MAGAZIN MUSEUM.DE Nr. 50

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Nr. 50 14,80 € Frühjahr 2024 MAGAZIN MUSEUM.DE MUSEUM 1 24 Fritz-Reuter-Literaturmuseum Stavenhagen Kulturregion Mecklenburgische Schweiz 4 190485 406803 50
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In dieser Ausgabe Seite

„Kulturtourismus 2.0: Virtuelle Erlebnisse 4 und Vernetzung in der Mecklenburgischen Schweiz“

Kulturregionen – digital präsentiert 16

3 Königinnen Palais, Mirow 18

AGRONEUM Alt Schwerin 20

Schliemann-Museum Ankershagen 24

Medizinhistorisches Museum der Charité 26

Optimale Bedingungen für Wertvolles 32

Forum ALTE POST, Pirmasens 36

Stadtmuseum Altes Rathaus, Pirmasens 38

Dynamikum Science Center, Pirmasens 40

Museum Landschaft Eiderstedt 44

Das neue „Steinzeithaus“ in Albersdorf 48

Neubau und Neustart im Dithmarscher 52

Landesmuseum

Puppenmuseum Falkenstein, Hamburg 54

Spicy’s Gewürzmuseum, Hamburg 58

Brüder Grimm-Haus, Steinau 62

Lippisches Landesmuseum Detmold 68

Fritz Genkinger Kunsthaus, Marbach 74

Kulturhistorisches Museum, Wurzen 76

Kloster Museum St. Märgen 80

Winterhalter Museum "Le Petit Salon" 82

Färbermuseum Gutau 86

Forum Würth Rorschach 88

Sauriermuseum Frick 90

open art museum, St.Gallen 94

Museum der Kulturen Basel 96

Cartoonmuseum Basel 98

Drei militärhistorische Museen 100

St. Margrethen, Altstätten, Haslen

Duftmuseum im Farina-Haus, Köln 102

Naturzentrum Eifel, Nettersheim 106

Museum der Bayerischen Metallwaren- 108 fabrik in Nürnberg

Kunstvilla im KunstKulturQuartier, Nürnberg 110

Jüdisches Museum Franken 112

Dichterhaus Brückner-Kühner in Kassel 114

Mercedes-Benz Museum, Stuttgart 116

Titelseite: Fritz-Reuter-Literaturmuseum Stavenhagen Foto: © museum.de

MAGAZIN MUSEUM.DE

Ausgabe Nr. 50 Herausgeber Ostwall 2

rock’n’popmuseum, Gronau 122

Burg Beeskow – Kultur für die Region 124

Stadtmuseum Hofheim 126

Porzellanikon Hohenberg a.d. Eger 128

Fugger und Welser Erlebnismuseum 130 in Augsburg

Heimatmuseum Holzgerlingen 132

Cranach-Höfe Wittenberg 136

Museum Abtei Liesborn, Wadersloh 138

Mitteldeutsches Marionetten- 142 theatermuseum Bad Liebenwerda

Museum Schloss Doberlug 144

Sänger- und Kaufmannsmuseum 146 Finsterwalde

Museum Mühlberg 1547 148

Lahn-Marmor-Museum, Villmar 152

Stadtmuseum Hofgeismar 158 Museum Gelnhausen 164

Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund 166

Besucherzentrum Bernau. 168 UNESCO-Welterbe Bauhaus

Weltkulturerbe Völklinger Hütte 170

LVR-Freilichtmuseum Kommern 172

His-Törchen, Issum 178

Issumer Synagoge 179

Rheinmuseum Emmerich 180

Lohr am Main: Die Schneewittchenstadt 182

Museum Glockengießerei Mabilon 188

Jubiläumsausgabe MAGAZIN MUSEUM.DE

Mir sind viele engagierte Museumsmitarbeiter in Erinnerung, die mit Herzblut an den Museumsberichten mitgewirkt haben. Im Gegensatz zum Papier bieten digitale Medien die Chance, den kulturellen Austausch weltweit zu fördern. Aber hatte die Bibel nicht auch eine enorme “Reichweite”? Bei museum.de sind beispielsweise die Museumsdatenbank, von uns erstellte und bereitgestellte Audioguides, virtuelle 3D-Rundgänge, digitale Quizze und vieles mehr digital verfügbar.

Dennoch: faszinierende Ausstellungsberichte veredeln das Premium-Papier und reichen es dem Leser wie ein Feinschmeckermenü zum Genuss. Dabei wird der Kopf nicht mit Gebrauchsinfos gefüttert, sondern mit feinsten Inspirationen für Geist und Seele. Die haptische Verbindung, garniert vom Knistern der Blätter und der Geruch nach Druckfarbe runden das Feuerwerk der Sinne ab. Übrigens: Bei trockener Lagerung bleiben die Magazine über Tausende von Jahren erhalten. Je zwei Exemplare aller Magazin-Ausgaben sind in der Deutschen Nationalbibliothek für die Ewigkeit archiviert.

Happy Birthday, Ihr Uwe Strauch

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Telefon 02801-9882072 www.museum.de Layout und Design: Uwe Strauch
Uwe Strauch 46509 Xanten contact@museum.de
Ruhr
Frühjahr 2024
Versand: Dialogz. Rhein
Druck: Druck + Logistik, Bocholt Uwe Strauch (Gründer museum.de / museum.com) auf der Burg Bentheim in Bad Bentheim. Foto: © Ulrike Briese
„Kulturtourismus 2.0: Virtuelle Erlebnisse und Vernetzung in der Mecklenburgischen Schweiz“
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Linke Seite: Auf dem Weg in das Fritz-Reuter-Literaturmuseum Foto: © Jascha Polenz Bild Hintergrund: Fritz Reuter Foto: © Tobias Kramer

… die Straßen sind aufs beste gepflastert, und von den Toren der Stadt aus gehen direkte Chausseen nach Hamburg, Paris, Berlin und sankt Petersburg (Fritz Reuter, Meine Vaterstadt Stavenhagen)

Etwas verträumt, so könnte man meinen, liegen die Kleinstädte und Dörfer inmitten der einzigartigen Naturlandschaft. Und doch schlummert umgeben von urigen Wäldern und altehrwürdigen Herrenhäusern eine Region, die sich auf eine besondere Form des Tourismus fokussiert hat. Das Stichwort heißt Kultur. Der Kulturtourismus in der Mecklenburgischen Schweiz ist facettenreich und bietet den Besuchern ein breites

Spektrum von Museen, Handwerksmärkten, Kunstateliers, Gutshäusern, Schlössern und alten Ruinen deren Geheimnisse darauf warten entdeckt zu werden.

Kultur und Tourismus für Stavenhagen und die Region

Kultur und Tourismus gehen Hand in Hand, besonders in der reizvollen Region der

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Mecklenburgischen Schweiz. Wenn man die Einheimischen fragt, wo genau sich die "Mecklenburgische Schweiz" befindet, erhält man oft die Antwort: zwischen der Ostsee und der Seenplatte. Heute werfen wir einen genaueren Blick auf diese Region, die sich im Herzen des Urlaubslands Mecklenburg-Vorpommern befindet. Abseits des Massentourismus und geprägt von hügeligen Landschaften sowie weiten

Ebenen, ist die Mecklenburgische Schweiz ein echter Geheimtipp für Geschichtenentdecker, Kunstliebhaber und Naturgenießer gleichermaßen.

Oben: Schlosspark Stavenhagen. Foto: © Jascha Polenz

Links: Torsten Jahn, Museumsleiter Fritz-Reuter Literaturmuseum. Foto: © Silke Winkler

Rechts: Schloss Stavenhagen. Foto: © Jascha Polenz

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Ein zeitgemäßer Anziehungspunkt

Doch allein der Besitz kultureller Schätze reicht nicht aus, um die Gäste für die Region zu begeistern und sie dauerhaft zu halten und den Ansprüchen an einen qualitativ hochwertigen Aufenthalt gerecht zu werden. Diesen Herausforderungen sehen sich, neben Tourismusanbietern, auch immer mehr Kultureinrichtungen gegenüber. Wie schafft man es aus einem klassischen, musealen Ort einen attraktiven und zeitgemäßen Anziehungspunkt zu machen? Diesen zudem mit der Region zu verbinden, ihn und zum Teil dieser werden zu lassen.

Kulturtourismus

Hier greift der Ansatz des Kulturtourismus, begriffen als eine Form des Tourismus, die sich auf das Reisen aufgrund des Interesses an der Kultur eines Ortes, einer Region oder eines Landes konzentriert. Das Besondere am Kulturtourismus ist, dass er sich auf das geistige und kreative Erbe konzentriert und weniger auf physische oder natürliche Attraktionen. Er kann viele Formen annehmen, je nach den speziellen Interessen des Reisenden. Diesen Ansatz zu bedienen scheint zunehmend auch für

kulturelle Einrichtungen wie u.a. Museen zu funktionieren. Kulturtourismus kann die lokale Wirtschaft unterstützen und wirkt sich so direkt und indirekt auf die finanziellen Möglichkeiten kultureller Einrichtungen aus. Er verfolgt einen klaren Bildungsansatz und kann zur Identitätsstiftung beitragen und trägt so maßgeblich zur Erhaltung des kulturellen Erbes bei.

Tourismus und Digitalisierung

Auch die Museenlandschaft steht in diesem Kontext vor immer neuen Herausforderungen. Ausstellungen müssen Zielgruppenadäquat konzipiert werden. Die Digitalisierung hält mit großer Geschwindigkeit Einzug und der Druck einer Legitimierung über Besucherzahlen gegenüber den Fördergebern wird größer. Gerade Museen im ländlichen Raum stehen hier vor großen Aufgaben, die es sich anzunehmen lohnt Er bietet eine Vielzahl von positiven Konnotationen wie Entschleunigung, Heimatverbundenheit, Naturbelassenheit und Identität.

Das Fritz-Reuter-Literaturmuseum befindet sich in der, nach dem großen Dichter des Niederdeutschen und Begründer der niederdeutschen Literatursprache benannte

Reuterstadt Stavenhagen, im ehemaligen Rathaus, in dem Fritz Reuter 1810 das Licht der Welt erblickte. Hier war sein Vater über 37 Jahre Bürgermeister und prägte die Region maßgeblich. Fritz Reuter, Schriftsteller des literarischen Realismus, gilt als Chronist des Mecklenburgs der kleinen Leute. Zeit seines Lebens prangerte er in seinen Werken die Missstände seiner Heimat an. Für seine demokratische Gesinnung wurde er zum Tode verurteilt. Die Todesstrafe wurde in eine langjährige Festungshaft umgewandelt. Wohlhabend und als auflagenstärkster deutscher Autor seiner Zeit starb er 1874 in der Wartburgstadt Eisenach.

Oben: Ernst Lübbert Ausstellung im Fritz-ReuterLiteraturmuseum

Mitte Manuskript eines Romans von Fritz Reuter Fotos: © Tobias Kramer

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Die niederdeutsche Sprache

Wenn man unser Volk kennen lernen wolle, müsse man sich schon der kleinen Mühe unterziehen, auch unsere Sprache zu lernen, meinte Fritz Reuter einmal. Tatsächlich: Um seine Bücher zu lesen, beschäftigten sich Millionen von Lesern mit der niederdeutschen Sprache, ob in Berlin, München, Zürich oder Wien. Fritz Reuter (1810 – 1874) war im 19. Jahrhundert der meistgelesene deutsche Autor. Bis heute wurden seine Werke in zwölf Sprachen übersetzt.

„As uns`Herrgott de Welt erschaffen ded, fung hei bi Meckelnborg an, un tworsten von de Ostseesid her, un makt dat eigenhändig fahrig, up de ein Sid bet Ratzeborg un Swerin, up de anner Sid bet Stemhagen un Bramborg…“ (Fritz Reuter, De Urgeschicht von Meckelnborg)

Das Fritz-Reuter-Literaturmuseum

Wer heute das Fritz-Reuter-Literaturmuseum besucht, wird den Wert seiner Bücher auch für die heutige Zeit erkennen und Anregung und Vorfreude mitnehmen, sie erstmals oder

auch erneut zu lesen. Die Dauerausstellung im ehemaligen Rathaus der Stadt zeigt in zwei Etagen Leben, Werk und Wirkung des niederdeutschen Schriftstellers, stellt Handschriften, Gemälde von Reuters Hand und Möbel aus seinem Besitz vor.

Brücke zwischen Tradition und Moderne

Das Fritz-Reuter-Literaturmuseum in Stavenhagen, inmitten der Mecklenburgischen Schweiz, hat sich den neuen Herausforderungen gestellt und bewiesen, dass es nicht nur dieser Anforderungen gewachsen ist, sondern sie auch mit Bravour gemeistert hat und eine Brücke zwischen Tradition und Moderne schlagen konnte. Virtualisierung und Digitalisierung sowie genaue Zielgruppenanalyse und Zielgruppenansprache gehören zunehmend zum Portfolio des Literaturmuseums.

Virtueller Museumsrundgang mit integriertem Audioguide von museum.de

Mithilfe des im letzten Jahr neu geschaffenen virtuellen Museumsrundgangs von museum.de konnte das Literaturmuseum

ganz neue Maßstäbe setzen. Durch die Integration modernster Technologien können sich Gäste nun barrierefrei sowie orts- und zeitunabhängig in den Räumen des Museums bewegen und dieses auf eigene Faust erkunden. Der digitale Rundgang, der in 3D erlebbar ist, eröffnet völlig neue, aber auch zeitgemäße Perspektiven für die Gäste. Im täglichen Umgang mit den Besuchern hat sich noch ein weiteres Tool etabliert - der integrierte Audioguide. Dieser ist in den 3D-Rundgang integriert, kann aber auch eigenständig und unabhängig als Guide für den Museumsbesucher vor Ort genutzt werden. An festgelegten Stationen innerhalb des Museums können sich die Besucher per Scan eines QR-Codes nun umfassend über das Leben und Schaffen des niederdeutschen Schriftstellers Fritz Reuters informieren. Diese innovative Kombination aus visuellen und auditiven Elementen schafft ein einzigartiges und immersives Erlebnis für die Besucherinnen und Besucher. Er wird derzeit in hochdeutscher und englischer Sprache angeboten. Um die Authentizität zu gewährleisten soll er zudem in niederdeutscher Sprache angeboten werden.

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www.museum.de/m/1854

www.museum.de/stadt/4508/id

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VR-Tour
Stavenhagen
Audioguide und
Ivenack Audioguide

Erweiterung 3D-Rundgang für die Innenstadt von Stavenhagen

Doch damit nicht genug: die Anwendungsund Ausbaumöglichkeiten des 3D-Rundganges sind vielfältig. In einem nächsten Schritt wurde der Rundgang auf das gesamte Innenstadtgebiet der Reuterstadt ausgeweitet. Die Besucher haben nun die Möglichkeit ihren Museumsrundgang thematisch in der Innenstadt fortzusetzen. Für den Kulturtourismus der Region sind dies neue Perspektiven und eine Gelegenheit eine Verbindung zwischen Kultur, Stadtgeschichte und aktivem Stadtgeschehen zu erlangen. Die Gäste der Reuterstadt können sich jetzt auch außerhalb der Museumswände an 25 Stationen, die über

das gesamte Innenstadtgebiet verteilt sind, über das Leben und Wirken des Niederdeutschen Schriftstellers Fritz Reuter informieren. Geleichzeitig entdecken sie die Stadt mit Straßen und Winkeln, die sie ohne den Rundgang vielleicht nicht gefunden hätten, lernen etwas über die Historie der Kleinstadt und verlängern automatisch ihren Aufenthalt. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Reuterstädter Schulkampus

Zugleich folgt das Fritz-Reuter-Literaturmuseum seinem museumspädagogischen Ansatz. Gemeinsam mit dem Reuterstädter Schulkampus wird der virtuelle Rundgang derzeit um eine weitere tonale Ebene er-

gänzt. Schüler*innen haben in einem Projektvorhaben einen weiteren Audioguide entwickelt, der die Identität und Lebenswirklichkeit junger Menschen aufzeigt und wiedergibt. So wird Besucher*innen nachvollziehbar, warum es sich lohnt die Reuterstadt Stavenhagen mit ihren zahlreichen kulturellen und touristischen Angeboten zu besuchen.

Linke Seite, oben links: Gäste im Fritz-Reuter-Literaturmuseum. Alle Fotos © Jascha Polenz

Oben rechts: Am Fuße des Fritz Reuter Denkmals

Unten: Audioguides für Stavenhagen und Ivenack. Für Stavenhagen kombiniert mit virtuellem 3D-Rundgang durch das Fritz-Reuter-Literaturmuseum

Rechte Seite: Audioguide führt durch die Ausstellung

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Ehemaliges Friedhofstor Ivenack Foto: © DOMUSImages
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Die Ivenacker Eichen

Verleihung Tourismuspreis des regionalen Tourismusverbandes

Die positiven Auswirkungen des 3D-Museums- und Stadtrundgangs inklusive Audioguide sind deutlich spürbar. Seit Einführung des Rundganges sind die Besucherzahlen vor Ort und auch die Zugriffszahlen auf der Website des Museums kontinuierlich angestiegen. Besonders stolz ist man außerdem über die Verleihung des Tourismuspreises des regionalen Tourismusverbandes, der die Einführung und auch die Qualität des Rundgangs besonders würdigte.

Inspiration für weitere Orte der Kultur

Mit dem Rundgang zeigt das Fritz-Reuter-Literaturmuseum nicht nur auf, wie Kultur auf zeitgemäße Weise vermittelt werden kann, sondern es inspiriert auch andere Kultureinrichtungen, ähnliche Wege zu beschreiten. So auch Ivenack, eine Gemeinde nur wenige Kilometer von Stavenhagen entfernt.

… und in der Ferne das Liebste, was ich auf Erden kannte – vielleicht weil`s eben auch das Fernste war – den Tiergarten zu Ivenack mit seinen stattlichen Hirschen, seinen tausendjährigen Eichen und einem Baumbewuchs, wie er in Deutschland nicht ein zweites Mal gefunden werden dürfte. Die Eichen waren die stolzen Grenzwächter meiner Besitzungen, bis hierher ging mein Reich und meine Geographie, was darüber hinaus lag, war unbekanntes Land … (Fritz Reuter, Meine Vaterstadt Stavenhagen)

Auch Ivenack ist vom Tourismus geprägt, wenn auch auf andere Art und Weise wie Stavenhagen. Hier ist die Heimat der überregional bekannten 1.000-jährigen Eichen. Das Nationale Naturmonument Ivenacker Eichen lockt jährlich bis zu 100.000 Besucher in das überschaubare Mecklenburger Dorf. Doch die Baumriesen sind nicht das einzige Highlight, das dass ehemalige Gutsdorf zu bieten hat. Eine wunderbar erhaltene barocke Gutsanlage samt Gutshaus, Kirche, Orangerie, Teehaus und einer Parklandschaft sowie einem malerischen See mit Rundweg, machen den Charme des Dorfes aus. Gäste, die auch das Ortsinnere besuchen, finden leider nur wenige Informationen zur umfangreichen Geschichte Ivenacks. In Zusammenarbeit mit dem Fritz-Reuter-Literaturmuseum ist nun auch hier ein Audioguide entstanden. 10 Stationen führen die Besucher auf einem Rundgang durch das Dorf und bringen die kulturellen Schätze, Sagen und Geschichten auf anschauliche Weise näher. Auch hier benutzt der Gast sein Smartphone und lässt sich dank QRCodes die sich an den Stationen befinden, durch das Dorf führen. Eine Ausweitung des Audioguides als 3D-Rundgang ist ebenfalls bereits in Planung und könnte sogar den Bereich der Ivenacker Eichen samt 40 Meter hohem Baumkronenpfad beinhalten.

Audioguide für Ivenack –ein einheitlicher Auftritt im Verbund

Dass die Wahl für den Ivenacker Audioguide auch auf museum.de gefallen ist, ist kein Zufall. Die Touristiker und Kommunen innerhalb der Mecklenburgischen Schweiz sind aktuell dabei sich als einheitliche Tourismusregion zertifizieren zu lassen, um auch dem Gast gegenüber als geschlossene Einheit wahrgenommen zu werden. Ein einheitliches Auftreten in der Digitalisierung der Audioguides ist hier von großem Vorteil, da die einzelnen Guides über eine Plattform bereitgestellt und ausgespielt werden. So können die Gäste neben dem Stavenhagener Museums- und Stadtrundgang auch den Ivenacker Rundgang auswählen. Die einzelnen Akteure partizipieren voneinander und die Gäste erhalten weitere Inspirationen für den Aufenthalt.

Auch in der Reutervilla in Eisenach wird künftig ein entsprechendes Gegenstück zum Fritz-Reuter-Literaturmuseum entstehen. Darüber hinaus ist es geplant, weiter Wirkungsstätten des Dichters virtuell erlebbar zu machen. Unter dem Arbeitstitel ‚Straße des Niederdeutschen‘ wird so, unter einer einheitlichen Plattform, eine kulturtouristische Route entstehen, die es Interessierten ermöglicht, vor Ort neues zu entdecken, den Dichter Fritz Reuter wiederzuentdecken und sich effizient auf einen Besuch in den Regionen vorzubereiten.

… alle meine Gedanken sind einmal von dieser Welt ausgefüllt worden, alle Fibern meines Empfindens haben einmal dies kleine Heimwesen umsponnen und daran gesogen wie ein Kind an Mutterbrüsten … (Fritz Reuter, Meine Vaterstadt Stavenhagen)

Ein Netzwerk mit Synergieeffekten

Durch die Kooperation zwischen kulturellen Einrichtungen und Tourismusakteuren entsteht zukünftige ein besseres Netzwerk, das Synergieeffekte schafft und Ressourcen bündelt. Dies führt zu einer Steigerung der Attraktivität der Region und stärkt die lokale Wirtschaft. Die verbesserte Erreichbarkeit und Sichtbarkeit der kulturellen Angebote erleichtert es Besuchern, ihr kulturelles Programm zu planen und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Vielfalt der kulturellen Highlights. Durch den regelmäßigen Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren können Ideen und Best Practices geteilt werden, was zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung und Innovation im Bereich des Kulturtourismus führt. Darüber hinaus können gemeinsame Projekte und Initiativen ins Leben gerufen werden, die dazu beitragen, das kulturelle Erbe der Region zu bewahren und zu fördern.

… nah de Meinung von mine ganze Fomili un unsere ganze Sippschaft was dat Paradis in Meckelnborg un is ok hüt un desen Dag dor, … (Fritz Reuter, De Urgeschicht von Meckelnborg)

Fritz-Reuter-Literaturmuseum Markt 1, 17153 Stavenhagen Tel. 039954 - 21072 literaturmuseum@stavenhagen.de https://frlm-mv.de

Linke Seite, oben: Ivenacker Teehaus

Foto: © DOMUSimages

Unten: Orangerie Ivenack

Foto: © DOMUSimages

Rechte Seite: Schlosskirche Ivenack

Foto: © Lisa Ruschin

Die "Straße des Niederdeutschen"

In einem weiteren Schritt entwickeln die zentralen Städte in Fritz Reuters Leben, Stavenhagen und Eisenach, derzeit die Kombination der virtuellen Rundgänge.

Regionales Unternehmensnetzwerk Mecklenburgische Schweiz e.V. Stavenhagener Str. 31, 17139 Malchin Tel. 03994 -2999510 www.netzwerk-run.de

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Kulturregionen – digital präsentiert

Autor: Uwe Strauch, museum.de / museum.com

„Das Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt“ Albert Schweitzer

Auf den ersten Blick mag sich mancher fragen, ob es sinnvoll ist, nicht nur für das eigene Museum, sondern auch für andere Kultureinrichtungen der Region zu werben. Stehen benachbarte Einrichtungen nicht auch in Konkurrenz zueinander?

Ein beeindruckender Auftritt über eine gemeinsame Kulturregion

In Bezug auf den Tourismus wird jede einzelne Kultureinrichtung umso interessanter, je attraktiver sich eine ganze Region aufstellt. Der Gast macht sich möglicherweise auf einen langen Weg, um mehrere kulturelle Highlights einer Region zu besuchen. Da ist es im Vorfeld wichtig zu wissen, ob sich die Anreise lohnt. Je mehr Argumente dafür sprechen, desto mehr profitiert jedes einzelne Haus davon.

Das ein solches Netzwerk lohnt, wird sehr beispielhaft in dem vorangegangenen

Artikel ab Seite 4 „Kulturtourismus 2.0: Virtuelle Erlebnisse und Vernetzung in der Mecklenburgischen Schweiz“ verdeutlicht.

"Alle für einen und einer für alle"

Dieser Satz stammt aus dem Roman “Die drei Musketiere” (französisch: “Les Trois Mousquetaires”) von Alexandre Dumas. In diesem Abenteuerroman aus dem 19. Jahrhundert geht es um die Abenteuer von drei Musketieren - Athos, Porthos und Aramissowie ihrem jungen Freund d’Artagnan. Die vier Freunde leben nach dem Motto “Einer für alle, alle für einen”, was ihre Loyalität und ihren Zusammenhalt symbolisiert. Es ist eine inspirierende Botschaft, die Solidarität und Unterstützung unter Freunden betont.

Der praktische Teil – Arbeitsteilung

Nach dieser kleinen Einstimmung wollen wir uns mit der praktischen Umsetzung beschäftigen. Immer wieder ist zu beobachten, wie die Präsentation und Kooridination einer solchen Kulturregion von nur wenigen Mitarbeitern realisiert wird. Der Ansatz von museum.de fördert die dezentrale

Datenpflege für jedes Museum und Kommune in Eigenregie durch die dort tätigen Mitarbeiter. Sie alle verfügen alle über ein eigenes Login für den Datenpflegebereich bei museum.de.

STADT.LAND.KULTUR

Seit November 2023 können sich auch sämtliche Kommunen in Deutschland kostenlos mit ihren POIs (Points of Interest) präsentieren. So wird jeder Ort auch zum Freilichtmuseum. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist die Präsenz der Stadt Lohr a.Main. Einen Bericht dazu lesen Sie bitte ab Seite 182 in diesem Magazin. Zu 80 kulturell interessanten Punkten im Ort wurden Bilder und Texte zusammengetragen, die vor Ort ohne zusätzliche Software über das Smartphone abgerufen werden können. Eine Übersicht der bereits registrierten Kommunen befindet sich unter der Adresse www.museum.de/stadt.

Wir verfolgen damit die Idee, die Museen stärker in den Ort einzubinden und sowohl städtische als auch ländliche Bereiche so zu beleben. Detaillierte Infos siehe www.museum.de/stadt-land-kultur.

Kulturregionen bei museum.de

Museen und Kommunen, die zu einem regional begrenzten Raum gehören, können bei museum.de vom Administrator einer Kulturregion zu einer Einheit zusammengefasst werden. Dadurch, dass sämtliche Museen und Kommunen ihren eigenen Auftritt selbst pflegen, ist ein so umfängliches Kulturprofil für ein Gebiet personell gut realisierbar.

Eine Übersicht mit Kulturregionen, darunter beispielsweise die Mecklenburgische Schweiz, befindet sich unter www.museum.de/region

Das Anlegen und der Betrieb von Kulturregionen ist kostenlos

Die zugehörigen Museen und Kommunen einer Region sind über die übergeordnete öffentliche Startseite über einen Link mit dem Regionallogo verknüpft. Neben den Stammdaten für die übergeordnete Seite für die Kulturregion können zusätzlich auch

Veranstaltungstermine und sog. "Touristische Highlights" angelegt werden.

Virtuelle Rundgänge und Audioguides

Um die Auftritte der Museen und Kommunen mit weiteren digitalen Angeboten bekannter zu machen, bietet von museum.de zusätzliche Services an.

Dazu gehören virtuelle Rundgänge durch Museen und ganze Innenstädte, die auf dem Desktop-Rechner sehr realitätsnah dargestellt werden. Mobil sind sie ebenfalls unkompliziert Installation einer App abrufbar.

Die Audioguides laufen auf den Smartphones der Gäste im Innen- und Außenbereich. Sie können in einem virtuellen 3D-Rundgang Wiederverwendung finden. Ein Beispiel dafür ist der virtuelle Museums- und Stadtrundgang durch Stavenhagen (Siehe Seite 10 unten links).

Ersetzt eine so ausführliche digitale Präsentation nicht den Besuch vor Ort?

Die Mobilität und Reiselust nimmt seit vielen Jahren stetig zu. Durch die Digitalisierung am Arbeitsplatz und in der Freizeit wächst gleichzeitig die Sehnsucht nach einem realen Ausgleich in der Natur und bei kulturellen Angeboten.

Wichtig ist es, die Kulturregion überregional bekannt zu machen und zu einem Besuch vor Ort einzuladen. Je realitätsnäher und attraktiver der digitale Auftritt ist, desto größer sind die Chancen für den Besuch.

Die Audioguides und virtuellen 3D-Rundgänge können bereits heute neutral in Websites von Museen und Kommunen integriert werden. Für die Kulturregionen ist eine solche Vorgehensweise in Zukunft sicherlich auch interessant.

Bei Fragen rund um o.g. Themen können Sie sich gerne direkt an uns wenden.

museum.de

Ostwall 2 46509 Xanten

Tel. 02801-9882072

contact@museum.de www.museum.de

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SEIEN SIE DABEI!

17 www.mutec.de
Partner:

3 Königinnen Palais

Kultur- & Erlebniszentrum

Das alte Kavalierhaus auf der Schlossinsel Mirow ist als 3 Königinnen Palais heute ein modernes Kultur- und Erlebniszentrum, in dem das Herzogtum Mecklenburg-Strelitz und seine drei berühmten Prinzessinnen, die zu bedeutenden europäischen Königinnen wurden, zu neuem Leben erwachen. Eine interaktive Ausstellung, thematisierte

Führungen durch das historische Ensemble, individuelle Rundgänge – zugeschnitten auch auf das besondere Verständnis von Kindern -, das Palais-Café mit umfangreichem Buchbestand und unvergleichlichem Blick auf den Mirower See sowie Familienaktionen und königliche Schatzsuchen im Sommer lassen die Besucher des 3 Königinnen Palais eintauchen in vergangene Zeiten.

Der Museumsshop mit thematisch passenden und regionalen Produkten gibt, wie wechselnde Kunstausstellungen, Einblick in die Kultur der Mecklenburgischen Seenplatte.

Wer vor Ort Tipps zur weiteren Urlaubsplanung sucht, wird im 3 Königinnen Palais, in der Touristinformation Mirow mit seinem umfassenden Informations- und Vermittlungsangebot zu touristischen Anbietern in der Region ebenfalls fündig.

Ein Blick in die Ausstellung

Multimedial, interaktiv, bezaubernd: die Ausstellung im 3 Königinnen Palais bietet eine spannende Reise durch die Zeit. Diese

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startet bei der Frühbesiedlung der Region, bei Germanen und Slawen und führt über die Zeiten der Johanniter bis ins 18. und 19. Jahrhundert, in die Zeiten des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz. Jeder der drei mecklenburgischen Prinzessinnen, die an europäischen Höfen zu Königinnen gekrönt wurden, ist dabei ein Raum gewidmet. Die Zeitreise endet schließlich bei den heutigen Spuren der Geschichte: bei Kirchen und Gärten, Burgen und Schlössern. Aufgezeigt werden auch Wege, diese vor Ort zu erkunden.

Beim Aufbau der Ausstellung wurde auf eine familiengerechte Gestaltung Wert gelegt. So finden Besucher neben informativen Texttafeln auch viele interaktive Elemente vor: darunter ein Lupensuchspiel mit alten Gutshäusern, ein Gemälde für ein Foto als herzogliche Familie, eine sprechende Ahnentafel sowie ein Multivisionsfilm mit wunderschönen Bildern zur Geschichte und Landschaft von Mecklenburg-Strelitz.

3 Königinnen

Sophie Charlotte von MecklenburgStrelitz

Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz (1744-1818) wurde im Unteren Schloss in Mirow geboren. Im Jahre 1761 verließ die damals 17-jährige ihre Heimat und wurde an der Seite von Georg III. zur Königin von Großbritannien gekrönt. Zu Ehren der „Queen of Botany“, wie sie auch genannt wurde, taufte man in London die neu entdeckte Paradiesvogelblume, die Strelitzie, nach ihrer Heimat. Die Strelitzie ist heute die Stadtblume von Neustrelitz, der ehemaligen Residenzstadt des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz.

Luise von Mecklenburg-Strelitz

Luise von Mecklenburg-Strelitz (1776-1810) war die Tochter des in Mirow geborenen Herzogs Karl II. 1793 heiratete sie den preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm III. und wurde an seiner Seite zur Königin von Preußen gekrönt. Durch ihre Schönheit und Anmut, aber auch durch ihre ungezwungenen Umgangsformen wurde sie zu einer beliebten, einflussreichen und volksnahen

Königin, deren Leben eng mit den dramatischen Ereignissen im Kampf Preußens gegen Napoleon Bonaparte verknüpft war. 1810 starb sie im Schloss Hohenzieritz an einem Lungenleiden. Schon zu Lebzeiten verehrt, setzte sich dies nach ihrem frühen Tod weiter fort und macht sie heute zu einer der berühmtesten Königinnen der deutschen Geschichte.

Friederike von Mecklenburg-Strelitz

Linke Seite:Gebäudeensemble Schlossinsel Mirow mit Sonnenterrasse Palais Café und Außenansicht 3 Königinnen Palais. Fotos: © MuSeEn gGmbH

Rechte Seite, oben: Blick in die Ausstellung

Unten: Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz

Friederike von Mecklenburg-Strelitz (17781841) war die Schwester von Luise und Nichte von Sophie Charlotte. 1793 heirate sie, zwei Tage nach ihrer Schwester Luise, den Bruder des preußischen Thronanwärters, Prinz Friedrich Ludwig, genannt Louis.

Die Ehe verlief unglücklich und endete schon drei Jahre später mit dem Tod von Louis. Im Folgenden werden ihr zahlreiche Affären nachgesagt, auch eine zweite Ehe mit dem Prinzen Friedrich-Wilhelm zu Solms-Braunfels blieb unerfüllt. Erst in ihrer dritten Ehe mit dem Herzog Ernst August von Cumberland fand sie ihr Glück und wurde an seiner Seite im Jahr 1837 zur Königin von Hannover.

3 Königinnen Palais

Schlossinsel 2a 17252 Mirow

Tel. 039833 26 99 55 info@3koeniginnen.de www.3koeniginnen.de

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AGRONEUM Alt Schwerin

Das AGRONEUM Alt Schwerin bietet seit mehr als 60 Jahren einen Einblick in die Agrargeschichte Mecklenburgs. Das Besondere an dieser Ausstellung ist dabei ihre Einbettung in eine gutswirtschaftliche Anlage mit Dorfschmiede, Seilerei, Holländerwindmühle, Stellmacherei und einer Vielzahl weiterer Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Hier tauchen Besucher ein in das Leben der mecklenburgischen Bauern von 1848 bis zur Gegenwart. Die

einzigartige Katenzeile beispielsweise zeigt das ländliche Wohnen im Wandel der Zeit. Ein Streifzug durch das Freigelände bietet Technik zum Anfassen und Staunen: von einfachen Pflügen über Großtraktoren bis hin zu landwirtschaftlichen Flugzeugen. Wechselnde Sonderausstellungen, über das ganze Gelände verteilte Spielbereiche sowie eine Reihe thematischer Aktionen und Veranstaltungen – darunter einige etablierte Highlights für Liebhaber von

Maschinen und Pferdestärken – ergänzen das Angebot dieses sehenswerten und einzigartigen Dorf- und Freilichtmuseums.

Linke Seite, oben: Holländer Windmühle auf dem Freigelände. Foto: © MuSeEn gGmbH, Fotograf Rolf Beinert

Rechts: Blick in das Gelände / Gutstor

Unten: Traktorenpavillon

Rechte Seite: Traktoren auf dem Museumsacker Fotos: © MuSeEn gGmbH

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Insbesondere zu den wiederkehrenden Großveranstaltungen strömt Staunen und Begeisterung über das Gelände. Jedes Jahr im August findet das Oldtimer- & Traktorentreffen statt. In 2024 bereits zum 29. Mal. An jeder Ecke rattern die Motoren der zahlreichen, eigens angereisten, Traktoren und Oldtimer aus ganz Deutschland. Aber auch die historischen Landmaschinen des Museums sind dann im regen Einsatz und demonstrierten geräuschvoll das Dreschen, Steine brechen und Pflügen auf althergebrachte Weise. Das bei allen Besuchern und Teilnehmern heißersehnte Highlight - der Traktorenkorso - lockt mehrere Tausend Besucher an. Lautstark rollen dann die Fahrzeuge, gesäumt von begeisterten Schaulustigen, durch das Dorf und über das große Freigelände des Museums.

Alle zwei Jahre können historische Schätze aus ganz Deutschland, Europa und Übersee zum Internationalen Dampftreffen bestaunt werden. Während der stattfindenden Dampfparaden wird jede Maschine und jedes Modell vorgestellt. Ausgewählte Dampfmaschinen kommen zudem auch bei verschiedenen landwirtschaftlichen Vorführungen zum Einsatz. Sogar Mitfahren ist möglich und nicht nur für große und kleine

Linke Seite, oben: Innenansicht Schmiede

Mitte: Steinbrecher in Aktion

Unten: Flugzeughalle. Fotos: © MuSeEn gGmbH

Mitte und Rechte Seite: Dampftreffen 2015

Fotos: © Horst Siggelkow

Technikfans ein Erlebnis. Die faszinierende Technik aus der guten alten Zeit lockt seit mittlerweile mehr als einem Vierteljahrhundert viele Besucher nach Alt Schwerin. „Was zunächst vor knapp 30 Jahren im kleinen Kreis unter Freunden begann, hat sich mittlerweile zu einer etablierten und sehr beliebten Veranstaltung unter Liebhabern und Kennern und für Familien entwickelt, die in ganz Deutschland bekannt ist.“ berichtet Sven Harmann, Technik-Chef seit fast 40 Jahren im AGRONEUM Alt Schwerin. Er weiß nahezu alles rund um die Ausstellungsstücke im Museum und hält sie fürsorglich mit seinem Technik-Team instand. Zu besonderen Anlässen präsentieren er und seine Männer die historischen Maschinen in Aktion. So auch während des

Internationalen Dampftreffens: „4 Meter lange Baumstämme werden unter Echtdampf mit einer 15t-Maschine von 1916 zu Bolen und Kanthölzern gesägt. Das ist ein echtes Highlight!“ schwärmt er.

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Rund um diese Veranstaltungshighlights bietet das AGRONEUM Alt Schwerin nahezu monatlich Museumsfeste und Märkte, die die saisonalen und landwirtschaftlichen

Themen aufgreifen und in einem breiten Spektrum für die Besucher präsentieren.

Veranstaltungen im Überblick: Februar Schlachtefest

März Museumserwachen

April Osterallerei

Mai Pflanzen- und Töpfermarkt

Mai Arbeitstag der Kaltblutpferde

Juli Hoffest

August Oldtimer- u. Traktorentreffen

September Kartoffelfest

Oktober Kürbisfest

November Saisonausklang

Dezember Lichterglanz

August '25 17. Intern. Dampftreffen

AGRONEUM Alt Schwerin

Achter de Isenbahn 1

17214 Alt Schwerin

Telefon 039932/47450 info@agroneum-altschwerin.de www.agroneum-altschwerin.de

Christian Graf Auf der Huhfuhr 8 T: 02193 5105-277 42929 Wermelskirchen M: 0173 18 65 513 sam.provita.de c.graf@provita.de MOBILITÄT IM MUSEUM

Schliemann-Museum Ankershagen

Schliemanns Welt entdecken – dieser Philosophie folgend führt das Schliemann-Museum im mecklenburgischen Ankershagen seit Juni 2019 mit einer modernen Dauerausstellung durch das facettenreiche Leben des Troja-Ausgräbers Heinrich Schliemann.

Das Museum befindet sich in dem Pfarrhaus aus dem 18. Jahrhundert, in dem Schliemann seine Kindheitsjahre verbrachte. Persönliche Dokumente, Fotos, Tagebucheintragungen, Zitate und Zeitzeugen zeigen in zehn Themenräumen den Menschen Heinrich Schliemann, den Multimillionär, fortschrittlichen Wissenschaftler und Archäologen, Autodidakten und Kosmopoliten. Im Obergeschoss des Museums werden wechselnde Sonderausstellungen präsentiert. Ein Museumspfad, Wissensstationen sowie das ehemalige Kinderzimmer

Schliemanns im Dachgeschoss machen die Ausstellung für Kinder erlebbar. Auf dem Außengelände können der archäologische Spielplatz und der prächtige, 6 Meter hohe und 10 Meter lange Nachbau des »Trojanischen Pferdes« von den Kleinen ausgiebig erforscht werden. Der malerische Museumspark, der am sagenumwobenen »Silberschälchen« vorbeiführt, bietet ruhige Plätze zum Entspannen. Die einstige Scheune dient heute für Veranstaltungen und beherbergt das kleine Museumsbistro. Das Schliemann-Museum ist zudem Ausgangspunkt für den Wanderweg »Auf Schliemanns Spuren«, der bis zur nahegelegenen Havelquelle führt.

Die Person „Schliemann“ umgibt ein wahrer Mythos: als Kaufmann, Multimillionär, Kosmopolit wurde er zum Ausgräber der

antiken Stadt Troja und der Königsgräber in Mykene und bleibt bis heute stets damit verbunden. Heinrich Schliemann erreichte bereits zu Lebzeiten große Popularität. Doch wer war der Mensch hinter dem Mythos. Diese Frage klärt sich in den zehn thematischen Räumen der Ausstellung des Museums. Sein abenteuerlicher Lebensweg begann in Mecklenburg und endete schließlich als großer Visionär auf den Spuren der Archäologie.

Schliemann-Museum Ankershagen

Lindenallee 1 17219 Ankershagen

Tel. 039921-3252

www.schliemann-museum.de info@schliemann-museum.de

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Linke Seite, oben: Außenansicht Schliemann-Museum

Rechte Seite, oben: Ein "Trojanisches Pferd" in der Mecklenburgischen Seenplatte

Unten: Blick in die Ausstellung

Fotos: © MuSeEn gGmbH

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Medizinhistorisches Museum der Charité

Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst –Eine Sonderausstellung im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité

Autorin: Dr. Monika Ankele

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Sie wissen doch bestimmt, wie ein Fahrrad aussieht. Doch haben Sie schon einmal versucht, ein Fahrrad aus dem Gedächntis zu zeichnen? Der italienische Designer Gianluca Gimini hat für sein Projekt „Velocipedia“ über 300 Menschen gebeten, ein Fahrrad mit Bleistift auf ein postkartengroßes Stück Papier zu zeichnen. Anschließend ließ er einige dieser Fahrräder am Computer nachbauen. Die Ergebnisse waren erstaunlich: Kaum eines davon wäre fahrtauglich. Woran das liegt? Unser Gehirn spart Kapazität, denn um einen Gegenstand zu erkennen und ihn zu benutzen, muss es nicht alle Details parat haben – Effizienz, die sich lohnt.

Lange Zeit war über das Gehirn wenig bekannt, galt doch seit der Antike das Herz als das zentrale Organ und Zentrum des Körpers. Doch spätestens seit dem 19. Jahrhundert rückte das Gehirn – diese graue,

wabbernde Masse mit ihren Wucherungen und Furchen – in den Fokus medizinischer Forschungen, und die Erkenntnisse über seine Struktur, seinen Aufbau und seine Funktionen mehrten sich. Im Zuge dessen wurden pathologische und anatomische Präparate vom Gehirn hergestellt und ausgestellt, kunstvolle Lehrmodelle für den Unterricht gestaltet und einzigartige Zeichnungen von Nervenzellen angefertigt, wie jene des spanischen Neuroanatoms und Nobelpreisträgers Santiago Ramón y Cajal. Deutlich tritt in diesen Versuchen, wissenschaftliche Erkenntnisse zu visualisieren, das Naheverhältnis von Wissenschaft und Kunst, von medizinischer Forschung und künstlerischen Praktiken zu tage. Die Ausstellung „Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst“ greift diese Verbindung auf, lotet sie aus, liefert Fakten, und auch Fiktionen. Zwar wissen wir mittlerweile, dass das Gehirn

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aus rund 86 Milliarden Nervenzellen besteht und unser Denken, Fühlen und Handeln steuert, doch auf viele Fragen gibt es noch keine Antworten. So ist es bis heute nicht möglich, festzustellen, was jede einzelne dieser 86 Milliarden Nervenzellen denn eigentlich tut.

Die Ausstellung führt in die Geschichte und Gegenwart der Hirnforschung und Neurowissenschaften ein und regt mittels künstlerischer Arbeiten zu einer Reflexion über diese „graue Substanz“ an. Was habe ich im Kopf? Wie stelle ich mir die Vorgänge im Gehirn vor? Wie entwickelt sich das Gehirn? Was beeinflusst unsere neuronalen

Verbindungen im Gehirn? Und wie mache ich mir die Welt? Das sind Fragen, die die Ausstellung aufwirft und die sie erörtert.

Hervorgegangen ist die in Teilen aus der Bundeskunsthalle Bonn übernommene Ausstellung aus einer Zusammenarbeit mit Neurowissenschaftler*innen und dem Team des Berliner Medizinhistorischen Museums. Sie widmet sich rund 20 neurowissenschaftlichen Themenfeldern, die aktuell an der Charité bearbeitet werden. So zeigt die Ausstellung ein Exoskelett, das mit einer an der Charité entwickelten Gehirn-Computer Schnittstelle gesteuert werden kann. Damit sollen Menschen, die nach einem Schlag-

anfall oder einer Rückenmarksverletzung ihre Hände oder Beine nicht mehr bewegen können, alleine durch die Vorstellung einer Bewegung diese auch ausführen können. Einen prominenten Auftritt hat diese medizinische Vision in der aktuellen vierten Staffel der ARD-Erfolgsserie „Charité“. Die hier vorgestellte Neurotechnologie könnte ein wichtiger Baustein der Medizin der Zukunft sein.

Mit der Ausstellung „Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst“ eröffnete das Berliner Medizinhistorische Museum (BMM) der Charité im vergangenen Sommer nach mehrjähriger Schließzeit wieder seine Türen

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für Besucherinnen und Besucher, um nun – substanziell renoviert und modernisiert –auch in den kommenden Jahren spannende Einblicke in die Geschichte und Gegenwart der Medizin zu bieten. 1899 eröffnete der renommierte Pathologe Rudolf Virchow das heutige Gebäude des BMM als „Pathologisches Museum“. Die zahlreichen pathologisch-anatomischen Präparate, die er intensiv sammelte und die er als sein „liebstes Kind“ bezeichnete, konnten in den Räumlichkeiten des Museums gewissermaßen als dreidimensionales Lehrbuch von Studierenden genutzt werden. Doch Virchow wollte die Einblicke, die die Präparate in den menschlichen Körper geben, nicht nur der Wissenschaft vorbehaltet wissen, sondern öffnete das Museum auch für die Öffentlichkeit. 1998 erweiterte das Museum seinen Fokus. Aus dem einstigen „Pathologischen Museum“ wurde nun ein thematisch weiter gefasstes „Berliner Medizinhistorisches Museum“. In wechselnden Sonderausstellungen sowie in der Dauerausstellung kann die Geschichte der Medizin der letzten dreihundert Jahre aus unterschiedlichen Perspektiven und mit wechselnden Zugängen erfahren werden.

Die Ausstellung „Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst“ kann noch bis zum 8. September 2024 besucht werden.

Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst. Eine Ausstellung des Berliner Medizinhistorischen Museums der Charité und der Bundeskunsthalle, Bonn, in Zusammenarbeit mit dem Berlin Center for Advanced Neuroimaging und der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation der Klinik für Neurologie der Charité.

