Marktordnung für Lobbyisten

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B EGRÜNDUNG UND E RLÄUTERUNGEN

Aufwertung und Stärkung weniger artikula-

turen halten. Allerdings wird dieses Angebot

tionsfähiger Interessen gerecht. Sie betont

im Interesse der Handlungsfähigkeit des Parla-

deshalb die grundsätzliche Gleichwertigkeit

ments auf „gesellschaftlich relevante“ Interes-

und Gleichbehandlung von Interessen durch

sen begrenzt, die sich als solche ausweisen

die Schaffung eines Rechts, sich als Lobbyist

müssen. „Gesellschaftliche Relevanz“ liegt

akkreditieren zu lassen. Chancengleichheit

längst vor, bevor „Systemrelevanz“ zu konsta-

wird dadurch erzielt, dass allen Akteuren im

tieren ist, die von und für bestimmte Banken

Rahmen formalisierter Verfahren prinzipiell

während der Finanzkrise reklamiert wurde. Sie

die gleichen Zugangsmöglichkeiten zur parla-

ist bereits auf regionaler Ebene gegeben. Ver-

mentarischen Entscheidungsvorbereitung er-

eine, Bürgerinitiativen etc. sind gesellschaft-

öffnet werden. Zentrale Instrumente sind die

lich relevant, ohne systemrelevant sein zu müs-

Einführung der Institution des „akkreditierten

sen. Gesellschaftliche Relevanz kann anhand

Lobbyisten“ und das „Transparenzregister“, in

weniger, ohnehin öffentlich zugänglicher

dem der konventionelle Ansatz eines Kontroll-

Kennziffern nachgewiesen werden durch die

instruments, wie in der Lobbydebatte erörtert,

Mitgliederzahl von Vereinen, Bürgerinitiativen

um den Ansatz erweitert wird, auch kleinen und

etc.; bei Dachverbänden von Mitgliedsunter-

neuen Interessengruppen einen legitimierten

nehmen oder weiteren Verbänden, bei Unter-

und verfahrensmäßig gesicherten Zugang zum

nehmen, die lobbyistisch intervenieren wollen,

Parlament zu verschaffen. Es wird damit neben

durch Beschäftigtenzahlen, Umsätze, Steuer-

dem Petitionsrecht, das allen Bürgern und auch

leistung etc., bei Einzelakteuren dadurch, dass

Bürgergruppen offensteht, der Pfad der Inter-

sie die Vertretung ebensolcher Interessen

essenvertretung gegenüber den politischen In-

nachweisen können (Auftragsnennung). Von

stitutionen verbreitert.

den Akteuren, die lobbyistisch gegenüber dem Parlament auftreten wollen, ist andererseits zu

1.9. Eine Bresche für die Interessenvertretung

erwarten, dass sie Einzelinteressen bereits im

Die Marktordnung soll es ermöglichen, dezi-

Interesse transparenter, kollektiver Interes-

diert Interessen wahrzunehmen, ohne die de-

senvertretung, eines überschaubaren parla-

mokratische Entscheidungsfindung zu unter-

mentarischen Prozesses und eines handlungs-

wandern oder zu unterminieren, ja sie soll die

fähigen Parlaments. Es ist damit zu rechnen

demokratische Entscheidungsfindung durch

und ganz im Sinne der Marktordnung, dass die

geordnete Interessenvertretung sogar stärken.

angestrebte Öffnung des Status des Lobbyisten

Die vorgeschlagenen Regeln sind ein prakti-

zur Formierung und Aggregierung von Interes-

sches und demonstratives Angebot an Kräfte,

sen führt. Die kollektive Interessenvertretung

die sich politisch ausgeschlossen fühlen und

soll gefördert werden. Diese Mischung aus Öff-

deshalb Distanz zu den repräsentativen Struk-

nung und Anforderungen ist der Fünfprozent-

Vorfeld bündeln und aggregieren. Dies liegt im

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