Oberlaustitz Niederschlesien: Ostwärts - eine Exkursion in den deutsch-polnischen Grenzraum

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OBERLAUSITZ

NIEDERSCHLESIEN

NIEDERSCHLESIEN

OBERLAUSITZ

OSTWÄRTS - eine Exkursion in den deutsch-polnischen Grenzraum


IMPRESSUM EXKURSIONSBERICHT

Oberlausitz - Niederschlesien: OSTWÄRTS - eine Exkursion

in einen deutsch-polnischen Grenzraum

HERAUSGEBER

Anna Arlinghaus, Nicole Servatius, Prof. Dr. Jörg Lahner, Prof. Dr. Ulrich Harteisen

REDAKTION

Anna Arlinghaus, Nicole Servatius

LAYOUT & GRAFIK

Nicole Servatius

SCHRIFT

Open Sans, Quicksand

FOTOS Nils Andreae (N.A.) Ulrich Harteisen (U.H.) Nicole Servatius (N.SER.)

weitere Abbildungen führen die Quellenangaben

in der jeweiligen Bildunterschrift

TITELBILD

Ulrich Harteisen

DRUCK

Klartext GmbH, Göttingen

KONTAKT

HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst

Hildesheim/Holzminden/Göttingen

Fakultät Ressourcenmanagement

Büsgenweg 1a

37077 Göttingen

Tel.: 0551/5032-0

www.hawk-hhg.de

Göttingen | 2017

HERZLICHEN DANK /

an alle Expertinnen & Experten für die vielen Eindrücke, Einblicke & Erkenntnisse,

SERDECZNIE DZIĘKUJĘ

die wir bei den Besuchen vor Ort sammeln konnten.

Hinweis zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Um eine Verletzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) nach § 1 AGG zu vermeiden, wird darauf hingewiesen, dass wenn in diesem Exkursionsbericht von Einwohnern, Bürgern, Experten, und so weiter gesprochen wird, sowohl das männliche als auch das weibliche Geschlecht gleichermaßen gemeint ist.


EINE EXKURSION IN EINEN DEUTSCH-POLNISCHEN GRENZRAUM


Inhalt 5 Vorwort 7 Regionalmanagement & Wirtschaftsförderung 8 Ein Studiengang stellt sich vor... 11 Exkursionsdidaktik 12 Reisegruppe 14 Reiseroute (Karte) 17 Oberlausitz - Niederschlesien 18 Regionalentwicklung & Wirtschaftsförderung im Grenzraum Oberlausitz - Niederschlesien 21 Senftenberg & Die Lausitzer Seenlandschaft 22 Status Quo & Wirtschaftsstruktur Senftenberg 24 SWOT als Grundlage strategischer Wirtschaftsförderung 28 Strategische Ansiedlungspolitik – Grundlagen und das Beispiel Senftenberg 32 Vom Tagebau zur touristischen Destination im Entstehen: Das Lausitzer Seenland 36 Senftenberger See aus Tourismus- und Wirtschaftsfördersicht 38 Touristische Projekte in Senftenberg & Umgebung 45 48 52 57 61 65

Wirtschaftsstandort Sachsen im Fokus: Handwerk Der Wirtschaftsstandort Sachsen im Fokus Deutsches Handwerk & Handwerkskammerorganisation Handwerkskammer Dresden: Strategische Ausrichtung & Projekte der Wirtschaftsförderung Digitales Handwerk: Kunst- und Bildgießerei Gebrüder Ihle GmbH Regionales Engagement von KMU: Die Bäckerei Richter

71 Zwei Städte in zwei Staaten – Görlitz / Zgorzelec 73 Europastadt Görlitz/ Zgorzelec Geschichte & Gegenwart der Stadt beiderseits der Neiße 77 Görlitz – Zgorzelec: Chancen & Herausforderung für Stadtentwicklung u. Wirtschaftsförderung 84 Bürgerschaftliche Beteiligung in Görlitz 91 92 96

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Polen Heute Herausforderungen in einem sich neu formierenden Europa Verwaltungsgliederung & Zuständigkeiten in der Raumplanung und der Wirtschaftsförderung


101 Niederschlesien & das Hirschberger Tal 102 Niederschlesien: Geschichte, Geographie und die Zusammenarbeit mit Sachsen 104 Nachts im Museum 107 Das schlesische Elysium: Geschichte & aktuelle Entwicklung des Hirschberger Tals 113 Schlosshotels im Hirschberger Tal – touristische Potenziale 117 Breslau / Wrocław deutsch-polnische Begegnung 118 Standort Wrocław / Breslau heute: Analyse aus der Perspektive der Wirtschaft 122 Breslau / Wrocław: historische Entwicklung & aktuelle Dynamik 126 Stadtführung Breslau / Wrocław 129 Breslau – Europäische Kulturhauptstadt 2016 137 Anhang 138 Kontaktpersonen 140 Quellenverzeichnis

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Prof. Dr. Jรถrg Lahner |4|

Prof. Dr. Ulrich Harteisen


VORWORT „Ostwärts“ führte uns unsere Route zunächst in die Seenlandschaft bei Senftenberg, weiter durch die Oberlausitz nach Görlitz/Zgorzelec und schließlich in das polnische Niederschlesien bis zur Europäischen Kulturhauptstadt Breslau. In Erinnerung bleibt zunächst die Pizzeria und das Hostel 1A Zimmer frei. Um Standortvorteile ging es dann am nächsten Tag bei der Wirtschafts­ förderung Senftenberg und ganz sicher stellt der Standortvorteil „24-Stunden Wirtschafts­förderung“ ein außergewöhnliches Alleinstellungsmerkmal dar. In bester Erinnerung bleibt auch der Besuch bei der Handwerkskammer Dresden mit einem sich anschließenden spannenden Besuch in einer Kunstgießerei. Das Hostel PicoBello in Görlitz mit großen Zimmern und direkt an der Neiße gelegen erreichten wir am dritten Abend. Über die Fußgängerbrücke war man in fünf Minuten in Zgorzelec in Polen. Viele von uns nutzten noch an diesem Abend die Gelegenheit zu einem Besuch der netten Kneipen und Restaurants in Zgorzelec. Am nächsten Tag erfuhren wir dann mehr über die deutsche Stadt Görlitz und die polnische Stadt Zgorzelec und die Bemühungen einer integrierten Stadtentwicklung. Der gern benutzte Name Europastadt Görlitz/Zgorzelec erweckt den Eindruck einer gemeinsamen, grenzüberschreitenden Stadt­ entwicklung, tatsächlich gibt es bisher aber nur wenige gemeinsame Entwicklungsprojekte. Im Alltag der Menschen spielt die Grenze allerdings eine immer geringere Rolle, hier wohnen, dort leben ist vor allem für viele Bewohner von Zgorzelec normal. Am nächsten Morgen ging es weiter ins polnische Niederschlesien. Der erste Blick in das Hirschberger Tal (Kotlina Jeleniogórska) bleibt unvergessen. In der Morgensonne zeichnete sich am Horizont das Riesengebirge ab, in den Tälern lag noch der

Nebel: Das schlesische Elysium, wie es uns nicht schöner hätte begrüßen können. Gespräche mit dem Verband der Riesengebirgs­ gemeinden im Schloss Buchwald (Bukowiec) und mit Frau Elisa­beth von Küster, Eigentümerin und Managerin des Schlosses Lomnitz (Łomnica) vermittelten uns eindrucksvoll, wie erfolgreich die endogenen Potenziale des Hirschberger Tals heute genutzt werden. Nach einer großzügigen Umrundung von Breslau hat unser Bus dann am Abend doch noch einen Zugang zur Europäischen Kultur­ hauptstadt Wrocław/Breslau gefunden. Dass Wrocław/Breslau mehr zu bieten hat als das touristische Zentrum, zeigte uns am nächsten Tag die engagierte und kompetente polnische Stadtführerin. Das Stadtviertel Nadodrze (Odervorstadt) entfaltet gerade eine neue Dynamik und hinter den oft zerfallenen Fassaden entstehen faszi­nierende Wohn-, Kunst- und Kulturprojekte. Eine urbane Transformation, die wir hier im Prozess erleben durften. Im Kopf bleiben Bilder von Veränderungen: Braunkohletagebau wird Tourismuslandschaft, Görlitz/Zgorzelec – eine Annäherung in kleinen Schritten, das Hirschberger Tal, dort wo Deutsche und Polen heute gemeinsam die Region entwickeln und Breslau oder Wrocław – eine weltoffene, euro­ päische Stadt. Spannende Themen der Regionalentwicklung und Wirtschaftsförderung und für uns zugleich Motivation, den Masterstudiengang Regionalmanagement und Wirtschaftsförderung auf immer wieder neuen Routen durch europäische Regionen zu führen.

Ulrich Harteisen Jörg Lahner |5|


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REGIONALMANAGEMENT & WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG

„Und was macht man da?“


| Ein Studiengang stellt sich vor

WER WIR SIND & WAS WIR MACHEN Ein Studiengang stellt sich vor...

„Ich finde, ich passe hier ziemlich gut rein mit meinen Kompetenzen.“

„Es ist ein bisschen wie eine Schulklasse.“ STEFFEN FRIESE [25]

IMKE SCHULZEK [25] „Dadurch, dass wir alle aus unterschiedlichen Bereichen kommen und unterschiedliche Kompetenzen mitbringen, ergänzen wir uns gegenseitig. Das kann auch später für den Beruf wichtig sein.“ Bachelor: Informationsmanagement Schwerpunkt: Stadt- und Onlinemarketing

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„Wir sind im Studiengang nur eine kleine Gruppe. Das schweißt zusammen und man lernt sich näher kennen als wenn man anonym in einem Hörsaal mit hunderten von Leuten sitzt.“ Bachelor: Politik & Soziologie Schwerpunkt: Stadt- und Regionalentwicklung


Ein Studiengang stellt sich vor |

„Wir sind Spezialisten.“ LISA MILBRANDT [35] „Die Berufsbezeichnung Regionalmanager gibt es noch nicht so lange. Diese Kompetenzen werden aber immer mehr gefragt, gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel. Unser Studiengang bereitet uns bestens darauf vor.“ Ausbildung: Internationale Touristikassistentin Bachelor: BWL (Deutsch-Lateinamerikanischer Studiengang Schwerpunkt: Regionalentwicklung, Tourismus

„Wir lernen nicht nur Sachen, die in Büchern stehen.“

„Ich bin nochmal bestärkt worden, in dem was ich möchte und kann.“

PHILIPP BÄUMLE [24] „Ich finde es im Master sehr wichtig, nicht den ganzen Tag nur in der Universität zu hocken und 130 Seiten am Tag zu lesen. Der große Praxisbezug hier im Studiengang gefällt mir gut.“ Bachelor: Geografie Schwerpunkt: Wirtschaftsförderung

NINA [32] KELDENICH-MARMUCKI „Manchmal glaube ich, ich hätte schon nach dem Bachelor das machen können, was ich jetzt mache. Aber ich wollte den geübten Umgang mit Akteuren aus der Praxis und Politik theoretisch und praktisch vertiefen. Ich habe hier viel gelernt.“ Ausbildung: Ergotherapeutin Bachelor: Health Promotion Schwerpunkt: Projektarbeit, Gesundheitsförderung Besonderheit: zwei Kinder

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„Im Kopf bleiben Bilder von Veränderungen.“ PROF. DR. ULRICH HARTEISEN

FOTO | N.SER.


Exkursionsdidaktik

EXKURSIONEN SIND INTENSIV, MANCHMAL ANSTRENGEND UND DENNOCH UNGEHEUER ANREGEND! - PROF. DR. ULRICH HARTEISEN Gemeinsam unterwegs sein - jeden Tag neue Landschaften, neue Städte, neue Menschen - zuhören, diskutieren, reflektieren – das ist der Rhythmus einer Exkursion. Eine gelungene Exkursion besticht durch eine über­ zeugende thematische Abfolge und eine zeitliche Dichte von Terminen und Standorten, die fordert aber nicht überfordert. Für die Exkursionsleitung oft ein wahrer Jonglage-Akt, gilt es doch auch die Heterogenität der Gruppe im Blick zu haben. Die gemeinsame Reise folgt einer spezifischen Exkursions-Dramaturgie: Wechselnde Schauplätze mit immer wieder neuen Begegnungen prägen die Exkursion. Maßgeblich für den Erfolg einer Exkursion sind neben Vorbereitung und Planung zu allererst die Gesprächspartner vor Ort. Gemeinsam mit den Gesprächspartnern vor Ort gilt es die Themen und Tagesabläufe zu entwickeln, um dann die Tage im Sinne eines Spannungs­ bogens geschickt miteinander zu verknüpfen. Gelingt das, wird die Exkursion ein Lernerlebnis sein, an das sich die Exkursionsteilnehmerinnen und -teilnehmer auch Jahrzehnte später noch gut erinnern können. | 11 |


REISEGRUPPE STUDIERENDE

PROFESSOREN

Nils Andreae

Prof. Dr. Ulrich Harteisen

Anna Arlinghaus

Prof. Dr. Jörg Lahner

Philipp Bäumle Hannah Behrens Saskia Buddendieck Tobias Eckardt Sabine Feser Steffen Friese Tina Glaese Isabel Grüneberg Sonja Hake Saskia Hurle Nina Keldenich-Marmucki Michael Künnemann Anna Martin Karen Mechlinski Finja Mieth Lisa Milbrandt Christina Möhlmann Teresa Mumdey Sarah von Poblocki Jana Schubert Imke Schulzek Nicole Servatius | 12 |


Ein Studiengang stellt sich vor |

FOTO | U.H.

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| Ein Studiengang stellt sich vor

REISEROUTE Cottbus

A 15

BRANDENBURG

SENFTENBERG

A 13

Hoyerswerda

OBERLAUSITZ

<< Via Regia >>

SACHSEN <<

L ei

pzi g

Meißen

Bautzen

Dresden

A 14

SPREMBERG

A4

A4

Görlitz / Zgorzelic

Kubschütz

Pirna

Chemnitz

DEUTSCHLAND

TSCHECHISCHE REPUBLIK

Reiseziele

Reiseroute Autobahnnetz

Orte

Gewässer Staatsgrenzen Landesgrenzen

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Ein Studiengang stellt sich vor |

NIEDERSCHLESIEN/ DOLNOŚL ĄSKIE

Legnica

WROCŁAW / BRESLAU

DAS HIRSCHBERGER TAL / KOTLINA JELENIOGÓRSKA

<<

Jelenia Góra

ŁOMNICA / LOMNITZ

BUKOWIEC / BUCHWALD

Vi

a

Re

Wałbrzych

POLEN

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gi

a

>>


EINFร HRUNG | OBERLAUSITZ / NIEDERSCHLESIEN HANNAH BEHRENS

Regionalentwicklung & Wirtschaftsfรถrderung


OBERLAUSITZ NIEDERSCHLESIEN

Eine geografische Einführung

OBERL AUSIT Z NIEDER SCHLESIEN


| Geografische Einführung

Regionalentwicklung & Wirtschaftsförderung im Grenzraum Oberlausitz - Niederschlesien – HANNAH BEHRENS – WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG: DEUTSCHLAND VS. POLEN In Deutschland findet kommunale Wirtschaftsförderung auf freiwilliger Basis statt. Ziel ist es, die Wohlfahrt der Bürger in ihrem Zuständigkeitsbereich zu mehren. Dazu stärkt sie den Standort „durch Erhöhung oder Stabilisierung der regionalen Wertschöpfung und der regionalen Erwerbstätigkeit, sowie einer Erhöhung der Finanzkraft der Kommune“ für eine hohe Standortattraktivität (Lahner, Neubert 2016: 44). In Deutschland sind Wirtschaftsförderungen in verschiedenen Organisationsformen zu finden, die verbreitetesten sind das eigenständige kommunale Amt, der Teil eines Amtes und die privatrechtliche Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Letztendlich kann Wirtschafts-

INFOBOX Die wirtschaftliche Entwicklung im deutsch-polnischen Grenzraum Oberlausitz-Niederschlesien ist geprägt von der peripheren Lage der Regionen. Akteure im Bereich von Regionalentwicklung und Wirtschaftsförderung bemühen sich auf beiden Seiten, eine positive Entwicklung des Grenzraums zu fördern. Dabei liegen die Akteure auf polnischer Seite in ihrem Entwicklungsstand im Vergleich zu ihren deutschen Kollegen deutlich zurück. Im Zuge der grenzüberschreitenden Kooperation gilt es, eine Vielzahl an unterschiedlichen Hindernissen zu überwinden.

DIE WIRTSCHAFTSRÄUME OBERLAUSITZ UND NIEDERSCHLESIEN - EINE GEGENÜBERSTELLUNG OBERLAUSITZ • • • • • • • •

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Region im Osten Sachsens Fläche von 4.496 km² 5.68.756 Einwohner Dreiländereck Deutschland – Polen – Tschechien Zugang zu drei Märkten Nähe zu den Wirtschaftszentren Dresden, Berlin, Breslau und Prag Gute Verkehrsanbindung 2.400 eingetragene Betriebe mit einer Exportquote von über 25%

NIEDERSCHLESIEN • • • • •

Wojewodschaft in Polen Fläche von 19.047 km² 2.904.200 Einwohner Gute Verkehrsanbindung 35 Universitäten und 14 Industrieund Technologieparks • Global Player in den Sonderwirtschaftszonen: Automotive, Elektromechanik, High-Tech/ IT, Business Process Outsourcing


Geografische Einführung |

förderung jedoch nur in einem integrierten Ansatz gelingen, also durch die Kooperation mit anderen relevanten Akteuren (vgl. Lahner, Neubert 2016: 34ff). Die polnische Regionalentwicklungspolitik hat sich seit Polens Beitritt zur EU kontinuierlich weiterentwickelt. Der „integrierte territoriale Ansatz“ wurde in den Fokus genommen. Dieser nimmt die unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten in den Blick und setzt damit die Multidimensionalität der Entwicklungsprozesse voraus (vgl. Żuber et al. 2010: 16ff). Im Gegensatz zu Deutschland wird Regionalentwicklungspolitik in Polen jedoch hauptsächlich durch sogenannte Regionalentwicklungsagenturen umgesetzt, die als Teil des Verwaltungssystems angesiedelt sind (vgl. Kilianski 2011: 7). Trotz der Weiterentwicklung der strategischen Grundlagen findet die Umsetzung der Regional­ entwicklungspolitik daher noch größtenteils in top-down-Prozessen statt. Dabei kann Polen auf mehr europäische Mittel zurückgreifen denn je. Demgegenüber stellt sich die Situation in Deutschland gegensätzlich dar. Dem Land wurden ungefähr sieben Milliarden Euro weniger als in der letzten Förderperiode zugesprochen (vgl. Europäische Kommission 2014b: 1). Die Reduzierung kann auf die Fokussierung der Europäischen Strukturpoli­ tik auf die östlichen Mitgliedstaaten zurückgeführt werden. Diese Entwicklungen korrespondieren freilich mit dem Ziel, Aufholprozesse und damit die Kohäsion in Europa zu stärken.

verschiedene Arten an Akteuren zu unterscheiden. Neben neun LEADER Regionalmanagements für die Förderperiode 2014-2020, arbeiten hier auch eine Vielzahl privater Gesellschaften langfristig für die Weiterentwicklung der Region. Daneben sind in der Oberlausitz zahlreiche Netzwerke zu finden, in denen sich Unternehmen der verschiedenen Branchen vereint haben. In Niederschlesien hingegen sind die entsprechenden Akteure vorwiegend in der Verwaltung angesiedelt. Neben den klassischen Industrie- und Handelskammern findet man in den Wojewodschaften sogenannte Regionalentwicklungsagenturen, die für Wirtschaftsförderaktivitäten wie Gründungsberatung, Netzwerkbetreuung oder Fördermittelmanagement genauso zuständig sind wie für die Regionalentwicklung (DARR S.A. 2016). Auf beiden Seiten setzen sich die Akteure maßgeblich für grenzüberschreitende Kooperation ein. Das wichtigste Instrument stellt hierbei die Förderung im Rahmen der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (ETZ; ehemals Interreg) dar. Dadurch werden im Zuge des Kooperationsprogramms INTERREG Polen - Sachsen 2014-2020 70 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für Regio­ nale Entwicklung (EFRE) zur Verfügung gestellt. Programmziel ist die Vertiefung der Zusammenarbeit zur Überwindung von Entwicklungsbarrieren im polnisch-sächsischen Grenzraum (vgl. Gemeinsames Sekretariat PL-SN 2014-2020 2016).

STRUKTUREN UND AKTEURE Neben den grundlegenden Verwaltungs-, (Weiter-) Bildungs- und Forschungseinrichtungen, die für die Wirtschaft wichtige Partner darstellen, sind auf deutscher wie polnischer Seite des Grenzraums eine Reihe von Akteuren zu finden, die sich im Bereich der Wirtschaftsförderung und Regionalentwicklung einsetzen. In der Oberlausitz sind dabei | 19 |


TAG 1 | SENFTENBERG FINJA MIETH

Status Quo & Wirtschaftsstruktur Senftenbergs

SABINE FESER

SWOT als Grundlage strategischer Wirtschaftsförderung

PHILIPP BÄUMLE

Strategische Ansiedlungspolitik am Beispiel Senftenberg

KAREN MECHLINSKI

Eine touristische Destination im Entstehen: Lausitzer Seenland

IMKE SCHULZEK

Senftenberger See (Tourismus & Wirtschaft)

CHRISTINA MÖHLMANN

Touristische Projekte in Senftenberg & Umgebung


SENFTENBERG & DIE LAUSITZER SEENLANDSCHAFT Wirtschaftsförderung und Tourismus im ländlichen Raum


| Wirtschaftsförderung & Tourismus im ländlichen Raum

Status Quo & Wirtschaftsstruktur Senftenberg - FINJA MIETH -

Senftenberg liegt im Lausitzer Seenland und war bis Ende des 20. Jahrhunderts durch den Braunkohleabbau geprägt. Bedingt durch das Ende des Tagebaus musste die Stadt in den letzten 50 Jahren einen Struktur- und Landschaftswandel mit allen dazugehörigen Problemen durchlaufen (vgl. Kapitel Mechlinski). Die Bewältigung des Strukturwandels und der dadurch entstehenden Arbeitsplatzproblematik liegt zumindest zu Teilen im Aufgabenbereich der Wirtschaftsförderung. Um diese Herausforderungen in der Praxis kennenzulernen und zu diskutieren, waren wir zu Gast bei der Wirtschaftsförderung der Stadt Senftenberg. Der leitende Wirtschaftsförderer der Stadt, Herr Neubert, sieht es als Ziel, die Steuereinnahmen der Stadt zu erhöhen, ohne jedoch die Steuerhebesätze anzuheben (vgl. Vortrag Neubert 2016, Folie 13). Durch die 1D-Lage des Wirtschaftsstandortes Senftenberg sind produktive Neuansiedlungen und Investoren nicht der Regelfall (vgl. Vortrag Neubert 2016, Folie 18). Vielmehr muss die Wirtschaftsförderung vorhandene Potentiale für Betriebserweiterungen am Standort Senftenberg frühzeitig erkennen, um solche Betriebserweiterungen fördernd unterstützen zu können. Dazu ist es notwendig, die Unternehmer vor Ort zu kennen und bei diesen auch als Wirtschaftsförderung bekannt zu sein (vgl. Vortrag Neubert 2016)

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INFOBOX Die Wirtschaftsförderung der Stadt Senftenberg ist als Stabstelle innerhalb der Stadtverwaltung organisiert. Die Stabstelle hat drei Mitarbeiter und wird von Frank Neubert geleitet. Er sieht seine Aufgabe nicht darin zu verwalten, sondern zu gestalten.

(vgl. Kapitel Feser). Durch eine kontinuierliche Bestandspflege können Steuereinnahmen in der Kommune gehalten und erhöht werden. Die Wirtschaftsförderung verfolgt eine weitere Strategie zur Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen durch Identifizierung von Unternehmen, die in Senftenberg zwar Betriebsstätten unterhalten, jedoch ihren Hauptsitz nicht in Senftenberg haben und somit ihre Gewinne bisher nicht in Senftenberg versteuerten (vgl. Vortrag Neubert 2016) (vgl. Kapitel Bäumle). Darüber hinaus hat Herr Neubert die Vergabestelle der Stadtverwaltung und die Kommunalpolitik dazu gebracht, in Wirtschaftskreisläufen zu denken. Kommunale Ausschreibungen werden von ihrem Umfang so gestaltet, dass es den Senftenberger Firmen, Planern und Dienstleistungsunternehmen möglich ist, sich an diesen Ausschreibungen zu beteiligen. Denn nur der Gewinn ansässiger Handwerker führt zu Steuereinnahmen und Wertschöpfung vor Ort (vgl. Vortrag Neubert 2016, Folie 34). Unter anderem durch diese Maßnahme konnte die bisher schwach entwickelte Baubranche gestärkt werden, wodurch in den letzten Jahren mehr als 200 neue Arbeitsplätze in diesem Bereich entstanden sind (vgl. Vortrag Neubert 2016). Als weitere Stellschraube zur Erhöhung der Steuereinnahmen sieht Herr Neubert die Schaffung von Eigenheimgrundstücken. Bei der Gewinnung von


Wirtschaftsförderung & Tourismus im ländlichen Raum |

„In Senftenberg kann man noch gestalten.“ Frank Neubert Leiter der Wirtschaftsförderung

FOTO | N.SER.

Unternehmen, Investoren aber auch Familien spielen die verschiedenen Standortfaktoren eine entscheidende Rolle.

FAZIT Insgesamt scheint die Bewältigung des Strukturund Landschaftswandels in Senftenberg sehr gut gelungen. Es wurde richtig erkannt, dass die Gewinnung von Neuansiedlungen und Investoren nur eine untergeordnete Rolle spielt. Vielmehr setzt die Wirtschaftsförderung auf die Erhöhung der Steuereinnahmen durch die vorhandenen endogenen Potentiale. Des Weiteren konnte Herr Neubert erfolgreich in der Verwaltung das Denken in Wirtschaftskreisläufen durchsetzen, wodurch ebenfalls mit vorhandenem Potenzial die Region gestärkt wird. Es ist festzustellen, dass die Erfolge maßgeblich auf dem Engagement und dem Kontaktnetzwerk der Person Herr Neubert beruhen. Eines Tages, bei einer anstehenden Nachfolge, wird zweifellos die große Herausforderung sein, das entsprechende Know-how sowie die persönlichen Netzwerke zu übertragen und für Senftenberg zu erhalten.

