ZEICHEN SETZEN?!

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zeichen setzen?! Piktogramme als Botschafter der nonverbalen Kommunikation.



zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation.

Diplomarbeit an der Hochschule fĂźr Angewandte Wissenschaften Fachhochschule Hof Fachbereich Informatik Studiengang Medieninformatik

vorgelegt bei

vorgelegt von

Prof. Karl-Friedrich Buhl

Peter WĂślfel

Alfons-Goppel-Platz 1

Horwagenerstr. 5

95028 Hof

95138 Bad Steben Hof, den 29.09.2009

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zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

inhaltsverzeichnis Kapitel eins Einleitung........................................................................9 1. Hinführung zum Thema..............................................................................9 2. Fragestellung. .............................................................................................10 3. Gliederung der Arbeit & verwendete Literatur........................12

Kapitel zwei Hauptteil........................................................................ 17 1. Definitionen................................................................................................17 1.1. Begriffsgebrauch im Alltag.................................................................................. 17 1.2. Der Terminus Piktogramm in der Gestaltung...................................................... 18 1.3. Zusammenfassung der verschiedenen Definitionen...........................................20

2. Differenzierung unterschiedlicher Arten von Bildzeichen. ........................................................................ 24 2.1. Zeichen – Icon – Symbol – Index........................................................................24 2.2. Piktogramme und ihnen verwandte Formen . ....................................................26 2.3. Die Sonderstellung der Icons..............................................................................28

3. Geschichtliche Entstehung der Piktogramme...................... 30 3.1. Historisches Fundament der modernen Bildzeichen...........................................30 3.2. Der neuzeitliche Urknall der Piktogramm............................................................ 31

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zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

inhaltsverzeichnis 4. Grundlagen der sprachlichen Interaktion. .......................... 34 4.1. Introduktion in die Kommunikation mit Zeichen.................................................34 4.2. Semiotik – Die Lehre der Zeichen........................................................................35

4.2.1. Der semantischer Faktor............................................................................38

4.2.2. Der syntaktischer Faktor............................................................................39

4.2.3. Der pragmatischer Faktor..........................................................................39

4.3. Funktionierende Kommunikation – Wahrnehmen und Verstehen....................... 41

5. Anforderungen an Piktogramme................................................. 44 5.1. Inhaltliche Forderungen........................................................................................44 5.2. Interkulturelle Verständlichkeit?...........................................................................45 5.3. Normen versus Gestaltung!................................................................................. 47

6. Grafische Bauanleitung für Piktogramme. ............................ 50 6.1. Die Konzeptionsphase..........................................................................................50 6.2. Die visuelle Umsetzung........................................................................................52 6.3. Die Implementierung...........................................................................................60

7. Bedeutende Gestalter – a tribute to.............................................62 7.1. Otto Neurath.......................................................................................................62

7.1.1. Demokratisierung des Wissens...................................................................62

7.1.2. Das Isotype-System....................................................................................63

7.2. Otl Aicher............................................................................................................70

6

7.2.1. Meilenstein der Piktogrammgestaltung - Olympia 1972............................70

7.2.2. Ursprung modernen Informationsdesigns.................................................72


zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

inhaltsverzeichnis 8. Gegenwärtige Verwendung von Piktogrammen.....................76 8.1. Schilder und Verkehrszeichen.............................................................................. 76 8.2. Sind Piktogramme im Alltag und öffentlichen Raum

visuelle Umweltverschmutzung?..........................................................................78

9. Aktuelle Medienbeispiele........................................................................82 9.1. Alfa Romeo Mito..................................................................................................82 9.2. ZDF – Heute Nachrichten....................................................................................86 9.3. Beispiele aus der Welt der Werbung...................................................................90

Kapitel drei schluss...........................................................................103 Piktogramme – Botschafter der nonverbaleN Kommunikation oder Verfall zum sinnentleerten Schmuckelement

Kapitel vier Die Praxis.......................................................................109

Literaturverzeichnis................................................................................................... 140 Bilderverzeichnis....................................................................................................... 143

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zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

kapitel eins Einleitung 1. Hinführung zum Thema

der divergenten Kulturen, Gesellschaften und Kontinente hinweg notwendig

Egal auf welchem Kontinent, in welchem

geworden ist. Schon der renommierte

Land und in welcher Stadt. Sie begeg-

italienische Schriftsteller, Kolumnist, Phi-

nen uns überall auf der Welt. Sie kleben

losoph, Medienwissenschaftler und der

sowohl an Bahnhöfen und Flughäfen als

wohl bekannteste zeitgenössische Semi-

auch in Businesslounges und Regierungs-

otiker, Umberto Eco1 setzte sich mit den

gebäuden. Selbst in Schulen und Univer-

Zeichen der Zeit und unserer Kommu-

sitäten, an Rastplätzen und in Toiletten,

nikation auseinander und schrieb einst,

im Straßenverkehr und auf Verpackun-

in seinem wohl bekanntesten Werk Der

gen sind sie nicht mehr wegzudenken.

Name der Rose: „[…] Ich habe nie an der

Wir Menschen des 21. Jahrhunderts ha-

Wahrheit der Zeichen gezweifelt, […], sie

ben uns sogar so sehr an unsere unauf-

sind das einzige, was der Mensch hat, um

fälligen Lebens- und Wegbegleiter ge-

sich in der Welt zurechtzufinden […]“2 .

wöhnt, dass wir sie nahezu nicht mehr,

Wie also kann es sein, dass die meisten

und wenn, dann nur noch indirekt, wahr-

Menschen des 21. Jahrhunderts die un-

nehmen. In unserem multikulturellen, me-

terschiedlichen Bildzeichen zwar kennen,

dialen und internationalem Zeitalter ist

die wichtigsten von ihnen auch verstehen

der moderne Mensch daran gewöhnt, im

und einordnen können, sie aber dennoch

Alltag ständig von Piktogrammen um-

nicht in der Lage sind die Bedeutung des

geben zu sein. Piktogramme ermöglich-

Wortes oder schon allein nur den Termi-

en uns Orientierung und Hilfe, sie wei-

nus Piktogramm zu erklären, wo dessen

sen uns auf Gefahren hin und liefern uns

Ideologie doch relativ schnell aufgezeigt

Wissen. Sie dienen als Wegweiser und

und fassbar gemacht werden kann. Bil-

Gebrauchsanweisung, als Warnung und

der sind schlichtweg verständlicher als

Verbot oder aber als Hinweis. Man fin-

Geschriebenes. Dies war schon immer

det sie überall dort, wo eine schnelle,

so und wird auch immer so bleiben. Ver-

klare Kommunikation über die Grenzen

wendete man vor hunderten von Jahren

1. Anm.: Umberto Eco ist ein italienischer Schriftsteller, Kolumnist, Philosoph, Medienwissenschaftler und wohl einer der bekanntesten zeitgenössischen Semiotiker.

2. ECO, UMBERTO: Der Name der Rose. 24. Auflage. München 2000, S. 644.

9


Einleitung hinführung zum thema

noch primitivste Bildzeichen, so bedient

Ziel dieser Arbeit soll es demnach sein,

man sich heute hochmoderner und gra-

sich mit den eben genannten Leitfragen

fisch, im Informationsdesign dargestell-

auseinander zu setzen und Lösungen da-

ter, Piktogramme. Ein einziges Bild sagt

für zu finden, oder zumindest Lösungsan-

schließlich auch gegenwärtig noch mehr

sätze. Im Verlauf dieser Ausarbeitung soll

aus, als 1000 Worte.

geklärt werden, ob Piktogramme, ihrer ursprünglichen Definition nach, noch aktuell sind, oder aber ob sie zu einem Schmuckelement der gegenwärtigen Medienkultur

2. Fragestellung

und der aktuellen Werbung verkommen. Denn gesetzdessen Piktogramme dienen

3. HERWIG, OLIVER: Die Zeichen der Zeit. Ist es ein Leit- oder Leidsystem? Wie Piktogramme als Chiffren der Globalisierung die Welt erobern. In: Süddeutsche Zeitung vom 06.09.2006.

10

Aufgrund der heutigen, andauernd fort-

nurmehr als Schmuckelement, so ginge

schreitenden Internationalisierung und

ihr eigentlicher Sinn und ihre ursprüng-

Verständigung erlangen sowohl Pikto-

liche Substanz verloren, in Folge dessen

gramme selbst, als vor allem auch deren

sich dann die Frage nach der Sinnent-

Wirkung und Bedeutung immer mehr an

leerung des ursprünglichen Kommuni-

Einfluss. Was natürlich, in logischer Konse-

kationsgedankens stellen würde. Im Ver-

quenz, diverse Fragen nach sich zieht. Kön-

lauf dieser Abhandlung wird aufgezeigt,

nen Piktogramme demnach tatsächlich

dass die gegenwärtige Verwendung von

3

als „Verkehrszechen der Globalisierung“

Piktogrammen in der Tat von divergen-

angesehen werden? Stellen sie wirklich

ten Seiten aus betrachtet werden muss,

die Lösung für auftretende Probleme in

wenn ein umfassendes Urteil getroffen

Bezug auf unsere kulturübergreifende

werden soll. Denn leider zeichnet sich

Verständigung dar? Dürfen Piktogram-

in der heutigen Zeit der negative Trend

me heute uneingeschränkt als Botschafter

ab, dass man sich, vor allem im Bereich

nonverbaler Kommunikation verstanden

der Werbung, der Piktogramme zwar

werden? Sind sie Fluch oder Segen für

verstärkt bedient, diese aber nurmehr

unser modernes Kommunikationsdesign?

als zweckentfremdete Gestaltungsmittel


Einleitung Fragestellung

verwendet werden, was ergo dazu führt,

Lernprozess bedarf. Das Augenmerk wird

dass ihr eigentlicher Sinn immer mehr

demnach nicht ausschließlich auf den Ur-

verloren geht und sich teilweise sogar

sprung, die Verwendung und grafische

ihrer Gestaltung und der, durch sie zu ver-

Gestaltung gelegt, sondern es werden

mittelnden Kommunikation, ausgrenzend

auch Erklärungen und Hilfestellungen an-

gegenüber steht. Wenn Christian Mar-

geführt, welche uns heute den Umgang

quardt also schreibt: „Piktogramme sind

mit modernen Bildzeichen erleichtern

heute unentbehrliche Dienstboten der

und dazu beitragen, diese besser verste-

Kommunikationsgesellschaft“ , so muss

hen und nutzen zu können. Da das Feld

diese Bemerkung heute kritisch hinter-

der Piktogramme heute nahezu unüber-

fragt werden. Aus diesem Grunde werde

schaubar geworden ist, müssen auch in

ich nun in meiner Arbeit untersuchen, ob

dieser Arbeit Einschränkungen getroffen

diese Aussage in der aktuellen Verwen-

werden, wenn eine intensive Bearbeitung

dung von Piktogrammen überhaupt noch

der ausgewählten Themen und Motive

tragbar ist und welche Anforderungen

gewährleistet sein soll. Neben den eben

hierfür erfüllt werden müssen.

genannten Fragestellungen und Leitge-

Wie im Punkt eins dieser Einleitung be-

danken wird daher das Hauptaugenmerk

reits angesprochen, sind Piktogramme

dieser Arbeit der Frage nachgehen, ob

dermaßen omnipräsent, dass man teil-

Piktogramme in der Tat als Botschafter

weise bereits von einer Art Übersätti-

nonverbaler Kommunikation angesehen

gung sprechen kann.5 „Piktogramme

werden können und ob man ihnen somit

begegnen uns immer häufiger und un-

die Funktion einer Universalsprache zu-

gefragter“6, wie schon Matthias Götz

schreiben kann.

4

4. MARQUARDT, CHRISTIAN: Es quietscht, wenn Strichmännchen sich paaren. Botschaften, die sich selbst erklären: Das Kunstmuseum Stuttgart hat die Geschichte der Piktogramme in einer Ausstellung aufgeblättert. Dort wird auch das Privat- und Intimleben durch die schematischen Zeichnungen dargestellt. In: Süddeutsche Zeitung vom 07.02.2007.

5. Anm.: Dies trifft besonders für den öffentlichen Bereich zu, z.B. der Verkehrsschilderwald oder die Bilderflut im öffentlichen Raum.

6. GÖTZ, MATTHIAS: Gewerbemuseum Basel: Wo ist der Ausgang? Wenn Bilder Auskunft geben. Piktogramme. Basel 1990.

Anfang der neunziger Jahre feststellte. In Folgedessen werde ich in dieser Arbeit nachweisen, dass es oftmals für das Verständnis von Piktogrammen einer Erklärung oder eines vorangehenden

11


einleitung gliederung der arbeit und verwendete literatur

3. Gliederung der Arbeit &

hung als vielmehr auf die aktuelle Ver-

verwendete Literatur

wendung von Piktogrammen. In Bezug hierauf werden in Kapitel vier die Grund-

7. ABDULLAH, RAYAN/ HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür? Mainz 2005.

8. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag zur Begriffsbestimmung. Aachen 2009.

9. ECO, UMBERTO: Zeichen – Einführung in einen Begriff und seine Geschichte. Frankfurt am Main 1977.

10. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine interkulturelle Bildsprache? Augusburg 2005.

11. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildsprache – Otto Neurath Visualisierungen. 2. Auflage. Wien 2007.

12

Die vorliegende Arbeit setzt sich sowohl

lagen der sprachlichen Interaktion durch

aus einem theoretischen als auch aus ei-

Zeichen, auf der Grundlage der Werke

nem praktischen Teil zusammen. An ge-

von Umberto Eco9 und Andreas Bauer10,

gebenen Stellen jedoch wird auch der

erörtert. Die Werke von Rayan Abdul-

theoretische Teil durch grafische Gestal-

lah / Roger Hübner und von Andreas

tungen unterstützt, um die getroffenen

Bauer bilden den wichtigsten Teil der

Aussagen, Ergebnisse oder aber auch

Sekundärliteratur für das anschließende

Thesen zu unterstreichen und zu verdeut-

fünfte Kapitel, welches sich vor allem mit

lichen. Der theoretische Teil an sich setzt

den Anforderungen auseinander setzt,

sich aus neun Einzelteilen zusammen, wo-

welche heute an Piktogramme gestellt

bei die Kapitel eins bis drei sich sowohl

werden müssen . Im sechsten Teil dieser

mit der Definition von Piktogrammen an

Ausarbeitung wird eine grafische Bauan-

sich, als auch mit deren Differenzierung

leitung für Piktogramme erarbeitet, wel-

und geschichtlicher Entstehung beschäf-

che sich sowohl mit der Konzeptionspha-

tigen. In Bezug auf die, für diese Teile

se und der visuellen Umsetzung als auch

verwendete Sekundärliteratur, sind vor

mit deren Implementierung beschäftigt.

allem die Abhandlung von Rayan Ab-

Kapitel sieben, für welches insbesondere

dullah und Roger Hübner Piktogramme

das relativ aktuelle Werk von Frank Hart-

und Icons – Pflicht oder Kür? und das,

mann und Erwin K. Bauer11 herangezo-

erst vor kurzem erschienene, Werk von

gen wurde, beschäftigt sich dann mit den

Alexander Christian Piktogramme – Kri-

bedeutendsten Gestalter von Piktogram-

tischer Beitrag zur Begriffsbestimmung

8

men. Es wird das Lebenswerk von Otto

von großer Bedeutung. Die Kapitel vier

Neurath und Otl Aicher näher betrach-

bis neun legen ihr Hauptaugenmerk dann

tet und erläutert. Im vorletzten Kapitel

weniger auf die Geschichte und Entste-

wird die gegenwärtige Verwendung von

7


einleitung gliederung der arbeit und verwendete literatur

Piktogrammen angesprochen. Hier wird

bedingt diverser Erklärungen und Infor-

der Schwerpunkt sowohl auf Schilder-

mationen welche diese Arbeit liefern soll.

und Verkehrszeichen als auch auf Pikto-

Und so beginne ich im Folgenden ganz

gramme im Alltag und im öffentlichen

am Anfang und versuche das weite Feld

Raum gelegt. In einem abschließenden

der Piktogramme Schritt für Schritt zu

Punkt soll erörtert werden, ob es sich

erarbeiten und für jedermann verständ-

bei den gegenwärtigen Bildzeichen tat-

lich zu machen. Denn nur wenn unsere

sächlich um visuelle Umweltverschmut-

Bildzeichen auch verstanden werden, er-

zung handelt, die den eigentlichen Sinn

füllen sie ihren ursprünglichen Sinn: „[…]

der nonverbalen Kommunikation längst

schnelle und eindeutige, sprach- und

verloren hat. Da die Aktualität in dieser

wortlose Kommunikation, um auf etwas

Arbeit eine äußerst wichtige Rolle spielt,

hinzuweisen oder etwas anzuzeigen.“12

werden im neunten und letzten Kapitel aktuelle Medienbeispiele aufgeführt, die

12. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 24.

deutlich machen, auf welche Weise in der heutigen Zeit mit Piktogrammen gearbeitet wird. Als Beispiele dienen hierfür Alfa Romeo Mito und ZDF – Heute Nachrichten. Der zweite große Abschnitt des Hauptteils befasst sich dann nahezu ausschließlich mit der grafischen Ausgestaltung, basierend auf den Ergebnissen des theoretischen Teils. Denn wenngleich Bilder, Zeichen, Zeichnungen oder Piktogramme insgeheim doch mehr aussagen als 1000 Worte, so müssen diese Bilder auch verstanden werden können. Dies wiederum

13


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zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

kapitel Zwei HaupTteil 1. Definitionen

reduziert um den Kern der Bedeutung wiederzugeben – denn hierbei bleiben

1.1. Begriffsgebrauch im Alltag

schlichtweg noch zu viele Fragen offen.

Wir sind täglich von unendlich vielen Bild-

Daher wird nun die Zusammensetzung

zeichen umgeben, welche Funktion und

des Begriffs Piktogramm genauer be-

welche Bedeutung diesen Zeichen eigent-

trachtet. Das Wort Piktogramm ist ein

lich zukommt, ist den meisten von uns

Kompositum aus dem lateinischen pic-

jedoch nicht immer bewusst. Um dem

tus, Partizip Perfekt von pingere (malen),

Wesen der Piktogramme näher zu kom-

und dem griechischen gramm aus dem

men, wird in diesem Abschnitt der Aus-

gleichbedeutenden gramma (Buchsta-

arbeitung näher auf die Definition des

be, Schrift, Geschriebenes, Darstellung,

Terminus Piktogramm und dessen Be-

Abbildung, Bild) zu graphein (einritzen,

griffsverwendung im Alltag eingegangen.

schreiben)15. Als wörtliche Übersetzung

Unglücklicherweise gibt es im aktuellen

könnte man geschriebenes Bild anführen,

Sprachgebrauch ebenso viele Definiti-

was der Kernaussage dieser Bildzeichen

onen wie Piktogramme im öffentlichen

relativ nahe kommt. Doch was bezwecken

Raum, ergo unendlich viele! Den Anfang,

diese alltäglichen Begleiter nun? Marion

der Begriffsdefinition hierzu bildet der

Zerbst und Werner Kafka schreiben hierzu

stets korrekte Duden. Dessen Formulier-

in ihrem Werk SEEMANNs Lexikon der

ung nach handelt es sich bei einem Pik-

Symbole16: „Piktogramme sind formel-

togramm um ein: „[…] formelhaftes gra-

hafte „sprechende“ Zeichen. Sie werden

fisches Symbol [mit international fest-

international verstanden, wenn sie in der

gelegter Bedeutung] z.B. Totenkopf für

Regel auch nicht international einge-

«Gift»“13, sowie einer: „stilisierten Dar-

setzt werden. Wo es nötig ist, werden

stellung von etwas, das eine bestimmte

Piktogramme – z.B. Verkehrszeichen – in

Information, [oder aber] Orientierungs-

langwierigen Prozessen international dis-

hilfe vermittelt“ . Diese Beschreibungen

kutiert und nach dem Finden eines all-

sind sicherlich formal korrekt, jedoch zu

gemeinen Konsensus als für alle gültig

14

13. Dudenredaktion (Hrsg.): Duden. Die deutsche Rechtschreibung, 23. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag 2004

14. Dudenredaktion (Hrsg.): Duden. Das Fremdwörterbuch, 9. aktualisierte Auflage, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag 2007

15. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 21

16. ZERBST, MARION / KAFKA, WERNER: SEEMANNs Lexikon der Symbole, 2. Auflage, Leipzig 2006

17


Definitionen begriffsgebrauch im alltag

17. ZERBST, MARION / KAFKA, WERNER: SEEMANNs Lexikon der..., S. 332

verabschiedet.“17 Diese Formulierung

weniger als einen Ersatz für die vorherr-

zeigt einige wichtige Fakten auf. Es ist

schende Sprache und Schrift. Deshalb

von sprechenden Zeichen die Rede, was

werden Piktogramme oft in Kombination

darauf rückschließen lässt, dass jedem

mit Schrift verwendet, um ihre Eindeutig-

einzelnem Piktogramm eine entsprechen-

keit zu unterstützten. Aufgrund dessen,

de Kommunikationsabsicht zu Grunde

dass in der gestalterischen Umsetzung

liegt. Eine ausführliche Erörterung, wer

weiterhin nicht wenige Fragen offen blei-

hierbei mit wem, und in welcher Form

ben, wie zum Beispiel die Realisierung der

kommuniziert, wird später in Kapitel vier

stilisierten, bildlichen Darstellungen, be-

Grundlagen der sprachlichen Interaktion

schäftigt sich der folgende Abschnitt mit

durch Zeichen erarbeitet. An dieser Stelle

der Definition aus der Sicht der Grafiker

bleibt jedoch festzuhalten, dass Bildzei-

und Informationsdesigner.

chen versuchen unabhängig von Schrift und verbaler Sprache zu kohärieren. Da es sich dabei immer um vom Menschen

18

geschaffene künstliche Zeichen handelt,

1.2. Der Terminus Piktogramm

wird ein hoher Anspruch an die Gestalter

in der Gestaltung

und Entwickler dieser modernen Kom-

Die größte Herausforderung für Informa-

munikationsform gestellt. In der heutigen

tionsdesigner stellt, bei ihrer Arbeit mit

Medienbranche beschäftigen sich viele

Piktogrammen, zweifelsohne die Kombi-

Designer ausschließlich mit dem äußerst

nation der Korrektheit des Bildes mit der

anspruchsvollen Gebiet des Informati-

Abstraktheit eines Sprachcodes dar. Wie

ondesigns, um eine interkulturelle Infor-

vermögen es diese Bilder, einen ursprüng-

mationsvermittlung und Orientierung in

lich verbalisierten Ausdruck anhand eines

fremder Umgebung zu gewährleisten. Die

einzigen Zeichens darzustellen, ohne des-

meisten Gestalter sehen ihre grafischen

sen ursprüngliches Axiom zu verändern?

