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Gunpowder Milkshake
FALSCHE
ABZWEIGUNG
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TEXT: MAX GFRERER
Geschlechterkampf
Actionkracher auf femininen Hochglanz poliert: „Gunpowder Milkshake“.
Es ist mal wieder Zeit für geballte Frauenpower. Auch wenn diese nicht auf der richtigen Seite des Gesetzes zur Anwendung kommt. Kein Problem, wenn die Männer ohnehin noch viel übler drauf sind.
Profikillerin Scarlet (Lena „Cersei“ Headey, Stolz und Vorurteil und Zombies) musste vor Jahren ihre Tochter Sam (Karen Gillan, Jumanji: The Next Level) zurücklassen, weil sie gezwungen war, auf der Flucht vor ihren Feinden unterzutauchen. Der Nachwuchs kommt aber eh gut alleine zurecht, lässt sich ebenfalls vom Verbrechersyndikat namens „Die Firma“ ausbilden und muss schließlich aufgrund eines fatalen Zwischenfalls auch in den Untergrund fliehen. Dort trifft sie – Überraschung! – auf ihre Mutter und holt gemeinsam mit ihr sowie der größtmöglichen Härte, die der Planet Venus aufbieten kann, zum Gegenschlag aus. Mit dabei im Gepäck: Das Mädchen Emily (Chloe Coleman, Der Spion von nebenan), das von Sam aus einer Notsituation gerettet wurde – ein No-Go unter Profikillern.
VORBILDER TARANTINO UND LEONE Der israelische Regisseur Navot Papushado (Big Bad Wolves) hat mit Gunpowder Milkshake einen ambitionierten Generationen-ActionThriller geschaffen, der niemand Geringeren als Quentin Tarantino und Sergio Leone zu Vorbildern auserkoren hat. Die Kombination aus buchstäblich knallharter Bildgewalt, Comedy, Brutalität und spannungsförderndem Musikeinsatz macht keinen Hehl daraus, von wem sich Papushado inspirieren ließ.
Das Kernthema von Gunpowder Milkshake dreht sich nur hintergründig um den hier sehr unausgeglichenen Kampf der Geschlechter. Im Zentrum der Handlung steht vielmehr die Beziehung der Frauen untereinander, vor allem jene zwischen Mutter Scarlet und Tochter Sam. Sam, die nie wirklich überwinden konnte, dass ihre Mama sie einst zurückgelassen hatte, möchte selbst moralischer handeln und entscheidet sich gerade deswegen für Emilys

Rettung. Somit gerät Sam nicht nur in Konflikt mit der „Fima“, sondern auch in einen innerfamiliären, als es zum Wiedersehen mit Scarlet kommt.
WAFFEN IN DER BIBLIOTHEK Warum dabei gerade eine Bibliothek zum Ort der Versöhnung und des weiblichen Empowerments auserwählt wurde, hat für Papushado einen ganz speziellen und persönlichen Grund: „Die Geschichte fängt mit einer Mutter an, die erfährt, dass die Tochter, die sie als Kind zurücklassen musste, ihr in den gleichen gefährlichen Beruf gefolgt ist. Wenn man anfängt zu schreiben, weiß man noch nicht, wo man letztendlich ankommen wird. Die Idee entwickelt ein Eigenleben. Ich wusste, dass der Film Bibliothekarinnen haben sollte, weil diese mich als Kind immer interessiert haben. Ich habe mich damals fast meine gesamte Schulzeit über in der Bibliothek versteckt, um Science-Fiction zu lesen. Bibliothekarinnen haben mich dabei immer fasziniert und eingeschüchtert – sie sind wie Sheriffs, die wahren Friedenswächterinnen. Ich fand, dass eine Bibliothek nicht nur der perfekte Schauplatz wäre, sondern auch eine Art Parallelwelt für eine Gruppe Auftragskillerinnen sein könnte. Aber genauso ist sie eine Metapher: eine Bibliothek verbirgt die vielleicht stärkste Waffe von allen – Wissen. Es schien perfekt zu passen: eine Bibliothek als Waffenkammer, Bibliothekarinnen als Auftragskillerinnen und die Bücher, die einerseits eine Metapher für Wissen darstellen und gleichzeitig als Verstecke für die realen Waffen dienen.“
Wie auch immer man zu Gewalt, Selbstjustiz oder etwas aufgesetzten Geschlechter-Rollenverteilungen (eigentlich sind alle Männer bis auf Paul Giamattis Rolle Nathan ziemliche Honks) in Filmen stehen mag – wenn das Endergebnis wie eine abgefahren inszenierte weibliche Antwort auf John Wick ausfällt, dann kann man darüber schon mal hinwegsehen. Apropos: Auch aus Gunpowder Milkshake könnte sich eine erfolgreiche Reihe entwickeln. Eine Fortsetzung ist bereits seit Juli in Produktion. #gunpowdermilkshake

GUNPOWDER MILKSHAKE KINOSTART 03.12., F/USA 2020, REGIE Navot Papushado, MIT Karen Gillan, Chloe Coleman, Lena Headey, Angela Bassett, Paul Giamatti, FILMLÄNGE 114 Min., © Constantin Film