Der Ausstellungskatalog „Geistesblitze. Gedankenströme. Hirnforschung an der Charité“, hg. v. Lucia Feldmann, Judith Hahn, John-Dylan Haynes, Andrea Kühn und Thomas Schnalke (2023), kann über das Museum bestellt werden: https://bmm-charite.de/museum/shop/geistesblitze

Termine: Kurator*innenführungen am 15.05., 26.06., 24.07., 04.09.2024 jeweils um 17 Uhr Anmeldungen erbeten unter nathalie.stelmach@charite.de

Öffnungszeiten: Di, Do, Fr, So von 10-17 Uhr Mi, Sa von 10-19 Uhr

Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité Charitéplatz 1 10117 Berlin bmm@charite.de www.bmm-charite.de

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Die Ausstellung in Szene gesetzt –mit dem nachhaltigen Wand-System Mila-wall von MBA

Raum im Raum schaffen, Besucher führen, faszinieren und begeistern.

Das Stellwandsystem Mila-wall schafft dafür

die temporäre Raumstruktur und hält sich dabei zeitlos und neutral im Hintergrund. Die bis ins Detail durchdachte, modulare Konstruktion der Stellwände erlaubt es dabei die Räume immer neu und immer wieder anders zu gestalten. Das heißt die temporäre Architektur im Raum verändert sich, ebenso flexibel können Sie die

wechselbaren Oberflächen verändern. Ein weiterer Schlüssel zur Nachhaltigkeit ist dabei die hohe Wiederverwendbarkeit. Aufgrund der stabilen Verbundbauweise aus Aluminiumrahmen, Wabenstruktur und Deckplatten, sind die Stellwände leicht und dennoch äußerst robust. Eine Verwendung über viele Jahre ist somit problemlos möglich und spart wertvolle Ressourcen.

In den Räumen des Berliner Medizinhistorischen Museums kommen ca. 100 Wandmodule in der Abmessung 1000mm x 2710mm zum Einsatz. Sondermodule mit Ausschnitten für Bildschirme und Sondermodule mit Revisionstüren sind ebenfalls im Einsatz. Teilweise wurden die Stellwände auch genau

in Nischen eingepasst. Gebäudestützen sind in das Ausstellungkonzept einbezogen und mit Stellwänden in Kubusform umbaut, so entstehen große monolithische Wandstrukturen ohne das die Gebäudestützen den Raumeindruck beeinträchtigen.

Filmische Impressionen zur Ausstellung "Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst"

MBA-Design & Display Produkt GmbH Siemensstrasse 32 72766 Reutlingen

Tel: +49 7121 1606-0 info@mba-worldwide.com www.mila-wall.com

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Alle Fotos: © Peter Muntanion

Optimale Bedingungen für Wertvolles –

Interview mit Hasenkamp Geschäftsführer Dr. Thomas Schneider

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Was
auszeichnet
innovative Kunstlager

Im nachfolgenden Interview mit Hasenkamp-Geschäftsführer Dr. Thomas Schneider werden die vielfältigen Aspekte der Nachhaltigkeitsbemühungen der Hasenkamp Group beleuchtet. Von der Schaffung emissionsfreier Kunstdepots über innovative Transportlösungen bis hin zur sozialen Verantwortung zeigt sich das Engagement des Unternehmens, Tradition mit zukunftsweisenden, umweltfreundlichen Technologien zu verbinden.

Mit Ihrem neuen Kunstdepot in Köln setzen Sie in der Kunstlogistik neue Maßstäbe in puncto Nachhaltigkeit. Können Sie uns Einblicke in die Entstehung und Zielsetzung dieses Projekts geben?

Thomas Schneider: Gerne. Das Kunstdepot in Köln ist Teil unserer Vision, Nachhaltigkeit in allen Bereichen der Kunstlogistik voranzutreiben. Angesichts des Klimawandels ist es unerlässlich, dass wir als Branche Verantwortung übernehmen. Unser Depot bietet Museen und Sammlern eine Möglichkeit, ihre Werke umweltfreundlich – also nahezu emissionsfrei – zu lagern, was angesichts zunehmender klimatischer und klimapolitischer Herausforderungen immer wichtiger wird.

Wie genau unterstützt dieses Depot Museen und Sammler?

Thomas Schneider: Museen und Sammler stehen zunehmend vor der Aufgabe, ihre Kunstwerke klimaneutral zu lagern. Unsere Depots bieten diese Lagermöglichkeit an mehreren Standorten in Europa, die zusätzlich an die spezifischen Bedürfnisse dieser wertvollen Kunstwerke angepasst sind. Mit einer konstanten Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie dem höchsten Sicherheitsstandard Vds C SG3 können Museen und Sammler sicher sein, dass ihre Sammlungen bestmöglich geschützt sind.

Linke Seite: Dr. Thomas Schneider ist der geschäftsführende Gesellschafter des über 100-jährigen Logistik- und Familienunternehmens Hasenkamp

Oben: An die Lagerung von Kunst- und Kulturgut werden hohe Anforderungen gestellt: Permanente Klimakontrolle, Sicherheit und Energieeffizienz – jährlich verbrauchen die Lagerhallen weniger als 20 kWh/m² Energie

Unten: Der Hauptsitz des Familienunternehmens Hasenkamp in Köln Frechen. Hier arbeiten rund 200 Frauen und Männer – international beschäftigt das Logistikunternehmen gut 1.000 Mitarbeitende Fotos: © hasenkamp

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Welche Rolle spielt der Klimawandel bei der Gestaltung solcher Lager?

Dr. Schneider: Der Klimawandel zwingt uns alle, über nachhaltige Lösungen nachzudenken. Museen suchen vermehrt nach Wegen, ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, und unser Depot bietet eine solche Lösung. Die Nutzung von Geothermie und Photovoltaik stellt sicher, dass unsere Lager nicht nur autark funktionieren, sondern auch umweltfreundlich sind.

Welche spezifischen Technologien setzen Sie ein, um dieses Ziel zu erreichen?

Thomas Schneider: Das neue Depot in Köln ist bereits das Fünfte seiner Art, neben Wien, Amsterdam oder München, das auf Geothermie und Photovoltaik setzt, um einen nahezu emissionsfreien Betrieb zu gewährleisten. Mit Tiefenbohrungen und grünem Strom wie aus Photovoltaikanlagen erzeugen wir tatsächlich sogar mehr Energie, als wir verbrauchen. Das ist ein einzigartiges Konzept, mit dem wir als führend im Markt dastehen.

Neben dem Kunstdepot haben Sie auch die nachhaltige Transportkiste "arca" entwickelt. Welche Rolle spielt diese Innovation in Ihrer Strategie?

Thomas Schneider: "arca" repräsentiert unseren Ansatz, Nachhaltigkeit in jeden Aspekt unserer Arbeit zu integrieren. Neben Transport und Lagerung ist das Thema Verpackung die zweite Säule, bei der wir Optimierungen vornehmen. Die arca-Kiste ist aus schnellwachsendem Kiri-Holz des sogenannten Klimabaums Paulownia gefertigt und verfügt über einen digita-

len Klima-Monitor, der die Bedingungen innerhalb der Kiste überwacht. Die neuartige Verpackungsbox stellt also erstmal allein durch ihr nachhaltiges Produktdesign eine umweltfreundlichere Alternative zu anderen Transportkisten dar. Die arca ist aber nicht nur leichter und damit energieeffizienter im Transport, der App-basierte digitale Klima-Monitor zeigt beispielsweise Museums- oder Galeriemitarbeitenden an, wie es um das Binnenklima der Kiste bestellt ist.

Das hat den Vorteil, dass sichergestellt werden kann, dass die Kiste nur ideal konditioniert geöffnet wird. Der nachhaltige Effekt dabei: Wir reduzieren ganz entscheidend Transporte – im Idealfall bis zu zwei Drittel, weil dann unkonditionierte Kisten zur Akklimatisierung nicht vorab angeliefert werden müssen.

Sie sprachen es an, die dritte Säule Ihrer nachhaltigen Anstrengungen als Logistikunternehmen sind dann die eigentlichen Transporte. Wie geht Hasenkamp hierbei vor?

Thomas Schneider: Ein zentraler Punkt, den wir aktiv steuern können – unabhängig von der Transporttechnik an sich, ist die Effizienz durch Digitalisierung zu steigern. Insbesondere in unserer Flottenplanung, können wir durch moderne Tools, KI und Trainings Transporte nachhaltiger gestalten. Unsere Software führt zu einer deutlichen Reduzierung von Leerfahrten und CO2-Emissionen. Die Disponenten sparen allein durch eine verbesserte Auslastung und Verminderung von Leerfahrten CO2-Emissionen von rund fünf Prozent ein. Darüber hinaus ermöglicht die Digitalisierung uns, unsere Ressourcen besser zu nutzen und

unseren Kunden einen noch zuverlässigeren Service zu bieten.

Sie sind die fünfte Generation des Familienunternehmens. Wie verbinden Sie Tradition und Innovation in Ihrer täglichen Arbeit?

Thomas Schneider: Als Familienunternehmen ist es uns wichtig, unsere Werte zu bewahren, während wir uns den Herausforderungen der modernen Welt stellen. Wir glauben, dass es möglich ist, Tradition mit Innovation zu verbinden, indem wir nachhaltige Lösungen entwickeln, die sowohl unseren Kunden als auch der Umwelt zugutekommen. Wir sehen darin eine Win-Win-Situation und stecken deshalb entsprechende Ressourcen rein. Bezogen auf die Lagerneubauten waren das in den vergangenen Jahren gut 100 Millionen Euro. Inwiefern beeinflussen soziale Aspekte Ihre Unternehmensentscheidungen?

Thomas Schneider: Wir nehmen unsere soziale Verantwortung sehr ernst. Das beinhaltet faire Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit und die Unterstützung von kulturellen und sozialen Projekten. Wir sind überzeugt, dass ein erfolgreiches Unternehmen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch

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sozial und ökologisch nachhaltig agieren sollte. Vor gut zehn Jahren hat Hasenkamp sich verpflichtet, qualitäts-, umwelt- und energierelevante Ziele zu verfolgen und das Unternehmen fortlaufend zu verbessern. Dieser ISO-zertifizierte Prozess wird jährlich von der Dekra überprüft. Wichtige

Voraussetzung, um gegenüber öffentlichen Auftraggebern und Kunden die Bemühungen und entstehende Kosten transparent aufzuzeigen.

Wie sehen Sie die Kunstlogistik im Hinblick auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung aufgestellt?

Thomas Schneider: Ich sehe eine Zukunft, in der Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung keine Optionen, sondern Grundvoraussetzungen sind. In der Kunstlogistik bedeutet das, innovative Lösungen zu finden, die sowohl die Bedürfnisse unserer Kunden als auch die Anforderungen unseres Planeten berücksichtigen. Letztlich ist Kunstlogistik auch ein Dienst an den Gesellschaften und Kulturen dieser Welt. Kunst ist ähnlich dem Sport ein Brückenbauer und öffnet Gesprächsräume über Grenzen und Differenzen hinweg.

Welche weiteren Schritte und Projekte planen Sie, um Ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen?

Thomas Schneider: Wir planen, unsere Flotte – sofern das ökologisch und ökono-

misch sinnvoll ist – weiter zu elektrifizieren und in zusätzliche emissionsfreie Lager zu investieren. Außerdem arbeiten wir ständig an der Verbesserung unserer internen Prozesse, um unseren ökologischen Fußabdruck weiter zu reduzieren.

Das Interview führte Benjamin Pauwels, Corporate Communications Hasenkamp.

Linke Seite, mitte: Wiederverwendbarer Transportkisten sind seit über 40 Jahren im Einsatz und sorgen für eine ressourcenschonende Logistik

Unten, links: Die heiligen Hallen der Kunstlagerung. Das Kunstdepot erfüllt den Sicherheitsstandard Vds C SG3 und bietet museale Lagerbedingungen für Kunstwerke mit einer konstanten Temperatur von 20 Grad Celsius bei rund 55 Prozent relativer Luftfeuchte

Unten, rechts: Das neue Lager an der Stadtgrenze zu Köln ist das fünfte seiner Art innerhalb der Hasenkamp Group. Es steht in einer Reihe mit kürzlich errichteten Gebäuden in München, Wien, Brüssel und Amsterdam

Rechte Seite: Mammutaufgabe Kunstlogistik: Nach dem Prinzip Nagel-zu-Nagel begleiten die Mitarbeiter Objekte vom Ab- bis zum Aufbau

Fotos: © hasenkamp

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Forum ALTE POST

Kunst und Kultur im außergewöhnlichen Ambiente

Seit seiner offiziellen Eröffnung im Jahr 2014 ist das Pirmasenser Kulturzentrum Forum ALTE POST zu einem echten Wahrzeichen der Stadt geworden. Als architektonisches Schmuckstück verbindet es dabei Alt und Neu ebenso gelungen miteinander wie Ausstellungen unterschiedlichster Genres und ein attraktives Veranstaltungsprogramm.

Das Forum ALTE POST in Pirmasens blickt auf eine spannende Entstehungsgeschichte zurück und gilt als ehemals „Königlich Bayrisches Postamt“ zu Recht als ein Juwel der späten Gründerzeit. Ursprünglich wurden in dem 1893 errichteten Postgebäude der städtische Paketverkehr und der Telegrafendienst abgewickelt. Danach diente das Bauwerk des Historismus, in dem der Architekt Ludwig von Stempel Motive aus der italienischen und französischen Renaissance vereint, diversen Zwecken wie etwa als Fernmeldedienst- und Kraftpoststelle, Wartesaal, Telefonzentrale, Kraftpostverwaltung und Lager.

Aus alt mach neu

Nachdem das Gebäude seit 1976 leer stand, fiel der Entschluss, die alte Post in ein multifunktionales Kultur- und Veranstaltungszentrum mit zusätzlichem Museumsbetrieb

zu verwandeln. Dank eines aufwändigen Umbaus, einer technischen Modernisierung und grundlegenden Restaurierung, bei der unter anderem ein Mosaik an der Außenfassade nach historischen Vorlagen wiederhergestellt wurde, erstrahlt das Bauwerk unweit des Hauptbahnhofs heute in neuem Glanz – und hat sich sehr schnell zu einem begehrten Treffpunkt für Kunst- und Kulturfans nicht nur aus der Stadtgemeinschaft entwickelt.

Berühmte Söhne der Stadt

Dreh- und Angelpunkt im Forum ALTE POST sind die beiden Dauerausstellungen, die sich den berühmten Pirmasensern Hugo Ball (1886-1927) und Heinrich Bürkel (18021869) widmen. Deren Werk hat – jedes auf seine ganz eigene Weise – auf jeweils großzügigen Flächen eine eindrucksvolle Heimstatt gefunden.

So beleuchtet das Hugo-Ball-Kabinett mit historischen Fotografien, Grafiken, Zitaten, Texten und Zeitungsartikeln das Leben und Wirken des Lautgedicht-Pioniers und Dada-Begründers. Wissenswertes vermitteln dabei auch multimediale Elemente wie Audio- und Filmaufnahmen, ein „Laut-Teppich“ oder die ungewöhnliche 3D-Bespielung einer lebensgroßen Hugo-Ball-Figurine,

die auf dem berühmten Foto von Hugo Ball im kubistischen Kostüm beruht. Neben Hugo Ball werden mit seiner späteren Frau Emmy Hennings, Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp, Richard Huelsenbeck sowie Tristan Tzara zusätzlich weitere Protagonisten des Dada vorgestellt. Darüber hinaus präsentiert die Ausstellung Balls religiöse, politische und journalistische Arbeiten.

In der Heinrich-Bürkel-Galerie sind rund 60 Gemälde, Zeichnungen und Skizzen mit Landschafts- und Genredarstellungen des bekannten Malers der Romantik zu sehen.

Thematisch geordnete Räume nehmen jeweils Bezug auf verschiedene Schaffensperioden. So zeigen beispielsweise exemplarische Bildvergleiche zwischen Gemälden,

Linke Seite: Eindrucksvolle Fassade des Forum ALTE POST mit Blick auf den Joseph-Krekeler-Platz

© Pfalz.Touristik e.V., Foto: Dominik Ketz

Rechte Seite, oben: Die Heinrich-Bürkel-Galerie zeigt Gemälde, Zeichnungen und Skizzen sowie Dokumente aus dem Nachlass

© Forum ALTE POST, Fotograf: Martin Seebald

Mitte: Highlight im Hugo-Ball-Kabinett: 3D-Bespielung einer lebensgroßen Hugo-Ball-Figurine

© Stadt Pirmasens, Fotograf: Rüdiger Buchholz

Unten: Alt trifft auf Neu: Das Treppenhaus im Forum ALTE POST befindet sich im modernen Glasanbau

© Pfalz.Touristik e.V., Foto: Dominik Ketz

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Vorstudien und Skizzen, welche akademischen Traditionen und Sujets Heinrich Bürkel aufgriff und welche bildnerischen Innovationen er im Vorfeld der klassischen Moderne als einer der Wegbereiter der so genannten Münchener Schule entwickelte. Darüber hinaus eröffnen Dokumente aus dem Nachlass des Künstlers und zeitgenössische Kommentare von Kunstkritikern weitere Einblicke in das berufliche und private Leben Heinrich Bürkels.

In den kommenden Jahren wird die Heinrich-Bürkel-Galerie neugestaltet, darin eingeschlossen ist auch, dass die umfangreichen Bestände der Stadt an Bürkels Arbeiten digital zugänglich gemacht werden.

Eindrucksvolles Wechselspiel von regionaler und überregionaler Kunst

Über das ganze Jahr hinweg findet in mehreren Wechselausstellungen im Forum ALTE POST moderne zeitgenössische Kunst ihren Platz. Die breite Vielfalt an Genres reicht dabei von Fotografie, Malerei und Illustration über Grafik bis hin zu Objektkunst. Seit der Eröffnung haben über 50 Ausstellungen in der alten Post gastiert – die erste gab es sogar schon vor der offiziellen Einweihung mit „Wald, Schloss, Schuh“. Die ideenreiche Geschichte der Stadt Pirmasens ist danach ins Stadtmuseum Altes Rathaus gezogen, wo sie bis heute als Dauerausstellung zu sehen ist. Die offizielle Premierenausstellung zeigte Fotografien von Götz Diergarten, darauf folgten weitere Highlights wie „Salvador Dalí – Imagination und Irritation“, „Janoschs Abenteuerwelten“ sowie „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“, eine vom Anne Frank Zentrum und dem Anne Frank Haus konzipierte Wanderausstellung.

Mehrfach wurde auch das Schaffen von Bürkel und Ball sowie dessen Frau Emmy Hennings im zeitgenössischen Kontext präsentiert, hinzu kommen immer wieder sehenswerte Arbeiten aus der regionalen Kunstszene.

Die erste Wechselausstellung des Jahres 2024 widmete dem Photomedia-Künstler Boris Eldagsen eine eindrucksvolle Retro-

spektive seines Werks. Für dieses Jahr geplant sind außerdem noch „Fragmente. Gezeigte Landschaften im 21. Jahrhundert mit Cyrill Lachauer und Monika Kropsdorfer“, „Heimat Wald. Pfälzer Baumlandschaften im Spiegel der Kunst“ und „Der Mensch in der Landschaft mit Rainer Steve Kaufmann und Stephan Müller“.

Die Ausstellungen werden begleitet von vielseitigen Rahmenprogrammen, zu denen beispielsweise Führungen und Vorträge etwa zu Techniken und Arbeitsmethoden zählen sowie museumspädagogische Workshops für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Zusätzliche Workshopangebote gibt es in den rheinland-pfälzischen Schulferien und zu Special Events.

Kultur in stilvoller Kulisse

Konzerte, Schauspiel, Lesungen, Kabarett: Im Forum ALTE POST findet Kultur in vielerlei Form eine außergewöhnliche Kulisse. Im Rahmen des städtischen Kulturprogramms bietet der beeindruckend sanierte Elisabeth-Hoffmann-Saal buchstäblich eine Bühne für hochkarätige Veranstaltungen zum Beispiel auch des alljährlichen Musikfestivals Euroclassic. Der an das Gebäude unmittelbar angrenzende Joseph-Krekeler-Platz kann

zudem für Open-Airs genutzt werden. Einen Blick in die Vergangenheit ermöglichen dort großformatige Schautafeln mit historischen Aufnahmen, zwei „Schuhmädchen“ aus Bronze verstehen sich als Reminiszenz an die bis heute währende Tradition von Pirmasens als Schuhstadt.

Feiern, Tagen und Heiraten

Gern genutzt wird auch das Angebot, den Elisabeth-Hoffmann-Saal für Firmenevents, Kongresse und private Feierlichkeiten wie Hochzeitsfeiern oder Jubiläen anzumieten. Apropos Hochzeit: Das elegant gestaltete Trauzimmer für standesamtliche Hochzeiten mit seiner liebevoll gearbeiteten Deckenbemalung bietet den idealen Rahmen für den schönsten Tag des Lebens. Im Foyer lädt ein Café-Bereich mit Lounge ein zum entspannten Verweilen – vor, zwischen und nach einem Besuch der Ausstellungen oder einer Veranstaltung. Im hauseigenen Museumsshop gibt es außerdem Literatur zum Gebäude, zu Kunst- und Kulturthemen sowie zur Stadt- und Regionalgeschichte, aber auch ausgewählte Spiel- und Schreibwaren und Kataloge zu den bisherigen Wechselausstellungen.

Das Forum ALTE POST in Pirmasens ist definitiv eine lebendige Kulturstätte der ganz besonderen Art – und immer wieder aufs Neue einen Besuch wert.

Forum ALTE POST

Poststraße 2 66954 Pirmasens

Tel. 06331 23927-0 altepost@pirmasens.de www.forumaltepost.de

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Stadtmuseum

Altes

Rathaus

Schuhe und viel mehr

Über 250 Jahre schon prägt das „Alte Rathaus“ das Zentrum von Pirmasens. Wer heute in der westpfälzischen Stadt von der eindrucksvollen Schloßtreppe mit dem monumentalen Stierbrunnen hinunterblickt zum Schloßplatz in der Fußgängerzone, sieht das stadtbildprägende Gebäude in ganzer Pracht. Die Gäste erwarten zwei Dauer- sowie ausgewählte Wechselausstellungen mit einem klaren und immer wieder neuen und spannenden Fokus auf die Stadtgeschichte.

Anno 1763 und damit vor exakt 261 Jahren wurde die damalige Garnison Pirmasens durch einen Erlass des Landgrafen Ludwig IX. zur Stadt erhoben. In dieser Zeit hatte das ehemalige Dorf innerhalb der Stadtmauer 590 Gebäude aufzuweisen, darunter 28 herrschaftliche Gebäude, zwei Kirchen, Wachthäuser und Kasernen – aber kein Rathaus. Erst sechs Jahre später folgte die

Genehmigung dazu und am 17. September 1771 schließlich die Grundsteinlegung mit Rochus Pfeifer als Baumeister. Knapp ein Jahr später konnte schon das Türmchen auf den Bau aufgesetzt werden, 1773 folgten die im nahegelegenen Zweibrücken gegossenen Glocken, die von da an die Viertelund ganzen Stunden verkündeten. 1774 dann war der Bau des dreigeschossigen Gebäudes abgeschlossen.

Im 2. Weltkrieg wurde das Gebäude fast vollständig zerstört, nur die Fassade blieb erhalten. Lange prägte dieser Anblick das Stadtbild, bis man sich entschied, das Alte Rathaus wiederaufzubauen – allerdings mit einer zusätzlichen Etage, denn in der Zwischenzeit hatten die seitlichen Nachbarhäuser die Ruine selbst höhenmäßig überragt. Pünktlich zum 200-jährigen Stadtjubiläum konnte 1963 der fertige Wiederaufbau gefeiert werden. Seit 1995 beherbergt das Türmchen des Gebäudes ein besonderes

Glockenspiel, bestehend aus der Landgrafenglocke mit einem Gewicht von 270 kg und weiteren 14 Glocken. Zu hören ist es dreimal am Tag – wegen der umliegenden Kirchen jeweils um 11.03 Uhr, um 15.03 Uhr und zur Abendstunde um 18.03 Uhr.

Ein Haus mit bunter Geschichte …

Im Laufe der Zeit hat das Alte Rathaus sehr viele Veränderungen erlebt. Unter anderem waren darin die Volkshochschule, die Bürkel-Galerie und das Standesamt untergebracht. Heute vereint das Stadtmuseum Altes Rathaus die Facetten der Pirmasenser Stadtgeschichte unter einem Dach. Seit 2014 ist hier die Ausstellung „Wald, Schloss, Schuh – die Geschichte der Siebenhügelstadt" zu sehen, die zum 250-jährigen Stadtjubiläum im Forum ALTE POST gezeigt worden war. Daneben befindet sich das Scherenschnittkabinett der 1921 in Pirmasens geborenen Scherenschnitt-Künstlerin Elisabeth Emmler; ihr Werk befasst sich hauptsächlich mit den Märchen der Brüder Grimm und dem Pfälzerwald.

… und einem ganz besonderen Heimatmuseum

Der 1909 gefasste Beschluss des Stadtrats, ein Heimatmuseum einzurichten, war der Startschuss für den Anfang der Dokumentation der Pirmasenser Schuhgeschichte. Mit einer Ausstellung in der Töchterschule im Jahr 1912 startete die Sammlungstätigkeit. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs und Nachkriegswirren unter französischer Besatzung unterbrachen jedoch die Bemühungen um ein neu zu errichtendes Museum. 1929 schließlich wurde ein erstes Heimatmuseum in den Räumen eines früheren Hotels eröffnet. Der Darstellung des Schuhs waren damals fünf Räume gewidmet, zu sehen waren außerdem Exponate von Heinrich Bürkel, dem in Pirmasens geborenen Maler aus der Zeit der Romantik, Alltagsgegenstände aus früherer Zeit und die sogenannte Schäfer‘sche Aquarellsammlung mit Bildern aus Alt-Pirmasens.

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Dem Plan, die Schuhgeschichte der Stadt noch größer zu präsentieren, machte der Zweite Weltkrieg einen Strich durch die Rechnung – und danach eine 90-prozentige Zerstörung der Innenstadt andere Dinge als Kultur wichtiger. Erst ab 1959 rückte eine Wiedereröffnung des Heimatmuseums in den kulturellen Mittelpunkt. Begünstigt durch den Wiederaufbau des Alten Rathauses fand das Museum dort eine neue Bleibe: Nach Stockwerken getrennt, fanden sich die vier Museumsbereiche Vor- und Frühgeschichte, Schuhmuseum, Heimatmuseum und Bürkel-Galerie.

Reminiszenz an die Schuhstadt Pirmasens

Parallel zur Schausammlung erweiterte sich die Depotsammlung. Einen großen Zuwachs zur städtischen Schuhsammlung erhielt die Stadt im Jahr 1975 mit einer Dauerleihgabe von 350 Schuhen aus aller Welt. Sie stammte aus einer Sammlung von Gustav Rheinberger, dem Geschäftsführer der traditionsreichen Rheinberger-Schuhfabrik in Pirmasens. 1976 wurde das Schuhmuseum dann mit einer deutlich erweiterten Sammlung wiedereröffnet. Seitdem haben zahlreiche Museumsfreunde den Bestand an Schuhen durch Spenden ständig erweitert, das Unternehmen Voro-Druck etwa stiftete seine im Betrieb entstandene Sammlung von Schuhschachtel-Etiketten. Daneben kaufte die Stadt eine außergewöhnliche Sammlung mit Schuhexponaten aus den Jahren 1950 bis 1975 sowie eine größere Sammlung an Schuhschnallen aus dem 18. bis 20. Jahrhundert.

Kunst in vielen Facetten

Auch das Heimatmuseum vergrößerte sich und zwar zunehmend um künstlerische Exponate. So vermehrte sich der Bestand an Werken von Pfälzer Künstlern beispielsweise durch den Nachlass Wettstein. Im Zuge dessen schmücken Bilder von Willi Deutschmann, Rudolf Scharf, Karl Graf, Ludwig Kieffer, Erwin Brünisholz, Fritz Kredel, Max Slevogt, Max Liebermann und Otto Dill die

Linke Seite, oben: Ein Schmuckstück im Zentrum von Pirmasens: Stadtmuseum Altes Rathaus – Blick vom Schloßplatz

Unten: Anschauliche Modelle in der Ausstellung

Rechte Seite, Mitte oben: Forscher-Ecke für kleine Gäste

Mitte unten: Blick zurück in die Vergangenheit

Rechts: Eine „Pirmasenser Schuhträgerin“ aus alten Zeiten

Fotos: © Stadt Pirmasens

Sammlung. In neuerer Zeit sind Arbeiten der Pirmasenser Scherenschnittkünstlerin Elisabeth Emmler, des abstrakt malenden Klaus Heinrich Keller und des Heimatmalers Ludwig Petzinger hinzugekommen. Die Sammlung von Ölgemälden Heinrich Bürkels, einem Zeitgenossen von Carl Spitzweg, erweiterte sich durch einen Zukauf von über 2.000 Grafiken.

Mit der Eröffnung des Scherenschnittkabinetts Elisabeth Emmler im Jahr 1991 schloss die Abteilung Vor- und Frühgeschichte, deren Exponate aber weiterhin in Wechselausstellungen zu sehen sind. Auch die Schuhsammlung wurde neu konzeptioniert. Nach der vielbeachteten Darbietung im Forum ALTE POST zog „Wald, Schloss, Schuh – die Geschichte der Siebenhügelstadt“ als Dauerausstellung wieder ins nunmehr unter Stadtmuseum Altes Rathaus firmierende Museum um; die Bürkel-Galerie wanderte im Gegenzug mit neuer Ausrichtung ins Forum ALTE POST.

Immer wieder neue Blicke auf die Stadthistorie

Die Wechselausstellungen im Stadtmuseum Altes Rathaus beschäftigen sich ausschließlich mit der Stadtgeschichte von Pirmasens. Einbezogen in die Präsentation ist dabei auch die umfangreiche Sammlung des Stadtarchivs, das das Museum betreut. Zu den Ausstellungshighlights der letzten Jahre gehören unter anderem „Remember – Die amerikanischen Streitkräfte in Pirmasens (1946-1997)“, „Bärmesens – bei uns dehääm“ mit 120 Jahren Stadtgeschichte in

Bildern oder auch die Wanderausstellung „Einige waren Nachbarn: Täterschaft, Mitläufertum und Widerstand“ des United States Holocaust Memorial Museum.

Führungen und museumspädagogische Angebote erweitern das Spektrum und ziehen jährlich zahlreiche touristischen Gäste ebenso wie Einheimische ins Museum. Das Begleitprogramm zu den Wechselausstellungen wird ebenfalls rege genutzt und durch ein permanentes Workshopangebot ergänzt. Für Grundschulklassen bietet das Stadtmuseum außerdem in Zusammenarbeit mit den Pirmasenser Gästeführern das Sonderprogramm „Zeitreise AG“ an. Dessen Ziel ist es, den Kindern mit leicht zugänglichen Informationen spielerisch die Pirmasenser Stadtgeschichte von der Vorund Frühgeschichte über die Landgrafenzeit bis hin zur Schuhgeschichte begreifbar zu machen. Damit das nicht nur Theorie bleibt, stehen über das Bestaunen von Originalobjekten wie zum Beispiel einem Dinosaurierhandabdruck hinaus auch kreative Basteleinheiten auf dem Programm, um der jeweiligen Zeitspanne nachzuforschen.

Ob klein oder groß: Im Stadtmuseum Altes Rathaus können Gäste jedes Alters in die spannende Geschichte von Pirmasens eintauchen.

Stadtmuseum Altes Rathaus Hauptstraße 26 (Fußgängerzone)

66953 Pirmasens

Tel. 06331 1455-819 oder 06331 84-2299 archiv@pirmasens.de www.pirmasens.de

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Dynamikum Science Center

Spannend und überraschend: Im Pirmasenser Dynamikum, dem einzigen Science Center im Südwesten Deutschlands, kann man ganz alltägliche ebenso wie ungewöhnliche naturwissenschaftliche und technische Phänomene ganz ohne Laborkittel erforschen. Faszinierende Exponate liefern dort auf spielerische Art den Beweis, dass in jedem ein Entdecker steckt – einfach durch Tüfteln und Ausprobieren.

Wer kennt nicht die Museen, in denen man die ausgestellten Objekte nur ehrfürchtig aus der Ferne betrachten darf? Das ist bei den rund 160 Exponaten rund ums Thema „Bewegung“ im Dynamikum ganz anders! Sie entfalten ihre Wirkung erst, wenn die Gäste sie tatkräftig erforschen, zum Beispiel per Kurbeln, Hüpfen, Strampeln, Rennen oder Grübeln. Da macht der

Museumsbesuch so richtig Spaß – das gilt für Kita- und Schulkinder genauso wie für Jugendliche und Erwachsene bis hin zu „älteren Herrschaften“.

Naturgesetze verstehen

Auf zwei Etagen und gut 4.000 Quadratmetern kann man in die spannende Welt von Naturwissenschaften, Technik, Biomechanik und Sport eintauchen. Hierfür gibt es insgesamt acht Bereiche: Der Antritt, Bewegte Masse, Der Dreh, Bewegungsmaschinen, Schnelle Natur, Menschenkräfte, Denken in Bewegung und Sport. Mithilfe der Exponate bewegen die Besucher entweder sich selber oder etwas und tricksen dabei an den zahlreichen interaktiven Stationen so manches Naturgesetz (vermeintlich) aus. Im Dynamikum kann eine Kugel nämlich auch den Berg hinaufrollen, ein Haus dreht

sich, steht aber gleichzeitig still, man kann in Echtzeit gegen Fabelwesen um die Wette rennen und vieles mehr. Wer nach dem Besuch Forschung und Spaß mit heimnehmen möchte, findet im hauseigenen Shop ein reichhaltiges Angebot mit Experimentiersets, Spielen und Büchern. Darüber hinaus bietet die Online-Aktion „Werde Dynamiker“ mit Dynamo und Higgs, zwei fröhlichen Mitgliedern der Dynamikum-Familie, lustige kleine Experimente, die sich zuhause mit einfachen Mitteln durchführen lassen. In allen rheinland-pfälzischen Schulferien werden zudem kreative Workshops angeboten, an denen man ganz unkompliziert spontan teilnehmen kann.

Immer wieder Neues entdecken

Besuche im Dynamikum lohnen sich immer wieder aufs Neue, denn zusätzlich zu den Exponaten der Dauerausstellung sind regelmäßig Sonderschauen zu den unterschiedlichsten Themen zu Gast. So war seit der Eröffnung im Jahr 2008 unter anderem mehr über Nanotechnologie, Astrologie oder Bionik zu erfahren, knifflige Rätsel wurden gelöst und vieles mehr. In „Schau

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Ein Museum mit Aha-Effekt

genau! Der Trick mit dem Blick“ zum Beispiel konnten die Gäste auf eine außergewöhnliche Reise durch die Welt der optischen Täuschungen gehen. „PRÄZISION – Unvorstellbare Genauigkeit und die Suche nach neuer Physik“ beleuchtete die Forschung des Exzellenzclusters PRISMA+ der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zu den ganz großen Fragen und Rätseln des Universums. „Haste Töne? Klänge zum Hören, Sehen und Anfassen“ bot die Möglichkeit zum interaktiven Erforschen von Tönen, Klängen und Geräuschen. Und als im Dynamikum umfassende Umbaumaßnahmen vor der Tür standen, wurden vorab sozusagen als Einstimmung in „Schlau gebaut!“ kleine und große Gäste selbst zum Baumeister und schärften ihren Blick für statische und konstruktive Sachverhalte. 2024 können sich Besucher vom 19. Mai bis 25. August in der vom Mathematikum konzipierten

Linke Seite: Exponat „Wettlauftunnel“: Läuft die Ameise schneller oder der Mensch?

Rechte Seite, oben: Fliegen wie ein Vogel mit dem „Ornithopter“ im Strecktalpark

Unten: Beim Exponat „Motion Base“ bewegt sich die Plattform analog zu den Bewegungen im Film

© Dynamikum Science Center Pirmasens, Fotograf: Sebastian Fachenbach

Sonderausstellung „Kein Ende in Sicht“ in der Unendlichkeit verlieren.

Forschungsreisen „vor der Tür“

Auch unter freiem Himmel hat das Dynamikum einiges zu bieten, denn im Strecktalpark, der sich in unmittelbarer Nachbar-

schaft befindet, sind mehrere Exponate zum Thema „Aufwind“ zu entdecken. Dort kann man etwa auf dem Ornithopter nacherleben, wie sich ein Vogel fühlt, wenn er seine Flügel ausbreitet, und im „Schwebesitz“ (fast) schwerelos in der Luft schweben. Das „Propellerkarussell“ vermittelt das Gefühl, wie die Luft einen

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Menschen bewegt. Außerdem können kleine und große Forscher auf der „Seilbahn“ den Gleitflug eines Vogels erleben. Weitere Exponate tragen die klingenden Namen „Flügelbewegungen“, „Stromlinienformen“ oder auch „Riesenschaukel“.

Für die sportliche Betätigung zwischendurch gibt es einen Parcours für DiscGolf als einer Trendsportart, die mehr und mehr Fans gewinnt. Dabei gilt es, ähnlich wie beim ‚normalen‘ Golf Disc-Scheiben mit möglichst wenigen Würfen in Körbe zu bringen. Außerdem verfügt der Strecktalpark über eine erst im letzten Jahr komplett neugestaltete Skate-Anlage sowie einen Abenteuer- und Wasserspielplatz. Der Vorteil: Alle Angebote im Park sind kostenfrei nutzbar. Und da alle Gäste mit dem Dynamikum-Eintritt ein Bändchen fürs Handgelenk bekommen, ist es jederzeit möglich, am Besuchstag die Aktionsebenen des Science Centers zwischendurch zu verlassen und später wiederzukommen.

Ein Gebäude mit außergewöhnlicher Geschichte

Seinen Standort hat das Dynamikum natürlich auch an einem ganz besonderen Ort, dem „Rheinberger“. Anfang des 20. Jahrhunderts residierte die traditionsreiche

Schuhfabrik Rheinberger in dem riesigen Gebäude – eines der damals größten seiner Art in Europa. Auf einem der sieben Hügel der Stadt gebaut, bildete es über Jahrzehnte ein weithin sichtbares Symbol für die hohe wirtschaftliche Entwicklung und Bedeutung der Schuhindustrie in Pirmasens: Mehr als 20.000 Menschen arbeiteten zu Hochzeiten in der Schuhproduktion. Die aufkommende Internationalisierung führte jedoch in den 1970er Jahren immer mehr zur Verlagerung der Herstellung ins Ausland. Und so schloss auch der „Rheinberger“ 1995 seine Tore und hinterließ eine gigantische Industrieruine, die schließlich die Stadt Pirmasens aufkaufte und umfangreich sanierte. Heute verfügt der Gebäudekomplex über rund 16.000 Quadratmeter Nutzfläche, der architektonisch attraktive Fabrikcharakter wurde dabei bewusst erhalten. Neben dem Dynamikum beherbergt der „Rheinberger“ unter anderem Arztpraxen, Zeitungsredaktionen, ein Fitnessstudio, die örtliche Montessori-Schule und das Bildungszentrum des Städtischen Krankenhauses Pirmasens.

Übrigens: Seinen Namen hat das Dynamikum von einer Pirmasenser Bürgerin

Oben: Kann man mit Luft eine Kugel in der Luft halten? © Dynamikum Science Center Pirmasens, Fotograf: Sebastian Fachenbach

bekommen. Denn unter Federführung von Oberbürgermeister a. D. Dr. Bernhard Matheis, der sich damals für eine Revitalisierung des „Rheinberger“ und die Eröffnung eines Science Center stark gemacht hatte, war eigens ein Wettbewerb ausgerufen worden. Zahllose Vorschläge gingen daraufhin ein, aus denen eine Jury, bestehend aus fachlich qualifizierten Vertretern der Stadt sowie Marketing- und Kommunikationsspezialisten, schließlich „Dynamikum“ zum Sieger erklärte.

Heute ist das Dynamikum aus Pirmasens nicht mehr wegzudenken und zieht alljährlich Tausende von Gästen jedes Alters an. Dazu zählen auch zahlreiche Kita- und Schulklassen, die wie ihre Lehrkräfte das Science Center als einen ungewöhnlichen außerschulischen Lernort zu schätzen wissen, der niemals stillsteht, sondern sich täglich aufs Neue buchstäblich dynamisch weiterbewegt.

Dynamikum Pirmasens e. V.

Im Rheinberger

Fröhnstraße 8 66954 Pirmasens

Tel. 06331 23943-0 info@dynamikum.de www.dynamikum.de

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Das Besuchermanagement, bei dem alles passt

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Museum Landschaft Eiderstedt

Das riesengroße kleine Museum in St. Peter Ording: „Eine wundervolle Zeitreise durch die Geschichte der Region“

Autorin: Katja Sinn

St. Peter Ording ist einer der beliebtesten Urlaubsorte in Norddeutschland und liegt an der Spitze der idyllischen Halbinsel Eiderstedt, umgeben von der zeitweise wilden Nordsee.

Mit seinem 12 km langen Sandstrand direkt am Nationalpark und UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer ist es in Deutschland einmalig. Im kleinen historischen Zentrum des Ortsteils „Dorf“, zwischen Marktplatz und mittelalterlicher Kirche, findet man das Museum Landschaft Eiderstedt. Möchte man die Region kennenlernen, ist

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ein Museumsbesuch der richtige Einstieg. Die meisten BesucherInnen sind überrascht von der Vielfältigkeit und liebevollen Gestaltung des Museum: „Faszinierend und motivierend diese umfangreiche, bunte Sammlung aus Natur, Kultur, Geschichte und Gegenwart“1 „Zum 3. Mal in SPO. Höhepunkt aller Erlebnisse war dieser Museumsbesuch mit den vielen Schätzen und Erläuterungen über Kultur, Land + Leute“1

Untergebracht ist diese Sammlung in einem friesischen Geesthardenhaus von 1752, das unter Denkmalschutz steht. Mit seinem

Reetdach, seinen Mauerankern und alten Ziegeln ist es eine seltene Schönheit in St. Peter Ording, einem Ort, in dem sehr viel historische Architektur dem expansiven Tourismus gewichen ist.

Auch im Inneren kann das Haus mit einer reichen Ausstattung an holländischer Fliesen, einer imponierenden offenen Herdstelle in der Küche und weiteren historisch eingerichteten Wohnräumen aufwarten und einen lebendigen Eindruck der Lebensumstände vergangener Zeiten vermitteln.

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Linke Seite, oben: Ehemaliger Haupteingang im denkmalgeschützen Museumsgebäude

Rechte Seite, oben:

Die offene Herdstelle in der historischen Küche

Linke Spalte:

- Blick in die Puppenküche

- Im Pesel

- Der Alkoven in der Hochstube

Rechte Spalte:

- Das Hochzeitskleid von 1850

- Der Bilegger-Ofen in der Stube

- Der Weg ins obere Stockwerk

Fotos: © Thomas Kuhn

1 Zitate aus dem Besucherbuch des Museums

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Seit der Gründung 1902 ist durch das Engagement der Bevölkerung eine Sammlung entstanden, die sowohl zahlreiche regionaltypische Objekte enthält als auch herausragende Exponate mit überregionaler Bedeutung.

Dazu gehört die lebensgroße Sandsteinfigur in Eiderstedter Tracht, die sog. „Graue Frau“ von 1596 ebenso wie die große Eichentruhe, deren Holz um 1300 geschlagen wurde – beide Exponate sind detailliert wissenschaftlich untersucht worden und für Schleswig-Holstein einzigartig. Das ausgestellte Großräderuhrwerk einer Eiderstedter Kirche von 1515 ist sogar deutschlandweit eines der ältesten erhaltenen seiner Art. Faszinierend ist auch der maurische Krug aus dem 15. Jahrhundert, der 1931 hier im Watt gefunden wurde

Oben: Am Strand von St. Peter-Ording mit Pfahlbauten

Linke Spalte:

- Die Frühgeschichte von Eiderstedt

- Die 700 Jahre alte Eichentruhe

- Archäologische Funde

- Besucher im Museum

- Das Räderwerk einer Turmuhr von 1512

Fotos: © Thomas Kuhn

1 Zitate aus dem Besucherbuch des Museums

und mit seiner farbigen Glasur und den arabischen Glückwünschen eine besondere Strahlkraft in der frühgeschichtlichen Ausstellung des Museums hat.

Die Objekte sind in professionell gestaltete Ausstellungseinheiten eingebunden, die von der ersten Besiedlung Eiderstedts, der Landschaftsentwicklung unter dem Einfluss von Sturmfluten und Landgewinnung, von der wechselvollen Verwaltungsgeschichte der Region oder dem Alltagsleben der Bevölkerung bis in die Gegenwart hinein erzählen.

Angebote für Kinder ergänzen das Museum ebenso wie Sonderausstellungen. In der ehemaligen Dreschscheune des Hauses, der sogenannten Loo, werden Vorträge und kleine Konzerte veranstaltet und im Sommer können die Gäste eine Pause im lauschigen Museumsgarten einlegen. „Ein wunderbarer Ort zum Lernen und Nachdenken“1

Museum Landschaft Eiderstedt Olsdorfer Straße 6 25826 St. Peter-Ording

Tel. 04863 - 12 26 museum@museum-landschaft-eiderstedt.de www.museum-landschaft-eiderstedt.de

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Das neue „Steinzeithaus“ in Albersdorf

Das "Steinzeithaus" – ein Ausstellungs- und Bildungszentrum zur Archäologie der Steinzeit in Schleswig-Holstein

Autor: Dr. Rüdiger Kelm

Im Frühjahr 2023 hat das neue Museumsgebäude „Steinzeithaus“ am Eingang des Archäologisch-Ökologischen Zentrums Albersdorf (AÖZA), des Steinzeitparks Dithmarschen in Albersdorf (Schleswig-Holstein) seinen Betrieb aufgenommen. Der Steinzeitpark erfährt durch das „Steinzeithaus“ eine wesentliche Ergänzung, vor allem auch in Blick auf die vielfältigen Möglichkeiten der neuen Verbindung zwischen Innen- und Aussenbereich.

Das Steinzeithaus hat dabei mehrere Funktionen: es dient sowohl als Eingangsgebäude in den Steinzeitpark, aber auch als Service-, Verwaltungs- und nicht zuletzt als Ausstellungsgebäude.

Mit dem „Steinzeitlabor“ gibt es ebenfalls einen separaten Pädagogikraum, der für Workshops, (Film-)Vorführungen und Praxiskurse genutzt werden kann. In der

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Saison 2024 wird außerdem ein öffentliches Cafe im „Steinzeitsalon“ im Obergeschoss eröffnet.

Durch seine Architektur soll das „Steinzeithaus“ dazu anregen zu erkunden, was im Inneren zu finden ist, und die Einzigartigkeit des Ortes unterstreichen. Das Gebäude wurde in einem europaweiten Wettbewerb ausgewählt und von dem Architekten Hauke Mengel vom Architekturbüro Hansen & Mengel (Rendsburg) entworfen. Es besteht aus zwei Hauptbauteilen, dem Ausstellungsbereich und dem Verwaltungstrakt.

Die architektonische Idee ist dabei von den steinzeitlichen Vorbildern im Steinzeitdorf inspiriert, einmal sind es die kantige Form und die graue Farbe des Gebäudes, die an das Material „Feuerstein“ erinnert, und dann auch die Form des Pultdaches

im Ausstellungsteil, das von außen ein Grasdach aufweist und im Inneren klar an die Bauweise der Steinzeithäuser mit entsprechenden tragenden Holzbalken erinnert. Durch die Nutzung von Erdwärme mit Hilfe einer Wärmepumpe handelt es sich beim „Steinzeithaus“ um eines der nachhaltigsten neuen Museumsgebäude in Deutschland.

Die Finanzierung des Projektes „Steinzeithaus“ wurde ermöglicht durch das Land Schleswig-Holstein (Wirtschaftsministerium), durch den Kreis Dithmarschen und durch die Gemeinde Albersdorf, die auch Bauherrin war. Der Förderverein AÖZA e. V. ermöglichte mit seiner Aktion „Bausteine für das Steinzeithaus“ die Realisierung vieler ergänzender Ideen in der Ausstellung und Ausstattung des Neubaus.