Ausarbeitungen dabei mehr als hilfreiche

Der angesehene Philosoph und Ökonom

Ergänzung zur regionalen Sprache und

Otto Neurath, der ein wesentlicher Vor-


Definitionen der terminus piktogramm in der gestaltung

reiter in Sachen Piktogrammentwicklung

gefälligen Auslegung von Piktogrammen

war, formulierte dazu passend: „[ein] Pik-

einerseits und der Umsetzung des reinen

togramm muss Zeichencharakter haben

Informationstransfers andererseits, ent-

und sollte keine Illustration sein.“ . Diese

wickelt. In der gegenwärtigen Medien-

Aussage verdeutlicht, dass bei der Schöp-

kultur ist ein Trend hin zu grafisch wert-

fung von sprechenden Bildzeichen meist

vollen Piktogrammen zu verzeichnen, wo-

der Informationsgehalt im Vordergrund

bei dadurch der eigentliche Kommunika-

steht und die gestalterische Realisierung

tionsgedanke langsam immer mehr in den

eher ein Mittel zum Zweck darstellt. Fol-

Hintergrund tritt. Trotzdem folgen auch

gendes Statement von Herbert W. Kapitz-

aktuelle Piktogrammdesigner der Fest-

ki, Professor für visuelle Kommunikation

stellung von Adrian Frutiger aus seinem

an der Universität der Künste Berlin und

Werk Der Mensch und seine Zeichen20:

Mitbegründer des Instituts für visuelle

„Piktogramme sind ein vorzügliches Bei-

Kommunikation und Design, untermau-

spiel für funktionierendes Design. Auf das

ert diese These mit seiner Aussage: „In

Wesentliche beschränkt, vermitteln diese

meiner Gestaltungsarbeit gehe ich davon

Zeichen unabhängig von Sprachbarrieren

aus, dass ein Piktogramm als nonverbales

meist einen eindeutigen Sachverhalt.“21

Verständigungsmittel die Visualisierung

Der ausschlaggebende Punkt für das Ver-

eines Objekts oder eines Sachverhalts zu

stehen der einzelnen Bildzeichen scheint

leisten hat und damit etwas anderes ist

also die Kunst der Vereinfachung und der

als die Illustrierung einer angenommenen

Reduktion auf das Wesentliche, durch

Situation oder eines Objekts, die eher der

grafisch stilisierte Grundformen, zu sein.

Gefallensästhetik unterworfen ist. Hier ist

Es muss demnach Wert auf eine ikonische

eine sinnvolle Abstraktion eines bildne-

Umsetzung des zu vermittelnden Inhalts

rischen Vorgangs vorzunehmen, expres-

gelegt werden, um dadurch die Zeichen

19

sive Figurationen sind zu vermeiden.“

und deren Aussage für den internationa-

Es ist also festzustellen, dass sich ein

len Betrachter verständlicher zu machen

Zwiespalt zwischen der optischen und

– je ikonischer die Realisierung desto ver-

18

18. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 10

19. Vgl. http://www kapitzki.de/ de/content/40.html

20. FRUTIGER, ADRIAN: Der Mensch und seine Zeichen, 7. Auflage, Wiesbaden 2007

21. Ebd, S.156

19


Definitionen der terminus piktogramm in der gestaltung

ständlicher die Zeichen. Somit wird eine

durch einen eigenen Elementcharakter.

große Herausforderung an die Grundla-

Dieses Argument wird zusätzlich durch

gen des Kommunikationsdesigns gestellt,

Otto Neuraths Auffassung: „[Ein Pikto-

an denen sich gute Piktogrammgestalter

gramm ist ein] Element eines Systems

messen lassen müssen. Einen weiteren

von absoluter Geltung“23 unterstützt. Eine

Blickwinkel auf die Definition in der Ge-

ausführliche Ausarbeitung dieser Gestal-

staltung erhält man durch die Sichtweise

tungsdefiniton erfolgt im späteren Kapitel

von Matthias Görtz und dessen These:

sechs Grafische Bauanleitung für Pikto-

„Ein Piktogramm ist mindestens zwei.“

gramme.

22

22. GÖTZ, MATTHIAS/ (Hrsg.): Gewerbemuseum Basel: Wo ist der Ausgang? Wenn Bilder Auskunft geben: Piktogramme.

Seiner Feststellung nach, kann man heute nicht mehr von einem Piktogramm im Singular sprechen, sondern es muss vom modernen Piktogramm im Plural gesprochen

23. DULLAH, RAYAN/ HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 10

20

werden, da Bildzeichen in der Gegenwart

1.3. Zusammenfassung der

meist als ganze Piktogrammsysteme auf-

verschiedenen Definitionen

treten. Man versucht somit grammatik-

Im Rahmen einer schrittweisen Annähe-

analoge Sprachstrukturen auf die bild-

rung an den Begriff Piktogramm lassen

lichen Zeichen zu übertragen um eine

sich auf der Basis der vorangegangenen

Bildsystemematik zu erschaffen. Hierbei

Überlegungen fünf frappierende Forde-

spricht man heute von der sogenannten

rungen festhalten, die zwar grundsätz-

Piktogrammatik. Diese Systemzugehö-

lich an Piktogramme gestellt, aber wie es

rigkeit wird durch einheitliche visuelle

scheint, nicht immer gleichermaßen rea-

Darstellungen auf der Grundlage eines

lisiert werden. Als erstes wird in diesem

Rasters realisiert, bei deren klar definierte

Zusammenhang das Postulat der interna-

Proportionen, Winkel- und Längenmaße,

tionalen Verständlichkeit genannt. Durch

sowie ein einheitliches Format innerhalb

diese Begrifflichkeit soll die internationa-

der jeweiligen Piktogrammgruppe vor-

le, ergo die allgemeine Verständlichkeit

herrschen. Jedes Zeichen entwickelt da-

der Bildzeichen zum Ausdruck gebracht


Definitionen zusammenfassung der verschiedenen definitionen

werden, wobei in Bezug hierauf stets

handelt es sich bei Piktogrammen doch

betont wird, dass sich die Bedeutung

in erster Linie um stilisierte, absolut ver-

der einzelnen Piktogramme unmittelbar

einfachte, auf die wesentlichen Grund-

und intuitiv aus deren Form und Ge-

strukturen reduzierte, bildliche Darstel-

staltung erschließen lassen müssen.

24

lungen.27 Und eben diese Simplizität ist

Bei der intensiven Auseinandersetzung

es, welche die allgemeine, internationale

mit Piktogrammen, deren Geschichte

Verständlichkeit bedingt und ohne wel-

und vor allem auch deren Gestaltung,

che Kommunikation durch Piktogramme

kommt der Unabhängigkeit von Schrift

unmöglich wäre. Denn verbale Kommu-

und Sprache eine durchaus wichtige Rol-

nikation gestaltet sich über verschiedene

le zu, stehen die modernen Bildzeichen

Kulturen, Sprachen und Gesellschaften

doch nicht für eine apodiktische lautli-

hinweg wesentlich schwieriger, wie wir

che Repräsentation, sondern vielmehr für

aus unserer eigenen Erfahrung wissen

eine weitaus komplexere Aussage. Eine

dürften, als Kommunikation über simplifi-

weitere bedeutende Rolle spielt die so-

zierte und stilisierte Bildzeichen. Und ob-

genannte Ikonizität von Piktogrammen.

wohl es scheint, als würden Piktogramme

Diese erschöpft sich in der teilweise kon-

aufgrund ihrer Allgemeingültigkeit und

ventionalisierten Abbildungsrelation zu

Internationalität keiner spezifischen Ka-

dem jeweils dargestellten Objekt und

tegorie zugeordnet werden können, so

liegt gleichfalls hauptsächlich in der Ähn-

gehören sie doch einem ausgewählten

lichkeit der Form, oder aber in der Ana-

System an.28 Innerhalb dieser Kategori-

logie einer Funktion, beziehungsweise

en werden jedem einzelnen Piktogramm

in deren Konzeptfunktion, begründet.26

selbstverständlich bestimmte Funktio-

Stilisiertheit und die Systemzugehörigkeit

nen und Aufgaben zugewiesen. Jedes

sind die letzten beiden bedeutsamen

Bildzeichen besitzt demnach eine festge-

Merkmale von Piktogrammen, welche

legte Bedeutung und unterliegt ebenso

in diesem Zusammenhang in der vorlie-

einheitlichen Gestaltungsregeln.

25

24. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag..., S. 31 25. Ebd.

26. Ebd.

27. Ebd.

28. Ebd, S.156

genden Arbeit angesprochen werden. So

21


Definitionen zusammenfassung der verschiedenen definitionen

29. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildsprache – Otto Neurath..., S. 14

Die Attribute Internationale Verständlich-

egal auf welchem Kontinent, in welchem

keit, Unabhängigkeit von Schrift und Spra-

Land oder in welcher Stadt, unabhän-

che, Ikonizität, Stilisiertheit und System-

gig davon ob gebildet oder ungebildet

zugehörigkeit sollten, nein, mehr noch

„wer schnellen und bleibenden Eindruck

müssen jedem Bildzeichen zugewiesen

machen will, bedient sich der Bilder.“29

werden können, wenn die jeweiligen Piktogramme als nonverbale Kommunikationsbotschafter fungieren sollten. Nur auf diese Weise wird eine einfache, präzise und verständliche Kommunikation mit Hilfe von Bildzeichen gewährleistet, denn

22


Definitionen zusammenfassung der verschiedenen definitionen

23


differenzierunG Zeichen – Ikon – Symbol – Index

2. Differenzierung unter-

Symbol und den Index30. Nur welcher der

drei Zeichentypen ist der richtige, um die

schiedlicher Arten von

Bildzeichen

definierte Botschaft zu übermitteln? Um ein Verständnis für die richtige Wahl der

30. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine interkulturelle Bildsprache?, Augsburg 2005, S. 102ff

31. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 14

24

2.1. Zeichen – Ikon – Symbol – Index

einzelnen Kategorien zu erhalten, sollen

Im ersten Teil der Arbeit wurden die ver-

diese nun genauer betrachtet werden.

schiedenen Definitionen und formalen Be-

Den Anfang bildet der Grundzeichentyp

schreibungen von Piktogrammen genauer

Ikon. Das Ikon (griechisch: Bild, Abbild) ist

erörtert, der zweite Teil befasst sich nun

ein Zeichen, dass dem abgebildeten Ob-

mit den unterschiedlichen Arten von Bild-

jekt oder der zu beschreibenden Hand-

zeichen in unserem alltäglichen Umfeld,

lung ähnelt. Hierzu zählen Fotos, Grafiken

um dabei dem Phänomen der Piktogram-

und Illustrationen. Durch die strukturelle

me wieder einen Schritt näher zu kommen.

Ähnlichkeit stellt es eine direkte Relati-

Einleitend stellt sich hierzu die Frage: Wie

on zum beschreibenden Gegenstand her

ist ein bestimmtes Zeichen in der Lage,

und ist somit unmittelbar verständlich. Bei

ein spezielles Konzept in unserem Kopf

der Entwicklung dieser Zeichengattung

zu aktivieren? Dazu ist festzuhalten, dass

kommt es, bei der grafischen Umsetzung,

jede gewünschte Aussage in Form von

meist zu einem Kompromiss zwischen

Bildzeichen ein konstruiertes Motiv be-

dem Ikonizitätsgrad und dem Abstrakti-

nötigt, um visualisiert werden zu können.

onsgrad. Der Ikonizitätsgrad bezeichnet

Es kann sich dabei um äußerst abstrakte

hier die Übereinstimmung mit dem Be-

oder sehr konkrete Formen der Visualisie-

zeichneten, der Abstraktionsgrad dage-

rung handeln. Weiterhin kann das einzelne

gen den Grad der Abweichung.31 Wie im

Zeichen viele, oder nur wenige Merkmale

ersten Kapitel beschrieben, ist für den

des zu beschreibenden Objektes besitzen.

Betrachter ein Zeichen umso verständli-

Der Semiotiker Charles S. Peirce unter-

cher, je ikonischer dieses in seiner visuel-

scheidet je nach Objektbezug drei ver-

len Darstellung ist.

schiedene Bildkategorien: das Ikon, das


differenzierunG Zeichen – Ikon – Symbol – Index

Die zweite Kategorie bilden die soge-

lustration des abstrakten Begriffs Liebe,

nannten Symbole (griech.: Wahrzeichen,

wobei die Bedeutung solcher Symbole in

Sinnbild), diese sind Zeichen, welche ein

verschiedenen Kulturen divergente Aus-

Konzept oder eine Idee versinnbildlichen,

legungen haben kann.

aber nicht zwingend einen formalen Be-

Die dritte Kategorie der Zeichentypen

zug zum bezeichneten Gegenstand haben

ist das Index (lateinisch: Anzeiger). Das

müssen. Es besteht dabei, nicht wie beim

Indexzeichen beschreibt sich durch das

Ikon, eine unmittelbare Relation zwischen

Anzeigen des Bezeichneten und verweist

Darstellung und Bezeichnetem, sondern

auf sein zu bezeichnendes Objekt. Da-

Symbol und Objekt sind arbiträr mitei-

bei kann es sich um ein natürliches, oder

nander verbunden. Man sieht das Sym-

aber auch um ein künstliches Zeichen

bol deshalb auch als einen Stellvertreter.

handeln. Es kann objektähnlich sein, oder

Das optische Abbild kann also vom ver-

keine Ähnlichkeit aufweisen. Somit steht

mittelnden Inhalt abweichen, weswegen

es über dem Ikon und dem Symbol. Da

Sender und Empfänger die Bedeutung

es einen direkten räumlichen Bezug zum

eines Symbols vorher vereinbart, de facto

Gegenstand, beziehungsweise zum Sach-

erlernt haben müssen. Ein gutes Beispiel

verhalt hat.32 Die zu übertragende Infor-

hierfür ist die Friedenstaube, als interna-

mation kann sowohl über eine ikonische

tional gültiges Symbol für Frieden. Diese

Darstellung als auch über symbolisierte

Darstellung hat optisch keinerlei Bezug

Zeichen vermittelt werden. Zusammen-

zum Thema Frieden, sondern ihre Be-

fassend ist also die Relation zwischen Zei-

deutung muss erst erlernt werden. Die

chen und Objekt, sowie der Ikonizitäts-

Friedenstaube ist gleichzeitig auch ein

grad der Darstellung ausschlaggebend,

Beispiel für die Feststellung, dass Sym-

um die gewünschte Aussage der Zeichen

bole besonders gut geeignet sind um

so gut wie möglich zu transportieren. Bei

komplexe und abstrakte Sachverhalte, wie

der Beziehung zwischen Piktogramm und

Frieden, visuell darzustellen. Ein weite-

Gegenstand, spielen das Konzept und die

res Exempel ist das rote Herz für die Il-

dadurch aufgerufene Erfahrung die wohl

32. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine …, S. 102

25


differenzierunG Zeichen – Ikon – Symbol – Index

33. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath…, S. 37

größte Rolle. Dies stellte bereits der Öko-

2.2. Piktogramme und ihnen

nom Otto Neurath fest, was folgendes Zi-

verwandte Formen

tat von ihm eindeutig bestätigt: „Wer ver-

Piktogramme fallen nicht vom Himmel

ständlich kommunizieren will, wird dafür

und kommen auch nicht aus der Hölle.

möglichst konkrete Formen wählen.“

Piktogramme treten nicht einfach aus

33

dem Nichts hervor. Es gibt aber selbstverständlich diesen bildhaften Zeichen Die drei GrundZeichentypen:

nahe stehende, verwandte Formen. In Anbetracht dieser Tatsache muss zwin-

zeichen

gend eine Klassifizierung von Bildzeichen vorgenommen werden, denn erst durch eine Abgrenzung der Piktogramme von anderen existierenden Bildzeichen, wird deren Position und Bedeutung erkennbar. Da es jedoch den formalen Rahmen

INDEX

IKON

SYMBOL

meiner Diplomarbeit sprengen würde, die einzelnen Bildzeichenkategorien ausführlich zu erläutern und zu bearbeiten, sollen im Folgenden lediglich die bedeutsamsten von ihnen angesprochen und gezeigt werden. Hierfür bediene ich mich einer Auflistung von Rayan Abdullah, und Roger Hübner aus ihrem Buch Piktogramme und Icons - Pflicht oder Kür.34 Welche auf der folgenden Seite,

34. ABDULLAH, RAYAN/ HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 11

26

mit den entsprechenden, beispielhaften Darstellungen beschrieben und gezeigt werden.


differenzierunG Piktogramme und ihnen verwandte Formen

Ikonogramm (P1)

Typogramm (P6)

Ein ikonisches Zeichen, das als Abbilddar-

Typendarstellung. Ein Zeichen, auch ein

stellung die Übereinstimmungsmerkmale

zusammengesetztes Zeichen, aus einem

zwischen Zeichen und dem Bezeichnetem

Schriftrepertoire, zum Beispiel dem Al-

hervorhebt. Eine Abbildungsdarstellung.

phabet

Ideogramm (P2)

Diagramm (P5)

Begriffsdarstellung. Entspricht dem Zei-

Ein visuelles Zeichen, das zum Teil noch

chen als Symbol, das unabhängig von

ikonische Darstellung ist, mehr aber ein

formaler Übereinstimmung in einer Be-

Funktionskomplex, welcher Funktionsab-

ziehung zum Referenten steht.

läufe oder Sachverhalte veranschaulicht.

Logogramm (P3)

P1

P2

P3

P4

Schriftähnliche Begriffsdarstellung. Ein visuellsprachliches Zeichen für einen Referenten ohne Berücksichtigung der lautsprachlichen Dimension

P5

Kartogramm (P4) Eine topografische Darstellung mit Funktionskomplexen und ikonischen Sachverhalten, zum Beispiel eine Landkarte.

P6

Phonogramm (P7) Lautdarstellung. Ein Zeichen, das durch sprachliche oder andere Laute als Sig-

P7

nal Verwendung findet, zum Beispiel ein Pfeifton

27


differenzierunG die sonderstellung der icons

I1

35. ABDULLAH, RAYAN/ HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 206

28

2.3. Die Sonderstellung der Icons

de, im Vergleich zu analogen Zeichen dar-

Mit der Einführung von grafischen Be-

gestellt werden. Optisch treten moderne

nutzeroberflächen bei Computern und

Icons viel detailreicher und farbenfroher

anderen technischen Geräten, in den frü-

auf. Diese aufwändige Gestaltung wider-

hen Achtzigern, wurde das Spektrum der

spricht geradezu den Piktogrammen und

Bildzeichen um eine neue Kategorie, die

deren grafischer Reduzierung. Mit einem

Gattung der sogenannten Icons erwei-

solchen Auftritt bieten Icons einen hö-

tert. Diese bilden somit den modernsten

heren visuellen Unterhaltungsfaktor als

Vertreter der sprechenden Zeichen und

klassische Bildzeichen, welcher zusätz-

werden aufgrund ihrer ausschließlichen

lich durch die Möglichkeit der Animation

Darstellung auf Displays und Monitoren,

und Interaktion mit Icons verstärkt wird.

auch als Bildschirmzeichen tituliert. Die

Bildschirmzeichen besitzen die Fähigkeit,

Aufgabe von Icons ist die Navigation auf

durch Anklicken oder Aktivieren ihr Aus-

Webseiten, die grafisch geleitete Benut-

sehen zu verändern und sind somit in

zerführung in Programmen und Betriebs-

der Lage gewünschte Handlungsabläufe

systemen, sowie die digitale Bedienung

optisch besser übermitteln zu können.

von Maschinen und Geräten mittels Dis-

Wahrscheinlich werden deshalb Icons von

plays. Zu den bekanntesten Icons im Be-

Rayan Abdullah und Roger Hübner auch

reich von Benutzerführung zählen bei-

als „Kür der Bildzeichen“35 beschrieben.

spielsweise die Symbole für die Befehle

Allerdings ist eine solche aufwändige

Drucken und Speichern. Diese Anweisun-

Darstellung und Animation nur auf Bild-

gen werden meist durch einen Klick auf

schirmen und Displays bei Computern,

das entsprechende Zeichen ausgelöst.