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| Wirtschaftsförderung & Tourismus im ländlichen Raum

SWOT als Grundlage strategischer Wirtschaftsförderung - SABINE FESER Im Jahr 2008 führte Neubert zu Beginn seiner Tätig­ keit als leitender Wirtschaftsförderer der Stadt Senftenberg eine Unternehmensbefragung mit Hilfe von Unternehmensbesuchen durch. Ziel war es, sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. So machte er sehr zeitaufwändig innerhalb von 10 Monaten 160 Betriebsbesuche. Die Ergebnisse der 2008er Umfrage, als Stärken-Schwächen-Analyse zusammengefasst, waren u.a. eine zu geringe Kommunikation zwischen der Wirtschaftsförderung und den Bestandsunternehmen, fehlende Unternehmensbesuche und keine geeigneten Werbemöglichkeiten. Außerdem mangelte es an marktgerecht angebotenen Gewerbegrundstücken sowie städtischen Aufträgen für Handwerker (vgl. Vortrag Neubert 2016, Folie 2). In den vergangenen acht Jahren arbeitete die Wirtschaftsförderung Senftenberg an der Verbesserung dieser Situation. Dies sollte gelingen durch: regelmäßige Unternehmensbesuche, 800 Werbetafeln mit dem Aufdruck „Wirtschaftsförderung Senftenberg“ sowie deren Telefonnummer, die in der ganzen Stadt aufgestellt wurden, die Entwicklung eines Leitbildes von Senftenberg: „Investieren, Studieren, Flanieren“ (Investieren: Investoren für die leerstehenden Gewerbeflächen, Studieren: Technische Universität Cottbus-Senftenberg, Flanieren: Senftenberger See.) sowie durch die ständige Ansprechbarkeit per Telefon (Neubert ist per Mobiltelefon 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche erreichbar). Eine weitere Standortanalyse, die Neubert ebenfalls als Stärken-Schwächen-Analyse dient, wurde | 24 |

INFOBOX Die SWOT-Analyse ist ein Instrument des strategischen Managements. Dieses Instrument kann von der Wirtschaftsförderung im Rahmen der Standortentwicklung genutzt werden. Als Basis einer Stärken-Schwächen-Analyse kann eine Befragung der Unternehmen vor Ort durchgeführt werden.

2016 in Zusammenarbeit mit zwei Studierenden der BTU-Cottbus-Senftenberg erstellt. Die Ziele der Unternehmensbefragung via Fragebogen waren eine Evaluation der in den Vorjahren umgesetzten Maßnahmen, eine Sammlung von Meinungen und Einschätzungen seitens der Unternehmen verschiedener Wirtschaftsbereiche, eine Aktualisierung von Unternehmensdaten und -strukturen sowie eine Ermittlung von Gewerbeflächenbedarfen (vgl. Unternehmensbefragung Stadt Senftenberg 2016: 1). Es konnten 216 Unternehmen befragt werden und somit mehr als mit Hilfe der Unternehmensbesuche (vgl. Vortrag Neubert 2016, Folie 4, 8). Die Auswertung des Fragebogens ergab, dass für die Unternehmen Service und Unternehmerfreundlichkeit der Verwaltung, Breitbandanbindung, Verkehrsanbindung sowie die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften wichtige Standortfaktoren darstellen (vgl. Vortrag Neubert 2016, Folie 16). Standortbedingungen, die nicht nur als wichtig bewertet wurden, sondern mit denen die Befragten auch zufrieden sind, stellen die Faktoren Verkehrsanbindung, Service und Unternehmerfreundlichkeit der Stadtverwaltung, Nähe zur Hochschule sowie das Schulangebot dar. Im Gegensatz dazu sind die Unternehmen mit den wichtigen Standortbedingungen Breitbandanbindung und der Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften unzufrieden. In diesen Bereichen besteht


Wirtschaftsförderung & Tourismus im ländlichen Raum |

somit noch weiterer Handlungsbedarf (vgl. Vortrag Neubert 2016, Folie 11 – 13). Bezüglich der Breitbandanbindung wurden bereits Maßnahmen ergriffen. So konnte Neubert berichten, dass sich das Glasfasernetz im Raum Senftenberg und Umgebung seit Februar 2016 im Ausbau befindet (vgl. Vortrag Neubert 2016, Folie 44). Was die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften betrifft, gibt es überwiegend im Bereich der gewerblich-technischen Berufe Stellenbesetzungsprobleme (vgl. Vortrag Neubert 2016, Folie 26). Um qualifizierte Arbeitskräfte in der Region zu halten, werden gemäß Neubert die Bekanntheit der Unternehmen gefördert und der Kontakt zwischen Hochschule und Unternehmerschaft vorangetrieben. Dadurch sollen mehr Unternehmen Praktikumsstellen anbieten (vgl. Vortrag Neubert 2016, Folie 28 – 31). Ein weiterer Erfolg ist die Steigerung der Übernahme von Absolventen der BTU-Cottbus-Senftenberg. Waren es im Jahr 2010 nur zwei

Absolventen, die in Senftenberg einen Arbeitsplatz fanden, so konnte die Zahl 2013 auf 35 erhöht werden. Dafür wurde von 2010 bis 2012 ein Förderprogramm eingesetzt, wodurch die Einstellung eines Absolventen in Senftenberger Unternehmen einmalig mit 10.000 Euro unterstützt wurde. Ab 2013 war das Förderprogramm laut Neubert somit nicht mehr notwendig, da die Unternehmen nun wussten, wie sie mit den Studierenden in Kontakt kommen (vgl. Mdl. Vortrag Neubert 2016). Die Unternehmen sind ebenfalls überwiegend zufrieden mit der kundenfreundlichen Wirtschafts­ förderung und bewerten besonders die Ansprechbarkeit, das zügige Verwaltungshandeln, die wirksame Öffentlichkeitsarbeit, die zentrale Anlaufstelle in der Stadtverwaltung sowie die Bereitstellung städtischer Förderprogramme als positiv. Dadurch konnte die Wirtschaftsförderung eine Verbesserung der Situation im Vergleich zu 2008 erreichen (vgl. Vortrag Neubert 2016, Folie 17 – 23).

„Die SWOT-Analyse […] dient dazu, aus den Stärken und Schwächen einer Organisation (interne Sicht) und den Chancen und Risiken der Umwelt (externe Sicht) geeignete strategische Lösungsalternativen für die Erreichung der Ziele der Organisation abzuleiten“ (Bundesverwaltungsamt 2016). Dabei setzt sich das Akronym

Strengths (Stärken)

Weaknesses (Schwächen)

Opportunities (Chancen)

Threats (Risiken)

SWOT aus den Anfangsbuchstaben der englischen Wörter Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) sowie Threats (Risiken) zusammen und ist ursprünglich ein Teil des strategischen Managements (vgl. ebd.). Die SWOT-Analyse eignet sich nicht nur zur Untersuchung von Unternehmen, sondern auch für die Bewertung von Standorten wie Regionen oder Städten (vgl. Pongratz/Vogelsang 2016: 14). Das strategische Management kann wiederum als die „erfolgsorientierte Gestaltung der langfristigen Entwicklung von Organisationen der Verwaltung“ (Schedler/Siegler 2004: 20) definiert werden.

Abb. 1: SWOT – ANALYSE ALS INSTRUMENT DES STRATEGISCHEN MANAGEMENTS (eigene Darstellung)

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| Wirtschaftsförderung & Tourismus im ländlichen Raum

REFLEXION Bei den beiden vorgetragenen Standortanalysen handelt es sich gemäß Neubert um Stärken-Schwächen-Analysen, da die Sicht auf externe Chancen und Risiken nicht berücksichtigt wurde. Das heißt, zur Vervollständigung als SWOT-Analyse müssten die Analysen um die Faktoren ergänzt werden, die nicht unmittelbar von der Wirtschaftsförderung beeinflusst werden können. Die verwendeten Methoden waren bei beiden Analysen unterschiedlich. Der Zeitaufwand war bei der Analyse via Fragebogen wesentlich geringer, sodass auch die Ergebnisse nach kürzerer Zeit vorlagen. Der Vorteil der Unternehmensbesuche zu Beginn von Neuberts Tätigkeit als leitender Wirtschaftsförderer war das Kennenlernen der UnternehmerInnen und deren Bedürfnisse sowie der Wirtschaftsstrukturen vor Ort. Als Nachteil ist der hohe Zeitaufwand zu nennen, der mit zunehmender Größe des Standortes steigt und somit nicht von jeder Wirtschaftsförderung durchzuführen ist. Durch die Zusammenarbeit mit der Hochschule im Rahmen der zweiten Analyse findet ein Wissensaustausch zwischen den Studierenden und der Wirtschaftsförderung statt, von dem beide Seiten profitieren: Die Studierenden bringen ihr erlerntes Wissen mit und können wesentliche Zusammenhänge des Standortes und der Wirtschaftsförderung lernen - gleichzeitig kann die Wirtschaftsförderung potenzielle Arbeitskräfte werben und ihren Bekanntheitsgrad erhöhen. Außerdem ist es kostengünstiger, eine Standortanalyse von Studierenden und nicht von einer Unternehmensberatung durchführen zu lassen. Abschließend kann gesagt werden, dass gerade in ländlichen Gebieten, die vom Strukturwandel betroffen sind, die Wirtschaftsförderung von hoher Relevanz ist. Insbesondere die SWOT-Analyse stellt ein wichtiges Instrument dar, um die Standortstrukturen zu untersuchen, die Bedarfe der | 26 |

Unternehmerschaft sowie Themen zu analysieren, mit denen die Unternehmen unzufrieden sind. Auch in Senftenberg führte die Wirtschaftsförderung Standortanalysen durch, die zwar nicht in allen Punkten mit der geschilderten Theorie übereinstimmen, aber dennoch eine Reflexion zu den Potenzialen vor Ort ermöglichen. Die dadurch formulierten Strategien und ergriffenen Maßnahmen können zur wirtschaftlichen Stärkung des Standortes beitragen. Um dies auch künftig zu gewährleisten, soll in sieben bis acht Jahren eine neue Unternehmensbefragung durchgeführt werden, so Neubert.


Wirtschaftsförderung & Tourismus im ländlichen Raum |

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| Wirtschaftsförderung & Tourismus im ländlichen Raum

Strategische Ansiedlungspolitik – Grundlagen und das Beispiel Senftenberg – PHILIPP BÄUMLE – Die Ansiedlung neuer Unternehmen in der Region gilt als eine der klassischen Aufgaben der Wirtschaftsförderung. Mittlerweile liegt der Fokus der Wirtschaftsförderung weniger auf der Akquisition neuer Unternehmen, als vielmehr auf der Pflege bereits vorhandener (vgl. Icks / Richter 2002: 89 f.). Wie eine solch optimale Begleitung in der Praxis aussehen kann, zeigt ein Beispiel aus Senftenberg aus dem Jahr 2008 (vgl. Lahner / Neubert 2016: 110ff.). Die in diesem Fall betrachtete Etiketten-­ Firma strebte ursprünglich eine Investition in eine Produktionsstätte im Raum Dresden an, sah sich dort aber hohen Wartezeiten ausgesetzt, was die Umsetzung stark verlangsamt hätte. In Anbetracht dieser Umstände vereinbarten die Verantwortlichen des Standorts Senftenberg kurzfristig einen Besichtigungstermin mit dem Geschäftsführer in einem in Frage kommenden Gewerbegebiet. Die Geschäftsführung forderte eine sehr schnelle Umsetzung und bekam sie auch: Unter Mithilfe einer eilig einberufenen Sondersitzung der Stadtverwaltung konnte innerhalb von zehn Tagen ein neues Unternehmen gegründet und zum Eigentümer des fraglichen Areals gemacht werden. Insgesamt vergingen von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Produktionsbeginn am Standort Senftenberg lediglich acht Monate – während die Wartezeit in Dresden nur für den ersten Notartermin zur Abwicklung des Kaufvertrages ganze sechs Monate betrug. Im Endeffekt wurden 13 Millionen Euro investiert und 35 dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen. Die vorangestellten Ausführungen wirken wie | 28 |

INFOBOX Die Strategische Ansiedlungspolitik als wichtiges Arbeitsfeld für die Wirtschaftsförderung beschreibt das gezielte Werben eines Standortes um spezifisch ausgewählte Investitionen. Vor allem in ländlichen Regionen ohne große Strahlkraft gestaltet sich dieses Vorhaben jedoch häufig schwierig. Dort sind umfangreiche Bemühungen der örtlichen Wirtschaftsförderung besonders wichtig, um auswärtige Investoren von den eigenen Vorzügen zu überzeugen und im Konkurrenzkampf mit anderen Standorten zu bestehen.

die Schilderung des Idealfalls. Es erscheint naheliegend, dass dies in der örtlichen Wirtschaftsförderung nicht alltäglich ist. Doch welche Erkenntnisse können wir unter dem Strich daraus ziehen und mit nach Senftenberg nehmen? Es wird schnell deutlich, was die Grundvoraussetzung des Erfolges war: Schnelligkeit. Darüber hinaus wird der Fokus auf die optimale Abstimmung der Zusammenarbeit mit anderen relevanten Akteuren gerichtet. Zusätzlich erweckt die Entstehung des Projektes den Eindruck, dass „schwächere“ Lagen nicht zwangsweise nur Nachteile gegenüber „stärkeren“ haben. Diese positiven Erkenntnisse sollen aber nicht darüber hinweg täuschen, dass das Thema an einem Standort wie Senftenberg insgesamt ein sehr schwieriges ist. Auch in diesem Fall kam die Ansiedlung nur zustande, weil das Unternehmen Probleme mit der Projektumsetzung an einem anderen Standort hatte – nicht etwa weil die Verantwortlichen von vorne herein überzeugt gewesen wären. Die bereits thematisierte, enge Zusammenarbeit mit anderen Akteuren birgt nicht nur Potenziale sondern auch Risiken: Was passiert beispielsweise


Wirtschaftsförderung & Tourismus im ländlichen Raum |

wenn einer der Partner den engen Zeitplan nicht einhalten kann? Inwieweit hat man das Gelingen der eigenen Bemühungen überhaupt selbst in der Hand? Mit diesen und weiteren, sich ergebenden Fragen im Gepäck versprachen die Veranstaltung mit dem Leiter der Senftenberger Wirtschaftsförderung und der Besuch eines erfolgreichen, innovativen Unternehmens vor Ort interessante, neue Erkenntnisse zu den Themen Wirtschaftsförderung im ländlichen Raum und speziell zur strategischen Ansiedlungspolitik.

BESUCH IN SENFTENBERG Nach der Wiedervereinigung fielen in Senftenberg auf einen Schlag eine enorme Anzahl an Arbeitsplätzen in der Braunkohle-Industrie weg, was zwischenzeitlich zu einer Arbeitslosenquote von bis zu 25% führte. Heute wird versucht, die Stadt auf circa 20.000 Einwohner „gesund zu schrumpfen“, um die Einwohnerzahl an die vorhandenen Ar-

beitsplätze und die Infrastruktur anzupassen (vgl. Neubert 2016a) (vgl. Beitrag F. Mieth). Ein Zuwachs an Gewerbe- und Einkommenssteuereinnahmen stellt in diesem Zusammenhang eine große Chance dar und schlägt an dieser Stelle die Brücke zum Thema Strategische Ansiedlungspolitik. Hier versucht man momentan verschiedene Maßnahmen durchzuführen: Zum einen beherbergt Senftenberg viele Außenstellen großer Unternehmen und möchte diese nun dazu ermutigen ihre vor Ort anfallende Wertschöpfung auch vor Ort und nicht am Hauptsitz des Konzerns zu versteuern (vgl. Beitrag F. Mieth). An dieser Stelle muss die Frage erlaubt sein, warum derlei Bemühungen nicht schon früher angestrebt wurden. Zum anderen werden Gewerbegrundstücke zum Teil weit unter dem eigentlichen Wert verkauft – allerdings nicht ohne eine Gegenleistung durch den jeweiligen Investor. Dieser wird mit dem Kauf verpflichtet, auch tatsächlich am Standort zu investieren. Bislang wurden am Standort Senften-

Persönlliche Begrüßung auf dem Marktplatz in Senftenberg, Foto | U.H.

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berg durchweg positive Erfahrungen mit diesem Vorgehen gemacht, ein gewisses Restrisiko bleibt im Falle einer fehlgeschlagenen Investition jedoch bestehen (vgl Neubert 2016a, mdl. Vortrag). Darüber hinaus bietet die Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsförderungseinrichtungen umliegender Städte und Landkreise weitere Möglichkeiten in Bezug auf Neuansiedlungen von Unternehmen. In diesem Fall liegt die Annahme zu Grunde, dass es von übergeordneter Bedeutung ist, die Investition in der eigenen Region erfolgen zu lassen – nicht zwingend direkt am eigenen Standort. Dieser könnte in der Folge dennoch profitieren, etwa durch Pendlerströme oder den Nachzug von Zulieferern. Obwohl dieser Zusammenhang den politischen Entscheidungsträgern gegenüber oft schwer zu vermitteln ist, kooperiert die Wirtschaftsförderung Senftenberg in mehreren Punkten mit fünf benachbarten Wirtschaftsförderungseinrichtungen. So werden die Preise für Gewerbeimmobilien und -grundstücke untereinander abgestimmt, eine gemeinsame Ausbildungsmesse veranstaltet und die Bemühungen um Rückkehrer forciert (vgl. Neubert 2016a, mdl. Vortrag). Zudem ist der Standort Senftenberg momentan bemüht, ein heraus stechendes endogenes Potenzial für die Anwerbung von Investitionen in Wert zu setzen: Die Vielzahl an Seen. Zehn Seen sollen mit insgesamt 6.000 Booten bestückt werden, um das touristische Potenzial besser nutzen zu können. Neben den positiven Effekten, die das höhere touristische Aufkommen mit sich bringt (vgl. Beitrag C. Möhlmann), bietet diese Maßnahme die Chance auf Unternehmensansiedlungen im Bereich Boote und sonstige Wasserfahrzeuge. Zu diesem Zweck wurde ein Industriegebiet ausgewiesen, das ausschließlich wasseraffinen Betrieben vorbehalten und – bis dato in dieser Form einzigartig – mit einem direkten Zugang zum Wasser ausgestattet ist. Bislang wird dieses Industriegebiet hervorragend | 30 |

angenommen und ist schon vor Baubeginn zu 100% ausgelastet (vgl. Neubert 2016a, mdl. Vortrag). Insgesamt zeugen die Ausführungen des Leiters der Stabsstelle Wirtschaftsförderung von einer gewissen Umtriebigkeit der Stadt Senftenberg im Bereich Wirtschaftsförderung im Allgemeinen und Strategische Ansiedlungspolitik im Speziellen. Es wird deutlich, dass ein enormer Aufwand von Nöten, ist um die standortspezifischen Nachteile (vgl. Beitrag S. Feser) im Wettbewerb mit anderen Regionen bestmöglich ausgleichen zu können.

REFLEXION Die „Beobachtung“ Strategischer Ansiedlungspolitik vor Ort gestaltete sich mehr als schwierig. Bei der Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich hierbei um einen Prozess über mehrere Wochen oder Monate handelt, erscheint dies jedoch nicht verwunderlich. Einzig die Wahl eines – im Optimalfall – kürzlich unter Berücksichtigung mannigfaltiger methodischer Kniffe „aus der Fremde“ angeworbenen Investors als Gesprächspartner hätte an dieser Stelle die Möglichkeit auf noch tiefere Einblicke in die Arbeit vor Ort geboten. Es wurde jedoch auch deutlich, dass die beschriebenen Bemühungen nur einen kleinen Teil der Maßnahmen gegen aktuell negative Tendenzen darstellen können. Der Fokus auf endogene Potenziale, beispielsweise im Bereich Tourismus, erscheint sinnvoll (vgl. Beitrag C. Möhlmann). Die Verflechtung beider Tätigkeitsfelder verspricht an dieser Stelle neue Chancen in näherer Zukunft. Kommentar Der Besuch bei Interfish verdeutlichte, wie wichtig eine enge und kompetente Beratung durch die Wirtschaftsförderung sein kann. So können aufstrebende, innovative Unternehmen, wie Interfish, von einem dauerhaften Verbleib am Standort zu überzeugen.


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STECKBRIEF Interfish Zierfischgroßhandel Schulstraße 4 | 01968 Senftenberg Geschäftsführer Danny Plötzke Dienstleitung: Verkauf aus eigener Zierfischzucht Grundsatz: ökologisch, gesund, nachhaltig – durch die eigene Zucht muss kein Fisch der Natur entnommen werden Besonderheit: Forschung und Entwicklung neuer Zuchtmethoden Sonstiges: enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung in Senftenberg FOTOS | N.SER.

„Wenn ich mit 55 klapprig bin und nichts geklappt hat, dann kann ich wenigstens sagen – ich habe es versucht!“ Danny Plötzke, Gründer & Inhaber der Interfish GmbH

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INFOBOX Die Lausitz, eine Region im Osten Deutschlands nördlich von Dresden, war lange Zeit durch den Braunkohleabbau geprägt. Durch die Flutung von ehemaligen Tagebauen soll nun die größte künstliche Seenlandschaft in Europa entstehen. Vor diesem Hintergrund baut die Region nun verstärkt auf den Tourismus, welcher die Potenziale der Seenlandschaft, der Naturlandschaft und des kulturellen Bereichs nutzt.

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Vom Tagebau zur touristischen Destination im Entstehen: Das Lausitzer Seenland – KAREN MECHLINSKI –

Im Osten Deutschlands liegt die Lausitz, eines der wichtigsten Braunkohlefördergebiete der Bundesrepublik. In dieser Region wird nun, nach der Hochzeit des Braunkohleabbaus, die Absicht verfolgt, dem Strukturwandel mit dem Ausbau des touristischen Sektors zu begegnen. Das touristische Potenzial ergibt sich größtenteils aus der Flutung von ehemaligen Tagebauen. So soll in der Lausitz die größte künstliche Seenlandschaft Europas entwickelt werden. Braunkohle wird in der Lausitz etwa seit Ende des 18. Jahrhunderts abgebaut, zunächst jedoch nur

AUF DEM WEG ZUM SENFTENBERGER STADTHAFEN FOTO | N.SER.


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in geringen Mengen. Erst im Laufe der Industrialisierung, also vermehrt seit dem 19. Jahrhundert, wurde die Braunkohle in der Lausitz im großen Umfang abgebaut. Unter „abgebrochenen Orten“ werden Ortschaften verstanden, die dem Braunkohleabbau weichen müssen, da sie auf einem Gebiet liegen, unter dem Braunkohle vorhanden ist. Bislang mussten dem Bergbau insgesamt fast 90 Ortschaften weichen (vgl. Archiv verschwundene Orte 2016). Durch den Braunkohletagebau verändert die Region nachhaltig ihr landschaftliches Gesicht. Der Tagebau erfordert eine großflächige Abtragung von Bodenmaterial und hinterlässt so Löcher von enormem Ausmaß.

WANDEL ZUR TOURISMUSDESTINATION Bei der Betrachtung von ehemaligen Braunkohleabbaugebieten scheint die touristische Nutzung der Region wenig naheliegend. Der zentrale Faktor, der die touristischen Potenziale der Lausitz in Wert setzt, ist die Flutung der früheren Tagebaue zu Seen. Insgesamt sollen in der Region 25 Seen entstehen, von denen heute bereits 16 komplett geflutet sind und viele andere sich in der Flutung befinden. Für die touristische Inwertsetzung der Seen und der Region sind die Zweckverbände Lausitzer Seenland der Bundesländer Brandenburg und Sachsen zuständig. Eine dritte zentrale Institution ist der Tourismusverband Lausitzer Seenland, welcher als übergeordnete Einrichtung für die Vermarktung des Seenlandes als gesamte Region verantwortlich ist (vgl. Lausitzer Seenland 2016a). Damit eine Region für Touristen attraktiv ist, müssen ihre endogenen Potenziale erkannt und genutzt werden. Die Potenziale der Lausitz liegen in der Seenlandschaft und der Naturlandschaft. Mit dem daraus entstehenden Wasser- und auch Radtourismus steht das Lausitzer Seenland in Kon-

kurrenz zu weiteren Seegebieten im weiteren Umkreis, wie zum Beispiel die Mecklenburgische Seenplatte. Bei dem Lausitzer Seenland kommt jedoch als weiteres Potenzial und Alleinstellungsmerkmal die außergewöhnliche Kulturlandschaft hinzu. Die Industriekultur des Braunkohleabbaus wird durch Angebote wie das Erlebniskraftwerk Plessa für den Touristen erlebbar gemacht. Außerdem ist die sorbische Kultur Teil der Lausitzer Region und wird entsprechend touristisch vermarket (vgl. Sorbischer Kulturtourismus 2016). Jedoch gibt es auch Probleme in der Region. Die Flutung ist ein mehrjähriger Prozess, der bis heute in vielen Seen noch nicht vollständig abgeschlossen ist (vgl. LMBV 2016b). Auch die Qualität der Seen bereitet zum Teil Probleme. Gerade aufgrund der angestrebten oder bereits vorhandenen touristischen Nutzung der Seen ist die Wasserqualität von erheblicher Bedeutung. Eine ausreichende Wasserqualität war jedoch im Jahr 2012 bei neun Seen nicht gegeben, da sie einen deutlich zu sauren pH-Wert aufwiesen. Dies zeigt sich dann auch deutlich an einer Braunfärbung des Wassers (vgl. LMBV 2016d). Ein weiteres Problem im Bereich der Seen ist das Setzungsfließen. Damit ist ein spontanes Absenken des Bodens in Ufernähe gemeint (vgl. Kadler/Steinhuber 2009).

FAZIT Das Lausitzer Seenland ist eine interessante Urlaubsregion im Entstehen. In Folge des Rückgangs des Braunkohleabbaus wandelte sich die Region, indem das neue Potenzial, die gefluteten Tagebaue, genutzt wurde. Zwei besondere Merkmale fallen dabei ins Auge. Zum einen die schiffbaren Kanäle als Verbindungen zwischen den Seen, welche es Wassersportlern ermöglichen, eine große zusammenhängende Seefläche in Anspruch zu nehmen. | 33 |


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Zum anderen ist die Verbindung zwischen dem Wasser- und Naturerlebnis und der kulturellen Geschichte der Region ein Alleinstellungsmerkmal, welches entsprechend vermarktet werden kann. Im Rahmen der Exkursion fiel es ins Auge, dass ein großer Teil der Infrastruktur, wie zum Beispiel die Rundwege um die Seen, neuwertig zu sein scheint, was den Charakter der vergleichsweise jungen Urlaubsregion unterstützt. Abzuwarten bleibt die weitere Entwicklung der Region, welche auch davon abhängt, wie gut sie sich in Konkurrenz zu anderen ähnlichen Regionen positioniert und inwieweit ihr überregionaler Bekanntheitsgrad steigt.