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Die neue Dauerausstellung – Aufgabe und Inhalte

Aufgabe der Dauerausstellung ist es, den Besuchern auf anschauliche Weise einen Einblick in die unterschiedlichen Epochen der Steinzeit in der Region, aber auch in ganz Schleswig-Holstein zu geben. Das Leitthema ist dabei die Wechselwirkung zwischen Menschen und Umwelt, die sich über die jeweils sehr unterschiedlichen Klimaverhältnisse und Vegetationsformen in den beschriebenen Epochen besonders intensiv erzählen lässt.

Die neue Ausstellung wurde dabei auf Basis des vom Wissenschaftlichen Beirats der AÖZA gGmbH unter Leitung von Herrn Prof. Claus von Carnap-Bornheim (Museum für Archäologie, Schloss Gottorf, Schleswig) von den Kurator:innen und Pädagog:innen der AÖZA gGmbH unter Leitung von Dr. Rüdiger Kelm in Kooperation mit der Fa. Raumproduktion, Hamburg, unter Leitung von Eva Stankowski gemeinsam inhaltlich und gestalterisch entwickelt. Die wichtigsten Zielgruppen der neuen Ausstellung im Steinzeithaus sind Schulklassen, Familien mit Schulkindern sowie sogenannte Best Ager (oft mit ihren Enkelkindern).

Wie in mehreren Workshops und Gesprächen zu Beginn des Planungsprozesses herausgearbeitet, so ist die Vorstellung der meisten Menschen von der Steinzeit eher verschwommen. Die Abfolge der Epochen und die dazugehörigen Zeiträume sind deshalb ein wichtiges Vermittlungsziel der Ausstellung, da sie die Grundlage für ein weiteres Vermittlungsziel bildet: Die Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt. Erst wenn die Besucher:innen verstanden haben, in welcher Abfolge und in welchen zeitlichen Dimensionen klimatische Veränderungen in der Vergangenheit stattfanden, können sie verstehen, was das für die Zukunft bedeuten mag.

Linke Seite: In der Abteilung zur Jungsteinzeit wird unter dem Motto "Alles wird anders" ein Einblick in die Anfänge von Ackerbau und Viehzucht in Schleswig-Holstein gegeben. Foto: © AÖZA

Rechte Seite

Oben: Ansicht des Steinzeithauses von Südosten, aus dem Gelände des Steinzeitparks. Foto: © R. Kelm

Unten: Blick in das Foyer des neuen Museums, mit Kasse und Shop sowie dem raumprägenden Lackprofil von Schalkholz. Foto: © AÖZA

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Bei der Konzeption haben wir uns intensiv mit dem Verhältnis von archäologischem Freilichtmuseum „Steinzeitdorf“ und neuer Dauerausstellung auseinandergesetzt und uns gefragt: „Was kann das Steinzeitdorf besser?“ „Was kann die Ausstellung besser?“ Die Antwort lautete: Das Steinzeitdorf ermöglicht das „Eintauchen in die Zeit“. Die Nachbildungen sind lebensecht und maßstabsgetreu, man bewegt sich räumlich durch die Welt der Steinzeitmenschen; Gerüche und natürliche Umgebung spielen eine wichtige Rolle.

Die neue Ausstellung kann dagegen zeitliche Abfolgen und Zusammenhänge besser darstellen und sie anhand von Originalen erklären. Und – ihre größte Stärke – sie kann die Besucher:innen mit Hilfe der Forschung auf eine spannende Expedition in die Vergangenheit schicken. Dabei bietet sie einen Einblick in sehr unterschiedliche Forschungsmethoden, wie z.B. Ausgrabungen, Datierungsmethoden, experimentelle Archäologie, Botanik oder Genanalyse. Die Ausstellung im Steinzeithaus erzählt dabei die Geschichte der Dithmarscher Landschaft und der Menschen, die sie bewohnten und in und von ihr lebten. Der Bogen reicht von den Neandertalern bis zum Beginn der Bronzezeit. Dabei bleibt die Ausstellung möglichst eng an den Funden aus der Region und benutzt sie, um aufzuzeigen, wie sich das Wissen über unsere Vorfahren wie bei einem Puzzle mal zu einem Gesamtbild zusammenfügt, mal auch lückenhaft bleiben muss. Wo aufgrund der Fundlage nötig, erweitert sich der Fokus auf andere Regionen in Schleswig-Holstein.

Das Raumkonzept: Ein gestalteter Rundgang durch die Steinzeit

Im Foyer gibt das Lackprofil von Schalkholz bereits eine kurze Einführung: Auf beeindruckende Weise zeigt es die langen Zeiträume, von denen die Ausstellung handelt und auch, was die Erde heute noch über Klima und Landschaft verrät. Die Neudatierung der neandertalerzeitlichen Fundschicht auf die Zeit vor ca. 100.000 Jahren ist dabei nicht nur didaktisch hilfreich, sondern auch inhaltlich von größter Bedeutung, da es sich mit diesem Fundplatz und seinen Artefakten tatsächlich um den frühesten sicheren Nachweis menschlicher Besiedlung in Schleswig-Holstein handelt. Die Besucher gehen vom Foyer nun die Treppe hinunter - wie im Lackprofil „zurück in der Zeit“. Unten angekommen können sie sich entweder nach rechts wenden und dem Pfeil „Was bisher geschah“ folgen. Der Raum dort, das „Forschungszimmer“, zeigt den fiktiven Arbeitsplatz mehrerer Forschender. Zum einen bietet es eine Einführung in die moderne archäologische Forschung, zum anderen bietet es auch eine kurze Einführung zur Geschichte des Homo Sapiens und der Fundgeschichte in Schleswig-Holstein.

Gehen die Besucher:innen dann nach links, kommen sie in den Hauptteil der Ausstellung. Dieser ist mit Wänden in drei offene Räume unterteilt: Altsteinzeit, Mittelstein-

Oben: Außenterrasse des Steinzeithauses mit weitem Blick über das Gelände des Steinzeitparks Foto: © R. Kelm

zeit sowie Jungsteinzeit bis Bronzezeit. Der Rundgang ist chronologisch gemeint, die Ausstellung kann aber auch intuitiv erschlossen werden. Der Rundgang endet an der Treppe mit einem Ausblick auf die Bronzezeit und einer partizipativen Station, die weiter in die Gegenwart und Zukunft verweist. Von hier führt die Treppe hinauf in den Sonderausstellungsbereich oder eine Abkürzung zurück zum Fahrstuhl.

Die Grundfarbe der Wände ist dunkel gehalten. Jeder Bereich bekommt eine Farbe zugewiesen, in der unter anderem das Innere der Vitrinen, aber auch die Texttafeln gehalten sind. So sind die unterschiedlichen Bereiche auf einen Blick gut unterscheidbar, die Vitrinen leuchten farbig aus den dunkleren Wänden hervor und lenken so automatisch den Blick der Besucher:innen auf die ausgestellten Objekte. Ausschnitte aus großen Landschaftsfotos bieten Einblicke in die Landschaft der jeweiligen Zeit. Sie werden ergänzt durch Strichzeichnungen von Vegetation und anderen Elementen, die für die jeweilige Landschaft bestimmend sind. In jedem Bereich gibt es außerdem lebensgroße Strichzeichnungen von Tieren, die in der jeweiligen Epoche Jagdwild oder Nutztiere waren. Durch diese Bespielung der Wände auf mehreren Ebenen entsteht ein vielschichtiger Eindruck der Flora und Fauna als Basis der jeweiligen menschlichen Kultur und ihrer Objekte.

Durch das neue Steinzeithaus erhält nicht nur der Steinzeitpark Dithmarschen mit dem „Steinzeitdorf“ als archäologischem Freilichtmuseum eine wesentliche Verbesserung der Attraktivität für seine Gäste, auch die gesamte Region bekommt mit diesem neuen Angebot sowohl in Blick auf die Bereicherung der Bildungslandschaft als auch auf die kulturtouristische Infrastruktur ein weiteres, wichtiges Standbein.

Literatur:

Allgemeine Informationen zur Steinzeit sind zu finden bei: R. Kelm (Hrsg.), Steinzeit in Schleswig-Holstein – Eine historische Landeskunde. Husum 2019.

Steinzeitpark Dithmarschen (AÖZA)

Dr. Rüdiger Kelm

Süderstr. 47

25767 Albersdorf

Tel. +49 (0) 4835-971097

kelm@steinzeitpark-dithmarschen.de www.steinzeitpark-dithmarschen.de

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Neubau und Neustart im Dithmarscher Landesmuseum

Nach fast dreijähriger Schließzeit präsentiert sich das Dithmarscher Landesmuseum mit einem neuen Eingangsgebäude und einer modernisierten Dauerausstellung.

Untergebracht in einem historischen Gebäudeensemble, dessen Ausgangspunkt der heute älteste erhaltene Museumszweckbau in Schleswig-Holstein ist (eröffnet 1896), werden im Dithmarscher Landesmuseum seit mehr als 125 Jahren die wechselvolle Geschichte Dithmarschens und Zeugnisse der hiesigen Kultur präsentiert.

Das Museum selbst hat dabei auch eine wechselvolle Geschichte vorzuweisen: Gegründet als Museum mit heimatgeschichtlichem und kunstgewerblichem Augenmerk, kamen archäologische, volkskundliche, kunstgeschichtliche und alltagskulturelle Sammlungen und Ausstellungen hinzu bzw. lösten sich – in Abhängigkeit von den eigenen Forschungsschwerpunkten der Museumsdirektoren und auch zeitgenössischen Museumstrends – ab.

In seinem Selbstverständnis der letzten 30 Jahre positionierte sich das Dithmarscher Landesmuseum zunehmend als ein regionalhistorisches Museum, welches zum einen die Geschichte Dithmarschens von der Zeit der Bauernrepublik bis in die Nachkriegszeit darstellte, zum anderen Kunst und kunstgeschichtliche Ausstellungen mit regionalem Bezug zeigte.

Auf den Spuren einer Region

Die neu geschaffene Dauerausstellung macht im denkmalgeschützten Gebäudekomplex nun erstmals einen inhaltlich konsistenten Rundgang möglich und befriedigt das Interesse sowohl der Dithmarscherinnen

und Dithmarscher als auch der NordseeTouristen nach einem ansprechenden Überund Einblick in die hiesige Kultur-, Wirtschafts-, Sozial-, Politik- und Zeitgeschichte. Im Zentrum der Ausstellung steht die Leitfrage „Was ist Dithmarschen?“, die sowohl den Rahmen als auch den roten Faden für den Rundgang bildet. Neu ist, dass die Näherung auf die Antwort dieser Frage nicht in einer chronologischen Abfolge passiert, sondern die Ausstellungsbesuchenden zunächst in der Gegenwart abgeholt und mit Betrachtungen von außen und den herausgearbeiteten Innensichten auf „Dithmarschen“ konfrontiert werden.

Dabei schöpft die Ausstellung aus einer umfangreichen, regional verankerten Sammlung mit bedeutsamen Objekten wie dem Dithmarscher Landrecht von 1447 und der rekonstruierten Gerichtstube des Norderdithmarscher Landvogts Markus Swyn von 1568.

Der historische Rundgang setzt sich fort mit einem Blick auf die Kaiserzeit und ihren industriellen Fortschritt, es folgen Einblicke in den Alltag an der Dithmarscher Heimatfront im Ersten Weltkrieg sowie die politisch aufgeladene Situation in der Weimarer Republik bis zum Weg in den Nationalsozialismus. Hier

Danach wird zuerst die Landschaft der geschichtsträchtigen Region in den Fokus genommen: Wind und Wasser, Ebbe und Flut prägen die Westküste Schleswig-Holsteins bis heute. Durch die „Dithmarscher Wunderkammer“ und zwei inszenierte bäuerliche Stuben führt die Reise dann zurück ins Mittelalter, in die Blütezeit der Dithmarscher Bauernrepublik.

Ihre Geschichte lässt sich in der großen Ausstellungshalle nachverfolgen: von ihren Anfängen und ihrem Reichtum durch Handel, über die Gliederung in Kirchspiele und den Kampf um die Reformation, bis hin zu den beiden wichtigsten Schlachten, die die Geschicke der Region nachhaltig prägten.

werden vor allem die propagandistischen Elemente in den Mittelpunkt gerückt sowie die Instrumentalisierung der bewegten Regionalgeschichte für politische Zwecke hervor-

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gehoben. Zudem werden Biographien einzelner Dithmarscherinnen und Dithmarscher erzählt, die unter der nationalsozialistischen Herrschaft verfolgt und bestraft wurden. Bisher nahezu unverändert geblieben ist die Ausstellung des modernen Alltagslebens der 1920er bis 1960er Jahre in der ehemaligen Meldorfer Gelehrtenschule, die ganze Ensembles mit freilichtmusealem Charakter präsentiert. Neben einem Tabak- und einem Gemischtwarenladen gibt es auch einen vollständig eingerichteten Operationssaal, einen Friseursalon, eine Kneipe und ein komplettes Kino zu erkunden. Diese Inszenierungen galten lange Zeit als einmalig in Norddeutschland, da zur Entstehungszeit ab etwa 1962 der dargestellte Zeitschnitt von vielen volkskundlichen Museen vielfach noch nicht als museal und somit ausstellungswürdig angesehen wurden.

Ein Museum von, für und mit Dithmarscherinnen und Dithmarschern

Das heutige Dithmarscher Landesmuseum wurde 1872 auf Initiative des Meldorfer Bürgervereins als „Museum Dithmarsischer Alterthümer“ gegründet. Deshalb ist es die

Linke Seite, oben: Dithmarscher Landesmuseum

Mitte: Blick in die Ausstellung zur Dithmarscher Bauernrepublik

Unten: Markus Swyn selbst berichtet in der rekonstruierten Gerichtsstube aus seinem Leben

Rechte Seite: Inszenierung einer Dorfkneipe in der Ausstellung zur Alltagskultur

Unten: Dithmarschern ist vielfältig, das zeigen auch die Objekte in der "Wunderkammer"

Fotos: © Dithmarscher Landesmuseum/Ansgard Bock

Autorin: Verena Pohl

Ambition des Museumsteams zukünftig den Geist von „Bürger machen Museum“ wieder aufzunehmen und auch partizipatorisch und inklusiv zu arbeiten, d.h. es lädt alle in Dithmarschen lebenden Menschen dazu ein, am Kulturort Museum teilzuhaben und ihn mitzugestalten.

Das Museum versteht sich dabei als offene und lernende Institution. Durch den Einbezug unterschiedlicher Gruppen (auch solche, die nicht vom klassischen Museumsangebot angesprochen werden und nicht zum Stammpublikum gehören) in die kuratorische Arbeit erweitert sich auch der kulturhistorische und der museologische Blick auf die Objekte, wovon wiederum Ausstellungen und Vermittlungsformate profitieren. Dazu gehört auch, die Dauerausstellung nicht wie zuvor als abgeschlossen und dadurch statisch zu begreifen, sondern

als Ort des Wissens sowie der kritischen Information, Reflexion und Diskussion über Geschichte und Gegenwart, an dem das Ausgestellte immer wieder neu in Beziehung gesetzt wird.

Ein Neubau – viele Möglichkeiten

Der Neubau von Andreas Heller Architects & Designers wurde im September 2023 eröffnet, er verbindet das historische Gebäudeensemble und sorgt für eine barrierefreie Erschließung. Die Wasserstrich-Klinker der Fassade changieren von Rotbraun bis weiß und vermitteln zwischen dem Rotklinker der ehemaligen Gelehrtenschule und dem weißen Anstrich des Anbaus.

Der Neubau an der Domstraße ist zentrales Entrée in das Museum, er beherbergt ein großzügiges Foyer mit Platz für einen Museumsshop sowie multifunktionale Flächen für Veranstaltungen und Sonderausstellungen. Der Sonderausstellungsraum ist ein besonderer Gewinn für das Haus, er bietet auf 220 qm Grundfläche ausreichend Platz, um kultur-, zeit-, design- und kunstgewerbsgeschichtliche und natur-/erkenntniswissenschaftliche Themen umfassend zu behandeln. Ausstellungsinhalte von gesamtgesellschaftlicher Trag- und überregionaler Reichweite sollen dort – begleitet von einem auf sie abgestimmten Rahmenprogramm – zukünftig präsentiert werden.

Dithmarscher Landesmuseum

Bütjestraße 2 - 4 (Eingang Domstraße) 25704 Meldorf Tel. 0481 / 97-5600 kontakt@museum-dithmarschen.de www.museum-dithmarschen.de

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Rechts: »Und dann der Blick ins Elbtal …«

Karl Schneiders Landhaus Michaelsen in Hamburg 152 Seiten, 160 Farb- und historische Abbildungen, Dölling und Galitz Verlag EUR 32,-

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Ein Wahrzeichen am Elbufer von Karl Schneider 1923/24 erbaut

– ein Museum für Kleine Lebenswelten

Hoch ü ber dem Falkensteiner Elbufer steht das eindrucksvolle weiße Landhaus, das bereits 1924 – unmittelbar nach seiner Fertigstellung – internationale Beachtung fand: Die Fachwelt sah in ihm eine der ersten Manifestationen des radikal modernen ‘Neuen Bauens‘.

Die gerundete Terrasse gen Osten ist zur aufgehenden Sonne gerichtet, der gesamte Bau ö ffnet sich mit seinen weit ausgreifenden rechtwinkeligen Fl ü geln gen S ü den zur Elbe, und die

beiden Terrassen mit der inzwischen m ä chtigen Buche fangen die letzten Strahlen der untergehenden Sonne von Westen ein.

In drei thematischen Spannungsbögen: Landschaft, Architektur und Bewohner wird die wechselvolle Geschichte des Hauses erzählt, seine topografischen und ästhetischen Besonderheiten vor dem Hintergrund politisch-gesellschaftlicher Einflüsse der vergangenen hundert Jahre beleuchtet.

»Zeitgeist im Puppenhaus« Puppenstube von Christel K.Schneider, der Tochter des Architekten Karl Schneider. 1929 von Ernst Bauer, einem Bauherren ihres Vaters, für sie gefertigt.

Fotos: © Elke Dröscher

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Puppenmuseum Falkenstein im Landhaus Michaelsen Grotiusweg 79 im Sven-Simon-Park 22587 Hamburg

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Spicy’s Gewürzmuseum –Eine Weltreise für die Nase…

Das älteste private Gewürzmuseum – seit über 30 Jahren in der Speicherstadt Hamburg. Autorin: Viola Vierk

Wussten Sie eigentlich, dass Zimt das älteste Gewürz der Welt ist? Oder Safran das teuerste und heute noch mühsam per Hand geerntet wird! Wir waren das erste, rein privat geführte Museum der Welt, das sich ausschließlich mit Gewürzen beschäftigt und befinden uns seit 1993 in einem über 130 Jahre alten Speicher mitten in der historischen Hamburger Speicherstadt! Dass man bei uns im Gewürzmuseum eine Weltreise für die Nase machen kann, können Sie sich bestimmt gut vorstellen. Mit „ALLEN SINNEN“, Riechen und Anfassen der Gewürze sind ausdrücklich erlaubt! So wird der Besuch zu einem Erlebnis der besonderen Art und das alles in der Ein-

maligen Atmosphäre eines hergerichteten alten Lagerspeichers. Hier fühlt man richtig den Umgang mit den Gewürzen. Ca. 50 Rohgewürze und Küchenkräuter sowie über 1.000 Exponate aus den letzten fünf Jahrhunderten zeigen die Bearbeitung der Gewürze vom Anbau bis zum Fertigprodukt.

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Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, den Verbraucher und die Nachwuchs-Würzer über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Küchenkräutern, Gewürzsaaten und klassischen Gewürzen aufzuklären. Mit großem Schrecken stellen wir immer wieder fest, dass Kinder, oftmals geprägt durch Fastfood, überhaupt keine Gewürze mehr kennen. Da ist Pfeffer, das meistverwendete Gewürz der Deutschen, schon ein Exot, und Salz wird ebenfalls als Gewürz bezeichnet, obwohl es ein Mineral ist. Die Sinne vieler Kinder verkümmern, weil sie nicht gefordert werden bzw. man sie nicht auffordert, sie überhaupt zu nutzen. Gewürze bieten sich an, weil sie eine große Vielfalt bieten. Es gibt sehr scharfe wie z.B. Chilis oder herbe wie Kardamom, warme wie Zimt und süßliche wie die Tonkabohne und Vanille.

Wichtig ist es zu wissen, dass sich die ätherischen Öle immer erst dann freisetzen und somit den Geruch und Geschmack geben, wenn ein Gewürz in irgendeiner Form zerkleinert wird, also durch Reiben, Zerdrücken oder Vermahlung. Die Entstehung des Gewürzhandels ist ein Stück Geschichte. Es wurden sogar Kriegshandlungen begangen, um in den Besitz des schwarzen Goldes (Pfeffer) oder des roten

Alle Fotos: © Spicy’s Gewürzmuseum

Goldes (Safran) zu kommen. Mit einem Schmunzeln wird deshalb der Gewürzhandel auch als das „Zweitälteste Gewerbe der Welt“ bezeichnet. Wir haben mit Hamburg den drittgrößten Umschlagsplatz der Welt für Gewürze. Hier werden jährlich etwa 80.000 Tonnen umgeschlagen, und trotzdem sind wir Deutschen leider immer eines der „würz-faulsten“ Völker

der ganzen Welt, weil ganz viel im Export wieder raus geht!

Es mangelt uns oftmals ganz einfach an Fantasie, die großartigen Möglichkeiten, die uns die Gewürze bieten, zu nutzen. Wir haben vergessen oder verdrängt, dass man mit Gewürzen nicht nur wundervolle Gerichte zaubern kann, sondern auch sehr

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viel zur Erhaltung der eigenen Gesundheit tun kann. Unseren Vorfahren war das wohl bekannt. „Gegen jedes Leiden ist ein Kraut gewachsen“, sagt man. Stimmt! Alle Gewürze haben, richtig eingesetzt, positive Wirkungen auf den Körper! Auch die Kosmetik- und Wellnessindustrie macht sich immer mehr die wunderbaren, oftmals sehr sinnlichen, Duft- und Pflegeeigenschaften

der Gewürze zunutze. Ein Besuch im Gewürzmuseum ist ein schönes Erlebnis für die ganze Familie.

Unser drei sprachiger Audioguide (deutsch, englisch, französisch) über die eigenen Handys führt Sie an 15 Stationen durch die Ausstellung. Anschließend erwarten Sie über 80 verschiedene Gewürze /Mischungen

an unserer Probierstation zum Verkosten. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Spicy’s Gewürzmuseum

Am Sandtorkai 34

20457 Hamburg (Speicherstadt)

Tel. 040 367989 / Fax: 040 367992 mail@spicys.de www.spicys.de

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Brüder Grimm-Haus: Dalí – Leben und Werk

Das Brüder Grimm-Haus in Steinau zeigt die Sonderausstellung vom 1. März bis 30. September 2024

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Dalís fantastische Welt in Steinau –Eine Ausstellung der Superlative

Die beschauliche Brüder-Grimm-Stadt Steinau an der Straße verwandelt sich in diesem Jahr in ein surreales Gesamtkunstwerk. Vom 1. März bis 30. September 2024 präsentiert sie im Rathaus und im Brüder Grimm-Haus eine der umfangreichsten Dalí-Ausstellungen, die je in Deutschland zu sehen waren. Unter dem Titel "Dalí - Leben und Werk" werden über 500 Exponate des spanischen Künstlers Salvador Dalí (1904-1989) gezeigt - von seiner Kindheit bis zu seinem Tod.

Ein

Kosmos aus Surrealismus

Was diese Schau so einzigartig macht, ist ihr ganzheitlicher Ansatz. Ausgestellt sind nicht nur Gemälde, Zeichnungen und Grafiken des Meisters des Surrealismus, sondern auch Skulpturen, Schmuckstücke, Porzellanarbeiten, Kleidungsstücke und von Dalí entworfene Möbel. Nirgendwo sonst wird der gesamte Kosmos des vielseitigsten Künstlers des 20. Jahrhunderts so umfassend präsentiert.

Im Brüder Grimm-Haus, dem Geburtshaus der berühmten Märchensammler, liegt ein Schwerpunkt auf Dalís Buchillustrationen und seiner Faszination für Märchen und Mythen. Zu sehen sind hier seine surrealen Interpretationen spanischer Volksmärchen sowie Werke der Weltliteratur von Dantes "Göttlicher Komödie" bis zu Cervantes' "Don Quijote".

Auch der Animationsfilm "Destino", an dem Dalí in den 1940ern mit Walt Disney arbeitete, wird thematisiert. Die Ausstellung beleuchtet diese kreative Zusammenarbeit und zeigt, wie der Surrealist und der Trickfilmpionier auf ganz unterschiedliche Weise an das Lebenswerk der Brüder Grimm anknüpften.

Dalís Lebenslauf im Rathaus

Während das Brüder Grimm-Haus den Fokus auf Dalís Märchenillustrationen legt, schildert die Ausstellung im Rathaus chronologisch den Werdegang des Künstlers und sein persönliches Umfeld. In der eigens in kleine Räume unterteilten Markthalle werden Dalís Arbeiten durch Werke anderer bedeutender Maler wie Goya, Picasso oder Miró ergänzt.

So lässt sich nicht nur Dalís künstlerische Entwicklung von seinen frühen Anfängen bis zu den letzten Gemälden und Skulpturen nachvollziehen, sondern auch die Einflüsse,

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die andere Künstler auf sein Schaffen hatten. Laut Kurator Michael Imhof, der die Ausstellung aus seiner Privatsammlung zusammengestellt hat, war Dalí ein begnadeter Eklektiker, der sich von den verschiedensten Stilen inspirieren ließ. Besonderer Blickfang in der Rathaus-Ausstellung ist eine lebensgroße Wachsfigur, die den Künstler im Alter von etwa 50 Jahren zeigt - inklusive Nadelstreifenanzug, gezwirbeltem Schnauzbart und nach oben gedrehtem Oberlippenbart. Imhof bezeichnet Dalí als "sein größtes Kunstwerk".

Dalí zum Anfassen und Erleben

Neben den zahlreichen Gemälden und Grafiken gibt es in Steinau auch viele dreidimensionale Exponate zu bestaunen, die Dalís Vielseitigkeit unterstreichen. Darunter fallen seine eigenwilligen Schmuckstücke aus Gold, Silber und Edelsteinen sowie seine Porzellanarbeiten für Manufakturen wie Lladró.

Auch einige von Dalí entworfene Möbelstücke wie der berühmte Lip-Sofa-Schwan sind ausgestellt.

Selbst Kleidungsstücke des Künstlers mit seinen charakteristischen Applikationen und Stickereien können die Besucher aus nächster Nähe betrachten.

Museumsleiter Dietmar Broj schwärmt: "In diesem Projekt steckt viel Herzblut. Wir wollen den Besuchern Dalís Kunst nicht nur visuell, sondern auch haptisch erlebbar machen. Man soll die Exponate nicht nur anschauen, sondern auch anfassen und begreifen können."

Mit dieser Ausstellung der Superlative dürfte Steinau viele Gäste aus nah und fern anlocken. Bereits jetzt, Wochen vor der Eröffnung, gehen laut Bürgermeister Christian Zimmermann zahlreiche Anfragen und Buchungen ein. Man erwartet nicht nur Kunstliebhaber aus der Region, sondern auch internationale Besucher.

Landrat Thorsten Stolz ist überzeugt: "Kunst und Kultur brauchen nicht den roten Teppich der Großstadt. Mit dieser Dalí-Schau werden wir Steinau überregional auf die Landkarte setzen." Die Kleinstadt hofft auf einen wahren Besucheransturm und

bereitet sich mit einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm vor.

Neben der Ausstellung selbst haben die Veranstalter ein umfangreiches Begleitprogramm auf die Beine gestellt. Gäste können an zahlreichen Führungen durch die Schau teilnehmen, bei denen Dalís Werke und Leben ausführlich erläutert werden. Für Kinder und Jugendliche gibt es spezielle Familienführungen und kreative Workshops zum Thema Surrealismus.

Mit einer Vielzahl an Angeboten verspricht Steinau seinen Gästen ein unvergessliches Eintauchen in die fantastische Welt des großen Surrealisten Salvador Dalí. Eine Ausstellung, die sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Brüder Grimm-Haus

Brüder Grimm-Straße 80 36396 Steinau an der Straße Tel. 0 66 63 - 76 05 info@museum-steinau.de www.brueder-grimm-haus.de in

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Alle Fotos: © Brüder Grimm-Haus

Mila-wall für Museen

Im Brüder Grimm Haus in Steinau erwartet Besucher eine faszinierende Sonderausstellung, die die Werke des renommierten Künstlers Salvador Dali in einem ganz besonderen Licht präsentiert. Dies wird durch das innovative Mila-wall Stellwandsystem ermöglicht, das speziell für diese Ausstellung im Einsatz ist. Das zeitlose Stellwandsystem passt sich dabei perfekt and die räumlichen Gegebenheiten an.

Das Mila-wall Stellwandsystem wurde gewählt, um eine optimale Präsentation der Dali-Werke zu gewährleisten. Die Wandmodule sind mit einer Höhe von 2,5 Metern dimensioniert, was ein optimales Handling und ideale Rahmenbedingungen für die Kunstwerke von Dali ermöglicht. Dank der einzigartigen Nut-Feder Einhängetechnik können die Wandmodule nach dem Aufstellen mühelos miteinander verbunden werden. Innerhalb von Sekunden entstehen ästhetische Raumstrukturen, bei denen lediglich die Haarfuge von Wand zu Wand sichtbar ist.

Die Stellfüße des Systems ermöglichen eine präzise Nivellierung der Wandmodule, selbst bei Bodenunebenheiten. Bei Bedarf können die Fugen zwischen Wand und Boden mit aufclipbaren Sockelleisten geschlossen werden, um ein harmonisches Gesamtbild zu schaffen.

Die kraftvollen Farben blau und rot erzeugen eine einzigartige Stimmung im Raum. Die Oberflächen der Stellwände sind mit wiederablösbaren, selbstklebenden Folien beschichtet, die es ermöglichen, die Wände

Blicken Sie hinter die Kulissen, Aufbau Video zur Ausstellung "Dalí –Leben und Werk"

bei Bedarf einfach zu verändern, während die Wandstruktur intakt bleibt.

Ein umlaufender Kantenschutz aus Aluminium sorgt für eine hohe Stabilität und Langlebigkeit des Stellwandsystems, was einen langfristigen Einsatz über viele Jahre hinweg gewährleistet.

Diese Merkmale machen das Mila-wall Stellwandsystem zur idealen Wahl für die Präsentation hochwertiger Kunstwerke wie die von Salvador Dali im Brüder Grimm Haus in Steinau.

MBA-Design & Display Produkt GmbH Siemensstrasse 32 72766 Reutlingen Tel: +49 7121 1606-0 info@mba-worldwide.com www.mila-wall.com

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Das Lippische Landesmuseum:

Detmolds Schatzkammer

Ein einzigartiges Museumserlebnis für die ganze Familie im Herzen der historischen Altstadt

Autor: Mario Rakuša

Mitten in Detmold, gegenüber dem Fürstlichen Residenzschloss der Herren zur Lippe, liegt das älteste Museum der Region. Bereits im Jahr 1835 gegründet, verfügt das Museum über eine umfangreiche Sammlung von Kulturgütern aus der Region Lippe und vielen Teilen der Welt. Von Funden aus der Steinzeit, über historisches Spielzeug, Möbel und Kleider bis hin zu wertvollen Ölgemälden reicht die Auswahl der Exponate im größten und ältesten Regionalmuseum Ostwestfalens.

Schon früh im 19. Jahrhundert zog es die Lipper hinaus in die Welt. Die rasante Entwicklung von Natur- und Kulturwissenschaften weckte das Interesse der Menschen an

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anderen Ländern und anderen Kulturen. Sie gingen auf Reisen und sie brachten die Welt nach Lippe. Aus aller Herren Länder kehrten Diplomaten, Kaufleute und Missionare mit Geschenken und Andenken zurück in die Heimat, und es entstanden einzigartige Sammlungen. Heute verfügt das Lippische Landesmuseum mit der Abteilung „Kulturen der Welt“ über eine Sammlung von internationalem Rang. Dabei ist man sich der Verantwortung für diese Exponate durchaus bewusst. In einem aktuellen Projekt zur Provenienzforschung werden Objekte aus Kamerun, Togo und vom Horn von Afrika erforscht. Ziel der Untersuchungen ist es,

sowohl die Objekte zu bestimmen sowie in ihre Herkunftskontexte einzuordnen, als auch die Arten der Sammlungsbeschaffung zu eruieren und die Artefakte in (post-) koloniale Prozesse einzubetten.

Im Naturkundehaus sind heimischer Wald und exotische Tierwelten der Savannen, Regenwälder und Polarregionen an nur einem Ort zu Erleben. Die in ihren Lebensräumen realitätsnah dargestellten Tiere, interaktive Module und Stationen, machen eine Entdeckungstour durch diese Abteilung zu einem Muss für Familien mit Kindern. Zahlreiche Fossilien, mächtige Geweihe und Knochen geben zudem einen tiefen Einblick in die Erdgeschichte.

Linke Seite, oben: Objekte aus Kamerun in der Sammlung Kulturen der Welt

Unten: In der Naturkunde sind Tiere in ihren Lebensräumen realitätsnah dargestellt

Rechte Seite, oben: Der archäologische Bereich macht die Geschichte lebendig

Unten: Erster Nachweis für Menschen in Lippe 300.000 Jahre alter Faustkeil

Fotos: © Lippisches Landesmuseum Detmold

Der archäologische Bereich macht die Geschichte der Region von den Eiszeiten, über die Steinzeit, bis Eisenzeit lebendig.

Dabei setzt der Bereich nicht nur auf viele spannende Funde, wie etwa einen 300.000 Jahre alten Faustkeil, der als erster Nachweis für Menschen in Lippe steht, sondern vor allem auf das Erleben und Begreifen. Originalfundstücke aus der

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Steinzeit sind in der Regel alles andere als selbsterklärend, beeindruckend und toll.

Erst die Geschichten hinter den Funden und die Bedeutung für die heutige Gesellschaft schaffen Anknüpfungspunkte und machen sie interessant.

Auch ein Faustkeil ist nicht besonders spannend, es sei denn man versteht den komplexen Herstellungsprozess, kann ihn in die Hand nehmen und sich von seiner Schärfe überzeugen.

So gibt es viele, bis ins kleinste Detail originalgetreue Nachbildungen, die in der Ausstellung zum Anfassen und Ausprobieren einladen. Mitmachstationen, wie ein

Pflugsimulator, bei dem man tatsächlich selber pflügen kann, machen die Ausstellung zu einem echten Erlebnis.

Die Dauerausstellung Mythos zeigt die deutschlandweit umfassendste Sammlung zur Geschichte der Schlacht im Teutoburger Wald zwischen Germanen und Römern. Anhand zahlreicher Objekte und elektronischen Medien wird gezeigt, wie aus dem historischen Ereignis „Varusschlacht“ ein Mythos der deutschen Geschichte wurde.

Einen einmaligen Überblick über 400 Jahre Kostümgeschichte vom Rokoko bis zur Ge-

genwart bieten zahlreiche Kleidungsstücke aus der umfangreichen volkskundlichen Textilsammlung des Museums. Gezeigt wird Kleidung aus ländlichem, bürgerlichem und adligen Besitz. Eine Besonderheit ist das Kinderkleid der lippischen Gräfin Katharina zur Lippe von 1600.

Das im Stil der, in der Zeit hoch geschätzten, spanischen Mode gehaltene Kleid aus Samt, ist mit Spitze aus Gold-und Silberdraht verziert. Gefunden wurde das erstaunlich gut erhaltene Kleid bei archäologischen Ausgrabungen in der herrschaftlichen Gruft der Augustiner-Chorherren Kirche in Blomberg. Es ist weltweit eines der wenigen erhaltenen Kinderkleider aus der Renaissance.

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Links, oben: Die Ausstellung beleuchtet, wie der Mythos Varusschlacht entstand

Rechte Seite, oben: Kinderkleid Katharina zur Lippe von 1600

Unten: Mitmachangebot das Spaß macht: Der Pflugsimulator

Fotos: © Lippisches Landesmuseum Detmold

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Die Sammlung Möbeldesign bildet nicht nur eine anregend gestaltete Abteilung, sondern gehört auch zu den seltenen Beispielen für eine dauerhaft und museal präsentierte Lehrsammlung und umfasst inzwischen über 170 Objekte. Bahnbrechende Möbel u. a. von Thonet, Mies van der Rohe und Macintosh werden hier gezeigt. Die Sammlung wird in Kooperation mit der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe ständig weiterentwickelt.

Unter dem Motto „Das digitale Museum“ stehen mittlerweile bereits 25 Video-Clips

Oben: Bahnbrechende Möbel in der Sammlung

Unten: Mit Video-Clips wird Geschichte verständlich und anschaulich

Fotos: © Lippisches Landesmuseum Detmold

zu ganz besonderen Objekten und Themen bereit. Von der Archäologie bis zu dem Mythos Varusschlacht, von Ernst von Bandel und seinem Hermannsdenkmal bis zu den Kulturen der Welt, gibt es die kurzweiligen Einblicke in die Schätze des Museums. Mit diesen Beiträgen wird Geschichte verständlich und anschaulich erlebbar gemacht. Dieses Vermittlungsangebot ist jeder Zeit verfügbar und individuell abrufbar. Einfach in der Ausstellung den QR-Code scannen und die Führung genießen.

Übrigens: Alle Videos sind untertitelt. So schaffen sie Barrieren ab und ermöglichen hörgeschädigten und gehörlosen Menschen Zugang zu den audiovisuellen Medien.

Lippisches Landesmuseum Detmold

Ameide 4

32756 Detmold

Tel. 05231 - 99250

mail@lippisches-landesmuseum.de www.lippisches-landesmuseum.de

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Fritz Genkinger –Ein Leben für die Kunst!

Fritz Genkinger Kunsthaus in Marbach am Neckar

Das Fritz Genkinger Kunsthaus in Marbach am Neckar ist ein renoviertes Gebäude im Herzen der denkmalgeschützten Altstadt im Museumsquartier von Marbach, etwa 25 km nördlich von Stuttgart.

Das Museum ist dem malerischen, grafischen und plastischen Schaffen des HAP Grieshaber Schülers Fritz Genkinger gewidmet. Der 1934 in Tübingen Geborene Künstler lebte von 1974 -1995 in Marbach-Rielingshausen und schuf in dieser Zeit wichtige Werke wie die drei Großplakate für die Fußball WM 1974 in Deutschland im Auftrag des Bundespresseamtes, 12 Serigrafien zum Thema Fußball für den VFB Stuttgart sowie eine Briefmarkenserie für die Winter Olympiade 1976 und die Fußball WM 1978, beide Paraguay.

Seit der Ausstellung im Stuttgarter Kunstverein 1969, wo Fritz Genkinger mit seinen Sportbildern Aufsehen erregte, ging er unbeirrt und zielbewusst seinen Weg. Heute zählt er zu den Klassikern deutscher Nachkriegskunst und seine Bilder haben nichts von Ihrer Aktualität verloren. Seine Kunst ringt mit der Sinnhaftigkeit menschlichen Lebens auf der Erde und als Teil des Kosmos und sucht dafür nach bildnerischen Darstellungsmöglichkeiten.

Linke Seite, oben: 1.OG Fritz Genkinger Kunsthaus

Unten: Fritz Genkinger Kunsthaus

Rechte Seite, unten: Fritz Genkinger Kunsthaus

Fotos: © Freundeskreis Fritz Genkinger

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Fritz Genkinger ist in zahlreichen öffentlichen Sammlungen vertreten und in vielen Privatsammlungen in aller Welt. Fritz Genkinger ist im Sommer 2017 verstorben.

Ausstellung

Die Dauerausstellung beleuchtet einige herausragende Schaffensphasen im Werk von Fritz Genkinger. Aktuell sind folgende Themenkreise zu sehen: Malerei und Musik, Sport und Grafikarbeiten, Skulpturen und Böttinger Marmor.

Sonderausstellung

Fritz Genkinger – vom Fußball zur Ge-Schichte des Kosmos.

Fritz Genkinger Kunsthaus

Göckelhof 6

71672 Marbach am Neckar

Tel. 07144/8882712

info@fritz-genkinger-kunsthaus.de www.fritz-genkinger-kunsthaus.de

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Das Kulturhistorische Museum Wurzen

Über 1000 Jahre Stadtgeschichte und ein berühmter Sohn der Stadt: Das Kulturhistorische Museum Wurzen mit Ringelnatzsammlung und Städtischer Galerie. Autorinnen: Claudia Kunde / Karolin Kläber

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Das Museum und seine Dauerausstellung

Das 1927 gegründete Museum ist in einem der ältesten Gebäude der einstigen bischöflichen Residenzstadt Wurzen untergebracht. Seit seiner Wiedererrichtung 1666–1668 erlebte das Patrizierhaus, seit 1938 unter Denkmalschutz stehend, eine wechselvolle Besitzer- und Nutzungsgeschichte. Von der Hermann-Ilgen-Stiftung an die Stadt geschenkt, ist die Domgasse 2 seit 1948 Sitz des Kulturhistorischen Museums Wurzen. Sein Arkadenhof dient musikalischen und anderweitigen Veranstaltungen als Kulisse.

Über drei Etagen erstreckt sich die Dauerausstellung, in der zahlreiche Originale die über 1000-jährige wechselvolle Geschichte des 961 erstmals erwähnten Ortes – einer der ältesten im Freistaat Sachsen – präsentieren. Archäologische Objekte im historischen Kellergewölbe dokumentieren die permanente menschliche Besiedlung des Wurzener Landes vor über 6000 Jahren. Vorrangig Alltagsobjekte der mittelalterlichen und neuzeitlichen Stadtgeschichte veranschauli-

chen den Aufstieg der spätmittelalterlichen von Handwerk und Gewerbe geprägten Bischofsresidenz zur rasch wachsenden Industriestadt, die sich überregional für Produkte, wie ihre Kekse oder Teppiche, einen guten Ruf erwarb. Auch im Keller werden Alltagsobjekte präsentiert, die interessante Einblicke in den bürgerlichen Wohnbau geben.

Besonderen Stellenwert haben Objekte, wie der Pestkarren aus dem Jahr 1607, der an die schlimmste Pestwelle der Stadt Wurzen erinnert, als die Bevölkerung um ein Drittel dezimiert wurde. Die sogenannte Napoleontasse verweist auf die Leipziger Völkerschlacht, verbunden mit der Übernachtung von Napoleon in der Domgasse 2, damals im Besitz des Pelz- und Rauchwarenhändlers Sommer, einem der reichsten Bürger der Stadt. Die bürgerliche Blüte der Stadt, die durch eine verbesserte Verkehrs- und Infrastruktur sowie die Industrialisierung einen enormen Bevölkerungszuwachs erfuhr, was mit einer repräsentativen baulichen Erweiterung der Stadt, insbesondere durch Industrie-, Schul- und Villenbauten

einherging, wird exemplarisch mit Objekten veranschaulicht, die Einblick sowohl in die bürgerliche (Wohn)Kultur geben, als auch in die politische Entwicklung der Kommune. Heraus ragen die Sammlungsobjekte, die an den in Wurzen geborenen Apotheker und Kunstmäzen Hermann Ilgen erinnern, dessen Stiftungswirken in der Stadt etwa in der Bronzeausstattung des Doms und am Kriegerdenkmal am Bahnhof – errichtet zu Ehren der Gefallenen des Ersten Weltkrieges – bleibende Spuren in der Denkmaltopographie der Stadt hinterlassen hat. In der Remise wird die Werkstatt des letzten Wurzener Feilenhauers gezeigt – ein ausgestorbenes Handwerk, welches zum immateriellen Weltkulturerbe gehört. Bekanntschaft machen die Museumsgäste insbesondere mit Wurzener Persönlichkeiten der Zeit der Aufklärung, ebenso wie mit Politikern, Unternehmern und Kunstmäzenen des 19. und 20. Jahrhunderts.

Linke Seite Außenansicht Museum Wurzen

Foto: © C. Kunde, 2022

Rechte Seite: Arkadenhof

Foto: © R.Töpfer, 2020

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Sammlungsschwerpunkt und überregional bedeutend ist die Sammlung zum berühmtesten Sohn der Stadt, dem weltweit durch seine Kunstfigur Kuddel Daddeldu bekannten Seefahrer, Dichter, Schriftsteller, Kabarettisten und Maler Hans Gustav Bötticher alias Joachim Ringelnatz, der am 7. August 1883 im Crostigall 14 das Licht der Welt erblickte. Seinem Leben und Schaffen ist ein ganzes Kabinett gewidmet, in dem Gemälde, Zeichnungen, Erstdrucke oder maritime Objekte ausgestellt werden. Neben diesem chronologischen Rundgang werden im Arkadengang Spezialsammlungen zum Friseurhandwerk und Spielzeug präsentiert. Im Kaminzimmer der 1. Etage sowie im Kontor im Erdgeschoss erinnern Gemälde, Zeichnungen und Aquarelle an den überregional bekannten Wurzener Künstler Hans-Peter Hund († 2023).

Die Sammlungen

Das Kulturhistorische Museum Wurzen, national vor allem für seine Ringelnatzsammlung bekannt, bewahrt circa 18.000 derzeit erfasste Musealien, die verschie-

denen Sammlungsbereichen angehören. Tausende davon lagern „im Verborgenen“. Politische Systemwechsel oder der wiederholte Statuswechsel des Museums (Städtisches Heimatmuseum – Kreismuseum – Kulturhistorisches Museum) wirkten sich stark auf das heterogene Sammlungsprofil des Museums aus. In ihrer Gesamtheit lässt sich mit den Sammlungen des KHM auf faszinierende Art und Weise die Geschichte der Stadt Wurzen und ihres Umlandes erforschen und darstellen.

Archäologie

Die archäologische Sammlung, deren Anfänge in die Gründungszeit des Städtischen Heimatmuseums zurückreichen, umfasst archäologische Objekte von der Ur- und Frühgeschichte der Region bis ins frühe Mittelalter, als Slawen hier im Muldengebiet siedelten.

Alltagskultur

Die vielfältigen Sammlungen der Alltagskultur spiegeln die Geschichte der Wurze-

ner Stadtgeschichte sowie ihres ländlichen Umlandes. Den Grundstock dieser umfangreichen Sammlung bilden kultur- und stadtgeschichtliche Objekte. Als kulturprägende Zeugnisse wurden Gegenstände des Wurzener Handwerks gesammelt (Bäckerei, Druckerei, Kunstschlosserei, Feilenhauer, Friseurhandwerk). In der Zeit als Kreismuseum wurde mit Objekten der materiellen Volkskultur ein neuer Schwerpunkt gebildet.

Die Industriekultur spielt bis heute eine zentrale Rolle in der Sammlungstätigkeit. Am bedeutendsten ist der Teilnachlass der Tapeten- und Teppichfabrik Wurzen, der den zahlenmäßig größten Raum einnimmt.

Seit den Anfängen musealen Sammelns in Wurzen durch den Druckereiinhaber Otto Jacob und dem Wurzener Geschichts- und Alterumsverein werden Objekte zur Lebens- und Schaffensgeschichte namhafter Wurzener Persönlichkeiten gesammelt, etwa von dem Fabeldichter Magnus Gott-

Oben: Blick in das Ringelnatz-Kabinett Foto: © R.Töpfer, 2020

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fried Lichtwer oder dem Universalgelehrten Johann Christian Schöttgen, als Vertreter der Aufklärung oder von Hans Georg Bötticher, dem begnadeten Musterzeichner und Schriftsteller, dem Vater von Ringelnatz.

Kunstgewerbe

Im Bereich Kunstgewerbe wird eine große Bandbreite an Objekten, Materialien und Themen bewahrt. Dazu zählen vor allem Möbel, Objekte aus Zinn, Glas, Porzellan sowie Textilien.