Handys und vergleichbaren technischen

Doch sind neuzeitlichen Icons eigentlich

Geräten möglich und schränkt diese be-

noch wahre Vertreter der klassischen Bild-

sondere Fähigkeit physikalisch ein. Den-

zeichen, mit deren grundlegenden Anfor-

noch aber gibt es viele Gemeinsamkeiten

derungen? Um diesen Umstand zu klären

mit bestehenden Bildzeichen. So bieten

sollen im ersten Schritt einige Unterschie-

Icons, wie auch Piktogramme, eine Hil-


differenzierunG die sonderstellung der icons

festellung bei Orientierung und nonver-

spricht deutlich gegen das Verständnis

baler Kommunikation. Ebenso wird bei

der klassischen Bildzeichen, wollen die-

beiden Bildkategorien versucht komple-

se doch, durch optische Einfachheit und

xe Sachverhalte grafisch zu reduzieren,

Beständigkeit, eine gleichbleibende Ver-

um den Benutzer die Verständlichkeit

ständigung ermöglichen. Als Resultat der

der gewünschten Aussage, auf dem ein-

aufgezeigten Punkte gehören Icons zwar

fachsten Wege, zu vermitteln. Der inter-

noch zu den Bildzeichen, bilden aber eine

nationale Anwender soll sich durch Icons

moderne, interaktive Sonderform der

auch ohne Vorkenntnisse in Programmen,

sprechenden Zeichen.

I2

Betriebssystemen oder Webseiten zurechtfinden. Somit ist der Bestand der Hilfestellung und Benutzerführung erfüllt. Aufgrund der genannten Vorteile und der vorherrschenden optischen Präsenz von Icons hat sich aktuell eine unüberschaubare Menge der digitalen Bildzeichen sowohl im World Wide Web als auch in unterschiedlichen Benutzeroberflächen entwickelt. Diese Genese muss aber sehr kritisch betrachtet werden, da jeder Softwareentwickler und jeder Webseitengestalter für jedes neue Programm, beziehungsweise für jede neue Website, die Icons meist neugestaltet, um den gegenwärtigen Trends zu folgen. Somit ist der Anwender von Fall zu Fall gezwungen, die Icons und die daraus folgende Navigation neu zu lernen36. Dieser Fakt

36. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 36

29


geschichtliche entstehtung historisches fundament der modernen bildzeichen

3. Geschichtliche Ent-

Trotz des vorherrschenden Kommunika-

tionsgedankens können die Höhlenmale-

stehung der Piktogramme

reien aber nicht direkt den Piktogrammen

G1

Höhlenmalerei um 30000 v. Chr.

G2

Ägyptische Hieroglyphen aus der Antike in Luxor.

37. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 7

38. Ebd., S. 8

3.1. Historisches Fundament der

zugeordnet werden, da viele Anforderun-

modernen Bildzeichen

gen und Grundvoraussetzungen, welche

Von den hochmodernen, ausgefeilten

für die Piktogrammbezeichnung, unserem

Kommunikationshelfern den Icons, gehen

heutigen Verständnis nach unabdingbar

wir nun wieder einige Entwicklungsstu-

sind, noch nicht erfüllt waren. So fehlte es

fen zurück, um die geschichtliche Entste-

den Zeichen an jeglicher Systemfähigkeit

hung der gegenwärtigen Piktogramme

und Kulturneutralität, da ihre Verwendung

näher betrachten zu können. Piktogramme

war auf einen sehr begrenzten regionalen

sind, der genauen Definition nach, eine

Radius eingeschränkt war. Aus chronolo-

Erfindung der Neuzeit, ihre Ursprünge

gischer Sicht folgten den ersten primitiven

und Grundlagen aber liegen weit in der

Bildzeichen die Hieroglyphen der Ägyp-

Geschichte zurück, da historische Bild-

ter, aus der Zeit der Antike. Die gemalten

zeichen als Vorläufer unserer aktuellen

Zeichen der Ägypter wurden aufwändi-

Schriftkultur gelten. Die ersten nennens-

ger, stärker standardisiert, trugen mehr

werten Anzeichen für Piktogramme kön-

Informationen und hatten größere narra-

nen auf 30000 v. Chr. datiert werden, es

tive Kraft.38 So enthält die Grabkunst der

handelt sich hierbei um westeuropäische

Antike bereits komplexe Darstellungen

Höhlenmalerei.

Diese Aufzeichnungs-

sozialer, politischer und wirtschaftlicher

mittel wurde genutzt um bildhafte Dar-

Tätigkeiten in grafischen Bildsequenzen

stellungen von Jagdszenen und Ritua-

und Szenen, welche selbst den heutigen

len festzuhalten. Weiterhin wurden die

Betrachtern meist leicht verständlich sind.

symbolischen, aber eher realitätsnahen

Im Allgemeinen wurden Hieroglyphen für

Formen, zur Kommunikation mit Göttern

die Nachrichtenübermittlung eingesetzt,

oder Menschen sowohl aus der Vergan-

was einer systematischen und chronologi-

genheit als auch aus Zukunft, verwendet.

schen Verwendung der einzelnen Zeichen

30

37


geschichtliche entstehtung historisches fundament der modernen bildzeichen

bedarf. Somit waren einige Grundanfor-

che den heutigen Piktogrammen relativ

derungen an Piktogramme bereits damals

nahe kommen. Es handelt sich hierbei um

erfüllt. Nach den Hieroglyphen folgten

Vignetten, welche ihren Durchbruch mit

lange Zeit keine nennenswerten Vertre-

der Einführung des Buchdrucks erfuhren.

ter der Bildzeichen. Erst im Mittelalter

Es gab religiöse Vignetten, Festtagsvi-

wurde durch die sogenannten Wappen

gnetten, Jahresvignetten, Zeitungsvig-

eine neue Kategorie der Bildzeichen ein-

nette und viele andere mehr. Vignetten

geführt. Ursprünglich wurden Wappen

im Allgemeinen beschreiben illustrative

eingesetzt um bei Ritterkämpfen die Kon-

Randverzierungen im Druckwesen, wel-

trahenten zu unterscheiden und ihre Sip-

che begleitend als bildliche Unterstüt-

penzugehörigkeit festzustellen. Diese

zung zum Kapitel eingefügt wurden. Sie

Zeichen wurden über die Jahre hinweg

hatten damals also schon einige Gemein-

weitervererbt und entwickelten sich zu

samkeiten mit heutigen Piktogrammen,

den Familienwappen des Adels. Durch

allerdings unterscheiden sich diese Zei-

Handelsgeschäfte entwickelten sich par-

chen noch deutlich im formalen Anspruch

allel aber auch bürgerliche Familienwap-

und der Systemfähigkeit, weswegen sie

pen, um Besitzansprüche und Ländereien

eher als Ikonen denn als Symbole einge-

zu markieren . Im Bezug auf Piktogram-

stuft werden.

39

G3

Stadtwappen der Stadt Gera aus dem 14. Jahrhundert.

G4

me nehmen mittelalterliche Wappen aber Vignetten für illustrative Darstellungen im Buchdruck.

nur eine geringfügige Rolle ein, da hierbei kein Anspruch auf Kulturneutralität und Zeichenhaftigkeit zu erkennen war.

3.2. Der neuzeitliche Urknall

Ursprünglich wurden diese detailreichen

der Piktogramme

und schmuckhaften Zeichen nur für re-

Der große Durchbruch der Piktogramme

präsentative Zwecke eingesetzt. Eine Ent-

erfolgte schließlich um 1900, ausgelöst

wicklung zu richtigen Piktogrammen ist

durch das Voranschreiten der Globali-

erst mit der Neuzeit zu verzeichnen,

sierung, die immer modernere Technik

denn dort finden sich Bildzeichen, wel-

und letztendlich durch den Aufbau des

39. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 19

31


geschichtliche entstehtung der neuzeitliche urknall der Piktogramme

G5

Die ersten vier gültigen Verkehrszeichen und ihre heutigen Entsprechungen.

internationalen Verkehrswesens. Die Men-

dessen Entwicklung seit diesem Zeitpunkt

schen rückten weltweit immer näher zu-

unaufhaltsam voranschreitet. 1968 wurde

sammen und es entstanden neue zent-

in Deutschland beispielsweise eine eige-

rale Schnittpunkte verschiedener Spra-

ne Projektgruppe mit dem Namen Pikto-

chen und Kulturen. Der Ursprung der uns

gramme im Auftrag des ADV 41 ins Leben

bekannten Piktogramme ist demnach

gerufen, um Empfehlungen und Anleitun-

Konsequenz der internationalen Verstän-

gen für die Verwendung von Bildzeichen

digungsschwierigkeiten, welche sich im

und Infoleitsystemen zu geben. Erst Jahr-

Zuge der zunehmenden Globalisierung

zehnte später wurden diese Regularien

und Internationalisierung herauskristalli-

auch auf kommunale Verkehrsmittel wie

sierten. Infolge dessen wurden natürlich

zum Beispiel auf Bus und Bahn übertra-

neue und spezielle Anforderungen an

gen, weshalb das Transportwesen als ei-

das Kommunikationsdesign gestellt. Die

ner der Hauptgründe für die Entstehung

Lösung sah man in standardisierten, welt-

von Piktogrammen angesehen werden

weit leicht verständlichen Bildzeichen. So

kann. Vor allem an internationalen Treff-

gab es 1909 bereits die ersten internati-

punkten wie Bahnhöfen, Flughäfen und

onal genormten Bildzeichen in Form von

Massenveranstaltungen wurden Pikto-

Verkehrszeichen . Diese setzen sich aus

gramme zur Orientierung und Informa-

vier divergenten Bildsymbolen zusammen

tion eingesetzt. Im Zuge dessen ent-

und besitzen bis heute ihre Gültigkeit,

standen im Jahre 1936 die ersten Pikto-

selbst ihre grafische Umsetzung hat sich

gramme für die Olympischen Sommer-

bis heute kaum verändert. Ab 1927 kamen

spiele in Berlin, welche durch grafisch

durch einen Beschluss des Völkerbundes

reduzierte Bildzeichen und Formen die

für Transportwesen weitere, internatio-

einzelnen Sportarten repräsentierten.

nal gültige, Verkehrszeichen hinzu. Somit

Als Impulsgeber für unser heutiges Pik-

wurde der Grundstein für die ersten welt-

togrammverständnis können allerdings

weit funktionierenden Informations- und

erst die Piktogramme der Olympischen

Leitsysteme durch Piktogramme gelegt,

Sommerspielen 1964 in Tokio betrachtet

40

40. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 21

41. Anm.: ADV steht für Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen

32


geschichtliche entstehtung der neuzeitliche urknall der Piktogramme

werden42, da diese Bildzeichen durch kon-

zuhalten, dass der Entwicklungsprozess

sequent, abstrahierte und systematisierte

sprechender Zeichen stetig voranschrei-

Darstellungen alle formalen Anforderun-

tet und Piktogramme auch den Weg in

gen an moderne Piktogrammgestaltung

die Kommunikationsformen internationa-

erfüllen. Die Piktogrammentwicklung im

ler Unternehmen gefunden haben, wer-

Zusammenhang mit den Olympischen

den doch gerade hier die Zeichen gerne

Spielen wurde 1972 durch Otl Aicher

für eine schnelle, günstige und interna-

und seine neuen, innovativen Piktogram-

tionale Verständigung eingesetzt. Auch

mentwürfe so entschieden vorangetrie-

bei Betriebsanleitungen, Werbeanzeigen,

ben. Die Gestaltungsleistung, Formspra-

Produkt- und Gefahrenhinweisen, sowie

che und Konsequenz der entwickelten

allgemeinen Beschreibungen sind die

Bildzeichen Otl Aichers gelten bis heute

kleinen Helfer häufig anzutreffen, was

als Musterbeispiel für Piktogrammdesign

die Kommerzialisierung der Piktogramme

und bilden somit einen Meilenstein in der

stetig vorantreibt. Dies bringt allerdings

Entwicklungsgeschichte des Kommunika-

nicht nur positive Effekte mit sich. Denn

tionsdesigns. Auf diese herausragende

oftmals werden diese Bildzeichen nur als

gestalterische Leistung soll im späteren

grafische Aufwertung verwendet, ohne

Kapitel sieben Bedeutende Gestalter

dem ursprünglichen Kommunikationsge-

von Piktogrammen – a tribute to… nä-

danken gerecht zu werden. Auch in Bezug

her eingegangen werden. Ebenso wird in

auf das Transportwesen ist ein durchaus

diesem Abschnitt eine weitere Entwick-

negativer Trend zu beobachten, tauchen

lungsphase auf dem Weg zum modernen

doch vor allem in diesem Bereich immer

Piktogramm am Beispiel des Isotype-

mehr neue Schilder und Bildzeichen auf,

Systems von Otto Neurath ausführlich

was unweigerlich zur Folge hat, dass man

untersucht. Im Zusammenhang hiermit

als Betrachte sowohl den Überblick als

wird auch auf dessen Grundeinstellung

auch die Orientierung im sogenannten

Demokratisierung des Wissens genauer eingegangen. Abschließend bleibt fest-

Schilderwald leicht verlieren kann.

42. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 21

G6

Isotype-Piktogramme von Otto Neurath.

G7 1936

1964

1972 Entwicklungsstufen der Olypmpischen Piktogramme.

33


Sprachliche interaktion Introduktion in die Kommunikation mit Zeichen

4. Grundlagen der sprach-

früherem Wissen, sowie die bestehende

Erfahrung, ist für die Interpretation der

lichen Interaktion

durch Zeichen

angebotenen Informationen besonders wichtig. Da sich die Ausarbeitung haupt-

43. Vgl.: AUER, PETER: Sprachliche Interaktion. Eine Einführung anhand von 22 Klassikern, Tübingen 1999. (Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft; 60). S. 39 – 51.

44. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 89.

34

4.1. Introduktion in die

sächlich dem Bereich der nonverbalen

Kommunikation mit Zeichen

Kommunikation widmet, wird vor allem

Man kann nicht nicht kommunizieren,

die Verwendung von Zeichen, Symbolen

selbst wenn man es wollte43. In nahezu

und Informationsgrafiken näher betrach-

jeder Situation erkennen Menschen, wenn

tet. Weiterhin soll erarbeitet werden, ob

auch unbewusst, gewisse Muster aus In-

eine Verständigung, ausschließlich durch

formationen welche, teilweise sogar noch

Zeichen, alle Anforderungen erfolgreicher

just im Moment der Informationsaufnah-

Kommunikation erfüllt. Denn wenn Pik-

me, gefiltert und organisiert werden, um

togramme als visuelle Kommunikations-

die entsprechende Bedeutung zu gene-

botschafter betrachtet werden sollen,

rieren. Infolge dessen werden gewisse

so muss eine Bezugsgröße gefunden

Konvolute dieser organisierten Muster

werden, die es ermöglicht eine Brücke

gebildet, welche dann im Kollektiv die

zu schlagen zwischen eben diesen Zei-

unterschiedlichen Sprachen modellieren,

chen, dem Kommunizieren an sich, dem

derer sich Menschen bedienen, wenn sie

Wahrnehmen und dem Verstehen. Sind

kommunizieren. Kommunikation bezeich-

es doch diese Aspekte, welche mittels ei-

net somit ein System für das Senden und

nes Piktogramms, bei einer erfolgreichen

Empfangen von Nachrichten, welches auf

visuellen Kommunikation gemeinsam in

Zeichen und Mustern beruht. Die Bedeu-

einer sprachlichen Form ausgeführt wer-

tung und Interpretation der Zeichen ent-

den.44 Um diesem Begriffsapparat und

steht dabei ausschließlich und individuell

den damit verbundenen Kategorien nä-

im Kopf, sowohl in demjenigen des Sen-

her zu kommen, soll im nächsten Schritt

ders als auch in dem des Empfängers.

die Beziehung zwischen Zeichen und Be-

Der Kontext und die Verknüpfung mit

deutung erörtert werden. Dieses weite


Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen

Forschungsfeld wird in der Wissenschaft

sich Lebewesen bedienen, bildet den

als Semiotik beschrieben und demnach,

Forschungsschwerpunkt der Semiotik.48

gemäß der Interpretation von Charles

Versucht man nun das Phänomen der

Morris, als Wissenschaft der Zeichen ver-

Piktogramme mit der wissenschaftlichen

standen. Bereits Charles S. Peirce (1839

Lehre der Semiotik zu verbinden, so

– 1914) beschäftigte sich, zu Beginn des

müssen die Piktogramme in diesem Zu-

letzten Jahrhunderts, mit dem Verlauf

sammenhang als bildliche Zeichen ver-

der Interpretation von Zeichen. Diesen

standen werden, derer sich Menschen

Interpretationsprozess bezeichnete er

bewusst bedienen, wenn sie die Absicht

als Semiosis.

Peirce bricht im Konzept

verfolgen nonverbale Kommunikation

der Semiosis mit der ursprünglichen

zu praktizieren. Piktogramme als bild-

Grundvoraussetzung der Kommunikati-

liche, nonverbale Kommunikationsbot-

on als einer Art Übertragung, in Folge

schafter, stehen somit im Gegensatz zu

dessen der Terminus des Zeichens, wel-

den akustischen Signalen der zwischen-

ches nicht mehr nur im Bezug auf das

menschlichen Verständigung. Bestimmte

Bezeichnete steht, sondern vielmehr nun

Zeichenträgermaterialien, wie beispiels-

auch durch die entsprechende Interpre-

weise bestimmtes Papier oder aber spe-

tation dieses Nexus definiert wird.

zielle Farben auf Blechschildern, machen

45

46

47

45. Vgl. u.a. MORRIS, CHARLES: Grundlagen der Zeichentheorie. Ästhetik der Zeichentheorie. München 1972.

46. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 89.

47. Ebd.

48. Ebd.

Piktogramme zu sogenannten haltbaren visuellen Zeichen, was ausdrückt, dass diese bildlichen Zeichen selbst nach ih4.2. Semiotik –

rer Produktion beliebig oft rezipierbar

Die Lehre der Zeichen

sind, was zum Beispiel bei Gesten nicht

Alles, was Menschen wahrnehmen, sich

der Fall ist.49 Im alltäglichen Leben fin-

vorstellen oder aber artikulieren wollen

den wir Semiotik überall dort, wo Zei-

kann durch Zeichen deskribiert werden.

chen ausgetauscht werden. Aus eben

Diese Zeichendeskribtion, ergo die Ge-

diesem Grund haben die allgemeinen

samtheit aller Zeichensysteme welcher

Sprachwissenschaften den Begriffsap-

49. Ebd.

35


Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen

50. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 89.

51. Vgl. hierzu Kapitel 7

52. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 90.

53. Ebd.

54. Diese Grafik des semiotischen Modells erfolgt in Anlehnung an das Werk des amerikanischen Philosophen Charles S. Pierce, welcher in der Wissenschaft als Pionier der Zeichentheorie angesehen wird.

36

parat der Semiotik mitentwickelt, denn

beispielsweise lexikalische Netzwerke,

eine Sprache im semiotischen Sinn ist,

auf Piktogramme angewandt werden

wie Andreas Bauer treffend formuliert,

können.52

„[…] jede intersubjektive Menge von Zei-

Im semiotischen Sinne wird ein Zeichen

chenträgern, deren Gebrauch durch syn-

als Resultat der wechselseitigen Bezie-

taktische, semantische und pragmatische

hungen zwischen dem Repräsentamen

Regeln festgelegt ist.“50 Otto Neurath

(dieses wird in der Wissenschaft oftmals

zeigt auf51, dass es für die Piktogramme

auch als Konzept bezeichnet), dem reprä-

bei Isotype Regeln gibt, die reglementie-

sentierten Objekt und dem Interpretant

ren auf welche Weise und unter welchen

(dieser wird manchmal auch schlicht als

Bedingungen spezielle Bilder sowohl zu

Zeichen bezeichnet), ergo dem Ergeb-

kodieren als auch zu dekodieren sind.

nis des Interpretations- und Verstehen-

Intention hierbei ist es, dass einem be-

sprozess des Rezipienten, angesehen.

stimmten Bildzeichen im Kontext seiner

Repräsentamen, Objekt und Interpretant

Verwendung und seines Einsatzes eine

werden aufgrund eben dieser Wechsel-

eindeutige und verständliche Bedeutung

beziehungen in der Forschung meist als

zugeordnet werden kann. In diesem Zu-

sogenanntes Semiotisches Dreieck dar-

sammenhang können Photographien

gestellt.53 Anhand dieses Semiotischen

oder aber auch künstlerische Gemälde

Modells ist es uns möglich, in absolut

als Gegenpol betrachtet werden, da die-

koordinierter Weise darüber zu kommu-

se in der Regel einer solchen allgemeinen

nizieren, wie unsere Gedanken über Ter-

und expliziten Signifikanz und somit der

mini der äußeren, uns umgebenden Welt,

Kodierung und Dekodierung entbehren.

artikuliert werden können. Die folgende

Dieses Faktum hebt Piktogramme dem-

Grafik54 soll diese gegenseitigen Wech-

nach von allen anderen Bildern ab und

selbeziehung zwischen Repräsentamen,

rückt sie auf diese Weise in die Nähe

Objekt und Interpretant darstellen und

von Sprache, was dazu führt, dass die

die damit verbundenen verbalisierten

Ergebnisse der Sprachwissenschaft, wie

Gedanken kenntlich machen.


Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen

n

eh rn w ah

o

erfahrung

ti

dreieck

n ve

konzept

semiotisches

n

m

ko

un

g

zeichen

objekt

Der Interpretant steht hierbei für etwas,

zelnen Person verbunden, wohingegen

das wahrgenommen wird, in diesem Zu-

das Repräsentamen und das Objekt durch

sammenhang aber exakt für etwas anderes

die Erfahrung der Person verbunden sind.

steht. Die Repräsentamen verdeutlichen,

Der Interpretant und das Objekt wieder-

dass die einzelnen Gedanken oder Vor-

um sind verbunden durch die Konvention

stellungen im Kopf der Menschen durch

oder Kultur derjenigen sozialen Gruppe,

die Wahrnehmung des Zeichens hervorge-

in welcher die Person selbst lebt.56 Für die

rufen werden. Das Objekt hingegen steht

jeweilige Untersuchung, wie eine speziel-

für das Andere in der Welt, auf welches

le Bedeutung in all der Fülle der Zeichen,

sich das Zeichen selbst bezieht.55 Für das

denen wir Menschen im täglichen Leben

Verständnis des semiotischen Dreiecks

ausgesetzt sind, entstehen kann, sind die

sind einige Aspekte unabdingbar. So sind

einzelnen wechselseitigen Verbindungen

der Interpretant und die Repräsentamen

zwischen Interpretant, Repräsentamen

stets durch die Wahrnehmung der ein-

und Objekt unabdingbar. Im Folgenden

55. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 90 ff.

