Semiotik des Medikaments

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Pharmazeut eine künstliche Komposition, die mit der chemischen Komposition des Organismus zusammenpaßt. Die chemische Pharmakologie beobachtet demnach den Organismus in seiner Zusammensetzung und Funktion und sucht in der Natur nach Elementen oder Substanzen, die mit dem organischen Element eine Verbindung in ihrer Zusammensetzung und/oder Funktion haben und in stimulierender oder hemmender Funktion kombiniert werden können. Schonauer nennt diesen Prozeß „a simulation of natural biological processes.“92 In seiner semiotischen Studie stellt er eine Möglichkeit zur Erläuterung vor, wie das Medikament Aspirin (durch die Acetylsalicylsäure-Substanz) diese interpretierende Beziehung herstellen kann: „Very little was known at that time about a direct link between the event pain and the prostaglandins. This trail can be said to have been followed systematically only as a result of Vane’s experiment. In the meantime it has been established (Stacher, 1984) that damage to the membrane of any tissue cell triggers off a cascade-like synthesis of prostaglandins. (...) The influence of acetylsalicylic acid stops the synthesis of these prostaglandins, interrupting the related signification process.“93

Die Tätigkeit der Prostaglandine als Sensibilisatoren von Nozizeptoren und folglich Schmerzauslösern (ein Neuromodulator) wird von Saller und Hellenbrecht historisch und physiologisch charakterisiert: „Vor mehr als 50 Jahren beobachtete der spätere Nobelpreisträger von Euler, daß eine aus Samenflüssigkeit isolierte fettlösliche Säure auf glatte Muskulatur kontrahierend und außerdem blutdrucksenkend wirkte. Er nannte sie Prostaglandin. In Jahre 1971 wurde ein enger Zusammenhang zwischen Prostaglandinsynthese und Prostaglandinsynthesehemmung durch Acetylsalicylsäure durch Vane gezeigt.“94

Die Entdeckung der Prostaglandine, einer algetischen, vom Organismus produzierten Substanz, ermöglichte die chemische Entwicklung einer diesbezüglich hemmenden, analgetischen Substanz. Der Gebrauch der Acetylsalicylsäure als Prostaglandinsynthesehemmer, von Vane durch Untersuchungen entdeckt, wird von K. Schonauer wie folgt erklärt: „Vane (1971) proved in an in vitro experiment that a marked fall in the synthesis rate of prostaglandins in pounded organic extracts from guinea-pig lungs was induced by adding acetylsalicylic acid. This discovery had trendsetting effects for a biochemical concept of the biological integrity of organic material, and it paved the way to the first well-founded explanation of the possibility of reliev-

92 Ibd., S. 45. 93 Ibd. S. 46. 94 Saller, R. und Hellenbrecht, D., Schmerzen. Therapie in Praxis und Klinik, 1991,

S. 8.


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