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Senftenberger See aus Tourismus- und Wirtschaftsfördersicht – IMKE SCHULZEK –

WIRTSCHAFTSFÖRDERSICHT Der künstlich angelegte Senftenberger See befindet sich mitten im Lausitzer Seenland und direkt an der Stadt Senftenberg. Die Wirtschaftsförderung der Stadt Senftenberg hat in den 90er Jahren den Zweckverband Lausitzer Seenland Brandenburg ins Leben gerufen. Dies ist ein Verband öffentlichen Rechts und arbeitet eng mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Senftenberg und dem Tourismusverband Lausitzer Seenland e.V. zusammen (vgl. Neubert 2016). Die Wirtschaftsförderung, der Zweckverband sowie der Tourismusverband kümmern sich um die Pflege und Instandhaltung des Senftenberger Sees. Vorrangig werden Angebote rund um den Senftenberger See vom Zweckverband gefördert. Durch die Einnahmen der Hotels und Campingplätze, welche zu dem Zweckverband gehören, werden bauliche Maßnahmen, um den See herum, finanziert. Mehreinnahmen ermöglichen die Instandhaltung. Teilweise werden gewisse Maßnahmen auch durch EU-Gelder gefördert (vgl. Neubert 2016). Das Ziel der Wirtschaftsförderung der Stadt Senftenberg, und somit auch das Ziel des Zweckverbands, ist es, die Entwicklung des Gebiets, besonders in touristischer Hinsicht, voranzubringen. Zusätzliche sollen gemeinsam mit den sächsischen Partnern die wirtschaftlichen und touristischen Voraussetzungen für ein neues Reisegebiet (Lausitzer Seenland) geschaffen werden. Um| 36 |

INFOBOX Der Senftenberger See wurde bis 1966 als Tagebau „Niemtsch“ zum Abbau von Rohbraunkohle genutzt. Seit den 70’ern wird der See touristisch genutzt. Die Wirtschaftsförderung der Stadt Senftenberg, der Zweckverband Lausitzer Seenland Brandenburg und der Tourismusverband Lausitzer Seenland e.V. sind für die Pflege und Instandhaltung des Sees verantwortlich. Durch die vielen endogenen Potentiale ist es ihnen gelungen den Senftenberger See als touristisches Ziel und staatlich anerkannten Erholungsort zu vermarkten.

weltschutz ist ebenfalls ein wichtiges Thema für den Zweckverband. Es ist ihnen besonders wichtig eine nachhaltige Entwicklung zu schaffen. Die Eigenart und Schönheit der ehemaligen Bergbaufolgelandschaft soll erhalten bleiben und die endogenen Potentiale ausgearbeitet werden. Zusätzlich ist es der Energieregion Spreewald-Lausitz wichtig eine „Null-Emission“ zu erreichen (vgl. Zweckverband Lausitzer Seenland Brandenburg o.J.).

TOURISMUSSICHT Der Tourismus hat insgesamt 8-10% Wirtschaftskraft für die Stadt Senftenberg. Dies ist mehr als in vielen anderen Regionen (vgl. Neubert (2016). Es ist direkt an der Autobahn gelegen und hat die Nähe zu Dresden, so werden auch Touristen angesprochen, welche aus Dresden kommen oder dort bereits Urlaub machen. Dies spiegelt sich auch in den Zahlen wider. 30% der Touristen kommen aus Sachsen, 16% aus Tschechien und <10% aus Berlin,


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weitere Urlauber kommen vorrangig aus Franken, Nordrhein-Westfahlen und Polen (vgl. Neubert (2016). Nicht nur die 7 km Strandlänge am Senftenberger See lockt die Urlauber an, es werden viele touristischen Maßnahmen angeboten und es gibt um den See herum viele Ferienwohnungen, Pensionen, Hotels und Campingplätze. Nach Neubert ist auch die Barrierefreiheit ein großes Thema und wurde vorbildlich umgesetzt. Viele Unterkünfte haben sich angepasst und auch touristische Angebote sind barrierefrei geworden (vgl. Neubert (2016). Allgemein kann gesagt werden, dass die Auslastungsquote in der Hauptsaison um den Senftenberger See bei den Übernachtungen an die 100% reicht. Im Jahr 2015 waren es beispielsweise 293.900 Übernachtungen in Betrieben ab 9 Betten und ca. 14.700 Übernachtungen bei Privatmietern. Dies ist allerdings nicht nur positiv zu bewerten, da weitere Hotels erwünscht sind, um der Nachfrage gerecht zu werden. Denn nur dann kann die Kommune eine funktionierende Infrastruktur leisten, um die Zuwege sowie auch Erschließungsmaßnahmen zu erbringen.

AUSSICHT Seit September 2016 ist Senftenberg staatlich anerkannter Erholungsort. Da es früher als Braunkohlehauptstadt galt, stellt diese Entwicklung, was den Tourismus und das Image der Region angeht, einen bemerkenswerten Wandel dar. Auch der geplante „Aktivpark Senftenberger See“, in welchem einfache Stationen um den See herum angeboten werden, locken weitere Besucher an. Durch die Sport- und Spielstationen werden die Besucher animiert aktiv zu werden (vgl. Neubert (2016). Durch geplante vernetzte Gewässersyste-

me im Lausitzer Seenland sollen außerdem weitere Perspektiven eröffnet werden. So können auch Gäste der anderen Seen leicht zum Senftenberger See geführt werden. Beispielsweise während einer Bootstour. Des Weiteren werden in Zukunft immer mehr Arbeitsplätze geschaffen. Seit dem letzten Jahr sind 1300 neue Arbeitsplätze dazu gekommen und durch den wachsenden Tourismus werden es immer mehr (vgl. Neubert (2016). Durch die Ergebnisse einer Masterarbeit konnte erkannt werden, dass das beste Mittel, um eine touristische Abgabe zu regeln, die Kurtaxe ist. In den nächsten Monaten werden weitere Absprachen mit den betroffenen Unternehmen gemacht und Entscheidungen hierüber gefällt. Eventuell wird dann 2018 die Kurtaxe eingeführt (vgl. Neubert (2016).

Kommentar: Die Wirtschaftsförderung hat uns hier gezeigt, wie aus einem ehemaligen Braunkohletagebau ein attraktiver touristischer Ort geschaffen werden kann. Es sieht außerdem nicht aus wie ein künstlich geschaffener See, sondern sehr natürlich. Die touristischen Angebote rund um den Senftenberger See wirken sehr besucherfreundlich und laden dazu ein, diese zu nutzen.

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Touristische Projekte in Senftenberg & Umgebung – CHRISTINA MÖHLMANN – Im Jahre 2013 hat Frank Neubert zum ersten Mal ein Konzept vorgestellt, was den Weg der Stadt Senftenberg zum Erholungsort beschreibt. Das Gebiet, von dem gesprochen wird, beschränkt sich auf fünf der zehn Seen des Lausitzer Seenlandes. Ungefähr drei Jahre später, genau 10 Tage vor unserer Ankunft, wurde Senftenberg von dem Wirtschaftsminister zum staatlich anerkannten Erholungsort ausgezeichnet. Der Slogan „investieren, studieren & flanieren“ wird nun ergänzt durch das Attribut „Urlaub machen“. Der Wirtschaftsförderer der Stadt Frank Neubert vertritt in seinem Vortrag den Standpunkt, dass Senftenberg die Auszeichnung deshalb erhalten habe, weil die Unternehmen und die Stadt so eng zusammengearbeitet haben. Gerade die Unternehmen aus dem Tourismusbereich unterstützten die Wirtschaftsförderung permanent und haben so die wirtschaftliche Entwicklung vorangebracht. Heute ist Senftenberg in der Hauptsaison zu fast 100% ausgelastet (vgl. Senftenberg 2016). Das liegt unter anderem an den zahlreichen touristischen Projekten:

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INFOBOX Senftenberg ist seit September 2016 ein ausgezeichneter Erholungsort. Die Hauptquellmärkte für den Tourismus in Senftenberg befinden sich in Sachsen und Tschechien. Großes Interesse besteht an Angeboten für den Aktivurlaub. Die Auslastung in der Hauptsaison liegt bei fast 100%, weshalb vorwiegend für die Vor- und Nebensaison weitere Marketingmaßnahmen durchgeführt werden sollten.

LAUSITZ RESORT - SCHWIMMENDE HÄUSER FOTO | N.SER.


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SCHLOSSSANIERUNG IM ZENTRUM SENFTENBERGS Quelle: http://www.blickpunkt-brandenburg.de/ uploads/tx_bsch/Schloss_und_Festung_Senftenberg.jpg

ZERTIFIZIERUNG ALS „QUALITÄTSSTADT“ (2011) Quelle: https://www.senftenberg.de/media/ custom/1704_2224_1_g.JPG?1315216830

SANIERUNG DES MARKTPLATZES (2003) Quelle: https://www.senftenberg.de/media/ custom/2055_270_1_g.JPG?1326729454

GARTENSTADT MARGA Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ commons/f/f5/Gartenstadt_Marga_IX.jpg

AUSSICHTSPUNKT - ROSTIGER NAGEL (2010) Quelle: http://www.leuchtturm-lausitz.de/images/ region-und-umgebung/rostiger-nagel/Aussichtspunkt-Rostiger-Nagel_Foto-Volker-Mielchen.jpg

MITGLIED IN DER AG „Barrierefreie Reiseziele in Deutschland“ Quelle: http://www.barrierefreie-reiseziele.de/ uploads/tx_sbdownloader/Handbiker_Senftenberger_See.jpg

ANGEBOTSBEISPIELE Die schwimmenden Häuser war das erste Projekt, das wir im Rahmen unserer Exkursion in Senftenberg besichtigt haben. Im Geierswalder See wurden diese Luxushäuser errichtet und schon der Entwurf hat zwei Designpreise erhalten (vgl. Neubert 2016). Die Häuser können das ganze Jahr über gemietet werden. Um äußere Umwelteinflüsse, wie Seewind und Gischt abzuhalten, musste mit komplizierten Technologien, wie Segmenten mit geringer Masse, funktional gewölbt und aus Metall, gearbeitet werden. Jedes der Häuser besitzt einen eigenen Abwasserfilter. In der Hauptsaison kostet eine Übernachtung für zwei Personen in einem der Häuser um die 300 Euro (vgl. Lausitz Resort 2016).

Unser nächstes Ziel stellte der Stadthafen Senftenberg dar, der seit Ende April 2013 ein neues Ausflugsziel für Touristen ist. Die Seebrücke des Hafens dient als Aussichtsbalkon und am Kopf dieser Brücke befindet sich der Anleger für den Solarkatamaran (vgl. Senftenberg 2016). Auf der Fahrt mit dem Solarkatamaran wurden wir von der IHK eingeladen und begleitet. Diese Einladung ermöglichte uns nicht nur einen der Seen aus einer anderen Perspektive zu sehen, sondern auch mehr über die IHK herauszufinden und Kontakte zu knüpfen. Von dem Katamaran aus haben wir einige der im Vortrag erwähnten Angebotegesehen, wie beispielsweise das Amphitheater. | 39 |


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AUSBLICK Auch in Zukunft sollen weitere Angebote, vor allem im Bereich Aktivurlaub und Hotellerie geschaffen werden. Herr Neubert betont, dass die Sommermonate bereits ausgelastet sind. In dieser Zeit muss nicht weiter für Urlauber geworben werden. Auch im Winter (Januar, Februar) ist es nicht sinnvoll Werbung für Senftenberg zu betreiben, da in diesen Monaten nur ein geringes Wachstumspotenzial aufgrund von kaum vorhandenen Besuchsanlässen vorhanden ist. Die Priorität sollte daher zukünftig vorwiegend auf der Vorsaison und der Nachsaison liegen. Vor allem für die Gruppe 50+ müssen in diesem Zeitraum kompakte Angebote geschaffen werden. Ein Vorschlag wäre es, weitere Aktivangebote und kulturelle Angebote in einem Paket so zu verknüpfen, sodass die Urlauber je nach Wetterlage wählen können. In nächster Zeit erwartet Frank Neubert eine Steigerung der Bettenzahl (vgl. Neubert 2016). Frank Neubert betont: „Vor fünf Jahren kam der Urlauber in ein Hotel und wollte gerne Radfahren. An der Rezeption wurde auf den nächsten Radverleih verwiesen. Vor zwei Jahren kam ein Urlauber in das gleiche Hotel und konnte sich im Hotel ein Rad ausleihen. Im wieder darauffolgenden Jahr wurde ihm sogar ein Führer angeboten, der ihn auf den 400 Kilometer Radwegen begleitet. So soll der Qualitätssprung sein“ (Neubert 2016). Kommentar Insgesamt waren wir positiv überrascht, wie vielfältig die Angebotspalette in Senftenberg und Umgebung ist. Herr Neubert beschreibt den Fachkräftemangel, als zukünftiges Problem der Region. Eine Idee, diesem entgegenzuwirken, ist der Fachkräfteaustausch mit dem Wolfgangsee in Österreich. Im Sommer kommen die Fachkräfte aus Österreich nach Senftenberg. Im Winter unterstützen die Arbeitskräfte aus Senftenberg am Wolfgangsee. Meiner Meinung nach kann dies sinnvoll sein, müsste aber noch weiter ausgebaut werden. | 40 |


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TAG 2 | DRESDEN (SACHSEN)

SONJA HAKE

Der Wirtschaftsstandort Sachsen im Fokus

TOBIAS ECKHARDT

Deutsches Handwerk & Handwerkskammerorganisation

SASKIA HURLE

Handwerkskammer Dresden: Ausrichtung & Projekte

NICOLE SERVATIUS

Digitales Handwerk: Kunst- und Bildgießerei Gebrüder Ihle GmbH

STEFFEN FRIESE

Regionales Engagement von KMU: Die Bäckerei Richter


WIRTSCHAFTSSTANDORT SACHSEN IM FOKUS: HANDWERK

„Sachsen – ein Standort in Bestform?“


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DRESDEN – LANDESHAUPTSTADT DES FREISTAATES SACHSEN; BLICK VOM ELBUFER AUF DIE SEMPEROPER FOTO | U.H.


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| Sachsen und regionales Handwerk

Der Wirtschaftsstandort Sachsen im Fokus – SONJA HAKE –

ZAHLEN, DATEN, FAKTEN – SACHSEN • • • • • • • • •

Fläche von 18.449 km2 4,08 Millionen Einwohner Zehn Landkreise Drei kreisfreie Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz Rückgang der Bevölkerungszahlen im ländlichen Raum Positives Wanderungssaldo in den kreisfreien Städten Ausländeranteil von 4,0% deutlich unter deutschem Durschnitt (11,1%) Koalition von CDU und SPD Größte Forscherdichte in Dresden

Erste Assoziationen zum Freistaat Sachsen sind oftmals der Dialekt, die Landeshauptstadt Dresden und deren Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg. „Sachsen – Ein Standort in Bestform“ so bezeichnet sich das Bundesland selbst. Ob Sachsen wirklich ein wichtiger Wirtschaftsstandort für Deutschland ist, sollen die folgenden Ausführungen zeigen.

INFOBOX Der Standort Sachsen genießt eine der zentralsten Lagen in Europa, wovon auch die Wirtschaft profitiert. In den Regionen um Dresden, Leipzig und Chemnitz haben sich beispielsweise Cluster der Automobil­ industrie oder der Mikroelektronik gebildet. Für qualifizierte Nachwuchskräfte ist in Sachsen ebenfalls gesorgt. Mit 30,1 Prozent machen überdurchschnittlich viele Studierende ihren Abschluss in Ingenieurs­wissenschaften.

weiter stärken. Zudem herrscht in Sachsen die höchste Schienennetzdichte in ganz Deutschland und auch europaweit nimmt Sachsen einen der vorderen Plätze ein (vgl. Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH 2016a). Zusätzlich zum Thema Verkehrsinfrastruktur ist es wichtig einen Blick auf die digitale Infrastruktur zu werfen, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Es wird deutlich, dass die Breitbandabdeckung mit mehr als 30 Mbit/s insbesondere in den Großstädten Dresden und Leipzig gegeben ist. In allen ländlicheren Landkreisen ist die Abdeckung hingegen deutlich schlechter (vgl. Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH 2016b). Insgesamt verfügen nur knapp die Hälfte über eine Internetgeschwindigkeit von mehr als 50 Mbit/s (vgl. ebd.). Deutschlandweit liegt die Quote bei 70,9 Prozent (vgl. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur 2016).

ARBEITSMARKT INFRASTRUKTUR Durch die zentrale Lage konnte sich Sachsen zu einem der wichtigsten Logistikstandorte Europas entwickeln. 2008 verlagerte DHL sein europäisches Luftfrachtdrehkreuz von Brüssel nach Leipzig und konnte so die Rolle Sachsens als Logistikstandort | 48 |

Mit ungefähr 2,02 Millionen Personen, zu denen auch Selbständige und Einpendler zählen, ist knapp die Hälfte der Bevölkerung Sachsens erwerbstätig. Die Beschäftigungsquote der Frauen liegt dabei bei 60 Prozent und stellt die höchste aller Bundesländer dar. Eine Voreiterrolle nimmt


Sachsen und regionales Handwerk |

Sachsen zudem hinsichtlich der mit Frauen besetzten Führungspositionen ein. 35 Prozent aller obersten Führungspositionen werden von einer Frau wahrgenommen (vgl. Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH 2016c, vgl. Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH 2016d). Ein Blick auf den täglichen Arbeitsumfang zeigt jedoch, dass fast die Hälfte der Frauen einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht. Im Gegensatz dazu arbeiten Männer fast ausschließlich in Vollzeit (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2016a). Mit 96 Prozent verfügen überdurchschnittlich viele Erwerbstätige über eine abgeschlossene Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss. Innerhalb Deutschlands nimmt Sachsen hier die Spitzenposition ein. Auch in der Ausbildung des Fachkräftenachwuchses ist Sachsen gut aufgestellt. An den sächsischen Hochschulen und Universitäten werden die meisten Ingenieure in ganz Deutschland ausgebildet. 30,1 Prozent der Studierenden machen ihren Abschluss in Ingenieurswissenschaften (Deutschland: 20,0 Prozent) (vgl. Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH 2016e).

AUTOLAND SACHSEN Mit 28 Prozent macht die Automobilindustrie über ein Viertel des Industrieumsatzes Sachsens aus und ist damit die wichtigste Branche im Bundesland. Wird heutzutage ein Auto in Deutschland gebaut, läuft ungefähr jedes zehnte Auto davon in Sachsen vom Band. In Sachsen befindet sich jedoch nicht nur einer der wichtigsten deutschen Produktionsstandorte für Autos, sondern auch Forschungseinrichtungen, die an den zukünftigen technischen Neuerungen forschen (vgl. Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH 2016g).

SILICON SAXONY Neben der Automobilindustrie spielt zudem die Maschinenbauindustrie sowie die Branche Elektrotechnik und Mikroelektronik eine entscheidende Rolle (vgl. Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH 2016h). Als Silicon Saxony wird Europas größter Mikroelektronik-Cluster bezeichnet, zudem ist er der fünftgrößte weltweit in der Branche. Jeder zweite Chip, der in Europa produziert wird, hat seinen Ursprung in der Landeshauptstadt (vgl. Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH 2015).

WIRTSCHAFT Industrie und Wirtschaft spielen in weiten Teilen des Landes eine wichtige Rolle und prägen insbesondere die Regionen Dresden, Leipzig und Chemnitz, in denen sich Unternehmen angesiedelt und verschiedene Cluster gebildet haben (vgl. Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH 2016f). Im Jahr 2015 lag das sächsische BIP bei 113 Milliarden Euro. Sachsen liegt damit an der Spitze der ostdeutschen Bundesländer, bezogen auf Gesamtdeutschland hingegen im Mittelfeld.

Abb. 2: Wirtschaft Sachen - Anteil der wichtigsten Branchen am Industrieumsatz (2015) Quelle: https://standort-sachsen.de/de/branchen

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Dadurch, dass Dresden bereits in der DDR das Zentrum der Mikroelektronik war, waren bereits zahlreiche Fachkräfte in der Stadt und durch die überdurchschnittlich hohen Ausbildungsquoten von Ingenieuren, stehen auch heute am Standort ausreichende Nachwuchskräfte zur Verfügung (vgl. Infineon Technologies AG 2016).

FAZIT – STADT VS. LAND Sachsen bietet als Wirtschaftsstandort im Hinblick auf die bereits vorhandenen Cluster im Bereich des Automobilbaus, der Mikroelektronik und des Maschinenbaus rund um die kreisfreien Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz, viel Potenzial. Die infrastrukturellen Bedingungen sind hier in allen Bereichen zufriedenstellend. Zudem stehen durch den hohen Bildungsstandard und der Tatsache, dass in Sachsen die meisten Ingenieure in ganz Deutschland ausgebildet werden, ausreichend qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung. Ein Blick auf ländlichere Regionen zeigt hingegen ein anderes Bild. Die Bevölkerungszahlen sind rückläufig, wodurch langfristig deutlich weniger qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung stehen werden. Auch aus infrastruktureller Sicht sind sie deutlich schlechter ausgestattet. Abschließend ist festzuhalten, dass Sachsen im gesamtdeutschen Vergleich eine wichtige Position als Wirtschaftsstandort einnimmt. Dennoch herrschen große Disparitäten zwischen den Regionen um Dresden, Leipzig und Chemnitz, in denen sich die verschiedenen Cluster angesiedelt haben, und den restlichen Regionen Sachsens, weshalb man nur teilweise von einem Standort in Bestform sprechen kann.

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Deutsches Handwerk & Handwerkskammerorganisation – TOBIAS ECKARDT – DIE BETRIEBE DES HANDWERKS Die Grundlage der Handwerksorganisation in Deutschland bilden die handwerklichen Betriebe. Nach dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks (HWO) wird hierbei zwischen zulassungspflichtigem (z.B. Zimmerer, Kraftfahrzeugtechniker, Fleischer) und zulassungsfreiem Handwerk (z.B. Musikinstrumentenbauer, Fotograf, Schuhmacher)

INFOBOX Der Wirtschaftsbereich Handwerk nimmt mit 5,38 Mio. Beschäftigten eine bedeutende Rolle in der Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschlands ein. Da der größte Teil der handwerklichen Tätigkeiten im Bereich der kleinen und mittelständigen Unternehmen angesiedelt ist, sind diese von hohem Stellenwert für die (kommunale) Wirtschaftsförderung. http://handwerk.de/trends

Abb. 3: Übersicht über die deutschen Handwerksorganisation (eigene Darstellung)

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unterschieden. Betrachtet man die prozentuale Verteilung der Betriebsstände auf die einzelnen Anlagen so zeigt sich, dass über die Hälfte der Betriebe dem zulassungspflichtigem und nur knapp ein Viertel dem zulassungsfreiem Gewerbe zuzuordnen sind. Grundlegend gilt, dass das zulassungspflichtige Handwerk nur mit einem Meisterbrief (oder einer vergleichbaren Qualifikation) zulässig ist. Für die Ausübung des zulassungsfreien Handwerks ist kein Qualifikationsnachweis notwendig. Ein Meisterbrief kann dennoch erworben werden (vgl. Koch 2016, Folie 11-12). Die verschiedenen Handwerke können in Deutschland in Form von insgesamt 130 Berufen erlernt werden. Diese sind in sieben Fachbereiche aufgeteilt: Diese sind in sieben Fachbereiche aufgeteilt: • • • • • • •

Bau / Ausbau (33%) Elektro / Metall (30%) Gesundh./ Körperpflege/ Reinigung (15%) Holzhandwerke (10%) Bekleidung/ Textil/ Leder (4%) Nahrungsmittel (4%) Glas/ Papier/ Keramik/ Sonst. (3%)

(Berufsbeispiele folgen in den Beiträgen von Friese und Servatius).

DIE HANDWERKSINNUNGEN Bei den Handwerkerinnungen handelt es sich ähnlich wie bei den historischen Zünften um einen Zusammenschluss von Handwerksunternehmen aus einem Bereich. Die Zugehörigkeit zu einer solchen Innung ist freiwillig. Die fast 5.000 Innungen in Deutschland sind in 275 Kreishandwerkerschaften zusammengeschlossen. Ziel dieses Zusammenschlusses ist unter anderem eine gemeinsame Interessenvertretung, aber auch die Ermöglichung von Weiterbildungsangeboten (vgl. Frölich 2016).

DIE HANDWERKSKAMMERN Die insgesamt 53 Handwerkskammern in Deutschland bilden gemeinsam den Dachverband „Deutscher Handwerkskammertag“. Seine Aufgabe ist die fachübergreifende Interessenvertretung des deutschen Handwerks (vgl. Koenen 2016a). Der Dachverband ist wiederum Mitglied im Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Die Mitgliedschaft bei der zuständigen Handwerkskammer ist für jedes Unternehmen des Handwerks verpflichtend. Für die Mitglieder fallen Beiträge an, um die von der HWK entstehenden Kosten ausgleichen zu können (vgl. §113 Abs.1 HWO). Eine wichtige Aufgabe ist der Interessensausgleich zwischen den einzelnen Handwerken, aber auch die Vertretung der jeweiligen Einzelinteressen. Außerdem verfolgen die Handwerkskammern das Ziel der Handwerksförderung, welchem sie unter anderem durch Beratungsangebote nachgehen. Eine vom Staat übertragene Hoheitsaufgabe stellt das Führen der sogenannten Handwerksrolle, ein Verzeichnis aller zulassungspflichtigen Handwerksbetriebe mit ihren Inhabern, dar. Außerdem obliegt ihnen die Regelung der Berufsausbildung. Die hoheitlichen Aufgaben regeln die Handwerkskammern in Selbstverwaltung. Das heißt, dass die vom Gesetz übertragenen Aufgaben in Eigenverantwortung ausgeführt werden. Dadurch soll unter anderem das ehrenamtliche Engagement gefördert werden, welches in der Organisation der Kammer eine zentrale Rolle spielt (vgl. Koch 2016, Folie 17-18).