56. Ebd.

37


Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen

sollen nun die Perspektiven, die durch

gebungsfaktor das Zeichen und dessen

die Verwendung von Zeichen im Kommu-

Bedeutung völlig falsch interpretiert wer-

nikationsprozess entstehen können, nä-

den. Die Signifikanz eines Zeichens wird

her untersucht werden. Hierbei wird nun

teilweise auch durch andere Umstände,

insbesondere auf den semantischen, den

wie zum Beispiel das vorliegende Wis-

syntaktischen und den pragmatischen

sen des Empfängers, die vorherrschende

Faktor näher eingegangen.

Kultur, oder aber durch soziale Umstände beeinflusst. Somit steht fest: „solange der Kontext nicht klar ist, ist die Deutung nicht

57. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 14

38

4.2.1. Der semantische Faktor

klar.“57 Auf dieser Grundlage stellen sich

Der semantische Faktor steht im Gebiet

nun mehrere Fragen an das Piktogramm:

der Semiotik für den Zusammenhang der

Ist das Zeichen international verständlich?

visuellen Darstellung der Zeichen und ih-

Ist das Bild leicht zu erlernen? Wird es

rer entsprechenden Bedeutung. Die Se-

vom Empfänger schnell akzeptiert? Wie

mantik befasst sich also mit dem Kode des

gut repräsentiert das Zeichen seine Bot-

Objektbezugs und schildert ausschließlich

schaft? Diese Fragen sollten vor der Im-

die Bezeichnungsfunktion, welche sich

plementierung eines Piktogramms immer

aus der Relation zwischen Repräsentamen

überprüft werden, um eine erfolgreiche

und Objekt ergibt. Aus semantischer Sicht

Kommunikation zu gewährleisten. Ein

ist der wichtigste Punkt für eine erfolg-

weiterer Faktor aus dem Feld der Se-

reiche Kommunikation durch Piktogram-

mantik ist eine notwendige Übereinstim-

me, dass nicht alleine das abgebildete

mung des Zeichenrepertoires zwischen

Zeichen dafür verantwortlich ist, ob die

Sender und Empfänger. Je mehr Zeichen

gewünschte Botschaft des Senders vom

beide Parteien gemeinsam haben, desto

Empfänger richtig verstanden wird, son-

höher ist die Verständlichkeit der Kom-

dern vor allem der Kontext, in welchem

munikation. Teilen beide Seiten nicht

das Zeichen wahrgenommen wird. So

genug Zeichen so ist ein Nachrichtenaus-

kann im schlechtesten Fall durch den Um-

tausch nicht möglich, bzw. beeinträchtigt.


Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen

4.2.2. Der syntaktischer Faktor

allerdings sehr zum Leidwesen der Gra-

Der syntaktische Faktor steht für die direk-

fiker und Gestalter bei, da jeder Desig-

te Beziehung des Piktogramms zu seinen

ner seinem Werk gerne eine persönliche

formalen Mitteln. Diese visuellen Reali-

beziehungsweise individuelle Note mit-

sierungen können dabei sehr vielschich-

geben möchte, aber eben aufgrund des

tig auftreten. Das Spektrum der Umset-

vorrangigen Gedankens der Nachrich-

zung reicht von der eigentlichen Form,

tenübermittlung hier, meist ungewollte

über die Helligkeit, bis hin zu Farbe und

Kompromisse, eingehen muss. So besteht

Material des Zeichens. Um die richtigen

immer ein gewisser Disput zwischen der

Mittel für eine unmittelbare Kommunika-

individuellen Gestaltung und des reinen

tion richtig festzulegen, sollte nach einer

Informationstransport. Eine kleine Hilfe-

idealtypischen und eindeutigen Form für

stellung für die richtige Wahl der Mittel

die Nachricht gesucht werden, um dem

erfolgt im späteren Kapitel sechs Grafi-

Empfänger die Entschlüsselung der Bot-

sche Bauanleitung für Piktogramme, bei

schaft zu erleichtern, da jedes Detail in

der detailierter auf die unterschiedlichen

der grafischen Darstellung, die Interpre-

Formen, Farben und grafischen Umset-

tationsdauer des Zeichens verlängert.

zung eingegangen wird.

58

58. Vgl. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 16

Im Idealfall besitzt jedes Zeichen zudem eine Systemfähigkeit, welche durch Form, Farbe, Charakter und visuelle Geschlos-

4.2.3. Der pragmatische Faktor

senheit zu erkennen ist. Somit korreliert

Der pragmatische Faktor befasst sich

jedes einzelne Zeichen mit den Anderen

mit der Beziehung der Zeichen zu sei-

des Systems, was gestalterisch durch den

nem Empfänger, um es genauer zu for-

Einsatz eines Rasters und genau beschrie-

mulieren: „mit der konnotativen Bedeu-

bener Gestaltungsvorgaben festgelegt

tungsfunktion, die ein Rezipient nach der

wird. Es muss also auch bei der Wahl der

Wahrnehmung des Repräsentamen und

formalen Mittel die eindeutige Kommuni-

dem Erkennen des Objektbezuges dem

kation im Vordergrund stehen. Dies trägt

Perzipierten zuordnet.“59 Im Bereich der

59. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 102

39


Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen

60. Vgl. Semiotisches Dreieck, Kapitel 4.2.

Pragmatik fungiert alles als ein Zeichen,

Indikativ: Beeinflussung des Denkens.

was von einem Empfänger als etwas

Die indikative Absicht soll den Empfänger

aufgefasst wird, das für etwas Anderes

lediglich informieren, jedoch steht ihm

steht.

eine freie Entscheidung über sein Han-

60

Basis des pragmatischen Kodes

sind sowohl die bewussten als auch die

deln zu.

bewussten Wissensstrukturen, Modelle, Schemata und Konzepte des Rezipien-

Imperativ: Beeinflussung des Willens.

ten, die durch bestimmte erkannte Ob-

Die imperative Absicht soll den Emp-

jektbezüge hervorgerufen werden kön-

fänger in seinem Handeln beeinflussen.

nen. Hierbei haben auch nicht ikonisch symbolische Zeichen eine Bedeutung

Suggestiv: Beeinflussung der Gefühle-

durch Konventionen, welche durch Erler-

Die suggestive Absicht soll den Empfän-

nen, Brauch oder kulturelle Übereinkunft

ger über seine Gefühle unbewusst zu ei-

festgelegt werden . Es gibt hierzu im Zu-

ner bestimmten Handlung bringen.

61

61. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 102

sammenhang mit dem Objektbezug drei verschiedene Zeichentypen die Verwen-

Es besteht also immer eine gewisse

dung finden: Ikon, Symbol und Index. Eine

Dissonanz zwischen der Interpretati-

genauere Beschreibung der verschieden

onsfähigkeit des Empfängers und der

Typen ist dem Kapitel zwei zu entnehmen.

eigentlichen Absicht des Senders. Dieses

Zur Beziehung zum Empfänger gehört auf

Phänomen muss bei der Gestaltung von

der einen Seite die Interpretationsfähig-

Piktogrammen immer beobachtet wer-

keit des Rezipienten und auf der anderen

den, wenn eine möglichst eindeutige Ver-

Seite die Absicht des Empfängers. Die-

ständigung gewährleistet werden soll.

se komplizierte Relation entscheidet wie ein Zeichen auf den Empfänger wirken 62. Vgl. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 17

40

soll. Dabei kann man drei verschiedene Kategorien von Absichten des Senders unterscheiden:62


Sprachliche interaktion Funktionierende Kommunikation – Wahrnehmen und verstehen

4.3. Funktionierende Kommunikation –

tig und öffentlich, da kein persönlicher

Wahrnehmen und Verstehen

Sender-Empfänger Kontakt besteht und

In den vorherigen Kapiteln wurden schon

die Nachrichtenübermittlung indirekt

einige Grundlagen und Fakten für eine

(räumlich und zeitlich) über eine gespei-

funktionierende Kommunikation durch

cherte Information, zum Beispiel in Form

Piktogramme erläutert, in diesem Ab-

eines Schildes, übertragen wird. Aufgrund

schnitt soll nun eine komprimierte Zu-

des fehlenden persönlichen Kontakts ist

sammenfassung für die Wahrnehmung

keine situativ rückgekoppelte Verständi-

und das Verstehen von bildlichen Zeichen

gungshandlung möglich, wie zum Beispiel

erfolgen. Der amerikanische Kommuni-

Rückfragen. Ein Rollenwechsel zwischen

kationsforscher Harold Dwight Lasswell

Sender und Empfänger kann ebenfalls

beschreibt mit seiner Formel: „Who? Says

nicht erfolgen. Man kann diese Form der

what? In which channel? To whom? With

Kommunikation als öffentlich bezeichnen,

what effect?“ Kommunikation als eine ein-

da die Botschaft nie an eine Person allei-

seitig gerichtete, lineare und technisch

ne, sondern immer an eine ganze Emp-

orientierte Verkettung verschiedener

fängergruppe gerichtet ist. In Anbetracht

Kommunikationsfaktoren.

Je nach Zu-

dieser Fakten ist Kommunikation durch

sammenstellung von Sender, Empfänger

Bildzeichen auf zeichenvermittelnde Vor-

und Nachricht lassen sich Modalitäten

gänge zwischen Bildautor und Rezipien-

von Kommunikationsprozessen durch

ten beschränkt 64, wobei die Botschaft

drei Oppositionen charakterisieren: di-

einseitig, indirekt und öffentlich übertra-

rekte – indirekte, gegenseitige – einsei-

gen wird. Somit stehen die Gestalter von

tige und private – öffentliche Kommuni-

Piktogrammen stets vor einer Herausfor-

kation. Ein normales Gespräch zwischen

derung, da diese einschränkenden Fakto-

zwei Personen ist dieser Feststellung

ren immer berücksichtigt werden müssen.

nach direkt, gegenseitig und privat. Im

Der wichtigste Punkt, für die erfolgreiche

Gegensatz dazu ist die Kommunikation

Verständigung mittels Zeichen, ist der ge-

mittels Piktogrammen indirekt, einsei-

meinsam geteilte Zeichenvorrat zwischen

63

63. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 112

64.Ebd.

41


Sprachliche interaktion Funktionierende Kommunikation – Wahrnehmen und verstehen

65. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath Visualisierungen…, S. 41

66. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 185 ff.

42

Sender und Empfänger. In diesem Zusam-

das Verstehen an sich auf dem visuellen

menhang muss festgehalten werden, dass

Wahrnehmen von Objekten beziehungs-

ausschließlich bei einer bestimmten Über-

weise, wie bei Piktogrammen üblich, auf

einstimmung Kommunikation überhaupt

abgebildeten Zeichen basiert und da-

erst möglich ist. Ist dies nämlich nicht

bei angeborenes oder erlerntes Wissen

der Fall, bleibt die gesendete Nachricht

hervorgerufen wird. Für das Verstehen

beim Empfänger unverstanden. Ein wei-

spielt hierbei, der bereits im Kapitel zwei

teres Glied in der Verständigungskette

besprochene Faktor der Ikonizität, eine

ist die Wahrnehmung der Zeichen selbst.

tragende Rolle für das Verstehen. Im täg-

Bei diesem Prozess werden permanent

lichen Umgang mit Schildern und Pikto-

einlaufende Signale auf vielfältige Weise,

grammen reicht oft ein bloßes Wahrneh-

bewusst oder auch unbewusst aufgenom-

men des Zeichens und dessen Kontext

men und transformiert, damit die jeweili-

nicht aus. Die Bedeutung muss vorher

ge Bedeutung erschlossen werden kann.

erlernt worden sein, wie zum Beispiel wie

Die visuelle Wahrnehmung nimmt dabei

bei Verkehrsschildern im Straßenverkehr,

den wichtigsten Part für den Menschen

wobei ein bestimmter Kode bestehend

beim Umgang mit der Außenwelt ein. Von

aus Farbe, Schildform, oder dergleichen,

uns Menschen wird der überwiegende

die Aussage des Zeichens bestimmt. Um

Teil, der auf uns einwirkenden Reize und

aber unbekannte Bildzeichen richtig in-

Informationen, über die Augen wahrge-

terpretieren zu können, müssen die ent-

nommen und verarbeitet. Otto Neurath

sprechenden richtigen Wissensstruktu-

bezeichnete den modernen Menschen

ren, der Objektbezug und der jeweilige

dazu treffend als Augenmensch65. Somit

Kontext, im Kopf hervorgerufen werden,

sind die Grundlagen für die Aufnahme

sobald das dargestellte Zeichen zu erken-

von Botschaften und Informationen ge-

nen ist.66 Somit ist eine funktionierende

schaffen. Als nächstes wird das zugehöri-

Kommunikation durch Piktogramme nur

ge Verstehen der Bildzeichen betrachtet.

möglich, wenn ein gemeinsam geteilter

Hierfür soll festgehalten werden, dass

Kode vorliegt, welcher die notwendigen


Sprachliche interaktion Funktionierende Kommunikation – Wahrnehmen und verstehen

Wissensstrukturen aktiviert. Gelernte und

durch häufigen Kontakt mit Bildzeichen,

kulturabhängige Schemata sind für den

das Verstehen von noch unbekannten

Verstehensprozess dabei von immenser

Piktogramm-Elementen. Das Wissen um

Bedeutung. Auch die Systemfähigkeit von

die Bildsprache selbst und der Situations-

Piktogrammen spielt beim Verstehen von

kontext helfen dabei, sogar unbekannte

unbekannten Zeichen eine wichtige Rolle,

abstrakte Bildelemente zu verstehen.67

denn ähnlich wie nach dem Erlernen des

Daraus folgend kann festgestellt werden,

Alphabets, auch unbekannte Wörter ge-

dass, je höher die Korrespondenz durch

lesen und aus dem Textzusammenhang

Piktogramme ist, desto besser auch die

verstanden werden können, bewirkt das

Bildsprache verstanden werden kann.

67. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 185 ff.

Erlernen von Piktogramm-Bildsprachen

D1 Darstellungarten: 2D-Perspektive 3D-Perspektive Frontal, seitlich Angeschnitten Positiv / negativ Informativ Dekorativ, ornamental Verschnörkelt Comicartig, verspielt Spiel mit Rahmung Spiel mit Hintergrund Spiel mit Schattierung Naturalistisch, sachlich Stilisiert, reduziert Proportionsverfremdet

Visuelle Überleitung zum nächsten Kapitel: Übersicht verschiedener Piktogramme in unterschiedlichen Stilen und Umsetzungen.

43


anforderungen an piktogramme inhaltliche forderungen

5. Anforderungen an

gramme ist nicht möglich, weshalb die In-

Piktogramme

formation nach der Produktion dauerhaft weiter rezipierbar bleiben muss. Denn

68. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 73 ff.

44

5.1. Inhaltliche Forderungen

der Produzent der Nachricht hat keiner-

Hat man durch Piktogramme endlich einen

lei Einfluss auf das Verhalten, oder den

einfachen und direkten Weg gefunden,

Verstehensprozess des Empfängers. So

Informationen interkulturell transportie-

müssen weiterhin beispielsweise gera-

ren zu können, ohne dabei auf das klas-

de Warnhinweise oder Verkehrszeichen

sische System, der national begrenzten

schnell erfassbar und leicht verständlich

Schriftzeichen zurück zu greifen? Handelt

sein, um jeglichen Missverständnissen,

es sich bei den Bildzeichen tatsächlich um

welche im Bereich von Gefahrenzeichen

eine Art Hilfssprache für ausgewählte In-

extreme Folgen haben könnten, vorzubeu-

formationsbereiche wie Bedienungsanlei-

gen. Der Rezeptionsprozess muss dabei

tungen, Orientierungssysteme, grafische

so schnell wie möglich ablaufen, da ge-

Benutzeroberflächen und Verbots- und

rade bei Warnhinweisen eine direkte und

Hinweisschildern?68 In der Praxis wer-

schnelle Reaktion des Rezipienten not-

den diese gerne in genau diesem Berei-

wendig ist. Darüber hinaus sollten die ziel-

chen eingesetzt, um Informationen und

gerichteten Botschaften weiterhin noch

Nachrichten an Menschen verschiedener

leicht merkbar und wiedererkennbar sein,

Sprachen und Kulturen zu übermitteln.

was vor allem bei Orientierungssystemen

Doch welche inhaltlichen Anforderungen

in Gebäuden und im öffentlichen Raum

müssen moderne Piktogramme erfüllen,

eine wichtige Rolle spielt, so ist es doch

um diesen hohen Ansprüchen gerecht

insbesondere bei komplizierten Wegen

zu werden? Wie schon im vorangegan-

wichtig, sich immer wieder an den bereits

genen Kapitel erörtert, treten bei der

gelernten Zeichen zu orientieren und die-

Kommunikation durch Bildzeichen einige

sen zu folgen, um zum Ziel zu gelangen.

spezielle Probleme auf. Eine Ansprache

Letztendlich müssen die bereits beschrie-

jedes einzelnen Rezipienten durch Pikto-

benen Anforderungen weiterhin noch


anforderungen an piktogramme inhaltliche forderungen

einer internationalen Verständlichkeit und

5.2. Interkulturelle Verständlichkeit

Gültigkeit unterliegen, was eine durchaus

Gerade der geforderte Aspekt, der in-

anspruchsvolle Aufgabe für diese Form

ternationalen Verständlichkeit von Pikto-

von Informationssystemen darstellt. Zu-

grammen, muss nochmals näher erläutert

sammenfassend bleibt festzuhalten, dass

werden, denn vor dem Hintergrund der

Piktogramme also dauerhaft und jeder-

fortschreitenden Globalisierung scheint

zeit vom Empfänger rezipierbar sein müs-

eine allen Menschen verständliche Hilfs-

sen. Moderne Bildzeichen sollten schnell

sprache, in Form von internationalen Bild-

verständlich, schnell wahrnehmbar, leicht

zeichen, nötiger denn je70. Die bildhaften

merkbar und obendrein noch internatio-

Symbole sollen demnach von allen Be-

nal verständlich sein .

trachtern, zu jeder Zeit, und an jedem Ort

69

69. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 73 ff.

70. Ebd., S. 54

verstanden werden, um somit einem möglichen Unverständnis, oder einer poten-

RESPEKT! RESPEKT! RESPEKT! RESPEKT! RESPEKT! RESPEKT! RESPEKT!

tiellen Fehlinterpretation durch Sprachbarrieren in fremden Sprach- und Kulturkreisen vorzubeugen. Durch die gewachsene Vertrautheit mit Piktogrammen ist es heute oft möglich, sich an fremden Flughäfen oder Bahnhöfen alleine durch die Anwesenheit der sprechenden Zeichen zurechtzufinden. Aber werden dabei tatsächlich auch alle Zeichen, von allen Rezipienten, aus verschieden Kulturen gleich interpretiert? Schließlich werben vor allem die großen Piktogrammgestalter wie zum Beispiel Otl Aicher, einer der wohl bekanntesten Vertreter dieser Branche, mit Aussagen wie: „[…] sämtli-

45


anforderungen an piktogramme inhaltliche forderungen

che Bildzeichen sind sowohl in inhaltlicher

divergenten anatomischen Proportionen

als auch in formaler Hinsicht sprach- und

unterstützt. Doch was passiert in Ländern

kulturneutral, d.h. weltweit universell

in denen Männer aus kulturellen Gründen

einsetzbar“ . Diese Einstellung wird auch

auch Röcke tragen? Wird die internatio-

von fast allen Piktogrammdesignern un-

nale Gültigkeit und Erkennbarkeit dieser

terstützt und werbetechnisch vermarktet,

Zeichen dann aufgehoben? Sicherlich ist

allerdings bietet keiner von ihnen eine

eine Differenzierung der Geschlechter

klare Anleitung, beziehungsweise Defini-

für Menschen anderen Ursprungs auch

tion an, wie man Piktogramme kultur- und

dort weithin möglich, aber es stellt sich

bildungsneutral leicht verständlich gestal-

die Frage, ob die Darstellung von beiden

ten kann. Deshalb unterliegt die Realisie-

Kulturkreisen gleichermaßen akzeptiert

rung der eigentlich globalen Bildzeichen

wird. Mit dieser Frage beschäftigt sich seit

meist wieder unterschiedlichen regiona-

Februar 2009 Professor David Skopec von

len Vorstellungen und Anforderungen.

der University of the Arts in Zürich und

Was die Gefahr mit sich bringt, dass viele

das Berliner Designteam von kognito72 .

dieser Bildzeichen im interkulturellen Kon-

Hierzu wurde eine fünf-stufige Online-

text gesehen unverständlich, oder sogar

Umfrage ausgearbeitet, bei der es um die

missverständlich sein können. Ein simples

Präferenzen für neutrale oder kulturspezi-

Beispiel hierfür ist die eigentlich einfache

fische Piktogramme geht. Dabei werden

grafische Darstellung von Mann und Frau

die Teilnehmer befragt, ob sie globale

auf Piktogrammen in verschiedenen Län-

Standards oder kulturelle Vielfalt bei der

dern, und speziell in unterschiedlichen

visuellen Darstellung von Mann und Frau

Kulturen. Für Menschen in europäischen

bevorzugen. Die Umfrage dauert noch bis

Kulturkreisen ist die visuelle Differenzie-

Ende September diesen Jahres an, daher

rung der Geschlechter durch das vorge-

liegen momentan noch keine endgültigen

prägte Bild von Männern mit Hose, und

Auswertungen vor, wenngleich doch ein

Frauen mit Röcken gekennzeichnet. Zu-

aktueller Trend in Richtung der kulturneu-

sätzlich wird dieser Unterschied durch die

tralen Darstellung der Piktogramme zu

71

71. Anm.: Aussage von Otl Aicher zum internationalen Piktogrammsystem von ERCO Leuchten

U1

Kulturell unterschiedliche Geschlechterdarstellung der pictonalities-Studie.

