schen Cannes und American Film Institute schon oft genannt wurde, „The Florida Project“ war auch der Arbeitstitel des Vergnügungsparks, den Walt Disney im Sunshine State Florida erdachte und errichtete. (Und „Projects“ werden passenderweise in den USA auch Sozialwohnungen genannt.) In den bunt angemalten Motels vor den Toren des Adventureparks herrscht Entzauberung, kaum ein Tourist verirrt sich mehr hierher – höchstens noch per Besichtigung aus dem Hubschrauber; hier leben Dauermieter – zumeist Familien, die ansonsten auf der Straße stehen würden – von der Hand im Mund. „Die Auswirkungen der Finanzkrise und der geplatzten Immobilienblase von 2008 sind so nachhaltig, dass Menschen und Familien, die damals in den Abgrund gerissen wurden, seither nicht mehr auf die Beine gekommen sind“, so der Regisseur. „Das
Bizarre an der Situation ist, dass die Motelzimmer fast so teuer sind wie die Miete für ein Haus – mit dem Unterschied, dass man in den Motels eben täglich bezahlen muss.“ Mögen die Farben des Filmes auch zuckerlbunt sein: Die prekäre Situation ist niemals zu übersehen. Neben (den durchwegs ganz famosen) Debüt- und Laiendarstellern spielt Willem Dafoe in der Rolle des Motelmanagers (die ihm eine Oscarnominierung einbrachte) auf, es ist vielleicht die Rolle seiner Karriere: „Bobby“ ist von den Kindern einerseits genervt, hat aber gleichzeitig als einziger Erwachsener ein wachsames Auge auf sie. Die Show wird Dafoe aber immer wieder von Nachwuchsschauspielerin Brooklynn Prince gestohlen, die die aufgeweckte Moonee voller Inbrunst, Überzeugung und Leben gibt. www.floridaproject.movie
Das Korsett abstreifen
Katharina Mückstein erzählt mit „L’Animale“ vom Begehren. Nach der Berlinale geht’s zur Diagonale und ins österreichische Kino.
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ir idealisieren die Individualisierung und unterwerfen uns zugleich – oft ohne es zu merken – erneut großen, äußerlichen Zwängen“, überlegte Katharina Mückstein. Ihre Antwort auf die Frage, wie
frei wir heutigen Menschen sind, präsentiert sie in ihrem zweiten Spielfilm. Im Zentrum: Teenager Mati (Sophie Stockinger, die schon in Mücksteins Spielfilmdebüt Tabea zu sehen war), die mit ihrer Clique per Moped durchs Dorf düst und
THE FLORIDA PROJECT KINOSTART 16.03., USA 2017, REGIE Sean Baker, MIT Willem Dafoe, Brooklynn Prince, Bria Vinaite, Caleb Landry Jones, FILMLÄNGE 111 Min., © Thimfilm
deren Eltern Paul und Gabriele gerade mit dem Hausbau beschäftigt sind. Bald wird dieser Status quo infrage gestellt: Als sie mit Carla ein selbstbestimmtes, cooles Mädchen kennenlernt und sich ihr bester Freund in sie verliebt, ist Matis Selbstbild und ihre Position in der Jungsclique plötzlich nicht mehr so eindeutig – und auch bei den Eltern steht plötzlich infrage, ob es beim Haus beim Rohbau bleibt oder gemeinsam weitergeht. Soll man sich immer nur den Umständen anpassen? Nein, sagt die Sehnsucht. Ja, der Verstand. Die Geschichte um Begehren, Vernunft und Identität feierte ihre Weltpremiere bei der Berlinale und erlebt ihr Österreichdebüt bei der Diagonale. Am 16. März folgt der reguläre Kinostart. www.lanimale.com L’ANIMALE KINOSTART 16.03., A 2018, REGIE Katharina Mückstein, MIT Kathrin Resetarits, Sophie Stockinger, Dominik Warta, FILMLÄNGE 93 Min., © Polyfilm DOT.MOVIE 47
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