Leben mit w%c3%b6lfen

Page 31

"Fachkonzept für ein Wolfsmanagement in Deutschland"

Reinhardt & Kluth 2006

Fläche nicht ausgebreitet hat, ist davon auszugehen, dass die Wölfe heute nicht mehr Schalenwild töten, als vor 10 Jahren. Trotzdem hat sich die ökonomische Situation der Jagdvereine deutlich verschlechtert. Der Preis für Wildfleisch ist so niedrig wie nie zuvor, während die Pachtpreise vielerorts kräftig angezogen wurden. Eine veränderte Forstpolitik, die mit Nachdruck eine Verringerung der Waldschäden durch ein Absenken der Schalenwildbestände anstrebt, führte in vielen Gebieten tatsächlich zu einem Rückgang, vor allem der Rotwildbestände, der Haupteinnahmequelle der Jagdvereine. Der Anreiz Wölfe zu "hegen", um sie als gewinnträchtige Jagdtrophäen zu verkaufen, ist mit der Unterschutzstellung ebenfalls weggefallen. Hinzu kommt das Gefühl, dass eine Art, die "schon immer" der Kontrolle der Jäger unterlag, plötzlich ohne jegliche Kontrolle ist. Zukünftig könnten die polnischen Wölfe noch ein weiteres Problem bekommen. Drei durchgängig gezäunte Autobahnen, die das ganze Land durchziehen, sind in Planung. Zwar ist der Bau von Grünbrücken gesetzlich vorgeschrieben, allerdings gibt es bisher keine Vorschriften, wie eine Grünbrücke auszusehen hat. In wie weit die westliche Population noch Verbindung zu ihrer Quellpopulation in Ostpolen hat, muss durch ein langfristiges genetisches Monitoring geklärt werden. Erste Untersuchungen der deutschen Wölfe sprechen für ein gewisses Maß an Isolation (KONOPINSKI unveröff. Daten). Die Ursachen dafür - direkte Verfolgung durch den Menschen oder für Wölfe unüberwindbare Barrieren - könnten nur durch eine intensive telemetrische Studie von abwandernden Wölfen ermittelt werden. Übergriffe von Wölfen auf Haustiere sind in Polen eher selten. Wolf-Haustier-Konflikte sind daher weniger ein ökonomisches als vielmehr ein emotionales Problem. In Polen werden alle durch geschützte Tierarten verursachten Schäden vom Staat kompensiert. Seit 1998 also auch von Wölfen getötete Haustiere. Die konkreten Kompensationssysteme können sich von Provinz zu Provinz unterscheiden. In der Regel wird der Schaden von einem ausgebildeten Gutachter innerhalb von 24 Stunden beurteilt. Die Entschädigung wird innerhalb von zwei Wochen gezahlt, nachdem der Besitzer das vereinbarte Protokoll unterschrieben hat. Zwischen 1998 und 2004 stieg die Summe der Kompensationszahlungen von 34.000 auf 120.000 € an. Das hängt vor allem damit zusammen, dass es eine gewisse Zeit dauerte, bis die Möglichkeit, Kompensation für Wolfsschäden zu bekommen, bekannt geworden ist. Rechnet man die im Jahr 2004 gezahlte Entschädigungssumme pro Wolf um, so ergibt sich bei einer konservativen Schätzung des Wolfsbestandes von 500 Tieren, eine jährliche Summe von 240 € pro Wolf. Das geringe Ausmaß der Wolfsschäden ist vor allem auf die traditionell angewandten Herdenschutzmethoden zurückzuführen. Vielerorts werden Schafe über Nacht eingestallt oder von Herdenschutzhunden bewacht. Bleiben die Tiere im Nachtpferch, wird dieser häufig mit Lappenzäunen umspannt. Neuerdings findet auch die Anwendung von Elektrozäunen, teils in Verbindung mit Herdenschutzhunden, immer weitere Verbreitung. Auf Grund der ohnehin weit verbreiteten Anwendung von Herdenschutzmaßnahmen, sind diese bisher nicht zwingend für eine Entschädigungszahlung vorgeschrieben. In der Praxis wird die Anwendung von Herdenschutzmaßnahmen jedoch häufig durch eine höhere Kompensation honoriert. Getötete Tiere werden mit 100% des aktuellen Marktwertes entschädigt. Zusätzliche Aufwendungen, z.B. für den Lämmerverlust oder erhöhten Arbeitsaufwand, bleiben dabei unberücksichtigt. Finanzielle Zuschüsse für Präventionsmaßnahmen gibt es bisher nicht. Im Jahr 2003 wurde für 830 von Wölfen getötete Tiere Kompensation gezahlt. Davon waren 70% Schafe, 23.5% Rinder, 4 % Ziegen, 2 % Hunde, 0.5% Pferde. Über 60 % der Wolfsrudel verursachen überhaupt keine Schäden, während es auf der anderen Seite einzelne Rudel gibt, die sich auf das Töten von Haustieren spezialisiert haben (JEDRZEJEWSKI et al. 2003). So wurden im Herbst 2005 in einem relativ kleinen Gebiet 30 Hunde von Wölfen getötet. Die Empörung in der Bevölkerung war entsprechend 30


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.