72. Anm.: Umfrageverfahren und Ergebnisse unter www.pictonalities.com abrufbar.

46


anforderungen an piktogramme normen versus gestaltung

verzeichnen scheint73. Zusammenfassend

5.3. Normen versus Gestaltung

kann nun festgehalten werden, dass eine

Im Laufe der modernen Piktogramment-

Forderung nach internationaler und inter-

wicklung hat sich in den letzten Jahren

kultureller Verständlichkeit an Piktogram-

regelrecht ein kleiner Kampf zwischen der

me zwar besteht, und die Anwendung der

Forderung nach weltweit grafisch genorm-

bildlichen Hilfssprache welche weltweite

ten Piktogrammen auf der einen Seite, und

Verständigung anscheinend vereinfacht,

der Freiheit der Gestalter in der Umsetzung

aber die Realisierung in der Praxis oft

auf der anderen Seite entwickelt. Eigent-

noch weit davon entfernt ist, sei es aus

lich gibt es momentan nur sehr wenige in-

Unwissenheit, oder aufgrund von kultu-

ternational gültige Piktogramme, weshalb

rellen divergenten Kontexten.

manche Entwickler die Meinung vertreten,

73. Anm.: Der aktuelle Stand der Auswertung sowie weitere Informationen können unter www.pictonalities.com abgerufen werden

dass allgemeingültige Normen für die GeU2

staltung internationaler Bildzeichen fest-

Pictonalities.com The Survey of 1000 Answers women

Answers men

Woman: Skirt, close to standard shape

Man: T-Shirt, long sleeve style, close to standard shape

Europe

East Asia, China, Japan

Russia and the Eurasian Republic

United States and Canada

South Asia, India

North Africa and the Middle East

Latin America

Southeast Asia, South of China

Africa South of the Sahara

Australia, Antartica and Oceania

Pictonalities.com Intermediate result of the first 1000 participants February 24 to April 17 2009 Starting position On 24 February 2009, we started the project of an online poll to find out if there are universal standards in the use of icons within different cultures around the globe. In the survey one can choose from seven different couples. The couple – male and female – differ in the representation of their clothes. The participants of the survey were asked by which of the seven couples they felt most likely represented. Then, we asked for the general preference between standardized or culturally specific pictograms. Finally, we asked about age, gender and origin. The survey was conducted by a “double opt-in” procedure. This means, participants enter their e-mail address. A confirmation e-mail is sent automatically to this e-mail address. If participants answer that confirmation e-mail, the voting is immediately registered. Repeated voting is blocked by registering the e-mail address. Participants Invitations to this survey were sent by e-mail to an audience of about 200 people. These people are primarily of the fields of design and communication. So it is clearly noted that the participants are not representative for a cross-section of the population. Among these 200 invited people, we obtained more participants through an e-mail “snowball effect” and several media reports. People attracted by these reports were mainly of the fields of media, design and communication. Similar characteristics are recognisable with regard to the global distribution of the voting. Important points of reference were Europe, Mexico, Brazil, China, Japan, New Zealand and the USA – and from there came the predominant number of participants.

Woman: Trousers, feminine shape

Man: T-Shirt, long sleeve style

Significance The results on the basis of the first 1000 voting results are in no way representative – however, they show interesting trends, which are certainly worthwhile to deepen in an appropriate way. At first glance the data offer no surprises: Approximately one third of all participants seem to be in favor of culturally specific symbols – regardless whether male or female, whether in Europe / North America or other parts of the world and across all age groups. At second glance, however, surprise evokes, particularly shown in the accompanying detailed picture statistics, shown on this report: It seems that the interest in a less traditional gender-specific representation is exceedingly large: more than one third of all participants chose the pictogram couple in which both sexes are presented in trousers. And something else catches the eye: the number of votes from South, East and SouthEast Asia remains nearly the same within the distribution on the pictogram couples. This indicates that their share in proportion to the votes for each of the different pictogram couples is clearly increasing – moving away from the pictogram couple that is most likely the established standardized form. Relevance The question of the relevance of such a survey is not quite obvious at first glance. Should it activate a revolution among the established standard pictograms for toilet signs? Does it call upon a higher diversity at the expense of a good orientation? No, not at all. With this short report, we interprete the survey results as a call for more diversity whereever possible. Good examples may be instruction manuals or educational media, where significance on a long distance is not the most important thing. Moreover the idea suggests that the representation of the female pictogram with its traditional forms such as knee-long petticoat, possibly ought to be modified. Conceivably there could be an expanded choice of pictograms published by the ISO Central Secretariat in Geneva.

Woman: Skirt, leg covering shape

Man: T-Shirt, short sleeve style

Woman: Dress, knee covering shape, straight collar

Man: Shirt, long sleeve style, straight collar

Woman: Skirt, ground long shape, pareo style

Man: Shirt, short sleeve style, epaulette shirt

Woman: Sari

Man: Kurta

Woman: Abaya

Man: Dishdasha

Outlook Pictonalities.com is an online survey which is going to run for six months – from February 24 to August 24 2009. The existing test is an important extension to the current research project “ICONICITY” at the Zürcher Hochschule der Künste. The project is about the methods and the adaptation of pictorial expressions within different scales of iconicity. Besides statements concerning the acceptance of pictograms Pictonalities.com delivers also concrete evidence of the relevance and methodology of such investigations. The fact that about one half of all participants are interested in further information on this project raises the question of usable information and appropriate forms of communication. Furthermore the existing procedure also encourages to expand the basis of investigation on personally guided, quantitative surveys on a wider scale in different countries. Therefore we would like to invite any interested parties to contact us. Comments and suggestions on the survey are greatly appreciated. info@pictonalities.com Prof. David Skopec Zurich University of the Arts, May 2009

How do people outside of Europe and North America rate the value of neutral pictograms?

Do woman prefer more cultural specification in pictograms?

gelegt werden sollten. Denn eine fehlende Standardisierung trägt unweigerlich zur Mehrdeutigkeit von Piktogrammen bei. So gibt es zum Beispiel verschiedene Symbole mit der gleichen Bedeutung, aber ande-

74. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 115 ff.

rerseits ebenso identische Piktogramme, die für unterschiedliche Interpretationen stehen. Durch festgelegte grafische Regeln und Vorgaben soll daher, im Interesse einer internationalen Verständlichkeit, eine weltweite Festlegung stattfinden, um vor allem die Ursachen für die Problematik einer Verwechslung zu reduzieren74. Zwar

Are there any significant differences in the perception of pictograms by age?

Marks to: “I want to receive more information about this project.”

Darstellung der aktuellen Umfrageauswertung, 09/2009.

gibt es bereits einige Versuche einer Normierung von Bildzeichen, wie zum Bespiel

47


anforderungen an piktogramme normen versus gestaltung

75. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 115 ff.

die Norm ISO 7001 von 1980, dessen Zei-

lung von gleichen Zeichen, divergente In-

chensystem auf den Piktogrammen von

terpretationen beim Rezipienten möglich

Otto Neuraths Isotype

aufgebaut ist.

sind. Doch sind diese geforderten Nor-

Hierbei aber handelt sich es eher um eine

men tatsächlich sinnvoll? Sie entsprechen

Sammlung von grafischen Symbolen zur

zwar dem ursprünglichem Kommunikati-

Information der Öffentlichkeit, als um ein

onsgrundgedanken von Piktogrammen,

allgemein bindendes System. So werden

würden aber die grafische und individu-

beispielsweise einige formale Gestalt-

elle Gestaltung derart einschränken, dass

ungsrichtlinien, wie von der Sehdistanz

dies einen Verlust der persönlichen Note

abhängige Linienstärken, Symbolgrößen

in der Visualisierung der Botschaften zur

und Detaildarstellungen, festgelegt, aber

folge hätte. Und genau diese persönliche

für eine wirklich Vereinheitlichung der vi-

Note wird in der Praxis doch gefordert,

suellen Darstellung fehlt den Systemen

und stellt die eigentliche Aufgabe eines

bis jetzt die notwendige Konsequenz.

Designers dar, um zumindest gestalte-

So besteht weiterhin die Gefahr, dass durch

risch der Welt der endlosen Normen und

unterschiedliche Gestaltung und Darstel-

Vorschriften zu entfliehen.

normen!

48

75

normen!

design!

design!


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49


grafische bauanleitung Für Piktogramme die konzeptionsphase

6. Grafische Bauanleitung

entsprechende Handlung oder Unterlas-

sung beim Rezipienten ausgelöst werden

für Piktogramme

soll. Deshalb ist es essentiell notwendig

76. Vgl. RADTKE, SUSANNE P. / PISANI, PATRICIA / WOLTERS, WALBURGA: Handbuch Visuelle Mediengestaltung, S. 198

6.1. Die Konzeptionsphase

zu klären, ob es sich bei der Botschaft um

Nach einer ausführlichen Erörterung der

einen Hinweis, eine Warnung, oder aber

notwendigen theoretischen Grundlagen

um ein Verbot, beziehungsweise Gebot

für die Verwendung von Piktogrammen,

handelt. Dies muss in Zusammenarbeit mit

soll nun im folgenden Abschnitt ein ers-

den entsprechenden Auftraggebern, wie

ter Schritt Richtung angewandter Praxis

beispielsweise Behörden, Veranstaltern,

unternommen werden. Definitionen, Ge-

Industrie und Handel, vorab besprochen

schichte, Semiotik und Kommunikation

und festgelegt werden, um spätere Miss-

sind die eine Sache, immer noch bleibt

verständnisse auszuschließen. Ein aus-

die Frage offen, wie man ein funktionie-

führliches Brainstorming kann diesen Pro-

rendes Piktogramm eigentlich kreiert?

zess durchaus erleichtern77. Denn Fehler

Hierzu werden nun die einzelnen Entwick-

bei der Auswahl der Nachricht und ihrer

lungsschritte, bis hin zum einsatzfähigen

Formulierung können später nicht korri-

Bildzeichen, beschrieben. Einleitend wird

giert werden und, unabhängig davon wie

die grundlegende und wie bei allen an-

gut die Visualisierung an sich auch sein

stehenden Projekten erforderliche Kon-

mag, das Piktogramm wird die gewünsch-

zeptionsphase explizit betrachtet. Für die

te Wirkung verfehlen.

eigentliche grafische Umsetzung eines

Im nächsten Schritt bedarf es einer Abklä-

Piktogramms bedarf es einiger konzepti-

rung, ob die zu übertragende Botschaft

oneller Vorarbeiten. Der erste und grund-

durch ein Piktogramm optimal transpor-

legendste Schritt zu einem sprechenden

tiert werden kann, oder aber ob ande-

Zeichen ist die Festlegung der zu über-

re Kommunikationswege effizienter sein

mittelenden Nachricht . Hierfür muss zu

könnten. Es besteht durchaus die Mög-

Beginn analysiert werden, wer durch das

lichkeit auch ein Schild mit mehrsprachi-

Zeichen angesprochen und welche dem-

gem Text, anstelle eines einzelnen Bild-

76

77. Ebd.

50


grafische bauanleitung Für Piktogramme die konzeptionsphase

zeichens, einzusetzen. Hierfür muss die

Piktogramme sind allerdings nur bedingt

Zielgruppe und speziell die möglichen

geeignet für die Darstellung von Handlun-

Sprachen der anzusprechenden Rezipien-

gen, welche eine Vielzahl von mehrsträn-

ten erörtert und angepasst werden. Über-

gigen oder parallelen Handlungsschrit-

trifft hierbei die Anzahl mehr als drei Spra-

ten beinhalten, beispielsweise für den

chen, ist eine bildhafte Darstellung die

Fall, dass in einer Bedienungsanleitung

bessere Wahl der Kommunikation. Aus

sogenannte wenn-dann-Verknüpfungen

der Erfahrung heraus sind Piktogramme

auftreten79. Allgemein sind die Visuali-

insbesondere geeignet für die Bezeich-

sierungen von Handlungen und Verben

nung von78:

durch Bildzeichen nur mit Einschränkun-

78. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 213

79. Ebd.

gen zu empfehlen, weshalb in den meisBezeichnung von Orten

ten Fällen davon abzuraten ist. Wenn die

(Ausgang, WC, Infopunkt)

Nachricht einer der aufgelisteten Katego-

K1

rien entspricht, und nicht durch andere Bezeichnung von Dingen

Kommunikationsmittel besser übermittelt

(Telefon, Kassenautomat)

werden kann, so muss die Nachricht zunächst trotzdem verbal formuliert wer-

Bezeichnung von Richtungen zu

den. Dieser Umweg ist notwendig, da

Orten oder Dingen (Wegzeichen

der Auftraggeber und der Piktogramm-

zum WC, oder zu Programmen oder

designer sich sowohl über den Inhalt als

Datenordnern auf einer

auch über die Sendeabsicht verständigen

grafischen Benutzeroberfläche)

müssen, um eine eindeutige Kommunikationsübermittlung durch das entspre-

Darstellung von sequentiellen und

chende Piktogramm zu sichern. Hierbei

möglichst einsträngigen Handlungs-

wird nicht verbal formuliert was beim Re-

abläufen, Ge- oder Verboten (Bedie-

zipienten bewirkt werden soll, sondern

nungsanleitungen, Gefahrenhinwei-

es wird festgelegt, durch welche Zeichen

se, Gebrauchsanweisungen)

und Verknüpfungen, in Bezug auf Infor-

Piktogramme für Verbote, Beschreibungen und Hinweise im öffentlichen Raum.

51


grafische bauanleitung Für Piktogramme die konzeptionsphase

K2

mationsverarbeitung beim Empfänger,

Die optische Umsetzung soll dabei kurz

die gewünschte Reaktion ausgelöst wird.

und prägnant sein, das heißt deutlich

Eine ausführliche Erörterung zu diesem

und treffend, damit sie unverwechselbar

Kommunikationsaspekt ist im Kapitel vier

wird, sich ins Gedächtnis einprägt und

nachzulesen.

wieder abrufbar ist 80. Für einen kurzen Vorabcheck kann man sich folgende Fragen stellen: Gibt es in der Realisierung eine klare gestalterische Idee? Besitzt

Informationspiktogramme der Deutschen Bahn.

6.2. Visuelle Umsetzung

das Symbol Blickfangwirkung? Ist es ein-

Nach der verbalen Formulierung der zu

prägsam beziehungsweise grafisch reiz-

vermittelnden Botschaft und dem erfolg-

voll? Ist es prägnant, sprich deutlich und

reichen Abschluss der Konzeptionspha-

zutreffend? Können diese Fragen posi-

se steht nun das Designerteam vor der

tiv beantwortet werden, kann man jetzt

schwierigen Aufgabe die Nachricht gra-

zum eigentlichen Schritt der Gestaltungs-

fisch so zu visualisieren, dass diese vom

leistung übergehen. Die anschließende

Piktogrammrezipienten wahrgenommen,

Erläuterung der einzelnen Gestaltungs-

akzeptiert und richtig verstanden werden

schritte soll nun anhand eines konkreten

kann. Dem Schritt der eigentlichen grafi-

grafischen Beispiels Schritt für Schritt

schen Umsetzung ist aber noch die Aus-

aufgezeigt werden.

wahl der eigentlichen Zeichenform vorgelagert. Hierbei wird festgelegt wie die Botschaft visuell dargestellt wird, weswegen es also einer Symbolisierung der Botschaft durch ein entsprechendes Bild80. Vgl. RADTKE, SUSANNE P. / PISANI, PATRICIA / WOLTERS, WALBURGA: Handbuch Visuelle..., S. 198

52

motiv bedarf. Der Schlüssel zur Übertragung von visueller Information ist dabei für viele Gestalter die Präzision in der grafisch zu realisierenden Zeichenform.


grafische bauanleitung F端r Piktogramme visuelle umsetzung

wichtigste regel

Keep it Stupid, Simple 53


grafische bauanleitung Für Piktogramme visuelle umsetzung

schritt eins

1

Formulierung und Festlegung der zu visualisierenden Aussage. Für unser Beispiel: NO SMOKING!

schritt zwei

2

Analyse und Überprüfung von bereits bestehenden grafischen Symbolen A1. Ist ein neues Piktogramm überhaupt sinnvoll? K3

A1. Anm.: Die Auswahl der Schilder ist ein Erggebnis der Bildersuchfunktion von google.de

Ja, denn die bereits bestehenden Piktogramme vermitteln zwar die gewünschte Aussage, entsprechen aber nicht unseren gewünschten grafischen Anspüchen.

3 A2 Anm.: Die Auswahl von Front- oder Seitenperspektive hat sich bei der praktischen Piktogrammdarstellung als informativster Blickwinkel erwiesen.

54

schritt drei Brainstorming und Scribble für die spätere Realisierung des Symbols. A2 .

Die ersten Entwürfe sollten per Hand gezeichnet werden – schneller und effektiver.


grafische bauanleitung Für Piktogramme visuelle umsetzung

schritt VIER Die Übertragung der entstandenen Entwürfe in digitale Form. Bevorzugt werden dabei Vektor-Formate verwendet, um auflösungsunabhängig arbeiten zu können.

4

Wir entscheiden uns für das zweite Symbol in der ersten Reihe.

schritt fünf Die Reinzeichnung für das ausgewählte Symbol. Hierfür wird ein Gestaltungsraster A3 angelegt um Proportionen, Rythmus und Strichstärken genau zu definieren zu können.

5 A3. Anm.: Ein Gestaltungsraster besteht aus Units und Subunits, die zum Beispiel in Millimeter gemessen werden können.

Das Raster erleichtert uns die Konstruktion von einheitlichen Piktogrammsystemen, da wir durch dieses sehr einheitlicht gestalten und arbeiten können.

55


grafische bauanleitung Für Piktogramme visuelle umsetzung

6

schritt sechs Die Auswahl der späteren Trägerform für das Piktogramm. Form und FarbeA4 des Trägers unterstützen die zu transportierende Aussage des Zeichens zusätzlich.

A4 Anm.: Für Schilder werden meist die Farben Rot, Gelb, Grün und Blau verwendet, da diese die größte Signalwirkung haben. Verbot

Gebot

Warnung

Hinweis

Rettung

Wir entscheiden uns eindeutig für die Form des Kreises, da diese für das Verbot steht.

7

schritt sieben Das Zusammenfügen des konstruierten Symbols und der gewählten Trägerform, um einen ersten Eindruck für die spätere Wirkung zu erhalten. Zur Verstärkung der Verbotsaussage kann zusätzlich noch eine DurchstreichungsvarianteA5 angelegt werden.

A5 Anm.: Die Durchstreichungsvariante kann, je nach Motiv, in der Balkenstärke, der Balkentransparenz und des Neigungswinkels angepasst werden.

Die Variante rund, rot und durchgestrichen ist die eindeutigste Form für ein Verbot. Für eine bessere Darstellung, in Kombination mit der Durchstreichung kann das verwendete Symbol, gegebenenfalls, auch gespieglt platziert werden.

56


grafische bauanleitung F체r Piktogramme visuelle umsetzung

schritt Acht Als letzer Schritt vor der Implementierung des Piktogramms steht die Wirkungskontrolle, hierbei werden alle getroffenen Entscheidungen nochmals kontrolliert. Verbale Formulierung?

OK!

Gew체nschte Aussage?

OK!

Gelungene Visualisierung?

OK!

Passender Zeichenkontext?

OK!

Richtige Form und Farbe?

OK!

Harmonie von Symbol und Tr채ger?

OK!

schritt neun Die finale Implementierung des Piktogramms im sp채teren Kontext und Umfeld.

8

9

K4

57


grafische bauanleitung F端r Piktogramme die konzeptionsphase

das farbenSPEKTRUM

58


grafische bauanleitung F端r Piktogramme visuelle umsetzung

die Farbauswahl

59


grafische bauanleitung Für Piktogramme Die Implementierung eines Piktogramms

6.3. Die Implementierung

werden. Innerhalb dieser abschließenden

eines Piktogramms

Phase soll eine Wirkungskontrolle, anhand

Fast geschafft! Die zu transportierende

der intendierten Absicht des Auftragge-

Aussage wurde treffend verbalisiert und

bers und der verbal formulierten Nach-

in ein grafisch reduziertes prägnantes

richt, zur Überprüfung der Piktogramm-

Bildzeichen, unter Berücksichtigung al-

qualität erfolgen 82 . In Bezug darauf folgt

ler bis jetzt aufgestellten formalen und

nun ein kurzer Einblick in eine mögliche

gestalterischen Regeln, transformiert.

Checkliste für ein wirkungsvolles Pikto-

Doch erst wenn dieses geschaffene Pik-

gramm:

togramm in der Verbindung mit der räumlichen Welt auftritt, sprich dem späteren

Ist das Zeichen passend und ange-

Bestimmungsort, entsteht eine Nachricht.

messen für die Idee, das Produkt,

Für die Platzierung im späteren Kontext

oder das Konzept, das es vertrit?

müssen wiederum weitere Faktoren berücksichtigt werden. So spielen die vor-

Besitzt das Zeichen ästhetische

herrschende Raumsituation, Lichtver-

Qualität?

hältnisse, die materielle Umsetzung, die

81. Vgl. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 40 ff.

räumliche Platzierung und eine eventuel-

Wurde auf überflüssige Details

le Leserichtung eine große Rolle für die

bei der Darstellung verzichtet?

