’ energie wende
Als Teil dieses Konsortiums erforschen die beiden Magdeburger Wissenschaftler, wie schnell und präzise auf Änderungen wie beispielsweise Spannungsschwankungen, Frequenzabweichungen oder Leitungsüberlastungen reagiert werden muss, um im schlimmsten Fall Stromausfälle zu verhindern. Die können etwa dann entstehen, wenn die sogenannte Systembilanz nicht mehr stimmt. Um diese konstant zu halten, muss ebenso viel Strom ins Netz eingespeist werden, wie verbraucht wird. Professor Wolter vergleicht die Systembilanz des Stromnetzes mit dem Wasserstand in einer Badewanne, wobei der Abfluss die Verbraucher darstellt und der Wasserhahn für die Erzeuger steht. Der Netzbetreiber ist dafür verantwortlich, den Pegel in der Badewanne konstant zu halten und dreht dafür den Wasserhahn zusätzlich etwas auf oder zu. Immerhin: Von Stromausfällen haben die meisten Deutschen zuletzt trotz Energiewende wohl kaum noch etwas gemerkt. Laut Wolter habe man mit durchschnittlich zwölf Minuten Stromausfall pro Kunde und Jahr nicht nur einen luxuriösen Zustand. Es sei gleichzeitig auch ein absoluter Spitzenwert im Vergleich zu allen anderen Ländern auf der Welt, so der 35-jährige Professor, der seit April 2015 Lehrstuhlinhaber an der Universität Magdeburg ist. In Russland oder Brasilien, wo es ebenfalls dynamische Netze gebe, gehörten Stromausfälle dagegen zur Tagesordnung.
10+11
Juniorprofessorin Dr.-Ing. Ines Hauer Foto: Felix Meyer
Prof. Dr.-Ing. Martin Wolter Foto: Felix Meyer
Diesen Spitzenwert gilt es, laut Hauer, trotz der Energiewende zu halten. Das Problem: Ähnlich wie Autobahnen können die Stromnetze verstopfen. Nach Aussage der Wissenschaftlerin, die Mechatronik an der Universität Magdeburg studierte und 2014 zum Thema Netzsicherheit promovierte, seien die Kapazitäten begrenzt. Während die Stoßzeiten auf den Straßen aber relativ sicher vorhersagbar seien, sei die Stromeinspeisung ins Netz durch die dezentrale Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie wesentlich schwerer planbar. Weht der Wind etwa stärker als erwartet, müssen einige Windenergieanlagen abgeschaltet werden, da die zusätzliche Leistung nicht mehr abtransportiert werden kann. Zieht eine Wolkenfront an einem sonst sonnigen Tag über tausende Solaranlagen, ergeben sich vor Ort schlagartige Änderungen im Leistungsfluss und der Netzspannung. Die derzeitigen Folgen: Netzleitwarten müssen immer häufiger und immer drastischer in das Netz eingreifen, um die Systemsicherheit zu wahren; das heißt, Spannungen, Ströme und die Netzfrequenz innerhalb der zulässigen Grenzwerte zu halten.
Juniorprofessorin Dr.-Ing. Ines Hauer Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik Institut für Elektrische Energiesysteme ines.hauer@ovgu.de www.lena.ovgu.de Prof. Dr.-Ing. Martin Wolter Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik Institut für Elektrische Energiesysteme martin.wolter@ovgu.de www.lena.ovgu.de