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19. Internationale Schillertage
WIR MÜSSEN BEREIT SEIN FÜR DAS LETZTE SIGNA im Gespräch mit Mitgliedern der Pfingstgemeinde „Christliches Zentrum Mannheim“ über den Begriff der Freiheit, die Bedeutung der Gemeinschaft und den Umgang mit Visionen, Gottesbegegnungen und der bevorstehenden Apokalypse
Die Gesprächspartner: Christliches Zentrum Mannheim Christian Tomm, hauptamtlicher Gemeindeleiter, Pastor und psychosozialer Berater; Judith Schreier, Älteste und Lobpreisleitung; Michael Reinhard, Ältester und Gemeindesekretär
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In SIGNAs Performance-Installation Das Heuvolk geht es um eine kleine, bisher unbekannte Glaubensgemeinschaft, die sich auf dem Gelände des Benjamin Franklin Village (BFV) auf den Letzten Tag und den Übergang in eine Neue Welt vorbereitet. Im Rahmen der Recherche beschäftigte sich das Team mit unterschiedlichen Glaubensrichtungen christlicher Ausprägung. Mit Blick auf die amerikanische Geschichte des BFVs rückte dabei die Pfingstbewegung in den Fokus, die vor allem in den USA sehr verbreitet ist. Anfang Mai 2017 trafen sich die SIGNA-Regisseurin Signa Köstler und die Dramaturgin Katharina Parpart mit Mitgliedern des Christlichen Zentrums Mannheim, einer deutschen Pfingstgemeinde auf der Schönau, zum Gespräch. Katharina Parpart: Die Pfingstbewegung steht zwar theologisch der evangelischen Kirche nahe, als Freikirche ist sie aber unabhängig vom Staat. Wie äußert sich diese Freiheit für euch? Was bedeutet für euch Freiheit? Christian Tomm: Für Pfingstler ist der Begriff der Freiheit ein besonderes Thema. Während sich andere Gemeinschaften stark an der Ordnung des Wortes orientieren, also eher einen orthodoxen Einschlag haben, haben sich die unkonventionellen Gruppierungen, zu denen die Charismatiker oder die Pfingstler gehören, eher dem Begriff der Freiheit verschrieben. Freiheit zu erleben, von der Enge des Lebens in die Weite des menschlichen Spektrums zu führen,
das ist uns tatsächlich ganz wichtig. Michael Reinhard: Freiheit ist für mich – um einen anderen Begriff zu verwenden – Offenheit. Offen für das Leben zu sein. Nicht ohne Ordnung zu leben – Ordnung ist wichtig –, aber auch in eine Entspannung zu kommen und zu wissen, das Leben ist einfach das Leben, mit allem, was es mit sich bringt. Judith Schreier: Freiheit hat unterschiedliche Dimensionen für einen gläubigen Menschen, der sich das Evangelium zur Lebensgrundlage macht. Da haben wir den Begriff der Freiheit von der Sünde. Jesus zu begegnen als Erlöser, als Befreier, als demjenigen, der durch seinen Tod den Weg freigemacht hat, damit ich Vergebung bekommen kann. Dann aber auch die Dimension der Freiheit, dass mir keine Kirche vorschreibt, wie ich diesen Gott zu verstehen habe – ohne ein von Menschen vorgeformtes Gottesbild, vielmehr in einem Gottesbild, das ich erfahren darf, so wie sich mir Gott in der Bibel zeigt. Also die Freiheit in der Gottesbegegnung und schließlich die Freiheit, diesem Glauben Ausdruck zu verleihen. Dass ich nicht sagen muss, zum Beten musst du knien. Aber zum Beten darf ich knien, wenn mir danach ist. Oder: Singen tut man nur leise. Nein, ich darf auch meiner Freude Ausdruck verleihen durch Klatschen, durch Hüpfen oder andere Dinge, die vielleicht in anderen Gottesdienstformen nicht unbedingt denkbar wären. KP: Das klingt ein bisschen so, als könne bei euch jeder