Bildende Kunst und Musik

Ein umfangreicher Bestand an Grafiken und Gemälden wird vom Museum bewahrt. Als 1927 das Städtische Heimatmuseum im Alten Rathaus am Markt begründet wird, bildet der Großteil des künstlerischen Nachlasses des in Niederschmölen geborenen Münchner Zeichners und Illustrators Richard Püttner, der mit vereinten Kräften von der Stadt Wurzen, dem Landesverein Sächsischer Heimatschutz, dem Geschichts- und Altertumsverein sowie zahlreichen Spendern erworben wird, den Grundstock der Kunstsammlung des Museums. Hinzu kommen später weitere Künstlernachlässe oder umfangreiche Konvolute von Zeichnungen und Grafiken zahlreicher Künstler, wie zum Beispiel der Malerin Magdalene Mahrholz-Patzschke, der Maler und Grafiker Artur und Reiner Zieger oder des Malers Johannes Pätzold. Zu den Künstlern, von denen das Museum einen signifikanten Umfang an künstlerischen Arbeiten besitzt, gehören der Maler und Grafiker Albert Klesse und Hans-Peter Hund.

Zu den bemerkenswerten Raritäten aus dem Sammlungsbereich Musik zählen einige Musikinstrumente, etwa eine Glasharmonika.

Archiv und Fotothek

Aus dem 1906 veröffentlichten Ausstellungsführer des sogenannten Privat-Ortsmuseums und seinem Nachtrag von 1908 geht hervor, dass die Sammlung Otto Jacob vor allem historische Schriftstücke und Drucke umfasste. Handschriften gehörten auch zum ersten Sammlungsgut des Geschichts- und Altertumsvereins. Der Bereich des Schriftgutes umfasst neben Karten und Plänen auch Notenhandschriften – etwa von Komponisten und Musikschriftstellerinnen, wie Theodor Uhlig oder Ida Marie Lipsius alias La Mara – sowie Poesiealben. Hinzu kommt ein sehr umfassender Bestand an historischen Fotografien und Fotoalben.

Bibliothek

Eine kleine Fachbibliothek umfasst Grundlagenwerke zu Archäologie, Kunst, Geschichte und Theologie, insbesondere zur Regional- und Stadtgeschichte. Heraus ragt ein wertvoller Bestand an historischen Bibeln. Zum historischen Zeitungsarchiv gehören das Wurzener Tage- und Wochenblatt (ab 1821).

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Kulturhistorisches Museum mit Ringelnatzsammlung und Städtischer Galerie

Domgasse 2 04808 Wurzen

Tel. 03425 8560405 museum@wurzen.de www.kultur-wurzen.de/museum-wurzen

Erfahren Sie mehr: www.archibald-regalanlagen.de

Museum Abteiberg Mönchengladbach, Szenographie: Paul Wenert

Kloster Museum St. Märgen

Sonderausstellung „Gang zum Kuckuck! – 300 Jahre Schwarzwälder Kuckucksuhr" bis zum 13. Oktober

Autorin: Dr. Sabine Dietzig-Schicht

Die im Dezember 2022 neu eröffnete Sonderausstellung im Kloster Museums St. Märgen erfreut sich großer Beliebtheit. Rund 100 Exponate aus verschiedenen Epochen präsentieren die Vielfalt der Kuckucksuhren, digitale Elemente ergänzen die Ausstellungsstücke.

Beeindruckende Kuckucksuhren zeugen von 300 Jahren Erfindergeist und Kreativität der Schwarzwälder Uhrenbauer. Von der klassischen Lackschilduhr mit Kuckucksruf über besondere Tischkuckucksuhren bis hin zu modernen Interpretationen zeigt die Ausstellung die Entwicklung der Kuckucksuhr von damals bis heute.

Die frühesten Kuckucksuhren wurden im Hochschwarzwald in zahlreichen Werkstätten, meist Familienbetrieben, hergestellt. Während zunächst sämtliche Einzelteile aus einem Betrieb stammten, entwickelte sich bald schon eine Arbeitsteilung: Mechaniker,

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Schildermacher, Zifferblattmaler, Schnitzer und Glockengießer stellten fortan Hand in Hand die Uhren her. Vertrieben wurden diese anfangs weiträumig von den Uhrenträgern, gefolgt von Karrengespannen und schließlich Handelsschiffen.

Die ersten Uhren aus dem 18. Jahrhundert entsprachen der klassischen, bemalten Lackschild- oder Papierschilduhr. Im 19. Jahrhundert entstanden die sogenannten Bahnhäusle-Uhren, deren Form den frühe-

ren Bahnwärterhäuschen entspricht. Schnitzereien und Nachbildungen von Schwarzwaldhöfen kamen hinzu und finden nach wie vor Anklang bei den Uhrenherstellern. Die neuesten Kuckucksuhren zeichnen sich überwiegend durch ein modernes, schlichtes Design aus und sind beliebte Kaufobjekte. Ein Highlight der Ausstellung ist die farbenfrohe Kuckucksuhr des Offenburger

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Künstlers Stefan Strumbel, die einst Karl Lagerfeld in den Händen hielt und die es so auf die Titelseite der New York Times schaffte.

Doch nicht ausschließlich die Exponate, überwiegend Leihgaben von Privatsammlern und heutigen Uhrenherstellern, veranschaulichen die 300-jährige Geschichte der Kuckucksuhr. Einige digitale Elemente ergänzen die Ausstellung und bieten tiefergehende Einblicke in die Welt der Kuckucksuhren. Mit dreisprachigen Audioguides (dt., engl., frz.) erhalten die Besucher*innen auf Wunsch zusätzliche Informationen zur Uhrengeschichte. Auf mehreren Touchscreens sind kurzweilige Filme, Fotos und

mechanische Erläuterungen abrufbar. So wird das Innenleben der Uhr unmittelbar erlebbar und der Kuckucksruf nachvollziebar. Die Touchscreens erweisen sich als beliebtes Medium, gerade auch bei Familien, Kindern und Jugendlichen.

Ebenfalls für Kinder und Jugendliche wurde ein Museumspädagogikraum eingerichtet, in dem an einer Aktionswand eine Zahnraduhr oder gemeinsam mit den Eltern eine kleine Tischkuckucksuhr zusammengebaut werden kann. Letztere ist auch im Museumsshop als Bastelset zu erwerben. Darüber hinaus vermitteln verschiedene Modelle die Funktion eines Zahnrades und die Mechanik

einer Uhr. Workshops für Familien und Kinderführungen sind separat buchbar.

Interessierte können sich beim Besuch des neu eingerichteten virtuellen Museums von zuhause einen ersten Eindruck von der Ausstellung verschaffen oder im Nachgang den Museumsbesuch noch einmal Revue passieren lassen: www.kloster-museum.de.

Fotos: © Herbert Mark St. Märgen

Kloster Museum St. Märgen Rathausplatz 1

79274 St. Märgen www.kloster-museum.de

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„Le Petit Salon“ –

Winterhalter in Menzenschwand

Preisgekrönt und ausgezeichnet!

Autorin: Elisabeth Kaiser

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Das Winterhalter Museum wurde 2008 vom Winterhalter in Menzenschwand e.V. gegründet und widmet sich dem Werk und Leben der beiden in Menzenschwand geborenen Malerbrüdern und Fürstenmalern Franz Xaver (1805 - 1873) und Hermann Winterhalter (1808 - 1891).

Das wohl bekannteste Gemälde Franz Xaver Winterhalters ist das der Kaiserin Elisabeth von Österreich, Sisi, im weißen Ballkleid und mit Diamantsternen im Haar.

Auch Kaiser Napoléon III und Kaiserin Eugénie, Königin Isabella von Spanien, Königin Victoria von England gehörten mit allen weiteren europäischen Höfen zur Kundschaft des im 19. Jahrhundert bekanntesten, beliebtesten und best bezahlten Porträtmalers Franz Xaver Winterhalter. Sein nicht minder begabter Bruder Hermann

verdanken die beiden Brüder Ausbildung und Lehre als Lithograph und Kupferstecher, bevor der Badische Hof eine akademische Ausbildung an der Münchner Akademie ermöglichte.

Auch eine zweijährige Studienreise durch Italien finanzierte der Großherzog von Baden. 1834 wurde Franz Xaver zum Großherzoglich Badischen Hofmaler ernannt und siedelte im selben Jahr nach Paris um, wo er 34 Jahre blieb. Sein Bruder Hermann folgte ihm 1840 ebenfalls nach Paris.

1837 hatte Franz Xaver Winterhalter mit dem Gemälde „Decamerone“ seinen Durchbruch im Salon de Paris, wo er die 1. Medaille gewann und über Nacht berühmt wurde. Alle gekrönten und nicht gekrönten Häupter Europas, jeder, der es

und Frankreich ist Winterhalter weitaus bekannter als in Deutschland. Dies zu ändern hat sich der Verein zur Aufgabe gemacht! Die Brüder haben mit ihrem großen Vermögen nicht nur der eigenen Familie im Schwarzwald geholfen, sondern auch der Gemeinde stets enorme Unterstützung zukommen lassen. Das Haus, in dem das Winterhaltermuseum untergebracht ist, ließen die Malerbrüder erbauen und schenkten es der Gemeinde als Schul- und Rathaus. Bis dahin hatte Menzenschwand keine Schule. Gleichzeitig gründeten sie eine Stiftung, aus der bezahlt wurde, dass jedes Menzenschwander Kind auch in diese Schule gehen konnte. Im Anschluss an den Schulbesuch wurden dann auch noch Ausbildungen bezahlt, was sich die Bevölkerung hier nicht hätte leisten können.

stand ihm lebenslang treu zur Seite. Die Malerbrüder dokumentierten mit ihren Gemälden die europäische Aristokratie in ihrer Gesamtheit!

Franz Xaver und Hermann Winterhalter wurden in Menzenschwand geboren und wuchsen in armen Verhältnissen auf. Dem weitsichtigen und weltoffenen Vater Fidel

sich irgendwie leisten konnte, wollte von Winterhalter gemalt werden. Wartelisten mit bis zu 400 Aufträgen, und bis zu 16 angestellte Hilfsmaler, zeugen von dieser Beliebtheit des Künstlers.

Der Le Petit Salon in Menzenschwand soll den beiden Malerbrüdern in ihrer Heimat zum Durchbruch verhelfen! In England

Links: Doppelporträt Franz Xaver und Hermann Winterhalter (Staatliche Kunsthalle Karlsruhe)

Rechts: Decamerone (Staatliche Kunsthalle Karlsruhe)

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Lange hat man die beiden großen Söhne des Dorfes Menzenschwand dennoch nahezu vergessen, was sich mit der Eröffnung des Museums jedoch änderte. Seit Gründung betreibt der Verein das Museum völlig ehrenamtlich mit stetig wachsendem Erfolg.

2022 wurde das Museum vom Museumsverband Baden- Württemberg und Lotto Baden- Württemberg mit dem X-TRA Preis ausgezeichnet.

Seit Januar 2024 ist das Museum außerdem Partner des Biosphärengebiets Schwarzwald.

Neben einer Dauerausstellung, die einen Querschnitt des Schaffens der beiden Brüder zeigt, finden immer wieder Sonderausstellungen statt.

Die Exponate der Dauerausstellung kommen aus Privatbesitz oder sind vereinseigene Exponate. Zu Sonderausstellungen kommen aber auch regelmässig Leihgaben aus großen Museen.

Oben: Oben: Blick in den Salon

Unten: Museum im ehemaligen Rathaus

Beide Fotos: © Winterhalter in Menzenschwand e.V.

Wechselnde Ausstellungen mit Ölgemälden, Aquarellen, Zeichnungen, Skizzen, Lithographien und Originaldokumenten wie Briefe oder Reisepass, begleitet durch kompetente Führungen mit spannenden Geschichten lassen die Persönlichkeiten der beiden Malerbrüder, ihr Werk und ihre Zeit lebendig werden.

Winterhalter Museum "Le Petit Salon" im ehemaligen Rathaus Hinterdorfstr. 15 79837 Menzenschwand Tel. 07675 - 9296988 post@winterhalter-menzenschwand.de www.winterhalter-menzenschwand.de

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85 FÜR ANSPRUCHVOLLSTE KULTURGÜTER WELTWEIT Nr.1 TECHNOLOGIE SERVICE QUALITÄT Besuchen Sie uns vom 04-07.06. auf der BIBLICON 2024 in Hamburg, Halle H, Stand 092 oder online auf www.zeutschel.de.

Färbermuseum Gutau –

das Mekka des Blaudrucks

Die 2.800-Einwohner Gemeinde Gutau im Mühlviertel in Österreich, hat sich ganz dem Blaudruck verschrieben. Im Färbermuseum kann man die aufwändigen Arbeitsschritte nachvollziehen, die notwendig sind, um den begehrten Blaudruck herstellen zu können. Der jeweils am ersten Sonntag im Mai stattfindende Färbermarkt zieht wie ein Magnet Blaufärber, Leinenweber und Kunsthandwerker aus Mitteleuropa an, die am Marktplatz und in den Straßen von Gutau ihre Produkte anbieten. In der Experimentalwerkstatt der Zeugfärberei kann man selbst das Färben mit Indigo ausprobieren und den Blaudruck nach alter Tradition herstellen.

Die klimatischen Bedingungen im Mühlviertel waren der Grund dafür, dass hier Flachs der besten Qualität gewachsen ist, der Grundlage für die Erzeugung von Leinen war. Um die Leinenstoffe zu veredeln,

wurden sie mit Indigo-Farbstoff „Blau“ gefärbt und zu Arbeitskleidung vor allem für die ländliche Bevölkerung verarbeitet. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde dann eine Färbermethode entwickelt, die es ermöglichte, auch weiße Muster auf die blauen Stoffe zu bringen. Damit war der Blaudruck erfunden, der blaue Stoffe mit den weißen Mustern, der heute vor allem für Trachten aber auch Heimtextilien sehr begeht ist. Und genau um diesen Blaudruck geht es im Färbermuseum, welches im alten Färberhaus mit dem auffälligen großen Trockenboden untergebracht ist. Das wohl spektakulärste Objekt stellt eine zwölf Tonnen schwere, über 300 Jahre alte Färbermangel dar, die bis heute funktionsfähig ist und bei Museumsbesuchen ausprobiert werden kann. Über die Färber gibt es viele Anekdoten zu erzählen und im Färbermuseum kann man erfahren, woher der „Blaue Montag“ kommt oder wie

man „ein blaues Wunder“ erleben kann. Seit 2018 ist der Blaudruck auf der Internationalen Liste des UNESCO Kulturerbes der Menschheit zu finden und erregt so Aufmerksamkeit weit über die Grenzen von Österreich hinaus.

Im Färbermuseum erfahren Sie auch, wie die Oberösterreichische Landeshymne „Hoamatland“ entstanden ist und Sie entdecken den Färbermeister Aloys Zötl, der zu den bedeutendsten Surrealisten Österreichs zählt.

Im Museumsshop findet man Blaudruckwaren, hergestellt von den wenigen Blaudruckern die es in Europa noch gibt, sowie Accessoires und Souvenirs.

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Färbermarkt

Jeweils am ersten Sonntag im Mai findet in Gutau der internationale Färbermarkt statt, zu dem jedes Jahr tausende von Besucherinnen und Besucher pilgern, um Blaudruck, Leinen, Trachten und Kunsthandwerk zu erwerben. Färber, Weber und textile Handwerker aus fünf Nationen Europas treffen sich bei diesem einzigartigen Markt, der zu den schönsten Kunsthandwerksmärkten Österreichs zählt.

Zeugfärberei

Direkt gegenüber des Färbermuseums befindet sich die Zeugfärberei, eine Experimentalwerkstatt in der man selbst Blaudruck hergestellt werden kann. Bei Kursen und Workshops erlernt man unter der Anleitung erfahrener Färberinnen die Arbeitsschritte die für die Herstellung von Blaudruck notwendig sind.

Fotos Museum: © Franz Kaufmann

Lange Nacht der Museen: © ORF

Färberei: © Andreas Zoller

Färbermuseum Gutau

St. Leonharderstraße 3 4293 Gutau, Österreich Tel. +43 676 6854983 info@faerbermuseum.at www.faerbermuseum.at

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KUNST AM SEE ERLEBEN

Einzigartige Erlebniswelt im Forum Würth Rorschach

Das Forum Würth Rorschach liegt direkt am wunderschönen Bodenseeradweg und lädt bereits im Freien mit dem Skulpturengarten ein, Kunst zu erkunden. Bedeutende Werke der modernen Bildhauerei sind in die Uferlandschaft integriert und lassen sich mit Fahrrad oder zu Fuss entdecken.

Für einen erlebnisreichen Kunstgenuss führt der Weg in das Forum Würth Rorschach. Hier werden regelmässig wechselnde Ausstellungen moderner und zeitgenössischer Kunst bei freiem Eintritt gezeigt. In entspannter Atmosphäre lädt das KunstCafé mit der herrlichen Terrasse mit Blick auf den Bodensee zum Verweilen ein.

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Linke Seite, oben: Skulpturengarten

Unten: Einblick in die Ausstellung

«Wasser, Wolken, Wind»

Rechte Seite, oben: Im Kunstshop erwarten die Gäste besondere Geschenke

Unten: Niki de Saint Phalle, Nikigator, 2001, Sammlung Würth, Inv. 15470

© Niki Charitable Art Foundation / 2024, ProLitteris, Zurich

Hauptausstellung «Wasser, Wolken, Wind – Elementar- und Wetterphänomene in Werken der Sammlung Würth»

Sie bestimmen das Klima unseres Planeten Erde und gehören zu unserem Alltag: Wasser, Wolken und Wind in all ihren Ausprägungen. Seit Urzeiten faszinieren sie den Menschen und finden ihren Niederschlag in der Kunst.

In den Werken der Sammlung Würth findet sich eine Vielzahl an Bezügen auf diese Naturphänomene, von denen nun eine Auswahl im Forum Würth Rorschach ausgestellt wird.

Skulpturengarten ganzjährig geöffnet

Die Kunstwerke im Skulpturengarten am Seeufer laden nicht nur zum Staunen, sondern vor allem zum Erleben ein.

Die fantasievollen Figuren, wie zum Beispiel jene der französisch-schweizerischen Künstlerin Niki de Saint Phalle, sind optisch ein Highlight und gerade für Kinder mit teils bespielbaren Mosaik-Skulpturen eine Entdeckungsreise wert.

Kunstshop

Ein breitgefächertes und abwechslungsreiches Sortiment erwartet unsere Besucher:innen im Kunstshop. Dort finden die Gäste besondere Geschenke und kleine Aufmerksamkeiten. Schönes für den täglichen Gebrauch und vieles mehr aus den Bereichen Design, Style und Kunst sowie Produkte mit sozialem Hintergrund.

Öffnungszeiten

April bis September

Täglich 10 bis 18 Uhr

Oktober bis März

Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr

Eintritt frei

Forum Würth Rorschach

Churerstrasse 10

CH-9400 Rorschach

Schweiz

Tel. +41 71 225 10 70 rorschach@forum-wuerth.ch www.wuerth-haus-rorschach.ch/kunst

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Sauriermuseum Frick

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210 Millionen Jahre alte Plateosaurier & Co Autorin: Dr. Andrea Oettl

Das Sauriermuseum Frick zeigt viele Originalskelette von Dinosauriern aus der späten Trias vor rund 210 Millionen Jahren. Dazu gehören vor allem die Plateosaurier, aber auch Raubdinosaurier sowie weitere Reptilien. Ein Dinolehrpfad und ein Fossilien-Klopfplatz runden das Besucher-Angebot ab.

Das Sauriermuseum Frick im Kanton Aargau (Schweiz) zeigt viele Originalskelette von spät-triassischen Dinosauriern, darunter auch das eines kompletten Plateosauriers in Fundlage sowie den Holotyp von Notatesseraeraptor frickensis, einem Theropoden (Raubdinosaurier). Das Museum eröffnete 1991, nachdem in den 1970er- und 1980-Jahren zahlreiche spektakuläre Plateosaurierskelette in der lokalen Tongrube Gruhalde der Tonwerke Keller AG (TWK) ausgegraben wurden. Die permanente Ausstellung ist in zwei Teile gegliedert, angelehnt an die Gesteinsabfolge in der Tongrube, von wo die Funde mehrheitlich stammen. Der untere Teil ist den Dinosauriern und ihren Zeitgenossen aus der späten Trias gewidmet, während auf der Galerie die Meeresfossilen aus der frühen Jurazeit präsentiert werden.

In einem Nebenraum finden regelmässig Sonderausstellungen statt, die stets in Verbindung zu Dinosauriern oder den Fricker Fossilien stehen. 2024 werden Dino-Cartoons gezeigt.

In Frick liegt eine der weltweit ergiebigsten Dinosaurierfundstätten der späten Trias

(220-200 Ma). Der gesamte Fundbereich erstreckt sich mittlerweile über 4 Kilometer. Der eigentliche Hauptfundort, die Tongrube Gruhalde, befindet sich allerdings in Privatbesitz der TWK und private Ausgrabungen sind verboten. Die fossilen Knochen sind Eigentum des Kantons Aargau. Vor über 200 Millionen Jahren wanderten Millionen von Dinosauriern durch die heutige Nordwestschweiz; allen voran Plateosaurier. Die 5 bis 8 Meter langen Pflanzenfresser stehen am Anfang der gesamten Dinosaurierentwicklung und sind daher interessante Studienobjekte. Plateosaurier gingen auf ihren Hinterbeinen. Der etwas längere Hals ermöglichte ihnen, Nahrung auch in grösserer Höhe zu fressen. Lange, warme Trockenzeiten wurden von kurzen, intensiven Regenphasen unterbrochen. In der flachen Landschaft bildeten sich Flussläufe und Wasserstellen und die üppig wachsenden Pflanzen boten genügend Nahrung. Immer wieder blieb jedoch ein Plateosaurier in einem Schlammloch stecken oder verendete erschöpft, wenn das Wasser- und Nahrungsangebot allmählich wieder knapp wurde. So entstand über Jahr-Millionen die heute so reichhaltige Fossillagerstätte mit mehreren Fundhorizonten. Die schnelle Einbettung im Schlamm unter Ausschluss von Sauerstoff bildete die Voraussetzung für den Fossilisationsprozess. Die Todesursache lässt sich bei artikulierten Skeletten meist relativ gut erkennen, weil sich die Bein- und Armstellung von Schlammopfern und erschöpften Tieren deutlich unterscheidet.

Links: Blick ins Museum. Dinosaurierfunde aus der Trias befinden sich auf der unteren Ebene; die Galerie gehört den Jurafossilien.

Rechts: : In der Tongrube Frick sind Gesteine der späten Trias und frühen Jura-Zeit aufgeschlossen. Das Betreten der Grube ist verboten.

Fotos: © Sauriermuseum Frick

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meist nicht besonders umfangreich sind, ist eine genaue wissenschaftliche Zuordnung schwierig.

Weitere Begleitfunde wie Skelettteile der Schildkröte Proganochelys (Scheyer et al., 2022); Panzerplatten und Knochen von Aëtosaurus, Reste von Schmelzschuppenfischen oder Lungenfischen ergänzen die bisherige Faunenliste. Erste Pflanzenfunde, darunter ein Stück Schachtelhalm, tragen weitere Puzzleteile zu unserer Vorstellung der frühen Dinosaurierzeit bei.

Das Sauriermuseum ist Sonntagnachmittag geöffnet und kann in der übrigen Zeit unter der Woche mit einer individuellen Führung besucht werden. Die Führung wird an die Gruppe angepasst, von Kindergarten bis Unistudierende, vom Firmenausflug bis zum Familienanlass, alle dürfen sich angesprochen fühlen. Jährlich besuchen rund 11000 Personen das kleine aber feine Museum im Fricktal, das nur 11km von der Deutsch-Schweizer Grenze in Laufenburg entfernt liegt. Zusätzlich zum Museum bietet sich ein Spaziergang entlang des Dinolehrpfads an, sowie der Besuch des Klopfplatzes hinter dem Bahnhof Frick, wo selber nach Meeresfossilien gesucht werden darf.

Literatur: Nau, D., Lallensack, J.N., Bachmann, U. & Sander, P.M. (2020): Postcranial osteology of the first early-stage juvenile skeleton of Plateosaurus trossingensis from the Norian of Frick, Switzerland. Acta Palaeontologica Polonica 65 (4): 679-708

Neben kompletten Plateosaurierskeletten und zahlreichen Teilskeletten wurde in Frick auch der weltweit erste Jungplateosaurier gefunden. Das 2,3 Meter lange Tier mit Spitzname „Fabian“ war nur 1-2 Jahre alt geworden und wurde an der Universität Bonn (D) von Nau et al. (2020) genau untersucht und beschrieben. Raubdinosaurier werden in Frick nur vereinzelt gefunden. Das ist nichts Ungewöhnliches, sondern spiegelt die Tatsache, dass es überall mehr potenzielle Beutetiere (Pflanzenfresser) gibt als Jäger. Der allererste Fund eines Fleischfressers aus den Jahren 2006 und 2009 stellte sich bei Untersuchungen

an der Universität Zürich (CH) als Dinosaurier einer neuen Gattung heraus und erhielt von Zahner und Brinkmann (2019) den wissenschaftlichen Namen Notatesseraeraptor frickensis. Weitere Funde von Theropoden wurden seit 2017 gemacht. Da diese aber

Oben: Vollständiges Skelett eines Plateosauriers in Fundlage. Das Tier ist im Schlamm eingesunken und verendet

Unten: Skelettreste und Schädelrekonstruktion von Notatesseraeraptor frickensis, einem fast 3m langen Raubdinosaurier.

Fotos: © Sauriermuseum Frick

Scheyer, T.M., Klein, N., Evers, S.W., Mautner, A-K. & Pabst, B. (2022): First evidence of Proganochelys quenstedtii (Testudinata) from the Plateosaurus bonebeds (Norian, Late Triassic) of Frick, Canton Aargau, Switzerland. Swiss Journal of Palaeontology. 141:17, 26 pp.

Zahner, M. & Brinkmann, W. (2019): A Triassic averostran-line theropod from Switzerland and the early evolution of dinosaurs. Nature Ecology & Evolution. 1146-1152.

Sauriermuseum Frick

Schulstrasse 22

CH-5070 Frick

Tel. +41 62 871 5383 dino@sauriermuseum-frick.ch www.sauriermuseum-frick.ch

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© Alexander Schippel [Naturkundemuseum Stuttgart]

Im open art museum in einem alten Zollfreilager in Sankt Gallen, nur 5 Minuten vom Bahnhof entfernt, befindet sich eine der grössten Sammlungen von Outsider Art, Naiver Kunst und Art Brut der Schweiz.

Das open art museum (ehem. Museum im Lagerhaus) ist spezialisiert auf schweizerische Art Brut, Naive Kunst und Outsider Art. Es ragt international aus der Museumslandschaft heraus, indem es sich übergreifend künstlerischen Grenzbereichen öffnet. Hier offenbart sich eine höchst innovative und individuelle Kunst voller Leben und Geschichten, die schon immer die akademische Kunstwelt beeinflusst hat.

Kunst und Diversität stehen im Zentrum des open art museum. Es ist ein inspirierender Kunst-Ort, der mit und durch Kunst bestehende Denkmuster hinterfragt. Die Geschichte der Outsider Art (als Sammelbegriff) ist eine Geschichte der Rezeption aus der Perspektive des Kunstbetriebs als Gegenspieler zur „art culturel“. Operiert

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open art museum

Zentrum für Outsider Kunst am Bodensee

das Museum wohl mit den genannten Termini als Behelfsbegriffen, zielt es jedoch auf die Offenheit eines freien, diversen Kunstverständnisses. Im Fokus stehen Mög-

lichkeiten des künstlerischen Ausdrucks des Menschen in spezifischen Lebenssituationen, dessen Kontextualisierung und Verortung.

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Linke Seite, oben: Einblick ins Museum

Beide Fotos: © Switzerland Tourism / André Meier

Unten: Das open art museum befindet sich in den Räumen eines alten Zollfreilagers

Rechte Seite, oben: Ausstellungsansicht «Crazy, Queer, and Lovable - Ovartaci». Fragen nach Gender, sexueller Identität und Transidentität standen im Zentrum dieser Ausstellung.

Beide Fotos: Fotos: © open art museum

Unten: Ausstellungsansicht «lumbung brut». Die Ausstellung ging der Frage nach, wo Kunstwerke aus Ateliers im Kunstbetrieb angesiedelt werden.

In jährlich vier wechselnden Sonderausstellungen wie Sammlungsausstellungen wird nach Dialogen gesucht und Grenzen zwischen einem „Inside“ und „Outside“ hinterfragt. Kategorien der Kunstdefinition werden dabei regelmässig überschritten.

Das open art museum ist ein unabhängiges Museum, getragen von der 1988 gegründeten Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut. Die Sammlung ist im Laufe von 35 Jahren auf über 25'000 Werke von rund 480 Kunstschaffenden gewachsen. Darunter befinden sich spezielle Konvolute wie etwa 15’000 Blätter von John Elsas, 200 Werke des Universalkünstlers Franz Hartl sowie 217 Zeichnungen und

Gemälde der bekannten Schweizer Schriftstellerin Adelheid Duvanel, und umfassende Künstlernachlässe von Pietro Angelozzi, Werner Baptista, Otto Gilli, Pya Hug oder Linda Naeff. Auch international bekannte Künstler*innen sind in der Sammlung vertreten, beispielsweise Werke von Aloïse Corbaz, Adolf Wölfli, Adolf Dietrich oder Louis Soutter.

open art museum

Davidstrasse 44

CH-9000 St.Gallen

Tel. +41 71 223 5857 info@openartmuseum.ch www.openartmuseum.ch

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Wem gehören die Gegenstände in den Sammlungen des Museums der Kulturen Basel (MKB)? Für jedes einzelne Ding muss diese Frage beantwortet werden. Die Provenienzforschung hat enorm Fahrt aufgenommen und das Publikum soll dies hautnah mitverfolgen können.

Deshalb verlagern Mitarbeitende ihr Büro ins Museum. In der Projektreihe «Vor aller Augen» arbeiten sie jeweils ein paar Wochen in einem Ausstellungssaal, während der Museumsöffnungszeiten. Forschende, Restaurator*innen, Fotograf*innen, die Logistik oder die Kommunikation lassen sich über die Schultern blicken und suchen aktiv den Dialog mit dem Publikum.

Die Dinge, um die es in den Projekten geht, haben sie dabei. Aufschlussreiche Karteikarten, Briefe oder Tagebücher werden aufgelegt und Fotografien projiziert. Die Besucher*innen können Verträge, Anträge oder Messungen einsehen. Publikationen liefern zusätzliches Hintergrundwissen.

Sri Lanka und Hiva Oa

Gestartet wird am 7. Mai 2024 mit dem Projekt «Dambana, Sri Lanka». In zwei Gesuchen baten Veddah Communities um die

Vor aller Augen forschen

Arbeitsplätze werden in einen Ausstellungssaal verlegt: Das Museum der Kulturen Basel betreibt Forschung live vor Publikum

Rückgabe von 47 Objekten nach Dambana. Dies führte zu Recherchen zur Herkunft der Gegenstände, zu Gesprächen, Debatten, vertieften Kontakten, einer Forschungsreise nach Sri Lanka und mehreren Anträgen. Das bisherige Vorgehen wird bis am 31. Mai vor aller Augen ausgebreitet. Die Mitarbeitenden des MKB halten das Publikum auch jederzeit auf dem neusten Stand. Momentan liegt das Geschäft bei der Basler Regierung. Sie dürfte alsbald darüber befinden.

Vom 26. Juni bis 21. Juli 2024 geht es um «Hiva Oa, Französisch-Polynesien». 1932 reisten die Basler Lucas Staehelin und Theo Meier auf die Marquesas-Insel Hiva Oa, um eine Sammlung anzulegen. Mit ca. 30 Objekten aus dieser Sammlung und in Zusammenarbeit mit dem MKB soll eine Ausstellung vor Ort realisiert werden. Die Besucher*innen können sich kundig machen, was alles für die Umsetzung nötig ist.

Offenheit und Transparenz

Vor den Augen des Publikums entfalten sich Prozesse, die einen anderen Blick auf die Geschichte des MKB erlauben, aber auch die jüngsten Entwicklungen des Museums

prägen. «Wir sehen Objekte nicht mehr als unser selbstverständlicher Besitz, nicht als Eigentum des MKB und die Deutungsho-

Linke Seite, oben: Beschnitzter Baum thulu während einer Smoking Ceremony im Museumsdepot Im Bild: Video über die Smoking Ceremony und den thulu in der Ausstellung "Alles lebt". Fotos: © Museum der Kulturen Basel, Omar Lemke

Unten: Kuratorin Beatrice Voirol zeigt Gästen im Museumsdepot Gegenstände aus Hiva Oa © Museum der Kulturen Basel, Martina Pan

Rechte Seite, oben: Objekte der Veddah aus Sri Lanka im Museumsdepot © Museum der Kulturen Basel, Omar Lemke

Unten: Benin-Bronzen aus Nigeria in der Ausstellung "Alles lebt". Fotos: © Museum der Kulturen Basel, Omar Lemke

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heit liegt nicht mehr nur bei uns», sagt Direktorin Anna Schmid und fährt fort: «Es steht zudem zur Debatte, ob die hiesige Wissenschaft Vorrang hat vor anderen Wissensformen.»

Das MKB will in jeder Beziehung transparent sein. Deshalb auch die Projektreihe «Vor aller Augen». Sie zeigt zudem, dass das MKB das neue Verständnis von Museum verinnerlicht hat, das der internationale Museumsrat ICOM kürzlich definiert hat: Auch das MKB ist ein «Caretaker». Es trägt Sorge zu den Dingen, die ihm anvertraut sind, und ermöglicht, was immer damit geschehen soll.

Allerdings ergeben sich aus jedem Projekt weitere Fragen: Wie kamen die Gegenstände ins MKB? In welchem Kontext? Was hatten sie einst für eine Funktion? Und heute? Für wen sind sie wichtig? Für wen müssen sie zur Verfügung stehen?

Einiges wird unklar bleiben. Eventuell aber gehen neue Wege auf, finden sich neue Ansprechpersonen, mit denen die Zukunft der Dinge besprochen, verhandelt und umgesetzt werden kann: Von Leihverfahren über Zirkulation bis Restitution ist alles möglich.

Vielfalt an Forschungsprojekten

Mit der Projektreihe «Vor aller Augen» erhält das Publikum Einblick in die Vielfalt der Forschungsprojekte am MKB. Kein Projekt gleicht dem anderen, alle involvieren andere Vorbereitungen, ein anderes Vorgehen, andere Aufgaben und Verhandlungen sowie anderes Verständnis.

Die Benin-Bronzen etwa generier(t)en viel mediale Aufmerksamkeit. Sie werden als Eigentum von Nigeria respektive des Königshauses betrachtet und womöglich in naher Zukunft zurückgefordert. Die Rückkehr des thulu-Baums nach Australien ist inzwischen beschlossen und genehmigt. Im Gegenzug erhält das MKB einen anderen Gegenstand der dortigen Gemeinschaften.

Museum der Kulturen Basel Münsterplatz 20 4051 Basel, Schweiz

Tel. +41 61 266 56 00 info@mkb.ch www.mkb.ch

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Richard McGuire zurück in Basel

Ein Tausendsassa im Cartoonmuseum Basel. Autorin: Anette Gehrig, Kuratorin und Direktorin

Der US-amerikanische Zeichner, Designer und Künstler Richard McGuire hat tausend künstlerische Leben gelebt. Mit der Graphic Novel «Hier» hat McGuire ein Kultbuch geschaffen, das aktuell von Regisseur Robert Zemeckis mit Tom Hanks und Robin Wright in den Hauptrollen verfilmt wird. In den 1980er-Jahren war er Teil der avantgardistisch grenzüberschreitenden Kunstszene von Downtown New York, die Kunst und Musik vermischte und das Genre der Street-Art initiierte.

Das Cartoonmuseum Basel zeigt die erste umfassende Retrospektive mit dem Titel «Richard McGuire. Then and There, Here and Now» zum breitgefächerten Werk

und der 40-jährigen Karriere des multidisziplinären Zeichners, Illustrators, Künstlers und Musikers. Zeitgleich erscheint die erste Überblickspublikation im Christoph Merian Verlag.

Der 1957 geborene US-amerikanische Zeichner, Designer und Künstler Richard McGuire hat mit seiner 2014 erschienenen Graphic Novel «Hier» ein Buch geschaffen, das zu Recht als bedeutender Impulsgeber für den Comic gilt. Die 300-seitige Graphic Novel, die aktuell verfilmt wird, wirbelt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unseres Planeten an einem kleinen Ort durcheinander. «Hier» ist eine Ode an das Leben in Form einer schwindelerregenden

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Erzählung, die sich durch eine raffiniert vereinfachte Ästhetik und eine minimalistische Formensprache auszeichnet: In einem an McGuires Elternhaus angelehnten Wohnraum lässt «Hier» uns wie in einer Zeitmaschine durch Milliarden von Jahren reisen – vom Erscheinen des Lebens auf der Erde vorbei am Moment, in dem das Haus und sein Wohnzimmer stehen, bis in die ferne Zukunft. Grundlage für die Graphic Novel war eine sechsseitige Kurzgeschichte, die McGuire bereits 1989 im Comicmagazin «RAW» von Art Spiegelman und Françoise Mouly veröffentlicht hatte. Im Jahr 2016 wurde die inzwischen in 20 Sprachen übersetzte Graphic Novel mit dem Fauve d’or geehrt, der höchsten französischen Auszeichnung für Graphic Novels.

Die Ausstellung zeigt die Anfänge McGuires als Street-Art-Künstler, dessen Schablonenzeichnungen rund um eine Figur namens Ixnae Nix im New York der 1980er-Jahre hingen, sowie seine Zeit als Bassist und Mitgründer der bahnbrechende Post-PunkBand Liquid Liquid, für die er einen vielgesampelten, ikonischen Basslauf kreierte und mit der er einst auch in Basel auftrat.

«Was ich damals gemacht habe, war kein Graffiti, aber es war eine Reaktion auf Graffiti», erzählt McGuire. «Jedes Bild ist wie eine Folge in einer Serie. Ich fertigte jeweils zwei Kopien an, von denen ich die eine in den Strassen hinklebte, während ich die andere für mein Archiv aufbewahrte. Am Tag danach fotografierte eine Freundin, Martha Fishkin, dann das Werk, um es zu dokumentieren.»

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McGuire entwarf auch Plakate für seine Band und brachte sie oft in derselben Nacht an wie die Ixnae-Nix-Bilder. Im Gegensatz zu letzteren waren die Bandplakate hauptsächlich Collagen, für die er handgezeichnete Schriften oder Letraset-Abreibebuchstaben verwendete und die dann im Offset- oder

Linke Seite, unten: © Richard McGuire, «Noise New York», The New Yorker, 2019

Oben: © Richard McGuire, «What’s Wrong With This Book?», Viking Penguin (Hg.), 1997

Rechte Seite, oben und mitte: © Richard McGuire, «Here», Pantheon (Hg.), 2014

Unten: Katalog: «Richard McGuire. Then and There, Here and Now», Cartoonmuseum Basel (Hg.); Vincent Tuset-Anrès, Anette Gehrig, Richard McGuire; Christoph Merian Verlag 2024

Siebdruckverfahren in einer Auflage von etwa hundert Stück gedruckt wurden. Auch andere Kunstschaffende griffen zu dieser Zeit auf die Graffiti-Kultur zurück, darunter Jean-Michel Basquiat und Al Diaz, die gemeinsam als SAMO© arbeiteten und von denen McGuire meinte: «Für mich waren sie die Manifestation einer sehr starken, neuen Stimme.» So auch Keith Haring, der damals gerade begann, seine Figuren auf freie Werbeflächen in New Yorker U-Bahn-Wagen und auf Bahnsteigen zu zeichnen.

Der Bogen der Ausstellung reicht von Illustrationen und Titelseiten für «The New Yorker», mit denen er sich nach Auflösung der Band beschäftigte, über Kinderbücher, Spielsachen und Animationsfilme, die er

konzipierte und bei denen er Regie führte, bis hin zu Originalen für sein Schlüsselwerk «Hier» sowie für eine aktuelle, noch namenlose Graphic Novel, die bildende Kunst und Musik fusionieren wird.

Die Ausstellung und das Buch sind die packende und vitale Essenz einer künstlerischen Entwicklung, die niemals ruht und sich, getrieben von kreativer Neugier, ständig selbst Türen öffnet. Es wird ein Werk vorgestellt, das trotz seiner enormen Breite auch viele Konstanten und innere Bezüge aufweist. So ist es nicht verwunderlich, dass sich gewisse Aspekte in McGuires gesamtem Werk wiederfinden, von den Anfängen bis in die Gegenwart. Der Künstler ist an der Schnittstelle von Klang und Bild gestartet, und nun bringen aktuelle Arbeiten diese beiden Sinneseindrücke wieder zusammen.

Da ist «Listen» (Zuhören), ein in der Folge der Isolation durch die Corona-Pandemie entstandenes Buch, das Geräuschen um McGuires Haus nördlich von New York City eine grafische Gestalt verleiht. Und da sind die in den letzten Jahren entstandenen Klangzeichnungen, die wie eine von McGuire kreierte Notation funktionieren, sowie Arbeiten für eine Graphic Novel, die der Bedeutung von Klängen nachgehen wird.

«Richard McGuire. Then and There, Here and Now» vom 8.6.–3.11.2024

Vernissage am Freitag, 7.6.2024, ab 18.30h

Cartoonmuseum Basel

Zentrum für narrative Kunst

St. Alban-Vorstadt 28, 4052 Basel (CH) Tel. +41 61 226 33 60 info@cartoonmuseum.ch www.cartoonmuseum.ch

Di–So, 11–17 Uhr

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Drei militärhistorische Museen

Artilleriewerk Heldsberg

Das Artilleriewerk Heldsberg bei St.Margrethen ist ein Ausflugserlebnis der besonderen Art. Es war vom 2. Weltkrieg bis 1993 Teil der Grenzbefestigung im Rheintal. Durch seine Lage kontrollierte es mit seinen vier 7.5 cm Festungs-Geschützen im Norden das Südende des Bodensees und im Süden die Rheinübergänge im Rheintal bis Montlingen.

Sieben eingebaute Maschinengewehre und weitere in den Aussenbunkern eingesetzte Infanterie- und Panzerabwehrwaffen deckten den Zugang, die Abdeckung und die Umgebung.

Sperre am Stoss bei Altstätten

Die Verteidigungslinie auf dem Stoss, 1938 bis 1940 erbaut, wurde nach der damals geltenden Doktrin als «Linie» konzipiert und hatte die Aufgabe, einem aus dem Rheintal angreifenden Gegner das Eindringen über das Appenzellerland in die Ostflanke der Schweiz zu verwehren.

Die Sperre umfasst ein Höckerhindernis von ca. 1’500 Meter Länge und vier Bunker, mit

Maschinengewehren und Panzerabwehrkanonen ausgerüstet.

Küche und Soldatenstube sowie weitere Nebenräume.

FESTUNGSMUSEUM HELDSBERG ST.MARGRETHEN

SPERRE STOSS, ALTSTÄTTEN

KOMMANDOBUNKER Gz Br 8 HASLEN

Die Schussfelder sind so angeordnet, dass Strasse, Eisenbahnlinie (heutige Appenzellerbahn) und Umgebung wirksam gesperrt werden konnten. Die Anordnung als Linie ermöglichte gleichzeitig einen Schutz der Bunker durch gegenseitige Feuerunterstützung.

Eine Bunkerbesatzung bestand aus bis zu 23 Mann. Im unterirdisch gelegenen Aufenthaltsraum waren alle nötigen Einrichtungen vorhanden, um ein längeres Überleben zu gewährleisten, so eine eigene Strom- und Wasserversorgung, eine Ventilationsanlage mit kollektivem Gasschutz usw.

Die Verteidigungsanlage Stoss ist seit dem Jahr 2000 im Besitz des Vereins Festungsmuseum Heldsberg. Alle Bunker sind voll ausgerüstet und können nach Vereinbarung besichtigt werden.

Kommandobunker Haslen

Der Kommandobunker Haslen wurde Anfang der 1960er-Jahre erbaut und diente der Schweizer Armee bis 1996 - unter strengster Geheimhaltung - als Kommandostandort für die Grenzbrigade 8. Die unterirdische Anlage umfasst über 30 Büro- und Schlafräume, einen Maschinenraum, Telefonzentrale,

Linke Seite, oben: Festungsmuseum Heldsberg, St. Margrethen

Unten: Sperre Stoss, Altstätten

Rechts: Kommandobunker Gz Br 8, Haslen

Fotos: © Festungsmuseum Heldsberg

Zusammen mit vielen Angehörigen des letzten aktiven Brigadestabs und weiteren Helfern ist es gelungen, auf dem gesamten unteren Stock der Kaserne die Arbeit eines Brigadestabs während des Kalten Krieges nachzustellen und für den Besucher erklärund erlebbar zu machen.

Der Kalte Krieg ist Hauptthema der Ausstellung und wird von verschiedenen Seiten beleuchtet.

Ausgestattete Mannschaftsunterkünfte, eine Bibliothek, ein aufwändiges Geländemodell (Rheinüberquerung der Amerikaner im 2. Weltkrieg), verschiedene Uniformen und natürlich auch der betriebsbereite Maschinenraum runden den abwechslungsreichen Museumsbesuch ab.

Nach dem spannenden Rundgang steht die Soldatenstube für einen Apéro oder verschiedene Menus zur Verfügung.

Öffnungszeiten:

Einzelbesucher: an Samstagen von Anfang April bis Ende Oktober von 10-16 Uhr. Gruppenführungen jederzeit auf Anmeldung.

Auskunft / Anmeldung für alle drei Museen: Obere Heldsbergstr.5 CH-9430 St.Margrethen, SCHWEIZ Tel. +41 71 733 40 31 info@festung.ch www.festung.ch

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Johann Maria Farina, die Geschichte Ihrer Familie und Ihres Unternehmens ist vielfach dokumentiert.

Wir haben heute eine neue Sichtweise auf die Entwicklung der Eau de Cologne. Spätestens seit der Renaissance der Eau de Cologne in den 2000-er Jahren sind viele wissenschaftliche Aspekte rund um Farinas Eau de Cologne ein Allgemeingut. Hinzu kommt, dass die Duftforschung in der jüngsten Vergangenheit große Fortschritte gemacht und damit unseren Blick erweitert hat. Ein weiterer wichtiger Ansatz ist, dass es erst in den letzten Jahren gelungen ist, die mehreren Hunderttausende Akten in dem mehr als umfassenden Archiv unseres Unternehmens auszuwerten. Insofern blicken wir auf mehr als 300 Jahre Geschichte und starten auf Basis neuer Erkenntnisse die Faszination heute wieder von Neuem.

Was macht die Anziehungskraft der Eau de Cologne aus?

Mit der Entwicklung der Eau de Cologne legte Johann Maria Farina 1709 den Grundstein der modernen Parfumerie. Er hat die damalige Duftwelt mit seinem belebenden frischen Odeur revolutioniert. Mit seinen Verfahren und seinem hohen Anspruch an die einzelnen Essencen lag er goldrichtig. Er hat die ihm zur Verfügung stehenden Mittel brillant genutzt und eine vollkommene neuartige Duftkomposition creiert, den ersten Duft mit Bergamotte überhaupt. Vor 300 Jahren steckte die Parfumerie, wie wir sie heute kennen, noch in den Kinderschuhen. Johann Maria Farina hat Wissenslücken mit Intuition geschlossen.

Farina Eau de Cologne seit 1709

Parfumeure über 9 Generationen im Geburtshaus der Eau de Cologne

Autorin: Monika Moik

Johann Maria Farina, 1685-1766

„Ich habe einen Duft gefunden, der mich an einen italienischen Frühlingsmorgen erinnert, an Bergnarzissen, Orangenblüten kurz nach dem Regen.“ - so beschreibt Johann Maria Farina 1709 seine neue Duftcreation.

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Wie kam es zu Farinas Erfindung der Eau de Cologne?

Er verfügte über einen besonderen Geruchssinn. Zudem hat er seine Kenntnisse der Duftherstellung durch seine Reisen stetig bis zur Perfektion verfeinert. Für einen Jahrhundertduft sind ganz andere Qualitäten und Kenntnisse notwendig.

Ist Eau de Cologne ein zeitloser Duft?

