Fuze Magazine 23

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LIFE OF AGONY

Foto: Rolf Fassbind (rabbitriot.net)

DER FLUSS DER ZEIT. Zwanzig Jahre können eine verdammt lange Zeit, eine verdammt prägende Zeit sein. Vor allem, wenn man in

einer so emotionalen und komplizierten Band wie LIFE OF AGONY spielt. Mit der Live-CD und -DVD „20 Years Strong – River Runs Red: Live In Brussels“ feiern die New Yorker sich und natürlich ihre Erfolgsplatte „River Runs Red“ – ihr Meisterwerk, ihre Daseinsberechtigung, ihr Ticket für permanentes Touren und Headliner-Slots bei Festivals mittlerer Größe. Wo wären LIFE OF AGONY ohne dieses Konzeptalbum? Bestimmt nicht in der Position, in der sie sich heute befinden. Vermutlich wären sie schon längst vergessen. Und ganz bestimmt wären sie nicht der Pate eines emotionalen Crossover-Sounds, der auch heute noch funktioniert und von vielen jungen Bands zelebriert wird. Ein ganz und gar unvollständiger Blick auf das Phänomen LIFE OF AGONY mit Bassist Alan Robert. Natürlich hätte es sich Alan Robert nie im Leben träumen lassen, dass er zwanzig Jahre, nachdem er im Sommer 1989 zusammen mit Joey Z. und Keith Caputo LIFE OF AGONY gründete, noch Interviews über seine Band geben, dass sich noch irgendjemand für sie interessieren würde. Inzwischen – nach der Auflösung von LIFE OF AGONY 1999 und der Reunion vier Jahre später – hat sich viel verändert für den 39-Jährigen. Er hat eine eigene Familie, sein Fokus hat sich verschoben. „Ich glaube, ich kann stolz sein auf das, was wir mit LIFE OF AGONY erreicht haben. Menschen erzählen mir immer wieder, dass sie ohne unsere Musik nicht überlebt hätten. Das ist ein

„LIFE OF AGONY verbindet natürlich viel mit Pete und TYPE O NEGATIVE. Schließlich hat ihr Keyboarder Josh ,River Runs Red‘ produziert. Wir kannten Pete seit wir Kids waren. Er war ein großer Einfluss für die Band – musikalisch, aber vor allem auch menschlich. Sein Tod kam komplett unerwartet. Ich konnte es kaum fassen, als ich seinen Sarg sah. Wenn man seinem Tod noch eine positive Seite abgewinnen kann, dann vielleicht die, dass alle bei seiner Beerdigung waren. Wir, die Jungs von BIOHAZARD ... Man konnte sehen, dass sich alle gegenseitig unterstützen, dass alle zusammenhalten, egal, was kommt.“ Alan Robert über den TOD VON PETER STEELE, dem Sänger von TYPE O NEGATIVE.

unfassbares Kompliment. Wir haben nie eine Gold- oder Platin-Platte bekommen. Trotzdem wird unsere Fan-Basis von Jahr zu Jahr größer“, zeigt er sich zufrieden.

essen. Aber wenn wir zusammenkommen, dann funktioniert es trotzdem. Da ist diese spezielle Magie, diese Chemie, die uns zusammenschweißt.“

Er sei mit LIFE OF AGONY in der glücklichen Lage, nicht um jeden Preis Musik machen zu müssen, so der Bassist. Jeder in der Band sei entspannter als in den Anfangstagen, da mittlerweile jeder sein eigenes Leben aufgebaut habe, seine eigenen Projekte und Ziele verfolge, seine eigene Familie gegründet habe. Heute trifft man sich, wenn es die Zeit zulässt, geht gemeinsam auf Tour, spielt ein paar Konzerte und kehrt danach wieder in den schützenden Schoß der Familie zurück. LIFE OF AGONY ist also nicht – zumindest wenn es nach Robert geht – die Firma, die Gelddruckmaschine, die Überlebensstrategie gealterter und ideenloser Musiker, die mangels alternativer Lebenskonzepte die Band aufrechterhalten, wie dies bei unzähligen anderen Gruppen der Fall ist. „LIFE OF AGONY ist einfach eine Ansammlung der unterschiedlichsten Charaktere. Und trotzdem sind wir wie Brüder“, betont Robert. „Ich bin seit mehr als der Hälfte meines Lebens Mitglied in dieser Band. Das ist doch verrückt. Jeder ist anders. Jeder hat andere Inter-

Das ist das Geheimnis von LIFE OF AGONY und ihrem speziellen Sound. Keith Caputos leicht knödeliger Gesang, seine melancholische Intonation, die Hardcore-Riffs – all diese Parameter haben die Musik von LIFE OF AGONY zu einem unverkennbaren Markenzeichen gemacht. Beeinflusst von PINK FLOYD, Roger Waters, Sinéad O’Connor, METALLICA und SOCIAL DISTORTION, entwickelte die Band ihren ureigenen Stil und war damit Wegbereiter für ein ganzes Genre. „Ich weiß nicht, ob wir diesen Sound erfunden haben, ob wir die Paten einer Stilrichtung sind, die gleichzeitig heavy und emotional ist. Viele Bands, die wir unterwegs treffen, erzählen uns das zwar immer, aber letztendlich gab es schon seit BLACK SABBATH diese Mischung aus sanfter Stimme und harter Musik. Trotzdem haben wir unser eigenes Ding gemacht. Als wir 1993 ,River Runs Red‘ veröffentlichten, gab es kaum harte Bands im Radio. Das ist heute komplett anders. Aber ganz ehrlich: Wenn man unsere Musik genau analysiert und unsere Ein-

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