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Fischer- u. Webermuseum / Spielzeugmuseum

Anders als man denkt

Das Fischer- und Webermuseum / Spielzeugmuseum in Steinhude am Steinhuder Meer Autorin: Verena Walter-Bockhorn M.A.

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Aal, Fischbrötchen, Segelboote, Auswanderer, Festung Wilhelmstein. Alles Attribute, die heute für Steinhude stehen.

Aber wie sieht es mit dem „Hemd ohne Naht“ aus? Oder Blaudruck? Leinenindustrie? Passen diese Attribute auch zu Steinhude? Eindeutig ja!

Typisches Steinhuder Fachwerkhaus wird Museum

Wer das Fischer- und Webermuseum / Spielzeugmuseum besucht, betritt ein Kleinod, das seinesgleichen sucht. Der Förderverein des Fischer- und Webermuseums Steinhude e.V. hatte 1989 das Glück, das Museum in einem Gebäude eröffnen zu können, das seit seiner Erbauung im Jahr 1850 unverändert geblieben ist.

Bis zur Nachnutzung als Museum hatten die letzten Bewohner des Hauses so gelebt, wie die heutigen Besucher es erleben und betrachten können. Der Grundbestand der musealen Objekte stammt aus dem Besitz der letzten Bewohner und wurde in die Dauerausstellung integriert. Von daher geht eine besondere Atmosphäre von den Räumlichkeiten aus.

Die Besucher erleben den Familienalltag wie er sich jahrhundertelang im Fischer- und Weberort Steinhude zutrug. Da mußte der Torf im eigenen Torfbrink gestochen werden, um den Herd in der Küche anzuheizen. Der Nutzgarten mußte entsprechend der Jahreszeiten bestellt werden, um genügend Vorräte für den Winter anzulegen. Das Hausschwein mußte geschlachtet und verarbeitet werden.

Nach getaner Hausarbeit saßen die Frauen oft noch an der Nähmaschine oder am Stickrahmen, um in Heimarbeit für die ortsansässigen Webereien die bestellte Aussteuerware anzufertigen. Für Abwechslung sorgten neben Familienfeiern auch Sport- und Tanzveranstaltungen. Von all dem erzählen die verschiedenen Objekte im Museum, durch die der Besucher wie durch ein Brennglas in das Leben einer Steinhuder Familie hinein schauen kann.

Aussteuer ist keine Steuer

Heute vielfach in Vergessenheit geraten, lebt hier der Begriff „Aussteuer“ wieder auf. In einer begehbaren Aussteuertruhe kann man bestaunen, was bis Mitte der 1950er/1960er Jahren vollkommen normal war. Das Anfertigen und Sammeln von Aussteuerware wie Bettwäsche, Leibwäsche, Taschentücher, Nachthemden etc. für den späteren eigenen Hausstand der Töchter der Familie. Jedes Aussteuerstück wurde mit dem Monogramm der Tochter versehen.

Das Sticken lernte man im Handarbeitsunterricht der hiesigen Volksschule. Die feine Monogrammstickerei vor allem bei einer bekannten Steinhuder Stickerin, die auch für das Fürstenhaus Schaumburg-Lippe stickte.

Wer Lust hat kann sich im Hands-On-Bereich gerne einmal im Sticken üben. Auch für die kleinsten Besucher gibt es kleine Stickbilder zum Ausprobieren. Außerdem kann man auch einmal in die Dessous von anno dazumal hineinschlüpfen.

Linke Seite, oben: Frontseite des Museums Linke Seite, unten: Gute Stube Rechte Seite, oben: Stickrahmen Alle Fotos: © Fotoarchiv des Fischer- und Webermuseums Rechte Seite, unten: Aussteuertruhe. Wilhelmsteindecken – wie im Hintergrund zu sehen – wurden oft zur Hochzeit verschenkt. Vor allem wenn eine Steinhuderin nach der Heirat nicht im Heimatort blieb

Jahrhundertelang war Steinhude weit über die Ortsgrenzen hinaus für seine Leinenproduktion berühmt. Von hier gingen Leinenballen, Leinenprodukte und vor allem Aussteuerware fast in die ganze Welt hinaus. Es bestanden vielfach Handelsbeziehungen u. a. in die Hafenstädte Bremen und Hamburg, nach Holstein, Sachsen und Ostelbien.

Die Steinhuder Weber verstanden es aber nicht nur feine Webwaren zu produzieren sondern auch verschiedene und komplizierte Muster zu entwerfen wie Blumenbordüren, Jagdszenen oder kirchliche Motive für Altardecken.

Grundlage für den Beginn der Leinenproduktion in Steinhude war der karge Boden rund um den Ort, der weniger für die Landwirtschaft als für den Anbau von Flachs geeignet war. Die Flachspflanze war der Rohstoff, aus dem man in verschiedenen Arbeitsprozessen die Leinfaser gewann, die dann zu Leingarn versponnen wurde. In der Anfangsphase stand in fast jedem Steinhuder Haus ein Handwebstuhl. Erst die Gründung der Weberzunft regulierte die Anzahl der Meister. In der Folgezeit entstanden große Webereien, die Ende des 19. Jahrhunderts mit der Umstellung der Produktion auf mechanische Webstühle das Handwebertum verdrängten. Heute gibt es nur noch eine aktive Weberei in Steinhude.