Zeiten und Menschen haben sich gewandelt, doch der Duft der Eau de Cologne bleibt unverändert. Die Komposition entspricht immer noch dem Original von 1709 – ein streng gehütetes Familiengeheimnis, das nun an die 9. Generation weitergegeben wird.

Louise Farina, an welche Qualitäten Ihrer Vorgänger möchten Sie festhalten?

Tradition und Geschichte sind die Grundlage der Farina-Unternehmensreputation. Diese Werte zu wahren und gleichzeitig neue Herausforderungen anzunehmen, sehe ich als zentrale Aufgabe. Gleichzeitig würdige ich die herausragende Leistung meiner Großeltern und Eltern. Von beiden Generationen möchte ich gerne alle Qualitäten weiterführen, sie haben sich bewährt.

Warum ein Duftmuseum in Köln?

Wir sind mit Köln seit mehr als 300 Jahren fest verwoben. Diese starken Wurzeln haben dazu geführt, dass der Stadt in unserem Produktnamen „Eau de Cologne“ ein Denkmal gesetzt wurde.

Die mehr als 300-jährige Familien- und Firmengeschichte möchten wir gerne einem internationalen Publikum zeigen.

Was erwartet die Gäste?

Im Farina Duftmuseum wird die Geschichte der Eau de Cologne lebendig.

Linke Seite, oben: Johann Maria Farina, 1685-1766

Mitte: Johann Maria Farina – 8. Generation Rosenernte in Tunesien

Links: Louise Farina – 9. Generation Tuberosenernte in Grasse

Rechts: Farina-Haus. Dieses Foto: © Tomy Badurina

Unten: Das Farina-Archiv liegt als Depositum im RWWA (Rheinisch-Westfälisches-Wirtschafts-Archiv)

Rechte Seite, oben: Bergamotte 2023. Reggio Calabria Fotos außer Farina-Haus: © Farina

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Ausstellungsfotos:

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© Tomy Badurina Foto Hintergrund u. rechte Seite: © Farina

Über 300 Jahre Parfumgeschichte, Fotos, historische Flakons und Möbel zeugen von den weltweiten Verbindungen der Parfumdynastie Farina.

Die Besucher lassen sich entführen in die Welt der Sinne, in die Zeit des Parfumeurs. In den historischen Räumen erläutern die Museumsführer, wie die Eau de Cologne seit 1709 creiert wird. Wie werden die Essenzen gewonnen? Wie riechen Sie? An der Duftorgel sind die Besucher dazu eingeladen, verschiedene Essencen zu testen. Die Führung durch das Geburtshaus der Eau de Cologne vermittelt den Aufwand, die Kreativität und das unwiderlegbare Talent des Parfumeurs.

Die Führungen werden in 10 Sprachen angeboten. Eine Anmeldung ist erforderlich, da bedingt durch die historischen Räumlichkeiten die Teilnehmerzahl begrenzt ist.

Duftmuseum im Farina-Haus Obenmarspforten 21 50667 Köln

Tel. 0221-399 89 94 museum@farina.org https://farina.org

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Begreifen durch Erleben

im Naturerlebnisdorf Nettersheim

und dem Naturzentrum Eifel

Im Herzen der Eifel gelegen, bietet das Naturzentrum Eifel im Naturerlebnisdorf Nettersheim ein Erlebnis für Naturbegeisterte und Wissenshungrige. Unter dem Motto "Begreifen durch Erleben" sensibilisiert und begeistert das Naturzentrum Eifel seit 35 Jahren Generationen von Besuchenden für die Schönheit und Schutzwürdigkeit der Natur. In der Region und darüber hinaus hat das Naturzentrum Eifel eine führende Rolle in der Vermittlung ökologischer Prinzipien und kultureller Werte eingenommen.

Das Naturzentrum sowie das dazugehörige Haus der Fossilien beherbergen Ausstellungen zu den Themen Ökologie, Geologie und Archäologie. Die aufgegriffenen Themen orientieren sich an der erdgeschichtlichen, historischen und ökologischen Vielfalt der Natur und der Kulturlandschaft Eifel. Die zum Teil interaktiven Ausstellungen laden Besuchende dazu ein, selbst zu Entdeckerinnen und Entdeckern zu werden und in die vielfältige Geschichte Nettersheims und der Region einzutauchen.

Ein Highlight der Ausstellungslandschaft ist das große Korallenriff-Aquarium. Mit lebenden Tieren erhält man einen Eindruck, wie es vor rund 380 Millionen Jahren in der Region ausgesehen haben mag. Damals war Nettersheim von einem (sub-)tropischen Meer bedeckt, in dem sich weitläufige Riffe gebildet haben. Die versteinerten Reste dieser Lebewesen, sogenannte Fossilien, sind im Haus der Fossilien zu bestaunen. Alternativ kann man sich bei einer geführten Veranstaltung oder eigenständig auf den Weg zum Fossilienacker machen und seine eigenen Schätze aus der Vergangenheit suchen, finden und mit nach Hause nehmen. Neben den genannten Ausstellungen findet man im Naturzentrum Eifel, dem

Herzstück des Naturerlebnisdorfes Nettersheim, auch einen Museumsshop mit regionalen Souvenirs für Groß und Klein sowie die Tourist-Information. Hier können sich Gäste ganzjährig zu den vielfältigen Wander- und Radwegen durch die wunderschöne Landschaft der Nordeifel beraten lassen.

Denn auch dafür steht das Naturzentrum Eifel: aktiv draußen die Natur zu erleben und Schätze zu finden. In vielfältigen Programmen, Workshops und Exkursionen werden einzigartige Lernerfahrungen, die darauf abzielen, bei Menschen aller Altersgruppen das Bewusstsein für die Umwelt zu wecken, geboten. Gemeinsam mit anderen Interessierten und Gästen im Rahmen des bunten Jahresprogramms oder individuell auf Sie zugeschnitten: Für alle gibt es in

und um das Naturerlebnisdorf Nettersheim Tolles zu entdecken und zu erleben. Auch für Schulklassen und andere Gruppen werden spezielle Programme nach Wunsch angeboten.

Die interdisziplinäre Vermittlung von Ökologie, Geologie und Archäologie sowie die Herangehensweise, Wissen durch direktes Erleben zu vermitteln, intensiviert das Lernen, wodurch nachhaltige Bildung entsteht. Dieses langjährige Engagement, in nachhaltige Bildung zu investieren, wurde jetzt gewürdigt, indem das Naturzentrum Eifel im November 2023 nicht nur erneut als BNE-Regionalzentrum ausgezeichnet worden ist, sondern weiterhin als Einrichtung auf Landesebene für seine Arbeit im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung zertifiziert wurde.

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Erleben im Archäologischen Landschaftspark

Die Herangehensweise, Wissen durch direktes Erleben zu vermitteln, hat sich als äußerst wirkungsvoll erwiesen. Besuchende haben die Möglichkeit, die Natur hautnah zu erleben, was das Lernen intensiver macht. Ob es um die Erkundung der lokalen Flora und Fauna auf dem Schmetterlingspfad geht oder um kulturelle Veranstaltungen, die die römische Zeit in der Region zum Leben erwecken – das Naturzentrum Eifel bietet ein umfassendes Programm, das Inspiration und Bildung vereint. Dabei ist das Motto "Begreifen durch Erleben" der Leitgedanke aller Aktivitäten.

Ein weiteres Highlight bildet der Archäologische Landschaftspark in Nettersheim, in dem die Spuren der römischen Besiedlung Nettersheims durch Teilrekonstruktionen erlebbar gemacht worden sind. Auf einem 4,5 km langen Rundwanderweg, der am Naturzentrum Eifel startet, können die Besuchenden die römische Geschichte des Ortes entdecken.

Der Wanderpfad führt an verschiedenen Stationen vorbei, welche die römische Geschichte lebendig werden lassen. Die Teilrekonstruktionen helfen den Besuchenden dabei, die Bebauung in der römischen Zeit zu visualisieren. Diese beruhen auf archäologischen Erkenntnissen, die Archäolog*innen seit 2009 erlangt haben und so den Archäologischen Landschaftspark in Nettersheim zu einem authentischen Erlebnis der römischen Epoche werden lassen.

Herzstück der Wanderung ist der römische vicus, welcher durch zahlreiche Streifenhäuser geprägt war. Er liegt an der Agrippa-Straße, die in der römischen Zeit Teil einer wichtigen Verbindung war und die Provinzhauptstadt Colonia Claudia Ara Agrippinensium, das heutige Köln, und Augusta Treverorum, das heutige Trier, verband. Ein weiteres Highlight des Rundweges bildet das Matronenheiligtum, welches auch noch heute eine besondere Aura versprüht und seit jeher die Besuchenden zum Entdecken einlädt. Auf den Spuren der römischen Geschichte gelangen die Besuchenden auch zu der Teilrekonstruktion eines spätantiken Kleinkastells, durch das die römische Straße geführt hat.

Unterstützt wird die Wanderung durch die landschaftliche Schönheit, in die sich der Archäologische Landschaftspark einbettet. Sie bietet eine perfekte Kulisse, um in die Vergangenheit einzutauchen und gleichzeitig die Gegenwart zu genießen.

Kurzum: Das Naturerlebnisdorf Nettersheim ist mit dem Naturzentrum Eifel, dem Haus der Fossilien, dem Archäologischen Landschaftspark und vielem mehr ein Ort des Eintauchens, des Entdeckens und schlussendlich des Begreifens für Besuchende jeden Alters.

Unterkünfte

Seit kurzem steht Nettersheim auch für einen einzigartigen Blick in den Sternenhimmel der Region. Der Sternenblick, der in Kooperation mit Naturpark Hohes Venn – Eifel entstanden ist, eröffnet die Möglichkeit, die Milchstraße und zahlreiche Sternenbilder mit bloßen Augen zu erkennen. Um diese Erfahrung stressfrei genießen zu können, finden Besuchende in Nettersheim unterschiedliche Übernachtungsmöglichkeiten.

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, im Jugendgästehaus zu nächtigen, welches besonders interessant für größere Gruppen oder Schulklassen ist. Das Jugendgästehaus liegt zentral und ruhig im Ortskern von Nettersheim und bietet die Möglichkeit der Vollverpflegung und vielem mehr, sodass man sich um nichts mehr kümmern muss.

Und wenn es eine Übernachtung der besonderen Art sein soll, dann können Gruppen in einem Zimmer des neu sanierten Klosters einchecken. Hier übernachtet man in wunderschönen, komfortablen Zimmern und kann den Tag gemütlich ausklingen lassen.

Linke Seite, oben: Teilrekonstruktion eines römischen Streifenhauses

Mitte, oben: Fossilien auf dem Fossilienacker im Naturerlebnisdorf Nettersheim

Mitte, unten: Die Würfel zeigen eine Auswahl der 17 globale Nachhaltigkeitsziele

Rechts: „Begreifen durch Erleben“ im Archäologischen Landschaftspark

Rechte Seite, oben: Teilrekonstruktion des Matronenheiligtums und Weihestein für die Matronen

Mitte: Außenansicht der historischen Werkhäuser

Unten: Einblick in ein Gästezimmer der historischen Werkhäuser

Fotos: © Naturzentrum Eifel

So laden drei Gästezimmer in den historischen Werkhäusern, im Archäologischen Landschaftspark, mitten in der Natur, in besonderer Atmosphäre zum Entspannen ein. Die zugehörige Terrasse, auf der man dem Plätschern des Baches lauschen kann, ist ein wundervoller Ort, um vom Alltag Abstand zu nehmen.

Das Eifelhaus befindet sich ebenfalls mitten in der Natur und bietet Platz für Gruppen bis zu 36 Personen, die sich selbst versorgen möchten – der perfekte Ort, um in privater Atmosphäre das Erlebte Revue passieren zu lassen.

Kommen Sie gerne vorbei und entdecken Sie Natur, Archäologie und Erdgeschichte in einer einzigartigen Kombination – hier bei uns im Naturerlebnisdorf Nettersheim. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

Naturzentrum Eifel

Urftstraße 2-4

53947 Nettersheim

Tel. 02486/1246

naturzentrum@nettersheim.de www.naturzentrum-eifel.de

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Von Zuckerprinzen und Staubhexen

Eine Reise durch die Geschichte der Haushaltswaren im Museum der Bayerischen Metallwarenfabrik Nürnberg

Autorin: Dr. Isabel Fürsattel

Die Bayerische Metallwarenfabrik GmbH Nürnberg, kurz BMF wurde am 2. April 1902 von den beiden Freunden Hans Wagner, Handelsvertreter, und Willy Gundel, Kaufmann, gegründet. Die im Stadtteil Johannis ansässige Firma produzierte „Luxus- und Gebrauchsgegenstände“ und gehörte jahrzehntelang zu den führenden Unternehmen der metallverarbeitenden Branche in Nürnberg.

Sie überdauerte zwei Weltkriege und drei Unternehmergenerationen und entwickelte sich von einem metallverarbeitenden Kleinbetrieb im Laufe der Jahrzehnte zu einem international tätigen Geschenkartikelhersteller. 1991 wurde das Familienunternehmen verkauft, 1998 musste der neue Eigentümer Konkurs anmelden.

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Zum 101. Jahrestag im April 2003 wurde in drei Räumen des ehemaligen Firmengebäudes das BMF-Museum errichtet. Auf über 250 qm wird die Firmengeschichte der BMF dokumentiert. Produktentwürfe, Firmenkataloge und zahlreiche historische Erzeugnisse erinnern an die Bedeutung der Bayerischen Metallwarenfabrik. Anhand von Produktbeispielen aus über 100 Jahren lässt sich die Entwicklung von Geschmack, Design und Tafelkultur des vergangenen Jahrhunderts ablesen.

Spiegelbild der Gesellschaftsentwicklung

Zu Beginn vertrieb die BMF neben zugekauften Artikeln in erster Linie selbst produzierte Silberwaren, Tafelgeräte und galvanisierte

Haushaltswaren. Zeitverzögert spiegelte das Sortiment das Stilempfinden und Bedürfnis gutbürgerlichen Wohnens zwischen dem Ende des oft pompösen Historismus und dem Beginn des Jugendstils wider. Zum 25-jährigen Jubiläum ist dieser passé und

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es dominiert die Reinheit der (Zweck-)Form. Neben Nickel und Messing sind Glas und Steingut bevorzugte Materialien der 20er und 30er Jahre.

Das „Nierentischzeitalter“ der 50er Jahre findet sich auch in schrägen Mustern und asymmetrischer Formensprache der Haushaltsgegenstände. Zwischen 1950 und 1980 war die Blütezeit des Unternehmens. Zu Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders waren Teewagen und Cocktailshaker en vogue, man feierte das Leben und die BMF produzierte dazu die passenden Gerätschaften.

Bestseller Bierseidel

Das Unternehmen war nie ein Vorreiter in der Design-Entwicklung: man nahm den Stil der Zeit auf und setzte ihn meist zeitverzögert in der Produktgestaltung um. Richtete man sich in den Anfangsjahren an ein gut betuchtes Bürgertum, waren die 80er Jahre gekennzeichnet durch eine Orientierung am Massenmarkt – was nicht zuletzt den gestiegenen Lohnkosten in Deutschland und der damit einhergehenden

Linke Seite (oben), Rechte Seite oben rechts: Austellung. Das Museum befindet sich in der früheren BMF Fabrik

Linke Seite, unten: Der bmf candleholder - heute wie damals beliebt

Rechte Seite, oben links: Zuckerstreuer „Zuckerprinz"

Mitte, links: Glamouröser Cocktail Shaker aus Glas und glänzendem Stahl

Mitte, rechts: Eiskübel mit kunstvollem Perlschliff

Fotos: © BMF Museum

Produktionsverlagerung Richtung Asien geschuldet war. Den größten Umsatzhit landete man in den 70er Jahren mit den patentierten bedeckelten Bierseideln, die es in unzähligen Varianten gab.

Die Produktpalette der Firma BMF umfasste ein breites Spektrum und reicht von Haushaltsgegenständen über Geschirr bis hin zu Kleinmöbeln, von A wie Alkoholtester bis Z wie Zigarettenständer. Dabei feiert fast jeder Besucher auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten: zahlreiche Artikel - vom Cocktailshaker über den „Zuckerprinz“ und Tortenplatten bis zu unterschiedlichsten Bierseideln - kennen viele aus dem eigenen Haushalt (oder dem der Eltern und Großeltern). Während man über manche geschmacklichen Vorlieben aus heutiger Sicht eher den Kopf schüttelt, sind andere

inzwischen fast Kult – oder erleben ein Revival wie jüngst der „Combi-Leuchter“, ein ikonisches Design der 70er, das gut 50 Jahre nach seiner Markteinführung nun von einem kleinen Dänischen Startup (STOFF Nagel) als bmf candleholder wieder produziert wird.

Öffnungszeiten: Sonntags von 14 bis 18 Uhr oder nach Vereinbarung. Auf Wunsch werden auch Führungen angeboten. Die Museumsräumlichkeiten können für Veranstaltungen gemietet werden.

Museum der Bayerischen Metallwarenfabrik Wiesentalstraße 34 90419 Nürnberg info@bmf-museum.de www.bmf-museum.de

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10 Jahre Kunstvilla

Das Kunstmuseum der Stadt Nürnberg feiert Jubiläum. Autorin: Dr. Andrea Dippel

Die im Jahr 2014 eröffnete Kunstvilla schloss eine Lücke in der Nürnberger Museumslandschaft und attraktiviert seitdem den heute von Neubauten geprägten, einst herrschaftlichen Stadtteil Marienvorstadt. Aufgrund ihrer Geschichte als Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Hopfenhändler- und Bankiersvilla aus jüdischem Besitz stellt die Kunstvilla nicht nur ein unter Denkmalschutz stehendes, aufwendig saniertes Gebäude, sondern auch ein historisches Denkmal für die jüdische Geschichte Nürnbergs dar.

Die Kunstvilla betreut als Kunstmuseum der Stadt Nürnberg die regionalen Bestände der städtischen Kunstsammlungen von Künstlerinnen und Künstlern ab Geburtsdatum 1880 bis in die Gegenwart. Vom geschätzten Anfangsbestand mit rund

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1.500 Werken konnten bislang fast 850 wissenschaftlich bearbeitet werden. Seit 2011 wird die Sammlung vornehmlich durch Schenkungen und Stiftungen, vereinzelt durch Ankäufe, kontinuierlich erweitert, sodass der Bestand inzwischen bei 5.500 Kunstwerken liegt. Durch eine einerseits zielgerichtete und andererseits restriktive Sammlungspolitik konnte die Qualität der Sammlung, deren Bestände zuvor vor allem zur Ausstattung der Verwaltung von der Stadt erworben worden waren, gesteigert werden.

Das Ziel, mit der Sammlung die Kunstgeschichte Nürnbergs in der Moderne abzubilden, wird mit jedem Zugang weiter vervollständigt. Dabei wird die zuvor fast ausschließlich aus Gemälden und Skulpturen

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bestehende Sammlung gattungsübergreifend zunehmend neuen Medien, Techniken und Materialien geöffnet.

Zur Erforschung der Bestände dienen umfangreiche wissenschaftliche Projekte, zuletzt zur Nürnberger Kunst während der Zeit des Nationalsozialismus. Um den historischen Bestand zu bewahren, werden kontinuierlich Restaurierungsmaßnahmen vergeben. Forschung, Bewahrung und Interpretation münden schließlich in Ausstellungsprojekte, von welchen die Kunstvilla seit ihrem Bestehen rund 40 zeigen konnte: von kleinen monografischen Einraumausstellungen bis zu großen Gruppenausstellungen mit über 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Dabei steht der Wechsel von historischen Ausstellungen und der Präsentation von Gegenwartskunst im Mittelpunkt. Ebenso liegt ein Fokus auf der Zusammenarbeit mit Nürnberger Künstlergruppen. Zu allen Ausstellungen finden zahlreiche Begleitveranstaltungen statt, darunter Ausstellungsführungen, Künstlergespräche, Performances und Konzerte.

Linke Seite, oben: Die Kunstvilla im Jahr ihrer Eröffnung 2014, © Kunstvilla/Stadt Nürnberg, Foto: Annette Kradisch

Unten: Das Team der Kunstvilla, 2024, © Kunstvilla/Stadt Nürnberg, Foto: Wolfgang Gillitzer

Rechte Seite, oben: Die Dauerausstellung in der Kunstvilla zeigt Nürnberger Kunst von 1900 bis in die Gegenwart, hier Werke von Hans Peter Reuter, Franz Vornberger und Toni Burghart © Kunstvilla/Stadt Nürnberg, Foto: Annette Kradisch, für die Werke von Hans Peter Reuter und Toni Burghart © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Mitte: Ansicht der Ausstellung „Naturstoff / Kunststoff – Materialität in der Nürnberger Kunst" mit Werken von Joachim Kersten, Reiner Bergmann und Fred Ziegler, 2022, © Kunstvilla/Stadt Nürnberg, Foto: Annette Kradisch

Links: Peter Gahn, Vom Öffnen des Ortes, Ausstellungsansicht in Seoul, 2023, © Kunstvilla/Stadt Nürnberg, Foto: Sangtei Kim

Im Jubiläumsjahr zeigt die Kunstvilla vom 2. Juni bis 22. September 2024 die große Sonderausstellung „auf den Weg gebracht – 10 Jahre Kunstvilla“ und verbindet damit einen Rückblick mit einer Vorschau, wohin sich die Institution noch entwickeln kann. In den zehn Jahren ihres Bestehens hat die Kunstvilla über 400 künstlerische Positionen aus Vergangenheit und Gegenwart präsentiert, davon Werke von rund 180 lebenden Kunstschaffenden. Diese wurden im Vorfeld gebeten, Künstlerinnen und Künstler vorzuschlagen, die bislang noch nicht in der Kunstvilla zu sehen waren. Aus diesem erweiterten Spektrum wurde eine kuratorische Auswahl getroffen.

Während in der Dauerausstellung zeitgenössische Interventionen die historischen Werke

auf ihren Gegenwartsbezug hin befragen, werden im Sonderausstellungsbereich Leihgaben als Kommentar zur bestehenden Sammlung arrangiert.

Fotografische Porträts von Nürnberger Künstlerinnen und Künstlern von Stephan Minx und Maria Bayer, Fotografien der Gruppe DAMN sowie Sound-Installationen von Peter Gahn und Adam Cmiel runden die Jubiläumsschau ab.

Kunstvilla im KunstKulturQuartier Blumenstraße 17 90402 Nürnberg

Tel. 0911/231-15893 kunstvilla@stadt.nuernberg.de www.kunstvilla.org

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Das Jüdische Museum Franken in Fürth, Schnaittach und Schwabach

Das Jüdische Museum Franken lädt an seinen Standorten in Fürth, Schnaittach und Schwabach Besucher:innen ein, in beeindruckenden historischen Häusern die fast tausendjährige fränkisch-jüdische Geschichte authentisch zu erleben. Autorin: Carolin Ordosch

Wenn es unter den Schuhen hörbar knirscht, es mit jedem Schritt dunkler und kühler wird und ein feucht-erdiger Geruch in die Nase steigt – dann befindet man sich auf dem Weg zum historischen Ritualbad im Keller des Fürther Museums.

Der jüdische Kaufmann und Vorsteher der jüdischen Gemeinde, Hirsch Fromm, hatte das Ritualbad im stattlichen Vorderhaus 1702 errichtet. Heute befindet sich das Museum in diesem ehemaligen jüdischen Wohnhaus sowie weiteren historischen Anbauten aus dem 18. Jh., in denen noch mit zwei Laubhütten existieren. Anhand von Judaika und Alltagsgegenständen erzählt das Jüdische Museum Franken in Fürth von der Geschichte und Gegenwart jüdischen Lebens in Franken. Im 2018 errichteten Neubau präsentiert das Museum Wechselausstellungen.

Dort lohnt es sich, bei einem Cappuccino und einem Stück traditionellen Zitronenkuchen nach jüdischem Rezept im Mary S. Rosenberg Café oder im Alfred Heilbronn Museumsgarten eine kleine Pause zu gönnen. In der Jakob Wassermann Buchhandlung und dem Museumsshop lädt ein vielfältiges Sortiment an Literatur und Souvenirs zum Stöbern ein.

Jüdisches Leben auf dem Land

Das Jüdische Museum Franken in Schnaittach wurde in der 1570 erbauten Synagoge mit angegliedertem Rabbinerhaus und Ritualbad eingerichtet.

Die prachtvolle Schnaittacher Synagoge ist in Deutschland einzigartig. Denn sie besteht aus einer sogenannten Männerschul und einer Frauenschul, die sich auf gleicher Ebene befinden. Mit seinem historischen Bau und seiner beeindruckenden Sammlung legt das Museum seinen Fokus auf das Landjudentum.

Auch im Schnaittacher Museum befindet sich im Keller ein historisches Ritualbad (Mikwe). Es ist das einzige vollständig erhaltene Ritualbad in Schnaittach. Für alle, die sich für das Leben auf dem Land interessieren, ist das JMF Schnaittach eine unverzichtbare Station.

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Im gleichen Gebäude befindet sich das Schnaittacher Heimatmuseum mit einer bedeutenden Sammlung zur Regionalgeschichte.

Kleinod europäisch-jüdischen Kulturerbes: die Laubhütte

Mitten in der historischen Synagogengasse, wo einst Moses Löw Koppel Ende des 18. Jahrhunderts mit seiner Familie wohnte,

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befindet sich seit das Jüdische Museum Franken in Schwabach. Im Wohnhaus der Koppels wurde bei Sanierungsarbeiten ein wahres Kleinod europäisch-jüdischen Kulturerbes wiederentdeckt: eine historische Laubhütte mit eindrucksvoller Wandmalerei aus spätbarocker Zeit und einzigartigem Symbolgehalt. Der Symbolgehalt der Wandmalerei ist in Westeuropa einzigartig.

Die Ausstellung vermittelt anhand der historischen Bauspuren und durch animierte Filme die Bedeutung des Laubhüttenfests, die Hausgeschichte sowie die jüdische Geschichte Schwabachs. Jährlich wechselnde

Sonderausstellungen im ersten und zweiten Obergeschoss vertiefen weitere Aspekte jüdischer Geschichte und Kultur. Zur Erkundung der Geschichte in und um der Schwabacher Synagogengasse herum bietet das Jüdische Museum seinen Besucher:innen die Synagogengasse-App (google play) an.

Linke Seite, oben: Die Mikwe im Jüdischen Museum Franken in Schnaittach Foto: © Jüdisches Museum Franken, Christian Schuster

Unten: Entspannte Atmosphäre im Museumsgarten im Jüdischen Museum Franken in Fürth Foto: © Jüdisches Museum Franken, Annette Kradisch

Rechte Seite, oben: Menora in Dino-Optik zu Chanukka Foto: © Jüdisches Museum Franken, Annette Kradisch

Mitte: Löw Koppels Laubhütte am Schwabacher Standort Foto: © Jüdisches Museum Franken aus Buchstabenschubser Schwabach

Unten: Einblick in die Laubhütte in Fürth Foto: © Jüdisches Museum Franken, Annette Kradisch

Jüdisches Museum Franken – Fürth Königstraße 89

Tel. +49 (0)911 950 988 - 0

Jüdisches Museum Franken – Schnaittach Museumsgasse 12-16

Tel. +49 (0)9153 - 7434

Jüdisches Museum Franken – Schwabach Synagogengasse 10a

Tel. +49 (0)9122 886 210 - 0

info@juedisches-museum.org www.juedisches-museum.org

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Das Dichterhaus Brückner-Kühner in Kassel

Die belebte Gedenkstätte

Autorin: Amina Nidens

Das unscheinbare Häuschen im Kasseler Auefeld könnte man fast übersehen. Nur ein kleines Schild weist darauf hin, was es birgt: Den ehemaligen Wohn- und Arbeitsort des Dichterpaares Otto Heinrich Kühner und Christine Brückner, die neben ihren zahlreichen Texten nach ihrem Tod 1996 auch das Dichterhaus Brückner-Kühner und die nach ihnen benannte Stiftung hinterließen. Während es in anderen Gedenkstätten heißt, „Bitte nicht berühren“, lädt das Dichterhaus dazu ein, es sich gemütlich zu machen und die vollen Bücherregale, Möbel, Gegenstände und Gemälde zu bestaunen. Das Haus wirkt, als wäre das Paar gerade eben noch dort gewesen – sogar Christine Brückners Brille liegt noch auf ihrem Schreibtisch, ebenso aktuelle Briefe, die ihr immer noch geschickt werden. An diesem Tisch hat sie die bekannte „Poenichen-Trilogie“ oder „Wenn du geredet hättest Desdemona, ungehaltene Reden ungehaltener Frauen“ verfasst.

Im ehemaligen Arbeitszimmer von Kühner, wo der Autor und Maler seine humoristischen Gedichte („Pummerer“) und Er-

Oben: Wohnzimmer

Unten: Schreibtisch von Christine Brückner

Fotos: © Gerd Aumeier

zählwerke (zuletzt: „Mein Eulenspiegel“) verfasste, wird auch heute noch täglich gearbeitet: Hier befindet sich mittlerweile das Büro der Stiftung Brückner-Kühner. Nur das ehemalige Schlafzimmer des Schriftstellers ist nicht zu besichtigen. Dank des Residenzprogramms „Hafen der Zuflucht Hessen“ finden hier bedrohte Autor*innen im Exil Ruhe und Raum, ihre Arbeit fortzuführen.

Auch der literarische und kreative Geist des Dichterpaares lebt in der Stiftung Brückner-Kühner aktiv fort: Die Stiftung übersetzt vom Dichterhaus aus durch zahlreiche

Projekte zu komischer Literatur („Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor“), der Vermittlung zeitgenössischer Dichtkunst und dem neuen Projekt der „Ungehaltenen Reden ungehaltener Frauen“ sowie durch das Betreiben eines HÖR.SPIEL Museums das Wirken der beiden Autoren ins Heute und ist damit ein wichtiger Akteur der Kasseler wie der überregionalen Literatur-Landschaft.

Christine Brückner und Otto Heinrich Kühner verband die Liebe zu Literatur, zum Humor, die persönliche Liebe zueinander und auch die Lebenszeit: Ihre Grabsteine ziert dasselbe Geburts- und Todesjahr (1921–1996); beide verstarben kurz nacheinander an derselben Krankheit – eine wahre Seelenverwandtschaft. Diese und weitere, teils anrührende, teils kuriose Geschichten wissen die Mitglieder des engagierten Freundeskreises der Stiftung zu berichten, die Interessierten nach Voranmeldung sowie beim „Offenen Dichteraus“ an jedem ersten Montag im Monat die Wohnräume und das Leben der Autoren näherbringen. Nicht zuletzt diese Zeitzeugen-Berichte erwecken das schreibende Paar wieder zum Leben – eine unbezahlbare Erfahrung.

Dichterhaus Brückner-Kühner Hans-Böckler-Str. 5, 34121 Kassel Tel. 0561/24304 post@brueckner-kuehner.de https://dichterhaus.net

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HÖR.SPIEL Museum der Stiftung Brückner-Kühner

Vom Museum zum Tonstudio

Autorin: Julia Blando

Im Dezember 2023 hat die Stiftung Brückner-Kühner im Herzen Kassels das HÖR. SPIEL Museum eröffnet, in dem vor allem Kinder, aber auch Erwachsene spielerisch in die Welt des auditiven Mediums eintauchen können.

Entwickelt wurde es 2021 von der Schauspielerin und Regisseurin Sandra Keck zusammen mit der „Hörspielkönigin“ Heikedine Körting, erfolgreichste Hörspielproduzentinnen der Welt („Die drei ???“, „TKKG“, „Hanni und Nanni“ etc.). Nun konnte die Stiftung Brückner-Kühner das interaktive Museum ins wunderschöne Kasseler Palais Bellevue holen.

fende Geräusch-Welten hergestellt, was die Vorstellungskraft für eigene Geschichten angeregt. An der Stummfilm-Station ist Timing gefragt: Hier müssen die richtigen Geräusche in der richtigen Sekunde gefunden und abgespielt werden, damit „Dick und Doof“ einen ordentlichen Soundtrack bekommen. Das riesige Europa-Telefon lässt berühmte Stimmen von Karla Kolumna, Justus Jonas oder Hui Buh hören und stellt die Sprecher*innen vor, deren Namen

HÖR.SPIEL Museum

Fotos: © Anja Köhne

Lange Infotexte gibt es im HÖR.SPIEL Museum nicht, spannende Details über professionelle Hörspielproduktionen und die Geschichte von „Die drei ???“ lässt man sich über Kopfhörer aus alten Radios vorlesen: Wir feiern 100 Jahre Radio und Hörspiel. Wer eine Pause braucht, zieht sich mit einer Folge „TKKG“ oder „Fünf Freunde“ auf den Ohren zurück.

Vier Stationen laden in den zwei großzügigen Räumen des Barock-Palais zum Mitspielen ein. In der Geräusche-Werkstatt werden mit Alltagsgegenständen verblüf-

und Gesichter sonst oft verborgen bleiben. An der Aufnahmestation kann dann alles, was bis hierhin eingeübt und ausprobiert wurde, für die eigene Hörspielproduktion angewandt werden: Dank Sound-Pad, Effektgerät, atmosphärischen Musiken und vorbereiteten Texten wird das Museum zum Tonstudio – natürlich kann auch selbstgeschrieben oder improvisiert werden.

Generationsübergreifend vermittelt das Museum einen spielerischen und aktivierenden Zugang zum Medium Hörspiel und zur Sensibilisierung für die akustische Wahrnehmung im Allgemeinen, regt die Kreativität und das Miteinander an – ein Erlebnis für die ganze Familie! Begleitet wird die Dauerausstellung, die am Wochenende frei zugänglich und unter der Woche für Gruppenführungen geöffnet ist, aktuell durch ein vielfältiges Abendprogramm aus Live-Hörspiel, zeitgenössischen Hörstücken mit Artist-Talk und Filmvorführungen. Workshops zum Thema Medienkompetenz, Podcast und Geschichtenerfinden sollen zukünftig auch angeboten werden.

HÖR.SPIEL Museum

im Palais Bellevue Schöne Aussicht 2, 34117 Kassel bellevue@brueckner-kuehner.de Tel. 0561 - 24304 brueckner-kuehner.de/hoerspiel-museum

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die reich verzierten „Colectivo“-Busse über Jahrzehnte wichtige Bestandteile des Personennahverkehrs. Foto: ©

Mercedes-Benz Museum, Raum Collection 1: Galerie der Reisen. Omnibus Mercedes-Benz LO 1112 aus dem Jahr 1969. In Buenos Aires, Argentinien, sind Mercedes-Benz Group Anzeige

Was haben ein Mercedes-Benz Bus und Tango gemeinsam?

Stuttgart. „Close-up“ – der Name der Serie des Mercedes-Benz Museums ist Programm. Jede Folge erzählt Überraschendes, Spannendes, Hintergründiges. Dazu wirft sie den Spot auf Details eines Fahrzeugs, Ausstellungsexponats oder eines Elements von Architektur und Gestaltung. Diesmal im Blick: der Omnibus Mercedes-Benz LO 1112 aus dem Jahr 1969.

Publikumsliebling: Mit seinen zahllosen farbenfrohen Details und Motiven zieht der Mercedes-Benz LO 1112 fast magisch die Blicke an im Raum Collection 1: Galerie der Reisen – denn so auffällig wie dieser bunte Bus ist kein anderes Exponat des Mercedes-Benz Museums. Und dann auch noch in XXL-Größe.

Wahrzeichen: Der LO 1112 stammt aus Argentinien. Gestaltet ist der Omnibus im „Fileteado porteño“-Stil. Diese künstlerische Tradition an Fahrzeugen des Personentransports in Buenos Aires mit Schnörkeln, Girlanden, Blumen und Symbolen in bunten Farben entsteht Ende des 19. Jahrhunderts und ziert zunächst Pferdekutschen. Diesen dient „Fileteado porteño“ sogar als Diebstahlsicherung, weil jede Kutsche einzigartig ist. Später

führen Busse die Tradition weiter, gehören jahrzehntelang zum Straßenbild der argentinischen Hauptstadt und sind Anziehungspunkte für Touristen.

Bedeutung: Die UNESCO schätzt „Fileteado porteño“ als so bedeutsam ein, dass sie den Stil im Dezember 2015 zum immateriellen Kulturerbe erklärt. Wie bereits 2009 eine weitere argentinische Tradition: den Tango.

Linke Seite, oben: Bis in die 1980er-Jahre hinein prägen individuell gestaltete Mercedes-Benz Omnibusse das Stadtbild von Buenos Aires, Argentinien. Betrieben von „Colectivos”, sind sie über Jahrzehnte ein Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs. Foto aus „Mercedes-Benz in aller Welt“, Ausgabe 6/1986

Unten: Reich verzierte „Colectivo“-Busse. Foto von Lenkrad und Cockpit

Rechte Seite: Frontansicht Fotos: © Mercedes-Benz Group

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Weltgewandt: Der LO 1112 gehört zu den beliebten Kurzhaubern, die Mercedes-Benz ab den 1950er-Jahren als Lastwagen und für den Export als Busse baut. Sie gelten als unverwüstlich und sind auf der ganzen Welt hochgeschätzt.

Ihr freundliches Gesicht mit den runden Scheinwerfern, geschwungenen Kotflügeln und dem großen Mercedes-Stern im Kühlergrill ist eine sympathische Erscheinung. Das „L“ in der Modellbezeichnung LO 1112 steht übrigens für „Lastwagen“ und das „O“ für Omnibus.

Elf Tonnen Gesamtgewicht hat der Bus im Mercedes-Benz Museum. Die „12“ steht für die Motorleistung in der alten Einheit: 88 kW (120 PS) treiben das Fahrzeug an. 5.338 LO 1112 werden zwischen 1965 und 1973 produziert.

Alltagshelfer: Den LO 1112 des Mercedes-Benz Museums erwirbt 1969 Hector Prieto und bedient damit zusammen mit Kollegen die Linie 6. Denn da es in Buenos Aires keine städtischen Verkehrsbetriebe gibt, schließen sich Fahrer mit jeweils einem Bus zusammen und richten gemeinsam einen Regelbetrieb auf einer Linie ein: die „Colectivos“. Zu verlässlichen Zeiten verkehren sie auf den Straßen der Hauptstadt und bilden das Rückgrat des Personennahverkehrs. Die farbenfrohe Gestaltung dient zugleich der Werbung: Denn auf den lukrativen Linienrouten durch die argentinische Hauptstadt fährt nicht nur eine Unternehmergemeinschaft, sondern mehrere Gruppen konkurrieren miteinander. Jede Fahrerin und jeder Fahrer arbeitet mit Auffälligkeit und Sympathiewerten, um möglichst viele Passagiere anzuziehen. Denn dann klingelt die Kasse.

Lokalmontage: Gebaut wird der LO 1112 auf einem Lastwagenfahrgestell aus Deutschland mit einer landestypischen Omnibuskarosserie im Mercedes-Benz Werk Buenos Aires. Dieses wird vor gut 70 Jahren gegründet und ist das älteste Auslandswerk des Unternehmens. Die mit

Linke Seite, links: Schriftzug „Gracias Hector“ auf der Heckstoßstange

Unten: Porträtgemälde des Tangostars Carlos Gardel am Fahrzeugheck

Rechts 1: Glückssymbol Würfelspiel

Rechts 2: Glückssymbol Zauberutensilien

Rechts 3: Typenplakette

Rechts 4: Peilstab von oben mit Mercedes-Stern

Rechte Seite: Blick durch den Mittelgang nach vorn Fotos: © Mercedes-Benz Group

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Abstand meisten „Colectivos“ entscheiden sich für einen Omnibus von Mercedes-Benz – der Marktanteil beträgt über Jahrzehnte rund 90 Prozent.

Aufwand: Prieto lässt das Fahrzeug außen wie innen individualisieren. Kaum eine sichtbare Fläche bleibt unbehandelt. Farben und Chrom sowie in einige Fenster eingeschliffene Muster machen aus dem LO 1112 ein Kunstwerk auf Rädern. Zum Dekor gehören besonders viele Mercedes-Sterne, ein schönes Zeugnis für die hohe Markenaffinität und den Stolz des Besitzers. Sein Unternehmen heißt „Transportes La Perlita S.A.“, wie es auf die Seitenflanke gemalt ist.

Individualisierung: Charakteristisch für Prietos Bus sind die zahlreichen aufgemalten Glückssymbole an der Außenhaut und im Inneren, Spielkarten und Würfel etwa oder Zauberutensilien. So wird der Bus zum Glücksbringer für Fahrer und Fahrgäste gleichermaßen. Prieto selbst legt jeden Tag zahllose Male seine rechte Hand auf eine Christusfigur: Diese ist im Schaltknauf untergebracht. Und am Heck prangt – verbreitet

im Fileteado – ein Bild von Carlos Gardel, einer Ikone des Tangos. Obwohl Ende der 1960er-Jahre schon über 30 Jahre tot, ist der Sänger und Komponist ein Sympathieträger sondergleichen in Argentinien.

Niedergang und Aufschwung: Das Aus für die klassischen „Colectivos“ kommt 1975. Die Stadtverwaltung verbietet Busse im „Fileteado porteño“-Stil, um den öffentlichen Personenverkehr zu standardisieren. Nach und nach lässt die Zahl der bunten Busse in Buenos Aires nach. Auch Prieto mustert 1984 sein Schmuckstück nach 15 Dienstjahren aus. Über viele Jahre steht der prächtige LO 1112 in einem Depot. 2006 hebt die Stadtverwaltung das Verbot des „Fileteado porteño“ zwar auf, doch da hat der Bus längst eine neue und außergewöhnliche Bestimmung gefunden: Als Mercedes-Benz den Museumsneubau plant und Exponate mit besonderer Biografie sucht, wird Prieto, längst ein erfolgreicher Busunternehmer mit einer großen Fahrzeugflotte, aktiv: Er lässt den Bus 1999 komplett restaurieren und im einstigen Glanz erstrahlen. Noch im selben Jahr tritt das Schmuckstück die Schiffsreise nach Europa an, rollt schließlich auf eige-

ner Achse in Stuttgart ein und gehört seit Oktober 2000 zur Fahrzeugsammlung von Mercedes-Benz Classic.

Besuch aus Buenos Aires: Der LO 1112 ist seit der Eröffnung des Mercedes-Benz Museums im Mai 2006 dort ausgestellt. Ehrengast damals: Hector Prieto. Er ist mit seiner Familie aus Argentinien angereist und überzeugt sich vor Ort von der Präsentation in der Dauerausstellung. Und freut sich, dass sein Bus mit der bunten Bemalung wie zuvor in Buenos Aires die Gäste anzieht. Ewiger Gruß inklusive: Auf der Heckstoßstange hat sich der Unternehmer selbst per fein gemaltem Schriftzug verewigen lassen. „Gracias Hector“ steht dort – der zitierte Dank seiner zufriedenen Kundschaft, wenn sie ausgestiegen ist und sich der bunte Bus davonfahrend von ihnen verabschiedet.

Mercedes-Benz Museum

Mercedesstraße 100 70372 Stuttgart

Tel. 0711 - 17 30 000 classic@mercedes-benz.com www.mercedes-benz.com/museum

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Das rock´n´popmuseum in Gronau

Das einzigartige rock´n´popmuseum in Gronau – Wie ein Live-Konzert mit der ganzen Familie

Das rock’n’popmuseum in Gronau erzählt bereits seit 2004 die Kulturgeschichte der Popularmusik des 20. Jahrhunderts. Seit Ende 2018 erstrahlt das historische Gebäude in neuem Glanz: Hören, Sehen, Fühlen ist das Motto des Museums. In diesem einzigartigen Museum dürfen sich die Besuchenden auf einen thematisch und gestalterisch faszinierenden Gang durch die Dimensionen der Popmusik freuen. In der Ausstellung finden alle Altersgruppen ein multimediales Erlebnis aus Sounds, Bildern und Exponaten. Der Weg durch die ehemalige Turbinenhalle führt über neun Themeninseln, die jeweils einen besonderen Aspekt der Rock- und Popgeschichte beleuchten. Die Themeninsel „Protest und Rebellion“ etwa fasst Strömungen zusammen, die gesellschaftlich einiges in Gang setzten – Punk-Rock trifft auf Bob Dylan, Hip-Hop auf Techno. Verwandlungskünstlerin Madonna wiederum steht Patin für die Themeninsel „Performance“, in der es um die Inszenierung in der Rock- und Popwelt geht. Multimediale und interaktive Elemente machen den Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis. Zahlreiche Exponate wie von Kurt Cobain, Freddie Mercury oder David Bowie sowie interaktive Kinderstationen runden das einzigartige Ausstellungskonzept ab. „Die Entscheidung, die Geschichte der Rock- und Popmusik künftig in Themeninseln und nicht chronologisch zu erzählen, hat sich als richtig erwiesen. Das Konzept mit dem innovativen

Kopfhörersystem und unserem beeindruckenden Pophimmel, der immer wieder in großartigem Sound Livekonzerte abspielt, macht den Museumsbesuch emotional wie nie. Das rock’n’popmuseum schafft mit seinem Ausstellungskonzept quasi Gänsehaut-Momente wie bei einem Live-Konzert“, so Geschäftsführer Thomas Albers.

Akustisch bietet die Ausstellung ein außergewöhnliches Erlebnis: Via Kopfhörer bekommt jeder die Sounds zugespielt, die zum jeweiligen Standort gehören. Die Besuchenden beeinflussen die Klänge interaktiv, indem sie sich durch den Raum bewegen. Gleichzeitig garantiert das Soundsystem, dass jeder Zugang zur Ausstellung hat: Die Inhalte werden mehrsprachig vermittelt.

Neben der Dauerausstellung im Erdgeschoss entwickelt das Team im rock´n´popmuseum jährlich neue Sonderausstellungen. Aktuell bereitet sich das Ausstellungsteam auf die kommende Ausstellung „Guitar Heroes“ vor, die ab Januar 2025 eröffnet werden soll. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Virtuosen, deren Können und Werke Generationen von Gitarristen und Gitarristinnen geprägt haben.

Führungen, Veranstaltungen und vieles mehr

Besonders beliebt sind sowohl klassische Museumsbesuche auf eigene Faust als auch

geführte Touren durch die alte Turbinenhalle. Besuchende können bei den Führungen auswählen zwischen der allgemeinen Führung, der 60+ Führung oder der außergewöhnlichen Schauspielerführung „Grenowes Geschichten“. Aber im rock´n´popmuseum wird Musik nicht nur anhand von hochrangigen Exponaten ausgestellt, sondern auch gelebt. Im eigenen Musikclub „Turbine“ finden regelmäßig Clubkonzerte und Veranstaltungen jeglicher Art statt. „Der Musikclub Turbine hat einen ganz eigenen Charme und Künstler:innen schätzen die Nähe zu dem Publikum hier sehr. Die Atmosphäre ist intim

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- maximal 300 Leute passen in den Club, viele Abende sind deshalb schnell ausverkauft“, erklärt Thomas Albers. Die Kombination aus einem innovativen Ausstellungskonzept über die Geschichte der Rock- und Popmusik und einem breit gefächerten Rahmenprogramm machen das Museum zu einem beliebten Ausflugsziel für die ganze Familie.

Eine Menge Spaß und Bewegung verspricht die Zappeltiershow zu den beliebten Kindersongs von Frank & seinen Freunden. An jedem letzten Sonntag im Monat bietet das Museum einen spannenden Familiennachmittag, gefüllt mit Bastelangeboten, jeder Menge Musik, Tanz und natürlich auch mit dem quirligen Zappeltier.