Wahrnehmung und das Verständnis des Piktogramms beim Empfänger81. Eine

Ruft das Zeichen Deutungsmiss-

nähere Betrachtung dieser Umstände

verständnisse hervor?

soll aber nicht Teil dieser Arbeit sein und

82. Vgl. RADTKE, SUSANNE P. / PISANI, PATRICIA / WOLTERS, WALBURGA: Handbuch Visuelle..., S. 199

60

wird deshalb nur kurz angesprochen. Viel

Ist das Piktogramm verständlich und

wichtiger für Erfüllung der Zieldefinition,

attraktiv für die Zielgruppe?

ist die Zeichenwirkung des Piktogramms selbst. Hierfür muss eine Testphase vor

Ruft es die gewünschten Assozia-

der endgültigen Fertigstellung eingeplant

tionen beim Empfänger hervor?


grafische bauanleitung Für Piktogramme Die Implementierung eines Piktogramms

Kann es die Neugier und Aufmerk-

und welche aufgrund dessen nicht näher

samkeit über die, für die zu übermit-

betrachtet werden. Vielmehr muss festge-

telnde Nachricht, notwendige Zeit

halten werden, dass die Entwicklung von

aufrechterhalten?

verständlichen Piktogrammen sehr vieler

83. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 234

Einzelschritte und genauer Überlegungen Diese und weitere Fragen können mittels

bedarf, um die gewünschte Botschaft zu

verschiedener Testverfahren und Erkenn-

übermitteln und eine resultierende Reakti-

barkeitsprüfungen mit internationalen Ver-

on beim Rezipienten hervorzurufen. Aber

suchspersonen geklärt werden. Als Bei-

durch eine schrittweise, systematisierte

spiel soll der sogenannte Gehtest , wel-

Herangehensweise und der Einhaltung

cher sich an realen Wahrnehmungsbedin-

der aufgeführten Regeln und Richtlinien

gungen anlehnt, aufgeführt werden. Bei

sollte einer nonverbalen Kommunikation

diesem Testverfahren wird ein Schild oder

mittels sprechender Zeichen nichts im

ein Piktogramm am Ende einer 100 Me-

Wege stehen.

83

ter langen Versuchsstrecke angebracht, die beteiligten Versuchspersonen werden gebeten langsam auf das Zeichen zuzugehen und stehen zu bleiben, sobald sie das Piktogramm erkennen und beschreiben können. Die erzielten Ergebnisse können dabei Rückschlüsse auf die visuelle Erkennbarkeit der Zeichen geben und ein Indikator für die Wahrnehmung der Piktogramme sein. Im Zusammenhang mit der Implementierung von Bildzeichen gibt es noch eine Vielzahl von Testverfahren, deren Beschreibung, aber den Rahmen der Ausführung unnötig strapazieren würde

61


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath

7. Bedeutende Gestalter

schäftigte sich anfangs vor allem damit,

von Piktogrammen –

einfachen Arbeiter, Kindern und Analpha-

a tribute to…

beten, unabhängig von sprachlichen Barrieren oder Bildungsstand, Informationen

7.1. Otto Neurath

über gesellschaftliche und wirtschaftliche

N1

Otto Neurath.

84. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath Visualisierungen…, S. 41

85. Anm.: Der Wiener Kreis war eine Gruppe von Philosophen und Wissenschaftstheoretikern, welche sich mit einer Neugestaltung wissenschaftlicher und philosophischer Arbeit, und Volksbildungsarbeit beschäftigten.

Zusammenhänge verständlich zu machen. 7.1.1. Demokratisierung des Wissens

Hierfür setzte Neurath erstmals piktogra-

Wie eine erfolgreiche und prägende Kom-

fische Zeichen für statistische Darstellun-

munikation durch Piktogramme aussehen

gen im Gesundheits- und Finanzwesen

kann, wird nun anhand eines Paradebei-

ein, dabei wurden unterschiedliche Quan-

spiels von Bildzeichen und deren Einsatz,

titäten statt durch veränderte Perspektive

durch die Betrachtung des Lebenswerks

oder Größe, ausschließlich durch die An-

von Otto Neurath dargelegt. Der Wiener

zahl der spezifischen Symbole dargestellt.

Philosoph, Ökonom und Sozialreformer

Sein Bestreben, eine Verbesserung der all-

Otto Neurath (1882 – 1945) entwickelte

gemeinen Lebensverhältnisse durch eine

in den zwanziger Jahren des vergangen

neue Kommunikationspolitik zu schaffen,

Jahrhunderts ein Visualisierungssystem,

wird weiterhin durch folgenden Aussage

welches zunächst unter der Bezeichnung

verdeutlicht: „Was wir brauchen ist eine

Wiener Methode der Bildstatistik und spä-

schematische Darstellung, die unmittel-

ter unter dem Namen Isotype bekannt

bar verstanden werden kann. Wir können

wurde. Es handelte sich bei dieser entwi-

soziale Fakten nicht photographieren,

ckelten Zeichensprache, um den Versuch

selbst wenn wir es versuchten. Sie kön-

einer Weltsprache ohne Worte. Getreu

nen nur mit Hilfe von Symbolen gezeigt

seiner grundlegenden Arbeitsmaxime

werden. Da dies keine leichte Aufgabe ist,

„Worte trennen, Bilder verbinden“ streb-

blieb die Lösung so lange aus.“86. Gleich-

te Neurath, Mitglied des Wiener Kreises 85,

zeitig erläutert dieses wegweisende Zitat

eine Demokratisierung des Wissens an.

auch den Einsatz von Piktogrammen und

Dieser Schritt der sozialen Aufklärung be-

Bildzeichen für die Darstellung von Fakten

84

86. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath Visualisierungen…, S. 49

62


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath

und Informationen. Der wichtigste Punkt

tematisierung und der methodische Aus-

für das Verständnis der Zusammenhän-

bau der bestehenden Piktogramme und

ge in den statistischen Visualisierungen

Bildzeichen zu einer allgemein verständ-

ist zweifelsohne die gelungene Trans-

lichen Bildsprache. Hierzu soll im folgen-

formation abstrakter, wissenschaftlicher

den Unterkapitel das von Otto Neurath

Erkenntnisse in konkrete, sozialrelevan-

und seinem konstruktivistischem Grafiker

te Aussagen – von abstrakten Zahlen zu

Gerd Arntz geschaffene Visualisierungs-

leicht begreifbaren Zeichen. Ein weiterer,

system Isotype ausführlicher untersucht

großer Schritt zur Erreichung seines Ziels,

werden.

87. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath Visualisierungen…, S. 29

N2

der sozialen Massenaufklärung, gelingt Otto Neurath mit der Gründung des Gesellschafts- und Wirtschaftmuseums im Jahre 1925 in Wien. Sowohl durch eigene

7.1.2. Das Isotype-System

Ausstellungen als auch durch Beratung,

Klare Formen, kräftige Farben und ein-

sowie Gestaltung von Bildtafeln, Kar-

deutig erkennbare bildliche Darstellun-

ten und Modellen versuchte er ein Ver-

gen sind die prägnanten Kennzeichen

ständnis für komplexe soziale und wirt-

des, bereits im vorhergehenden Kapitel

schaftliche Zusammenhänge zu schaffen.

eingeführten, Isotype-Systems. Bei die-

Wenngleich die Forderung nach wissen-

sem System handelt es sich um die Ent-

schaftlicher Genauigkeit und Reduzierung

wicklung einer spezialisierten grafischen

der Information bei gleichzeitig hoher

Darstellungsmethode, sowie deren Aus-

Verständlichkeit im Vordergrund stand,

weitung und Systematisierung zu einer

verfolgte Neurath doch die Philosophie,

eigenständigen Bildsprache. Der zusam-

dass es besser sei, sich vereinfachte Men-

mengesetzte Name Isotype kann neben

genbilder zu merken, als genaue Zahlen

der englischen Entsprechung: internatio-

zu vergessen. Ein weiterer ausschlagge-

nal system of typographic picture educa-

bender Faktor für die Humanisierung des

tion auch aus dem Griechischen hergelei-

Wissens, unter Otto Neurath, ist die Sys-

tet werden und bedeutet dann soviel wie:

87

Isoytype-Grafiker: Gerd Arntz.

N3

Scherenschnittvorlage für die Produktion der Isotype-Piktogramme.

63


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath

88. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 86

N4

Isotypen mit eindeutigen optischen Merkmalen.

„immer die selben Typen verwenden“88.

Art Hilfssprache für die alltägliche Kom-

In der Tat ist die Verwendung von stan-

munikation. Er warnte aber zugleich vor

dardisierten, immer wiederkehrenden

übertrieben großen Hoffnungen in die-

Elementen innerhalb von Neuraths kons-

se moderne Bildsprache. Denn Neurath

truiertem Piktogrammsystem ein wesent-

selbst wusste um die Schwächen und die

liches Erkennungsmerkmal. Die einzelnen

Begrenztheit seines bildlichen Sprachsys-

Bestandteile des Isotype-Systems sollten

tems im direkten Vergleich zur normalen

dabei konkrete, allgemein verständliche

Sprache. So konnten zwar Fakten und

Bildzeichen mit stets gleicher Bedeutung

Informationen zweifelsohne verständlich

sein, und anstelle abstrakter Schriftzei-

dargestellt werden, aber um Ansichten

chen, wie bei gewöhnlichen Sprachen,

auszutauschen, Emotionen auszudrücken

zum Einsatz kommen. Aus gestalterischer

oder eindeutige Befehle zu geben, war

Sicht besonders hervorzuheben ist das

die Bildsprache nicht gut geeignet. Auf-

exakte und ebenso schlichte Design der

grund dessen wollte Neurath im Laufe

einzelnen Zeichen, welches eine modula-

der späteren Entwicklung von Isotype, in

re Verwendung der jeweiligen Elemente

erster Linie selbsterklärende Isotype-Bild-

erlaubt. Otto Neurath äußerte sich zur

zeichen schaffen, die einerseits von Wör-

Konstruktion seines Systems einmal mit

tern begleitet werden konnten und diese

folgenden Worten: „Die Welt, in der wir

andererseits zugleich unterstützten. Dies

uns bewegen, besteht aus Zeichen – die

war unter anderem ein ausschlaggeben-

Welt für uns ist eine kodierte Welt“ .

der Grund für Otto Neurath, zusammen

Diese Aussage unterstreicht nochmals

mit seiner Frau Marie, im Jahre 1940 in

deutlich die systematische und konstruk-

Oxford, das Isotype Institute zur Entwick-

tivistische Herangehensweise an seine

lung, Verbreitung und Standardisierung

neue Bildersprache. Neuraths eigener

von Piktogrammen zu gründen. Die dort

Anspruch reichte dabei nicht soweit,

entstandenen Bildzeichen finden teilweise

die vorhandenen Sprachen ersetzen zu

noch heute ihre tägliche Verwendung, wie

wollen, vielmehr sah er in Isotype eine

beispielsweise in visuellen Leitsystemen,

89

89. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath Visualisierungen…, S. 23

64


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath

Gebrauchsanweisungen für technische

Demokratisierung des Wissens, bezie-

Geräte, allgemeine Benutzungshinweise,

hungsweise des Wissenszugangs, doch

Zeichen für Angebote und Dienstleistun-

gerade in den Zeiten der globalen Ver-

gen, oder aber bei Anweisungen zum Ver-

netzung durch das World Wide Web eine

halten in Notfällen. Allerdings wirken viele

Renaissance.90 Oberstes Ziel von Otto

Elemente von Isotype heute überholt und

Neurath und seines Isotype-Systems ist

haben im Laufe der Zeit ihre ursprüngliche

nach wie vor Informationen verantwor-

Bedeutung eingebüßt, weshalb sie durch

tungsvoll anzubieten. Diese sollten dabei

moderne piktografische Bildsprachen er-

absolut wertfrei, allgemein verfügbar und

setzt wurden. Dennoch ist das Interesse

unabhängig sein.

90. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 89

an diesen sprechenden Zeichen bis heute ungebrochen, erlebt der Gedanke einer

N5

N6

Für Neurath typische grafische Aufarbeitung statistischer Fakten – Vergleich der Arbeitslosen in verschiedenen Ländern.

Markenzeichen: Streikender.

65


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath

ISOTYPE-SYSTEM in der Praxis N7

Einblick in das, aus 端ber 2000 Zeichen bestehende, Isotype-System. Verantwortlich f端r die grafische Umsetzung war der Grafiker Gerd Arntz.

66


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath

ISOTYPE-SYSTEM in der Praxis N8

VORHER

nachher

Umwandlung statistischer Zahlen und Fakten in leicht verständliche illustrative Darstellungen – Monopolartige Produktion aussereuropäischer Länder.

67


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath

ISOTYPE-SYSTEM in der Praxis N9

Gewerkschaften der Erde, Atlas für Gesellschaft und Wirtschaft.

Entwicklung der Eisenbahnen, Atlas für Gesellschaft und Wirtschaft.

Handelsmarine der Erde, Atlas für Gesellschaft und Wirtschaft.

Kraftwagenbestand der Erde, Atlas für Gesellschaft und Wirtschaft.

N10

Piktogramme zur Darstellung sozialer Umstände, Gewaltverbrechen

68


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath

69


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otl aicher

7.2. Otl Aicher

sich vielmehr als visuelles Markenzeichen der Spiele. Die optische Einheitlichkeit

A1

Konstrukteur: Otl Aicher

A2

Aichers Plakat der Spiele 1972

91. Vgl. SEBASTIAN HEILIG: Piktogramme. Der Sportler-Strich von München. Redaktion Eintages, Spiegel Online, 2008

70

7.2.1. Meilenstein der Piktogramm-

der verschiedenen Kommunikationsmit-

gestaltung – Olympia München 1972

tel wie Signet, Farben, Kleidung, Mas-

Die zweite nennenswerte Größe in der

kottchen, Werbe- und Informationsmittel

Piktogrammgestaltung ist der Grafiker

prägten den dynamischen Auftritt in der

und Designer Otl Aicher, welcher in sei-

weltweiten Öffentlichkeit - bis heute. Für

ner Funktion als Gestaltungsbeauftragter

die grafische Realisierung der Bildzeichen

der Olympischen Sommerspiele 1972 in

selbst, ist vor allem die Verwendung eines

München, erstmals rasterbasierte Pikto-

exakt definierten Gestaltungsrasters von

gramme verwendete, welche nebenbei

großer Bedeutung. Otl Aicher sieht die

unsere Kommunikation so nachhaltig re-

besondere Qualität dieser Piktogramme

volutionierten. Otl Aicher (1922 – 1991)

hauptsächlich in der Einfachheit der Vi-

war erfolgreicher Gestalter, Typograph,

sualisierung, wobei die Gestaltung strikt

Dozent für visuelle Kommunikation, und

geometrischen Richtlinien unterliegt und

Wegbereiter des Corporate Identity-Ge-

sich jedes Zeichen, ein einem genau fest-

dankens. Sein beruflicher Höhepunkt aber

gelegtem Raster wiedergeben lässt. Die

war die Gestaltung der Piktogramme und

eingesetzten Sportartenpiktogramme, mit

Infoleitsysteme für die Olympischen Spie-

den aus rein geometrischen Formen zu-

le im Jahre 1972, an dessen gestalterischer

sammengesetzten Athleten, veranschau-

Leistung sich noch heute, unbewusst und

lichen Aichers Konzept sehr deutlich. Ein

weltweit Grafikdesigner orientieren. Seit

runder Kopf, ein Torso und Linien von

den Olympischen Spielen in München

gleichbleibender Breite für Arme und

1972 eines unmissverständlich klar: Bilder

Beine, sind dabei die Grundelemente der

funktionieren besser als Wörter. In diesem

einzelnen Sportler. Allen Piktogrammen

Fall spricht man von Piktogrammen . Die

liegt wiederum ein quadratisches Raster

Bildzeichen von München waren nicht nur

zu Grunde, in welchem die Bewegungen

grafische Hilfsmittel, sondern etablierten

der Figuren vertikal und horizontal ein-

91


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otl aicher

ander angeglichen wurden und ihre Dy-

der Piktogramme von Otl Aicher, die in

namik durch Diagonalen in einem Winkel

München und Montreal zum Einsatz ka-

von 45 Grad bekommen. So steht, ein von

men, standen einem weiteren Einsatz bei

Aicher konstruierter Sprinter, im 45-Grad-

den Olympischen Spielen in Moskau 1980

Winkel einem bewegten Bild eines realen

leider im Weg. Aber einige Jahre später

Sportlers an Dynamik in fast nichts nach.

wurden im Auftrag des Leuchtenherstel-

Die Piktogramme können kombiniert,

lers ERCO die Piktogramme der Spiele

und einzelne Elemente problemlos ohne

1972 weiterentwickelt und ergänzt. Basis

Störeffekte hinzugefügt werden, so dass

waren diesmal ausgedehnte Recherchen

sie sich für eine Anwendung in einer Serie

über international gebräuchliche Zeichen-

gut eignen. Die Einfachheit und Redukti-

systeme und Umfragen auf großen Aus-

on der Zeichen begründete Aicher mit fol-

stellungen. So besteht auch noch heute

gendem Zitat: „Wer mit Kommunikation

die Möglichkeit einem von Aichers damals

zu tun hat, muss auf Kunst verzichten“ .

entwickelten Piktogrammen im Alltag zu

Aufgrund dieses Statements ist zu erken-

begegnen, denn die Qualität seiner Pik-

nen, dass Aicher den ursprünglichen und

togramme besteht nach wie vor darin,

geforderten Kommunikationsgedanken,

dass sie zeitlos, sprach- und kulturneutral

der vordergründigen Informationsüber-

und deshalb weltweit universell einsetzbar

mittlung, der Bildzeichen, in seiner Arbeit

sind 94.

92

93

92. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 99

93. Ebd., S. 202

A3

Corporate Design der Spiele.

94. LENWANDOWSKY, PINA: Schnellkurs Grafik-Design, Köln 2006, S. 101

aufgriff und unterstützte. Der Erfolg und die Funktion dieser Piktogramme wurde A4

bereits bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal bestätigt, denn dort wurden die Zeichen Otl Aichers ohne Modifikationen direkt übernommen. Hierzu wurden die entsprechenden Nutzungsrechte an dem Piktogramm-System von 1972 erworben. Hohe Kosten für die Nutzungsrechte

Ausstellung der Gestaltungsleistung „Olympia München 1972“.

71


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otl aicher

A5

Lufthansa Plakat von Aicher.

A6

7.2.2. Ursprung modernen

und kommerzielle Erfolg im Vordergrund,

Kommunikationsdesigns

vielmehr war er Ästhet und Idealist. Sein

Otl Aicher wurde nicht nur durch seine

schöpferisches Werk war dabei äußerst

gestalterische Arbeit bei den Olympi-

umfangreich und vielseitig. So entwarf er

schen Spielen 1972 berühmt, sondern

unter andrem auch Schriften, wie etwa

war auch prägender Wegbereiter des

die Traffic für die Münchner Verkehrsbe-

modernen Kommunikationsdesigns. So

triebe und die weltbekannte Schriftart

unterrichtete er bereits ihm Jahre 1952

Rotis. Er gestaltete weiterhin zahlreiche

als Dozent für visuelle Kommunikation,

Bücher, Plakate und Produkte, welche

welche er als eigene Disziplin ins Leben

schon heute zu den Designklassikern ge-

gerufen hatte, an der, durch ihn mitbe-

hören. Deshalb kann und muss Otl Aicher

gründeten, Hochschule für Gestaltung in

zu den einflussreichsten Gestaltern von

Ulm. Einige Jahre später wurde er allei-

Kommunikationsdesigns der Nachkriegs-

niger Rektor der Hochschule und hatte

zeit gezählt werden.

daneben noch Gastprofessuren in Yale und Rio de Janeiro. Seinen kommerziellen Durchbruch schaffte Aicher 1967, als er zum Gestaltungsbeauftragten der Olympischen Spiele 1972 in München berufen wurde. Aicher prägte aber auch nach den Olympischen Spielen unsere Sehge-

Lufthansa Schriftzug von Aicher.

wohnheiten – bis heute. Der Grafiker war beteiligt an den Erscheinungsbildern großer Unternehmen wie Lufthansa, Braun, A7

ERCO und ZDF. Außerdem gestaltete er das benutzerfreundliche Leitsystem des

Schriftart Rotis von Aicher.

Amsterdamer Flughafens Schiphol. Dabei stand bei Aicher nicht nur der finanzielle

72


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otl aicher

73


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath

AICHER Sport-PiktogrammSYSTEM A8

Auswahl an Piktogrammen aus dem Sportpiktogramm-Katalog von Otl Aicher.

74


bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath

AICHER ERCO-PiktgrammSYSTEM A9

Auswahl an Piktogrammen aus dem ERCO-Piktogramm-Katalog.

75


Gegenwärtige Verwendung schilder und verkehrszeichen

8. Gegenwärtige Verwendung

Jahre 1909 die ersten vier international

gültigen Verkehrszeichen eingeführt. Von

von Piktogrammen

diesem Zeitpunkt an, mit dem Aufkom-

S1

Verschiedene Schilder.

