Fuze Magazine 19

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IN FARBE NACH OBEN.

BETWEEN THE BURIED AND ME sind ein Musterbeispiel für die klassische Band-Karriere, wie man sie inzwischen leider immer seltener erlebt: Fünf unbekannte, aber talentierte Musiker trotzen allen Widrigkeiten und kämpfen sich durch nimmermüdes Touren, Mut zum musikalischen Experiment und mit ein wenig Glück an die Spitze ihres Genres. Dort angekommen, ruhen sie sich jedoch nicht aus, sondern definieren und erweitern ihre Kunst mit jedem weiteren Album aufs Neue. Ein Interview mit Sänger und Keyboarder Tommy Rogers. Als vor vier Jahren ein neuer Gitarrist, ein neuer Schlagzeuger und ein neuer Bassist in die Band eingestiegen sind und ihr „Alaska“ aufgenommen habt, hattest du da eine ungefähre Vorstellung davon, was für ein Potenzial in BETWEEN THE BURIED AND ME steckt – vor allem im Hinblick auf das Erschaffen genreübergreifender Musik? Damals wussten wir beim besten Willen nicht, was wir erwarten sollten. Als wir anfingen, die Platte zu schreiben, merkten wir allerdings sehr schnell, dass wir etwas Besonderes am Laufen hatten. Wir hatten sofort einen Draht zueinander. Ich bin sehr stolz auf das, was wir seitdem erreicht haben. Welchen musikalischen Hintergrund bringen die einzelnen Band-Mitglieder in euren Sound ein? Als Teenager haben wir alle in verschiedenen Hardcore- und Metal-Bands gespielt. Dan [Briggs, Bass], Paul [Waggoner, Gitarre] und Blake [Richardson, Schlagzeug] haben ihre Instrumente sogar richtig gelernt, Dan war dazu auch mal kurz auf einer Musikschule. Dustie [Waring, Gitarre] und ich sind die beiden Autodidakten der Band. Musik schreiben wir alle gleichberechtigt, nur dass sich unsere Rollen bei jedem Song ändern. Würdest du der These zustimmen, dass ihr mit eurem letzten Album „Colors“ eine eigene Identität als Band gefunden habt? Ich denke, wir haben damals endlich begriffen, wie wir Songs schreiben wollen. Wir haben damit angefangen, der Struktur eines Songs mehr Aufmerksamkeit zu widmen und uns darauf zu konzentrieren, die beste Musik zu schreiben, die wir schreiben können. „Colors“ zeigt uns in einer Phase des Wachstums. Hoffentlich wird jede weitere Platte ein ähnliches Wachstum demonstrieren. Wie haben Victory Records reagiert, als sie „Colors“ zum ersten Mal gehört haben? Ehrlich gesagt, hat sie das Album umgehauen. Wir hatten ja keine Ahnung, was sie denken würden, deshalb war das schon eine sehr schöne Überraschung. Diese Reaktion gab uns noch mehr Selbstvertrauen in unser Material. Es hat

Im Kosmos von BETWEEN THE BURIED AND ME kreisen auch einige NENNENSWERTE NEBENPROJEKTE. GLASS CASKET ist eines der bekanntesten. Der Deathcore-Act mit Blake Richardson und Dustie Waring veröffentlichte zwei Alben auf Abacus Recordings und schreibt gegenwärtig an neuer Musik. ORBS ist ein Prog-RockProjekt, in dem neben Dan Briggs unter anderem Ashley Ellyllon von CRADLE OF FILTH und Adam Fisher von FEAR BEFORE spielen. Ein Album ist fertig und harrt der Veröffentlichung. Tommy Rogers hat zusammen mit seinem Kumpel Jake Troth von GLASS CASKET das Mode/Electronica-Projekt JACOB ROGERS aus der Taufe gehoben – hier liegt der Fokus aber eher auf den schicken Klamotten, denn die Sounds sind denkbar unspektakulär.

BETWEEN THE BURIED AND ME

Foto:Andrew Lipovsky

sich ja schon sehr von dem unserer vorherigen Veröffentlichungen unterschieden. Viele eurer Fans scheinen erst mit „Colors“ auf euch aufmerksam geworden zu sein. Habt ihr seit damals einen Popularitätsschub bemerkt? Ja, das haben wir tatsächlich. Ich denke aber, dass wir mit jedem Album neue Fans gewinnen. Ich hoffe wirklich, dass das niemals aufhört. Wir lieben es, dass sich unsere Fans aus so vielen unterschiedlichen Menschen zusammensetzen. Vielleicht liegt das daran, dass wir Musik wirklich lieben und deswegen Leute anziehen, denen es ganz genauso geht. Lass uns über euer aktuelles Album sprechen. Als ihr angefangen habt, „The Great Misdirect“ zu schreiben, habt ihr euch da wegen des Erfolges von „Colors“ unter Druck gesetzt gefühlt oder überwog die Vorfreude, den darauf eingeschlagenen musikalischen Pfad noch weiter zu erkunden? Sobald man sich daran macht, ein neues Album zu schreiben, ist Druck etwas ganz Natürliches. Du musst ihn aber ganz nach hinten in dein Bewusstsein schieben, damit er das Songwriting nicht beeinflusst. Darüber hinaus ist jedes Album immer abenteuerlicher als das letzte. Wir setzen unserer Musik keine Grenzen. Das ist es, was den kreativen Prozess in der Band so frisch hält. Apropos „keine Grenzen“: Habt ihr jemals gesagt: „Nein – das können wir nun wirklich nicht in einen Song einbauen“? Andauernd, haha. Bevor wir ins Studio gehen,

nehmen wir alles schon mal selbst auf. So können wir einen Song analysieren – immer und immer wieder. Das gibt uns genügend Zeit, herauszufinden, was einen Song besser macht. Und ganz oft bedeutet das eben, Teile wieder zu entfernen, die nicht zur Stimmung des Liedes passen. Wenn du „The Great Misdirect“ mit seinem Vorgänger vergleichen müsstest, was würdest du sagen? Ich denke, dass „The Great Misdirect“ sehr viel dunkler ist. Auf jeden Fall ist es aber das dynamischste Album, das wir jemals veröffentlicht haben. „Colors“ haben wir als ein einziges Stück Musik geschrieben, „The Great Misdirect“ ist dagegen ein Album mit fünf einzelnen Musikstücken, die aber dennoch einen sehr harmonischen Fluss bilden. Habt ihr Feedback von anderen Künstlern bekommen, das euch besonders stolz gemacht hat? Als uns Mike Portnoy von DREAM THEATER gefragt hat, ob wir mit auf die Progressive Nation Tour gehen wollen, waren wir einfach nur platt. Es ist ein wunderbares und ziemlich schmeichelhaftes Gefühl zu wissen, dass Künstler, die du dir selbst seit Jahren anhörst, deine Musik mögen. Martin Schmidt BETWEEN THE BURIED AND ME The Great Misdirect (Victory/Soulfood) betweentheburiedandme.com

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08.11.09 14:37


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