Linke Seite, oben: Außenansicht rock´n´popmuseum Mitte: Preshow Udo Lindenberg. Fotos: © Mario Brand Unten: Innovaties Kopfhörsystem. © Frank Schürmann Rechte Seite, links: rock'n'popKaraoke. Foto: © Lutz Wanig Rechts oben: Zappeltiershow. Foto: © Chantal Lambers Rechts mitte: Lindenberg-Ecke. Foto: © Mario Brand Unten: Dauerausstellung mit Blick in den Pophimmel Foto: © Julia Knop

Auch Kindergeburtstage können im rock’n’popmuseum gefeiert werden. Mit dem speziellen Geburtstagspaket wird der Tag zu einem besonderen Erlebnis. Die Kinder drehen ein eigenes Musikvideo, gestalten einen Stoffbeutel, stärken sich mit einem Snack im Café Backstage und begeben sich im Anschluss auf Entdeckungstour durch die Dauerausstellung.

rock’n’popmuseum Udo-Lindenberg-Platz 1, 48599 Gronau Tel. 02562 - 8148-0 info@rock-popmuseum.de www.rock-popmuseum.de

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Die Burg Beeskow beherbergt gleich zwei Museen. Das Museum der mechanischen Musikinstrumente als auch das museum oder-spree.

Das museum oder-spree ist vor allem durch wechselnde Jahresausstellungen besonders reizvoll. Es ist kein klassisches Regionalmuseum, sondern vielmehr ein neuer Blick auf die Menschen in der Region, ihr Leben und ihr Wirken im Landkreis.

In diesem Jahr lautet der Titel „kommen und gehen“. Zu- und Abwanderung sprechen für die Anpassungsfähigkeit unserer Gattung – oft unter schwierigsten Bedingungen und ohne Willkommenskultur. Wie das „Kommen und Gehen“ zwischen Oder und Spree vor allem mit der Globalisierung erneut Fahrt aufgenommen hat, zeigt die aktuelle Jahresausstellung im Rahmen von "Welten verbinden - Kulturland Brandenburg 2024/2025".

In der Museumswerkstatt kann derzeit die Sonderausstellung "kolonialokal" bewundert werden. Es werden Gegenstände aus der Sammlung des museums oder-spree gezeigt, die aus dem Norden Europas, dem Pazifik und Afrika stammen. Die meisten

Burg Beeskow –Kultur für die Region

Was ist alles auf Burg Beeskow zu entdecken und zu erleben. Autorin: Anja Lange

stammen aus Namibia, der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Das wirft Fragen auf: Wie kamen diese Gegenstände ins museum oder-spree? Handelt es sich um »Raubkunst«? Was hat Kolonialismus mit Brandenburg und mit uns zu tun? Wie soll das Museum künftig mit diesen Gegenständen umgehen? Die Ausstellung "kolonialokal- wir packen aus" kann eventuell Antworten geben.

Mit einer spielenden Sammlung mechanischer Instrumente im Musikmuseum Beeskow in den Räumen der Burg wird ein wichtiger Beitrag zur kulturellen Bildung geleistet. Das Konzept beruht darauf, die Begeisterung für Musik mit dem Interesse für Technik und die Kunstwerke der Feinmechanik zu verbinden. "Live" sollen echte und alte, originale Musikmaschinen vorgeführt werden. Dabei werden die Instrumente zum Klingen gebracht und die Besucher:innen können einen Blick in die spielenden Instrumente werfen und einzelne auch selber zum Klingen bringen.

Neben den Museen sind wechselnde Ausstellungen zu zeitgenössischer Kunst im Salzhaus zu entdecken. Der Salzkeller wurde zu einer erlebbaren Burgküche umgebaut,

die die historischen Ereignisse zwischen den Streles und den Biebersteins erklärt. Der 30 Meter hohe Bergfried bietet einen tollen Blick über die Stadt Beeskow. Aktuell können Groß und Klein, Jung und Alt im Bergfried ihre eigene Burg bauen. Und zwar rosafarben. Ohne Helm und ganz leicht: Auf drei Etagen warten „Steine“ –in Originalgröße 6x12x24 cm – auf euch.

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Aber Achtung! Eure Werke können von anderen Besucher:innen nach euch bewundert und umgebaut werden.

Neben den Museen und Ausstellungsräumen steht das Alte Amtshaus der Burg Beeskow mit seinem Konzert- und Balkensaal für regelmäßige Theateraufführungen, Konzerte und Lesungen offen.

Darüber hinaus gibt es an der Nordflanke der Burg einen Spielplatz für die kleinsten Besucher:innen.

Burgfeste

Am 15. und 16. Juni schlagen Handwerker und Händler, Ritter und Musiker, Gaukler und Feuerkünstler mit dem Mittelalterspektakel ihre Zelte auf der Burg Beeskow auf und entführen die Besucher in die längst vergessene Zeit des Mittelalters.

Linke Seite, oben: Burg Beeskow. Foto: © Burg Beeskow

Unten: museum oder-spree. Foto: © René Arnold

Rechte Seite, oben: Musikmuseum. Foto: © Stefan Gräfe

Links: Mittelalterspektakel. Foto: © Burg Beeskow

Rechts: Oper Oder Spree. Foto: © Mario Lehmann

Das bunte Markttreiben des Mittelalterlichen Wollmarkt am 12. und 13. Oktober mit saisonalem und regionalem Charme rund ums Thema Handwerk und Wolle lädt zum Schlendern, Ausprobieren und Einstimmen auf die kalte Jahreszeit ein.

Oper Oder Spree „Ein Traum“

2024 ist die eigenproduzierte Musiktheaterproduktion „Traum-Nacht-Sommer“ nach William Shakespeare in einer neu arrangierten Fassung mit insgesamt acht Sänger:innen und zehn Musiker:innen zu erleben.

Für das jüngere Publikum tourt die bereits im Vorjahr produzierte Kinderoper „Der kleine Sommernachtstraum“ durch den Landkreis Oder-Spree und ist u.a. auch im Nachbarlandkreis, in Strausberg und Müncheberg zu sehen.

Zusätzlich zu diesen beiden Projekten ist die Burg Beeskow erstmalig Veranstalter von einem weiteren Musikprojekt im Rahmen des Musiktheaterfestivals Oper Oder Spree. Geplant sind vier Aufführungen eines „Sommernachtkonzertes“. Eine unterhaltsame Konzertveranstaltung mit Arien und weiterem klassischen Repertoire passend zum

Thema „Der Sommernachtstraum“ mit den Sängerinnen und Sängern der Musiktheaterproduktion 2024. Werke von Bartholdy, Weber und weiteren Komponisten sowie Zitate u.a. von Ludwig Ganghofer werden das Publikum in eine laue Sommernacht entführen.

Weitere Burg-Highlights

Theateraufführung „Undine“ von theater.land Premiere, 18.05.2024, 19 Uhr Weitere Aufführungen: 19.05.2024, 16 Uhr, 20. & 21.09.2024, 19 Uhr

Abschiedslesung Burgschreiber Henryk Gericke 24.05.2024, 18 Uhr

„Der kleine Sommernachtstraum“ auf dem Burghof. Eine Opernproduktion für Kinder ab sieben Jahren. 08.06.2024, 16 Uhr

„Spagetti Mortale“ Theateraufführung vom Theater des Lachens 29.06.2024, 20.30 Uhr

Konzert mit Daniel Hilpert 27.07.2024, 20 Uhr

„Der Sturm“ Theateraufführung vom Wandertheater Ton und Kirschen 17.08.2024, 19 Uhr

museum oder-spree

Frankfurter Str. 23

15848 Beeskow

Tel. 03366 352 727 info@museumoderspree.de www.museumoderspree.de Öffnungszeiten: April – September

Dienstag – Sonntag 10:00 Uhr – 18:00 Uhr Oktober – März

Dienstag – Sonntag 11:00 Uhr – 17:00 Uhr Führungen jeden 1. Sonntag im Monat

Burg Beeskow

Frankfurter Straße 23

15848 Beeskow

Tel. 03366 - 352 727 info@burg-beeskow.com www.burg-beeskow.de

Musikmuseum

Frankfurter Straße 23

15848 Beeskow

Tel. 03366 - 352 727

Führungen: Di, Do, Sa und So um 14:30 Uhr

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Stadtmuseum Hofheim –

Hier ist der Expressionismus

zuhause

Seit rund 30 Jahren ist das Stadtmuseum Hofheim fest auf der Museumslandkarte verortet. Autorin: Deike Wichmann

Das Hofheimer Stadtmuseum ist ein – zwar kleiner, aber wichtiger – Knotenpunkt auf der Museumslandkarte in Deutschland. Und sogar darüber hinaus: Große Häuser vom Städel bis zum Museum Folkwang verleihen ihre Werke hierher. Große Häuser wie das Centre Pompidou und das Guggenheim Museum in Bilbao zeigen Arbeiten aus den Hofheimer Beständen. Das ist keineswegs selbstverständlich, sondern höchst ungewöhnlich für ein kleines Museum. Einer der Gründe: In Hofheim war jahrzehntelang der Expressionismus zuhause – und im Museum ist er das immer noch.

Das ist der Malerin und Mäzenin Hanna Bekker vom Rath zu verdanken. In ihrem „Blauen Haus“ in der Kapellenstraße gingen viele Jahre lang – teilweise auch während der Nazizeit – wichtige Künstler ein und aus: zum Beispiel Karl Schmidt-Rottluff, Alexej von Jawlensky und Ludwig Meidner. Und wichtige Künstlerinnen! Die Hofheimer Kulturlandschaft wurde von starken Frauen geprägt: von Hanna Bekker selbst, von Ottilie Roederstein, Marta Hoepffner und Ida Kerkovius, um nur einige zu nennen. Auch

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wenn in der Rezeptionsgeschichte lange die großen Namen der Männer dominiert haben, verschiebt sich die Aufmerksamkeit in den vergangenen Jahren hin zu den Künstlerinnen. Dazu trägt auch das Stadtmuseum bei.

Ein zweiter Schwerpunkt liegt im Stadtmuseum auf der Michelsberger Kultur. Denn das „Pompeji der Steinzeit“ befindet sich auf dem Kapellenberg, dem Hofheimer Hausberg: der älteste Grabhügel Mitteleuropas und eine einzigartige Wallanlage aus der Jungsteinzeit. Als die Michelsberger Kultur auf dem Kapellenberg ihre Blütezeit erlebte, gab es noch nicht einmal die Pyramiden in Ägypten. Im Stadtmuseum werden einige bedeutende Funde aus dem Grabhügel ausgestellt, darunter ein Jadebeil.

Dabei ist das Museum aber nicht elitär –sondern ein Ort, an dem es Ausstellungen für Kinder gibt, Kindergeburtstage, den Jugend-Kunst-Club und Workshops. Ein Ort, an dem alle willkommen sind. „Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer“, heißt es bei Erich Kästner. Das trifft auf die Hofheimer Vergangenheit zu: Im Stadtmuseum ist sie lebendig. Hier ist sie von Dauer.

© Stadtmuseum Hofheim am Taunus. Fotos: Herbert Fischer

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Im Stadtmuseum Hofheim gibt es eine Dauerausstellung. Außer zur Michelsberger Kultur und zum Blauen Haus erfährt man dort Wissenswertes über die Römer und über die Lederindustrie in Hofheim. Hinzu kommen wechselnde Sonderausstellungen – dann ist jedoch die Dauerausstellung zum Blauen Haus nicht zu sehen.

Wer sich besonders für diesen Aspekt der Hofheimer Geschichte interessiert, vergewissert sich am besten vor dem Besuch auf der Homepage www.hofheim.de oder per Telefon unter (06192) 202-540. Die Öffnungszeiten sind: Dienstag 10 bis 13 Uhr, Dienstag bis Freitag 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 18 Uhr.

Stadtmuseum Hofheim am Taunus

Burgstraße 11

Tel. 06192 202 - 540 stadtmuseum@hofheim.de https://stadtmuseum.hofheim.de

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Das Porzellanikon –ein Museum der Vielfalt

Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es mehr zum Thema Porzellan zu erleben als in der Region Nordbayern. In Oberfranken, nahe der Grenze zu Tschechien, befindet sich noch immer die bedeutendste Porzellanregion Europas. Stellvertretend für die deutsche und europäische Geschichte des Porzellans vereint das Porzellanikon – Staatliches Museum für Porzellan mit seinen zwei Schauplätzen in Selb (Fabrik & Technik) und Hohenberg (Villa & Sammlung) an den traditionsreichen Standorten der Weltmarken Rosenthal und Hutschenreuther die ganze Breite und Wandlungsfähigkeit des faszinierenden Werkstoffes Porzellan. Begeben Sie sich auf eine Reise in die Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Porzellans.

Hohenberg a.d. Eger –in der historischen Villa

In der ehemaligen Direktorenvilla des Familienunternehmens C.M. Hutschenreuther wird die Kulturgeschichte des Porzellans seit dessen Erfindung 1708 durch Johann Fried-

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rich Böttger und Ehrenfried Walther von Tschirnhaus dokumentiert. Der Rundgang durch verschiedene Inszenierungen führt die Besucher:Innen durch die Porzellangeschichte im deutschsprachigen Raum vom beginnenden 18. Jahrhundert bis zur politischen Wende 1989. Über Medienstationen erhalten Besucher:Innen Informationen zur Geschichte, Produktpalette und zu Marken der mehr als 200 Porzellanproduzenten Deutschlands. Außergewöhnliches bietet das „Kabinett der Besonderheiten“. Hierzu gehören die Barttassen und der Mondglobus ebenso wie etwa Porzellan für Prominente sowie für die Luft- und Seefahrt. Auch das ehemalige Selber Atelier des Künstlers Bjørn Wiinblad ist zu sehen.

Selb – in einer authentischen Porzellanfabrik – Porzellanherstellung

In der 1969 stillgelegten ehemaligen Rosenthal-Fabrik wird die Herstellung des „Weißen Goldes“ als Erlebnis erfahrbar. Das Spektrum reicht von der unscheinbaren Masse über

den gebrannten, zunächst noch weißen Scherben bis zur fertig verzierten Ware. Lebendig wird dies in den historischen Fabrikationsräumen, in denen man auf spannende Weise durch ein Ensemble von Maschinen sowie durch Vorführungen und Videofilme in 300 Jahre Produktionsgeschichte eintauchen kann. Ehemalige Porzelliner geben in Live-Vorführungen authentische Einblicke in die damalige Arbeit und zeigen wie ein Becher gedreht oder eine Zuckerdose gegossen wird.

High-Tech-Keramik

Dass aus Porzellan nicht nur Geschirr hergestellt wird, zeigt eindrucksvoll der Bereich „Technische Keramik“. Vom Hitzeschild des Space Shuttle und den Tauchformen für Latexhandschuhe über Elektroisolatoren und Kondensatoren bis zu den modernsten Produkten im Bereich der Biomedizin, Computertechnik und den Automobilbau – all dies wurde und wird von deutschen Herstellern produziert und ist hier präsent.

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Rosenthal – Ein Mythos

In einem alten Brennhaus der früheren Rosenthal-Fabrik wird heute die Geschichte des Unternehmens Rosenthal und seiner Produkte erzählt.

Für alle Neugierigen, Erlebnishungrigen und Entdeckerfreudigen bietet das Porzellanikon abwechslungsreiche Programme zum Mitmachen. Zum Beispiel findet an jedem dritten Sonntag im Monat der Familiennachmittag um 14:30 Uhr statt! Dabei gibt es immer eine spannende Führung durch die Ausstellung und anschließend ein Kreativprogramm - abgestimmt auf das Motto des jeweiligen Familiennachmittags. Kreativ werden dürfen Groß und Klein! Die aktuellen Termine finden Sie auf unserer Website.

„Schach & Porzellan. Die Welt auf 64 Feldern“ Sonderausstellung bis 13. Oktober 2024 im Porzellanikon Hohenberg a.d. Eger

Historisches, Politisches und Exotisches, aber auch Erotisches, Mythisches, Tierisches und Kurioses findet sich auf Porzellan eben-

Linke Seite, oben: Porträttassensammlung im Porzellanikon Hohenberg a.d. Eger

Foto: Andreas Gießler © Porzellanikon

Rechte Seite, oben: Das Herz der großen Dampfmaschine im Porzellanikon Selb

Foto: Andreas Gießler © Porzellanikon

Mitte: Schachspiel mit Porzellanbrett, Entwurf: Marcello Morandini, 2003; Rosenthal AG, Selb; Auflage 99 Exemplare; Höhe König 11 cm, Bauer 5,5 cm, Porzellanbrett 54 cm x 54 cm; Porzellanikon, RAS 2370.1/12, Dauerleihgabe Oberfrankenstiftung, Bayreuth; Foto: Jahreiss. foto film design, Hohenberg a. d. Eger

Unten: Schachspiel „Seetiere“, Entwurf: Max Esser, 1923; Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen, Meißen; Höhe König 8,5 cm, Bauer 2,3 cm, Porzellanbrett 52 cm x 52 cm, Höhe 5 cm; Leihgabe Reinhard Egert; Foto: Jahreiss. foto film design, Hohenberg a. d. Eger

so wie auf dem Schachbrett. Das „weiße Gold“ und das königliche Spiel haben vieles gemeinsam. Beide erzählen Geschichten, die die Welt bewegen. Rund hundert historische und zeitgenössische Schachspiele und Schachfiguren aus Porzellan erwecken diese Geschichten zum Leben. Erleben Sie erstmals in Deutschland die faszinierende, vielfältige und künstlerisch vollendete Verbindung von Schach und Porzellan. Ob Anfänger oder Profi, Sie können auch selbst aktiv werden: Lassen Sie sich entführen in die spannende Welt des Schachs!

Öffnungszeiten

Dienstag – Sonntag 10:00 Uhr – 17:00 Uhr Feiertage 10:00 Uhr – 17:00 Uhr Montags geschlossen

Eintrittspreise

Porzellanikon Hohenberg 3,00 € / 2,00 € ermäßigt

Kombikarte mit dem Porzellanikon Selb 6,50 € / 5,00 € ermäßigt

Eintritt sonntags Erwachsene immer nur 1,00 € Kinder bis 18 Jahre kostenlos

Porzellanikon Hohenberg a.d. Eger Staatliches Museum für Porzellan Schirndinger Str. 48 95691 Hohenberg a.d. Eger Tel.: +49 9233 7722-0 besucherservice@porzellanikon.org www.porzellanikon.org

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Geschichte(n) erleben im Fugger und Welser Erlebnismuseum in Augsburg

Das Fugger und Welser Erlebnismuseum in Augsburg lädt seine Besucherinnen und Besucher auf eine Reise 500 Jahre zurück in die Vergangenheit ein. Im Fokus stehen dabei seit nunmehr zehn Jahren die zwei bedeutsamsten Augsburger Kaufmannsfamilien des 15. und 16. Jahrhunderts, die Fugger und Welser. Rund um die beiden berühmtesten Vertreter Jakob Fugger den Reichen und Bartholomäus V. Welser werden die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte sowie der große politische und kulturelle Einfluss der Augsburger Patrizierfamilien vermittelt. Begründet sind diese in den weitreichenden Handelsbeziehungen, Kommunikationsstrukturen und gesellschaftlichen Netzwerken, die das Museum weitgehend barrierefrei präsentiert. Die Ausstellung beinhaltet zahlreiche Multimedia Stationen, die die Besucher und Besucherinnen mit „Pfeffersäckchen“ individuell entdecken können. Die Inhalte werden damit für Erwachsene auf Deutsch, Englisch, mit Untertiteln und für Kinder mit eigenen Inhalten angeboten.

Durch das Prinzip „Storytelling“ werden sie dabei auf dem Weg in die Vergangenheit

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begleitet. Für Kinder gibt es zudem noch ein Handelsbuch mit Rätseln, die zum Knobeln und Erkunden einladen. Mithilfe modernster Museumstechnik gestaltet sich der Besuch der Ausstellung abwechslungsreich und kurzweilig und lässt Geschichte lebendig werden. So zum Beispiel auch in der „Goldenen Schreibstube“, der Schaltzentrale der Fugger-Firma, in der sich Jakob Fugger und

Bartholomäus V. Welser als lebensgroße Projektionen über ihre neuesten Handelsgeschäfte unterhalten.

Auch im Festsaal des original erhaltenen und aufwendig sanierten Renaissancehauses aus dem 16. Jahrhundert, in dem das Museum untergebracht ist, lassen sprechende Gemälde von Mitgliedern des Augsburger

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Patriziats die Besucherinnen und Besucher in das Augsburg der Renaissance eintauchen.

Grundlage für den Aufstieg Augsburgs zur europäischen Handelsmetropole war nicht nur die Textilwirtschaft. Vor allem die innovativen Technologien im Bergbau und der Fernhandel mit Gewürzen und Kupfer verhalfen zu Reichtum und Prestige.

Das durch Baumwoll- und Barchenthandel gebildete Kapital der Fugger-Firma machte es möglich, dass Königen und Kaisern, Bischöfen und Päpsten Kredite erteilt wurde. Durch Rückzahlung stieg die FuggerFirma in den Handel mit Metallen aus dem Salzburger Land, aus Tirol, Kärnten und der Steiermark sowie aus der heutigen Slowakei ein. Mit ausgeklügelten Strategien gelang es Jakob Fugger und anschließend

seinem Neffen Anton monopolähnliche Strukturen im Segment des Kupferhandels aufzubauen. Kupfer, das war das Material, das zu dieser Zeit allseits benötigt wurde und das nicht nur in Europa. Langwierige und gefährliche Handelsrouten nach Indien und Südamerika können an einem interaktiven Seekarten-Tisch im Museum abgefahren und nachverfolgt werden. Bei dieser Art von Geschäften kam der Gewinn nicht zu kurz. Europäische Kaufleute wie die Fugger und Welser profitierten aber nicht nur vom entstehenden Frühkapitalismus, sondern auch vom beginnenden Kolonialismus mit klingender Münze. Im Raum „Südamerika“ wird aus dortiger Perspektive das Licht auf die Geschichte geworfen: Die Felszeichnungen von „La Lindosa“ im damaligen Venezuela zeugen von der Begegnung mit den Europäern vor Ort, die sich durch Kriegszüge und Menschenhandel zu bereichern wussten. Im Keller ist zu erfahren, wie das Metall aus den Bergwerken erwirtschaftet wurde, wer daran beteiligt war und welche Bedeutung es für den transatlantischen Dreieckshandel besaß. 500 Jahre alte, mit dem Fugger‘schen Handelszeichen versehene Kupferplatten sind hier ausgestellt.

Im 2. Stock schließlich wirft Veronica Jackson in Form von einem Kunstwerk ihren

persönlichen Blick auf die Venezuela-Verträge der Welser. Das Haus bietet einen spannenden Einblick in Augsburgs Geschichte und ihre Auswirkungen. Immer wieder ist im Museum auch der Bezug zur Gegenwart eingeblendet, denn viele Parallelen drängen sich auf. Und dabei stellt sich automatisch die Frage: Welche Verantwortung haben wir heute mit unserem Tun?

Fugger und Welser Erlebnismuseum Äußeres Pfaffengässchen 23

86152 Augsburg

Tel: 0821 - 45097821

info@fugger-und-welser-museum.de www.fugger-und-welser-museum.de

Linke Seite, oben: Das Fugger und Welser Erlebnismuseum in Augsburg ist in einem original erhaltenen Renaissancegebäude untergebracht. Foto: © Rudolf Morbitzer

Unten: Kinder entdecken die Ausstellung mit den Rätseln im Handelbuch an der Seite von Konrad

Foto: © Regio Augsburg Tourismus GmbH

Rechte Seite, oben: Fugger’sches Kupfer aus dem 500 jährigen Schiffswrack, das vor der niederländischen Küste im Frühjahr 2019 geborgen wurde

Foto: © Katharina Dehner

Unten: Jakob Fugger und Bartholomäus V. Welser im virtuellen Gespräch in der „Goldenen Schreibstube“ Foto: © Norbert Liesz

Autorin: Wiebke Schreier

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Heimatmuseum Holzgerlingen

Eine Reise durch die Orts- und Zeitgeschichte. Autorin: Annette Nüßle

Im alten Holzgerlinger Gäßles-Schulhaus –einem 1871 erstellten und 2012 renovierten Gebäude in der Stadtmitte wird auf vier Stockwerken nicht nur die Ortsgeschichte auf vielfältige und anschauliche Weise präsentiert, nein, es ist eine Reise durch die Zeit der Region, der industriellen Entwicklung und dem Alltagsleben vieler Menschen.

Wer chronologisch durch die Zeit reisen möchte, der nimmt zunächst den Aufzug in den dritten Stock oder geht durch das große Treppenhaus mit den dunklen Stufen und dem hölzernen Treppengeländer ganz nach oben.

Erfahren und erleben, das ist den ehrenamtlichen Machern des Museums ganz wichtig, und so sind auch alle Bereiche barrierefrei erreichbar, sei es die alte Dorfschmiede und wechselnde Sonderausstellungen, alles ist für jeden erreichbar. Doch der Reihe nach:

In der archäologischen Abteilung werden in einer umfangreichen vor- und frühgeschichtlichen Ausstellung die Besiedlungen auf der Schönbuchlichtung sowie die Lage und Ausgrabungsgeschichte des 1927 hier entdeckten Reihengräberfriedhofs gezeigt.

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Vor allem mit fachlich aufbereiteter Präsentation von rund 300 restaurierten Grabfunden (Waffen, Geräte, Schmuck, Gefäße)

vermittelt die Alamannen-Ausstellung einen Querschnitt der Lebensgewohnheiten der Holzgerlinger Vorfahren im frühen Mittelalter (3. bis 8. Jahrhundert). Anschaulich und keineswegs überladen werden sie in modernen Vitrinen präsentiert.

Schlichte Halsketten aus Tonperlen, Waffenspitzen, die gekonnt mit neuem Material ergänzt ihre ganze Pracht zeigen, gehören genauso dazu, wie Gefäße und die Funde, die auf das Weberdorf hinweisen.

Wichtig ist den Machern, dass klar wird, was gefunden und was ergänzt wurde.

Linke Seite, oben: Heimatmuseum Holzgerlingen - Haus von außen mit Stele

Mitte, links: Spielzeugpferd, Fund aus der hinteren Straße

Mitte, rechts: Größter freigelegter Töpferofen im südwestdeutschen Raum

Unten, links: Modell eines Brennofens

Unten, rechts: Tontopf, Fund aus der hinteren Straße

Rechte Seite, oben: Modell eines Webstuhls aus einem Grubenhaus

Unten: Schulzimmer aus dem 19. Jahrhundert

Fotos: © Renate Henkel

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Wer gerne etwas tiefer in die Reise durch die Jahrtausende einsteigen möchte, nutzt die Schubladen unter jeder Vitrine. Dort verbergen sich weitere Fundstücke, übersichtlich präsentiert geben sie genauso einen Einblick in die Zeit, wie die interaktiven Stationen speziell für Kinder und die kurzen Videofilme.

Auf die neuesten Funde verweist eine Informationstafel: Zu sehen ist der freigelegte "größte liegende Töpferofen im südwestdeutschen Raum" (Prof. Dr. B. Scholkmann). Die verzierten Randstücke der Gefäße sind typisch für die Holzgerlinger Töpfer. Denn es war damals zumeist unüblich, diese Waren zu verzieren.

Kurze Einblicke in die Geschichte

Das Konzept, die Besucher mit kurzen, leicht verständlichen Videofilmen zu informieren, zieht sich durch alle Abteilungen. Auch Mitmachstationen für jüngere Besucher gehören zum Angebot dazu. Hören, Sehen und mit den Händen erfahren ist die Basis des Holzgerlinger Heimatmuseums.

Holzgerlingen war ein Weberdorf und das nicht erst seit der Industrialisierung, bereits im Mittelalter wurden an großen Webstühlen Stoffe für den Alltag und für besondere Anlässe gewebt. Wie mühevoll die Herstellung von Leinen damals war, zeigt eine der Ausstellungsflächen auf.

Wohnen im Wandel der Zeit

Die Reformation prägte auch Holzgerlingen und daher ist es nicht verwunderlich, dass im zweiten Stock die Verbindung mit der Einführung der Schulpflicht dargestellt wird. Holzbänke fest mit den Tischen verbunden, Schiefertafeln, der strenge „Herr Lehrer“ und viele kleine Zeugnisse der Zeitgeschichte zeigen dabei auf, wie das Wissen seit 1599 vermittelt wurde.

Hundert Jahre Wohnen, angefangen vom Wohnzimmer, das nur sonntags genutzt wurde, über den Aussteuerschrank bis zum Nierentisch aus den 50er-Jahren, einen der ersten Staubsauger und die Küche in Pastelltönen. Das Wählscheibentelefon und eines der ersten Fernsehgeräte haben genauso ihren Platz in der Ausstellung gefunden, wie die Kittelschürze an einer der vielen Figuren. Sie alle sind immer ihrer Zeit gemäß angezogen, lassen aber durch ihren Kopf ohne jegliche Farbe und Haare genügend Spielraum für eigene Überlegungen. Hier und in den weiteren Räumen

werden bei älteren Besuchern viele Erinnerungen geweckt und an jüngere Begleiter weitergegeben.

Mit Leiterwagen und zwei Koffern sind nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Holzgerlingen Heimatvertriebene angekommen. Zumeist katholischen Glaubens, 801 an der Zahl waren es, die dank der offenen Bürgerschaft hier ein neues Zuhause gefunden haben. Sie waren es auch, die eine katholische Kirche bauten.

Leben und arbeiten gehören zusammen

Auch in Holzgerlingen gab es Hafner/Töpfer, ihnen ist ein Raum im ersten Obergeschoss gewidmet. Die bunt bemalten Ofenwandplättchen und die sogenannten verzierten „Feierabendziegel“ zeugen von hoher Qualität und Kreativität.

Sie waren nicht nur auf der Schönbuchlichtung beliebt. Neben den klassischen Werkstätten der Schreiner, Schuhmacher, Schneider, Sattler, Seiler und Wagner bietet

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ein weiterer Raum genügend Platz für die regelmäßigen Sonderausstellungen.

Mit viel Engagement und Fachwissen präsentieren die Museumsmacher dort immer wieder unterschiedliche Themen. Seien es Puppenstuben, Einblicke in die Firmengeschichte einer Uhrenfabrik oder ganz aktuell in die Entwicklung der ortsansässigen Bandweberei Binder, welche ihr 225-jähriges Jubiläum feiert, die Sonderausstellungen

mit einem abwechslungsreichen Begleitprogramm ergänzen die Dauerausstellungen. Im Erdgeschoss wird der Jahresrhythmus der Landwirtschaft genauso aufgezeigt wie das Arbeiten in einer Schmiede von 1820.

Nicht nur Besucher vor Ort erhalten Einblicke in das Museum. Durch einen digitalen Museumsbesuch ermöglichen die Macher des Heimatvereins Holzgerlingen eine Reise mit der „Städtischen Zeitmaschine“.

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Geöffnet jeden ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr. Gruppen können nach Voranmeldung das Museum auch zu anderen Zeiten besuchen. Die Museumsmacher bieten auch außerhalb der Öffnungszeiten Führungen an. Auch Kindergeburtstage mit einer Reise durch die Zeitgeschichte sind möglich.

Heimatmuseum Holzgerlingen

Friedhofstraße 6

71088 Holzgerlingen

Tel. 07031-6808-555

peter.goerke@heimatmuseum-holzgerlingen.de www.heimatmuseum-holzgerlingen.de

Linke Seite, oben: Familie im Sonntagsstaat, 19. Jahrhundert

Mitte: Holzgerlinger Ofenwandplättchen

Unten, links: Mechanischer Bandwebstuhl der Firma Binder

Unten, rechts: Mittagspause im Feld

Rechte Seite, oben: Spektakuläres Puppenhaus von Ellen Meister

Mitte: Esse der Schmiede von 1820

Unten: Beurkundung der Schenkung Holzgerlingens an Bamberg 1007

Fotos: © Renate Henkel

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Cranach-Höfe Wittenberg: NACH DEM KRIEG

Texte und Grafiken aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg mit Werken von Paul Klee, Edwin Scharff, Heinrich Campendonk, Alfred Kubin u. a. Die Sonderausstellung läuft vom 18. Mai bis 18. August 2024

München 1919 – der Erste Weltkrieg war gerade zu Ende gegangen, als erster deutscher Monarch war der bayerische König Ludwig III. geflohen und Kurt Eisner hatte den Freien Volksstaat Bayern ausgerufen. Die vorläufige bayerische Verfassung brachte den Acht-Stunden Tag, das allgemeine und das Frauenwahlrecht sowie die Anerkennung einer deutschen Kriegsschuld. Die neu etablierte Republik war im permanenten Ausnahmezustand. Gewalt gab es auf allen Seiten. Am 7. April wurde eine sozialistische Räterepublik proklamiert. Paul Klee (1879-1940), erst im Februar aus der Armee entlassen, engagierte sich im Rat bildender Künstler Münchens. Doch nach nur wenigen Wochen wurde die Räterepublik von Freikorpseinheiten und Reichswehrverbänden radikal niedergeschlagen. Paul Klee schuf in dieser Zeit eine Reihe von Selbstporträts, immer wieder befragte er sich. Ein Selbstbildnis, die Lithografie Porträt (Versunkenheit) veröffentlichte er in den Münchner Blättern für Dichtung und Graphik, einer von der Aufbruchstimmung getragenen, expressionistischen „Monatsschrift in genossenschaftlichem Zusammenwirken“. Literatur, Malerei und Musik suchten nach einer modernen Sprache, die die Traumata des Ersten Weltkrieges und der Nachkriegswirren, aber auch die Hoffnungen des Neuanfangs widerspiegelt.

Die Ausstellung zeigt Grafiken und Texte, die vorwiegend um 1919 in München entstanden sind. Aus zwei Privatsammlungen werden über 50 Originalgrafiken, u. a. von Paul Klee, Max Unold, Adolf Schinnerer, Alfred Kubin, Edwin Scharff und Heinrich Campendonk, zur Verfügung gestellt. Ergänzt werden sie durch Texte von Iwan Goll, Otto Zoff oder Konrad Weiß.

Niemand kommt ohne Verletzungen aus einem Krieg. Die vor 100 Jahren veröffentlichten Texte und Grafiken verweisen auf die körperlichen und seelischen Deformationen. Sie sprechen aber auch von

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der großen Sehnsucht nach Harmonie und Frieden, von den Versuchen, Trost zu finden in der christlichen Religion oder in der unberührten Natur.

Parallel zu dieser Ausstellung ist die kulturhistorische Schau Cranachs Welt zu sehen. Sie vermittelt am historischen Ort, dem Cranach-Hof, einen Überblick über das Leben und Werk der Malerfamilie, geht Fragen des Werkstattprozesses nach und

zeigt Kostbarkeiten wie die Cranach`schen Wandmalereien und frühe Grafiken

Autorin: Dr. Marlies Schmidt

Öffnungszeiten der Ausstellungen

CRANACHS WELT und NACH DEM KRIEG

Mo. bis Sa. 10:00 Uhr bis 17:00 Uhr

So. 13:00 Uhr bis 17:00 Uhr, ab November montags geschlossen.

CRANACH-HÖFE WITTENBERG

Kontakt: Cranach-Stiftung Wittenberg

Markt 4

06886 Lutherstadt Wittenberg

Tel. + 49 (0) 34 91 /4 20 19-0

info@cranach-stiftung.de www.cranach-stiftung.de

Linke Seite: Heinrich Campendonk, Frau mit Blume, Holzschnitt, 1919. © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Rechte Seite, oben: Karl Caspar, o. T. [Auferstehung], Steindruck, 1919. © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Oben, rechts: Paul Klee, Akrobaten, Steindruck, 1919

Mitte: Paul Klee, Selbstporträt (Versunkenheit) , Steindruck, 1919

Unten: Edwin Scharff, Reiter, Steindruck, 1919. © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

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Museum Abtei Liesborn

Wo Mittelalter und Moderne aufeinandertreffen

Autorin: Katharina Kühl

Wer heute die ehemalige Benediktinerabtei Liesborn besucht, wird sofort von dem unter Abt Gregor Waltmann (1698–1739) errichteten, dreiflügeligen Barockbau in den Bann gezogen, über dessen Dach sich der Kirchturm der dahinterliegenden Klosterkirche aus dem 14./15. Jahrhundert erhebt. Mittelalter und Neuzeit prallen hier architektonisch aufeinander und werden durch einen modernen Museumsanbau ergänzt. Dieser besondere baugeschichtliche Dreiklang lässt dabei fast vergessen, dass wir es hier mit einem der ältesten Klöster Westfalens zu tun haben. Das 1966 gegründete Museum Abtei Liesborn in Trägerschaft des Kreises Warendorf vereint zahlreiche –kunst- und kulturgeschichtlich bedeutsame – Sammlungen unter seinem Dach.

Wechselvolle Zeiten und ein Buch für die Ewigkeit

Im 9. Jahrhundert – der Legende nach bereits 799 durch Karl den Großen (768–814) und Papst Leo III. (795–816) – zunächst als freiweltliches Damenstift gegründet, wurde der Konvent 1130 durch Bischof Egbert von Münster in ein Benediktinermännerkloster umgewandelt. 13 Äbtissinnen und 36 Äbte lenkten die Geschicke der Abtei von

der Gründung bis zu ihrer Aufhebung am 2. Mai 1803 durch das Königreich Preußen. An die Frühzeit der Liesborner Klostergeschichte erinnert nur noch wenig. Ein wichtiges Zeugnis für die wechselvolle Geschichte der Abtei Liesborn und ein Highlight der heutigen Sammlung ist zweifellos das Liesborner Evangeliar. Der 1.000 Jahre alte Codex ist eine der ältesten, vollständig erhaltenen Evangelien-Handschriften Westfalens und gilt als nationales Kulturgut. Nach der Aufhebung des Klosters im Zuge der Säkularisation 1803 verließ der Codex Liesborn und wanderte durch die Hände zahlreicher bedeutender Privatsammler in Europa und Übersee, bevor er 2017 vom Kreis Warendorf mit der Unterstützung zahlreicher Förderer zurückerworben werden konnte. 220 Jahre nach der Schließung des Klosters Liesborn kehrte das Evangeliar 2023 an seinen ursprünglichen Bestimmungsort zurück und bildet seitdem das Leitobjekt der neuen Dauerausstellung zur Frühgeschichte der Abtei Liesborn, die sich mit der Gründungslegende des Klosterortes und dessen Entwicklung in den ersten Jahrhunderten auseinandersetzt.

Für die Präsentation des Buchs wurde eigens ein sakral anmutender Raum aus 22 Stahlwänden geschaffen, der ein einzigar-

tiges architektonisches Museumserlebnis bietet. Besonderheiten der liturgischen Handschrift wie das am Anfang stehende lateinische Widmungsgedicht, das die um 1040 amtierende Äbtissin Berthildis als Stifterin des Buches nennt oder das sogenannte „Pater-Noster-Diagramm“ werden vorgestellt und für verschiedene Sinne erfahrbar gemacht. Neben dem Evangeliar

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Linke Seite, oben: Die barocke Abteiresidenz von 1736 bildet das Kernstück des Museums in der ehemaligen Liesborner Klosteranlage

Foto: © Münsterland e.V., Philipp Foelting

Unten: Unbekannter westfälischer Maler, Bildnis des Liesborner Abtes Gregor Waltmann, um 1735/1739

Foto: © Museum Abtei Liesborn

Rechte Seite, oben: Das Liesborner Evangeliar. Ein bedeutendes Kapitel der Abteigeschichte aufgeschlagen

Foto: © teamfoto MARQUARDT, Lüdinghausen

Mitte: Ein besonderes Erlebnis: Detail der Stahlwände im sakral anmutenden Evangeliarraum

Foto: © teamfoto MARQUARDT, Lüdinghausen

Unten: Blick in den neu gestalteten Evangeliarraum

Foto: © teamfoto MARQUARDT, Lüdinghausen

gehört auch eine digitale Klosterbibliothek, die fortlaufend um bedeutende Exponate ergänzt wird, zur neuen Dauerausstellung des Museums. So kann virtuell durch die Seiten des Evangeliars und anderer Handschriften geblättert werden.

Zeugnisse der Abteigeschichte –Die Sammlung

Im Museum Abtei Liesborn treffen mehr als 1.000 Jahre Liesborner Klostergeschichte und eine vielseitige kunst- und kulturgeschichtliche Sammlung aufeinander. Zeugnisse der Abteigeschichte wie die Weltruhm

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genießenden spätgotischen Tafelmalereien des „Meisters von Liesborn“ bilden dementsprechend einen Sammlungsschwerpunkt des Museums. Es besitzt mehrere Werke dieses um 1460/80 tätigen Künstlers, dessen wahrer Name unbekannt ist. Mehr als 1.000 Objekte vom 6. Jahrhundert bis zur Gegenwart umfasst die europaweit einzigartige Sammlung von Kreuzen und Kruzifixen, anhand derer sich die kunsthistorische Entwicklungsgeschichte der Kreuzigungsdarstellung eindrucksvoll nachvollziehen lässt. Darunter befinden sich Werke herausragender Künstlerpersönlichkeiten wie Giambologna, Francis Bacon, Marc Chagall, Salvador Dalí oder Joseph Beuys. Die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts ist mit einer kleinen, aber äußerst qualitätvollen Sammlung im Museum Abtei Liesborn vertreten, die privaten Stiftern zu verdanken ist. Bereits Abt Gregor Waltmann war als Sammler niederländischer Malerei des Goldenen Zeitalters in Erscheinung getreten. Einen weiteren Sammlungsschwerpunkt bilden die Werke regionaler Künstler verschiedener Epochen wie Theobald von Oer (1807–1885) oder Heinrich Schilking (1815–1895). Darüber hinaus vermittelt die Dauerausstellung einen Eindruck westfälischer Wohn- und Alltagskultur im 19. Jahrhundert.

Viele gute Gründe für einen Besuch

Zahlreiche Sonderausstellungen und ein reichhaltiges kulturelles Rahmenprogramm, zu dem die Liesborner Museumskonzerte ebenso wie Kinoabende im ehemaligen Kreuzgang oder ein alljährlich stattfindender Handwerksmarkt gehören, sorgen regelmäßig für gute Gründe, das Museum zu besuchen.

Linke Seite: Das Museum beherbergt europaweit eine der größten Sammlungen an Kreuzigungsdarstellungen vom Mittelalter bis zur Moderne Foto: © Museum Abtei Liesborn

Unten: Meister von Liesborn, Werkstatt, Auferstehung Christi, um 1480. Foto: © Museum Abtei Liesborn

Rechte Seite, oben: Ausstellungsraum zu dem Künstler Theobald von Oer. Foto: © Matthias Gödde

Links: Ausflug ins Museum – Schüler und Schülerinnen der Primarstufe nutzen das kostenlose Schulklassen-Programm „einFACH Kunst!“. Foto: © Museum Abtei Liesborn

Rechts: Im Neubau werden regelmäßig Sonderausstellungen zu moderner und zeitgenössischer Kunst präsentiert. Foto: © Münsterland e.V., Philipp Foelting

Unten: Der jährlich stattfindende Handwerksmarkt lockt immer wieder viele Besucher und Besucherinnen nach Liesborn. Foto: © Museum Abtei Liesborn

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Auch für die kleinen Besucherinnen und Besucher werden attraktive museumspädagogische Veranstaltungen angeboten: Sie können beispielsweise Abteikater Theophil auf einem Rundgang durch die Klostergebäude begleiten und den Schatz des Abtes suchen.

Es gibt verschiedenste Möglichkeiten das Kleinod westfälischer Klostergeschichte zu entdecken. Familien sind eingeladen

mit der Kinderradfahrkarte die Region zu erkunden und ein Zwischenstopp entlang der 1000-Schlösser-Route oder der Römer-Lippe-Route bietet sich ebenso gut an. Für das leibliche Wohl ist mit Kaffeespezialitäten und einer Kuchenauswahl im Museumscafé gesorgt, während das Fahrrad an der E-Bike-Ladestation auftanken kann. Und das Beste daran: Der Eintritt ins Museum Abtei Liesborn ist frei!

Museum Abtei Liesborn des Kreises Warendorf Abteiring 8 59329 Wadersloh Tel. 02523 - 98240 info@museum-abtei-liesborn.de www.museum-abtei-liesborn.de

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Kaspers Herkunft wird in diesem Museum im Süden Brandenburgs endlich geklärt: Tanzte er als Narr dem Teufel des Mittelalters auf der Nase herum, oder kroch er einfach aus einem Ei? Was hat es mit seinem Großvater Hanswurst auf sich, und warum darf der Marionettenkasper als einziger auf der Bühne den Mund aufmachen? Wieso putzt der Kasper heute Zähne und regelt den Verkehr? Und wie geht es eigentlich der Verwandtschaft in Asien?

Der Narr des Mittelalters

In vier Kapiteln blättert das Museum die Kaspergeschichte auf. Sie beginnt mit den

Kaspers Welten im Mitteldeutschen Marionettentheatermuseum

Bad Liebenwerda

Fastnachtsnarren und törichten Figuren des Mittelalters und der frühen Neuzeit, in denen sich Gottesfurcht und Teufelsangst der Zeit spiegeln. Faust-Inszenierungen und und expressive Fastnachtsmasken aus Süddeutschland und Österreich illustrieren diesen Bereich, der zur Jahrmarktbühne eines Quacksalbers führt. Auf ihr erscheint der Hanswurst, der nun nicht mehr Tod und Teufel besiegt, sondern mit seinen Possen die Kundschaft unterhält.

Opera dei Pupi. Diese Stangenfiguren des Sizilianischen Marionettentheaters sind bis

Der Kasper im Marionettentheater

Über eine breite Barocktreppe führt der Weg entlang bekannter Hanswurst-Figuren in die Welt des Marionettenspiels. Um 1800 verschwindet der Hanswurst, zuvor bereits mehrfach verbannt, von der großen Theaterbühne. Doch im Wiener Volkstheater will das Publikum nicht auf den Spaßmacher verzichten, der nun Kasperle heißt. Reisende Komödianten tragen den neuen Namen nach Süddeutschland, Böhmen und Mitteldeutschland. In diesen Zentren des Wandermarionettentheaters nennt man die lustige Figur Kasperle, Kašpárek und Kasper. Im Elbe-Elster-Land im Süden Brandenburgs überlebt das Spiel am seidenen Faden bis in die jüngere Gegenwart. Dieses Ausstellungskapitel präsentiert zahlreiche Figuren hiesiger Wandermarionettenspieler ebenso wie Objekte ihres Lebensalltags. Auch der Blick auf die europäischen Verwandten ist reizvoll; hier werden unter anderem der belgische Tchantchès und der böhmische Kašpárek gezeigt. Besonders beeindruckend sind sicher die Figuren der sizilianischen

zu 1,50 m groß und 40 Kilogramm schwer. Gespielt werden sie seit der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Der Haudrauf des Handpupppentheaters

Das dritte Ausstellungskapitel beschäftigt sich mit dem europäischen Handpuppenkasper. Seit Gauklertruppen über Land zogen, gab es diesen Haudrauf. Das derb-naive Spiel von Pulcinella, Punch oder Kasper begeisterte das Volk auf den Jahrmärkten Europas. In seiner Guckkastenbühne besiegte der Kasper schlagkräftig seine Widersacher

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und half, Tod und Teufel zu überwinden. Bilderbogen und Kinderbuch verhalfen ihm im 19. Jahrhundert zum Sprung ins Wohn- und Kinderzimmer. Im 20. Jahrhundert schließlich wurde der Kasper zur pädagogischen Figur und putzte fortan Zähne. Besucher werden hier von einer akustisch inszenierten Jahrmarktinszenierung begrüßt, in der sich die Puppenspieler samt Kasperfiguren wiederfinden. Dem gegenüber steht die eher private Atmosphäre der Zimmertheater des 19. Jahrhunderts. Hohnsteiner Figuren ermöglichen es, die Wandlung des Kaspers zum Erzieher mitzuerleben. Ein Blick in die

Linke Seite, oben: Böhmische Figuren einer Faust-Inszenierung des Puppentheaters Dr. Klimt, Sachsen-Anhalt, um 2000

Links, Mitte: Auf der Jahrmarktbühne des Quacksalbers unterhielt der Hanswurst das Publikum

Links, unten: Kasper des Marionettentheaters Gierhold, 1. Hälfte 20. Jahrhundert

Rechts, oben: Die Figuren der sizilianischen Opera dei Pupi werden an Stangen gespielt. Italien, 1. Hälfte 20. Jahrhundert, Sammlung Karin und Uwe Brockmüller.

