Forum Schweizer Geschichte Schwyz
«Sagen sind mehr als nur Gschichtli» Wer sie hört oder liest, der staunt oder schaudert. Denn Sagen berichten von unsäglichen Vorkommnissen und höheren Mächten, aber auch von historischen Personen und Ereignissen.
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über 1300 Schwyzer Sagen, die ich in vier Bänden publizierte. Mittlerweile sind es über 1500 Überlieferungen, teils bis heute unveröffentlichte, aus der gan zen Schweiz und dem deutsch sprachigen Ausland, immer mit Bezug zum Kanton Schwyz.
Herr Steinegger, was ist eine Sage? Hans Steinegger: Sagen sind ur sprünglich mündlich überliefer Apropos Feldforschung: te kurze Erzählungen, die für Gaben die Leute ihr Wissen «wahr» gehalten wurden und gerne preis? zeitlich eingeordnet werden kön Es gab nicht viele, die Sagen nen. Sagen haben einen Bezug noch frei erzählen konnten Hans Steinegger sammelt Schwyzer Sagen. zu einem Ort, einer Person oder oder sich für das Thema «öff einem Ereignis. Ganz anders als nen» wollten. Letzteres wohl beispielsweise das Märchen: Die aus Furcht, belächelt zu wer ses beginnt mit «Es war einmal» und ist weder an den oder als «abergläubisch» zu gelten. So blie Zeit, Ort oder Person gebunden. Die Sage ist «his ben Überlieferungen oft fragmentarisch. Dies hat torischer», das Märchen «poetischer». Sagen sind sicherlich auch damit zu tun, dass schon damals viel mehr als nur «Gschichtli». selbst in den hintersten Tälern die Erzähltraditi on durch den Einzug von Radio und TV mehr und mehr verkümmerte. Mein Hauptziel erreichte ich Was war Ihr Ansporn, Sagen zu sammeln? 1978 berichtete der Schwyzer Gemeindepräsident trotzdem: möglichst viele Sagen nach Gemeinden an einem Anlass über historische und kulturelle geordnet in einem «Hauslesebuch» zu publizieren. Eigenheiten in der Region und vermerkte, dass Schwyz etwa im Vergleich zu Uri kaum Sagen In den 1960er- und 70er-Jahren war das Intereskenne. Ich widersprach und meinte, ich könne ihm se an Sagen lau, in den 1980er- und 90er-Jahren spontan einige Sagen aus unserem Dorf erzählen. herrschte ein Sagen-Boom. Warum? Wenige Wochen später begann ich sagenhafte Der «Sagen-Boom» herrschte im ganzen deutsch Überlieferungen aufzuzeichnen und medial zu sprachigen Raum. Auslöser dürfte in der Schweiz veröffentlichen. Sie stiessen auf breites Interesse. zwischen 1976 und 1980 nicht zuletzt der Nach druck von sechs Sammlungen aus den Kantonen Wie sind Sie beim Sammeln vorgegangen? Luzern, Nidwalden, St.Gallen, Wallis, Aargau und Ich stöberte in Büchern, Schriften, Zeitungen und Graubünden gewesen sein, die zwischen 1862 und Kalendern, las alte Aufzeichnungen und lokale 1924 publiziert wurden. War es das Wiedererwa Publikationen. Via «Feldforschung» befragte ich chen und die Faszination des Unheimlichen, des Un Leute in den 30 Gemeinden. Dies ergab bis 1985 erklärlichen, des Sagenhaften? Schwierig zu sagen.
Foto: zvg; Illustration: Albin Christen, albin.ch
Beim Thema Sagen kommt man an Hans Steinegger nicht vorbei. Seit über 40 Jahren sammelt, erforscht und publiziert der Schwyzer Sagen seines Heimatkantons – und ent deckt immer wieder neue.