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DER ZENTRALVERBAND DES DEUTSCHEN HANDWERKS Die Spitzenorganisation des Handwerks in Deutschland bildet der Zentralverband des deutschen Handwerks. Als Mitglied in der Europäischen Union des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe (UEAPME) kommt ihm nicht nur die Rolle der Interessenvertretung auf Bundesebene, sondern auch auf der Ebene der Europäischen Union zu (vgl. Koenen 2016a).

HANDWERK HEUTE Unternehmen des Handwerks haben heute durchschnittlich immer weniger Beschäftigte. Etwa 95% der Betriebe haben weniger als neun Angestellte, von denen weniger als 20% sozialversicherungspflichtig sind. Dies lässt darauf rückschließen, dass es sich größtenteils um selbstständige Handwerker handelt. Den mit Abstand größten Anteil am Umsatz haben allerdings Betriebe mit 250 und mehr Beschäftigten. Der Umsatz des Handwerks ist seit 2003 um 57 Mrd. € gestiegen. 2015 lag dieser ohne Umsatzsteuer bei etwa 544 Mrd. €. Dabei handelt es sich um 8,1 % der gesamten Bruttowertschöpfung in der Bundesrepublik (vgl. Koenen 2016b). Dies zeigt, dass das Handwerk auch in postindustrieller Zeit noch eine wichtige Rolle im Gesamtkontext der deutschen Wirtschaft einnimmt.

(vgl. Wollseifer 2016). Zudem bietet die Internetplattform „handwerk.de“ Interessierten vielfältige Möglichkeiten, sich mit dem Handwerk und den Möglichkeiten einer Ausbildung auseinander zu setzen. Weiterhin soll die App „Leerstellen Radar 2.0“ das einfache und zeitgemäße Finden einer Leerstelle ermöglichen.

FÖRDERMÖGLICHKEITEN Kleine und mittelständische Unternehmen des Handwerks, aber auch Existenzgründer und natürliche Personen, kurz vor der Übernahme eines Unternehmens, haben die Möglichkeit sich von der zuständigen Handwerkskammer oder einem Fach

ERWERB VON NACHWUCHS Um dem Rückgang der Beschäftigten im Handwerk zukünftig entgegen zu wirken, wurde von dem deutschen Handwerkskammertag die Initiative „Das Handwerk – Die Wirtschaftsmacht von nebenan.“ gegründet. Ein Hauptinstrument dieser Initiative ist eine Werbekampagne, welche durch verschiedene Medien, wie Werbeplakate und Videos, das Image des Handwerks verbessern und ein Bewusstsein für die vielfältigen Möglichkeiten einer handwerklichen Ausbildung schaffen will | 54 |

Das Handwerk - Guerillamarketing Quelle: http://handwerk.de/assets/files/local/002_handwerk_STH1381_20x30.jpg


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verband des Handwerks beraten zu lassen. Dies wird durch die „Förderung der Beratung von Handwerksunternehmen durch Kammern und Fachverbände“ (Kahlen 2016) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ermöglicht. Finanzielle Unterstützung in Form von Krediten gibt es auf verschiedenen Ebenen. So gibt es unter anderem die Möglichkeit, Leistungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Anspruch zu nehmen. Diese bietet spezielle Kredite für die Bereiche Gründung und Nachfolge, Erweitern und Festigen, Energie und Umwelt, Innovation und Auslandsvorhaben (vgl. Hanow 2016).

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„Über uns gibt es nur unsere Mitglieder.“ Dr. Andreas Brzezinski Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden

„Vorauszudenken, neue Entwicklungen aufzugreifen und in neue Beratungs­angebote für die Betriebe umzu­setzen ​ Zukunftsfähigkeit ist unser Ziel.“ –

FOTOS | N.SER.

Hannes Koch Referent für Wirtschaftsförderung der Handwerkskammer Dresden


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Handwerkskammer Dresden: Strategische Ausrichtung & Projekte der Wirtschaftsförderung – SASKIA HURLE –

INFOBOX Die Handwerkskammer Dresden ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und verwaltet den Kammerbezirk Dresden rund um die Kreise Meißen, Bautzen, Görlitz, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und die kreisfreie Stadt Dresden und umfasst knapp 22.500 Mitgliedsbetriebe. Ihre Aufgaben liegen vor allem in der Interessenvertretung der Handwerksbetriebe, der Wirtschaftsförderung, der Führung der Handwerksrolle und der Aus- und Weiterbildung im Handwerk.

Jeden Tag verlassen sich Privatpersonen, Industrie, öffentliche Einrichtungen und der Handel auf die Qualität und das Know-How des Handwerks, meist ohne das bewusst zu erkennen. Ein entscheidender Grund, warum die Bedeutung des Handwerks in weiten Teilen unserer Gesellschaft unterschätzt wird. (vgl. Kentzler 2011: 2 f.) Vor allem im Osten Deutschlands existiert nicht nur die Herausforderung, das Image des Handwerks aufzuwerten, die Handwerkskammern müssen sich aufgrund des demographischen Wandels auch intensiv mit der Fachkräftesicherung beschäftigen. Welche Chancen eine Grenzlage und die Zusammenarbeit im internationalen Kontext dabei eröffnen, galt es innerhalb der Exkursion herauszufinden. Im Rahmen des Tagesthemas „Wirtschaftsförderung“ wurde deshalb mit einem Gespräch zwischen den Studierenden und Herrn Dr. Andreas Brzezinski, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden sowie Andreas Koch, Referent der Wirtschaftsförderung begonnen. Hierbei waren vor allem das Selbstverständnis der Handwerkskammer, die Herausforderungen und internationale Projekte Inhalt des Dialogs.

nahmen zur Bindung und Akquisition von jungen Fachkräften. Dieser kommt die Handwerkskammer mit der aktuellen Imagekampagne und Bildungszentren an verschiedenen Standorten nach. Zum einen gibt es das Bildungszentrum am Hauptstandort Dresden mit den Ausbildungsschwerpunkten Bautechnik, Textil und Raumausstattung, Unternehmensführung und Zahntechnik, zum anderen die beiden Berufsbildungs- und Technologiezentren an den beiden Standorten Großenhain und Pirna. Die in Großenhain befindliche Einrichtung mit der integrierten schweißtechnischen Lehranstalt zählt in diesem Bereich zu den größten bundesweit und soll in Kürze am Standort Dresden unter dem Namen „Campus Bildungszentrum Handwerk“ neu aufgebaut werden (vgl. Handwerkskammer Dresden 2015: 16; Vortrag Dr. Brzezinski 2016, Folie 4f.).

AUFGABE: AUS- UND WEITERBILDUNG

AUFGABE: WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG

Eine wesentliche Aufgabe der Handwerkskammer Dresden stellt die Aus- und Weiterbildung der Lehrlinge, Gesellen und Meister im Handwerk dar, besonders in Hinblick auf die demographische Entwicklung der Region und damit verbundene Maß-

Die Aufgaben der Wirtschaftsförderung werden in der Handwerkskammer Dresden in drei Bereiche gegliedert: Betriebsberatung, Messen und internationale Beziehungen. Ziel dieses vielseitigen Dienstleistungsangebotes ist es, „die Zukunftsfä| 57 |


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higkeit der Betriebe zu sichern und auszubauen, vorauszudenken, neue Entwicklungen aufzugreifen und [diese] in neue Beratungsangebote umzusetzen“ (Vortrag Hannes Koch 2016 (b), Folie 3). Um die Abwanderung von Absolventen in andere Bundesländer zu minimieren, aber auch junge Fachkräfte in der Region und dem Land Sachsen zu halten und Handwerksbetriebe untereinander zu vernetzen, bietet die Handwerkskammer Dresden verschiedene Börsen an und präsentiert sich und die ansässigen Betriebe auf zahlreichen Messen, sowohl lokal, regional, national als auch international. Auf der Homepage finden sich bspw. die Praktikumsbörse, Lehrstellenbörse, Fachkräftebörse, Kooperationsbörse oder die Betriebsbörse zur Betriebsübernahme/-übergabe „nexxt-change“. Vor allem die Börsen zu den Themen Fachkräfte und Betriebsübernahme/-übergabe werden stark genutzt und aufgrund der Altersstruktur der Betriebe und dem voranschreitenden demographischen Wandel auch in Zukunft eine rege Nutzung erfahren. Eine weitere Ausstellungsplattform bieten Messen, wie „KarriereStart“ in Dresden, regionale Messen in Sachsen oder Messen in den angrenzenden Ländern Tschechien und Polen (vgl. Handwerkskammer Dresden 2015; Vortrag Hannes Koch 2016, Folie 8ff.). Gerade auch im Hinblick auf die Nachbarländer Tschechien und Polen spielen Internationale Beziehungen eine wichtige Rolle in der Handwerkskammer Dresden. Hierbei werden in erster Linie folgende Aufgaben von der Wirtschaftsförderung wahrgenommen: Kontaktaufbau und Kontaktpflege, Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit, Projektinitiierung und vollständige Durchführung internationaler Projekte und die Koordinierung der Auslandsaktivitäten aller Fachbereiche und Hauptabteilungen. Ein gegenwärtiger Arbeitsschwerpunkt liegt in der | 58 |

Realisierung des Projektes Enterprise Europe Network (EEN), einem europäischen Netzwerk „mit dem Ziel Kooperationen, Technologietransfer und strategische Partnerschaften für kleine und mittelständische Unternehmen zu unterstützen“ (EEN 2016). Den Mitgliedsunternehmen wird im Rahmen dieses Projektes ein erweitertes Leistungsangebot bereitgestellt, das die Information der Betriebe zu europäischen Belangen, ihre Beratung zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts und europäischen Verordnungen und die Unterstützung der Betriebe bei der Aufstellung auf dem europäischen Markt beinhaltet (vgl. Vortrag Hannes Koch (b), Folie 13).


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FAZIT UND AUSBLICK Die hochwertigen Produkte des deutschen Handwerks sind mehr denn je auch international gefragt. Die Arbeit der Handwerkskammern auf internationaler Ebene gewinnt somit ebenfalls an Bedeutung. Doch auch die Aufstellung des Handwerks im nationalen und regionalen Kontext ist wichtiger Bestandteil des Aufgabenbereiches. Die Handwerkskammer Dresden geht in allen Segmenten mit gutem Beispiel voran. Vor allem in Hinblick auf die problematischere demographische Entwicklung in Ostdeutschland ist der Kammerbezirk Dresden gut aufgestellt. Dazu beigetragen hat zum einen die bundesweite Imagekampagne, zum anderen aber auch regionale Projekte, die spezi-

ell junge potentielle Fachkräfte ansprechen. Auch grenzübergreifende Arbeit mit Tschechien und Polen, sowie Kooperationen mit anderen europäischen Ländern tragen zum Aufschwung der Handwerksbranche in Sachsen bei. Bei unserem Besuch stellte Koch abschließend fest:

„Das Handwerk [begegnet den künftigen Veränderungen] traditionsbewusst, anpassungsfähig und ist bereit, die Chancen des technologischen Fortschritts mit innovativen Ideen zu nutzen“ (Vortrag Hannes Koch 2016 (a) ; vgl. Best-PracticeBeispiel: Bericht Kunstgießerei Ihle).

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Gelände der Handwerkskammer in Dresden mit angrenzendem Ausbildungscampus (linke Seite) FOTO | N.A.


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STECKBRIEF Kunstgießerei Bildguss Gebrüder Ihle www.bildguss.de An der Schleife 11a | 01099 Dresden • • • •

Gründung 1991 in Dresden Geschäftsführer Thomas Ihle 5 – 6 Mitarbeiter und Auszubildende Ausbildungsbetrieb für Ziseleur & Kunstformer

Know-how: Kunstguss & Bildhauerei Material: Bronze, Neusilber, Messing, Aluminium oder Kunststoffe Technologieeinsatz: CNC-Fräse, 3D-Scan und 3D-Drucker (bis zu 1m Höhe) Dienstleistungen: Erstellung von Kunstgüssen aus Metall und Kunststoff, Nachbereitung Ziselieren und Patinieren, Transport & Montage, Restaurationsarbeiten Auftraggeber: Städte, Gemeinden, Künstler und Galerien Sonstiges: Photovoltaikanlage deckt ca. 45% des gesamten Stromverbrauchs, Bienenstöcke auf dem Dach dienen zusätzlich als Wachslieferant für das Ausschmelzverfahren

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Digitales Handwerk: Kunst- und Bildgießerei Gebrüder Ihle GmbH – NICOLE SERVATIUS –

Das Handwerk ist ein bedeutsamer Wirtschaftssektor in Deutschland und überwiegend mittelständisch geprägt. Wie die Industrie befindet sich auch das Handwerk in einem Veränderungsprozess durch die Digitalisierung (vgl. ZDH 2016: 1). Im Folgenden geht es genau um diese technologischen Veränderungsprozesse. Es geht auf der einen Seite darum wie sogenannte „Megatrends“ Innovationspotenziale freisetzen können und auf der anderen Seite welche unterschiedlichen Auswirkungen die Digitalisierung auf das Handwerk haben kann und welche Unterstützung von außen notwendig ist, um diesen Veränderungsprozess zu gestalten bzw. zu steuern. Kammern und Verbände übernehmen hier die Aufgaben des Wissenstransfers bis hin zur Fördermittelberatung (vgl. Bericht Eckardt). Als „Best-Practice“, wie Digitalisierung in einem traditionellen Handwerk Anwendung findet, besuchten wir die Kunst- und Bildgießerei der Gebrüder Ihle in Dresden.

TRADITIONELLER BRONZEGUSS TRIFFT AUF DIGITALEN 3D-DRUCK Der Bronzeguss ist eines der ältesten Handwerke und hat sich seit der Bronzezeit stetig weiterentwickelt. Das Prinzip des Bronzegusses ist seit Jahrzehnten gleichgeblieben und reicht bis in die Bronzezeit zurück. Die Materialien und der Technologieeinsatz haben sich stetig verändert. Die Herstellung eines Kunstgusses ist ein mehrtägiger

Handwerk 4.0 – Digitalisierung trifft auf traditionelles Handwerk Die Kunst- und Bildgießerei Gebrüder Ihle ist ein Best-Practice für digitale Transformation im Handwerk. Durch den Einsatz digitaler Technologien, wie 3D-Druck und 3D-Scan, wird ein jahrhundertealtes Handwerk innovativ weiterentwickelt. Der neue digitale Fertigungsabschnitt vereinfacht den Herstellungsprozess des Endproduktes, eröffnet der Kunstgießerei neue Serviceangebote, erschließt neue Zielgruppen und garantiert eine konstante Auftragslage. #digitaleshandwerk Prozess, der keine Fehler verzeiht (vgl. Wikipedia 2016). Durch die Verwendung von modernen Technologien wie einer CNC-Fräse oder eines 3D-Scanners und Druckers, kann der Herstellungsprozess vereinfacht, beschleunigt und an einigen Stellen auch sinnvoll ergänzt werden.

WAS HEISST DAS FÜR DIE PRAXIS DER GUSSHERSTELLUNG GENAU? Der 3D-Scanner ist ein tragbares handliches Gerät, welches dem Betrieb ermöglicht Objekte direkt beim Kunden vor Ort digital zu erfassen. Der 3D-Scan ersetzt somit das Abformen mit Silikon. Es entfällt die Erstellung eines hohlen Wachsmodells für das Gussverfahren. Beim näheren Betrachten der Arbeitsschritte wird jedoch deutlich, dass der 3D-Drucker nicht unbedingt einen aufwendigen Arbeitsschritt einspart, sondern die Bearbeitung des Modells an den Computer verlagert. Der Arbeitsplatz ist nun nicht mehr die Werkstatt, sondern das Büro, wo das eingescannte Objekt mit einer Software nachbearbeitet wird. Die großen Vorteile | 61 |


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liegen dabei im schnellen Verkleinern, Vergrößern und der flexiblen Oberflächenmodellierung (vgl. Kunstgießerei Gebrüder Ihle 2016). In einem Interview der IKK Classic gibt Herr Ihle an, dass mittlerweile rund ein Drittel der Aufträge digital bearbeitet werden. Die Investitionskosten waren natürlich hoch, haben sich jedoch, so der Geschäftsführer, auf jeden Fall gelohnt. Die 3D-Drucker laufen mittlerweile täglich. Die Anschaffung neuer Technologien hat auch den Arbeitsplatz verändert. Zum Bearbeiten benötigt es nun die richtige Software und das nötige Knowhow für deren professionelle Bedienung. Ebenso hat sich die Kundenbetreuung durch die neuen Technologien verändert. Das Anpassen der Modelle nach Kundenwunsch ist nun am Computer schneller vorgenommen, als durch händisches Modellieren (vgl. IKK Classic 2016). Durch die Verwendung der digitalen Fertigungsmethoden können kostengünstige Modelle und Objekte aus Kunststoff gefertigt werden, die das Leistungsportfolio der Kunstgießerei erweitert (vgl. Kunstgießerei Gebrüder Ihle 2016).

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FAZIT – EINDRÜCKE AUS DER PRAXIS Die Kunstgießerei Gebrüder Ihle bewies bei unserem Besuch, dass noch eine weitere Variable für einen erfolgreichen digitalen Transformationsprozess wichtig ist. Nämlich in diesem Fall der Geschäftsführer Thomas Ihle selbst, der bei der Betriebsbesichtigung darauf hinwies, dass er sich immer noch die neue Technik aneigne und keine Angst hat, mit den Programmen und Maschinen zu experimentieren. Herr Ihle präsentiert sich wie ein „Daniel Düsentrieb“ aus der „Maker-Szene“ und zeigt während seiner Betriebsführung Offenheit, Neugier und Entwicklergeist. Wird der gesamte Fertigungsprozess betrachtet, lässt sich feststellen, dass nicht nur ein einzelner Fertigungsschritt durch Digitalisierung vereinfacht wird, sondern der Prozess an sich eine Wandlung erfährt. Aufträge werden völlig neu bearbeitet, denn mittels der 3D-Modellierung am Computer, kann der Kunstgießer dem Künstler unterschiedliche Preisvarianten anbieten. Dies kann vor allem bei öffentlichen Ausschreibungen entscheidend


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„Entwürfe und Veränderungen sind schnell am Computer vorgenommen & das wirkt sich auch positiv auf die Kunden aus.“ FOTO | N.SER.

für die Beauftragung sein. Thomas Ihle hat nicht nur eine digitale Fertigung in seinen Arbeitsprozess integriert, sondern eine digitale Vordenkerrolle in seiner Branche eingenommen. Er sieht durch die Digitalisierung auch eine erhöhte Attraktivitätssteigerung für Ausbildungsberufe im Handwerk. Die Kunstgießerei Gbr. Ihle lässt sich als ein Best-Practice für digitale Transformation im handwerklichen Fertigungsprozess bezeichnen und zeigt, dass innovative Betriebe in Ausnahmefällen auch den Beratungsdienstleistungen der Kammern in manchen Bereichen einen Schritt voraus sein können. Am Ende unseres Besuchs bleiben noch einige Fragen offen: Wie werden Auszubildende auf eine digitalisierte Arbeitswelt im Handwerk vorbereitet? Welche Rolle spielt in Zukunft das Thema der Datensicherheit? Diesen und weiteren Fragen,

Thomas Ihle Geschäftsfüher sowie daraus resultierenden Handlungsfeldern widmet sich der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Um den Handwerksbetrieben bestmögliche Unterstützung bei der Entwicklung technologischer, wie wirtschaftlicher Potenziale anzubieten, geht es zunächst um die Identifizierung passfähiger Digitalisierungsstrategien mit umsetzungsorientierten Lösungen für die jeweiligen Betriebe. (vgl. ZDH 2016: 5f). Die Notwendigkeit von passfähigen Angeboten weist darauf hin, dass Handwerksbetriebe je nach Branche, Betriebsgröße, Digitalisierungskompetenz, Standort etc. die digitalen Entwicklungspotenziale und deren Umsetzungsherausforderungen nur individuell lösen können und es nicht die eine Erfolgsformel gibt.

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| Sachsen und regionales Handwerk

STECKBRIEF Bäckerei Richter Bahnhofstraße 25 | 02627 Kubschütz Seit 125 Jahren in Kubschütz nahe Bautzen Geschäftsführer Stefan Richter (in fünfter Generation) 6 Mitarbeiter, davon 3 Gesellen Dienstleitung: traditionelle und handwerkliche Herstellung der Backwaren Grundsatz: naturbelassene/ regionale Produkte; wenige Zutaten und so wenige Zusatzstoffe wie möglich Besonderheit: Vertrieb über Online-Shop, dort auch Informationen über Produkte und Art der Herstellung

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Regionales Engagement von KMU: Die Bäckerei Richter – STEFFEN FRIESE –

Durch den demografischen Wandel kommt es im ländlichen Raum zu strukturellen Versorgungsengpässen: Handel und Dienstleistung gehen zurück, wichtige Teile der Infrastruktur veralten oder werden abgebaut. Zu den Regionen mit derartigen Problemen zählt auch die Oberlausitz. Um dem Verfall entgegenzuwirken, braucht es engagierte Akteure, die sich zusammenschließen und für zukunftsfähige Region einsetzen. Als solcher hat sich durch sein vielseitiges Engagement der Bäckermeister Stefan Richter gezeigt. Dafür ist er im Jahr 2015 unter anderem mit dem Oberlausitzer Unternehmerpreis ausgezeichnet worden. Wir besuchten auf unserer Exkursion seine Dorfbäckerei in Kubschütz und machten uns ein Bild von seinem Engagement in der Region und für das traditionelle Handwerk. Die Dorfbäckerei Richter ist nicht nur über eine Homepage im Internet vertreten, sondern auch in mehreren sozialen Netzwerken aktiv. Es finden sich Profile bei Facebook, Twitter, Tumblr und Google+ (vgl. Bäckerei Richter 2016). Der Bäckermeister nutzt die sozialen Netze auf der einen Seite, um über seine Arbeit zu informieren und zu werben, andererseits aber auch, um seine persönliche Meinung zu vertreten und auf Missstände hinzuweisen. Werbung macht Richter nicht nur für sein eigenes Unternehmen, sondern auch für regionale Partner, mit denen er zusammenarbeitet. Das können entweder Landwirte und Mühlenbetriebe sein, bei denen er seine Zutaten ordert, oder Gastronomen und Ladenbetreiber, die seine Produk-

INFOBOX: Stefan Richter leitet in fünfter Generation eine Dorfbäckerei in Kubschütz bei Bautzen. In seinem Betrieb werden die Backwaren handwerklich-traditionell und mit regionalen Zutaten hergestellt. Richter ist als Bewohner und Unternehmer im ländlichen Raum vielfach engagiert. Er beteiligt sich an mehreren Initiativen, die die Wirtschaftsstruktur seiner Heimatregion stärken und deren Zukunft gestalten. #lidllohntnicht

te abnehmen und weiterverkaufen. Es gibt einige Themen, die in Richters Beiträgen des Öfteren wiederkehren: Slow Food, Zukunft braucht Handwerk sowie regionale Produkte bzw. regionale Wertschöpfung (vgl. Facebook 2016).

#LIDLLOHNTNICHT Dass Stefan Richter die sozialen Netzwerke zu nutzen weiß, hat sich in einem Beitrag ganz besonders niedergeschlagen, mit dem es der Bäckermeister aus Kubschütz zu überregionaler Bekanntheit gebracht hat. Unter #lidllohntnicht veröffentlichte er ein fiktives und in sarkastischer Form verfasstes Bewerbungsschreiben an den Discounter LIDL, mit dem er seine persönliche Kritik an dessen neuester Werbekampagne äußerte. In dieser definierte das Unternehmen, woran man gutes Brot erkenne; unter anderem an guten Zutaten, einer gewissenhaften Produktion und einem guten Preis. Dahinter verbirgt sich, dass die Backwaren, die von LIDL vertrieben werden, von Lieferanten aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Österreich stammen, als schockgefrorene Teiglinge in den Filialen „mehrmals täglich frisch gebacken“ und dank einer „optimierten Prozesskette“ zu einem günstigen Preis verkauft werden können (vgl. Schönbach | 65 |


| Sachsen und regionales Handwerk „ Zutaten kaufen ist für mich, wie das Schuhekaufen bei den Frauen.“

Stefan Richter, Bäckermeister und Inhaber

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2015). In den sozialen Netzwerken erhielt Richters Aktion großen Zuspruch, bei Facebook wurde der Beitrag über 8.000 Mal geteilt (vgl. Facebook 2016). In einem der zahlreichen Interviews machte Stefan Richter nochmals deutlich, weshalb er sich zu der neuen LIDL-Kampagne äußerte: „Bleiben die Lidl-Thesen unwidersprochen, büßen wir Lebensqualität, regionale Wertschöpfung und Vielfalt ein. Denn Rationalisierung und Konzentration haben einen Preis, der nicht auf dem Etikett steht“ (vgl. Kreienbrink 2015).

REGIONALES ENGAGEMENT Das Engagement für seine Region erschöpft sich allerdings nicht in seinen Aktivitäten in den sozialen Netzwerken, sondern geht weit darüber hinaus. Der Bäckermeister aus Kubschütz ist unter anderem Teil der Initiative „Die Lausitz schmeckt“. In dieser Werbegemeinschaft haben sich seit 2007 über 40 kleine und mittlere Unternehmen aus der Land- und Ernährungswirtschaft, die in der Region Lausitz ansässig sind, zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Die beteiligten Betriebe versprechen ihren Kunden Regionalität, Qualität und Professionalität (vgl. Lausitz schmeckt 2016). Richter engagiert sich außerdem beim Bündnis Zukunft Oberlausitz, welche sich seit seiner Gründung im Jahr 2011 zum Ziel gesetzt hat, Zukunftskonzepte für die durch die demografische Krise gebeutelte Region zu entwickeln. An dem Netzwerk sind mittlerweile über 700 Personen aus Wirt| 66 |

schaft, Politik, Wissenschaft und anderen Bereichen beteiligt (vgl. Bündnis Zukunft Oberlausitz).