Linke Seite, oben: Spiegel im Hands-on-Bereich Linke Seite, unten links: Motiv Wilhelmstein Linke Seite, unten Mitte: Handwebstuhl mit einem typischen Muster für Geschirrtücher Rechte Seite, oben links: Tisch eines Blaudruckers mit Handmodeln Rechte Seite, Mitte rechts: Blaudruck mit Tafeln Rechte Seite, unten: Hemd ohne Naht Fotos: © Fotoarchiv des Fischer- und Webermuseums

Rätsel bleibt Rätsel – das Hemd ohne Naht

Das Prunkstück des Fischer- und Webermuseums ist das Hemd ohne Naht. Es wurde in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts von Johann Henrich Bühmann auf einem Handwebstuhl in Steinhude gewebt. Es hat keine einzige Naht. Trotz verschiedener Untersuchungen ausgewiesener Fachleute konnte das Rätsel um seine Herstellung bis heute nicht gelöst werden. Fest steht, dass der damals 18-jährige Johann Henrich Bühmann ein Meisterstück angefertigt hat, das bis heute Rätsel aufgibt.

Die Blaudruckerei basiert auf dem Reservedruckverfahren. Ein Verfahren, das ursprünglich aus Indien stammte und seinen Weg über entsprechende Handelsbeziehungen nach England und Holland fand. Nach Deutschland kam es durch Spionage und Experimentieren. Nachdem die ersten Blaudrucke in Ausgburg und Einbek gelungen waren, war der Siegeszug des Blaudrucks auch in Deutschland nicht mehr aufzuhalten. 1825 gründete der Färber Friedrich Conrad Behling nach Lehr- und Wanderjahren in Steinhude eine Färberei. 5 Jahre später erweiterte er sie um eine Blaudruckerei .

2018 wurde der Blaudruck in die Liste des Immateriellen UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen.

Brot- und Luxusfisch

Urkundlich nachweisbar wird bereits seit 1228 Fischfang am Steinhuder Meer betrieben. 1728 schlossen sich die Fischer zu einem Berufsverband zusammen. Von nun an traf man sich einmal im Jahr zum „Kreidag“, um sich zur beraten oder auch Vergehen gegen die Fangordnung zu ahnden.

Der bekannteste Fisch dürfte der Steinhuder Aal sein, der durch das besondere Rauchverfahren zum Steinhuder wird. Der Zander ist dagegen kein echter Steinhuder. Er wurde von Fischzüchter und Generalpächter August Hübner aus Frankfurt a. d. O. zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Jungfisch im Steinhuder Meer ausgesetzt. Hübner zog sich nach einigen Jahren zurück. Der Zander blieb bis heute. Auch nach Hübner versuchte man durch Einsetzungen den Fischbestand zu erhalten bzw. zu erweitern. Heute leben rund 15 bis 20 Fischarten von unterschiedlich wirtschaftlicher Bedeutung im Steinhuder Meer.

Linke Seite, oben: Arbeitsboot im Innenhof des Museums, das sowohl für den Fischfang als auch für Transporte benutzt wurde Linke Seite, unten: Reuse Rechte Seite, oben: Fischer Rechte Seite, unten: Fischereiausstellung Fotos: © Fotoarchiv des Fischer- und Webermuseums

Klein aber fein: das Spielzeugmuseum

Als Expo-Projekt 2000 im Steinhuder Scheunenviertel eröffnet, befi ndet es sich seit 2012 im Spieker des Fischer- und Webermuseums. Im Fenster sitzend hält das Maskottchen „Hudenstein“ – ein Bär – Ausschau nach großen und kleinen Besuchern. Grundkonzept der Sammlung ist die Darstellung von Spielwelten wie sie jahrhundertelang gerade in bürgerlichen Familien üblich waren. So war das technische Spielzeug wie Dampfmaschine oder Eisenbahn den Söhnen vorbehalten während die Töchter vorzugsweise Puppen und Puppenstuben bekamen. Gemeinsam dürfte die Liebe zu Stofftieren sein. In einem Stofftierbaum versteckt sich sogar ein kleines Rätsel. Das große politische Ereignisse nicht vor Kinderzimmern halt machen, zeigen Sammelalben zum 2. Weltkrieg oder Notspielzeug. Eine Literaturecke entführt in die Welt der Märchen, Abenteuer- und Backfi schliteratur. Wer dabei Lust bekommt, mal wieder zu spielen, kann dies gerne in der Spielecke tun.

