WOLF DOWN
Foto: Mike Kunz (mikekunz.de)
EMPOWER YOURSELF. Sicher, über WOLF DOWN kann man streiten. Aber eines muss man der Band lassen: Sie hat ihre Prinzipien und folgt diesen auch kompromisslos. Tobias, Gitarrist der Band, spricht mit uns über Politik in der Szene, die neue Rechte und was man tun kann und sollte.
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er Promozettel zu eurem neuen Album „Incite & Conspire“ beginnt mit der These, es habe eine „Entpolitisierung des Hardcore“ stattgefunden. Ist das so? Ja und nein. Nein, weil ich denke, dass die HardcoreSzene schon von Beginn an auch in bestimmten Teilen Sammelbecken für Vollpfosten jeglicher Couleur war. Oft wird ja gefordert, dass Hardcore zu seinen „linken Wurzeln“ zurückkehren sollte. Dem will ich entgegenhalten, dass es schon immer solchen und solchen Hardcore gab. Klar, es gab Bands wie MINOR THREAT, die – beispielsweise durch den Straight-EdgeGedanken oder Vegetarismus – schon früh versucht haben, einen Reflexionsprozess in den Kids anzuregen, und dafür plädierten, positiv auf sich selbst und seine Umwelt einzuwirken. Aber es gab auch immer eine andere Seite: Ob das nun die patriotischen bis nationalistischen, manchmal xenophoben und anti-lin-
ken Teile des New York Hardcore waren oder einfach stumpfe Typen, die hier ein Umfeld gefunden hatten, in dem sie Leuten mal ungestraft auf die Fresse hauen und ihr identitäres Macho-Crew-Gehabe ausleben konnten. Andererseits denke ich, dass gewiss so eine Entwicklung stattfindet. Der Kapitalismus hat nun mal die Tendenz, seine jeweiligen Gegenbewegungen zu vereinnahmen. Das lässt sich ja in allen Subkulturen feststellen. Wir leben inmitten von Widersprüchlichkeiten: Es ist ja an
HARDCORE WAR FÜR UNS IMMER MEHR ALS MUSIK. EIN ANSTOSS, DEN MAN MIT NACH HAUSE NIMMT
und für sich gut, dass die Auswahl veganer Produkte in den Supermärkten so rasant gestiegen ist – das liegt jedoch rein an der kapitalistischen Erschließung dieses neuen Marktes. Teilweise kaufen Fleischgiganten vegane Unternehmen einfach auf. Und genau nach diesem Prinzip verhält es sich im Hardcore auch. Survival of the fittest. Und mit „fit“ ist „anpassungsfähig“ gemeint. Ab einem bestimmten Level sehen Booker und Promoter unbequeme politische Meinungen wie die unsere nicht so gerne. Wir versuchen, uns dabei treu zu bleiben und uns nicht verbiegen zu lassen. Andererseits wollen wir auch nicht ewig „preaching to the converted“ betreiben, sondern die Message dahin bringen, wo sie fruchten kann. Als jemand, der in den Neunzigern mit Hardcore groß geworden ist, erinnere ich mich, dass es bei den Shows häufig mehr politische Flyer und Infoti-
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