EINDRÜCKE Bei unserem Besuch in der Dorfbäckerei diskutierten wir unter anderem über die Gründe für Richters Engagement in der Region. Er sehe es als Bewohner des ländlichen Raumes als seine Pflicht an, für dessen zukünftige Entwicklung einzustehen. Es gelte vor allem, die Wirtschaftskreisläufe und die Wirtschaftsstruktur zu bewahren und die Zukunft schwacher Regionen im Blick zu behalten. Für ihn spiele dabei die Frage nach der zukünftigen Versorgung eine große Rolle. Möchten wir uns in die Abhängigkeit der großen Industrieunternehmen begeben oder von einer breiten und regionalen Produktpalette profitieren? Seine Antwort ist klar: Möglichst viele individuelle Kleinstbetriebe sollten für eine große Vielfalt sorgen. Regionale Vielfalt sei auch einer der Gründe, weshalb er sich bewusst gegen die Eröffnung von Filialen seines eigenen Betriebs entschieden hat, und die generationenübergreifende Tradition der familieneigenen Dorfbäckerei fortführt. Hier spiele auch die Zusammenarbeit mit regionalen Partnern eine wichtige Rolle, denn durch den persönlichen Kontakt könne er direkt Einfluss auf Lieferanten wie Mühlenbetriebe nehmen und die Menge und die Art der Rohstoffe nachfragen. Auf die Frage, inwiefern er sich als Kleinunternehmer von Kammern und anderen Institutionen unterstützt fühle, findet Richter klare Worte. Die


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Handwerkskammer leiste nur bedingt Hilfestellung, da sie weiterhin sehr auf größere Betriebe fixiert sei. Dem Bundeslandwirtschaftsministerium unterstellt er sogar eine Schizophrenie: Auf der einen Seite fördere es mit allen Mitteln die Effizienzsteigerung und damit größere Betriebe, um eine sichere Versorgung zu gewährleisten, auf der anderen Seite sehe es sich Artenschutz und Nachhaltigkeit verpflichtet. Obwohl Richter in seiner Dorfbäckerei traditionell- handwerklich und ohne hochmoderne Maschinen arbeitet, ist für ihn die Digitalisierung bzw. der Breitbandausbau mit schnellem Internet ein wichtiges Thema. Facebook und Co. sind laut Richters Meinung gerade für kleine Unternehmen eine wichtige kostenfreie Werbeplatt-

form, die auch nützlich für das Personalmarketing sei. Mit interessanten Beiträgen und einem spannenden Profil ließen sich junge Menschen für Berufe begeistern und als Nachwuchs akquirieren. Zum Abschluss unseres Besuchs wagte Richter eine Zukunftsprognose für seinen Berufsstand. Für ihn werde in Zukunft die Schere zwischen Klein- und Großbetrieben weiter auseinandergehen. Kleinstbetriebe, die handwerklich arbeiten und dabei hohe Qualität liefern, haben nach seiner Einschätzung sehr gute Chancen, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten. Große Betriebe, die ein ähnliches Profil bedienen, würden in Zukunft den Gegenpol bilden, wohingegen es für mittlere Betriebe mit Filialen im Wettbewerb schlecht aussehe.

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TAG 3 | GÖRLITZ / ZGORZELEC MELISSA MERTENS – Europastadt Görlitz/Zgorzelec: Geschichte & Gegenwart ANNA ARLINGHAUS & ANNA MARTIN – Stadtentwicklung & Wirtschaftsförderung FOX GLAESE & ISABEL GRÜNEBERG – Bürgerschaftliche Beteiligung in Görlitz


ZWEI STÄDTE IN ZWEI STAATEN GÖRLITZ / ZGORZELEC

Identität einer Stadt im Wandel


| Grenzregion Görlitz / Zgorzelec

STECKBRIEF GÖRLITZ •

Östlichste Stadt Deutschlands

Bundesland Sachsen

Lage an der Neiße

56.524 Einwohner

Polnische Grenzstadt Zgorzelec (32.000 Einwohner)

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Grenzregion Görlitz / Zgorzelec |

Europastadt Görlitz/ Zgorzelec Geschichte & Gegenwart der Stadt beiderseits der Neiße – MELISSA MERTENS –

CHRONOLOGIE DER GESCHICHTE BIS ZUM 20. JAHRHUNDERT Das Wachstum von Görlitz ist in ihrer Lage an einem Kreuzungspunkt von zwei bedeutenden Handelsstraßen begründet, der Via regia und einem Zweig der mitteldeutschen Landroute. In der (Früh) Renaissance erlebt Görlitz ihre Blütezeit als Handelsplatz von Fernhändlern und die Görlitzer Altstadt wurde im Renaissancestil bebaut. Im 19. und 20. Jahrhundert erfuhr die Stadt einen Aufschwung durch die Industrialisierung. Die Einwohnerzahl wächst im Zuge der neuen Arbeitsmöglichkeiten um das Dreifache an. Ebenso intensivierte sich die Bebauung des Stadtviertels östlich der Neiße. Der Bevölkerungsschwerpunkt lag weiterhin auf der westlichen Seite der Neiße (vgl. Herder-Institut 2009-2016). Im Laufe ihrer Geschichte wechselte die Stadt mehrmals ihre Zugehörigkeit: Sie gehörte zeitweise zu Böhmen, zu Sachsen oder zu Preußen (vgl. Vogt 2007: 134).

TEILUNG DER STADT & BEGINN EINER GETRENNTEN GESCHICHTE: KRIEG UND VERTREIBUNG Die heutige Gegenwart der beiden Städte Görlitz und Zgorzelec ist durch ihre getrennte (Stadtentwicklungs-) Geschichte nach 1945 und durch die neue Bevölkerungszusammensetzung aufgrund Vertreibung und Zwangsansiedlung geprägt (vgl. Wóycicki 2004: 104f). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Görlitz in einen polnischen Teil (heute Zgor-

INFOBOX Die ehemals deutsche Stadt Görlitz wurde 1945 mit der Neiße als neue Grenze zwischen Deutschland und Polen in zwei Städte geteilt, Görlitz auf deutscher Seite und Zgorzelec auf polnischer Seite. Nicht nur die Nationalität änderte sich, sondern auch die Bevölkerungszusammensetzung aufgrund von Krieg, Vertreibung und Zwangsansiedlung. Seit 1998 bezeichnen sich die Städte als Europastadt Görlitz/ Zgorzelec. Jedoch stehen die Städte im Prozess des (wieder) Zusammenwachsens noch am Anfang. zelec) und einen deutschen Teil (Görlitz) durch die Bestimmung der Lausitzer Neiße als Grenze zwischen Deutschland und Polen getrennt. Die ersten Nachkriegsjahre der deutschen Stadt Görlitz waren durch einen starken Anstieg der Einwohnerzahl (auf bis zu 100.000) durch den Zuzug von Flüchtlingen, Vertriebenen und Umgesiedelten geprägt. Die Hochzahl der Einwohner nahm in den 1950ern Jahren u.a. aufgrund von Abwanderung ab (vgl. Herder-Institut 2009-2016). Die Bautätigkeiten der Stadt ab den 70ern konzentrierten sich auf den Bau von Plattenbau-Siedlungen außerhalb der Innenstadt, wohingegen die historische Altstadt baulich zerfiel (vgl. Präsentation Wilke: 9f). In der polnischen Stadt Zgorzelec wurde die deutsche Bevölkerung aufgrund der polnischen | 73 |


| Grenzregion Görlitz / Zgorzelec

De-Germanisierung zwangsausgesiedelt. In den nachfolgenden Jahrzehnten bis 1990 wuchs die Bevölkerung, vor allem aufgrund des Kohlekraftwerks Turów in der Nähe. Die Stadt wurde zur sogenannten „Schlafstadt für Turów“. (vgl. Bednarek 2014) U.a. aufgrund dieser Funktion entwickelte Zgorzelec kein eigenes Stadtzentrum. Weiterhin ist zu betonen, dass Zgorzelec abgesehen von der Ruhmeshalle nicht über viele wertvolle historische Bauten verfügt, sondern eher durch einen Militärbau geprägt war. (vgl. Wóycicki 2004: 95; Vogt 2007:139) Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit beider Städte beschränkte sich bis 1990 auf wenige Kontaktpunkte (vgl. Wóycicki 2004: 96ff, 106).

Altersdurchschnitt (vgl. Präsentation Wilke: 18). Ob das Bevölkerungswachstum in der Innenstadt jedoch den demographischen Wandel der gesamten Stadt verändert, ist fragwürdig. In den letzten Jahren schrumpfte Görlitz in seiner relativen Bevölkerungsentwicklung um 10,3 Prozent und auch die Prognose der Bertelsmann Stiftung sieht hier keine Veränderung (vgl. Bertelsmann Stiftung 2016). Die Gegenwart der polnischen Stadt Zgorzelec sieht etwas anders aus: Zgorzelec verzeichnet nach 1992 einen geringfügigeren Bevölkerungsrückgang als Görlitz. Die Arbeitslosenquote liegt ebenfalls niedriger (vgl. Urzad Statystyczny we Wroclawiu 2015: 1).

GEGENWART BEIDER STÄDTE SEIT 1990: CHANCEN & HERAUSFORDERUNGEN Während eines grenzüberschreitenden Stadtspaziergangs erläuterte uns Herr Wilke, Amtsleiter für Stadtentwicklung in Görlitz, einige Aspekte der Stadtentwicklung beider Städte. In den 90ern schlossen in Görlitz zahlreiche Firmen, viele Arbeitsplätze wurden abgebaut und ein Großteil der Bevölkerung wanderte ab. Die statistische Arbeitslosigkeit lag lange Zeit bei ca. 24 Prozent (2016: 14 Prozent, vgl. Stadtverwaltung Görlitz 2016: 11). Heute wächst die Bevölkerung, laut Herrn Wilke, kontinuierlich in der als attraktiv geltenden Innenstadt an. Der dortige Leerstand reduziere sich in dem Maße, indem sanierte Wohnungen zur Verfügung stehen. Diese Entwicklung ginge jedoch ohne eine wesentliche Anhebung des Mietspiegels und somit ohne Gentrifizierung von statten (vgl. Präsentation Wilke: 16-20). In den äußeren Stadtteilen sinke jedoch im Gegensatz zur Innenstadt die Einwohnerzahl, vorrangig in den Plattenbausiedlungen. Dort herrscht auch der höchste, steigende | 74 |

Altstadtbrücke Görlitz / Zgorzelec


Grenzregion Görlitz / Zgorzelec |

REFLEXION Nachdem Polen 2004 Teil der EU wurde und 2007 die Grenzkontrollen wegfielen, steht der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit administrativ nicht mehr viel im Wege (vgl. Teufel 2015: 16). Jedoch sind die beiden Städte noch am Anfang ihrer Zusammenarbeit. In der Literatur wird an vielen Stellen das Fortbestehen von Stereotypen auf beiden Seiten beklagt und darauf hingewiesen, dass ein Bewusstsein und die Akzeptanz der Geschichte des jeweilig Anderen nach 1945 mit den Themen Krieg, Vertreibung und Zwangsumsiedlung fehlen würden (vgl. Teufel 2015: 16ff; vgl. Wóycicki 2004: 94ff). Im schlesischen Museum in Görlitz wird die Zugehörigkeit zu Schlesien als Basis einer gemeinsamen

Identität über die Staatsgrenze hinweg diskutiert. Der Landkreis Görlitz gehörte als westlichster Teil eine Zeitlang zur Region Schlesien und an diese Gemeinsamkeit könnte wieder angeknüpft werden (vgl. Wóycicki 2004: 111). Inwieweit diese Identität jedoch die jeweilige Staatsidentität ergänzen kann, steht noch offen. Die Frage ist weiterhin, inwiefern Görlitz und Zgorzelec voneinander profitieren können. Laut der Wirtschaftsförderin in Görlitz, Frau Hennig, stellen aus Zgorzelec kommende Polen eine große Kaufkraft für den Einzelhandel in Görlitz dar. Im Gegenzug nutzen deutsche Touristen das Gastronomieangebot auf polnischer Seite. Abschließend lässt sich feststellen, dass sowohl Görlitz als auch Zgorzelec zwar ihren eigenen Weg im Umgang mit ihrer Grenzlage schon ein Stück gegangen sind. Allerdings steht der Prozess hin zu einer gemeinsamen europäischen (Grenz-) Stadt noch an ihrem Anfang.

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Görlitz – Zgorzelec: zwei Städte – zwei Staaten Chancen & Herausforderung für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung – ANNA ARLINGHAUS & ANNA MARTIN – Am dritten Tag treffen wir zu den Tagesthemen Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung auf den Amtsleiter für Stadtentwicklung Dr. Hartmut Wilke und die Prokuristin der Europastadt Görlitz­ Z­gorzelec GmbH Eva Wittig. In diesem Bericht wird auf das integrierte Stadt­ entwicklungskonzept (INSEK) und die Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH eingegangen.

WARUM IST EIN INTEGRIERTES STADTENTWICKLUNGSKONZEPT IN GÖRLITZ NOTWENDIG? DEMOGRAFISCHE ENTWICKLUNG DER STADT GÖRLITZ „Schrumpfung in demografischer und ökonomischer Sicht birgt für Städte und Regionen grundsätzlich die Gefahr der Selbstverstärkung und des Eintritts in eine Abwärtsspirale“ (Stadt Görlitz 2012: 40). Um zu verstehen, warum das integrierte Stadtentwicklungskonzept in Görlitz notwendig ist, wird im Folgenden die historische und demografische Entwicklung der Stadt beschrieben. Im Jahr 1945 erklärten die Alliierten Mächte die Neiße zur deutsch-polnischen Grenze und beschlossen somit die Teilung der Stadt (vgl. Bericht Mertens). Die polnisch-deutsche Grenzlage und die Abspaltung des östlichen Stadtteils, der von nun die selbstständige Stadt Zgorzelec bildete, wirkte sich unmittelbar auch auf Görlitz aus: „Die Stadt hat an

INFOBOX Das integrierte Stadtentwicklungskonzept, kurz INSEK, wurde aufgrund demografischer Veränderungen im Jahr 2001 vom Görlitzer Stadtrat verabschiedet. INSEK verfolgt im Gegensatz zur klassischen Stadtplanung eine nachhaltige Strategie, die alle Aspekte der Stadtentwicklung durchdringt und sie aufeinander abstimmt. Wesentliche Aufgaben bestehen in der Umsetzung übergeordneter Leitlinien der Stadt Görlitz und in der Begleitung des Stadtumbaus.

Substanz und Bedeutung verloren, sowie an Potenzial sich zu entwickeln“ (Präsentation Wilke 2016), fasst Wilke zusammen. Zudem verlor die Görlitzer Innenstadt in den DDR-Zeiten an Wohnattraktivität und Lebensqualität. Die außerhalb des Stadtkerns erbauten Plattenbauten mit hohem sanitären Standards waren bei der Görlitzer Bevölkerung sehr beliebt. Dies hatte zur Folge, dass die alten Gebäude der Innenstadt zusehends leer standen und zerfielen. Nach der Wiedervereinigung in den 1990er Jahren erlebte die Stadt eine hohe Abwanderung, die weit über dem Einwohnerverlust des Freistaats Sachsen lag. In dem Zeitraum von 1990 bis 2005 verlor die Stadt ein Viertel ihrer Einwohner (vgl. Stadt Görlitz 2009: 4). Gerade die junge Bevölkerung nutzte die neue Freiheit und verließ Görlitz. Lag das Durchschnittsalter 1990 noch bei 41,1 Jahren, stieg es im Jahr 2005 auf 45,8 Jahre (vgl. Stadt Görlitz 2009: 4). Dies führte zu einer resignativen und negativen Grundstimmung. Der hohe Leerstand und die geringe Nachfrage nach Stadtimmobilien waren 2001 die Ausgangspunkte für den Start von INSEK (vgl. Stadt Görlitz 2009: 3).

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„Die Industrie war zum großen Teil nach der Wende verschwuden. Es kam zu Arbeitsplatzverlusten, aber auch zu gesellschaft­ lichen Verlusten und somit ein Schwinden der Stadtidentität“ Dr. Hartmut Wilke Amtsleiter für Stadtentwicklung Görlitz FOTO | N.SER.

WAS IST EIN INTEGRIERTES STADTENTWICKLUNGSKONZEPT (INSEK) UND WIE FUNKTIONIERT ES IN DER KREISSTADT GÖRLITZ? INSEK Integrierte Stadtentwicklung ist im Gegensatz zur klassischen Stadtplanung eine nachhaltige Strategie, die alle Aspekte der Stadtentwicklung durchdringt und aufeinander abstimmt. Wichtig ist hierbei eine verstärkte Planungskommunikation durch Einbeziehung aller Akteure der Stadtentwicklung und die planerische Ausrichtung auf hiesige Zielgruppen unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse. In Görlitz wurde das INSEK Ende 2001 im Stadtrat verabschiedet und wird mit Blick auf die dyna­ mische Bevölkerungsentwicklung fort­ laufend aktualisiert und vervollständigt. „Bei der integrierten Planung geht es darum, die Stadt kleiner werden zu lassen, aber weiterhin funktionsfähig zu halten. Dafür muss ich zum Beispiel wissen, wie die soziale Entwicklung der Stadt aussieht, wo Freiräume sind, die langfristig Qualität haben, aber auch, wo ich aufgeben kann“ (Präsentation Wilke 2016), erklärt uns Wilke. INSEK wie auch das Leitbild der Stadt „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ sind informelle Planungselemente und werden trotzdessen in den | 78 |

bindenden kommunalen Planungen, wie z.B. den Bebauungsplänen umgesetzt. Aus dem INSEK-Hauptziel, die demografische Entwicklung positiv zu beeinflussen begründen sich zwei zentrale Handlungsfelder: Zum einen „wirtschaftliche Prosperität und Wettbewerbs­ fähigkeit“ und zum anderen „Lebensqualität und Wohn­attraktivität“ (vgl. Stadt Görlitz 2012: 40 f.). Die zentralen Handlungsfelder sind wiederrum unterteilt in Unterziele. Eine Priorisierung hebt folgende Ziele in den Vordergrund: • Sicherung der Grundversorgung in allen Wohngebieten • Bewahrung der städtebaulichen Besonderheiten der Kernstadt • Förderung des Zuzugs von Fachkräften • Steigerung der Aufenthalts- und Erlebnisqualität in der Innenstadt • Stärkung der Stadt als zentralen regionalen Bildungsstandort (vgl. Stadt Görlitz 2012: 48). Im INSEK sind die Stadtgebiete nach ihrer Entwicklung aufgeteilt und visualisiert (s. Abbildung). Dabei wird zwischen konsolidierten, konsoli-


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dierungswürdigen (gelbe Bereiche) Orten und Umstrukturierungsgebieten (rote Bereiche) unterschieden. Hier lassen sich auch die Handlungsbedarfe ablesen. Die Kernstadt ist konsolidierungswürdiger Bereich und weißt einige Missstände auf. Mithilfe des INSEK sollen Kulturdenkmäler und die städtebaulichen Besonderheiten in der Kernstadt bewahrt werden ohne eine Nutzungsänderung vorzunehmen. Das Konzept begründet zugleich die hierfür eingesetzten Städtebaufördermittel im Bereich Denkmalschutz (vgl. Stadt Görlitz 2012: 40). U.a. wurde bereits die Sanierung der Stadthalle, der Synagoge und des Görlitzer Theaters veranlasst. Umstrukturierungsgebiete hingegen sollen in der Art ihrer bisherigen Nutzung geändert werden. Dazu gehört auch Siedlungsrückbau in den Stadtteilen Königshufen und Weinhübel. „Außenstehende Stadtteile sollen nicht verschwinden, sondern verkleinert werden und weiterhin lebens­werte Stadtteile mit einer Zukunft sein“ (Präsentation Wilke 2016), sagt Stadtentwickler Wilke. In den dörflich geprägten Ortsteilen von Görlitz bezieht sich die Weiterentwicklung größtenteils auf den Berzdorfer See, ein ehemaliges Braunkohletagebaugebiet (vgl. Stadt Görlitz 2012: 50 ff.). Im Jahr 2008 schwächte die Abwanderung ab und Görlitz erlebte erstmals mehr Zuzüge als Fort­züge. Da es allerdings mehr Sterbefälle als Geburten gab, blieb die Bevölkerungsentwicklung weiterhin negativ. Jedoch ist eine positive Innerstädtische Bevölkerungsbewegung zu beobachten. Immer mehr Menschen zieht es in die Innen- bzw. Altstadt. Die Altstadt, mit einem Durchschnitts­ alter von 36,6 Jahren, ist der jüngste aller Stadtteile. Die DDR-Neubaugebiete hingegen überaltern und auch die dörflich geprägten Stadtteile weisen aufgrund eines negativen Wanderungssaldos eine problematische Entwicklung auf (vgl. Stadt Görlitz 2009: 6f.). Zudem stellt eine vergleichswei-

Abb. 4: Unterteilung des Stadtgebiets nach stadtentwicklungsstrategischen Ansätzen Quelle: Stadt Görlitz 2012: 49

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Sanierungsbedürftiges Gebäude in der Innenstadt FOTOS | N.SER.

se hohe Arbeitslosenquote die Stadt vor weitere Herausforderungen. Diese lag im September 2016 in Görlitz bei 9,1 Prozent und steht damit deutlich über dem deutschen Durchschnitt von 5,9 Prozent (vgl. Agentur für Arbeit 2016: o.S.). INSEK konnte jedoch auch Erfolge feiern. Der Wohnungsüberhang konnte von 2000 bis 2005 um gut 1000 Wohnungen gesenkt werden. Dies ist dem Rückbau-Programm „Stadtumbau Ost“ aus dem Jahre 2001 zu verdanken (vgl. Stadt Görlitz 2009: 17). Mittlerweile konnten drei Viertel der Gebäude in der Kernstadt saniert werden. Da jedoch die Finanzierungsmöglichkeiten durch EFRE (Europäischer Fond für regionale Entwicklung) für derartige Projekte in den vergangenen Jahren zurückgegangen sind, konzentriert sich die Stadt nun auf Leuchtturmprojekte mit einem hohen Wirkungsradius. Dazu zählen Gemeinschaftsprojekte wie die Gestaltung des Postplatzes oder des zentralen Neißeufers „Uferpark“ (vgl. Stadtverwaltung Görlitz 2015: 1 ff.). Amtsleiter Wilke ist davon überzeugt, Menschen, Familien und besonders nachfolgenden Generationen durch INSEK eine Zukunft in Görlitz geben zu können. Einen Beitrag dazu will | 80 |

Historische Stadthalle Görlitz

auch die Wirtschaftsförderung in Görlitz leisten, die im nächsten Kapitel vorgestellt wird.

EUROPASTADT GÖRLITZZGORZELEC GMBH – EINE GESCHEITERTE IDEE ODER ZUKUNFTSTRÄCHTIG? Die Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH für Wirtschaftsentwicklung, Stadtmarketing und Tourismus gründete sich im Zuge einer gemeinsamen Bewerbung der Städte Görlitz und Zgorzelec um die Auszeichnung zur europäischen Kulturhauptstadt im Jahr 2007. Zwar scheiterten die Städte mit dem Konzept der Europastadt in letzter Instanz, doch die Gesellschaft blieb weiterhin bestehen und betreibt heute aktiv Wirtschaftsförderung für den Standort Görlitz. Auch wenn der Name der Stadt Zgorzelec in dem Titel der GmbH erscheint und eine gemeinsame Vermarktung angestrebt wird, konzentriert sich die Förderung auf den Raum Görlitz. Demnach obliegt auch die Finanzierung der GmbH der Stadt Görlitz (vgl. Präsenta­tion Wittig 2016). Laut Eva Wittig wird „keine gemein­ same Strategie gefahren, aber Görlitz und Zgorzelec


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stimmen sich untereinander ab“ (Präsentation Wittig 2016). Ein übergeordnetes Ziel der Gesellschaft ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Zgorzelec: „Die deutsch-polnische Europastadt Görlitz-Zgorcelez bietet das Feld, auf dem gemeinschaftliches und profitables Fairplay für alle funktioniert. Hier gibt es sie wirklich, die viel beschworenen Synergien.“ (Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH 2015: 2). Die Wirtschaftsförderung kümmert sich um die Vernetzung und Beratung von Unternehmen sowie die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Görlitz. Um die Attraktivität der Stadt für Unternehmen zu steigern, fokussiert sich die Gesellschaft auf grenzüberschreitende Potenziale Deutschland-Polen. Zur Fachkräftesicherung werden gezielt polnische Fachkräfte angesprochen und eingeladen, für Görlitzer Unternehmen zu arbeiten und auchin der Stadt zu leben. So wirbt die Wirtschaftsförderung Görlitz mit „Fachkräften aus dem Dreiländereck“ (Anmerkung: Polen, Tschechien und Deutschland) (vgl. Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH 2015: 3 ff.). Eine weitere moderne Initiative ist die Plattform „Job-Speed-Dating“. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe treffen Unternehmer und Arbeitssuchende spontan aufeinander. Aber nicht nur für Arbeiter aus Deutschland wird geworben: Die

Fachkräftebörse „Willkommen zu Hause – Jobs an der Neiße“, welche im August 2016 erstmals stattfand, ist auf Heimatrückkehrer zugeschnitten. Zudem wird in die Zusammenarbeit mit der Hochschule Zittau-Görlitz intensiviert. Ziel ist es, Görlitz als regional zentralen Bildungsstandort zu stärken und die Bildung nach der lokalen und regionalen Wirtschaft auszurichten, wie Schienenfahrzeugbau und Maschinenbau. Aber auch die Biotechnologie bildet eine Zukunftsbranche für den Bildungsstandort Görlitz (vgl. Präsentation Wittig 2016). Zur Förderung des Wirtschafts- und Tourismusstandorts Görlitz zählt auch die Umsetzung und Vermarktung des Projekts Berzdorfer See. Das ehemalige Braunkohletagebaugebiet wurde 2013 geflutet und soll eine neue Besucherzielgruppe für die Destination Görlitz begeistern. Neben der Görlitzer Innenstadt sollen Naherholung-, Wassersport- und Freizeitangebote Familien mit Kindern in die Region locken. (vgl. Planungsverband Berzdorfer See 2016: o.S.).