8.1. Schilder und Verkehrszeichen

men und der stetigen Weiterentwicklung

Achtung! Die, im Straßenverkehr einge-

der Globalisierung und des Straßenver-

setzten Signal- oder Verkehrszeichen,

kehrs, wurde dieses Zeichensystem ste-

haben im Gegensatz zu allen anderen

tig ausgebaut und zum international ver-

Zeichen, weniger eine passive Funktion.

einbarten Standard erhoben. Daher sind

Vielmehr kommt ihnen eine aktiv vermit-

diese Verkehrszeichen, in gegenwärtiger

telnde, informierende Rolle zu. Ihr Zweck

Form, auf der ganzen Welt zu finden und

ist im Sinne eines Hinweises, eines Be-

müssen bis auf wenige landes- und kultur-

fehls, einer Warnung, eines Verbots, oder

spezifische Ausnahmen als einheitliches

aber einer einfachen Instruktion, nicht so

Regelsystem betrachtet werden. Diese

sehr kommunikativer Art, sondern muss

bildlichen Unterschiede und Besonder-

vielmehr auf unmittelbares Reagieren,

heiten finden sich meist bei landestypi-

beziehungsweise direktes Handel seitens

schen Schildern, die jeweils vor der lo-

des Betrachters gerichtet. So stellt sich

kalen Fauna warnen, wie beispielsweise

das Signalzeichen, durch seine äußere

Hinweise vor Koalas in Australien oder vor

Gestalt, wie etwa in Form eines Schildes

Elchen in Skandinavien. Um die internati-

oder einer Tafel, sozusagen gegen den

onale Verständlichkeit zu verbessern, wird

Willen des Menschen in dessen Blick-

heutzutage weitgehend auf die Verwen-

feld . Daraus folgende ist das materia-

dung von Schriftzeichen verzichtet, zu-

lisierte Piktogramm zum wesentlichen

mal das Lesen von schriftlichen Hinweisen

Bestandteil unseres Umweltbildes und

oder Anweisungen die Reaktionszeit des

Lebensraum geworden. Ein Ausweichen

Rezipienten unnötig verlängert. Schließ-

ist kaum mehr möglich. Wie bereits im

lich müssen die Straßenverkehrszeichen

Kapitel drei, Geschichtliche Entstehung

jederzeit und für jederman, auch bei ho-

der Piktogramme, erwähnt, wurden im

hen Geschwindigkeiten und schlechten

95

95. Vgl. Frutiger, Adrian: Der Mensch..., S. 152

76


Gegenwärtige Verwendung schilder und verkehrszeichen

Sichtverhältnissen erkennbar sein, um

Straßen schätzungsweise über 20 Millio-

möglichen Gefahren vorzubeugen. Ein

nen Verkehrszeichen, mindestens ein Drit-

großer Vorteil der Verkehrsschilder, im

tel aller Schilder ist überflüssig. Aufgrund

Vergleich zu anderen Schildern, liegt da-

des unüberschaubaren Schilderwaldes ist

rin, dass bereits von Weitem zumindest

es nur gut verständlich, dass so mancher

die Form der einzelnen Schilder zu er-

Autofahrer einfach den Durchblick in

kennen ist, sodass sich die Autofahrer auf

diesem Wirrwar aus Schildern und Zei-

die veränderte Verkehrssituation einstel-

chen verliert. Dies hat nun auch die Bun-

len können, noch bevor ihnen die genaue

desregierung von Deutschland erkannt,

96

Bedeutung der Zeichen deutlich wird.

und beginnt ab 1. September 2009 den

Dieser Faktor ist allerdings nur möglich,

Schilderwald langsam abzuholzen. Hierzu

weil die Bedeutung und Beschaffenheit

werden acht, momentan noch gültige, Ver-

von Straßenverkehrszeichen in jedem Fall

kehrsschilder sofort gestrichen und sechs

gelernt werden muss und ihm Rahmen

weitere Schilder, sollen in den kommen-

der Führerscheinprüfung abgefragt wird.

den Jahren aus dem Verkehr gezogen

Dieses Beispiel verdeutlicht zugleich, dass

werden97. Dies soll einerseits eine Erleich-

man nicht von einer natürlichen, interna-

terung für den Autofahrer bringen und

tionalen Verständlichkeit von grafischen

setzt andererseits wieder mehr auf Eigen-

Symbolen, beziehungsweise Piktogram-

verantwortung im Straßenverkehr beim

men, ausgehen darf. Ein weiteres Problem

Fahrer selbst. Wird ihm doch ein kleiner

der Verkehrszeichen, ist die unaufhaltsame

Teil der regelenden und verantwortungs-

Vermehrung der Zeichen selbst. Durch

übernehmenden Hilfsmittel genommen.

immer neue Regelungen und Vorschriften

Die angesprochenen Zeichen und weitere

der Straßenverkehrsordnung nimmt die

interessante, sowie kuriose Schilder sollen

Zahl der Schilder stetig zu. Die Wahrneh-

nun im Abschluss dieses Kapitels, grafisch

mung und das Verständnis der einzelnen

aufgearbeitet, präsentiert werden.

Zeichen nimmt infolgedessen jedoch ab. Laut dem ADAC stehen entlang deutscher

96. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 106

97. Vgl. AMS-REDAKTION: Der Schilderwald lichtet sich, in Auto Motor und Sport, Ausgabe. 19 (2009), S. 9

S2

Diese Verkehrschilder werden bald aus dem deutschen Schilderwald verschwinden

77


Gegenwärtige Verwendung Sind Piktogramme im Alltag und öffentlichem Raum visuelle Umweltverschmutzung?

98. HANZER, MARKUS: Krieg der Zeichen – Spurenlesen im urbanen Raum, Mainz 2009, S. 274

78

8.2. Sind Piktogramme im Alltag

tor die Verursacher der visuellen Umwelt-

und öffentlichem Raum visuelle

verschmutzung, durch den übermäßigen

Umweltverschmutzung?

und fragwürdigen Einsatz von Schildern

Ähnlich, wie beim Beispiel des Straßen-

und Piktogrammen, und spricht gleichzei-

verkehrs, verhält es sich heutzutage auch

tig den Unmut der irritierten Rezipienten

bei der unaufhaltsamen Vermehrung von

an. So ist der stetige Entwicklungsprozess

Schildern und Bildzeichen im öffentli-

der Zeichen im Kampf zwischen Tradition

chen Raum. Diese unscheinbaren, aber

und Innovation sicherlich nicht aufzuhal-

allgegenwärtigen Zeichen buhlen dabei

ten, aber die visuelle Präsenz im öffent-

konkurrierend um unsere ungeteilte Auf-

lichen Raum sollte dabei mehr reguliert

merksamkeit. Die schier unüberschaubare

werden. Dabei liegt das Problem nicht

Vielfalt der eingesetzten Piktogramme,

alleine in der kaum zu bewältigenden In-

vor allem im urbanen Umfeld der Stadt,

formationsflut selbst, sondern vielmehr

übersteigt zunehmend unsere Fähigkeit,

in der daraus resultierenden Schwierig-

diese zu überblicken und die gewünschte

keit, bedeutende Informationen aus der

Information des jeweiligen Zeichens zu in-

Flut der Daten herauszufiltern. Dieses,

terpretieren. Somit kommt es immer mehr

weltweit vorherrschende, Phänomen wird

zu Verwirrung und Unverständlichkeiten,

im Englischen als information overload

welche kurioserweise durch die eigent-

bezeichnet und mündet meist in Verun-

lichen Kommunikationshelfer hervorge-

sicherung, Unbehagen und allgemeine

rufen werden. Hierzu formuliert Markus

Orientierungslosigkeit beim Empfänger.

Hanzer in seinem Werk, Krieg der Zeichen,

Diese Entwicklung steht somit im krassen

treffend: „Wem es nicht gelingt, beina-

Gegensatz zum eigentlichen Kommuni-

he jede Ecke mit seinen Botschaften zu

kationsgedanken der Bildzeichen. Der

besetzen, läuft immer Gefahr, übersehen

Verlust der Wirksamkeit der grafischen

zu werden. Wer es versucht, muss immer

Zeichen liegt dabei zudem hauptsächlich

öfter mit Widerstand rechnen.“ Mit die-

in der Konkurrenz der verschiedenen Zei-

sem aktuellen Statement, kritisiert der Au-

chensystem unseres täglichen Umfelds,

98


Gegenwärtige Verwendung Sind Piktogramme im Alltag und öffentlichem Raum visuelle Umweltverschmutzung?

wie zum Beispiel Werbung, Verkehrszei-

im Bezug auf eine Sinnentleerung der Zei-

chen, Hinweisschilder, Wegleitsysteme

chen, im anschließenden Kapitel, Aktuelle

und sogar moderne Formen, wie Graffiti.

Medienbespiele, anhand zweier ausge-

Diese vermehrte Verwendung von visuell

wählten Beispiele aus der Praxis überprüft

reduzierten Symbolen, aller Arten in immer

werden. Im Zuge dieses Abschnitts soll

neuen Kontexten, kann einen gewissen

herausgefunden werden, ob die Feststel-

Informationsverlust der Zeichen mit sich

lung der visuellen Umweltverschmutzung

bringen. Der Medienwissenschaftler Neil

durch Piktogramme berechtigt ist.

Postman spricht in diesem Zusammenhang von der Trivialisierung der Symbole als einem Prozess ihrer Sinnentleerung, und macht hierfür zwei entscheidende Faktoren verantwortlich99. Zum einen, lassen sich seiner Ansicht nach, Symbole, vor allem in Bildkontexten, zwar endlos repro-

99. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 129 ff.

duzieren und wiederholen, ihre Wirkung dabei ist, laut Postman, aber keineswegs

100. Ebd.

unerschöpflich. Je häufiger ein Symbol verwendet wird, desto stärker verliert seine Bedeutung an Kraft und desto mehr versickert der gewünschte Symbolgehalt. Zum anderem, wird der Prozess der Sinnentleerung auch dadurch vorangetrieben, dass Symbole wahrlos in alle möglichen Kontexte transformiert werden100. Dieses gerade beschriebene Phänomen nennt Postman selbst information trivia. Gerade der Faktor, der immer neuen Kontexte, soll

79



S3


aktuelle medienbeispiele Alfa romeo mito

9. Aktuelle Medienbeispiele

dabei um eine kreative Bildsprache handeln, welche sich auch über konventionel-

M1

Werbeobjekt: Alfa Romeo Mito.

M2

Piktogramme des „Alfabets“.

M3

Online-Werbe-Banner.

82

9.1. Alfa Romeo Mito

le Sprachgrenzen hinweg setzt. Dazu stellt

Nach einer ausführlichen und detailier-

der Automobilhersteller dem Nutzer auf

ten Behandlung der Theorie zur Thematik

seiner Website www.alfamitoclip.com das

der Piktogramme, soll es nun im folgen-

digitale Vokabular zur Verfügung, mit dem

den Kapitel, um die praktische Verwen-

sich jede erdenkliche Geschichte erzählen

dung der Bildzeichen, anhand aktueller

lässt. Nach der europaweiten Ausstrah-

Medienbeispiele gehen. Als Erstes wird

lung der ersten 10- und 30-Sekunden-

dabei der Einsatz der Bildzeichen in der

Clips von Alfa Romeo im TV und Kino,

Werbung näher betrachtet, hierzu dient

sollte der Anwender motiviert werden,

uns die derzeitige Werbekampagne des

eigene Bildergeschichten im gleichen Stil,

Alfa Romeo Mito. Die italienische Auto-

mittels des Alfabets zu kreieren und auf

marke bestreitet mir ihrer europaweiten

der Plattform zu präsentieren. Die kurzen

Kampagne, für die Neueinführung der

Fernsehspots dienten dabei jedoch eher

trendigen Modellreihe Mito, neue Kom-

als Inspirationsquelle für die späteren Fil-

munikationswege und setzt dabei voll auf

memacher. Besonders hervorzuheben ist

die Verständigung mittels Piktogrammen.

bei den Clips vor allem der aktivierende

Hierfür konzipierte die, ebenfalls italieni-

Sound der Gruppe Daft Punk und dem

sche, Agentur Saffirio Torelli Vigotti das

Song Technologic, welcher dem Spot die

sogenannte Alfabet, eine digitale Bild-

gewisse Dynamik verleiht. Das Angebot

sprache die aus hunderten Icons und

von Alfa Romeo stößt beim modernen

Piktogrammen besteht. Laut Pressetext

Web 2.0-Nutzer auf enorme Resonanz. So

stellt sich der Mito dabei in einer ganz

wurden bis heute schon über 6800 user

neuen Kommunikationsstrategie vor, und

generated ads veröffentlicht, welche nicht

lädt das Publikum zugleich ein, die neue,

nur auf der dafür vorgesehenen Website

international verständliche Sprache selbst

gezeigt werden, sondern sich auch über

zu entdecken und zu nutzen. Es soll sich

online Videoplattformen, wie beispiels-


aktuelle medienbeispiele Alfa romeo mito

weise YouTube, extrem schnell verbrei-

verbale Kommunikation erfüllt worden

teten und somit eine große Werbeprä-

sind, wurde jedoch das Interesse an den

senz für Alfa Romeo produzieren. Dies

sprechenden Zeichen, durch die Kombi-

wiederum bringt einen positiven, viralen

nation mit den modernen Techniken des

Marketingeffekt mit sich bringt und die

Internets, neu geweckt, und ihre gegen-

Marke, beziehungsweise das Auto, bleibt

wärtige Berechtigung bestätigt.

M4

Alfabet-Verwendung auch bei klassischen Print-Anzeigen.

auf diese Weise im Gespräch bleibt. Die Motive der Print- und Onlinekampagnen M5

beziehen ebenfalls die piktografischen Alfabet-Elemente mit ein, und werden somit auch zu kleinen, klassischen Bildergeschichten, wodurch der neue kommunikative Gesamtauftritt abgerundet wird. Abschließend stellt sich nun die Frage, welchen Anteil die Verwendung von Piktogrammen zum maßgeblichen Erfolg der Kampagne beigetragen hat. Festzu-

Ansicht des Mitoclip-Generators auf der Onlineplattform.

halten ist auf jeden Fall, dass durch die einfache und deutliche Kommunikation M6

durch Bildzeichen eine großes Interesse an dieser Art der Verständigung geweckt wurde. Gewünschte Botschaften konnten einfach und direkt vermittelt werden und machten gleichzeitig auch noch Spaß. Daher ist den verwendeten Piktogrammen sicherlich ein großer Teil des Erfolges zuzusprechen, auch wenn nicht alle formal geforderten Bestandteile für eine non-

Auswertung der Online-Aktion auf www.alfamitoclip.com

83


aktuelle medienbeispiele Alfa romeo mito

alfa mitoclip my saturday 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Alfa Romeo Bildergeschichte „My Saturday“, realisiert mittels der Piktogramme des „Alfabets“.

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M7


aktuelle medienbeispiele Alfa romeo mito

alfa mitoclip my first son M8 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Alfa Romeo Bildergeschichte „My First Son“, realisiert mittels der Piktogramme des „Alfabets“.

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aktuelle medienbeispiele Piktogramme der zdf heute nachrichten

Z1

Der neugestaltete heute-Auftritt, inklusive neuem Studio-Design.

Z2

Deutliche Informationsgrafiken stehen nun im Vordergrund.

Z3

Neue Karten und Piktogramme vervollständigen den Auftritt.

86

9.2. Piktogramme der ZDF

bewusst zu unterstreichen. Die modern

Heute Nachrichten

wirkenden Bildzeichen sollen künftig,

Von der fiktiven Werbewelt zu den realen

innerhalb der Nachrichtensendung, ver-

Fakten – hierfür wird, als zweites Beispiel

stärkt zur Informationsvermittlung einge-

für die Verwendung von Piktogrammen in

setzt werden und die bereits bestehende

der gegenwärtigen Medienlandschaft, die

Typografie unterstützen. Durch ihre klare

Neugestaltung der ZDF Heute Nachrich-

und reduzierte Formensprache, welche

ten angeführt. Besonderes Augenmerk

aus der neu konstruierten Schrift abge-

gilt hierbei vor allem der Konstruktion

leitet ist, bilden die Piktogramme einen

und Gestaltung der neuen Informations-

ruhigen Kontrast zur Masse der bewegten

grafiken und Piktogrammen. Eines vor-

Bilder. Laut des Pressetextes von Eden-

weg: bei den verwendeten Bildzeichen

spiekermann, sollen die neuen Icons da-

handelt es sich formal eher um Icons, als

bei gleichzeitig eine zusätzliche Ebene

um klassische Piktogramme. In einem

schaffen, die hilft, komplexe Sachver-

gut dreijährigen Entwicklungsprozess

halte verständlich zu erklären. So verfol-

erarbeitete ein interdisziplinäres Team,

gen die Gestalter der ZDF-Piktogramme

bestehend aus verschiedenen renom-

anscheinend die Spuren von Otto Neu-

mierten Design-Agenturen, die Neuge-

rath und seiner Devise der Demokratisie-

staltung und Neustrukturierung der ZDF

rung des Wissens. Es stehen nun mehr

Heute Nachrichten. Für die Realisierung

als 200 Zeichen, teilweise animiert, den

der Informationsgrafiken und Piktogram-

Grafikredakteuren zur Verfügung, um die

me ist vor allem die Kommunikations-

gewünschten Inhalte visuell transportie-

agentur Edenspiekermann (Berlin, Ams-

ren zu können. Das Sammelsurium der

terdam) verantwortlich. Zusätzlich zu der

Piktogramme setzt sich dabei aus zirka

grafischen Umsetzung wurde eine neue

60 animierten Wettericons und mehr als

Schriftart, genannt ZDF News, von Eden-

150 Informationsicon zusammen, wovon

spiekermann entwickelt, um die Eigen-

ungefähr 20% nochmals animiert sind.

ständigkeit des neuen Auftritts nochmals

Hierbei muss angemerkt werden, dass


aktuelle medienbeispiele Piktogramme der zdf heute nachrichten

nicht jedes Piktogramm dieser Serie auf

ner Geschichte gehören, die erzählt wird.

Anhieb selbsterklärend ist oder sinnvoll

So bleibt zum Schluss die Frage offen,

erscheint. So gibt es beispielsweise Icons

ob eine Nachrichtensendung überhaupt

für Situationen wie Bestechung und Bom-

Piktogramme zur Unterstützung ihrer In-

benattentat, welche erst auf den zweiten,

halte benötigt. Schließlich kann man nicht

oder dritten Blick verständlich sind – falls

jedes Thema mit Bildzeichen abdecken

überhaupt. Ein weiterer Kritikpunkt der

oder veranschaulichen. Wenn es nach

zwanghaft modernen Gestaltung der Pik-

der allgemeinen Forderung nach Kultur,

togramme, kann die Tatsache angeführt

Bildungs- und Sprachneutralität bei Pikto-

werden, dass die Zeichen eindeutig auf

grammen geht, dann ja. Denn wenn auch

Web 2.0-Ästhetik mit ihrer buttonhaften

nicht alle Inhalte durch eine Piktogramm-

Darstellung getrimmt wurden, was die

darstellung abgedeckt werden können,

vordergründige Verständlichkeit und Ein-

so dienen diese Zeichen doch trotzdem

deutigkeit nicht unbedingt po sitiv unter-

der einfacheren und urteilsfreieren Ver-

stützt. So enthalten einige der Bildzeichen

ständigung.

Z4

Z5

Ebenfalls komplett neu gestaltet: die Wetter-Karte und die dazugehörigen Piktogramme.

in der Darstellung schlicht zu viele Details, und wirken somit vielmehr wie IllustratiZ6

onen, als wie klassische Piktogramme. Zudem verwirren die teilweise vorhandenen Animationen den Betrachter nur unnötig. Die Entwickler der Zeichen setzen diesen Argumenten allerdings entgegen, dass die Piktogramme in Anlehnung an die neue charakterstarke Schrift ZDF News entstanden sind, und den Stil der reinen Textinformation in den bildlichen Bereich übertragen sollen. Außerdem seien es gewollte Illustrationen, die zu ei-

Die neuentwickelten Piktogramme werden zur Unterstützung der Verstehens von Zahlen und Fakten eingesetzt.

87


aktuelle medienbeispiele Piktogramme der zdf heute nachrichten

ZDF HEUTE PIKTOGRAMME Z7

Die neu konstruierten und teilweise animierten Piktogramme der ZDF heute-Nachrichten, welche von der eigenen Schriftart„ZDF News“ abgeleitet wurden.

Z8

Die Merkmale der Schrift wurden auf die Piktogramme übertragen, um einen einheitlichen und sachlichen Stil für das Gesamtbild zu schaffen.

Piktogramme für: Familie, Soldaten, Gruppen, Autos, Polizei und Ambulanz. Durch Veränderungen und Kombinationen erhalten die Zeichen eine neue Bedeutungen.

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aktuelle medienbeispiele Piktogramme der zdf heute nachrichten

ZDF HEUTE PIKTOGRAMME Z9

Beispielhafte Tastaturbelegung der Schriftart „ZDF News“ für die Implementierung als Schriftzeichen, um eine einfachere Handhabung zu gewährleisten.

89


aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

9.3. Beispiele aus der Welt der Werbung Zum Abschluss des Kapitels werden nun noch einige Praxisbeispiele aus der weiten Welt der Werbung gezeigt und kurz 101. Anm.: Alle gezeigten Werbungen sind der Adverstising-Plattform www.adsoftheworld.com entnommen. Es handelt sich dabei um reale und geschaltete Anzeigen und Plakate.

beschrieben101. Als kurzes Fazit vorab ist festzuhalten, dass die dort eingesetzen Piktogramme zum größten Teil nur als Schmuckelemente und zur Dekoration der Anzeigen eingesetzt werden. Weiterhin ist aufgefallen, dass die Bildzeichen auch gerne verwendet werden, um komplexe Zusammenhänge oder schwierig zu vermittlende Aussagen darzustellen. Dabei wird in einigen Fällen auch eine ganze Bildergeschichte, mittels der Zeichen erzählt. Die Piktogramme sind dabei meist das Hauptgestaltungsmerkmal, welches im Vordergrund steht und der Rest des Layouts überlicherweise daran angepasst wird. So werden eindeutige Piktogramme oft auf leuchtenden Farben platziert, um die Signalwirkung der Zeichen zu unterstützen. Anscheinend besonders beliebt sind die sprechenden Zeichen in der Automobilbranche und sozialen Einrichtungen, da diese Anzeigen den Großteil, der hier gezeigten Sammlung, ausmachen.

