Direkte Schnellzüge von Amsterdam, Berlin, Calais und Paris bringen Wintergäste nach Chur, Interlaken und Spiez, also an den Fuss der Berge, wo es dann mit sofortigen Anschlüssen weiter in die Wintersportgebiete des Berner Oberlandes und Graubündens geht.45
FOLGEN DES ERSTEN WELTKRIEGS Mitte der 1920er-Jahre übertreΩen die Gästezahlen von St. Moritz die Frequenzen der Boomzeit vor dem Ersten Weltkrieg (für andere Orte existieren keine vergleichbaren Statistiken dieser Periode).46 Zum Glück. Denn der Krieg bewirkte einen herben Einbruch. Das Wegbleiben der Gäste brachte Bahnen in Nöte und manches Hotel der Schliessung nahe. Im Überschwang der Belle Époque war zuvor ein massives Überangebot entstanden. Als nun zahlreiche Hotels überschuldet waren, lobbyierte der Schweizerische Hotelierverein für staatliche Hilfe. Der Bundesrat kam der Hotellerie, die 1913 immerhin 4 Prozent des Bruttoinlandprodukts erwirtschaftet hatte, entgegen.47 1915 erliess er eine Verordnung «zum Schutz der Hotelindustrie». Sie schützte überschuldete Hotels vor dem ZugriΩ ihrer Gläubiger und führte eine Bewilligungsp�icht für Aus- und Neubauten von Hotels ein. Es ist die erste von diversen Staatsinterventionen zugunsten der Tourismusbranche.48 Wesentlicher Teil der Hilfsmassnahmen waren staatliche Kredite, welche die 1921 gegründete Schweizerische Hotel-Treuhand-Gesellschaft gewährte. Schon 1914 hatte der Tourismus-Kanton Graubünden mit dem gleichen Zweck die Bündner Kreditgenossenschaft mithilfe von Gemeinden und der Kantonalbank auf die Beine gestellt.49 Mit deren Mitteln konnte zum Beispiel das Hotel Kulm in St. Moritz, das erste Winterresort der Alpen, vor der Liquidation bewahrt werden.50 Für andere dagegen kam der Schutz zu spät: Die Familie Dufour, die den Wintertourismus in der Romandie begründet hatte, musste ihre Hotels in Les Avants im Ersten Weltkrieg aufgeben.51 Ähnlich erging es einigen Vorkriegsgästen. Die bolschewistische Oktoberrevolution in Russland enteignete die Grossfürsten und sämtliche anderen Adligen, falls sie das Glück hatten, überhaupt zu überleben. Der Zusammenbruch der Kaiserreiche Deutschland und Österreich-Ungarn war für 112 Wintersport überall
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111 Werbung für die erste Vierer BobWM: Plakat des Büros Jacomo Müller. 112 Eine Bobbahn mit Aussicht: in Grindelwald, 1920er Jahre. 113 Mit dem Bob aus der Bahn: Sturz im Bob Run von St. Moritz, vermutlich um 1920.