CHANCEN UND HERAUSFORDERUNG FÜR STADTENTWICKLUNG UND WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG Nur eine Brücke trennt die Stadt von der polnischen Seite und der dort liegenden Stadt Zgorzelec. Jedoch wird nicht nur bei der GörlitzZgorzelec GmbH, sondern auch bei dem Stadtentwicklungskonzept deutlich, dass die grenzübergreifende Zusammenarbeit vernachlässigt wurde. Das Zusammenwachsen beider Städte sei eine große Herausforderung, bestätigt uns Eva Wittig in ihrem Vortrag. Warum der Schritt der engeren Zusammenarbeit bis heute nicht geschafft wurde, erklärt uns Wittig mit den sprachlichen und gesetzlichen Hindernissen:

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„ Zwar muss die Gemeinsamkeit gefördert werden, aber jeder kämpft für sich selber.“ (Präsentation Wittig 2016). Die gemeinsame Vermarktung der Region birgt jedoch ein großes touristisches und wirtschaftliches Potenzial für beide Städte. Dieses Potenzial ist bereits in der gemeinsamen Bewerbung um die Auszeichnung zur europäischen Kulturhauptstad erkannt worden. Um die gegenseitige Akzeptanz und den Austausch zu stärken, muss als allererstes die sprachliche Barriere verschwinden. Grenzübergreifende Projekte, wie deutsch-polnische Kindergärten, müssen weiterhin gefördert und gestärkt werden. Zwar ist es eine große und langwierige Herausforderung, die alten Gewohnheiten zu ändern, das große Potenzial, welches dahintersteckt, darf allerdings nicht verschenkt werden. Die Stadtentwicklung von Görlitz ist ein Prozess, der einer kontinuierlichen Auseinandersetzung mit strategischen Zielen bedarf. Die immer komplexer werdenden gesellschaftlichen Vorgänge zeigen, dass INSEK und die GörlitzZgorzelec GmbH vor großen Herausforderungen stehen und flexibles Handeln und vorausschauendes Planen erforderlich ist.

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Bürgerschaftliche Beteiligung in Görlitz – ISABELL GRÜNEBERG & FOX GLAESE –

Der Prozess der bürgerschaftlichen Beteiligung in Görlitz begann 2013 mit dem Entwurf eines Grundlagenpapiers. Im Rahmen mehrerer Informationsveranstaltungen wurden die Bürger der verschiedenen Stadtteile Görlitz über die vielfältigen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung und das weitere Vorgehen informiert. Darüber hinaus wollte man den Austausch zwischen Stadt und Bürgern vertiefen sowie die politische Kultur in Görlitz nachhaltig vorantreiben (vgl. Netzwerk Bürgerbeteiligung 2015). Ansprechpartnerin für das Projekt der Bürgerbeteiligung, welches fortan unter dem Motto „Du bist Görlitz“ läuft, ist seit März 2015 Frau Silke Baenisch.

„Bürgerschaftliche Beteiligung soll [demnach] dazu beitragen, größere Transparenz zu schaffen, Vertrauen zwischen Einwohnerinnen und Einwohnern, Verwaltung und Politik zu stärken, den Dialog zu fördern und eine Beteiligungs-/Mitwirkungsstruktur zu entwickeln“ (Stadt Görlitz 2015: 1). Die Görlitzer Strategie der bürgerschaftlichen Beteiligung ist an den Qualitätskriterien des „Netzwerks Bürgerbeteiligung“ angelehnt. Danach baut gute bürgerschaftliche Beteiligung auf Partizipation, Information, Kommunikation und Transparenz auf. Das heißt, nur wenn eine Bereitschaft und Fähigkeit zum Dialog vorliegt, klare Ziel- und Rahmensetzungen sowie Ressourcen gegeben sind und vorhandene Gestaltungsspielräume tat| 84 |

INFOBOX Das Konzept der Bürgerschaftlichen Beteiligung in Görlitz hat das Ziel, die Bürgerinnen und Bürger über die wichtigsten Projekte und Entscheidungen ihrer Stadt zu informieren sowie ihnen die Möglichkeit zu geben, sich aktiv an politischen Entscheidungen zu beteiligen, um so Ihr Lebensumfeld mitgestalten zu können. Aktuell liegt der Schwerpunkt auf den Handlungsfeldern der vorhaben- sowie der stadtteilbezogenen Beteiligung. Die Ansprechpartnerin zum Thema Bürgerbeteiligung in Görlitz ist Frau Silke Baenisch.

Abb. 5: Strategie der bürgerschaftlichen Beteiligung in Görlitz Quelle: http://www.goerlitz.de/BB-Strategie_in_Goerlitz.html

sächlich genutzt werden, kann Bürgerengagement gelingen. Wichtig sind zudem transparente Informationen und die Möglichkeit der Mitwirkung aller Bürger (vgl. Stadt Görlitz 2016). Wie die Grafik verdeutlicht, erfolgt die Umsetzung des Görlitzer Modells anhand von vier Handlungsfeldern, wobei neben der Beteiligung an der Aufstellung des Haushalts und der zielgruppenorientierten Beteiligung, aktuell die vorhaben- sowie die


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stadtteilbezogene Beteiligung im Mittelpunkt stehen (vgl. Stadt Görlitz 2015: 1).

zahl der Bewohner eines Stadtteils ergibt. Pro Jahr wird jedem Einwohner ein Euro zugeteilt. Welche Die vorhabenbezogene Beteiligung umfasst Stadtteilprojekte mit dem Budget alle Projekte in der Stadt Görlitz, für definanziert werden, entscheidet ein ren Umsetzung der Stadtrat zuständig zuvor von den Einwohnern gewählter ist. Dabei ist es wichtig, dass die GeBürgerrat (vgl. Stadt Görlitz 2015: 7). sellschaft so früh wie möglich über Für eine reibungslose Organisa­ geplante Vorhaben informiert wird. tion und Betreuung der Bürger­ Der Oberbürgermeister erstellt dabeteiligung sorgt eine vom für in Absprache mit dem Stadtrat Oberbürgermeister gewählte Koeine Vorhabenliste, in der transparent ordinierungsstelle, die sogenannte und übersichtlich alle geplanten Projekte „Koordinierungsstelle-Bürgerbein Görlitz aufgelistet sind, die in Zukunft teiligung“, die ihren Sitz innerhalb umgesetzt werden sollen. Um der Verwaltung hat und als zentrale Abb. 6 : Bürgerbeteiligungsräume in Görlitz eine Bürgerbeteiligung zu er- Quelle: http://www.goerlitz.de/Buergerbeteiligungs- Informations-, Kontakt- und Beraraeume.html möglichen, müssen die Vorhatungsstelle für das Thema Bürgerben spätestens drei Monate beteiligung anzusehen ist (vgl. vor der Erstberatung öffentlich gemacht werden. Stadt Görlitz 2015: 1). Auf diese Weise wird die Bürgerschaft frühzeitig informiert und hat so die Gelegenheit, sich in den Projekten einzubringen und diese mitzugestalten AKTUELLE PROJEKTVORSCHLÄGE (vgl. Stadt Görlitz 2015: 2). AUS DEN BETEILIGUNGSRÄUMEN

IDEEN EINREICHEN IM EIGENEN WOHNUMFELD Bei der stadtteilbezogenen Beteiligung können die Bewohner der Stadt Görlitz eigene Ideen für Projekte und Vorhaben einreichen, die ihren Stadtteil bzw. ihr unmittelbares Wohnumfeld betreffen. Es kann sich hierbei um vielfältige Projekte handeln, wie etwa den Bau eines Spielplatzes oder die Einführung einer Stadtteilzeitung. Um sich jedem Bereich der Stadt gleichermaßen widmen zu können, wurde das Stadtgebiet Görlitz in acht sogenannte Beteiligungsräume unterteilt (vgl. Stadt Görlitz 2015: 6). Jedem Beteiligungsraum steht ein festgelegtes Budget zur Verfügung, welches sich aus der An-

• „Mit Witz und Charme zur sauberen Stadt“ (Slogans für Mülleimer in der Stadt, um die Görlitzer durch Humor zur Nutzung der Mülleimer anzuregen) • Bau eines Rad- und Fußweges am Ziegeleiweg • Errichtung eines Stadtteilgartens • Errichtung eines öffentlichen Bücher- und Tauschregals • Wochenmarkt Jauernicker Straße (Schließung eines Supermarktes erschwert die Nahversorgung des Stadtteils Südstadt) • Farbe ins Spiel – Jakobstunnel wird bunt (durch gemeinsame Malaktion Tunnel verschönern und ihn zur Wegweisung zu nutzen) • Bepflanzung Schallschutzmauer Straßenbahn

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REFLEXION Bei ihrem Vortrag ging Frau Baenisch zunächst darauf ein, dass die Bürgerbeteiligung allgemein immer sehr individuell und in jeder Stadt anders abläuft. In Görlitz seien die Bürger überwiegend engagiert und bemüht, ihre Ideen und Vorschläge umzusetzen. Die 57 Projektvorschläge, die dieses Jahr eingereicht wurden, sind ein gutes Ergebnis, so Baenisch. Eine Herausforderung sei es lediglich, die Beteiligten dazu zu motivieren, auch mit kleinen Projekten zufrieden zu sein und nicht bereits im ersten Jahr große Projekte umsetzen zu wollen. Mit dem „Mini-Budget“ seien ohnehin keine großen Infrastrukturprojekte umsetzbar und für die kommenden Jahre sei eine Erhöhung des Budgets nicht vorgesehen. Ein Problem gibt es aber im Stadtteil Königshufen. Dort muss, nachdem der alte Bürgerrat abgesprungen ist, ein neuer Rat gewählt werden. Trotz kleiner Komplikationen beurteilt Baenisch das Projekt der Bürger Beteiligung in Görlitz als gelungen und ist zuversichtlich:

„ Das Konzept wird von außen sehr gut wahrgenommen und wir erhalten bereits Anfragen von anderen Städten“ (Silke Baenisch, 21.09.2016) Im Rahmen der Recherche zu dem Thema fielen uns besonders einige Aspekte bezüglich der Gestaltung der Homepage auf. Die letzte Aktualisierung fand Mitte des Jahres statt. Über den aktuellen Stand der Umsetzung bzw. die Entscheidungsprozesse, die innerhalb der Verwaltung ablaufen, wird nicht informiert. Hier kann die fehlende Transparenz kritisiert werden, die eigentlich als ein wesentliches Merkmal des Konzeptes beworben wird. Eine Besonderheit der Stadt Görlitz ist außerdem ihr Grenzcharakter. Dieser Aspekt wird jedoch nicht auf der Internetseite deutlich, da die Texte | 86 |

über die Bürgerbeteiligung lediglich in deutscher Sprache abrufbar sind. Die Seite sollte daher nach Möglichkeit zweisprachig, in Deutsch und Polnisch, gestaltet werden.


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EINFÜHRUNG | POLEN HEUTE SASKIA BUDDENDIECK

Herausforderungen in einem sich neu formierenden Europa

TERESA MUMDEY

Verwaltung/Zuständigkeiten (Raumplanung & Wirtschaftsförderung)


POLEN HEUTE

Im Spannungsfeld zwischen West- und Osteuropa


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Polen heute – Herausforderungen in einem sich neu formierenden Europa – SASKIA BUDDENDIECK –

INFOBOX Wirtschaftliches Wachstum und Freizügigkeit allein machen nicht glücklich; Polen sucht im Spannungsfeld von Euroskeptizismus, nationalistischen Entwicklungen, Visegrád, Weimarer Dreieck, USA, Flüchtlingskrise, NATO, Russland und Brexit seinen Platz in der Europäischen Union.

Nachdem bis zur Finanzkrise eine Art Dornröschenschlaf über Europa gefallen war, steht die Europäische Union nun der Flüchtlingskrise, dem Brexit und den nicht weniger nationalistischen Ambitionen einiger anderer Mitgliedsländer gegenüber. Die verbleibenden 27 EU-Länder werden nicht nur durch gesamteuropäische Ereignisse bewegt, jedes dieser Mitglieder hat aufgrund seiner Geschichte mit individuellen Herausforderungen zu tun. Polen scheint zu schwanken zwischen profitabler Zugehörigkeit zur Union und dem Wunsch sich von Brüssel abzugrenzen. Die Frage ist, wie viele Polen mit der Politik ihrer Regierung eigentlich einverstanden sind und mit welcher Art Politik sich das Land Polen wieder mehr mit der EU identifizieren kann?

POLITIK IN DER KRITIK Im Dezember 2015 wurde trotz massiver Kritik eine Gesetzesnovelle in Polen verabschiedet, die vorsieht, dass das Verfassungsgericht Entscheidungen nun mit einer Zweidrittelmehrheit, anstatt wie bisher mit einer einfachen Mehrheit, fällen muss. Kritisiert werden nicht nur die zeitlichen | 92 |

POLEN •

Fläche von 312.679 km²

Ca. 38 Mio. Einwohner

Seit 2004 Mitglied der EU

Seit 2007 Mitglied im Schengen-Raum

Parlamentarische Demokratie

Staatspräsident Andrzej Duda

Ministerpräsidentin Beata Szydło

Führende Partei: Prawo i Sprawiedliwość (EU-skeptisch)

BIP wächst 2016 um 3,57% im Vergleich zum Vorjahr

Erwerbslosenquote 2004: 18,8%; 2015: 7,5%

Verzögerungen, die zu erwarten sind, sondern vor allem die Entmachtung des Verfassungsgerichts, da eine Zweidrittelmehrheit kaum zu erreichen sei (vgl. Krause und Küstner 2015; Spiegel 2015). Aufgrund dieser Gesetzesnovelle und ihrer Folgen hat die EU Kommission am 27.07.2016 eine Empfehlung zur Rechtsstaatlichkeit an Polen gerichtet (vgl. Europäische Kommission 2016). Die Kommission ist nicht nur der Auffassung, dass die Rechtsstaatlichkeit in Polen systemisch gefährdet sei, sondern auch die Pressefreiheit. Seitdem die polnische Regierung höchste Positionen in öffentlich-rechtlichen Medien selbst besetzen kann, ist die Unabhängigkeit der Presse nicht mehr gewährleistet (vgl. Spiegel 2016).


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HALTUNG IN DER FLÜCHTLINGSDEBATTE Die aktuelle PiS-Regierung verhängte nach den Anschlägen in Brüssel am 22.03.2016 einen Aufnahmestopp, um zu verhindern, dass „sich islamische Terroristen nach Polen einschleusen“ (vgl. Mattern 2016; Mattern 2016a; Zeit 2016). Schon im Wahlkampf 2015 hatte die PiS Angst vor muslimischen Flüchtlingen im Wahlkampf instrumentalisiert, obwohl in Polen kaum Menschen muslimischen Glaubens leben (vgl. Pallokat 2016; Zeit 2016). Der polnische Außenminister Witold Waszczykowski moniert: „nicht alle [Länder] in Europa können sich so eine Politik, wie Deutschland sie vorschlägt, leisten“. Polen hätte „sehr begrenzte Kapazitäten und Möglichkeiten“, deshalb müsse die Sozial- und Beschäftigungspolitik vorrangig behandelt werden. Die Ministerpräsidentin Szydło konstatierte in ihrer Regierungserklärung, dass es Solidarität mit anderen Ländern nur bei Naturkatastrophen gäbe (vgl. Herzing, Kellermann 2016). Die Haltung zur Verteilung von Flüchtlingen teilt Polen sich mit den anderen drei Mitgliedern der informellen Visegrád-Gruppe Tschechien, Slowakei und Ungarn. Beim Visegrád-Treffen sprach Szydło von der „Bildung eines europäischen Grenzschutzes“ und der Sicherung der Außengrenzen der EU (vgl. Gnauck 2016). Während Deutschland um gesamteuropäische Lösungen bemüht ist, sieht vor allem die aktuelle polnische Regierung Lösungen eher in einem europäischen Verbund souveräner und nationalistisch ausgerichteter Nationalstaaten.

BEZIEHUNGEN ZU DEUTSCHLAND Die Vereinbarung im Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht vor, die Partnerschaft mit Polen weiter zu vertiefen (vgl. Auswärtiges Amt 2016). Dass es sich um eine zunehmend schwierige Part-

nerschaft handelt, wird an dieser Stelle vom Auswärtigen Amt diplomatisch verschwiegen und umschrieben, stattdessen habe die Beziehung von Deutschland und Polen eine „einmalige Dynamik entwickelt“ (ebd.). Im Vorfeld des Beitritts Polens zur EU war die Akzeptanz dieses Vorhabens in der öffentlichen deutschen Meinung nicht besonders groß, bald erwies sich der Beitritt wirtschaftlich betrachtet allerdings als Glücksfall, Deutschland wurde der größte Handelspartner von Polen; der EU-Binnenmarkt sorgt für angenehmen Waren- und Dienstleistungsverkehr. In der Flüchtlingsdebatte, beziehungsweise die Frage der Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union endet die wohlwollende Beziehung. Kanzlerin Merkel setzt auf die sogenannte Willkommenskultur, Polen hat die Tür zugemacht. Polen scheint sich derzeit im Spannungsfeld zu befinden; einerseits die Zusammenarbeit mit Frankreich und Deutschland, andererseits im Verbund mit drei osteuropäischen Ländern, um ein Gegengewicht zum „Kerneuropa“ zu bilden.

AUSBLICK Um Polen inhaltlich wieder mehr an die EU zu binden, kann gefragt werden, ob eine kurz- beziehungsweise mittelfristige Hinwendung zu einer Realpolitik in Polen zielführend sein kann. Offensichtlich fehlt derzeit eine hinreichende Identifizierung mit der EU und es besteht anscheinend der Wunsch nach mehr nationalstaatlicher Souveränität. Um die Zusammenarbeit innerhalb der EU zu gewährleisten, ist es wichtig, dass sich jedes Mitgliedsland gehört und ernst genommen fühlt, denn die EU ist langfristig nur so stark wie ihre Mitgliedsländer. Allerspätestens der Brexit hat gezeigt, dass sich die Europäische Union in ihrem Inneren verändert. | 93 |


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Auch wenn einige Veränderungen Angst machen, so ist doch die Herausforderung ihnen angemessen zu begegnen und sie nicht nur zu bekämpfen. Eine bloße Symptombehandlung, um das Konstrukt EU unbedingt aufrechtzuerhalten, wird langfristig scheitern. Polen zeigt gerade, wie sich ein Land innen- und außenpoltisch darstellt, wenn es den inhaltlichen Anschluss verpasst hat. Wenn Deutschland sich für ein starkes Europa einsetzen will, muss es dafür eintreten, dass die Spannungen, die sich zwischen Ost- und Westeuropa aufgebaut haben, wieder abgebaut werden. Die Verhandlungen zum Brexit können eine Chance sein, die Interessen der Visegrád-Länder mit denen der anderen zu vereinigen und so ein positives Signal zu setzen, eben auch, was die Zugehörigkeit zu Brüssel angeht. Ein Austritt Polens aus der EU scheint derzeit unwahrscheinlich, dennoch ist eine engagierte und freiwillige Kooperation der Mitgliedsländer essentiell für das Gefüge Europas. Besonders nach dem Brexit sollte es unbedingtes Anliegen sein, die Gemeinsamkeiten zu betonen und die Unterschiede zu achten, es geht darum, nationalistischen Tendenzen klug entgegenzutreten und ihnen schrittweise die Argumentationsgrundlage zu entziehen.

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Polen heute – Verwaltungsgliederung & Zuständigkeiten in der Raumplanung und der Wirtschaftsförderung – TERESA MUMDEY –

DER STAATS- UND VERWALTUNGSAUFBAU POLENS Das Mehrebenensystem in Polen gliedert sich in eine nationalstaatliche Ebene und drei subnationale Ebenen. Die subnationalen Ebenen sind die Wojewodschaften, die Kreise und die Gemeinden. Die Ebenen stehen jedoch in keiner Hierarchie zueinander, sondern haben unterschiedliche Aufgaben und sind unabhängig voneinander. NATIONALS TA ATLICHE VERWALTUNGSEBEN

WOJE WODSCHAF TEN

KREISE

INFOBOX Die Verwaltung in Polen gliedert sich in die nationalstaatliche Ebene, die Ebene der Wojewodschaften, die Kreisebene und die Gemeindeebene. In der räumlichen Planung Polens finden lediglich drei der vier Verwaltungsebenen ihre Zuständigkeiten. Die Kreisebene spielt nur eine untergeordnete Rolle in Bezug auf Baugenehmigungen. Raumbewirtschaftungspläne werden auf allen drei Ebenen erstellt, wobei die Gemeinden für die tatsächliche Umsetzung der Programme verantwortlich sind. Der Inhalt der Pläne ist stark wirtschaftlich geprägt und regelt vornehmlich die Nutzung von Flächen.

GEMEINDEN Abb. 7: Raumplanungsebenen in Polen (eigene Darstellung)

WOJEWODSCHAFTEN

KREISE

Polen ist in 16 Wojewodschaften eingeteilt. Diese sind die größte subnationale Ebene und der staatlichen Regierung untergeordnet. Ihre territoriale Selbstverwaltung führen die Wojewodschaften dennoch aus. Dieses System wird als Dualismus in der Verwaltung bezeichnet. Räumliche Planung und Entwicklung mit regionalem Bezug sind typische Aufgaben der Wojewodschaften. Dabei fertigen sie Entwicklungsstrategien und Raumbewirtschaftungspläne an und gestalten somit planerisch die jeweilige Region.

Die Aufgaben der Kreise sind in ihrer räumlichen Ausdehnung den Wojewodschaften untergeordnet, aber dennoch in ihrer Bedeutung mit gemeindeübergreifender Relevanz. Die Aufgaben sind deutlich von denen der Gemeinden getrennt und vervollständigen diese. Die Kreise sind für öffentliche Aufgaben mit höherrangiger Reichweite zuständig.

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GEMEINDEN Gemeindliche Aufgaben sind in Polen heute nicht mehr vom Zentralstaat auferlegt, sondern allein in der Selbstverwaltung der Gemeinden angesiedelt. Hierbei greift das Subsidiaritätsprinzip. Alle Aufgaben sollen demnach auf der möglichst niedrigsten Ebene selbstverantwortlich vollzogen werden. Wirtschafts- und Raumbewirtschaftungspläne werden folglich auf Ebene der Gemeinden aufgestellt. Das Eingreifen einer höherrangigen Ebene in gemeindliche Zuständigkeiten ist lediglich bei Rechtsverstößen zulässig (vgl. Erdmann 2012: 125 ff.).

DAS RAUMPLANUNGSSYSTEM Die Raumplanung gliedert sich in die übergeordnete nationale, die regionale und die lokale Ebene. Diese sind identisch mit der Ebene des Nationalstaates, der Wojewodschaften und der Gemeinden. Die Kreisebene nimmt in der räumlichen Planung lediglich eine untergeordnete Rolle ein. Die nationalstaatliche Raumplanungsebene passt Ziele der Wojewodschaften an die Ziele des Nationalstaates an. Die Wojewodschaften erstellen Strategien und Programme zur räumlichen Entwicklung und fertigen einen Raumbewirtschaftungsplan an, der auf das Gebiet der jeweiligen Wojewodschaft ausgerichtet ist. Die Gemeinde ist auf lokaler Ebene für die Raumbewirtschaftung zuständig. Die Nutzung, Bewirtschaftung und Bebauung von Flächen wird explizit auf dieser Raumplanungsebene geregelt. Aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln in den Gemeinden werden solche Raumbewirtschaftungspläne jedoch nur selten aufgestellt. „Das Prinzip der guten Nachbarschaft“ soll helfen, die Bebauung in unbeplanten Gebieten trotzdem zu ermöglichen. Es besagt, dass ein Bauvorhaben ausgeführt werden kann, sofern ein Gebäude mit derselben Nutzung in der Straße vorhanden ist.

Dieses, als Übergangslösung angedachte, System hat eine unvorhergesehene Eigendynamik entwickelt und löst vielerorts die Notwendigkeit eines Raumplanes ab. Jedoch werden fehlende gesamtplanerische Programme und unkontrolliert bebaute Gebiete zunehmend zum Problem. Eine Lösung hierfür wurde bisher nicht gefunden (vgl. Erdmann 2012: 125 ff.).

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG IN POLEN Wirtschaftsförderung ist in Polen im herkömmlichen Sinne an das System der Raumplanung gekoppelt. Im Raumbewirtschaftungsplan werden Nutzungen der im jeweiligen Gebiet vorhandenen Flächen festgelegt. Wirtschaftliche Interessen stehen dabei sehr stark im Vordergrund. Das System hat weniger planerische, als vielmehr nutzen- und vor allem gewinn-orientierte Ausrichtungen (vgl. ARL 2012). Die Wojewodschaft Niederschlesien hat in einem groß angelegten Projekt eine Strategie aufgestellt, die an regionale bzw. lokale Begebenheiten angelehnt ist. Diese bietet die Grundlage, um strategische Wirtschaftsförderung zu betreiben. Zunächst wurden die vorhandenen Gegebenheiten analysiert, die eine fundierte Grundlage für den Aufbau auf endogenen Potenzialen bieten. Weiterhin wurden Ziele definiert und durchgeführte SWOT – Analysen aufgezeigt. Die Entwicklungsstrategie verfolgt somit einen ganzheitlichen Ansatz und ist wissenschaftlich fundiert (vgl. Marschallamt der Woiwodschaft Niederschlesien 2014). In Niederschlesien sind auch Wirtschaftsförderinitiativen in Kooperation mit deutschen Organisationen ansässig. Sie sehen sich als Netzwerk zwischen den Ländern und initiieren Projekte in Partnerschaftlicher Zusammenarbeit (vgl. Deutsch-polnische Entwicklungsgesellschaft mbh 2016).

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| Polen Heute

REFLEXION: DEUTSCH-POLNISCHE ZUSAMMENARBEIT Das polnische Verwaltungssystem ähnelt dem deutschen Verwaltungsaufbau. Jedoch verfolgt Deutschland in der Raumplanung eine strikte Trennung der einzelnen Aufgabenbereiche. In Polen laufen Aufgaben oft parallel. Die einzelnen Ebenen der Raumplanung stellen ihre jeweiligen Raumbewirtschaftungspläne auf, die sich teilweise in ihren Zuständigkeiten überschneiden. Eine Abstimmung der einzelnen Ebenen gibt es oft nicht. Auch einige Ämter in Polen weisen keine klare Aufgabenteilung auf und überschneiden sich in ihren Kompetenzen und Zuständigkeiten. Auf unserer Exkursion haben wir die Bedeutsamkeit einer guten Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen kennenlernen dürfen. Das bedeutet nicht, dass die deutsch-polnische Grenzregion ein Musterbeispiel darstellt, sondern dass vielerlei interessante Ansätze existieren, die ausbaufähig sind, aber in ihrer Grundidee lehrreiche Gedanken vereinen (s. Kapitel Görlitz/Zgorzelec). Polen hat in einigen Strukturen andere Voraussetzungen als Deutschland. Trotzdem erweckt es den Anschein, dass beide Länder bemüht sind, Kooperationen aufzubauen und die Zusammenarbeit insbesondere im wirtschaftlichen Sektor auszubauen. Verwaltungs- und raumplanerische Strukturen stellen dabei kein Hindernis dar.

