalter zu betätigen. Als das Zimmer nun erleuchtete, erstarrte Tom vor Furcht. Die Puppe sass plötzlich auf seinem Nachttisch. Tom konnte seinen Augen nicht trauen. Unerwartet sagte die Puppe mit rauer Stimme: «Hallo, ich bin Chucky. Wollen wir zusammen spielen?» Tom war fassungslos. Mit zitternder Stimme fragte er: «Chucky? Aber…» Doch ehe er den Satz beenden konnte, erlosch das Licht und man hörte einen kurzen Hilfeschrei von Tom.







«Die Frau mit dem Messer»





In Zürich lebte einst ein Junge namens Antonio. Er wohnte mit seinem Bruder Francesco und seinen Eltern. Hier wurden innerhalb von drei Wochen im Wald neben der Sportanlage zehn Todesfälle gemeldet. Die Todesursache blieb in allen Fällen unbekannt. Antonio und sein Bruder trauten sich nicht mehr allein in die Schule zu gehen. Aufgrund dessen begleitete sie ihr Vater zur Schule und holte sie anschliessend ab. In der ganzen Stadt sprach sich herum, dass eine alte Frau mit einem Messer im Wald ihr Unwesen treibt. Eines Abends machten sich Antonio und Francesco auf dem Weg ins Fussballtraining. Weil der Winter angebrochen war, wurden die Nächte immer länger. An diesem Abend waren ihre Eltern zum Essen eingeladen, weswegen sie ihre Kinder nicht ins Training fahren konnten. So gingen Antonio und sein Bruder zu Fuss. Um in die Sportanlage zu gelangen, mussten sie am Wald vorbeilaufen. Auf dem Weg hörten sie aus der Richtung des Waldes ein Rascheln im Gebüsch. Ihre Schritte wurden schneller. Auf einmal erblickten sie einen furchteinflössenden Schatten. Die beiden waren kurz davor in der Sportanlage einzutreffen, doch sie kamen nie an.









«Was ist unter dem Bett?»





Vor langer Zeit wurden ein Junge namens Jonathan und seine kleine Schwester von einer alten Dame adoptiert. Schon in der ersten Nacht im neuen Haus hörte Jonathan in seinem Schlafzimmer, welches er mit seiner Schwester teilte, seltsame Stimmen. Er war sich sicher, dass sie von unter seinem Bett kamen. Um sicherzustellen, dass er sich dabei nicht irrte, fragte er seine Schwester, ob sie auch seltsame Geräusche höre. Sie machte sich jedoch nur über ihn lustig. Nun war er sich sicher, dass er sich das Ganze nur eingebildet hatte. Doch die Stimmen hörten nicht auf. Von Nacht zu Nacht wurden sie sogar lauter. Eine Woche lang musste er diesen Grauen ertragen, bis er sich dazu entschloss, dem Ganzen auf die Schliche zu kommen. Langsam und ängstlich begab er sich zu Boden. Je weiter er sich dem Boden näherte, desto lauter wurden die Geräusche. Aber er konnte die Ursache der Geräusche nicht ausfindig machen. Seine Schwester schaute ihm mit einem zynischen Grinsen zu. Sie fragte nun provokativ: «Was ist unter dem Bett?» Doch eine Antwort von Jonathan blieb aus. Er wurde seitdem nie wieder gesehen.







«Gefangen»





Louis, ein junger Mann aus einem Pariser Ghetto, schlenderte eines Nachts durch die Strassen. Es war sehr kalt und regnerisch, als er plötzlich ein Polizeiauto in der Nähe erblickte. In seiner Nachbarschaft gehörte dies jedoch zum Alltag, aber dieses Mal hatte Louis ein mulmiges Gefühl bei der Sache. Er schlich sich langsam an das Dienstfahrzeug heran. Beim Auto sah er drei Polizisten, einen Mann mit einem Sack über dem Kopf und vier weitere bewaffnete Männer. Diese vier gehörten wahrscheinlich der kriminellen Bande «Cinq-deux» in Paris an. Diese besetzten in der Hauptstadt Frankreichs einen grossen Teil des unterirdischen Raumes. Den Einwohnern von Paris war klar, dass die Bande mit der Polizei illegale Geschäfte trieb. Es verbreitete sich das Gerücht, dass die Polizei einen Teil des Raumes unter der Erde benutzten konnten, um illegale Verhöre durchzuführen. Als Gegenleistung durften die Bandenmitglieder tun und lassen was sie wollten. Kein Mensch wusste aber, was tatsächlich im Pariser Untergrund geschah. Louis beobachtete die Männer weiterhin neugierig. Während einem kurzen Handschlag übergab ein Bandenmitglied einem Polizeibeamten einen Schlüssel. Daraufhin stiegen die vier Männer in ein Auto ein und fuhren weg. Die Polizisten nahmen den gefangenen Mann mit und verschwanden durch eine kleine Türe. Louis war sich sicher, dass das der unbekannte Ort sei, welche die Polizei nutzte. Neugierig und unbemerkt folgte er ihnen. Unten angekommen, sah er einen langen Gang, welcher in viele zellenartige kleine Räume führte. Bei diesem Anblick überwog die Angst die Neugierde und er beschloss sich wieder umzukehren. Plötzlich verspürte er einen warmen Atemzug auf seinem Nacken. Als er sich umdrehte, sah er einen Polizisten mit einem Sack in der Hand. Ehe Louis etwas sagen konnte, sah er nur noch schwarz. Louis wurde seitdem als vermisst gemeldet und als verschollen erklärt.









Faragalla John ETH-Zürich Kunstprojekt HS21


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