perspektive21 - Heft 37

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sogar von 17 Punkten. Damit entschied sich in der Hansestadt jeder zweite Wähler in Ausbildung für die SPD. In Brandenburg wiederum würden sich laut Umfrage derzeit fast 60 Prozent aller Wählerinnen und Wähler unter 25 für die SPD entscheiden. Die SPD als Partei der Jungen? In der Tat. Und die Sozialdemokraten täten gut daran, diese Zustimmung zu rechtfertigen und zu pflegen. Offensichtlich ist: In den jüngeren Gruppen unserer Gesellschaft wächst die Nachfrage nach einer modernen, dynamischen Interpretation sozialer Demokratie für das 21. Jahrhundert. Was fehlt, ist das dazu passende Politikangebot. Denn niemand wird im Ernst behaupten, die SPD habe in den vergangenen Monaten mit Nachdruck um die Zustimmung der Jüngeren geworben oder deren Anliegen ins Zentrum ihrer Überlegungen gestellt. Bemüht hat sich die SPD in letzter Zeit zu wenig um die Jüngeren und Bewegungsfreudigen, um die Aufstiegswilligen und Bildungshungrigen, um die Tatendurstigen und Zuversichtlichen. Im Zentrum sozialdemokratischer Aufmerksamkeit stehen allzu oft vor allem die Älteren und die Männlichen mit ihren Besitzständen und Verlustängsten. Gewiss, auch um sie müssen sich Sozialdemokraten kümmern aber eben nicht nur um sie. Kein Zweifel, die SPD wäre erfolgreicher, wenn sie zugleich als dynamische Partei des Fortschritts und der Erneuerung agieren würde. Der Zeigeist weht progressiv Das Wahlverhalten der Jüngeren zeigt: Der Zeitgeist in Deutschland weht progressiv – die SPD müsste ihn nur zu fassen bekommen. Eine aktive Politik der Lebens-, Bildungs- und Aufstiegschancen für alle besäße heute beträchtliche Attraktivität, die Idee des vorsorgenden Investierens in Menschen und ihre Fähigkeiten genießt wachsende Zustimmung. Nur: Ob von diesem Zeitgeist die SPD profitieren wird, das hängt vom kreativen Agieren ihrer Parteieliten ab. Es ist die Aufgabe wacher Politiker, gesellschaftliche Veränderungen zu beobachten, neue Bedürfnisse aufzuspüren und zu politisieren. Mehrheiten werden von Parteien niemals einfach vorgefunden, sondern immer bis zu einem gewissen Grade politisch geschaffen. Nichts anderes tat 1998 Gerhard Schröder, als er mit Erfolg die „Neue Mitte“ ausrief, nichts anderes tut Barack Obama derzeit in den USA. Auch nur in die Nähe der Mehrheitsfähigkeit wird die SPD erst dann wieder kommen, wenn sie sich Zustimmung jenseits ihrer schrumpfenden Traditionswählerschaft erarbeitet. Sozialdemokraten profitieren heute nicht mehr davon, 22

april 2008 – heft 37


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