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Polen Heute |

FOTO | N.SER.

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TAG 4 | NIEDERSCHLESIEN & DAS HIRSCHBERGER TAL NINA KELDENICH-MARMUCKI Niederschlesien: Geschichte & Geographie LISA MILBRANDT

Das schlesische Elysium: Geschichte & Entwicklungen

JANA SCHUBERT

Schlosshotels im Hirschberger Tal - touristische Potenziale


NIEDERSCHLESIEN & DAS HIRSCHBERGER TAL

Geschichte und Tourismus


| Niederschlesien & das Hirschberger Tal

Niederschlesien: Geschichte, Geographie und die Zusammenarbeit mit Sachsen

GESCHICHTE 1919-1922

Volksabstimmung über die Zugehörigkeit Oberschlesien und Bürgerkrieg Ostoberschlesien fällt an

– NINA KELDENICH-MARMUCKI –

Polen Ab 1933

prekäre wirtschaftliche und politische Situation in Schlesien führt

STECKBRIEF Niederschlesien: polnisch: Dolnośląskie • • • • • • • • •

Woiwodschaft im südwestlichen Polen Flächengröße 19.948 km² 2,85 Mio. Einwohner Hauptstadt Breslau grenzt an Tschechien und Deutschland (Sachsen) Industriegeprägter Nordteil Landschaftliche Besonderheiten im Südteil: schlesisches Tiefland & Hirschberger Tal Sudetengebirge/Riesengebirge (höchster Berg: Schneekoppe, 1.600 Meter)

die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter Partei (NSDAP) zum Erfolg 1941 Polenfeldzug Teile Polens werden wieder angegliedert Ab 1945 Ansiedlung von Polen in Schlesien Kommunistische Herrschaft fördert Schwerindustrie in Nieder- und

Oberschlesien Vernachlässigung der Landwirtschaft, Kleinindustrie Handwerk und Tourismus Ansiedlung von über hundert tausend Juden 1989

Der geschichtliche Hintergrund Niederschlesiens verrät eine Menge über die heutige kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung. Niederschlesien und weitere Teile Polens sind seit hunderten von Jahren geprägt durch verschiedene Herrschaftshäuser und Kulturen. Besonders der Zweite Weltkrieg und die Nachkriegszeit prägte die Beziehung zwischen Polen und Deutschland (siehe Zeittafel).

messe 1991

Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit

2004

Polen in die Europäische Union

2007

Schengener Abkommen der Europä-

HEUTE: NIEDERSCHLESIEN IN ZUSAMMENARBEIT MIT SACHSEN Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der Republik Polen und der Tschechischen Republik spielt im Freistaat Sachsen, insbesondere nach

Deutsch-Polnische Versöhnungs-

ischen Union 2016

Breslau ist Kulturhauptstadt Europa Tabelle: Eigene Darstellung nach Herzig 2015:118 f.

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Niederschlesien & das Hirschberger Tal |

Vitrine im Schlesischen Museum in Görlitz, FOTO | N.SER.

der EU-Erweiterung zum 1. Mai 2004, eine besondere Rolle. Die Kooperation über Ländergrenzen hinweg hat daher auch Eingang in den Landesentwicklungsplan (LEP) 2003 gefunden. Raumordnerische Leitbilder wurden auch für das Gebiet entlang der deutsch-polnischen Grenze erstellt und im Jahr 2002 aktualisiert. Ein erheblicher Teil der auf Sachsen in den Jahren 2007 bis 2013 entfallenden EU-Strukturfonds wurde für die Entwicklung der Grenzregion eingesetzt. Die Siedlungsstruktur des Fördergebiets ist überwiegend ländlich geprägt (vgl. sachsen.de 2016).

PRAXISBEISPIEL „EUROPÄISCHER STRUKTURFOND“ Im Rahmen der Landesentwicklung Sachsen werden Projekte wie „Gemeinsam für den Grenzraum Niederschlesien-Sachsen - Razem dla Pogranicza Dolny Śląsk-Saksonia“ initiiert. Das Projekt wird von der Europäischen Union aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen des Operationellen Programms der grenzübergreifenden Zusammenarbeit Sachsen – Polen 2007 – 2013 finanziert. Die Projektlaufzeit belief sich auf Januar 2012 - Dezember 2014. Darunter wurden Themen wie das Euro-Neiße-Ticket, eine Wanderausstellung und die lernende Verwaltung bearbeitet. Das zuletzt genannte Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, den MitarbeiterInnen Kenntnisse über die Strukturen der Verwaltungen in Polen und in Deutschland zu vermitteln und das Verständnis für das jeweilige Verwaltungshandeln zu erzeugen. Im Projekt sollen Lösungsansätze entwickelt werden, wie trotz institutioneller Unterschiede das Verwaltungshandeln problemorientiert gestaltet werden kann (vgl. sachsen.de 2016).

EXKURSION: SCHLESISCHES MUSEUM Auf unserer Exkursion besuchten wir das Schlesische Museum in Görlitz, das seit 2006 Ausdruck für eine Zeit der Verbundenheit und Freundschaft der deutsch-polnischen Geschichte sein soll. Frau Dr. Annemarie Franke, Kulturreferentin des Museums, bot uns eine kurze Führung durch das schlesische Museum und hielt anschließend einen Vortrag im Medienraum des Museums. Hier zeigte sie uns auch den Imagefilm des deutschen Kulturforums. Interessant war, dass jeder vierte der heutigen deutschen Bevölkerung, einer neuen Generation von Aussiedlern aus den alten deutschen Gebieten in Polen vor 1945 angehört. Noch heute gibt es ganz viele deutschsprachige polnische Bürger in Polen. Während des Vortrags wurde deutlich, dass das kulturelle Zusammenleben der Bevölkerung erst nach 1945 durch den politischen- und Nationalwechsel eine starke Veränderung erfuhr, da die bisherige deutsche Bevölkerung nicht mehr in den neuen polnischen Gebieten akzeptiert und vertrieben wurde. Dennoch führten einige Menschen deutscher Herkunft über mehrere Generationen ihr Leben in Polen fort. Der kulturelle Ausdruck wurde seit 1945 in Sprache, Religion und Tradition unterbunden. Frau Franke schilderte sehr bildhaft den deutsch-polnischen Bevölkerungswechsel. WWDie vertriebenen Deutschen mussten Haus und Hof abrupt verlassen. KOMMENTAR: „Frau Franke arbeitet in Deutschland und lebt in Polen. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, wie die deutsch-polnische Zusammenarbeit über Grenzen hinweg funktionieren kann.“ | 103 |


| Niederschlesien & das Hirschberger Tal

NACHTS IM MUSEUM

„ Als Museum sind wir der Wegweiser für den europäischen Blick auf die schlesische Geschichte.“ Dr. Annemarie Franke Kulturreferentin des schlesischen Museums, Görlitz

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FOTOS | N.SER.

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| Niederschlesien & das Hirschberger Tal

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Schloss Bukowiecz und Sitz des Verbandes der Riesengebirgsgemeinden, FOTO | N.SER.


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Das schlesische Elysium: Geschichte & aktuelle Entwicklung des Hirschberger Tals, der Schlösser und Gärten – LISA MILBRANDT –

Der vierte Exkursionstag stand unter dem Thema Regionalentwicklung und Tourismus im Hirschberger Tal. Schon während der Busfahrt von Görlitz nach Bukowiecz (Buchwald) stimmte uns Dr. Annemarie Franke, Kulturreferentin für Schlesien beim schlesischen Museum in Görlitz, auf den ersten Exkursionspunkt ein. Sie begleitete uns als Expertin für die Kulturregion Schlesien und als Übersetzerin für das Gespräch mit Witold Szczudłowski, dem Direktor des Verbandes der Riesengebirgsgemeinden mit Sitz in Schloss Bukowiecz.

GESCHICHTE DES HIRSCHBERGER TALS Das Hirschberger Tal liegt im Südwesten von Polen in der Woiwodschaft Dolnośląskie (Niederschlesien). Als natürliches Vorland des Riesengebirges bietet das Hirschberger Tal beeindruckende Aussichten auf die Berge. Seine Blütezeit hatte das Hirschberger Tal im 19. Jahrhundert als der europäische Hochadel das Tal als Sommerfrische entdeckte. Es entstanden zahlreiche Burgen, Herrenhäuser und Schlösser mit großzügigen Garten- und Parkanlagen. Dies führte zur überregionalen Bekanntheit des Hirschberger Tals als „Schlesisches Elysium“. Der 2. Weltkrieg brachte einen Einschnitt in die bis dahin 800-jährige kulturelle Kontinuität des Landes. Der größte Teil der deutschen Bevölkerung wurde aus Schlesien vertrieben. Einige der Schlös-

INFOBOX Die Blütezeit des Hirschberger Tals war im 19. Jahrhundert als der europäische Hochadel das Tal als Sommerfrische entdeckte. Es entstanden zahlreiche Burgen, Herrenhäuser und Schlösser mit großzügigen Garten- und Parkanlagen. Dies führte zur überregionalen Bekanntheit des Hirschberger Tals als „Schlesisches Elysium“. Heute werden viele der herrschaftlichen Anwesen als Hotels oder kulturelle Begegnungszentren genutzt. Der Verband der Riesengebirgsgemeinden kümmert sich hauptsächlich um die Themen Abfallwirtschaft, ökologische Bildung und die Organisation von Veranstaltungen.

ser und Herrenhäuser wurden von polnischen Neusiedlern bezogen, die meisten aber wurden für staatliche Aufgaben genutzt (z. B.: Schulen, Kinderheime oder Verwaltungssitze der Staatsgüter). Unter den Neusiedlern gab es wenig Bewusstsein für das kulturelle Erbe des Landes und daher auch keine Baupflege. Die Folgen waren Verfall und Verwahrlosung der einst herrschaftlichen Häuser. Erst mit der politischen Wende in Ostmitteleuropa gab es eine Rückbesinnung auf die kulturellen, aber auch wirtschaftlichen und touristischen Werte der Schlösser- und Parklandschaft und es begann die Wiederbelebung des gemeinsamen kulturellen Erbes von Deutschen und Polen (vgl. Franke 2016).

AKTUELLE ENTWICKLUNG DES HIRSCHBERGER TALS Seit den 1990er Jahren bemühen sich private Investoren und seit 2005 auch die Stiftung Schlösser und Gärten im Hirschberger Tal um die Restauri| 107 |


| Niederschlesien & das Hirschberger Tal

erung der vergessenen und teilweise verfallenen Anlagen. Viele der herrschaftlichen Anwesen wurden seitdem erneuert, einige werden als Hotels oder kulturelle Begegnungszentren genutzt. Die Ziele der Stiftung sind Pflege und Wiederherstellung des Kulturraums, Organisation von Veranstaltungen und Fördermittelakquise für die Restaurierung und den Wiederaufbau der Objekte. 2011 wurden elf Residenzen auf die Liste der Nationalen Geschichtsdenkmäler aufgenommen, darunter Schloss Łomnica (Lomnitz), Wojanów (Schildau) und Staniszów (Stonsdorf). Zu den Projekten, die im Fokus der Stiftung stehen, zählt auch der Wiederaufbau von Schlossvorwerk und Park in Bukowiec. Dabei soll im ehemaligen Vorwerk ein Schulungs- und Bildungszentrum mit

|Blick 108auf| das Riesengebirge mit Schneekoppe FOTO | N.SER.

einfachen Übernachtungsmöglichkeiten entstehen. Die bereits restaurierte Scheune dient heute als Veranstaltungsort für Ausstellungen, Lesungen und Konzerte (vgl. Klöppel 2014). Beim Rundgang durch den Park konnten wir uns persönlich davon überzeugen.

FACHGESPRÄCH IN SCHLOSS BUKOWIEC (BUCHWALD) Szczudłowski empfing uns in einem kleinen, stuckverzierten Saal des Schlosses. Er informierte uns über das Motiv zur Gründung und den Aufbau des Verbandes der Riesengebirgsgemeinden sowie über aktuelle Projekte. Der Verband besteht aus sieben Mitgliedsgemeinden und ist seit 1992 tätig. Motiv für seine Grün-


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Dr. Annemarie Franke und Witold Szczudłowski beim Rundgang durch das Schloss Bukowiec, FOTO | N.SER.

dung waren im Wesentlichen zwei kommunale Aufgaben, die im Verbund einfacher zu lösen waren, als allein: Abfallwirtschaft und Telekommunikation. Der Vorstand des Verbandes bestimmt unter anderem die Mitarbeiter des Büros: Szczudłowski ist der Geschäftsführer und es gibt sieben weitere Angestellte.

ABFALLWIRTSCHAFT In den letzten beiden Jahrzehnten hat der Verband ein professionelles Abfallwirtschaftssystem auf die Beine gestellt. Ein Grund dafür waren die verschärften gesetzlichen Vorschriften zum Thema Müllwirtschaft nach dem Beitritt Polens zur EU in 2004. Eine zusätzliche Herausforderung lag in der Akquirierung von Fördermitteln, um sich in diesem Bereich weiter zu modernisieren. Als regionales Abfallwirtschaftsunternehmen müssen, laut Szczudłowski, bestimmte Voraus­setzungen erfüllt werden, wie zum Beispiel die beste auf dem Markt zur Verfügung stehende Technologie zu verwenden. Um diesem ständigen Entwicklungsdruck Stand halten zu können, gründete der Verband eine GmbH, die sich ausschließlich auf den Bereich Abfallwirtschaft konzentriert und zu 100 % Eigentum des Verbands ist. Die Abfallwirtschaft sei ein schwieriges Tätigkeitsfeld, weil ständig Aufklärung erfolgen müsse, wie mit dem Müll verfahren werden soll. Auch gebe es in Polen bisher noch keine klaren Vorschriften für

eine Kennzeichnung der Produkte, die für Recycling gedacht sind, erzählte Szczudłowski. Um das Thema Abfallwirtschaft voranzubringen, bemüht sich der Verband darum, Fördergelder zu akquirieren. In den letzten 15 Jahren ist es ihm gelungen, acht Millionen Euro für diesen Bereich einzuwerben. Aktuell werden noch einmal vier Millionen beantragt, die letzte Möglichkeit, Mittel über die EU-Strukturfonds zu bekommen.

FAZIT Schon bei der Recherche vorab war der Eindruck entstanden, dass es im Hirschberger Tal keine zentrale Stelle für Regionalentwicklung und Tourismus gibt. Unter dem Begriff Hirschberger Tal konnten zwar einige Einträge online gefunden werden, dabei handelte es sich aber zumeist um Magazine und Zeitschriften, die über die aktuelle touristische Entwicklung des Tals berichten. Als Hauptakteur in der Vermarktung des Tals unter dem Namen Hirschberger Tal der Schlösser und Gärten tritt im Internet die gleichnamige Stiftung auf, die oben beschrieben wurde. Das Gespräch mit Szczudlowski gab Aufschluss über die regionalen Versorgungs- und Entwicklungsstrukturen, bestätigten aber auch den Eindruck, dass es keine Zusammenarbeit der einzelnen Akteure (Verband, Stiftung, Schlossbesitzer, Nationalpark, Landschaftspark) im Sinne einer gemeinsamen regionalen Entwicklung gibt. Zwar | 109 |


| Niederschlesien & das Hirschberger Tal

gibt es projektbezogene Kooperationen, vielmehr aber kochen diese bisher jeweils noch ihr „eigenes Süppchen“. Interessant für uns war noch zu sehen, welche Rolle Fördergelder in der Regionalentwicklung im Hirschberger Tal spielen und für welche Projekte sie eingesetzt wurden und werden – insbesondere die Mittel aus EU-Strukturfonds, mit denen wir uns im letzten Semester eingängig befasst haben. Nicht zuletzt konnten wir beim Rundgang durch die Parklandschaft des Schlosses Bukowiec am eigenen Leib erfahren, wie sich der europäische Hochadel in seinen Sommerresidenzen damals gefühlt haben muss.

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FOTO |U.H.


| Niederschlesien & das Hirschberger Tal

„Das Hirschberger Tal muss sich gemeinsam vermarkten, um das touristische Potenzial voll auszuschöpfen.“ Elisabeth von Küster Inhaberin Schloss Lomnitz

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Reisegruppe vor dem Schloss Lomnitz FOTOS | N.SER.


Niederschlesien & das Hirschberger Tal |

Schlosshotels im Hirschberger Tal – touristische Potenziale – JANA SCHUBERT –

ÜBERBLICK DER SCHLOSSHOTELS Insgesamt befinden sich im Hirschberger Tal ca. 33 Residenzen auf 100 Quadratkilometern. Damit hat das Hirschberger Tal die höchste Dichte an Burgen und Schlösser in Europa (vgl. Stiftung Hirschberger Tal der Schlösser und Gärten a). Je nach Quelle wurden ungefähr acht Häuser in ein Schlosshotel umfunktioniert und tragen damit wesentlich dazu bei, dass die historische und wertvolle Bausubstanz im Hirschberger Tal nicht weiter verloren geht. Außerdem sind sie oft Schauplatz von Veranstaltungen und Festivals, sodass das Tal zum Leben erweckt (vgl. Senfkorn Verlag & Schlesische Schatztruhe 2016; Tarmas 2014; Weirauch 2014; Stiftung Hirschberger Tal der Schlösser und Gärten b).

DER BEGINN DES AUFSCHWUNGS: SCHLOSS LOMNITZ Elisabeth und Ulrich von Küster haben 1991 das Schloss Lomnitz gekauft. Wie die meisten Gebäude zu der Zeit, war das Schloss eine Ruine, in der Bäume wuchsen und Decken fehlten, die Inneneinrichtung geplündert oder systematisch verbrannt war, sodass nur noch die Außenmauern standen. Die zu der Zeit noch Studierenden aus Berlin haben sich aber mit vielen Anstrengungen und Mut der Herausforderung gestellt und renovierten in kleinen Schritten das barocke Schloss. Eine Förderung gab es laut Frau von Küster kaum. Die Denkmalpflege in Polen unterstützt kaum und auch EU-Programme greifen selten. Daher gründeten sie den Verein zur Pflege schlesischer Kunst und Kultur, sodass sie auch die ehemaligen Nebenge-

INFOBOX Das Hirschberger Tal hat mit ca. 33 Residenzen auf 100 Quadratkilometer die höchste Dichte an Burgen und Schlösser in Europa. Acht davon wurden zu Schlosshotels umgebaut und haben damit den Anstoß gegeben, die zum großen Teil verkommenen Gebäude wieder aufzubauen und dem Tal den Glanz des 19. Jahrhunderts zurück zu geben. Sie bieten Schlafund Feiermöglichkeiten für Besucher und sind zunehmend kulturelle Zentren für Veranstaltungen und Feste. Besonders beliebt sind sie bei sogenannten Heimattouristen, die selbst vertrieben wurden aus Niederschlesien oder deren Angehörige sind.

bäude und Grundstücke nach und nach kaufen konnten. Um die Renovierung des großen Schlosses weiter finanzieren zu können, bauten sie das dazugewonnene Witwenschloss zu einem Hotel aus. Das Schlosshotel wurde zum Türöffner für die weitere Wiederherstellung und Anstoß für viele andere Besitzer im Tal, ebenfalls ihre Schlösser in Hotels auszubauen. Dank Familie Küster ist das Tal daher aus dem Dornröschenschlaf aufgeweckt worden.

DAS ANGEBOT Das Hirschberger Tal kann ein vielfältiges Angebot an Schlosshotels aufweisen. Die Variationen reichen von kleinen Herrenhäusern, herrschaftlichen Anwesen bis hin zu Burgen oder opulenten Luxushotels. Außerdem haben sich die Hotels auf unterschiedliche Bereiche spezialisiert wie Wellness, Luxusherberge oder Businesshotel. Übereinstim­ mungen | 113 |


| Niederschlesien & das Hirschberger Tal

gibt es vor allem im gastronomischen Bereich, da jedes der Schlosshotels ein Restaurant führt oder spezielle Einrichtungen wie Brauereien oder Schnapsbrennereien bereitstellt. Der regionale Bezug wird dabei bevorzugt.

DIE ZIELGRUPPE Durch die unterschiedlichen thematischen Schwerpunkte sprechen die Schlosshotels verschiedene Zielgruppen an. Mögliche Reisemotive können beispielsweise Businessmeetings und Tagungen, Wellness und Erholung, Veranstaltungen und Feiern wie Hochzeiten sowie Interesse an der Kultur und Historie sein. Dazu kommen Gourmetlieb­ haber, die sich an den Restaurants im historischen Ambiente und regionalen Spezialitäten erfreuen möchten. Aufgrund der Nähe zum Riesengebirge möchten die Schlosshotels auch Aktivtouristen wie Wanderer oder Fahrradfahrer ansprechen, wie auf den Internetauftritten der Hotels erkennbar wird. Positive Auswirkung hat zudem aktuell, dass das 100km entfernte Breslau Europäische Kulturhauptstadt. Das Schloss Lomnitz konnte bis zu 40% mehr Besucher verzeichnen. Es bleibt abzuwarten, wie nachhaltig sich der Anstieg hält. Wie wir von Frau von Küster erfahren haben, ist das Hirschberger Tal eher ein Wochenendziel der Polen. Das Schloss Lomnitz hat 80-85% deutsche oder westeuropäische und 10-15% polnische Hotel­ gäste. In der Woche sind es vorwiegend Hotelgäste, die bei ihnen essen. Am Wochenende sind es 50% Hotelgäste und 50% Polen.

DIE VERMARKTUNG Zunächst muss festgestellt werden, dass es keinen einheitlichen Auftritt der Schlosshotels gibt. Sowohl die Recherche vor der Exkursion als auch das Gespräch mit Frau von Küster des Schloss Lomnitz haben ergeben, dass die Schlosshotels zwar teilweise von der Stiftung Hirschberger Tal der Schlös| 114 |

ser und Gärten beworben werden, dies aber nicht vollständig und im großen Rahmen geschieht. Auf die Frage, ob sich die Schlosshotels als Konkurrenten sehen, hat Frau von Küster betont, dass sie sich als Gemeinschaft sieht, da alle das Ziel haben, das Hirschberger Tal zu beleben und Touristen anzulocken. Sie sagt aber auch, dass die Besitzer oft eine unterschiedliche Meinung davon haben, wie eine Zusammenarbeit aussehen soll. Kirchturmdenken ist im Tal noch sehr präsent. Zudem ist es laut Frau von Küster in Polen nicht verbreitet, dass sich Regionen und deren Akteure gemeinsam vermarkten. Diese Denkstruktur fehle sowohl bei den Verwaltungen als auch bei den Unternehmern.

FAZIT Mit dem Aufbau der Schlösser und dem Umbau in Hotels wurden die endogenen Potentiale erfolgreich erkannt und immer mehr genutzt. Sie tragen erheblich dazu bei, dass die Region belebt und beliebt wird und einen Aufschwung erleben darf. Das Tal hat ein großes touristisches Potential, das es zu nutzen gilt. Jedoch muss die Umsetzung und Nutzung des touristischen Potentials besser strukturiert und vor allem angeleitet werden. Die Exkursion hat gezeigt, dass dies nicht der Fall ist. Eine übergeordnete Organisation oder feste Institution könnte die Möglichkeit bieten, alle bereits vorhandenen kleinen Aktionen zu bündeln, damit es übersichtlicher wird, welche Akteure es bereits gibt und was sie erreichen möchten. Gerade die Schlosshotels sollten sich gemeinsam vermarkten und keine Einzelkämpfer bleiben, da sie nur auf diesem Wege die Chance haben, sich so zu präsentieren, dass potentielle Besucher auf sie aufmerksam werden. Sie sind zu klein und unbekannt, zusammen könnten sie hingegen eine viel größere Reichweite erreichen.


Niederschlesien & das Hirschberger Tal |

Hotel im kleinen Schloss, ehemaliger Witwensitz, FOTOS | N.SER.

Frau von Küster bemüht sich diesbezüglich und auch die Stiftung Hirschberger Tal der Schlösser und Gärten versucht zu vernetzen. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich das Tal in den nächsten Jahren entwickelt und, ob die polnische Regierung erkennt, dass sie diese einmalige Kulturlandschaft fördern sollte. | 115 |


| Breslau / Wrocław

TAG 5 | BRESLAU / WROC Ł AW MICHAEL KÜNNEMANN

Standort Wrocław / Breslau: Perspektive der Wirtschaft

NILS ANDREAE

Wrocław / Breslau: historische Entwicklung & aktuelle Dynamik

SARAH VON POBLOCKI

Breslau – Europäische Kulturhauptstadt 2016

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BRESLAU / WROCŁ AW DEUTSCH-POLNISCHE BEGEGNUNG Deutsche Vergangenheit und eine europäische Zukunft


| Breslau / Wrocław

Standort Wrocław / Breslau heute: Analyse aus der Perspektive der Wirtschaft – MICHAEL KÜNNEMANN –

INFOBOX Der Wirtschaftsstandort Wroclaw wird von sieben Wirtschaftssektoren entscheidend geprägt: Automobilbranche, IT-Branche, Elektronik/ Haushaltsgeräte, Maschinenbau, Chemie und Pharmaindustrie, Lebensmittel und Business Process Outsourcing. Diese Sektoren sind für die industrielle Struktur der Region bedeutend.

AUTOMOBIL

IT

ELEKTRONIK & HAUHALTSGERÄTE

CHEMIEUND PHARMAINDUSTRIE

LEBENSMITTEL

BPO

MASCHINENBAU

AUTOMOBILBRANCHE Die Automobilbranche zählt zu den wichtigsten Industrien in Wroclaw und der Region Niederschlesien. Allein 6,5% der Arbeitsplätze in der polnischen Wirtschaft stellt die Automobilbranche. Daher nimmt sie eine wichtige Rolle ein. Deshalb verstärkt Niederschlesien seit Jahren konsequent sein Potenzial in der Automobilindustrie. Dies geschieht durch den Ausbau der bestehenden Verkehrsinfrastruktur, Stärkung der zur Verfügung stehenden Personalabteilungen, Steigerung des Entwicklungspotenzials der technischen Hoch| 118 |

schulen sowie einer zunehmenden Zusammenarbeit mit mitteleuropäischen Automobil-Clustern (vgl. Standort Breslau 2014). Viele der weltweit führenden Automobilhersteller wie Toyota Motor Industries Poland und Volkwagen Motor Polska haben in der Nähe von Wrocław ihre Fabriken aufgebaut (vgl. Standort Breslau 2014).