Rechts, unten: Die Handpuppen-Kasperbühne des Mitteldeutschen Marionettentheatermuseums schuf der Dresdner Szenograf und Ausstellungsgestalter Tom Böhm. Fotos: © MVEE/Franke

Rechte Seite, oben: Figuren des indonesischen Wayang kulit-Theaters mit dem Weltenbaum Gunungan. Indonesien, 20. Jahrhundert, Sammlung Karin und Uwe Brockmüller und Nachlass eines Bremer Kaufmanns. Foto: © MVEE/Kienzle

Mitte: Der Chú Teu ist die lustige Figur des vietnamesischen Wasserpuppentheaters. Vietnam, 20. Jahrhundert, Sammlung Karin und Uwe Brockmüller

Unten: Der mittelalterliche Bergfried Lubwart überragt das dahinter liegende Museumsgebäude. Fotos: © MVEE/Franke

jüngste Kasper-Vergangenheit ist mit beliebten DDR-Figuren und den Künstlerpuppen des Malers Eckhard Böttger möglich.

Ein Blick nach Asien

Das Puppenspiel Asiens steht im Fokus des vierten Ausstellungskapitels. Es hat eine sehr viel ältere Tradition als das europäische, ist vielerorts Teil des religiösen Ahnenkults, bringt die großen Epen des Hinduismus zum Publikum und vermittelt moralische und religiöse Lehren. Und natürlich gibt es auch hier lustige Figuren: den Chú Teu des vietnamesischen Wasserpuppentheaters, den Semar des indonesischen Wayang-Theaters oder den Karagöz des türkischen Schattenspiels. Die farbenprächtigen Figuren aus Indien, China, Indonesien und Vietnam sorgen in diesem Kapitel für eine ganz besondere Atmosphäre.

Museum zum Anfassen und Mitmachen

Beim Ausstellungsrundgang laden interaktiv bespielbare Modelle und Figuren immer wieder zum Ausprobieren und Mitmachen ein. Puppenbauer steuerten bespielbare Puppen und Modelle bei. Besucher schlüpfen in ein mittelalterliches Narrenkostüm, können auf einer Bühne das Marionettenspiel ausprobieren oder einen Schattenriss zeichnen, auf dem Jahrmarkt mit Kaukautzky-Figuren agieren oder beim Jeu de massacre Lumpenbälle werfen. Hier darf und soll vieles angefasst und ausprobiert werden. Ergänzt werden die Ausstellungskapitel durch Filmund Hörstationen, die Ausstellungsinhalte unterhaltsam vertiefen und weiterführen. Lebendig gehalten wird die Ausstellung nicht nur durch die vielen Mitmachange-

bote, sondern auch durch die hauseigene Schattenbühne, regelmäßige Gastspiele von Puppenspielern, dem Internationalen Puppentheaterfestival des Landkreises Elbe-Elster im September sowie einer kleinen Museumskirmes im November.

Das Mitteldeutsche Marionettentheatermuseum ist in einem Wirtschaftsgebäude der heute weitgehend verloren gegangenen Liebenwerdaer Burg beheimatet, das mit einem Museumsneubau ergänzt wurde. Der benachbarte Lubwartturm, ein mittelalterlicher Bergfried, erinnert an die Burg- und Schlossgeschichte der Kurstadt Bad Liebenwerda und bietet eine beeindruckende Rundumschau über die Stadt und ihr Umland.

Mitteldeutsches Marionettentheatermuseum Bad Liebenwerda im Museumsverbund Elbe-Elster Burgplatz 2 04924 Bad Liebenwerda Tel. 035341 - 12 455 museum-liebenwerda@lkee.de www.museumsverbund-lkee.de

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Museum Schloss

Doberlug

Die Geschichte von Schloss Doberlug ist untrennbar mit den sächsischen Wettinern verbunden. Die prachtvolle Anlage im Brandenburger Süden gehörte einst zum Besitz der Kurfürsten von Sachsen. Als Nebenresidenz und Jagdschloss der Sachsen-Merseburger Herzöge erlebte sie im 17. und 18. Jahrhundert unter der gleichnamigen sächsischen Sekundogenitur eine Blütezeit. Später nutzten Sachsen und nach 1815 Preußen das Schloss als Verwaltungsund Wohngebäude sowie als Gefängnis, bevor es in der DDR als Kaserne dienen musste. Seit 1999 glanzvoll restauriert, war es 2014 Ort der Ersten Brandenburgischen Landesausstellung „Preußen und Sachsen. Szenen einer Nachbarschaft“.

Neustart nach 2014

Seit 2017 erzählt das erst 2015 gegründete Museum Schloss Doberlug in einer ständigen Ausstellung unter dem Titel „Doberlug und das sächsische Brandenburg“ die Geschichte von Kloster, Schloss und Planstadt. 2023 öffnete das Museum die Türen zu einem bedeutenden Zeugnis europäischer Adelskultur in deutschem Museumsbesitz: der Sammlung Dohna-Schlobitten. Die Naturgeschichte des Landstrichs um Schloss Doberlug vermittelt das 2018 eröffnete Besucherinformationszentrum des Naturparks Niederlausitzer Heidelandschaft. Ein

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Vom Feinsten: Preußische Adelsschätze in sächsischen Mauern

besonderer Reiz entsteht zudem aus dem Zusammenspiel des Schlosses mit dem benachbarten Refektorium und der Kirche des ehemaligen Zisterzienserklosters.

Adelskultur mit Perücke, aber ohne Zopf

Mit der Präsentation der ostpreußischen Adelssammlung Dohna-Schlobitten setzt das Museum Schloss Doberlug seit Juni 2023 einen Fokus auf die Adelskultur. Die Sammlung Dohna-Schlobitten umfasst rund 2.000 Objekte des 16. bis 19. Jahrhunderts, darunter Gemälde, Grafiken, Bücher, Skulpturen, Möbel, Textilien, Silber, Glas und Porzellan. Sie gehörten einst zum Inventar von Schloss Schlobitten, dem Stammsitz der Burggrafen, Grafen und Fürsten zu Dohna-Schlobitten (heute Słobity, Polen). In Doberlug geben die Objekte Auskunft zu Aspekten mitteleuropäischer Adelskultur. Die Sammlung kam als Leihgabe der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg nach Südbrandenburg.

Das Geschlecht der Burggrafen zu Dohna war eine der einflussreichsten Familien in Sachsen und später in Ostpreußen. Durch die enge Bindung an den brandenburgisch-preußischen Hof gelangten zahlreiche Werke der Berliner Kunst ins ostpreußische Schlobitten. Die dort seit 1525 ansässigen Dohnas ergänzten und bewahrten die

Sammlung mehr als 400 Jahre lang bis zum Zweiten Weltkrieg. Der letzte Schlossherr, Alexander Fürst zu Dohna-Schlobitten, konnte einen Großteil des Kunstinventars kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges evakuieren.

Besucher und Besucherinnen entdecken in zehn Ausstellungskapiteln eine Vielfalt, die von kostbaren Silberhumpen, Gemälden und Tapisserien sowie Porzellanen bis hin zu Spazierstöcken, Knöpfen, Haarnadeln oder kleinen Stickmustern reicht. Dieser detailreiche Objektkosmos gibt anregende

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Einblicke in adelige Erinnerungskultur, Heiratsstrategien oder standesgemäße Selbstinszenierung. Gleichzeitig hat die Sammlung Dohna Lücken, die hauptsächlich auf Kriegsverluste zurückzuführen sind – auch dies wird als Spiegelbild adeliger Geschichte in der Ausstellung aufgegriffen. Ergänzt und vertieft wird sie von interaktiven Medienangeboten. Dort, wo die Objekte nicht mehr antworten können – ab 1945 – wird der Blick auf den Adel im späten 20. und frühen 21. Jahrhundert multimedial.

Wo Preußen Sachsen küsst

Eine weitere ständige Ausstellung im Schloss erzählt die Geschichte des einst sächsischen, heute brandenburgischen Ortes Doberlug in mehreren Kapiteln mit vielen historischen Objekten illustriert und medial aufbereitet. Gleichzeitig setzt sie Doberlug in den Kon-

text des über Jahrhunderte sächsisch geprägten Landstrichs, der 1815 an Preußen fiel.

Dabei wird die Geschichte des Ortes beginnend mit der Stiftung des Doberluger Klosters im Jahr 1165 ebenso beleuchtet wie seine Glanz- und Blütezeit unter der Herrschaft der wettinischen Nebenlinie Sachsen-Merseburg im 17. und 18. Jahrhundert. Doberluger Persönlichkeiten, darunter der Dichter Heinrich Clauren, dessen Bücher um 1800 mehr Leser fanden als Goethes Werke, oder der Chemiker Hermann Wilhelm Vogel, der mit seinen Forschungen die moderne Farbfotografie vorbereitete, illustrieren den geistigen Kosmos, der sich um das Schloss bildete. Den Schlusspunkt der Präsentation setzen Aspekte des sächsischen Brandenburgs, insbesondere seine Künstler und die Adelsresidenzen des Territoriums.

Im Mittelpunkt der Präsentation stehen historische Objekte wie Fragmente der verschollenen Dobrilugker Klosterbibliothek, wertvolle Bücher der Herzogszeit und Pretiosen dieser höfischen Blüte des Schlosses, darunter ein Deckelpokal aus Glas mit dem Wappen des Herzogs von Sachsen-Eisenberg aus dem Bestand des Kulturhistorischen Museums Görlitz oder eine silberne Hostiendose der Herzogin Christiane von Sachsen-Merseburg aus dem Besitz der Kirchengemeinde Doberlug. Das Deutsche Literaturarchiv gab ein Porträtgemälde Heinrich Claurens nach Doberlug, und im sächsischen Brandenburg findet sich die Turmbekrönung des Schlosses Dahme, heute in Besitz des dortigen Heimatmuseums, wieder.

Begleitet wird auch diese Ausstellung von medialen Vermittlungsangeboten. Besu-

Linke Seite, oben: Schloss Doberlug präsentiert sich als vierflügelige Renaissance-Anlage und wurde bis 2014 grundlegend saniert und restauriert. Das Portalwappen verweist auf die Sekundogenitur Sachsen-Merseburg, einer Nebenlinie der Wettiner, die das Schloss erbauen ließ. Mitte u. unten: Das Museum Schloss Doberlug präsentiert mit der Ausstellung „Vom Feinsten. Preußische Adelsschätze in sächsischen Mauern“ ostpreußische Adelskultur.

Re. S., li. 1: Porträt des Fürsten Alexander zu Dohna-Schlobitten (1899–1997) von Otto Ewel (1871–1954). 1929.

Links 2: Gedecke aus einem Speise- und Dessertservice, Modell Neuglatt, Königliche Porzellanmanufaktur Berlin, um 1780.

Links 3: Specksteinfigur, China, 18. Jahrhundert Sammlung Dohna in Doberlug. Eigentum der Bundesrepublik Deutschland und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, in Teilen erworben mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin. Links unten und rechts Mitte: „Doberlug und das sächsische Brandenburg“

Unten: Das sächsische Brandenburg beschreibt den Raum, der bis 1815 zu Sachsen gehörte und an Preußen fiel. In der Ausstellung können die sächsischen Spuren in der Landschaft verfolgt werden. Fotos: © MVEE/Franke

cherliebling sind hier die Silhouettenanimationen des sächsischen Silhouettentrickfilmers Dr. Klausjörg Herrmann. Mehrfach für seine Arbeiten mit Preisen bedacht, arbeitet Herrmann in der Tradition von Lotte Reiniger, die den Silhouettentrick um 1921 entwickelte, und ist heute einer der wenigen Menschen, die diese Kunst noch beherrschen.

Alle Ausstellungen des Schlosses können mit Audioguides für Erwachsene und Kinder erkundet werden.

Museum Schloss Doberlug im Museumsverbund Elbe-Elster Schlossplatz 1, 03253 Doberlug-Kirchhain Tel. 035322 - 688 8520 museum-schlossdoberlug@lkee.de www.museumsverbund-lkee.de

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Sänger- und Kaufmannsmuseum Finsterwalde

Das Südbrandenburger Museum bietet seinen Besuchern zwei Themenwelten. Beide sind regional verwurzelt, führen aber auch weit über die Finsterwalder Stadtgrenzen hinaus. Um einen original erhaltenen Kolonialwarenladen gruppiert sich der Ausstellungsbereich zur Geschichte des Einzelhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Hier kann die Verkaufskultur unserer Vorfahren entdeckt werden.

In der Sängerstadt Finsterwalde liegt zudem die Beschäftigung mit dem Gesang nahe. Das Museum erzählt die Geschichte, die sich hinter dem Gassenhauer „Wir sind die Sänger von Finsterwalde“ verbirgt. Seit 2024 zählt die Finsterwalder Sangestradition zum immateriellen deutschen Kulturerbe. Das Sängerlied steht am Beginn dieser Tradition. Der Chorwurm des Hauses windet sich durch acht Jahrhunderte gemeinsamen Singens. Illustriert mit vielen Ausstellungsobjekten, erklärt er, warum Menschen durch die Jahrhunderte gemeinsam gesungen haben.

Urbild des Tante-Emma-Ladens

Als G. F. Wittke 1850 sein Material-, Tabak-, Cigarren- und Destillations-Geschäft gründete, ahnte er nicht, dass es einst das

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Kernstück des Sänger- und Kaufmannsmuseums in Finsterwalde bilden würde. Der original eingerichtete Kaufmannsladen im Interieur der Gründerzeit und den Waren und Werbe-Utensilien aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist noch heute das Urbild des Tante-Emma-Ladens. Mit dem Besuch des historischen Kolonialwarenla-

dens tauchen Besucherinnen und Besucher in eine fast vergessene Verkaufskultur ein. Für ihre Vorfahren war der Einkauf sehr viel mehr als bloßer Warenerwerb. In Wittkes Kolonialwarenladen nahmen sie sich Zeit für ein Schwätzchen mit dem Handlungsgehilfen oder dem Prinzipal. Zum Viertelpfund Salz gab es hier meist gleich

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den neuesten Stadttratsch. Wuchernden Verpackungsmüll kannte man um 1900 nicht. Viele seiner Waren verkaufte der Kaufmann lose; seine Kundinnen brachten dafür Topf oder Kanne mit. Der Wirrwarr konkurrierender Gerüche muss unglaublich gewesen sein. Bis 1974 bedienten an dieser Stelle drei Kaufmannsgenerationen die Finsterwalder Kundschaft. Dem Firmengründer Gottfried Wittke folgte 1898 sein Sohn Johannes. 1929 übernahm dessen Tochter Johanna Wittke die Geschäfte. Laden und Kontor führen authentisch in ihre Lebens- und Arbeitswelt - und sind inzwischen auch beliebte Filmlocations. Eine Drogerie mit DDR-Produkten, historische Verkaufsautomaten und Werbeschilder, alte Kaffeeröstofen der Firma Wittke und eine Sammlung von Puppenkaufläden setzen die Themen Einzelhandel und Werbung fort.

Von der Provinzburleske zur Sängerstadt

Finsterwalde: Das ist, wie der Berliner sagt, j.w.d. Janz weit draußen. Genauso einen Ort brauchte der Komponist Wilhelm Wolff 1899, als er eine neue Burleske für seine Herrensängergesellschaft schrieb. Wolff warf diese Stücke zahlreich auf die Bühne. In diesem sollte es um drei Provinzler gehen, die nur eine Aufgabe hatten: das Berliner Publikum zum Lachen zu bringen und dabei ein Liedchen zu trällern.

Die echten Finsterwalder fanden anfangs weder das Couplet noch die Burleske lustig. Später arrangierten sie sich dann jedoch so gut damit, dass sie ihre Stadt heute als Sängerstadt bezeichnen. Das Museum erzählt von den drei Finsterwalder Sängern Wilhelm Wolffs und von ihren Spuren in der Stadt. Der sich anschließende Chorwurm präsentiert 800 Jahre gemeinsamen Singens in Deutschland. Er greift vor allem die sozialen Aspekte des gemeinsamen Singens auf und zeigt, wie es durch die Jahrhunderte in der Gesellschaft gelebt worden ist. Der Chorwurm ist gespickt mit Objekten zur Sangesgeschichte aus allen Regionen Deutschlands.

Sänger- und Kaufmannsmuseum

Finsterwalde im Museumsverbund Elbe-Elster Lange Straße 6/8

03238 Finsterwalde

Tel. 03531 - 30783

museum-finsterwalde@lkee.de www.museumsverbund-lkee.de

Linke Seite, oben: Blick in den historischen Kolonialwarenladen des Museums: Ein Besucherliebling und bereits vielfach Ort von Filmarbeiten.

Mitte: Der Finsterwalder Künstler Eckhard Böttger (1954–2010) schuf die Skulptur der Finsterwalder Sänger vor dem Museum

Unten: Die DDR-Drogerie des Museums

Rechts: Während die Einrichtung des Kolonialwarenladens in die Gründerzeit datiert, stammt seine Warenwelt

aus den 1920/30er-Jahren

Rechte Seite, oben: Eine Sammlung Puppenkaufläden öffnet das Museumsthema Einzelhandel auch für das junge Publikum

Mitte: Die Figuren der Finsterwalder Sänger Pampel, Knarrig und Strippe gehören in den Sangesbereich des Hauses

Unten: Im Finsterwalder Chorwurm kann das gemeinsame Singen über die Jahrhunderte nachvollzogen werden Alle Fotos: © MVEE/Franke

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Erinnerungsort

der Reformationsgeschichte

Museum Mühlberg 1547

In der Nähe der Stadt Mühlberg/Elbe wurde europäische Geschichte geschrieben. 1547 trafen im heutigen Südwesten Brandenburgs die Heere einer katholischen Allianz unter Kaiser Karl V. auf den protestantischen Schmalkaldischen Bund unter dem Kommando des sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich. Dieses für den Verlauf der Reformation bestimmende Ereignis bildet den Hauptgegenstand des im April 2015 eröffneten Museums, das sich in den Reigen der mitteldeutschen Reformations-Stätten einreiht. Besucher erfahren hier, warum Kaiser Karl V. in Mühlberg den Höhepunkt seiner Macht erreichte und Tausende Söldner im April durch die Elbe schwammen. Zeit nehmen sollte man sich auch für einen Rundgang durch die mittelalterliche Doppelstadt. Hier befindet sich zum Beispiel das ehemalige Zisterzienser-Nonnenkloster, das mit seiner imposanten Klosterkirche, dem Äbtissinnenhaus, dem Refektorium, dem Torhaus und der Propstei als geschlossene Anlage erhalten geblieben ist.

Die Schlacht bei Mühlberg

Am 24. April 1547 beendete die Schlacht bei Mühlberg nicht nur den Schmalkaldischen Krieg, sondern auch den ersten Religionskrieg auf deutschem Boden. Dieser bedeutenden Zäsur widmet sich die detailreiche Präsentation zur Schlacht von Mühlberg, die das gesamte Erdgeschoss des Hauses einnimmt. Kaiser Karl V. brachte den protestantischen Reichsständen um den sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich den Großmütigen, vereint im Schmalkaldischen Bund, bei Mühlberg eine vernichtende Niederlage bei. Der Ausgang der Schlacht bestimmte für viele Jahrhunderte die Landkarte Mitteldeutschlands. Johann Friedrich musste die Kurwürde und große Teile seines Landes abgeben, Karl V. befand sich nach dem Mühlberger Sieg auf dem Höhepunkt seiner Macht. Die Ausstellung thematisiert neben den konfessionellen Bezügen auch politischgesellschaftliche Konflikte, von denen sich

drei im Schmalkaldischen Krieg entluden. Hier stand Reichsgewalt gegen Fürstenmacht, alter Glaube gegen neuen Glau-

Linke Seite, oben: Die vorbildlich sanierte und restaurierte Propstei des Mühlberger Klosters Marienstern ist die Heimstatt des Museums Mühlberg 1547

Unten: Kern des Museums bilden die Ereignisse der Schlacht bei Mühlberg 1547, die mit Karl V. den Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation in das kleine Elbestädtchen führte

Rechte Seite, oben: Söldner aus ganz Europa kämpften in Mühlberg

Unten: Mühlberg ist eine Doppelstadt an einem heute trocken gefallenen Arm der Elbe – im Museum kann dem Alltag mit und am Fluss nachgespürt werden

Fotos: © MVEE/Franke

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ben und sächsisch-wettinische Albertiner gegen Ernestiner. Ein Medientisch erlaubt es, den Tag der Schlacht zudem aus drei unterschiedlichen Sichtweisen zu erleben: aus katholisch-kaiserlichem Blickwinkel, aus kurfürstlich-protestantischer Perspektive und schließlich aus der Sicht eines Mühlbergers.

Stadt an der Elbe

Die stadtgeschichtliche Ausstellung des Museums erzählt von den Ursprüngen Mühlbergs, von seinem Gedeihen und Wachsen am Elbestrom, von wechselnden Herrschaften und vom Alltag eines kleinen Handwerkerstädtchens.

Erinnerung an zwei Lager

Nicht zuletzt wird im Museum die Geschichte der Lager Mühlbergs bewahrt. 1939 richteten die Nationalsozialisten sieben Kilometer nordöstlich der Stadt, nahe dem Bahnhof Neuburxdorf, ein „Stammlager“ für Kriegsgefangene ein, das Stalag IV B. Während Gefangene aus Westeuropa entsprechend der Genfer Konvention behandelt wurden, erging es sowjetischen und polnischen Soldaten sehr schlecht. Nahezu 3.000 Kriegsgefangene kamen ums Leben. Das Kriegsgefangenenlager wurde nach

dem Ende des Zweiten Weltkrieges von der sowjetischen Besatzungsmacht als eines der berüchtigten Speziallager fortgeführt.

Im Speziallager Nr. 1 waren bis 1948 fast 22.000 Personen ohne rechtsstaatliche Verurteilung inhaftiert, von denen 6.700 an Hunger und Krankheiten starben. Berührende Objekte erzählen die Geschichte der beiden Lager und werden durch Interviews mit ehemaligen Häftlingen und Zeitzeugen ergänzt.

Museum Mühlberg 1547 im Museumsverbund Elbe-Elster Klosterstraße 9 04931 Mühlberg Tel. 035342 - 837 002 museum-muehlberg1547@lkee.de www.museumsverbund-lkee.de

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Mit FOTOBODEN™ im DLM lässt sich auf allen Ebenen

Geschichte erleben

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Fotos: © Wolfram Scheible, Deutsches Landwirtschaftsmuseum Anzeige

Im Deutschen Landwirtschaftsmuseum wurde neben der Forschung auch „Ackergeräte“ gesammelt, Modelle davon hergestellt und vertrieben. Das dienten Generationen von Bauern und Handwerkern als 3D-Vorlage zum Nachbau neuer landtechnischer Errungenschaften.

Heute unterstützt FOTOBODEN™ auf der über 5.700 m² großen Ausstellungsfläche die neu gestaltete Ausstellung „Ackerbau im Wandel am Beispiel der Kartoffel“. Das Museumskonzept beinhaltet die wissenschaftliche Erarbeitung der Produktionsgeschichte und dokumentiert den ständigen Wandel in der Agrargeschichte sowie deren Ursachen und Zusammenhänge.

Durch FOTOBODEN™ wird die Museumserfahrung gelenkt und eindeutiger. Exponate werden direkt im gewünschten Kontext wahrgenommen. So baut man hervorragend eine Verbindung für weitere Informationen auf und Barrieren ab. Geschichte und Kunst wird hier also zugänglicher gemacht, indem man Wissenslücken mit der Gestaltung des Bodens schließt und so den Einstieg in die Themenwelt erleichtert. Wer nicht weiß wie ein Pflug vor 100 Jahren aussah, kann trotzdem seine Funktion erschließen, da der FOTOBODEN™ den Kontext bereitet.

So schafft das DLM seine Zielvorgabe, die Öffentlichkeit über alle Bereiche der Landwirtschaft und deren Leistungen für Umwelt und Gesellschaft umfassend zu informieren dank FOTOBODEN™ spielend.

FOTOBODEN™ - visuals united AG Anna-Lindh-Straße 14 50829 Köln - Germany

FON: +49 (0) 221 340 269 - 44 info@fotoboden.de www.fotoboden.de

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Lahnmarmor: ein Stein für Träume

... in einem jungen Museum mit langer Geschichte. Autorin: Irmgard Rado

Wenn wir an Marmor denken, erscheint vor unserem inneren Auge das strahlende Weiß eines David von Michelangelo, einer Venus von Milo oder anderer Kunstwerke, die den rein weißen Marmor weltberühmt gemacht haben. „Der ist doch langweilig“, kommentierte dagegen eine Besucherin im Lahn-Marmor-Museum, die sich in das vielfarbige Gestein verguckt hatte, das es dort zu sehen gibt.

Was ist Lahnmarmor? Für eine Antwort müssen wir weit in die Erdgeschichte zurückblicken, in die Zeit des Mitteldevon vor ca. 380 Millionen Jahren. Damals lag die Lahn-Region etwa 20 Grad unterhalb des Äquators. In einem tropischen Flachmeer, vulkanisch geprägt, konnten sich Barriereriffe bilden, durchaus vergleichbar mit dem heutigen Great Barrier Reef vor Australien. Durch die Kontinentalverschiebung wanderte dieses Gebiet bis zur heutigen Position etwa 50 Grad nördlicher Breite.

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Eine Vielzahl von Organismen siedelte sich im gleichmäßig warmen, nährstoffreichen Wasser auf den nahe der Wasseroberfläche liegenden Vulkanbauten an. Korallen, Seelilien, Stromatoporen (Kalkschwämme) und andere Tiere lebten, starben, zurück blieben ihre Kalkgerüste, die mächtige Riffkörper bildeten und die wir heute als Fossilien finden - in den Stein geschrieben.

Tatsächlich handelt es sich beim Lahnmarmor aus geologischer Sicht nicht um Marmor, sondern um „polierbaren Massenkalk“. Allerdings werden viele Gesteine seit Jahrhunderten in Architektur, Innenausstattung oder Kunstgeschichte als Marmor bezeichnet, wenn sie polierfähig sind.

Echter Marmor hat eine Metamorphose durchlaufen, war also hohem Druck und starker Hitze ausgesetzt. Das blieb dem Lahnmarmor erspart, deshalb können wir

heute noch viele Bestandteile der kalkbildenden Lebewesen erkennen, die das Besondere dieses Gesteins ausmachen. Dazu gehört, dass verschiedene mineralische Lösungen im Laufe der Zeit in das Gestein eingedrungen sind und ihnen ihre jeweils eigenen Farben verliehen haben.

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Vom Baumaterial zum Schmuckstück

Kalkstein wurde zum Kalkbrennen benutzt und für viele Bauten. Die erste Verwendung zu dekorativen Zwecken ist um das Jahr 1594 nachgewiesen. Für 1599 ist auf Burg Schnellenberg ein Altar belegt. Der damals „entdeckte“ schwarze Marmor fand in den folgenden Jahren großen Zuspruch bei Fürsten und Kirchenmännern, für Grabmale,

Altäre, Ausstattungen von Kirchen und anderen repräsentativen Bauten. Oft wurde er kombiniert mit anderen, farbigen Varietäten, oft auch mit Gold abgesetzt.

Im Barock, nach dem Dreißigjährigen Krieg, wurden die zerstörten Städte, Kirchen, Burgen und Schlösser wiederaufgebaut und bescherten dem Lahnmarmor eine Blütezeit. Struktur und Farbenspiel passten perfekt

Linke Seite, oben: Hintergrund - Lahnmarmor aus dem Bongard-Bruch. Foto: © LMM

Oben, Vordergrund: Marmorsaal im Staatsbad Bad Ems, 1836-39 errichtet , seit 2021 Unesco-Welterbe.

Foto: © Irmgard Rado

Unten: Verschiedene Varietäten von Lahnmarmor

Foto: © Irmgard Rado

Rechte Seite: Hochaltar im Dom zu Fulda von Jakob Weidemann (1648–1719). Foto: © W.Wabel

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zu den damaligen Schönheitsidealen. Viele Marmorbrüche wurden erschlossen, zahlreiche Steinmetzbetriebe und Werkstätten entstanden. Insgesamt wurde im Lahn-DillGebiet und in der Lahnmulde in über hundert Steinbrüchen Marmor in verschiedenen Varietäten abgebaut.

Die Arbeit in den Steinbrüchen war schwer. Menschlicher Erfindergeist brachte beeindruckende Verbesserungen zustande: von der reinen Handarbeit über Dampfmaschinen und Elektromotoren, von der Steinrutsche und dem Derrickkran aus Holz bis zum Transport per Bahn, von der Seilsäge zum Gatter und der Poliermaschine… Ebenso erstaunlich war die künstlerische Bearbeitung des Gesteins für Skulpturen, Weihwasserbecken oder Grabsteine, aber auch von Alltagsgegenständen wie Schalen, Uhren oder Schachspielen.

Mit verbesserten Transportmöglichkeiten ging der Marmor auch bis in die weite Welt. Das farbige Gestein wurde in unzähligen repräsentativen Gebäuden eingesetzt. Universitäten wie München, Zürich oder Leipzig, die Dome in Trier, Würzburg, Berlin, Fulda, Köln und weitere schmücken sich damit, das Welterbe Bad Ems rühmt sich mit seinem wunderschönen Marmorsaal. Ausstattungen von Schlössern und Burgen, Geschäfts- und Warenhäusern, Bahnhöfen und Kreuzfahrtschiffen, von herrschaftlichen Wohn- und Landhäusern, Hotels, und immer wieder Kirchen - die Liste der Fundstellen im Lahn-Marmor-Museum ist schier unendlich. Dazu kommen Kunstwerke, Brücken, Brunnen, Schleusen, Grabmäler, Grenzsteine, Statuen…

Wiederentdecktes Naturerbe

Eines der eindrucksvollsten Beispiele für die Verwendung des edlen Steins in der Innenarchitektur findet sich im Empire State Building in New York. In sehr kurzer Bauzeit 1930 bis 1931 errichtet, war es bis 1972 das höchste Gebäude der Welt. Für den Blickfang des repräsentativsten Teils, der Lobby, wurde Lahnmarmor gewählt: das ornamentale Paneel, das jeden Besucher in der Eingangshalle begrüßt, besteht aus „Famosa Rosé“, einer Varietät mit rotvioletten Bänderungen. Dafür und für Wandverkleidungen, Türumrahmungen, Fußböden, Verkleidungen in Korridoren und anderes wurden 270 m³ Rohblöcke im Gesamtgewicht von 723 Tonnen per Schiff aus dem Lahngebiet nach New York transportiert.

Nach vierhundert Jahren, in den 1960ern, endete diese Geschichte. Der Geschmack veränderte sich, der Abbau in Deutschland wurde zu teuer, billigere Gesteine aus aller Welt ersetzten den Lahnmarmor. Die Natur holte sich die Steinbrüche zurück, ab und an kamen noch Fossilien- und Mineraliensammler vorbei oder Geologen und Paläontologen. So wie im Jahr 1989, als ein australischer Devon-Spezialist mit Marburger Kollegen in den Unica-Bruch in Villmar kam und trotz der Überkrustung durch Flechten, Algen und Moose erkannte, dass es hier einen Schatz zu heben galt. Zwei gesägte Wände, je drei Meter hoch und ca. 15 Meter breit, zeigen mit einer Vielzahl von Fossilien und Strukturen, wie das Korallenriff gewachsen war.

Der Wissenschaftler war begeistert von dem „vermutlich einmaligen Aufschluss im zentralen Teil eines devonischen Riffes“. Die Vermutung bestätigte sich: inzwischen ist der Unica-Bruch nahe beim Museum eines von 77 deutschen Nationalen Geotopen, Kulturdenkmal und ein Muss in der Ausbildung von Geologinnen und Paläontologen.

Museum und Unica-Bruch gehören zusammen

Zwei Wege führten nun über die Jahre

hinweg zum heutigen Museum: das Versprechen, das der Australier den Kollegen abnahm: sich um den wertvollen Schatz zu kümmern. Und das Zusammenkommen von Menschen, die kunstgeschichtlich interessiert waren und zufällig über die Verbindung von Denkmal und Stein „stolperten“. 56 engagierte Bürgerinnen und Bürger gründeten 1997 den Verein Lahn-Marmor-Museum e.V. – ohne Museum, aber mit der festen Absicht, eines zu errichten, um der Nachwelt das Wissen über die Geschichte und die Tradition des Lahnmarmors zu erhalten.

Erste Ausstellungen, auch außerhalb Villmars, brachten das steinige Erbe wieder ins Bewusstsein. Der wertvolle Unica-Bruch wurde von Müll befreit und hergerichtet. 2001 wurde er mit einem Zeltdach überbaut, um die nun geschliffene und polierte Wand in ihrer Pracht vor Witterungseinflüssen zu schützen. Nur an zwei weiteren Orten auf der Welt gibt es vergleichbare Aufschlüsse, diese sind aber kaum zugänglich und vor allem „roh“: erst die Bearbeitung durch den Menschen macht den Aufbau des 380 Millionen Jahre alten Riffs mit einem „Schnitt durch die Erdgeschichte“ sichtbar.

Der Unica ist in Gemeindebesitz, wird aber liebevoll betreut von den ehrenamtlich Aktiven des Museums.

Die Bemühungen um ein richtiges Museum brachten zwar schöne Architektenentwürfe, die waren aber nicht finanzierbar. Gegner eines eigenen Museums saßen auch am eigenen Ort. 2012 gab es einen Neuanfang, Fördermittel der EU und ein an Industriebauten angelehnter Entwurf führten zum entscheidenden Beschluss: "Die Gemeindevertretung beschließt, sich beim Bau eines Lahn-Marmor-Museums mit 200.000 Euro zu beteiligen und die Kosten der Bauleitplanung zu übernehmen."

Endlich ein Museum für den schönen Stein

Im März 2016 wurde direkt an der Lahn ein Museumsneubau eröffnet, in dem das wunderbare Naturmaterial und seine Geschichte angemessen präsentiert werden kann.

600 Quadratmeter galt es nun zu füllen. Mit wissenschaftlicher Unterstützung wurde ein Ausstellungskonzept erarbeitet, Entstehung, Abbau, Bearbeitung und

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Anwendung werden gezeigt. Der Verein brachte Ausstellungsobjekte, Infrastruktur, Eigenleistungen und Sachleistungen in beträchtlicher Höhe ein, dazu 190.000 Euro an finanziellen Mitteln.

Parallel dazu wurde eine gemeinnützige Stiftung gegründet, die Träger und Eigentümer des Museums ist. Der Verein wurde zum Förderverein. Der Museumsbetrieb wird nicht öffentlich gefördert, Verein und Stiftung sind auf die Eintrittsgelder und auf Spenden angewiesen und müssen sich regelmäßig um kleinere und größere Summen an Fördergeldern bemühen. Das vielfältige Engagement der Vereinsmitglieder ist ehrenamtlich.

Über das Museumsgebäude hinaus wurde eine ganze Museumslandschaft geschaffen: bereits 1999 wurde der Villmarer LahnMarmor-Weg als ein sogenanntes offenes Museum eröffnet. Die „Marmorroute“ folgt über 50 km der Lahn, mit Hilfe einer App kann man hier gut 100 interessante

Linke Seite: Paneel mit Lahnmarmor im Eingangsbereich des Empire State Building, New York Foto: © Tony Hisgett from Birmingham, UK, CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

Rechte Seite, oben: Detail aus dem Unica-Bruch, Stromatopore mit wiederverfülltem Riss, umgeben von Seelilien u.a. Foto: © Jan Bosch

Mitte: Nationales Geotop Unica-Bruch mit Zeltdach Foto: © W.Pinsdorf

Unten: Lahn-Marmor-Museum – Blick auf Vitrinen und Bildhauer-Werkstatt. Foto: © Irmgard Rado

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Stationen mit Lahnmarmor erkunden. Eine Freilichtausstellung auf der anderen Seite der Lahn, wo Wanderer, Kanu- und Radfahrerinnen rasten können, macht Lust auf einen Besuch von Museum und Unica-Bruch, der Weg führt über eine schöne, 1894/95 errichtete Bogenbrücke mit Verkleidungen aus Lahnmarmor-Schmucksteinen verschiedener Sorten.

In der langen Zeit bis zum Erreichen des ersehnten Ziels, eines eigenen Museumsgebäudes, war der Verein bereits auf vielen Gebieten engagiert, die auch heute noch zum Portfolio gehören: offene Führungen

Oben: Lahn-Marmor-Museum – Blick auf die Sonderausstellungsfläche

Unten: Außenansicht des Lahn-Marmor-Museums

Fotos: © Irmgard Rado

Rechts: Marmorabbau Anfang des 20. Jahrhunderts

Fotos: © LMM

oder auf Anfrage, Exkursionen, Vortragsveranstaltungen, Workshops zur Marmorbearbeitung, Filmbeiträge im Fernsehen, Sonderausstellungen, prominente und weniger prominente Besucher, Kontakte zu Institutionen, anderen Vereinen und Museen und mehr.

Nicht zuletzt ist das Lahn-Marmor-Museum ein Informationszentrum des GEOPARK Westerwald-Lahn-Taunus und ein Standort der Industriekultur.

Geöffnet von Ende März bis Ende Oktober

Lahn-Marmor-Museum

Oberau 4

65606 Villmar

Tel. 06482 - 60 75 588 (nur während der Öffnungszeiten besetzt)

stiftung@lahn-marmor-museum.de www.lahn-marmor-museum.de

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Stadtmuseum Hofgeismar

Stadtgeschichte für jeden Geschmack

Autorin: Katharina Zeller

Wie könnte sich die facettenreiche Geschichte einer Stadt und Region auf nur eine Ausstellung kondensieren? Das Stadtmuseum Hofgeismar geht daher andere Wege. Auf mehr als 1200 Quadratmetern werden in acht einzelnen Dauerausstellungen unterschiedlichste Aspekte der Stadt- und Regionalgeschichte beleuchtet. So findet sich für jedes Interessengebiet ein passendes Angebot. Mehrere kleine Ausstellungen widmen sich außerdem der Arbeit bedeutender heimischer Künstler. Regelmäßige Sonderausstellungen bieten großen und kleinen Gästen spannende Einblicke in immer wieder neue Themen.

Von steinzeitlichen Werkzeugen bis zur kunstvollen Keramik

Zu den ältesten Exponaten gehören Ausgrabungsfunde, die bis in die Eiszeit zurückdatiert werden können. Pfeile, Feuersteine und Steinwerkzeuge erzählen die Geschichte erster kontinuierlicher Besiedlung um das heutige Hofgeismar seit der Altsteinzeit. Dank umfangreicher Grabungsfunde lässt sich daher die Siedlungsgeschichte der Region nachverfolgen, von den Jägern und Sammlern der Altsteinzeit bis zu unseren

ersten sesshaften Vorfahren der Jungsteinzeit, die bereits Keramikgefäße zur Vorratshaltung herstellten. Die in der Abteilung „Ur- und Frühgeschichte“ gezeigten Funde reichen bis ins frühe Mittelalter. Aus diesen frühen Keramiken hat sich seit dem Mittelalter schließlich eine ganz eigene Tradition der „Töpferei im Reinhardswald“ entwickelt, der eine eigene Ausstellung im Stadtmuseum gewidmet ist. Geschuldet war dieses aktive Töpferhandwerk vor allem dem reichen Tonvorkommen sowie leichtem Zugang zu Wasser und Holz. Auf eine gänzlich neue Stufe gehoben wurde die hiesige Töpferei durch den Keramiker Rolf Weber (1907-1985). Im mittelalterlichen Gewölbekeller präsentiert sich eine Auswahl seines künstlerischen Schaffens. Rolf Weber gehört zu den bekanntesten und experimentierfreudigsten Keramikern seiner Zeit und gab sein Wissen in einer Lehrwerkstatt an den Nachwuchs weiter.

Französische Nachbarn und wundersame Quellen

Der Dreißigjährige Krieg hinterließ auch in Hofgeismar seine Spuren, die Stadt war finanziell ausgebrannt und die Einwohnerzahl

stark dezimiert. Auf Einladung des damaligen Landgrafen Karls von Hessen-Kassel siedelten sich jedoch französische Glaubensflüchtlinge in seinem Herrschaftsgebiet an. Die Hugenotten und Waldenser, die seit 1685 aus ihrer Heimat vertrieben wurden, faden in Nordhessen eine neue Heimat. So entstanden allein um Hofgeismar vier Hugenottensiedlungen. Die Abteilung „Geschichte der Hugenotten und Waldenser“ zeichnet die bewegte Geschichte dieser Glaubensflüchtlinge nach und erzählt von ihrem neuen Leben und Wirken in Nordhessen.

Fast zeitgleich trug auch der Aufbau und Betrieb eines Kurbades in Hofgeismar zu dessen wirtschaftlichem Aufschwung bei. Diesem „Gesundbrunnen“ widmet sich

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eine eigene Ausstellung. Der Legende nach entdeckte ein verwundeter Soldat während des Dreißigjährigen Krieges eine wundersame Heilquelle nahe der Stadt. Landgraf Karl ließ die Mineralquelle 1700 erschließen und in den folgenden Jahrzehnten zu einem prächtigen Bade- und Kurort ausbauen.

Linke Seite, oben: In der Dornröschenstadt Hofgeismar werden Besucher im verwunschenen Museumshof gebührend empfangen

Mitte: Grabungsfunde erzählen von lang vergangenen Zeiten

Rechte Seite, oben: Der mittelalterliche Gewölbekeller beherbergt herausragende Werke des Keramikers Rolf Weber

Unten: Kunstvolle Töpferwaren aus dem Reinhardswald Fotos: Stadt Hofgeismar, © Paavo Blåfield

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Dieser Gesundbrunnen diente fast 200 Jahre lang als Lebenselixier für Hofgeismar und zog fürstlichen Besuch von nah und fern an. Die spätbarocke Badeanlage ist noch heute im Brunnenpark Hofgeismars zu besichtigen.

Linke Seite, oben: Landgraf Karl von Hessen-Kassel hieß die französischen Flüchtlinge Willkommen

Mitte: Das Modell zeigt den Gesundbrunnen aus der Zeit um 1780, vor dem Umbau

Mitte: Von dem Gebäudekomplex der Hofgeismarer Synagoge ist heute nur noch das Schulhaus erhalten. Es steht direkt vor dem Stadtmuseum.

Unten: Als die Welt noch in Ordnung war – 1860 waren Juden noch angesehene Mitbürger in der Stadt

Rechte Seite, oben: Vertraut werden mit Fremden: Mit dem Jad, einem Zeigestab, wird auf die jeweilige Textzeile in der Toralesung gedeutet.

Mitte: Hugues arbeitete mit allen Werkstoffen, die ihm zur Verfügung standen. In der Ausstellung zu sehen sind vorwiegend Plastiken aus Metall und Holz

Unten: Die traumhaften Werke Rocholls haben selbst Dornröschen aus dem Schlaf erwachen lassen, um sie zu bewundern

Fotos: Stadt Hofgeismar, © Paavo Blåfield

Jüdisches Leben in Nordhessen

„Juden, das waren Hessen, das waren Deutsche.“ – So lautet die Kernaussage und der rote Faden der Abteilung „Jüdische Kultur

Nordhessens“ im Stadtmuseum. Dabei beschränkt sich der Bezugsraum nicht nur auf das Stadtgebiet, sondern umfasst die weitere Region Hofgeismar-Kassel-Wolfhagen beispielhaft für das hessische Landjudentum. Neben einem Kennenlernen der jüdischen Religion und ihrer Traditionen steht vor allem die Integration und Assimilation der religiösen Minderheit in die christliche Mehrheitsgesellschaft im Vordergrund. Ein anschauliches Beispiel dafür ist etwa ein Gemälde aus dem Jahr 1860: Auf dem Hofgeismarer Marktplatz sind der jüdische Handelsmann Heilbrunn und der angesehene Apotheker Sander in ein Gespräch vertieft. Wie schnell Freunde und

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Nachbarn plötzlich zu Feinden und Verfolgern wurden, erlebten auch die jüdischen Bewohner Hofgeismars. Ihre Schicksale stehen seit Jahrzehnten im Fokus eigener Forschungsarbeiten. Publikationen dieser Erkenntnisse sowie zahlreiche Stolpersteine in der Stadt gedenken ihrer. Die umfangreiche Bibliothek und das Archiv stehen darüber hinaus für weitere Forschungsarbeiten zur Verfügung.

Diese Ausstellung und die museumspädagogischen Angebote – auch an außerschulischen Lernorten wie etwa jüdischen Friedhöfen – sind für viele Schulklassen fester Bestandteil im Geschichtsunterricht.

Bedeutende Künstler

Neben dem bereits erwähnten Keramiker Rolf Weber sind es vor allem Wilhelm Hugues (1905-1971) und Theodor Rocholl (1854-1933), die als Künstler mit regionalem Bezug ein Vermächtnis hinterlassen haben. Das kreative Multitalent Wilhelm Hugues lebte bereits seit seiner Kindheit im Hofgeismarer Stadtteil Hümme, wo er nach seiner Rückkehr aus Kriegsgefangenschaft 1949 zurückgezogen arbeitete.

Als Maler, Bildhauer und Grafiker beinhaltet sein etwa 800 Werke umfassender Nachlass Arbeiten nahezu jeden Genres. Für den bekennenden Kommunisten Hugues galt:

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„Kunst gehört der Öffentlichkeit“. Entsprechend viele Skulpturen und Reliefs mit seiner Handschrift finden sich im öffentlichen Raum in Nordhessen und darüber hinaus. Der ebenfalls hessische Künstler Theodor Rocholl bereiste als „Schlachtenmaler“ im Auftrag des Kaisers ferne Länder und hielt weltbewegende Ereignisse mit Pinsel und Bleistift fest. Neben diesen Werken aus kriegerischem Kontext liegt der Fokus der Sammlung im Stadtmuseum auf seinen regional entstandenen Werken mit Pferde- und Landschaftsmotiven. Denn im Reinhardswald fand er schließlich eine neue Heimat, wo er zur Ruhe kam und sich mit Einheimischen anfreundete. Rocholls Leidenschaft galt schon früh dem Malen von Pferden, denen er einen individuellen Charakter zu geben vermochte. Die Pferde des Beberbecker Gestüts dienten ihm als Inspiration.

Auch der Wald und mystisch anmutende Bäume sind ein wiederkehrendes Motiv in seinen Arbeiten. Sein erfolgreicher Einsatz für den Erhalt des verwilderten Urwaldes 1907 machte diesen nun zum ältesten Naturschutzgebiet Hessens. Bisher waren die Werke Theodor Rocholls in regelmäßigen Sonderausstellungen zu sehen. Voraussichtlich ab 2025 soll eine Dauerausstellung entstehen, die durch wechselnde Themenschwerpunkte die Vielfalt seines künstlerischen Schaffens zum Ausdruck bringt.

Ein Fuchs zum Anfassen und noch viel mehr

Ein besonderes Highlight für Kinder sind die „Hofgeismarer Biotope“. Hier veranschaulichen liebevoll gestaltete Großdioramen die verschiedenen Lebensräume der Region. Vom winzigen Feldhamster über die verschiedensten Sing- und Raubvögel bis hin zu Wildkatzen und Dachsen, sie alle bringen den Besuchern die wertvolle Vielfalt und den Kreislauf der Natur nahe. Die einmalige Chance, einen echten Fuchs zu streicheln, lassen sich nur wenige entgehen. Weitere Ausstellungen im Stadtmuseum ermöglichen einen Einblick in die fast

Oben: Blick in die Biotope-Ausstellung

Mitte: Der einzige Fuchs der gestreichelt werden darf –das Highlight aller Kinder

Fotos: Stadt Hofgeismar, © Paavo Blåfield

800-jährige Garnisonsgeschichte der Stadt Hofgeismar, die Geologie der Region mit Steinen zum Anfassen und die Zunft- und Wirtschaftsgeschichte Hofgeismars.