Oben, links: Eingang Spieker Oben, rechts: Stofftierbaum mit Rätsel. Wer hat denn hier einen Knopf im Ohr? Mitte, links: Spielecke mit Maskottchen Hudenstein Mitte, rechts: Käthe Kruse Puppen Fotos: © Fotoarchiv des Fischer- und Webermuseums

Steinhuder Museen Fischer- und Webermuseum / Spielzeugmuseum Neuer Winkel 8 31515 Wunstorf-Steinhude Tel. 05033 - 5599 info@steinhuder-museen.de www.steinhuder-museen.de AUDIOGUIDE FISCHER- UND WEBERMUSEUM / SPIELZEUGMUSEUM

www.museum.de/m/5960

Der GlasRatgeber: Sonnenschutzverglasungen für Museen

Folge 5: Wie sich mit den richtigen Gläsern Interieur schützen und Kosten sparen lassen Autorin: Rebecca Mückenheim

Tageslicht ist für Lebewesen und Pflanzen essenziell. Es beeinflusst unseren Lebensrhythmus, unsere Gesundheit und wichtige biologische Funktionen. Da wir heutzutage mehr Zeit in einem Gebäude als außerhalb verbringen, ist ein angenehmes Raumklima wichtig für unser Wohlbefinden und für ein harmonisches Wohnen und Arbeiten.

Das gilt für unsere privaten Räumlichkeiten genauso wie für unsere Arbeitsplätze und Orte, an denen wir unsere Freizeit verbringen.

Auch für Museen stellt der richtige Sonnenschutz ein wichtiges Thema dar. Natürlich lassen sich Räume bei Bedarf durch Jalousien verdunkeln, wobei jedoch kein natürliches Tageslicht mehr in den Innenraum gelangen kann. Dann muss auf künstliche Beleuchtungsquellen zurückgegriffen werden.

Das passende Sonnenschutzglas in Fenstern und Fassaden kann helfen, das Eindringen von Licht in „schädlichen“ Wellenlängen zu verhindern. Sonnenschutzgläser tragen spezielle, hauchdünne Beschichtungen. Ihre Aufgabe ist es, möglichst viel Tageslicht ins Gebäudeinnere zu lassen, gleichzeitig aber die Wärmeenergie zu reflektieren, damit sich der Innenraum nicht aufheizt. Unbeschichtete Gläser lassen ca. 85% der Energie in den Innenraum. Bei modernen Fassaden mit Sonnenschutzbeschichtungen kann dieser Wert sogar auf nur noch ca. 16%* sinken. Von außen betrachtet erscheinen Fassaden je nach Sonnenschutzstärke des Glases etwas dunkler, was jedoch nicht die Durchsicht von innen nach außen beeinträchtigt. BesucherInnen können sich also bei einem angenehmen Raumklima mit viel Tageslicht auf die Ausstellung konzentrieren, ohne sich durch Jalousien oder Rollos eingesperrt zu fühlen.

In großflächigen Fassaden und öffentlichen Gebäuden ist Glas in einem Isolierglasverbund eingebaut. Dieses besteht meistens aus zwei oder drei Scheiben, wodurch sich sogar mehrere Eigenschaften kombinieren lassen. Ein Fenster kann auf diese Weise sowohl vor Sonneneinstrahlung als auch speziell vor UV-Strahlung schützen, wenn eine Scheibe dieser Isolierglaseinheit aus einem Verbundsicherheitsglas besteht. Die transparente Folie eines Verbundsicherheitsglases lässt weniger als einen Prozent UV-Strahlung hindurch. Lichtempfindliche Gemälde und andere Ausstellungsstücke werden auf diese Weise besonders gut geschützt und Fußböden oder Mobiliar bleichen nicht so schnell aus. Um die Museumsfassade energieeffizient zu gestalten, kann eine weitere Scheibe zum Beispiel auch mit einer Wärmedämmbeschichtung versehen sein. Isolierglaseinheiten mit Schallschutz- oder Selbstreinigungsfunktion sind ebenfalls denkbar. Ideal sind Sonnenschutzbeschichtungen auf Weißglas. Sie bieten neben einer geringen Absorption eine optimierte Neutralität. Weißgläser werden mit eisenoxidarmen Rohstoffen hergestellt und bieten dadurch eine besonders farbneutrale Durchsicht.

Da durch die Kombination von Sonnen- mit Wärmeschutzgläsern die Innentemperatur besonders gut reguliert werden kann, können Klimageräte oder Luftbefeuchter entlastet werden. Das spart auf Dauer Kosten und verhindert große Temperaturschwankungen im Innenraum. Mobiliar und Exponate können auf diese Weise geschont werden.

Haben Sie Fragen oder wünschen Beratung zum Thema Sonnenschutz? Schreiben Sie uns eine E-Mail an marketingDE@nsg.com. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!

* abhängig von der Art der Verglasung und der

Beschichtung

Linke Seite: Liverpool Institute for Performing Arts (LIPA) Liverpool, Vereinigtes Königreich Pilkington Planar™; Pilkington Suncool™ © Christian Smith

Rechte Seite, links © Lars Ditlev Pedersen Rechte Seite, oben rechts © Emanuel Raab Rechte Seite, unten rechts © Pilkington Deutschland AG

Pilkington Deutschland AG Hegestraße 360, 45966 Gladbeck www.pilkington.de

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