IT-BRANCHE Überdies hat sich die niederschlesische Metropole durch die Ansiedlung von Unternehmen wie IMB,


Breslau / Wrocław |

Siemens oder Google zu einem wichtigen Standort für die IT-Industrie entwickelt. Forschungs- und Entwicklungszentren und das Outsourcing von Geschäftsprozessen (BPO) sind weitere Treiber der positiven wirtschaftlichen Entwicklung. In der Stadt fungieren über 350 IT-Unternehmen von verschiedenen Profilen. (vgl. Standort Breslau 2014).

LEBENSMITTEL Insgesamt wird dem Lebensmittelsektor ein bedeutendes Potenzial im Hinblick auf den Export zugeschrieben. Die Prognosen sind allgemein optimistisch, aufgrund der geringen Anfälligkeit für Konjunkturschwankungen.

BUSINESS PROCESS OUTSOURCING ELEKTRONIK UND HAUSHALTSGERÄTE In der hochentwickelte Elektronik und Haushaltsgerätebranche in Wrocław und dem Gebiet von Niederschlesien, ist eine besonders starke Entwicklung in der Produktion von Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten zu beobachten. In den letzten 10 Jahren hat die Region einen kräftigen Schub von Investitionskapital erhalten, die zur Schaffung eines elektronischen Cluster in Wroclaw beigetragen hat (vgl. Standort Breslau 2014). Diese begünstigte die Ansiedlung für Investoren der Elektronik-Industrie, wie große Unternehmen aus Korea, Japan und China.

MASCHINENBAU Die Region um Wroclaw und die Woiwodschaft Niederschlesien genießen einen etablierten Ruf einer attraktiven Region für den Maschinenbaubereich (vgl. Standort Breslau 2014). Durch den Zugang zu hochqualifizierten Arbeitskräften sowie vielen Forschungsinstituten, wird dieser Wirtschaftszweig dynamisch entwickelt.

CHEMIE- UND PHARMAINDUSTRIE Die Chemieindustrie zählt zu den führenden Branchen in Niederschlesien. Diese Industrie ist durch wesentliche Innovationskraft und intensive Forschung und Entwicklung gekennzeichnet, was zur Erhöhung ihrer Attraktivität in den Augen ausländischer Investoren beigetragen hat.

Seit 2008 steigert die Anzahl von Arbeitsplätzen in der BPO Branche in Polen um 20% jährlich (vgl. Standort Breslau 2014). Polen ist allgemein sehr attraktiv für Investoren. Grund ist die viel dynamischere wirtschaftliche Entwicklung im Vergleich zu anderen Ländern. Begünstigt wird dies auch durch die massiven Zuwendungen durch die EU-Fördertöpfe. Die Investoren schätzen desweiteren die Qualifikationen der polnischen Angestellten, als auch die vielfältigen Investitionsanreize.

FAZIT: STANDORTVORTEILE BRESLAU Indiz für die Konzentration und Integration in der Region sind die verschiedenen Branchencluster im Bereich Wroclaw. Neben den Produktionsnetzwerken gibt es auch regionale Dienstleistungsnetzwerke, wie die Forschungs- und Transferverbünde in der Region Wroclaw. Diese Forschungskooperationen sind wichtige Faktoren für die Innovationsfähigkeit des Standortes Wroclaw. Zu beachten ist die massive Unterstützung für die Firmen seitens der Stadtverwaltung und Wirtschaftsförderung. Die Unterstützung für die ausländischen Investoren geschieht durch ein attrak­ tives Angebot von Investitionsanreizen und Fördersystemen. Die sozioökonomischen, rechtlichen und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen des Standortes Wroclaw haben einen fördernden Einfluss. Der Standort Wroclaw hat es geschafft, sich den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und eine | 119 |


| Breslau / Wrocław

bessere Wertschöpfung zu erreichen. Zudem gewinnen im Fall einer fortgeschrittenen Produktion ebenfalls andere Aspekte der Investitionsattraktivität an Bedeutung. Deswegen erweitert Wroclaw ständig sein Kulturangebot, was Ausdruck u.a. in der Ernennung zur Europäischen Kulturhauptstadt 2016 findet (vgl. Standort Breslau 2014).

GESPRÄCHSRUNDE IM VERBINDUNGSBÜRO DES FREISTAATES SACHEN Eine passende Ergänzung zur Abrundung des Themas bildeten die Gespräche im Verbindungsbüro des Freistaates Sachen mit Herrn Grapatin und Frau Iwona Makowiecka, die Leiterin des Wrocławer Regionalbüros der AHK Polen. In den Vorträgen wurde deutlich, wie dynamisch sich die Wirtschaftsregion Wroclaw und Niederschlesien in den letzten Jahren entwickelt hat. Im Kern deckten sich die Aussagen mit den bereits vorgestellten Erkenntnissen. Frau Makowiecka betonte aber, dass trotz der fortgesetzten Ansiedlung von produzierenden Unternehmen die Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur ein wichtiges Ziel bleibt. Dies haben sich besonders die Wirtschaftsförderer wie die DAWG und die Investitionsagentur des Großraums Wrocław (ARAW) auf ihre Fahnen geschrieben. Anschließend folgte der Vortrag von Herrn Grapatin vom Verbindungsbüro des Freistaates Dresden. Aufgrund der geographischen Nähe bildet die Zusammenarbeit mit den polnischen Nachbarregionen einen Schwerpunkt in seinem Aufgabenbereich. Herr Grapatin wies darauf hin, dass sich die Zusammenarbeit in den letzten Jahren mit den polnischen Nachbarregionen herausragend entwickelt hat. Besonders da die Zusammenarbeit von Regionen und Städten jenseits nationaler Grenzen ein besonderes Verständnis für die verschiedenen politisch-administrativen Strukturen und Kulturen erfordert. Während die grenzüberschreiten| 120 |

de Zusammenarbeit auf deutscher Seite in der eigenverantwortlichen Kompetenz der föderalen Bundesländer liegt, erfordert die zentralstaatliche Ausrichtung Polens trotz eines begonnenen Dezentralisierungsprozesses weiterhin eine intensive Verständigung zwischen den regionalen Selbstverwaltungen der Wojewodschaften. Das sächsische Verbindungsbüro hat einen nicht unwesentlichen Anteil am Ausbau von Kooperationen und der Intensivierung dieser Beziehungen.


Breslau / Wrocław |

Vortrag von Andreas Grapatin im Verbindungsbüro des Freistaates Sachsen in Breslau, FOTO | Michael Künnemann

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| Breslau / Wrocław

Breslau / Wrocław historische Entwicklung & aktuelle Dynamik – NILS ANDREAE –

ZEITTAFEL Breslau/Wrocław 990 n Chr.: Polnische Piastendynastie 14. Jh.: Böhmische Herrschaft 16. Jh.: Habsburger Regentschaft 18. Jh.: Preußische Herrschaft 1811: Napoleonische Besatzung 19. Jh.: Deutsches Kaiserreich 20. Jh.: Weimarer Republik (Hauptstadt Niederschlesiens)

INFOBOX Die polnische Stadt Breslau/Wrocław hat eine sehr wechselvolle Vergangenheit hinter sich. Vor dem zweiten Weltkrieg war Breslau eine der bedeutendsten Städte im deutschen Reich. Nach der Einnahme der Stadt durch die rote Armee und durch die neuen Grenzziehungen wurde die deutsche Bevölkerung nahezu komplett vertrieben und Breslau dem Land Polen zugesprochen. Die neue polnische Bevölkerung, die meist aus östlicheren Gebieten fliehen musste, fand sich in einer fremden Stadt wieder. Erst im Laufe der Jahrzehnte, und besonders seit der Wende ‚89/‘90, dem Umsturz des kommunistischen Regimes, fingen die Einwohner der Stadt an, sich die Geschichte ihrer Stadt anzueignen und ein neues, multikulturelles Selbstverständnis zu entwickeln.

HISTORISCHE ENTWICKLUNG

ZWEITER WELTKRIEG

Um den besonderen Charakter Breslaus zu verstehen, muss zunächst der Blick auf die Vergangenheit der Stadt geworfen werden, welche durch die vielen Machtwechsel in den vergangenen Jahrhunderten geprägt ist (siehe Zeittafel). Breslau war durch den Bevölkerungsmix aus Deutschen, Polen und einer großen jüdischen Gemeinschaft lange ein bedeutendes kulturelles Zentrum, das viele Menschen aus anderen Regionen anzog. Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden bedeutende Bauwerke, wie die Kaiserbrücke oder die Jahrhunderthalle. In einer Volkszählung im Jahre 1910 gaben circa 95% der Einwohner Breslaus Deutsch und rund 3% Polnisch als Muttersprache an.

Aufgrund des zunehmenden Rassismus und Antisemitismus wurde bereits vor dem zweiten Weltkrieg der Großteil der polnischen und jüdischen Bevölkerung Breslaus vertrieben. Im zweiten Weltkrieg wurde Breslau zunächst lange von den großflächigen Städtebombardements der Alliierten verschont und war so Zuflucht vieler Flüchtlinge. Ende 1944 wuchs dadurch die Bevölkerung Breslaus auf knapp eine Million Einwohner an. Im Februar 1945 begann die dreimonatige Belagerung der roten Armee, bei der die zuvor relativ unbeschädigte Stadt zum Großteil durch erbitterte Straßenkämpfe in Schutt und Asche gelegt wurde. Am 6. Mai 1945 kapitulierte Breslau als eine der letzten deutschen Städte, zwei Tage vor Ende des Krieges.

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BRESLAU GEHÖRT WIEDER ZU POLEN Durch die neuen Grenzziehungen nach dem zweiten Weltkrieg wurde Breslau dem polnischen Staat zugehörig erklärt und nahm offiziell wieder den polnischen Namen Wrocław an. Die deutsche Bevölkerung wurde fast vollständig aus der ganzen Region Schlesien vertrieben und die neue Bevölkerung Breslaus setzte sich vor allem aus Polen zusammen, die aus ehemals polnischen Gebieten im Osten zwangsumgesiedelt wurden. Es fand eine Art riesiger Bevölkerungsaustausch statt. Die polnischen Neubürger Breslaus fanden sich in einer zerstörten, fremden Stadt wieder, die sie in den Jahrzehnten nach dem Weltkrieg mühsam wiederaufbauen mussten und zu der sie oftmals keinen Bezug hatten. Glücklicherweise wurden viele zerstörte Gebäude in historischer Weise wieder­aufgebaut, sodass große Teile der Innenstadt heute wieder in ihrem Originalzustand zu sehen sind. Das war keine Selbstverständlichkeit, denn der Umgang mit der deutschen Vergangenheit Breslaus erwies sich insbesondere in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg als kompliziert. Das kommunistische Regime versuchte, die Erinnerungen an die Vorkriegszeit zu unterdrücken. Zahlreiche deutsche Überbleibsel wurden dabei zerstört und alle Plätze und Straßen bekamen einen neuen polnischen Namen (vgl. BPB 2012).

DIE WENDE Mit der Wende 1989/1990 und dem Umsturz des kommunistischen Regimes konnten sich die Bewohner Breslaus endlich frei mit dem deutschen Erbe ihrer Stadt beschäftigen. Es fand ein „Wandel der Geschichtskultur“ (BPB 2012) statt, eine differenziertere Sichtweise auf die sehr wechselhafte Vergangenheit der Stadt und der ganzen Region Schlesien wurde ange-

FOTO | N.SER. Revitalisierungsprojekt Nadodrze (Odervorstadt) hier: Besuch des Treff- und Infopunkts „Nadodrze 5“, Quartiersmanagement

strebt, eine „Regionalisierung der Erinnerung“ (ebd.). In den 1990er Jahren wurden wichtige Investitionen im Bereich Infrastruktur getätigt, welche in den Jahrzehnten zuvor stark vernachlässigt wurde, und viele baufällige Gebäude wurden saniert. Zeitgleich entwickelte sich die Stadt ökonomisch sehr stark und durch die Öffnung Richtung Westen konnten sich große internationale Konzerne aus den Branchen Automobil, Pharmazie und IT ansiedeln (vgl. Bericht Künnemann). Durch den EU-Beitritt Polens im Jahr 2004 konnte die Internationalisierung weiter vorangetrieben und viele neue Fördergelder akquiriert werden. Heute hat sich Breslau als florierende Wirtschaftsmetropole im Dreiländereck Deutschland-Po­lenTschechien etabliert und zieht Touristen aus aller Welt an, indem es als „Stadt der Begegnung“ be| 123 |


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sonders den interkulturellen Charakter und die wechselvolle Vergangenheit Breslaus bewirbt (vgl. BPB 2012).

STADTFÜHRUNG: AKTUELLE DYNAMIK Während unseres Aufenthalts in Breslau wurde unsere Gruppe von Frau Renata Bardzik-Milosz durch die Stadt geführt. Viele Häuser entlang unserer Route im Stadtviertel Odervorstadt waren sehr stark heruntergekommen und wurden scheinbar zur Zeit des kommunistischen Regimes dem Verfall ausgesetzt. Einhergehend entwickelte sich das Quartier zu einem sozialen Brennpunkt zur Zeit des Sozialismus. Zu Besuch bei „Nado­drze 5“ – das Quartiersmanagement der Odervorstadt, welches versucht durch verschiedenste Projekte dem Viertel neues Leben einzuhauchen und ein neues Image zu verpassen, das nach Berliner Vorbild (Prenzlauer Berg, Kreuzberg, Friedrichshain) kreative junge Menschen anlocken soll. Im Gespräch mit der Quartiersmanagerin bestätigte sich auch die zwiegespaltene Identität der Breslauer und insbesondere der Bewohner der Odervorstadt. Vor der Wende waren offene Diskussionen über die deutsche Vergangenheit der Stadt unerwünscht. Durch Projekte soll nun vermehrt auf diese hingewiesen werden und die Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt gestärkt werden, wodurch wiederum ein erhöhtes zivilgesellschaftliches Engagement erhofft KOMMENTAR wird. Ein interessantes Projekt: Alles in allem wirkt Breslau nach wie vor sehr dynaalte Einwohner erzählen von ih- misch und es ist vielerorts eine gewisse Aufbruchs­ rem Leben vor und nach dem stimmung zu spüren, auch gerade aufgrund der zweiten Weltkrieg und geben so besonderen Geschichte der Stadt. ihre Geschichten und Erlebnisse Ich werde gespannt die weitere Entwicklung Bresan die jüngeren Generationen laus, speziell auch der Odervorstadt, im Auge beweiter. halten und hoffe, dass diese auch nicht durch den konservativ-nationalen Kurs der derzeitigen polnischen Regierung beeinträchtigt wird. | 124 |


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Stadtführung Breslau / Wroc ł aw | Breslau / Wrocław

Eine Reise durch die Vergangenheit, Gegenwart & Zukunft mit Frau Renata Bardzik-Milosz und Gesprächen vor Ort:

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• HART hostel & art • historische Altstadt (Rynek) • Revitalisierungsprojekt Nadodrze (Odervorstadt)

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Breslau – Europäische Kulturhauptstadt 2016 – SARAH VON POBLOCKI –

EUROPÄISCHE KULTURHAUPTSTADT ALS KATALYSATOR Die Europäische Kulturhauptstadt ist ein Programm der Europäischen Union zur Pflege des europäischen Kulturguts. Dahinter „steht die Idee des gegenseitigen Kennenlernens, der Annäherung und des interkulturellen Dialogs der Europäer“ (Stadt Wroclaw 2014). Besonders die Vielfalt sowie die Gemeinsamkeiten europäischer Kulturen sollen mithilfe dieses Programms hervorgehoben werden (vgl. KMK 2016). Europäische Kulturhauptstädte genießen im jeweiligen Austragungsjahr die Aufmerksamkeit von ganz Europa und leisten damit einen Beitrag bei der Suche nach einer neuen europäischen Identität. Das Zugehörigkeitsgefühl zu einem gemeinsamen europäischen Kulturraum soll gestärkt werden. Für ein Jahr stellen sie das kulturelle Zentrum Europas dar. Es finden Konzerte, Festivals, Ausstellungen und viele weitere künstlerisch-kulturelle Veranstaltungen statt, die sowohl Einwohner, als auch nationale und internationale Besucher ansprechen sollen. Aufgrund der erwarteten überregionalen Strahlkraft ist der Titel der Kulturhauptstadt für die Austragungsstätte aus wirtschaftlicher und touristischer Sicht von großer Bedeutung und dient dem Marketing und der beschleunigten Entwicklung der Städte (vgl. Stadt Wroclaw 2014)

INFOBOX Die polnische Stadt Breslau ist „Europäische Kulturhauptstadt“ 2016. Unter dem Motto „Räume für die Schönheit“ organisiert die Stadt über tausend künstlerisch-kulturelle Veranstaltungen. Breslaus will damit versuchen, der Bevölkerung einen besseren Zugang zu Kulturund Bildungsprogrammen zu ermöglichen und den Wiedererkennungswert der Metropole in ganz Europa zu steigern.

GESCHICHTLICHER HINTERGRUND Initiiert wurde das Programm von der griechischen Kultusministerin Melina Mercouri 1985 unter dem Namen „Kulturstädte Europas“. Seither wurde jedes Jahr eine europäische Stadt für den Titel ausgewählt. Im Jahr 1999 wurde das Programm umbenannt und trägt die heutige Bezeichnung `Europäische Kulturhauptstadt´ (vgl. KMK 2016, Stadt Wroclaw 2014). Aufgrund der im Jahr 2004 vollzogenen EU-Osterweiterung entschied man sich dafür, die zehn neuen Mitgliedsstaaten in besonderer Weise in das Programm der Europäischen Kulturhauptstädte zu integrieren, indem von 2009 bis 2018 jeweils ein altes sowie ein neues EU-Mitglied die Möglichkeit hat, eine Kulturhauptstadt zu ernennen (vgl. EUR Lex 2016).

„RÄUME FÜR DIE SCHÖNHEIT“ Mit dem Motto `Räume für die Schönheit´ konnte sich die Metropole Breslau im Jahr 2011 nach dreijähriger Bewerbungsphase durchsetzen und erhielt die Zusage für den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt 2016. Weitere fünf Jahre intensive Vorbereitungszeit folgten bis zum Veranstal| 129 |


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tungsjahr 2016, für das die Stadt ein vielseitiges Programm erarbeitet hat und sich damit als junge, moderne Metropole präsentieren will (vgl. Stadt Wroclaw 2014). etwa 1000 Veranstaltungen wie Festivals, Konzerte und Workshops sowie circa 400 künstlerisch-kulturelle Projekte und Aktivitäten in acht Kunstgattungen finden statt. Diese Kulturbereiche sind Oper, Theater, Architektur, Literatur, Film, Musik, Performance sowie Visuelle Künste, für die jeweils ein Kurator das Programm festlegt. Neben dem Motto `Räume für die Schönheit´ möchte Breslau unter dem Slogan `Metamorphosen der Kultur´ auch eine Vision vermitteln und das Ziel der `Vielfalt´ verfolgen (vgl. Stadt Wrocław 2015). Die Aufmerksamkeit, die Breslau als Kulturhauptstadt dieses Jahr genießt, möchte es dafür nutzen eine emotionale Botschaft zu überbringen, die ganz Europa erreichen soll und die sich auf den Pfeilern ihres historischen Erbes stützt:

„Die Zeit ist gekommen, […] [um] zu zeigen was die Stadt für einen enormen Beitrag zur Entwicklung Europas darstellt. Wir wollen der Welt von unserer Vergangenheit und Gegenwart erzählen. | 130 |

[…] Wir werden unsere Geschichte über das ganze Jahr 2016 nach außen tragen, ohne Komplexe, dafür im Bewusstsein des eigenen Selbstwertgefühls. […]. Und wir hoffen, dass sie zur Inspiration für diejenigen wird, die sich ihr öffnen und sie aufmerksam anhören“

(Wrocław 2016 Europejska Stolica Kultury).

Insbesondere strebt die Stadt danach, dass die Bewohner „die Kultur mitgestalten und ohne Einschränkung deren Vielfalt in Anspruch nehmen können […] [und einen] einfacheren Zugang zu Kultur- und Bildungsprogrammen haben“ (Wrocław 2016 Europejska Stolica Kultury). Zusätzlich zu einem besseren Image, erwarten die Organisatoren einen Aufschwung im Bereich der Wirtschaft und des Tourismus: Statt jährlich ca. drei Millionen Touristen rechnet die Stadt in diesem Jahr etwa mit dem Doppelten an Besuchern. Dabei betonen die Organisatoren regelmäßig, dass sich das vielseitige Programm nicht nur an Besucher aus ganz Europa richtet, sondern speziell an die Einwohner der Stadt Breslau. Die Breslauer sollen insofern von der Aktion profitieren, als dass bspw. die Infrastruktur sowie kulturelle


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Begegnungsstätten in den Vierteln ausgebaut werden (vgl. Wrocław 2016 Europejska Stolica Kultury, Krafczyk 2015).

BESUCH VOR ORT Im Zuge der Recherchen zur Kulturhauptstadt Breslau entwickelte sich vorab ein Bild, das eine große Präsenz des Projekts im öffentlichen Alltag erwarten ließ. Dieser Eindruck wurde vor Ort jedoch nicht bestätigt. Das offizielle Logo von Breslau als Kulturhauptstadt 2016 ist in der Stadt zwar allgegenwärtig und an nahezu jedem Laternenmast zu sehen (s. Abbildungen). Es erscheint jedoch fraglich, ob die lokale Bevölkerung diese Maßnahme wahrnimmt bzw. weiß, was sich hinter dem Titel verbirgt. Vor Ort gewährte uns die Stadtführerin und Dolmetscherin Renata Bardzik-Milosz bei einem Stadtrundgang interessante Einblicke in die Altstadt sowie die Odervorstadt von Breslau. Auf die Frage nach ihrem Eindruck von der Bedeutung und Präsenz der Kulturhauptstadt antwortete Frau Bardzik-Milosz, dass die Aktion ihrer Meinung nach in der breiten Bevölkerung schlecht kommuniziert wurde und lediglich „die Überzeugten überzeugt wurden“ (2016).

KOMMENTAR Auch unserer Einschätzung nach erreicht das Programm der Europäischen Kulturhauptstadt eher einen kleinen, kulturell interessierten Teil der Bevölkerung Breslaus. Der übrige Teil nimmt dieses nicht bewusst wahr bzw. spürt nicht viel von dem, was die Stadt dieses Jahr für ihre Bewohner sowie Besucher veranstaltet.

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„Exkursionen sind intensiv, manchmal anstrengend und dennoch ungeheuer anregend.“ Prof. Dr. Ulrich Harteisen

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SCHNAPPSCHUSS ZUM SCHLUSS | U.H.

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| IMKE SCHULZEK

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ANHANG


| Kontaktpersonen

KONTAKTPERSONEN TAG 1 | Senftenberg Frank Neubert Leiter der Wirtschaftsförderung Senftenberg Tel.: 03573 701-115 Tag + Nacht: 0162-4000762 E-Mail: frank.neubert@Senftenberg.de Danny Plötzke Inhaber von Interfish Tel: 03573 / 810 88 40 Mobil: 0172 8170874 E-Mail: firma@interfish.org

TAG 2 | Dresden & Umland Dr. Andreas Brzezinski Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden Telefon: 0351 4640-400 E-Mail: hgf@hwk-dresden.de Hannes Koch Ansprechpartner Wirtschaftsförderung, Handwerkskammer Dresden Telefon: 0351 4640-944 E-Mail: hannes.koch@hwk-dresden.de Thomas Ihle Geschäftsführer Bildguss Gebrüder Ihle Dresden Tel.: 0351 644 63 85 E-Mail: info@bildguss.de Internet: http://www.bildguss.de/ Stefan Richter Bäckermeister, Bäckerei Richter in Kubschütz bei Bautzen Tel.: 03591 / 22 65 6 E-Mail: info@baeckermeister-richter.de Internet: http://www.baeckermeister-richter.de/ | 138 |

TAG 03 | Görlitz-Zgorzelec Dr. Hartmut Wilke Amtsleiter für Stadtentwicklung, Görlitz Tel.: 03581 67-2110 E-Mail: stadtentwicklung@goerlitz.de Silke Baenisch Koordinatorin Bürgerbeteiligung und Asyl Tel.: 03581 67-2000 E-Mail: buergerbeteiligung@goerlitz.de Eva Wittig Prokuristin Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH, Görlitz Tel.: 03581 4757-41 E-Mail: willkommen@europastadt-goerlitz.de Schlesisches Museum Görlitz Dr. Annemarie Franke Kulturreferentin des schlesischen Museums, Görlitz Tel.: 03581 / 8791-116 E-Mail: afranke(at)schlesisches-museum.de TAG 04 | Hirschberger Tal Schloss Bukowiec/Buchwald Witold Szczudłowski Direktor des Verbandes der Riesengebirgsgemeinden Internet: http://www.karkonosze.eu Schloss Lomnitz Elisabeth von Küster Eigentümerin und Managerin des Schlosses Lomnitz Tel.: +48(75) 71 30 460 E-Mail: hotel@schloss-lomnitz.pl Internet: http://www.palac-lomnica.pl/de


Kontaktpersonen |

TAG 05 | Wrocław/Breslau Stadtführung Renata Bardzik-Milosz Fremdenführerin, Breslau Andreas Grapatin Leiter des Verbindungsbüros des Freistaates Sachsen in Breslau Tel.: (+48) 7 13 37 82 64 E-Mail: Andreas.Grapatin@pl.sk.sachsen.de Iwona Makowiecka Regionalbüro Deutsch-polnische Industrie- und Handelskammer, Breslau Tel.: +48 71 79 48 335 E-Mail: imakowiecka(at)ahk.pl

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| Quellenverzeichnis

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ENDOGENES POTENZIAL ENDOGENES POTENZIAL ENDOGENES POTENZIAL ENDOGENES POTENZIAL ENDOGENES POTENZIAL ENDOGENES POTENZIAL ENDOGENES POTENZIAL ENDOGENES POTENZIAL ENDOGENES POTENZIAL ENDOGENES POTENZIAL ENDOGENES POTENZIAL ENDOGENES POTENZIAL



HAWK Hochschule fßr angewandte Wissenschaft und Kunst | Fakultät Ressourcenmanagement | Wintersemester 16/17


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