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PRACHTSTÜCKE AUS DEM STADTARCHIV

Aus dem Staube

PRACHTSTÜCKE aus dem Oranienburger Stadtarchiv

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Prachtstück: Gemälde der Künstlerin Elisabeth W. Kallen

Unsere aktuellen Prachtstücke lagern zwar nicht im Oranienburger Stadtarchiv, wurden aber mit Hilfe unseres Stadtarchivars Christian Becker aufgespürt. Über Jahrzehnte mussten die Gemälde der Künstlerin Elisabeth Wilhelmine Kallen in Staub und Dunkel eines Friedrichsthaler Dachbodens ausharren. Im Januar 2018 wurden sie bei einer Entrümpelung wieder ans Tageslicht befördert. Mehr als 20 Bilder fanden sich in dem Wohnhaus, alle aus den 1920er Jahren. Stilistisch zeigen sich dennoch große Unterschiede zwischen den Werken. Einige verleihen den dargestellten Personen etwas Puppenha es und nähern sich so der Kunstwerke von Elisabeth W. Kallen finden sich auch in der Friedrichsthaler Dor irche. Drei Wandbehänge aus Leinen hat die Künstlerin für diese mit religiösen Themen gestaltet. Bild hier: „Die Verleugnung Petri“.

Neuen Sachlichkeit, dem dominierenden Kunststil der Weimarer Republik. Andere erinnern mit einer nebligsan en Farbgebung an die Werke der Impressionisten oder mit dramatischem Licht-und-Schatten-Spiel an den Stil Rembrandts. Die vielseitige Schöpferin der Friedrichsthaler Fundstücke ist selbst unter Kunstexpertinnen und -experten weitestgehend unbekannt und hinterließ nur wenige Spuren. Belegt ist jedoch, dass Kallen Mitglied der radikalen Künstlervereinigung „Novembergruppe“ war, die sich in Folge der Novemberrevolution 1918 formierte und gegen die Verbürgerlichung des Kunstbetriebs und für die soziale Revolution eintrat. 1918 stellte Kallen in der berühmten Berliner Galerie „Der Sturm“ aus, 1920 und 1921 nahm sie an der Großen Berliner Kunstausstellung teil. Der Theologe Paul Tillich widmete der Künstlerin, die in ihren Bildern o religiöse Motive und Themen aufgri , sein Buch „Die religiöse Lage der Gegenwart“. Über die weitere Lebensgeschichte von Elisabeth W. Kallen ist nicht viel bekannt. Oranienburgs Stadtarchivar konnte jedoch heraus nden, dass sie 1897 als Tochter eines höheren Angestellten in Berlin geboren wurde, wo sie sich wahrscheinlich am Kunstgewerbemuseum ausbilden ließ. Ab 1947 lebte sie in Friedrichsthal, 1956/57 hielt sie sich kurzzeitig in West-Berlin auf. Acht Jahre später verschlug es sie ins schwäbische Tübingen, wo sie jedoch nur ein Jahr blieb. Ihre letzte Meldeadresse war Karlsruhe, wo sie ab 1967 nach einem Umzug aus Waldbronn lebte und im Jahr 1984 verstarb. Ein bewegtes Leben mit vielen Abzweigungen und Ein üssen, dessen Hintergründe das Geheimnis der Künstlerin bleiben. 

Die wiederentdeckten Bilder von Elisabeth W. Kallen konnten über das Berliner Auktionshaus Kloss ersteigert werden. Von links: „Vor der Kirche“, „Der transzendentale Tod der Omama“, „Drei Generationen“ und „Mädchen mit Ball“.