Stadtmuseum Hofgeismar Petriplatz 2 34369 Hofgeismar Tel. 05671/4791 museum@stadt-hofgeismar.de www.hofgeismar.de

AUDIOGUIDE STADTMUSEUM HOFGEISMAR

www.museum.de/m/2516

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www.cls-led.com

Das FamilienMitmachMuseum Gelnhausen

Autor: Andreas Fuchs

„Bosseln und Tüfteln“ – so nannte der Erfinder Philipp Reis seine Tätigkeit. Hatte er eine Idee, wollte er sofort ans Werk gehen und seine Erfindungen tatkräftig weiterentwickeln. Ein Ergebnis dieser Tüftelei war ein völlig neuartiger Apparat, mit dem Töne und Sprache übertragen werden konnten: das Telefon.

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Mitmachen und Begreifen

Philipp Reis wurde in Gelnhausen geboren und wuchs hier auf. Das Museum Gelnhausen, mitten in der historischen Altstadt gelegen, steht als „Mitmachmuseum“ in der Tradition des „Bosseln und Tüftelns“: Familien, Schulklassen, junge und alte Besucher sind eingeladen, (Stadt)-Geschichte vom Mittelalter bis in die Gegenwart spielerisch zu entdecken. Zahlreiche Mitmachstationen sind in die Ausstellung integriert. Dazu gehören z.B. Riechorgel, Geschichtsmemory, Rüstkammer mit Ritterhelm und Kettenhemd sowie zahlreiche historische Gewänder zum An- und Ausprobieren. Museumskoffer und Museumsrucksack mit Spiel- und Mitmachutensilien eröffnen Kindern schon im Kita-Alter einen spielerischen Zugang.

Anstelle von reinen Texttafeln schaffen große, hinterleuchtete Glaswände mit detailreicher Grafik einen unmittelbaren Einstieg in die jeweilige Thematik. Kaiser und Stadtgründer Barbarossa, der frühneuzeitliche Autor Grimmelshausen und der Erfinder Philipp Reis erzählen als liebevoll gestaltete Comicfiguren für Kinder auf

Augenhöhe in einer eigenen Textebene die Stadtgeschichte.

Mit dem eigenen Smartphone (Philipp Reis sei Dank!) können eigens produzierte kurze Hörspiele zu Episoden der Stadtgeschichte abgespielt werden.

Wechselnde Sonderausstellungen aus den Bereichen Kunst und Geschichte laden zu wiederholten Besuchen ein.

Das Begehbare Ohr

Einzigartig ist die „Expedition durch das begehbare Ohr“: Die Besucher des Museums krabbeln im Rahmen einer Führung durch die riesige Ohrmuschel und den Gehörgang am Trommelfell vorbei und rutschen ins Mittelohr. Dort erleben sie, wie das menschliche Gehör funktioniert. Überraschende Experimente verdeutlichen die Zusammenhänge, die zur Erfindung des Telefons führten.

Linke Seite: Blick in die Grimmelshausenwelt. © Zeckai

Rechte Seite, oben: Begehbares Ohr im Museum Gelnhausen. Foto: © Grünewald

Unten: Das Outdoor Spiel in der Altstadt. Foto: © Tews

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Grimmelshausenwelt

Sie ist ein thematischer Schwerpunkt des Museums. Der in Gelnhausen geborene Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen gibt mit dem Schelmenroman „Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch“ einen eindrucksvollen Einblick in das Leben und Leiden der Menschen während des 30-jährigen Krieges. Mit der kostbaren Sammlung seltener Erstausgaben und der lebensgroßen

Darstellung der Romanfiguren sowie Hörund Mitmachstationen tauchen Besucher in die bunte, rohe, gewaltige, fröhliche, literarische Welt Grimmelshausens ein.

Das Museum als „Stadt-Teil“

Eine Besonderheit des Kulturbetriebs in Gelnhausen sind die vielfältigen Erlebnisund Themenführungen in der Gelnhäuser Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen

und aufwändig restaurierten Fachwerkhäusern. Die ausgebildeten Gästeführer schlüpfen dabei auch in die Rolle historische Figuren und machen in Museum und Altstadt Geschichte auf lebensnahe und unterhaltsame Weise erfahrbar. Zudem können in zahlreichen museumspädagogischen Workshops zum Beispiel historische Handwerkstechniken ausprobiert werden.

Basierend auf der Grimmelshausenwelt gibt es im nahen Gelnhäuser Stadtwald eine Krimitour mit vielen Rätselstationen, die jederzeit kostenfrei mit dem eigenen Smartphone erkundet werden kann und die auf ganz eigene Art für einen Museumsbesuch wirbt. Weitere Online-Outdoorspiele zur Stadtgeschichte können für Gruppen gebucht werden.

Das Mitmachmuseum Gelnhausen lädt ganzjährig zum Begreifen, Staunen und Bosseln ein, ab September sogar mit einer Sonderausstellung zum Telefon-Erfinder Philipp Reis.

Museum Gelnhausen

Obermarkt, hinter Hausnr. 24 63571 Gelnhausen Tel. 06051 - 830 300 Tourist-Information@gelnhausen.de www.gelnhausen.de/museum

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Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund erweckt regionales Erbe zum Leben

Innovative Pfade zum 25-jährigen Jubiläum vom Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund

Autorin: Sarah Kinsky

In der geschichtsträchtigen Landschaft Sachsens und den malerischen Naturschönheiten der Königshainer Berge hat der Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund, verantwortlich für fünf Museen in dieser ländlichen Strukturwandelregion, zwei Projekte ins Leben gerufen, die das Zusammenspiel von kulturellem Erbe und Naturbewusstsein betonen. Diese Projekte – die Sonderausstellung "Nachkriegszeit im Spiegel – Schloss Krobnitz erzählt" und das Umweltbildungsprojekt "Leben im Einklang mit der Natur" – widmen sich der Aufgabe, den Besuchern einen Einblick in die Verflechtungen von Geschichte, Kultur und Natur zu bieten. Der Museumsverbund sieht es als seine Mission, ein breites Spektrum an Bildungsangeboten zu schaffen, die sowohl informieren als auch inspirieren, mit dem Ziel, ein tiefes Verständnis und eine Wertschätzung für die vielschichtigen Geschichten der Region zu fördern.

Durch diese beiden neuen Projekte konnten einladende und informative Räume geschaffen werden, in denen Geschichte lebendig wird und das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines sorgsamen Umgangs mit unserer natürlichen Umwelt geweckt wird.

Nachkriegszeit im Spiegel –Schloss Krobnitz erzählt: Eine Zeitreise der besonderen Art

Am 28. April 2024 öffnet die Sonderausstellung "Nachkriegszeit im Spiegel – Schloss Krobnitz erzählt" ihre Pforten und verspricht eine fesselnde Zeitreise in das Sachsen der Nachkriegszeit. Auf 80 Quadratmetern erwacht die transformative Phase nach 1945 zum Leben, mit einem besonderen Fokus auf die Geschichten der Flüchtlinge und Vertriebenen, die in Schloss Krobnitz eine neue Heimat fanden.

Die Ausstellung nutzt eine AR-Anwendung, um historische Räumlichkeiten zum Leben zu erwecken und bietet somit insbesondere

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jüngeren Generationen einen spielerischen Zugang zu den Themen der Demokratiegeschichte. Schloss Krobnitz, ehemals Wohnsitz preußischer Würdenträger und später Zufluchtsort für Geflüchtete, dient dabei als authentischer Schauplatz, der das Erlebnis für die Besucher intensiviert und den Bildungswert der Ausstellung steigert.

Das Ziel der Ausstellung ist es, einen Beitrag zur Erinnerungskultur Sachsens zu leisten und die Bedeutung politischer Bildung hervorzuheben. Ein interaktives Begleitprogramm soll das Verständnis für Sachsens Rolle in der Nachkriegszeit vertiefen und das Bewusstsein für die Entwicklung der Demokratie fördern. Das Projekt, das bis 2025 und somit zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fortgeführt werden soll, verspricht eine nachhaltige Wirkung.

In der Vorbereitungsphase, die bereits im September 2023 begann, widmete sich das Team der intensiven Recherche und Gestaltung, um eine informative und emotional ansprechende Ausstellung zu schaffen. Nach dem Abschluss der Sonderausstellung sollen die Inhalte und Erkenntnisse in

eine geplante Dauerausstellung im Schloss Krobnitz einfließen und somit langfristig als Bildungsressource dienen.

Konzept und Design der Ausstellung setzen auf eine Verknüpfung von innovativer Technologie mit historischer Erzählkunst. Die Besucherinnen und Besucher werden durch die Augen von Else Müller, einem fiktiven Mädchen, das als Geflüchtete im Schloss lebte, durch die Ausstellung geführt. Dies ermöglicht emotionale Einblicke in die Erfahrungen der damaligen Zeit und macht die historischen Inhalte greifbar.

Die Ausstellung ist in drei thematische Cluster gegliedert, die wichtige Phasen in der Geschichte des Schlosses Krobnitz und seiner Bewohner nach dem Zweiten Weltkrieg repräsentieren: das Kriegsende und die darauffolgenden Fluchtbewegungen; die Ankunft im Schloss und die Einrichtung darin sowie die Etablierung eines neuen Alltags in der Sowjetischen Besatzungszone. Diese Struktur ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern, die Entwicklungen und Veränderungen auf eine systematische und nachvollziehbare Weise zu erkunden.

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Ein besonderes Augenmerk liegt auf der barrierearmen Gestaltung der Ausstellung, die nicht nur die physische Zugänglichkeit gewährleistet, sondern auch die Bereitstellung von Inhalten in mehreren Sprachen umfasst. Dies trägt dazu bei, ein breites und vielfältiges Publikum anzusprechen und eine inklusive Erfahrung für alle Besucher zu schaffen.

Dieses Projekt wurde gefördert durch den Freistaat Sachsen im Programm „Sehnsucht nach Freiheit“.

Leben im Einklang mit der Natur – Drei Lehrpfade in den Königshainer Bergen

Von der tiefgründigen Auseinandersetzung mit der Geschichte in der Nachkriegszeit, wie sie uns die Sonderausstellung "Nachkriegszeit im Spiegel – Schloss Krobnitz erzählt" nahebringt, wenden wir uns nun einem Projekt zu, das die Natur und ihre unmittelbare Verbindung zur Kultur beleuchtet. Im Herzen der Königshainer Berge entfaltet sich "Leben im Einklang mit der Natur", ein Vorhaben, das den harmonischen Dialog zwischen Mensch und Natur fördert. Dieses Projekt bietet durch liebevoll gestaltete Lehrpfade eine einzigartige Möglichkeit, sich der Natur anzunähern, von ihr zu lernen und dabei die Spuren zu erkennen, die Menschen in dieser Landschaft hinterlassen haben.

Drei speziell angelegte Lehrpfade, jeder mit einem eigenen Themenschwerpunkt und einem charmanten Maskottchen –Pflasterstein Grinat, Försterin Franzi und das Wildschwein Wilhelm –, laden dazu ein, die bizarren Felsformationen und die stille Schönheit des Waldes zu erkunden. Diese Charaktere vermitteln Wissen auf unterhaltsame Weise und leiten die Besucher durch die vielfältige Flora und Fauna sowie die historischen Aspekte der Landschaft.

Zur Aufwertung der Lehrpfade wurden Waldsofas und Insektenhotels installiert, die zum Verweilen und Beobachten einladen, während Wegeteile und -sicherungen baulich erneuert wurden, um die Sicherheit der Wanderer zu gewährleisten und den natürlichen Lebensraum so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.

Ein weiteres Highlight ist die Möglichkeit, die Lehrpfadtafeln über einen QR-Code mehrsprachig abzurufen. Dieser Ansatz ermöglicht es Besuchern aus aller Welt, die vielfältigen Informationen und Geschichten der Königshainer Berge zu entdecken und zu verstehen.

Das Projekt "Leben im Einklang mit der Natur" unterstreicht die Bedeutung des Naturschutzes und lädt die Besucher ein, die Schönheit und Vielfalt der Landschaft zu genießen, dabei aber stets den Respekt vor der Natur und ihren Bewohnern zu wahren.

Mit der Einweihung der neuen Naturlehrpfade am 1. Mai 2024 wird eine feierliche Veranstaltung stattfinden, die die Bedeutung dieser Bildungsinitiative hervorhebt. Für dieses Projekt erhielt das Granitabbaumuseum Königshainer Berge eine Förderung nach der Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, was die Unterstützung der regionalen Bemühungen um den Erhalt der natürlichen biologischen Vielfalt und des kulturellen Erbes unterstreicht.

Zusammen bilden die Sonderausstellung in Schloss Krobnitz und die Lehrpfade in den Königshainer Bergen ein umfassendes Bildungsangebot, das sowohl die kulturellen als auch die natürlichen Schätze der Region hervorhebt und den Besuchern ermöglicht, ein tiefgreifendes Verständnis für die Bedeutung des Erhalts und der Pflege unseres gemeinsamen Erbes zu entwickeln.

Seit 25 Jahren behauptet sich der Museumsverbund auf dem Kulturmarkt im Dreilän-

dereck Deutschland-Polen-Tschechien. Die Chancen eines solchen Zusammenschlusses kleiner Museen vor allem im ländlichen Raum sind nicht zu unterschätzen. Das geschlossene Auftreten im Verbund hilft gegenüber Fördermittelgebern, aber auch bei der Vermarktung und der effektiven Ressourcennutzung. Und nicht nur der Mensch in der Vergangenheit steht im Mittelpunkt: in der Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund gGmbH werden durch viele engagierte und höchst motivierte Menschen Angebote für interessierte und begeisterungsfähige Menschen geschaffen.

Anschriften:

AckerbürgerMuseum Reichenbach/OL Görlitzer Straße 25 02894 Reichenbach/OL

Dorfmuseum Markersdorf Kirchstraße 2 02829 Markersdorf

Granitabbaumuseum Königshainer Berge Dorfstraße 163 b 02829 Königshain

Schloss Königshain Dorfstraße 29 02829 Königshain

Schloss Krobnitz Am Friedenstal 5 02894 Reichenbach/OL OT Krobnitz www.museum-oberlausitz.de

Linke Seite: Schloss Krobnitz 1946

Rechte Seite: Natur & Steinbruch Lehrpfad Königshain Fotos: © SOMV gGmbH

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Bauhaus in Bernau?

Autorin: Judit Klage

Richtig gelesen! Versteckt im Wald zwischen Bernau und Wandlitz befindet sich die ehemalige Bundesschule des Allgemein Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB). Sie wurde 1928 bis 1930 unter dem damaligen Bauhausdirektor Hannes Meyer, dem Architekten Hans Wittwer und unter Beteiligung aller Bauhauswerkstätten entworfen und erbaut.

Seit 2017 gehören Bundesschule und Lehrerhäuser zur UNESCO-Welterbestätte „Das Bauhaus und seine Stätten in Weimar, Dessau und Bernau.“ Das neuerbaute Besucherzentrum lädt seit Februar 2022 mit einer Dauerausstellung, interaktiven Angeboten und Workshops für jung und alt zur Entdeckung der spannenden und viel-

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schichtigen Bau- und Nutzungsgeschichte der Bundesschule ein.

Führungen durch die Innenräume des Bauhaus-Ensembles sind nach Voranmeldung am Wochenende um 11.30 und 14.30 Uhr sowie für Gruppen nach Absprache möglich.

Der baudenkmal bundesschule bernau e. V. öffnet mit wechselnden Ausstellungen seinen Sitz, das Lehrerhaus Nr. 9, donnerstags und sonntags von 10 bis 16 Uhr. Bis Ende Oktober ist die Ausstellung „Arieh Sharon – Vom Bauhaus in die Welt“ mit Fotos und Filmen des Berliner Fotografen Jean Molitor zu sehen.

Öffnungszeiten des Besucherzentrums: Mai bis Oktober: Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr

November bis April: Mittwoch bis Sonntag 11 bis 16 Uhr

Besucherzentrum Bernau. UNESCO-Welterbe Bauhaus Hans-Wittwer-Straße 1 16321 Bernau bei Berlin Tel. +49 (0)3338 70 67 87 9 bauhaus@best-bernau.de www.welterbe-bernau.de

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Linke Seite: Besucherzentrum bei Nacht. Foto: © Jean Molitor

Rechte Seite, oben und Mitte: Dauerausstellung im Besucherzentrum

Unten, links: Führung auf dem Außengelände der Bundesschule. Fotos: © Alena Schmick

Unten, rechts: Turnhalle bei Nacht. Foto: © Carsten Eisfeld für die Stadt Bernau

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30 Jahre UNESCO-Weltkulturerbe Völklinger Hütte

Vor 30 Jahren, am 17. Dezember 1994, wurde die Völklinger Hütte zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt – als erstes Denkmal aus der Blütezeit der Industrialisierung. Damals im thailändischen Phuket war dies eine Sensation, waren doch bislang nur Kathedralen, Altstädte oder Schlösser Weltkulturerbe geworden.

Als Höhepunkt des Jubiläumsjahres 30 Jahre Weltkulturerbe Völklinger Hütte feiert das ehemalige Eisenwerk um den

UNESCO-Welterbetag mit zahlreichen Gästen ein großes Festwochenende. In Zusammenarbeit mit der Deutschen UNESCO-Kommission und dem Welterbestätten Deutschland e.V. findet am 2. Juni die zentrale Veranstaltung des UNESCO-Welterbetages für Deutschland 2024 in der Völklinger Hütte statt. Am 1. wie am 2. Juni präsentieren sich außerdem zahlreiche deutsche Welterbestätten und internationale Partner aus der Großregion auf dem Welterbemarkt, der seine Zelte auf dem Erzplatz aufschlägt.

Und natürlich darf an beiden Tagen auch im wörtlichen Sinne gefeiert werden: Mit Musik, Kinderprogramm, fünf Ausstellun-

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gen auf dem gesamten Hüttengelände und einem breiten gastronomischen Angebot.

Während DER DEUTSCHE FILM. 1895 bis Heute in der Gebläsehalle mit rund 100 Großleinwänden, 30 Monitoren sowie 350 Objekten vom Drehbuch über Kameras und Kostüme zu Projektoren, Plakaten und Starpostkarten noch bis August 2024 zum Durchwandern einer einzigartigen Filmlandschaft einlädt, sind die Ausstellungen BEWEGUNG MACHT GESCHICHTE sowie RÉMY MARKOWITSCH. WE ALL (Except the Others) ganzjährig zu erleben.

Am 28. April 2024 startet die siebte Ausgabe der URBAN ART BIENNALE zur Kunst, die sich aus Graffiti und Street Art entwickelt hat – eine der weltweit größten Werkschauen zur Urban Art. MAN & MINING (1. Juni – 1. September 2024) in der Erzhalle nimmt den globalen Rohstoffabbau im Digitalzeitalter aus künstlerischer Sicht in den Blick, im Mittelpunkt stehen dabei die Folgen der Extraktion für Mensch und Natur.

Die Großausstellung THE TRUE SIZE OF AFRICA (9. November 2024 – 17. August 2025) in der Gebläse- und Verdichterhalle widmet sich schließlich dem Kunstkontinent Afrika jenseits von Vorurteilen und Stereotypen. Werke und Installationen von Künstler:innen aus Afrika treten in Dialog mit historischer Skulptur und Objektkunst. Ein „Museum der Denkwürdigkeiten“ thematisiert die koloniale Sicht Europas auf Afrika und eigens für die Schau geschaffene Raum- und Soundinstallationen von afrikanischen Gegenwartskünstler:innen machen die Dimension und Bedeutung dieses immer noch unterschätzten Kontinents erfahrbar. Denn, so Generaldirektor Ralf Beil: „Mit der Ausstellung THE TRUE SIZE OF AFRICA nehmen wir einen Kontinent und damit zugleich unseren Planeten in den Blick. Die Afrika-Frage ist immer schon eine globale Frage: von der prähistorischen Wiege der Menschheit über die weltweit erzwungene Verbreitung von Afrikaner:innen im globalgeschichtlichen Sklavenhandel bis hin zu den Migrations-, Energie- und Klimafragen unserer Gegenwart und Zukunft.“

Weltkulturerbe Völklinger Hütte –Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur

Rathausstraße 75 – 79 66333 Völklingen

Tel. +49 6898 9100 100 mail@voelklinger-huette.org www.voelklinger-huette.org

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Linke Seite, oben: UNESCO-Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Foto: Günther Bayerl Mitte: Das Paradies. Foto: Thorsten Jochum Unten: Man & Mining, Foto: Lu Guang, Worker in a small smeltering factory, Wuhai City, Inner Mongolia, 2005 Rechte Seite: DER DEUTSCHE FILM, Ausstellungsansichten Fotos: Hans-Georg Merkel Alle Fotos: © Weltkulturerbe Völklinger Hütte

„Grässliche Glückseligkeit –

Eine Sonderausstellung über vermeintliche Geschmacklosigkeiten

Kitsch ist bunt, Kitsch ist billig, Kitsch ist geschmacklos!

Als minderwertiger Ramsch verrufen, steht Kitsch in unserer Wahrnehmung heute für das übertrieben Rührselige, Niedliche und Überflüssige. Doch egal ob Gartenzwerg, Arztroman oder Porzellangeschirr – in jedem Haushalt finden sich kitschige Dinge, die wir lieben und in Ehren halten. Seine friedfertige Harmlosigkeit spendet Trost und ist in Form von Weihnachtsbaumschmuck, Heimatfilmen und Souvenirs sogar gefragt. Kitsch kann also viel mehr: Er ist lieblich und lustig, manchmal erotisch und provokant und oft sogar politisch.

Der Kitsch-Begriff wurde in den 1860er-Jahren erstmals schriftlich erwähnt und bezeichnete minderwertige Kunst, die als Abklatsch höherwertiger Kunstwerke auf der Straße verkauft wurde. Seitdem hat sich der Kitsch-Begriff weiterentwickelt und wird für die unterschiedlichsten Objekte, Situationen und Erlebnisse gebraucht. Da Kitsch subjektiv wahrgenommen wird, existiert keine einheitliche und klar abgrenzbare Definition. Heute meint Kitsch oft abwertend etwas Billiges, das einem massentauglichen Geschmack entspricht ohne selbst originell oder anspruchsvoll zu sein.

Im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde Kitsch zunehmend für den privaten Gebrauch produziert. Religiöse Bildmotive

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Faszination Kitsch“

erfreuten sich besonderer Beliebtheit, spendeten sie den Gläubigen doch Trost und drückten einen auffälligen Liebreiz aus. Die neuen Produktionsmöglichkeiten der Industrialisierung ermöglichten erstmals die Herstellung religiösen und profanen Raumschmucks in großer Stückzahl. Bis ins 20. Jahrhundert stellten Verlage eigene Künstler ein, die passende Druckgrafiken entwarfen.

Die Motive wurden nach historischen Vorbildern oder eigenen Entwürfen gefertigt und zeigten sakrale Szenen, die eine seelsorgerische Funktion erfüllten. Die preisgünstigen Waren machten es möglich, das eigene

Heim mit künstlerischen und religiösen Gegenständen zu gestalten.

Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Produktion von Kitschprodukten zunahm, gewannen erotische Motive schnell an Beliebtheit. Sinnliche Darstellungen wurden durch humoristische Anspielungen getarnt. Ab der Mitte des Jahrhunderts wurde die vermeintliche Spießigkeit des Bürgertums an vielen Stellen offen verspottet.

Oben: Necessaire

Unten: Käseglocke

Rechte Seite: Weihwassergefäß, Fotos: © LVR/Hans-Theo Gerhards

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Eine scherzhafte Erotisierung von Gartenzwergen und Heimatfilmen führte die kitschige „heile Welt“ des Mittelstands ad absurdum. Erotika und erotischer Kitsch nahmen in ihrer Frühform überwiegend eine männliche Perspektive ein – die Darstellungen von Frauenkörpern und weiblichen Klischees dominierten.

Emanzipatorische Bewegungen begangen im 20. Jahrhundert einen Tabubruch und thematisieren erstmals öffentlich das männliche Glied in kitschiger Form. Insbesondere beim vergleichsweise jungen kulturellen Phänomen der Junggesellinnenabschiede wird dies deutlich. Erotischer Kitsch spielt also mit dem Reiz des Verbotenen. Erotisches wird verniedlicht und humoristisch karikiert. Aufgrund ihrer vermeintlichen Harmlosigkeit werden die anzüglichen Darstellungen in der Öffentlichkeit geduldet.

Überdimensionale Statuen, patriotische Wahlplakate und gefühlsbetonte Kampfgedichte sind derweil typische Beispiele für politischen Kitsch. Insbesondere in den propagandistisch geprägten Wahlkämpfen der 1930er- und 1940er-Jahre wurden Herrschende in heroischer oder lieblicher Pose inszeniert. Die Überreichung von Blumensträußen durch Kinder wurde zum beliebten Motiv. Politischer Kitsch agiert über einprägsame Botschaften und Klischees, die die Betrachtenden auf der Gefühlsebene ansprechen. Die Bildsprache ist geprägt von künstlichen Momentaufnahmen und erweckt den Eindruck eines „reinen“, ideologisch angepassten Denkens. Im sogenannten „Führerkult“ der NS-Zeit fand diese Art des Kitsches ihren Höhepunkt. In der 1932 erschienenen Broschüre „Hitler wie ihn keiner kennt“ wurde „der Führer“ als Kinderliebhaber, eifrigen Jäger

und Hundefreund dargestellt. Auch politische Personen der jüngsten Geschichte, so etwa Donald Trump und Kim Jong-un, bedient sich im politischen Wahlkampf einer kitschigen Bildsprache. Das Staatsoberhaupt wird in romantischer Landschaft oder von begeisterten Anhängern umringt inszeniert.

Eine besonders alltagsnahe Form des Kitsches findet sich heute im Genre der Souvenirs. Sie zählen heute zu den beliebtesten Andenken und repräsentieren Eindrücke und Emotionen, die auf einer Reise gesammelt werden. Die Gegenstände sind oft günstig gefertigt und erhalten ihren Wert erst durch die emotionale Aufladung. Dabei kommen Reisende mit den Dingen, die auf Souvenirs abgebildet sind, häufig nicht direkt in Berührung. Andenken werden dadurch zu Kitsch, dass sie eine extreme emotionale Verbundenheit schaffen. Sie sind wertvolle Besitztümer, auch wenn die Gegenstände an sich keinen hohen Eigenwert haben.

In der Freizeitgestaltung bilden Kitschliteratur, -Musik, oder –Filme wichtige Kitsch-Arten. Sie vermitteln das Gefühl von Geborgenheit und Zufriedenheit in einer scheinbar heilen Welt. Klischees bestimmen die Handlung, wiederkehrende

Linke Seite: Zwischenlagerung von Exponaten bei der Ausstellungsvorbereitung

Rechte Seite, oben: Verkitschtes Souvenir des "David" von Leonardo DaVinci

Unten: Ausstellungseinheit "Fanfictions" zur Verkitschung von Literatur. Fotos: © LVR/Ann-Franziska Heinen

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Muster und Sentimentalität werden zum Stilmittel. Literatur entlarvt sich durch den häufigen Einsatz von Stereotypen als Kitsch. Die Figuren bleiben dabei ohne Tiefe, die Handlung ist vorhersehbar. Die sprachliche Gestaltung enthält lyrisierende Elemente, gefühlsbetonte Adjektive und übertriebene Symboliken. Im Vergleich dazu ist Musikkitsch schwieriger zu greifen. Einige Musikstücke wirken erst durch bestimmte Textzeilen kitschig, andere durch sanfte oder getragene Tonfolgen. Die Wahrnehmung ist äußerst subjektiv: Je nach Publikum und

Situation können klassische Musikstücke ebenso als kitschig empfunden werden wie Schlager oder Pop. Kitschfilme entführen die Zuschauenden in eine Welt positiver Gefühle. Eine simple und stringente Handlung wird mittels bewährter Stilmittel erzählt. Die Themen der Filme wirken vertraut. Ihre eigene Wirklichkeit soll sich an die Erfahrungswelt der Zuschauenden anlehnen.

Das Genre des Baukitschs definiert sich von allen Kitscharten vermutlich am erwartungswidrigsten: Baukitsch ahmt bestehende Baustile nach und überzeichnet sie. Er umfasst neben Prestigebauten aus der Gründerzeit oder dem repräsentativen Neoklassizismus der Nationalsozialisten auch moderne Rekonstruktionen. Im 19. Jahrhundert spiegelte sich die Begeisterung für Romanik, Gotik und Renaissance in neuen Stilen wie Neogotik, Neorenaissance und Neobarock wieder. Aus architektoni-

schen Kreisen wurde den Baustilen vorgeworfen, Kitsch zu sein. Ein moderner Vertreter des Baukitschs findet sich heute in der zurückhaltenden Bauweise moderner Fertigbauten. Sie imitieren den Minimalismus der Bauhaus-Bewegung, ohne dessen Raffinesse beizubehalten.

Auch das Umfeld des Hauses wird zum Ort der kitschigen Selbstverwirklichung. Mit Gartenzwergen, antikisierende Statuen und Blumenarrangements werden fantasievolle Welten erschaffen. Gleichzeitig steht der

Linke Seite, oben: Ausstellungseinheit zum Thema "Baukitsch"

Mitte: Gartenzwerge werden in vielen verschiedenene Formen und Farben als Gartenschmuck gefertigt

Rechte Seite, oben: Andenken bilden einen wichtigen Aspekt des Kulturphänomens "Kitsch"

Mitte: Andenkentasse an den Kölner Dom als Sehenswürdigkeit Fotos: © LVR/Ann-Franziska Heinen

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minimalistische Schottergarten in der Kritik. Künstlerische Gestaltungen aus Stein und Glas sollen Natur imitieren, wo sie eigentlich vermieden wird.

Um bei der Auswahl der Exponate einen umfassenden Eindruck zu gewinnen, was die Rheinländerinnen und Rheinländer als Kitsch empfinden, konnten Interessierte beim „Call for Kitsch“ eigene Objekte beisteuern. Zudem beantworteten sie drei Fragen nach der Herkunft des Objekts, der generellen Bedeutung von Kitsch für sie und weshalb sie das vorgeschlagene Objekt als kitschig empfinden.

Die Partizipierenden hatten so die Gelegenheit, ihr subjektives Empfinden von Kitsch zu erläutern. Über eine öffentliche 21-tägige Onlineabstimmung wurden die 20 kitschigsten Objekte bestimmt und anschließend in die Ausstellung integriert. Was steckt also hinter dem grellen Alles-

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könner? Was empfinden wir als Kitsch? Und warum lieben und verachten wir ihn zugleich? Das LVR-Freilichtmuseum Kommern geht in seiner neuen Sonderausstellung „Grässliche Glückseligkeit. Faszination Kitsch“ eben diesen Fragen auf den Grund.

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Vom 05.05.2024 bis zum 15.03.2026 können Interessierte auf etwa 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche in die Welt des Kitsches eintauchen.

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Gut Ding will Weile haben….

…wer kennt es nicht, dieses Sprichwort. Es ist bezeichnend für die Geschichte und Entstehung des His-Törchens, Issums kleinem Heimatmuseum.

Die wasserumwehrte Backsteinanlage im Herzen des kleinen Altbierdorfes stammt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Durch einen zweigeschossigen Torbau mit seitlichen Nebentrakten erreicht man den ehemaligen Wirtschaftshof, in dem sich das His-Törchen befindet.

1912 erwarb die Gemeinde Issum den alten Adelssitz. Nach einer langen Nutzung als Wohnung kamen 1984 engagierte Menschen auf die Idee, die inzwischen leeren Räume als Sammelstätte für heimisches Brauchtum zu nutzen. Mit der finanziellen Hilfe des Landes NRW entstand einige Jahre später ein kleines, aber feines Heimatmuseum.

Im März 1993 war es endlich soweit: Das His-Törchen konnte offiziell eingeweiht und eröffnet werden. Zu dieser Zeit beherbergte das Museum eine in liebevoller Kleinarbeit zahlreicher Bürgerinnen und Bürger zustande gebrachte Sammlung hauptsächlich lokalhistorischen Charakters.

Seitdem werden hier verschiedene Kunstwerke heimischer Künstlerinnen und Künstler gezeigt, außerdem aber wechselnde Ausstellungen, die einen Besuch im His-Törchen immer wieder zu einem interessanten Erlebnis machen. In den Jahren der Zusammenarbeit boten die ehrenamtlichen Unterstützer des kleinen Museums eine abwechslungsreiche Palette der unterschiedlichsten Sammlungen und Kunstwerke.

All diese Ausstellungen wurden von den Besuchern aus Nah und Fern mit viel Inter-

Oben: Das His-Törchen in Issum

Mitte: Töpferzimmer

Unten: His-Törchen Torbogen Fotos: © Gemeinde Issum

esse und Lob bedacht und das His-Törchen hat sich inzwischen auch weit über die heimatlichen Grenzen hinaus einen Namen gemacht.

Der Arbeitskreis His-Törchen hat es sich zum Ziel gesetzt auch in Zukunft das Museum abwechslungsreich und attraktiv zu gestalten, um die Gäste mit immer neuen Ideen und Ausstellungen zu begeistern. Insgesamt wurden bisher schon über 100 Ausstellungen organisiert und präsentiert. Und viele weitere werden noch folgen – ein Besuch lohnt sich immer!

His-Törchen

Herrlichkeit 7 – 9, 47661 Issum Tel. 0 28 35 / 10 24 touristik@issum.de www.issum.de/kultur-tourismus/sehenswertes/historisches/his-toerchen

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Ein verstecktes Kleinod –die ehemalige Issumer Synagoge

Versteckt zwischen Wohnhäusern liegt im Hinterhof ein ganz besonderes Gebäude. Das heute noch erhaltene ehemalige jüdische Gemeindezentrum wurde von der jüdischen Gemeinde in Issum im Jahre 1855 erworben. 1935 wurde das Gebäude verkauft und fortan zu profanen Zwecken genutzt. So ist es erklärlich, dass das Gebäude die Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 überstanden hat und somit als einzige Dorfsynagoge am unteren Niederrhein erhalten blieb.

1987 erwarb die Gemeinde Issum den Gebäudekomplex. Soweit möglich und bautechnisch sinnvoll, bemühte man sich um die Wiederherstellung des ursprünglichen Aussehens, so dass die Räume auch heute noch ihren Charakter als religiöser Mittelpunkt einer kleinen, bescheidenen jüdischen Dorfgemeinde behalten haben.

Der Synagogenraum wurde sorgfältig und möglichst originalgetreu als Gedenkstätte wiederhergerichtet. Zu besonderen Anlässen dient er inzwischen als Ort für besondere Kulturveranstaltungen wie Lesungen oder jüdische Musikkonzerte. Auch Kunstausstellungen hatten hier schon ihren Platz.

Eine Fülle von Reinheitsgesetzen mit genauen Waschungsvorschriften machte bei einer Synagoge die Errichtung eines kultischen Bades obligatorisch. In Issum ist eine dieser heute seltenen Mikwen im Kellergeschoss unter dem Schulhaus erhalten geblieben und heute für Besucherinnen und Besucher zugänglich.

Die Geschichte der jüdischen Elementarschule in Issum war nur von kurzer Dauer. Das unmittelbar der Synagoge angegliederte Schulhaus war nur während der Jahre 1869 bis 1879 voll in Funktion. In der oberen Etage des Schulhauses wohnte der Lehrer und erteilte im unteren Raum an Vor- und

Oben links: Eingang

Rechts: Synagoge

Unten: Lehrerwohnung

Fotos: © Gemeinde Issum

Nachmittagen Unterricht. Heute findet sich hier eine Dokumentation zur Geschichte der Juden am Ort und der Umgebung sowie eine Ausstellung von jüdischen Kult- und Gebrauchsgegenständen.

Das ehemalige jüdische Gemeindezentrum ist jeden 1. Sonntag im Monat geöffnet. Der Eintritt ist frei. Führungen für Gruppen und Schulklassen werden nach Vereinbarung auch an anderen Tagen angeboten.

Ehemaliges jüdisches Gemeindezentrum Kapellener Straße 30a 47661 Issum

Gemeinde Issum, Touristik Herrlichkeit 7 - 9

47661 Issum

Tel. 0 28 35 / 10 - 24 synagoge@issum.de www.issum.de/kultur-tourismus/sehenswertes/historisches/synagoge

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Rheinmuseum Emmerich

Das Rheinmuseum Emmerich lädt Besucher ein, die faszinierende Geschichte der Rheinschifffahrt und der Stadt Emmerich zu entdecken. Auf drei Etagen und einem Freigelände erstreckt sich eine einzigartige Ausstellung, die den Rhein und seine Bedeutung für die Region lebendig werden lässt. Ein Highlight sind die über 150 Schiffsmo-

delle, die die Entwicklung vom einfachen Einbaum bis zum modernen Schubverband nachzeichnen. Besucher erfahren, wie sich die Lademöglichkeiten und Schiffsgrößen im Laufe der Jahrhunderte veränderten - von kleinen Booten und Flößen über die Ära der Segelschiffe bis hin zur Dampf- und Maschinenschifffahrt. Ein beeindruckendes

Exponat ist das Modell eines Schubschiffes, das bis zu 16.000 Tonnen Fracht wie Kohle oder Erz transportieren kann.

Oben: Das Rheinmuseum Emmerich befindet sich fußläufig am Ende der Rheinpromenade unmittelbar hinter der St. Martini Kirche. Fotos: © Rheinmuseum Emmerich. Erstes Foto: © Stephan Sühling, stock.adobe.com

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Doch das Museum beleuchtet nicht nur die Rheinschifffahrt, sondern auch Emmerichs enge Verbindung zum Fluss über Jahrhunderte hinweg. Die gute Verkehrslage

mit Autobahn, Bahn und Rhein machte die Stadt zu einem Logistikstandort. Ein Raum ist den Verkehrswegen gewidmet mit Modellen des Bahnhofs, der Fährlinien und Überwachungsbooten.

Faszinierende Exponate zur Fischerei und Stadtgeschichte runden den Museumsrundgang ab: Von ausgestopften Fischen und Fischerbooten über ein detailliertes Stadtmodell von 1667 bis hin zu Ankersammlungen und einem 1-Mann-U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg zeigt das Museum ein breites Spektrum.

Sonderausstellungen mit aktuellen Themen sowie Werken heimischer Künstler sorgen für Abwechslung. Kein Wunder, dass zahlreiche Schulklassen und Besuchergruppen von der Themenbreite des aus einer Heimatsammlung entstandenen Museums begeistert sind.

Rheinmuseum Emmerich

Martinikirchgang 2 46446 Emmerich am Rhein

Tel. +49 (0) 28 22 / 75-1900 info@rheinmuseum-emmerich.de www.rheinmuseum-emmerich.de

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Inmitten der malerischen Landschaft des Spessarts liegt die idyllische Stadt Lohr am Main, bekannt als Heimat von Schneewittchen aus dem Märchen der Brüder Grimm und als Tor zu dieser faszinierenden Region im Norden Bayerns. Doch Lohr hat weit mehr zu bieten als nur märchenhafte Geschichten. Die wunderschöne Fachwerk Innenstadt verleiht ihr einen zauberhaften und romantischen Charakter, der Besucher sofort in seinen Bann zieht.

Mit einem reichhaltigen Angebot an Wander- und Radwegen sowie einem vielfältigen kulturellen Erbe zieht die Stadt Besucher aus nah und fern an. Nicht nur die Sehenswürdigkeiten machen Lohr so besonders – es ist auch das fränkische Lebensgefühl, das hier überall zu spüren ist. Die gemütlichen Restaurants, traditionellen Gasthäuser und die herzlichen Einwohner versprühen eine einladende Atmosphäre, die alle sofort willkommen heißt.

Die Fülle an Sehenswürdigkeiten und Attraktionen macht es manchmal schwer, alles in einem einzigen Stadtrundgang zu erfassen. Selbst mit einer gedruckten Broschüre kann es schwierig sein, alle Highlights zu entdecken.

Doch gemeinsam mit der Initiative „Stadt. Land.Kultur“ präsentiert sich Lohr am Main nun mit einem neuen digitalen Tourismusangebot: Das digitale Freilichtmuseum auf www.museum.de macht alle Sehenswür-

Startseite der virtuellen Tour per QR-Code oder unter www.museum.de/stadt/5645/id

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STADTLAND KULTUR

Lohr am Main:

Die Schneewittchenstadt öffnet ihre digitalen Pforten für Besucher

Rechts: Drohnenaufnahme von Lohr. a.Main

Foto: © Marc Zeitler

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STADTLAND KULTUR

Über die Teilnahme bei STADT.LAND.KULTUR erhält jede Kommune ein kostenloses Freilichtmuseum. Die Informationen werden von den Kommunen eigenhändig über den geschützten Datenpflegebereich von museum.de eingegeben. Zu jedem POI (Point of Interest) kann eine Bildergalerie angelegt und Texte in Deutsch und Englisch eingegeben werden.

Eine Übersicht mit sämtlicher Kommunen in Deutschland, die bereits am Projekt teilnehmen, befindet sich unter www.museum.de/stadt

digkeiten der Stadt sicht- und greifbar, und das kostenlos und ohne die Notwendigkeit einer speziellen App.

Der digitale Stadtrundgang erfasst mehr als 80 der großen und kleinen Sehenswürdigkeiten der Stadt, angefangen beim imposanten Schneewittchenschloss mit dem Spessartmuseum bis hin zu den historischen Gedenkorten des jüdischen Lebens in Lohr.

Auch Naturdenkmäler und märchenhafte Aussichtspunkte sind in der interaktiven Darstellung enthalten. Das integrierte GPS-System führt Sie dabei immer auf dem schnellsten Weg zu den touristischen Besonderheiten der Perle am Main.

„Unser Ziel war es, Besuchern, Touristen und Einheimischen ein unkompliziertes und umfassendes Erlebnis zu bieten, das

die Vielfalt unserer Stadt auf eine innovative Weise präsentiert“, erklärt der Leiter der Touristinformation Jürgen Goldbach. „Mit dem digitalen Stadtrundgang haben wir einen weiteren Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Digitalisierung getan.“

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Benutzerfreundlichkeit. Mit dem Scan eines QR-Codes gelangt man unkompliziert auf die intuitiv gestaltete und einfach zu bedienende Webseite, so dass Besucher aller Altersgruppen problemlos auf die Informationen zugreifen können. Darüber hinaus ist das Angebot auch in englischer Sprache verfügbar, um Gästen aus aller Welt einen unvergesslichen Aufenthalt in Lohr zu ermöglichen.

Mit dem digitalen Freilichtmuseum von Stadt.Land.Kultur öffnet Lohr am Main seine Tore auch für eine neue Generation von Besuchern und setzt dabei auf die Kraft der Technologie, um die Schönheit und Vielfalt der Stadt für alle zugänglich zu machen.

Stadt.Land.Kultur für Lohr a.Main: https://www.museum.de/stadt/5645/id

Touristinformation Lohr a.Main Schlossplatz 5 97816 Lohr a.Main

Tel. 09352-84 84 65 tourismus@lohr.de www.lohr.de/tourismus

Facebook: LohrMain Instagram: lohrmain

Linke Seite, oben: Torbogen und Eingang zum Kirchplatz

Unten: Blick in die Lohrer Fußgängerzone

Rechte Seite, oben: Altes Rathaus in Lohr a.Main

Unten: Lohrer Fachwerkhäuser im Maler-Winkel

Fotos und Autor: Jürgen Goldbach

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Mainufer im Ortsteil Sendelbach Foto: © Jürgen Goldbach
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STADTLAND KULTUR

Museum des Monats März '24 Museum Glockengießerei Mabilon

Das Museum in Saarburg erhielt vom Kulturministerium Rheinland-Pfalz eine besondere Auszeichnung

Die ehemalige Glockengießerei Mabilon ist das Herz der heutigen KulturGießerei Saarburg. Mehr als 230 Jahre lang wurden hier von der Gießerfamilie Mabilon in sechs Generationen Glocken gegossen. Zahlreiche kleine, aber auch bis zu 5 Tonnen schwere Glocken fanden ihren Weg von Saarburg aus in die ganze Welt.

Heute ist die Glockengießerei samt Werkstätten und der großen Gießhalle mit ihren alten Öfen, Gießgruben und Glockenformen ein einmaliges Industriedenkmal. Die Gießstätte ist unverändert als Museum erhalten. ... hier flackert das Feuer, dort brodelt es, wenn sich die heiße, flüssige Bronze ihren Weg sucht. Das Museum Glockengießerei Mabilon bewahrt das Wissen rund um die alte Handwerkskunst für die Öffentlichkeit und gibt es an jüngere Generationen weiter. In dem deutschlandweit einzigartigen Museum für Glockengießerei erfahren Besucherinnen und Besucher alles Wissenswerte über die Jahrhunderte alte Tradition

des Glockengusses und lädt Jung und Alt ein zum Anfassen und Ausprobieren, zum Fühlen und Riechen !

Es sind Glockengießer-Familien mit einer Tradition von Jahrhunderten, die ihre Kunst von Generation zu Generation als sorgsam gehütetes Familiengeheimnis weitergegeben haben. Die Gusstradition der Mabilons reicht bis in das 16. Jahrhundert zurück, als die Vorfahren noch als Wandergießer durch die Lande zogen.1770 siedelte sich Urbain Mabillot als erster Familienspross mit einer festen Gießstätte in Saarburg an.

Linke Seite: Jubiäumsglocke

Foto:© Dominik Ketz / Mosellandtouristik GmbH

Rechte Seite, oben: Die KulturGießerei ist in der Unterstadt von Saarburg, unterhalb der Burg, die Graf Siegfried im Jahr 964 hier baute

Mitte: Werkbank, Schmiede

Unten: Klangtest einer Glocke, die in der Glockengießerei Mabilon gegossen wurde. Fotos: © Alexander Schumitz Anzeige

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Aus welchen Materialien wird eine Glocke hergestellt? Wie berechnet man ihren Ton richtig? Was ist die Glockenspeise? Oder wozu benötigen Glocken eine Krone? Im Museum Glockengießerei Mabilon erfahren Sie alles über die "Geburt einer Glocke".

Schritt für Schritt können Sie die Herstellung nachverfolgen und die original erhaltenen Räumlichkeiten besichtigen – vom Zeichenzimmer, in dem der Meister den Glockenton berechnete und die Rippe (eine Holzschablone, die der Glocke ihr Profil gibt) entwarf, über den Lehmraum bis hin zum Kronenzimmer und der Gießhalle.

Linke Seite, oben: Querschnitt einer Glockenform

Mitte: Alte, abgenutzte Klöppel

Rechts: Falsche Glocke, Glockenmodelle

Rechte Seite: Esse, Schmiede

Fotos:© Dominik Ketz / Mosellandtouristik GmbH

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Foto:© Dominik Ketz / Mosellandtouristik GmbH

Hier wird der Bronzeguss anschaulich simuliert: Eine Installation zeigt eindrücklich, wie ein solcher Guss tatsächlich vonstatten ging. Neben dem Lichtspiel des fließenden Erzes sind zusätzlich die typischen brodelnden Geräusche der Glockenspeise, also der flüssigen Bronze, zu hören.

Die KulturGießerei ist barrierefrei zertifiziert bei "Reisen für alle". Audioguides sind in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch verfügbar.

Das Museum Glockengießerei Mabilon bietet seinen Gästen ein reichhaltiges Vermittlungsprogramm vom kurzweili -

gen Rundgang auf den Spuren des ersten Glockengießermeisters bis hin zu spannendenen Führungen für Familien, Kinder und Schulklassen (KIDS-tour). Das Angebot für Gruppenführungen umfasst klassische Führungen für Erwachsene (CLASSIC-tour) sowie Führungen im historischen Gewand des Gründers Urbain Mabillot und seiner Ehefrau Anna Maria Stocky (HISTORY-tour) oder Museumstouren mit Sektverkostung eines Glockengießersektes (GENIESSER-tour).

Oben: Bronzeglocke von 1790 (Beschädigung durch Kriegseinwirkungen)

Fotos:© Dominik Ketz / Mosellandtouristik GmbH

Unten: An die Gießhalle angebaut wurde ein Neubau, in dem auch ein Café ist

Öffnungszeiten: Mo - Fr 9-17 Uhr. Sa/So/Feiertage: 11 - 17 Uhr.

Museum Glockengießerei Mabilon Staden 130 54439 Saarburg

Tel. +49 6581 2336

museum@kulturgiesserei-saarburg.de www.museum-glockengiesserei-mabilon.de

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