ÖTK Klubmagazin 4/2012

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reportage

nr.4/2012

nr.10/2010

Leaving Las Vegas für Sandstein und Granit Die Jugendarbeit der Sektion Dölsach trägt Früchte. Was unter den Fittichen von Extremkletterer Mario Walder und Alt-Obmann Sepp Mayerl aufgewachsen ist, ist flügge geworden und wagt sich an sensationelle Alleingänge. Ein Bericht aus den USA. Als das Jahr 2011 zu Ende ging und die kalten Wintermonate zum Stöbern in der Kletterliteratur einluden, beschlossen Dominik Hofer und ich, im Mai drei Wochen in den Staaten zu verbringen. Der Flug war schnell gebucht, das Übergepäck gleich mitbestellt. 45 Kilogramm Ausrüstung, ein paar T-Shirts für das sonnenverwöhnte Kalifornien, und fertig war unser Reisegepäck. Flug nach Los Angeles, zwei Stunden Sightseeing genügten, dann ging es auf die Interstate 15 und rein nach Las Vegas. 98 Grad Fahrenheit, fast 37 Grad Celsius – doch nur einige Kilometer außerhalb des Stadtrandes laden die Canyons der Red Rocks mit ihren bis zu 600 Meter hohen Sandsteinwänden bei angenehmeren Temperaturen zum Klettern ein. An Rissen, bizarren Chickenheads und ausgewaschenen, hinterschnittenen Leisten wird hier meist mit traditioneller Absicherung geklettert. Wir klettern hier „Dream of the wild Turkeys“, ein Klassiker mit elf Seillängen im Black Velvet Canyon. Nach drei Tagen und etlichen weiteren Metern im Sandstein (und leider erfolglosen Versuchen an den Roulettetischen der Stadt) verlassen wir Las Vegas und treffen zwei Stunden später im Zion National Park ein, ein Big-Wall-Mekka! An diesem Tag klettern wir noch „a headache“, 200 Meter in perfekten Handrissen. Als nächstes Ziel haben wir Indian Creek vor Augen, eines der wohl bekanntesten Trad-Gebiete der Welt. Supercrack of the Desert, the incredible hand crack, Risse, Risse, Risse! Bereits nach dem ersten Tag sind die Hände trotz TapeHandschuh wund. Wir trafen eine Gruppe junger Amerikaner, mit denen wir unser Friends-Sortiment aufbesserten. In einigen Routen sind acht und mehr Camalots der gleichen Größe nötig, um die Touren halbwegs abzusichern. Schnell stellten wir fest, dass wir mit unserem Leistenheben, das wir von zu Hause gewohnt waren, in den Rissen nichts anfangen konnten, und so versuchten wir ein wenig Rissklettertechnik zu ergattern. Wir wollten noch genug Zeit für das Yosemite haben, weshalb uns nach drei Tagen und einem kurzen Abstecher in die „Fisher Towers“ (in denen wir um die „Cobra“, ein irres Felsgebilde, nicht herumkamen) eine 1300 km

Die imposante Wand des El Capitan mit der Linie der Nose und eingekreist unser Biwak-Platz.

lange Reise durch die Wüste über den Highway Nr. 50, auch bekannt als „The Lonliest Road in America“ bevorstand. Endlich angekommen im Yosemite, mussten wir am gleichen Tag noch das Valley verlassen, um uns um fünf Uhr morgens um einen Schlafplatz im Camp 4, dem Campingplatz der Kletterer, anzustellen. Die Bedingungen waren perfekt, fünf Tage stabiles Wetter und nur drei Seilschaften im kompletten El Cap, keine einzige in „The Nose“ – und das am Wochenende.

Der Haulbag war gepackt. Mit 16 Liter Wasser, ein paar Riegeln und zwei dünnen Schlafsäcken waren wir relativ leicht, und so fixierten wir am Nachmittag noch die ersten vier Längen bis ins „Sickle Ledge“. Am nächsten Morgen standen wir bereits um 5 Uhr in den Jümars, hinauf zum Sickle Ledge. Die Stove Leg Cracks gehen zügig, und so erreichten wir bereits um 10:30 den Dolt Tower und nach 15 Seillängen kurz nach Mittag den El Cap Tower. Die nächsten Seillängen stellten sich seiltechnisch als etwas schwieriger heraus. Lange Quergänge kosteten ein wenig Zeit, doch waren sie ein ungemeiner Spaß, besonders der King Swing. Kurz nach 7 erreichten wir dann unser Biwak im Camp 4 nach 20 kraftraubenden Seillängen. Der Felsvorsprung war recht klein, aber die Nacht ging tadellos vorüber. Die Guten-Morgen-Länge (Great Roof) am nächsten Tag übernahm Dominik, der bis zum Glowering Spot führte. Nur noch sieben Längen trennten uns vom Gipfelplateau. Langsam wurde auch die Wand steiler und die Seillängen waren technisch ein wenig anspruchsvoller. Der Abschluss ist außergewöhnlich. Ein Überhang, der an Bolts überwunden wird, in dem man jeden der 1000 m Luft unter einem zu spüren bekommt. Am späten Nachmittag stehen wir nun am El Cap Tree, der den Abschluss der Wand bildet. Wir entschließen uns noch einmal, diesmal am Gipfelplateau, zu übernachten und kehren am nächsten Morgen glücklich, aber ziemlich erschöpft ins Valley zurück. In den letzten Tagen genossen wir noch die spektakulären Wasserfälle, die aufgrund der Frühjahrsschmelze immens viel Wasser führten, Jakob Troger ehe es wieder zurück in die Heimat ging.

Jakob folgt im Great Roof, wohl eines der bekanntesten Features der Nose.

Dominik in der berühmten Pancake Flake nach dem Great Roof, die 3. Seillänge am 2. Tag.

Jakob auf der Cobra, Fisher Towers, Utah.

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