Die Spurensuche geht weiter

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VINSCHGER THEMA

Graben in der Frühgeschichte Dabei geht es immer um den Mann aus dem Eis SCHNALSTAL/KURZRAS - Es war ja nicht so, dass sich alles um die Mumie im Bozner Archäologie-Museum drehte. Dass er als Mitarbeiter des Museums aber eine besondere, eben vor allem professionelle Beziehung zum Ötzi hat, teilte Andreas Putzer so nebenbei der Lehrergruppe mit. Er hatte auf dem Weg zur Grabungsstelle auf „Stuetebnet“ übersetzt Ebene für Stuten - Rast gemacht, um 15 fortbildungswillige Pädagogen mit der Geographie des innersten Schnalstales vertraut zu machen. Die „Schofschoad“, den Schafpferch, in Kurzras vor Augen erzählte der Archäologe, wie es zur Grabung unweit des „Teufelsegg-Lifts“ oder der „Rotwand“ gekommen sei. Dass die Schnalstaler Gletscherbahnen als Grundbesitzer sich sehr interessiert gezeigt hätten, führte er ebenso an wie überhaupt die Schnalser Aufgeschlossenheit der Archäologie gegenüber. Projektträger bei dieser Grabung sei das Südtiroler Archäologiemuseum; geschöpft würde aus dem Forschungsfonds der Südtiroler Landesmuseen. Projektpartner seien das Institut für Botanik der Universität Innsbruck, das Landesamt für Geologie und das Landesamt für Bodendenkmäler. Die Fortbildung für Lehrer mit Fundstellenbesuch war vom Archäologie-Museum dem Arbeitskreis für Südtiroler Mittelschullehrer (ASM) vorgeschlagen worden. Putzer holte weit in die Besiedlungsgeschichte der Alpentäler aus. Bisher nachgewiesen sei eine landwirtschaftliche Nutzung des Schnalstales seit dem 2.

Fotografische Dokumentation einer Grabung durch Abschirmen des Sonnenlichts

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DER VINSCHGER 31/19

schickt würden, um anhand von Milchspuren herauszufinden, ob schon Käse hergestellt wurde. Einigermaßen überrascht war die Besuchergruppe auch von der Tatsache, dass die bisher vom Amt für Geologie untersuchten Tonscherben durch ihren Porphyr-Gehalt auf das Etschtal als Abbaustätte und nicht etwa auf die Lehmgruben des Vinschgaus hinweisen. Auch das sei ein Forschungsziel, machte Putzer aufmerksam, herauszufinden, woher die Menschen kommen, die im Schnalstal das Vieh auf die Hochweiden treiben.

Andreas Putzer erklärte die Notwenigkeit von Zeichnungen trotz digitaler Fotografie.

„Schnals ist uns ein Anliegen“

Jahrtausend v.Chr. „Eines unserer Ziele ist es natürlich herauszufinden, ob Menschen solche Gebirgstäler wie das Schnalstal schon zu Ötzis Zeiten landwirtschaftlich genutzt haben. Was wir hier machen, ist nur ein Teil der Forschung, praktisch ein Zuarbeiten.“ So hätten die Botaniker das Hochmoor neben der Grabungsstelle „angebohrt“, um die Entwicklung der Naturlandschaft zu analysieren, aber vor allem, um aus den Pollenprofilen den Einfluss des Menschen und seiner Nutztiere auf die Umgebung zu erforschen. Botaniker würden auch die gesammelte Holzkohle untersuchen. Nachzugehen sei der Frage, ob der Mensch in die Berge gehe, um Almwirtschaft zu betreiben oder um Fleisch zu produzieren. Die Lehrer horchten auf, als Putzer von den Keramik-Funden erzählte, die an die Universität im englischen Bristol ge-

Aus der von Kulturvermittlerin Vera Bedin betreuten Lehrer-Gruppe kamen viele Fragen. So wollte man wissen, wie um ein Grabungsprojekt angesucht und wie es finanziert wird. Dabei kam der Archäologe dann doch auf den eigentlichen Hintergrund zu sprechen. „Schnals ist uns ein Anliegen, weil wir nach Fundstellen suchen, die mit Ötzi in Verbindung gebracht werden können. Wir sind auf ältere und auf jede Menge jüngere Fundstellen gestoßen. Was uns fehlt, ist seine Zeit zwischen 3.350 und 3.150 v.Chr.“ Putzer erzählte von der „extremen Mobilität“ der prähistorischen Alpenbewohner und vom vernetzten Schnalstal. Er nannte die Bernsteinperlen aus dem Baltikum, die er bei Grabungen in der „Finail-Grube“ gefunden habe. Berge seien nie Grenzen gewesen, meinte er. Die Grabungen im Finail-Tal, im Tisental und

Wochenlang bei Wind und Wetter am Teufelsegg: Nico Aldegani, Andreas Putzer, Tobias Mores und Elena Tomasi (v.l.).


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