90


aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

91


aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

Beispiele aus der welt der WErbung

Anzeigenserie für die TierschutzOrganisation Pro Wildlife. Verschiedene Motive im Stil von Piktogrammen. Bilder sind zusammengesetzt aus Tieren und Waffen.

Anzeigen des Automobilherstellers Jeep, Kombinationen aus Straßenschildern und grafisch reduzierten Tierdarstellungen.

Provokantes Plakat für den Hutherstellers Hut Weber. Grafisch sehr reduzierte Darstellung zweier historischen Persönlichkeiten.

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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

Beispiele aus der welt der WErbung

Plakatserie der Tierschutzorganisation PeTA. Einsatz von Piktogrammen zur einfacheren Darstellung eindeutiger Handlungen.

Plakatserie das Low Budget Hotel Hans Brinker Budget Hotel. Reduktion auf das Wichtigeste mittels einfacher Piktogramme.

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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

Beispiele aus der welt der WErbung

Anzeigen die Brauerei Goldstar. Kurze Bildergeschichte zum kleinen Unterschied von Mann und Frau. Verwendung von einfachen Grafiken und Piktogrammen.

Plakat für den Kaugummiproduzenten Wrigleys. Dieses zeigt eine Gebrauchsanleitung für die Wiederverwendung der Kaugummies. Grafische Umsetzung mittels einfach verständlicher Bildzeichen.

Anzeige für Mercdes Benz. Mit kurzer Bildergeschichte in Form eines Flussdiagramms.

Guerilla-Werbeaktion für die TV-Show True Blood. Prägnante grafische Darstellung und Anleitung durch Bildzeichen.

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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

Beispiele aus der welt der WErbung Guerilla-Werbeaktion des Deoherstellers AXE. Verfremdung bzw. Manipulation von bestehenden Hinweisschildern durch Hinzufügen zusätzlicher Piktogramme, um die Aussage zu verändern.

Anzeigenserie für die National Veterans Wheelchair Games. Veränderung von existierenden Piktogrammen, um eine neue Aussage zu schaffen.

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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

Beispiele aus der welt der WErbung

Anzeigen f체r 360째-Taschen. Geschickte Kombination von auf T-Shirts gedruckten Bildzeichen und Trageriemen der Taschen.

Werbeanzeige des Sportartikelherstellers Nike. Einsatz der Piktogramme als reines Gestaltungselement f체r einen urbanen Look.

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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

Beispiele aus der welt der WErbung Plaktate für den Volkswagen Fox. Hauptgestaltungselement sind hierbei bestehende Verkehrsschilder und Symbole, welche ohne inhaltlich Veränderung genutzt werden.

Anzeigen für das Potzenmittel Viagra. Verwedung von Piktogrammen bzw. Schildern aus dem Straßenverkehr. Keine optische Veränderung, der neue Kontext alleine reicht für ein neues Statement aus.

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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

Beispiele aus der welt der WErbung

Anzeigenserie f체r das neuen Toyota IQ. Beim Layout steht das Auto im Mittelpunkt, welches in Kombination mit Piktogrammen auftritt. Die Zeichen sollen dabei verschiedene Eigenschaften des Autos hervorheben und sind gleichzeitig zus채tzliches Gestaltungselement.

Mehrere Plakate f체r die Sprachschule Berlitz. Bei den Motiven stehen unterschiedliche Schilder, beziehungsweise Verkehrzeichen im Vordergrund. Dabei findet eine Anspielung auf die geforderte internationale Verst채ndlichkeit dieser Schilder statt.

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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

Beispiele aus der welt der WErbung

Anzeigen für die Zeitschrift BMX Rider. Verwendung existierender Bildzeichen aus dem Straßenverkehr, plus eine neue Platzierung der Zeichen ergibt einen neuen Kontext.

Anzeigenserie für den Automobilhersteller Renault. Die Piktogramme und Motive von Verkehrsschildern werden verwendet, um die Sicherheit des Autos hervorzuheben. Die Zeichen treten dabei überdimensoniert in Kombination mit dem Fahrzeug auf.

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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

Beispiele aus der welt der WErbung Anzeigenschaltung für die Hygienemarke Listerine. Groß platzierte, plakative Piktogramme als Eyecatcher. Kombination aus Sprechblase und Objekt.

Plakatkampagne für die Naturschutzorganisation WWF. Hauptmotiv besteht aus Bildzeichen bedrohter Tierarten oder Bäume, in Verbindung mit einem bekannten Spieleklassiker.

100


aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung

Beispiele aus der welt der WErbung Anzeigenserie f端r den Kondomhersteller Durex. Gestalterische Verharmlosung eindeutiger Sexstellungen durch die Realisierung, in Form von Sexpositionen, mittlels Piktogrammendarstellungen.

Plakate f端r die Menschenrechtorganisaition IGFM. Die verwendeten Piktogrammen deuten, in Anlehnung an die Bildzeichen der Olympischen Spiele, Menschenrechtsverletzungen in China an.

101


102


zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

kapitel drei der schluss Piktogramme – Botschafter

der moderne Mensch im alltäglichen Le-

der nonverbaleN Kommuni-

ben umgeben ist, so wird schnell klar,

kation oder Verfall zum

dass man sich heute ohne die nonver-

sinnentleerten Schmuck-

balen Kommunikationsbotschafter kaum

element?

mehr zu Recht finden würde. Denn wie zu Beginn dieser Arbeit bereits erwähnt:

Im Verlauf meiner Auseinandersetzung

Piktogramme begegnen uns überall auf

mit der obigen Fragestellung, beginnend

der Welt. Ampelmännchen helfen uns,

von den divergenten Definitionen, der

relativ sicher eine Straße zu überqueren,

Differenzierung unterschiedlicher Arten

Richtungspfeile führen uns durch unbe-

von Bildzeichen, sowie der geschichtli-

kanntes Territorium beschirmt ans Ziel

chen Entstehung von Piktogrammen zu

und durchgestrichene Bildzeichen wei-

Beginn des Hauptteils, fortlauffend über

sen uns auf Verbote hin. So finden wir uns

die Grundlagen der sprachlichen Interak-

auch in fremden Ländern und Kulturen

tion durch Zeichen, den Anforderungen

zurecht und eine Integration in eine, für

und der grafischen Bauanleitung für Pik-

uns neue Gesellschaft, gestaltet sich heu-

togramme im Mittelteil der Arbeit, bishin

te als durchaus lösbar. Wirft man den Pik-

zur eingehenden Auseinandersetzung

togrammen auch gerne vor zum reinen

mit den wohl bedeutendsten Piktogramm-

Schmuckelement verkommen zu sein, so

gestaltern Otto Neurath und Otl Aicher

ist dies in der Tat nur in den seltensten

und der gegenwärtigen Verwendung von

Fällen gerechtfertigt, werden sie doch

Piktogrammen anhand aktueller Medien-

meist dazu eingesetzt, um komplexe

beispiele, hat sich gezeigt, dass vor allem

Sachverhalte verständlicher zu vermit-

in unserem multimedialen und interkul-

teln. Es kann nur dann von einer gewissen

turellem 21. Jahrhundert, eine Welt ohne

Sinnentleerung der Bildzeichen gespro-

Bildzeichen nahezu unvorstellbar gewor-

chen werden, wenn sie ihrer eigentlichen

den ist. Wirft man einen Blick auf die

Funktion, der Übermittlung nonverbaler

zahlreichen Piktogramme, von welchen

Botschaften, entfremdet und nurmehr

103


zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

K1

Piktogramm-Installation von Pippo Lionni.

K2

Installation im öffentlichen Raum von Pippo Lionni.

104

zur grafischen Unterstützung eingesetzt

tionieren müssen, stellen sie den Grafik-

werden. Verwendet man Piktogramme

designer sowohl bei der Entwicklung als

also im Kontext ihrer ursprünglichen Mis-

auch bei der Piktogrammgestaltung vor

sion, so ist eine Vielzahl der Bildzeichen

schwierige Aufgaben. Dieser muss sich

nicht kritisch, sondern absolut positiv zu

stets vergegenwärtigen, dass Piktogram-

betrachten. Denn eben diese kleinen non-

me nur dann funktionieren, wenn sie die

verbalen Kommunikationsbotschafter sind

geforderten Kriterien von Otl Aicher er-

es, welche stets aktuell sind, im Trend lie-

füllen, wie ich im Gliederungspunkt fünf

gen und mit der Zeit gehen. Schon allei-

und sieben ausführlich erläutert habe. So

ne diese Tatsache führt eben dazu, dass

müssen Piktogramme stets Zeichencha-

sie gegenwärtig für jedermann leicht zu

rakter haben, lesbar sein und somit die

verstehen sind. Meine eingehende Be-

Zugänglichkeit zur eigentlichen Informa-

schäftigung mit diesem Thema, im Zuge

tion zu gewährleisten, ebenso sollten sie

der vorliegenden Arbeit, hat weiterhin er-

eine gewisse Kultur- und Bildungsneut-

geben, dass der ursprüngliche Kommuni-

ralität besitzten und einheitliche Gestal-

kationsgedanke nahezu in allen Verwen-

tungsregeln verfolgen, um für jedermann

dungsbereichen immer erfüllt ist, egal ob

verständlich zu sein. Der Designer sollte

bei Leitsystemen, Beschreibungen oder

aber dennoch darauf achten Tabus, ins-

aber im Bereich der Werbung.

besondere bei kulturellen und vor allem

Piktogramme sind notwendig, um sich im

auch religiösen Unterschieden, nicht zu

alltäglichen Leben zu Recht zu finden –

verletzten.

heute mehr noch als vor einigen Jahren. So

Für eben diese Gestaltungskriterien wa-

sind sie es, die helfen Dinge und komple-

ren und sind bis heute die Arbeiten des

xe Sachverhalten auf einfachstem Wege

Grafikers Otl Aicher wegweisend. Dieser

zu vermitteln und zu erklären. Sie bilden

lieferte eine nahezu revolutionäre Gestal-

somit die Paradedisziplin des modernen

tungsleistung in Bezug auf die Selektion,

Kommunikationsdesigns und schon allein,

die Strukturierung und Reduktion von In-

weil sie punktgenau und unmittelbar funk-

formation. Doch nicht nur Aicher, sondern


zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

auch Otto Neurath trug seinen Teil zur

(Kurze Geschichten durch Verwendung von

innovativen Piktogrammgestaltung bei. Er

Piktogramme) veranschaulicht. Auch ist in

nutzte eben diese Bildzeichen um sowohl

Bezug auf Ausstellungen ein Trend hin in

eine Demokratisierung des Wissens als

Richtung künstlerisches Piktogrammde-

auch soziale Gerechtigkeit durch Bildung,

sign zu verzeichnen, so gab es beispiels-

zu erlangen.

weise in diesem Zusammenhang die Aus-

Würde man mich, nach dieser Arbeit, nach

stellung Die Einsamkeit der Zeichen103 und

der Notwendigkeit von vorgegebenen

eine weitere mit dem Titel Krieg der Zei-

Axiomen für Piktogramme, fragen, so

chen – Spurenlesen im urbanen Raum.104

würde ich antworten, dass festgesetzte

In letzterer wurden Sammlungen verschie-

Normen durchaus hilfreich, aber lediglich

dener Zeichen und Schilder von Markus

für international gültige Zeichensysteme,

Hanzer gezeigt.

wie es beispielsweise bei Verkehrszeichen

Am Ende meines theoretischen Teils an-

der Fall ist, von unabdingbarer Bedeu-

gekommen, bleibt demnach eines fest-

tung sind. Piktogramme und deren For-

zuhalten. Piktogramme bereichern unser

derungen sollten meiner Meinung nach,

alltägliches Leben mehr, als es uns eigent-

heute in ihrer Verwendung nicht immer so

lich bewusst ist. Auf der einen Seite die-

ernst genommen werden. Vielmehr sollte

nen sie als Botschafter nonverbaler Kom-

man als Grafiker versuchen mit Hilfe der

munikation und erleichtern unseren Alltag

Bildzeichen neue Wege zu beschreiten,

in den verschiedensten Bereichen, auf

wie es uns das weite Feld der Kunst er-

der anderen Seite aber liefern sie ebenso

möglicht. Als Designer und Grafiker ist

kreativen Input für moderne Kunst. Ich

man stets auch eine Art Künstler, welcher

würde mir sehr wünschen, dass die Desi-

neue Dinge kreiert, bisher bestehende

gner von heute den Mut aufbringen sich

Vorstellungen überschreitet und Neues

mehr der Piktogramme als gestalterische

schafft. Diese moderne, künstlerische

Elemente zu bedienen, alle Forderungen,

Verwendung von Piktogrammen wird vor

Normen und Ansprüche zu vergessen und

allem durch die Werke von Pippo Lionni102

den Mut haben, durch kreative Verwen-

102. Vgl. Lionni, Pippo: Facts of Life Vol. 1, 2. Auflage, Mainz 2000.

103. Vgl. Ackermann, Marion: Piktogramme – Die Einsamkeit der Zeichen, Stuttgart 2006.

104. Vgl. Hanzer, Markus: Krieg der Zeichen – Spurenlesen im urbanen Raum, Mainz 2009.

K3

Eröffnungsplakat der Ausstellung: „Einsamkeit der Zeichen“ von Marion Ackermann

105


zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

dung der Bildzeichen neue Kontexte zu erschaffen. Sie sollen Freude an dieser, bereits bestehenden Form des Kommunikationsdesigns haben und sich darauf einlassen, mit Hilfe der Piktogramme neue Wege der Kunst zu beschreiben. K4

Ich selbst, bin diesem innovativen Weg gefolgt und habe versucht, im folgenden praktischen Teil meiner Arbeit, Kunst durch Piktogramme auferstehen zu lassen. Vorbild hierfür waren natürlich die Kreationen von Lionni und verschiedene Ausstellungen. Im Folgenden werden sie nun bereits vorhandene Piktogramme entdecken, welche verändert, neu kom-

Piktogrammverfremdung eines unbekannten Künstlers.

biniert oder aber in neue Kontexte gesetzt wurden. Denn meiner Meinung war und ist es immer noch Aufgabe eines modernen Designers, Mut zu haben an neuen, noch unbekannten, grafischen Ufern zu landen, Entdeckungen zu machen und daraus resultierende Entwicklungen und Ideen zu zulassen. Theoretisches Wissen, praktische Fertigkeiten und Vorgegebenes umzusetzen sind das eine, den Mut zu haben, Normen zu durchbrechen und unbändige Freiheit in die eigene Gestaltung zu legen das andere.

106


zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikatioN

107


108


zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

kapitel vier die Praxis

109
































zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

Literatur verzeichnis Abdullah, Rayan / Hübner, Roger: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür?, Mainz 2005. Ackermann, Marion: Piktogramme – Die Einsamkeit der Zeichen, Stuttgart 2006. Ambrose, Gavin / Paul Harris: Layout – Entwurf, Planung und Anordnung aller Elemente der Seitengestaltung, München 2007. Auer, Peter: Sprachliche Interaktion – Eine Einführung anhand von 22 Klassikern, Tübingen 1999. Bauer, Andreas: Piktogramme: eine interkulturelle Bildsprache?, Augsburg 2005. Brockhaus (Hrsg.): Die Enzyklopädie: in 30 Bänden. 21. vollig neu bearbeitete Auflage, Band 21, Leipzig, Mannheim: F. A. Brockhaus 2005-2006. Böhringer, Joachim / Bühler, Peter / Schlaich, Patrick / Ziegler Hanns-Jürgen: Kompendium der Mediengestaltung für Digital- und Printmedien, Berlin 2000. Christian, Alexander: Piktogramme – Kritischer Beitrag zur Begriffsbestimmung, Aachen 2009. Dudenredaktion (Hrsg.): Duden. Die deutsche Rechtschreibung, 23., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag 2004. Dudenredaktion (Hrsg.): Duden. Das Fremdwörterbuch, 9. aktualisierte Auflage, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag 2007.

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zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

Literatur verzeichnis Eco, Umberto: Zeichen – Einführung in einen Begriff und seine Geschichte, Frankfurt am Main 1977. Fiell, Charlotte & Peter: Graphic Design for the 21st Century, Köln 2003. Frutiger, Adrian: Der Mensch und seine Zeichen, Wiesbaden 2006. Götz, Matthias / [Hrsg.]: Gewerbemuseum Basel: Wo ist der Ausgang? Wenn Bilder Auskunft geben: Piktogramme, Basel 1990. Hanzer, Markus: Krieg der Zeichen – Spurenlesen im urbanen Raum, Mainz 2009. Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006. Kloock, Daniela / Angela Spahr: Medientheorien - Eine Einführung, 3. Auflage, München 2007. Krampen, Martin / Götte, Michael / Kneidl, Michael: Die Welt der Zeichen Kommunikation mit Piktogrammen, Ludwigsburg 2007. Lenwandowsky, Pina: Schnellkurs Grafik-Design, Köln 2006. Lionni, Pippo: Facts of Life Vol. 1, 2. Auflage, Mainz 2000. Lionni, Pippo: Facts of Life Vol. 2, Mainz 2001. Plass, Johannes / Raffel, Carsten: lingua grafica, Berlin 2001.

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zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

literatur verzeichnis Plass, Johannes: lingua universalis, Berlin 2004. Radtke, Susanne P. / Pisani, Patricia / Wolters, Walburga: Handbuch Visuelle Mediengestaltung, 3. Auflage, Berlin 2006. Titzmann, Michael: Zeichen(theorie) und Praxis, Rothe1993. Volli, Ugo: Semiotik – Eine Einführung in ihre Grundbegriffe, Tübingen / Basel 2002. Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum (Hrsg.): Gesellschaft und Wirtschaft – Bildstatistisches Elementarwerk, Leipzig 1930. Zerbst, Marion / Kafka, Werner: SEEMANNs Lexikon der Symbole, 2. Auflage, Leipzig 2006. Zerbst, Marion / Waldmann, Werner: DuMonts Handbuch – Zeichen und Symbole, Köln 2006.

142


zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

Bilder verzeichnis E1

Eigenes Bildmaterial, Peter Wölfel, 2001 bis 2009.

P1 bis P7

Abdullah, Rayan / Hübner, Roger: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür?, Mainz 2005, S. 11.

I1 bis I2

http://www.snap2objects.com/2008/04/11/24-free-web-stock-icons/

G1

Abdullah, Rayan / Hübner, Roger: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür?, Mainz 2005, S. 18.

G2 bis G4

Abdullah, Rayan / Hübner, Roger: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür?, Mainz 2005, S. 19.

G5 bis G7

Abdullah, Rayan / Hübner, Roger: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür?, Mainz 2005, S. 21.

U1

http://www.pictonalities.com/survey.php

U2

http://www.pictonalities.com/onsite.php

K1

http://www.utrechtmanifest.nl/?p=16

K2

Piktogramme und Zeichen für Reisende und Kunden im Wegeleit- und

Informationssystem, Deutsche Bahn, 2009.

K3

Die Auswahl der gezeigten Schilder ist ein Ergebnis der Bildersuchfunktion

von google Deutschland, http://images.google.de/imghp?hl=de&tab=wi K4

http://photocase.com, boing.

143


zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

Bilder verzeichnis N1

Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 23.

N2

Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 60.

N3

Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 47.

N4

Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum (Hrsg.): Gesellschaft und Wirtschaft – Bildstatistisches Elementarwerk, Leipzig 1930, S. 50

N5

Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum (Hrsg.): Gesellschaft und Wirtschaft – Bildstatistisches Elementarwerk, Leipzig 1930, S. 53

N6

Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 47.

N7

Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 84 + 85.

N8

Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 54 + 55.

N9

Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum (Hrsg.): Gesellschaft und Wirtschaft – Bildstatistisches Elementarwerk, Leipzig 1930, S. 73

N10

144

http://www.fulltable.com/iso/modley/z.htm


zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

Bilder verzeichnis A1

http://www.designrelated.com/inspiration/view/Karen/entry/1088/ otl-aicher--the-olympics

A2 bis A4

http:// www.flickr.com/photos/8686840@N03/sets/72157620430165459/

A5 bis A7

Lenwandowsky, Pina: Schnellkurs Grafik-Design, KĂśln 2006, S. 101 ff.

A8 bis A9

ERCO Sportpiktogramme + ERCO Allgemeine Piktogramme, 05/2005.

S1

Hanzer, Markus: Krieg der Zeichen – Spurenlesen im urbanen Raum,

Mainz 2009, S. 205. S2 bis S3

http://www.flickr.com/groups/pictogram/pool

M1 bis M6

http://alfamitoclip.com, Stand 06/2009.

M7 bis M8

http://www.horizont.net/kreation/tv/pages/protected/show.php?id=1426

Z1 bis Z6

http://www.edenspiekermann.com/de/work/projects/zdf

Z7 bis Z8

EndenSpiekermann, ZDF News Icons, Berlin / Amsterdam 2009.

K1 bis K2

Lionni, Pippo: Facts of Life Vol. 1, 2. Auflage, Mainz 2000.

K3

http://www.kunstmuseum-stuttgart.de

K4

http://bartdesterck.wordpress.com/

145



zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation

Erklärung Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde nach meiner besten Kenntnis bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.

Hof, den 29.09.2009 (Peter Wölfel)

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