Die Piratenpartei – Havarie eines politischen Projekts?

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F AZIT

ten und authentischen Zugang zur modernen,

zeugung, dass es vernünftige, logische, sinn-

digitalen Kommunikation, ihrer zweiten Er-

volle oder auch zwangsläufige Antworten gäbe,

folgsquelle. So sind die Piraten mit vielen der

wenn nur allen relevanten Informationen ver-

historischen und gegenwärtigen Verfahrens-

fügbar seien. Zahlenmäßig ist die Gruppe je-

weisen, Kommunikationsformen, kulturellen

ner, die derart umfänglich im Internet aktiv

Codes und Ausdrucksformen im Internet ver-

sind und auch die Zeit haben, die großen Infor-

traut, was ihnen den Zugang zum kommunikati-

mationsmengen angemessen zu verarbeiten,

ven Dasein ihrer vorwiegend jüngeren Wähler

recht gering. Allerdings sind deren kommuni-

erleichtert. Dazu gehören die Nutzung bidirek-

kative Fähigkeiten überaus nützlich, um unkon-

Netzkulturelle

tionaler (d. h. in zwei Richtungen funktionie-

ventionelle Kommunikationskanäle zu er-

Prägung

render) und damit interaktiver Kommunika-

schließen. Soweit sich diese Aktivisten nicht in

tionskanäle ebenso wie die ständige Bereit-

einem selbstreferenziellen Umfeld bewegen –

schaft, Informationen auszutauschen und auf-

wozu es in der Netzkommunikation eine latente

zunehmen. Organisationskulturell sind die

Neigung gibt –, stellen sie kommunikative Ker-

Hierarchiefreiheit und das Prinzip der Selbst-

ne dar, die weit in die Gesellschaft hineinrei-

organisation von zentraler Bedeutung. Tech-

chen. Schließlich ist abseits der intensiven

nikbejahend, ja technikbegeistert, nutzt man

Nutzer das Gros der Bevölkerung in der einen

alle Tools, jedwede Software und jedes Instru-

oder anderen Form häufig online und trifft dort

ment, die einem das Internet bereitstellt. Tech-

mehr oder minder zwangsläufig auf diese Akti-

nologische Kompetenz und Erfahrung strahlen

visten. Die Anwender- und Programmierungs-

auf die Organisationsstruktur der Piraten aus.

kompetenzen der ehrenamtlichen Mitglieder

Zwar ist ihr organisatorischer Aufbau auch aus

kompensieren das Fehlen hauptamtlicher

Gründen parteirechtlicher Vorgaben in vieler-

Strukturen. Hieran zeigt sich, welch immenses

lei Hinsicht konventionell, doch ist er verwo-

Potenzial zur politischen Mobilisierung im In-

ben mit umfänglichen digitalen Kommunika-

ternet vorhanden ist und dass dies von den eta-

tionsweisen und bezieht die spezifische kolla-

blierten Parteien bislang kaum genutzt wird.

borative Arbeitsweise im Internet auf innovati-

Trotzdem bleiben die Piraten nur sehr be-

ve Weise stark in die Arbeit der Partei mit ein,

grenzt handlungs- und ausstrahlungsfähig.

etwa durch die parteieigenen Kommunika-

Zum einen lässt sich das Kommunikationsge-

tionstools wie dem Piratenwiki oder Liquid-

wirr der Piratenpartei mit unzähligen Mailing-

Feedback oder durch Nutzung sozialer Netzwer-

listen und Blogs, den kommunikativen Aktivitä-

ke wie Facebook oder Twitter.

ten bei Twitter, den konkurrierenden Mei-

Auch die inhaltliche Arbeitsweise der Par-

nungsfindungstools, den verschiedenen Pod-

tei ist dadurch geprägt. Die Mitglieder entwi-

cast- und Webzeitungsangeboten kaum über-

ckeln programmatische Antworten auf themati-

blicken. Um halbwegs systematisch einzelnen

sche Herausforderungen oftmals in der Über-

Debatten zu folgen, bedarf es erheblicher Zeit-

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