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Suche und finde, Folge 32
Suche und finde
Kunst im öffentlichen Raum, Folge 32: Kim Rathnau, Jellyfish Invasion, 2022
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TEXT: THOMAS GEORG BLANK | FOTO: ROLF GÖNNER
Mitten im Bessunger Forst, im Forstrevier Böllenfalltor, kann man derzeit als Teil des 11. Internationalen Waldkunstpfades ein seltsames Spektakel bewundern. Hoch über den Köpfen, zwischen Ästen und Blättern, schweben Gestalten, die aussehen wie eine Kreuzung aus exotischem Pilz und getrockneter Orange.
Die Künstlerin Kim Rathnau will Betrachtenden das Gefühl geben, ein Quallenschwarm habe sich hier breitgemacht. Es ist ein seltsames und beunruhigendes Bild. Die Vorstellung, dass in einer unbestimmten Zukunft hier vielleicht ein Ozean die Stadt bedecken könnte, ist gerade deshalb so beängstigend, weil das gewandelte Klima uns derlei Dinge als nicht mehr unmöglich empfinden lässt. Die Welt ist schon jetzt spürbar wärmer als vor wenigen Jahren, was auch dazu führt, dass sich Quallen tatsächlich massenhaft in den Ozeanen ausbreiten.
Aber auch an Land scheinen sie sich breitzumachen. Dort allerdings in Form von Menschen, die statt auf Ratschläge von Wissenschaftler:innen zu hören den politisch-ökonomischen Gezeiten folgen und sich im wohligen Konsumwahn von einem Schnäppchen zum nächsten treiben lassen – und sich mächtig über Entlastungen seitens der Regierung freuen. Es würde sich anbieten, diesen Prozess als „Quallifizierung“ zu bezeichnen. Interessant wäre es nun, einen breiten Diskurs über Quallifizierungsmaßnahmen zu führen, um schließlich einen Weg zu finden, wie die schockresistent und formlos dahintreibende Masse der Gesellschaft wieder ein Rückgrat entwickeln könnte. Auf Evolution sollte in diesem Fall nicht gesetzt werden, die dauert erfahrungsgemäß nämlich relativ lange. ❉
Kunst im öffentlichen Raum
— Kunst findet man nicht nur in Museen und Galerien, sondern oft auch im Freien und für jede:n sichtbar. Manche Werke sind schon seit Jahrhunderten ein Teil des Stadtbildes, andere zieren es nur kurz. In Darmstadt haben einige Fügungen des Schicksals dafür gesorgt, dass es besonders viele Kunstwerke im öffentlichen Raum gibt. Ohne die schützenden Laborbedingungen eines White Cube gehen sie allerdings schnell unter. Dabei können gerade diese stillen Zeitgenossen unsere Wahrnehmung des Stadtraumes verändern und unser Verständnis von Welt herausfordern. Eine Einladung zum Fantasieren.



IM WALD

WANDEL

20 Jahre Internationaler Waldkunstpfad – mit neuen Werken aus aller Welt und noch stärkerer digitaler Anbindung – einige neue Installationen und Interventionen nur bis 23. Oktober zu sehen
TEXT: MAYA-K. SCHULZ FOTOS: C. EHRY/WALDKUNSTPFAD + ROLF GÖNNER
Es wird wieder bunt im Wald am Böllenfalltor. Was nicht nur an den sich herbstlich verfärbenden Blättern liegt, sondern am Internationalen Waldkunstpfad, der sich vom Böllenfalltor über den Goetheteich bis zur Ludwigshöhe erstreckt. Ihn gibt es seit 20 Jahren – alle zwei Jahre wird er durch neue Kunstwerke zu einem aktuellen Thema ergänzt. 2022 lautet es: „Kunst Natur Wandel“. 17 neu installierte Werke sind im Wald zu bestaunen, etwa ein Drittel davon ist nur noch bis 23. Oktober zu sehen. Ein Drittel wird zwei bis drei Jahre bleiben und etwa ein Drittel zehn Jahre schrittweise – trotz aller Pflege und Reparaturen – von der Natur zurückerobert. Die traditionelle Waldkunst-Evolution.
Neu ist die verstärkte digitale Anbindung: mit QR-Codes, über die die Kunstwerke auf dem Handy virtuell sogar dreidimensional im Wald verschoben werden können, mit einem Hörweg am Goetheteich, einer Soundinstallation und begleitenden Ausstellung in der Galerie der Schader-Stiftung in Bessungen. Ziel ist und bleibt es, den Wald mit den Mitteln der Kunst auf eine neue Art ins Bewusstsein von Besucherinnen und Besuchern zu bringen. Nach dem Vorbild des Darmstädter Waldkunstpfades sind Pfade in China, den USA, an der Elfenbeinküste und in Österreich entstanden – auch sie unter der Regie der Darmstädter Kulturanthropologin Ute Ritschel.
In diesem Jahr feiert der 2,6 Kilometer lange Kunstpfad seine elfte Ausgabe. 23 Künstlerinnen und Künstler aus zwölf Ländern und fünf Kontinenten – erstmals dabei: Australien – haben im Wald installiert und interveniert. Dem Ausstellungszeitraum ging ein wochenlanges Werkeln voraus, schließlich sind viele der Kunstwerke sehr aufwendig und lassen sich nicht in wenigen Tagen aufbauen. Kuratorin Ute Ritschel hat das Motto weitsichtig gewählt, denn durch Klimawandel, Baumfällungen und Übernutzung ist Wandel im Wald allgegenwärtig. Der Kunstpfad widmet sich dem Thema aus den vier Perspektiven Klimawan-



