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Das Kartenhaus droht zu zu brech sammen en

Seit wann ist ein Beruf in der Pflege so unattraktiv geworden? Delir, Koma, Reanimationen, Unfälle — sie sind Alltag.

Die Belastung ist hoch, Pflegekräfte arbeiten gegen den Personalnotstand an. Von außen sieht es aus, als würde alles funktionieren. In der Regel tut es das nicht mehr.

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Text • Lara-Malin Blazek

Überall ertönt das Piepen von Maschinen aus den Zimmern der Patienten. Und zwar mehreren Maschinen. Wo greife ich zuerst ein, wo ist das Problem schlimmer? Ist die Ernährungspumpe einer Person leer, dann kann ich mich erst um jemanden anders kümmern. Ein Beispiel: Das Beatmungsgerät funktioniert plötzlich nicht mehr. Es ist schnell klar: Jetzt muss eingegriffen werden - keine Sekunde später.

Für die Menschen, die in der Pflege tätig sind, ist es mehr als problematisch. Mehr Leute entscheiden sich gegen diesen Beruf oder kündigen, nachdem sie sich dafür entschieden haben. Die Pflegekräfte übernehmen alleine mehr Aufgaben und damit oft auch mehr Verantwortung. Finanziell kommt ihnen niemand entgegen. Jedenfalls nicht genug.

Nicht nur für das Personal, auch für die Patient*innen ist es schwer. Auch wenn die Arbeitskräfte bestmöglich versuchen, alle Personen zu versorgen, so ist das mit wenig Personal auf Station schlecht umsetzbar. Das Medikament muss noch ausreichen, der Verband verbleibt länger, Aufgaben werden eingegrenzt. Manche würden es schätzen, wenn man sich zu ihnen setzt und ihnen für nur fünf Minuten einfach zuhört. Jetzt ist das kaum noch machbar, da keine Zeit mehr dafür bleibt.

Die Aufgaben, die nicht geschafft werden, müssen zusätzlich an die nächste Schicht weitergegeben werden. Ein Domino-Effekt. Von nun an ist jede Schicht mit mehr Arbeit belastet und muss weitere abgeben. Viele Geräte, kürzere Einarbeitungen. Für Neuankömmlinge ist der Einstieg nicht gerade leicht.

Die Räume Tag und Nacht im Blick behaltendas macht Carina Allerlei. Sie arbeitet auf der interdisziplinären Station eines Krankenhauses. Nebenbei arbeitet sie zusätzlich in einem anderen Krankenhaus in Zeitarbeit. Seit 2015 ist Allerlei Fachkraft für Anästhesie und Intensivpflege. Als die Schulzeit beendet war, arbeitete sie als Arzthelferin. Nach drei Jahren Grundausbildung folgten zwei Jahre Fachweiterbildung und von da an arbeitete sie als Fachkrankenschwester. Die 42-Jährige arbeitet in Teilzeit. Vollzeit würden die wenigsten arbeiten, so sagt sie.

Unter ihre Aufgaben fällt das Prüfen von Alarmgrenzen der Maschinen in den Räumen der Patient*innen. Ihre Arbeit beginnt mit einer allgemeinen und dann einer speziellen Übergabe, bei der sie alles Wichtige über die Patient*innen erfährt. Die Intensivstation betreut kritisch kranke Menschen. Das betrifft beispielsweise diejenigen, die eine Herzoperation, einen Herzinfarkt hatten oder aus einem anderem Grund lebensbedrohlich verletzt sind.

Den Notstand an helfenden Händen spürt Allerlei jeden Tag. „Wir sind fast immer zu wenig“, sagt sie. Es sei schwierig, Ersatz zu organisieren, wenn eine Kraft ausfällt. Erst vor zwei Tagen musste sie spontan einen Spätdienst übernehmen.

Infusionen und Medikamente verabreichen, den Kreislauf der zu behandelnden Personen am Laufen halten, piepende Maschinen aufsuchen und sich um das Problem kümmern: tägliche Herausforderungen für das Pflegepersonal. Sie müssen an vieles zeitgleich denken und schnell handeln können. Die Stationen werden vergrößert und das Personal eingespart. So muss sich ein Team normaler Größe schlagartig um eine größere Station kümmern. „Es wird lauter und die Wege werden weiter“ sagt Carina Allerlei. „Bei einem überschaubaren Bereich kann es noch gut geh’n. Doch mit nur einem Team eine große Station zu überwachen, wird schnell stressig.“

Die hohe Fluktuation der Patienten macht es nicht einfacher.

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