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PEPERONI

Studienpläne können auch Karriere machen. Existenzgründertelefon 0180 123 4 123* | www.einfachanfangen.de

Ein Studium kann auch direkt ins eigene Unternehmen führen. Das zeigt eindrucksvoll der Karriereweg von Annett Schiewe und Antje Bernier. Sie wussten schon sehr früh, dass sie als Architektinnen nicht nur Häuser bauen, sondern Städte „planerisch“ neu aufstellen wollen. Zusammen mit ihren Professoren und der Existenzgründerberatung an der Hochschule hatte man bald einen sehr konkreten Plan davon, wie ein solches Projekt gehen könnte. Heute arbeiten sie in ihrem „ArchitekturInstitut Wismar“ unter anderem daran, wie sich behinderte Mitmenschen im normalen Alltag freier bewegen können. Wenn Sie auch eine Idee haben, mit der Sie Karriere machen könnten: Einfach anfangen. Das Existenzgründertelefon ist die kurze Verbindung zu allen Hilfen, Beratern und Institutionen, die es im Land zu diesem Thema heute gibt. Rufen Sie an oder besuchen Sie das Internet. *9 –18 Uhr 4,6 Cent/min, 18–9 Uhr 2,5 Cent/min

Finanziert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds sowie des Ministeriums für Arbeit, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern.


Impressum

moritz - Studentische Medien Greifswald Wollweberstraße 4, 17487 Greifswald Tel: 0 38 34 / 86 17 59 (Reda); -58 (GF) Fax: 0 38 34 / 86 17 56; e-mail: moritz@uni-greifswald.de Chefredakteur: Kai Doering (ring) Stellvertreter: Norman Gorek (nogo) Geschäftsführer: Tobias Linke Stellvertreter: Christian Bäz Herausgeberin: Studierendenschaft der Universität Greifswald (AStA) V.i.S.d.P.: Kai Doering Hochschulpolitik: Ulrich Kötter(UK) Uni-Versum: Yvonne Mathei (yvo) Feuilleton: Norman Gorek (nogo) Mitwirkende an dieser Ausgabe: Florian Benkenstein (flo), Anne Bringezu (abri), Arvid Hansmann (aha), Juliane Hesse (juli), Martin Hillert (hill), Sebastian Jabbusch (sj), Kilian Jäger (kj), Ulrich Kötter (UK), Stephan Kosa (kos), Verena Lilge (lil), Katja Neichel (kat), Sarah Rieser (sari), Uwe Roßner (ur), Katja Staack (tja), Britta Voß (boß), Eric Wallis (ede) Ein besonderer Dank geht an: Sabine Große, Alexander König, Sven Laude, Julia Schrod Gestaltung: Kai Doering, Norman Gorek, Ulrich Kötter Titelbild: Sebastian Ehlert Zeichnungen: Juliane Hesse Anzeigen: Geschäftsführung Druck: Druckhaus Panzig, Studentenberg 1a, 17489 Greifswald moritz erscheint während des Semesters monatlich in einer Auflage von derzeit 3.000 Exemplaren. Anzeigen- und Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe ist der 29. November. Die nächste Ausgabe erscheint am 15. Dezember. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Die Redaktion behält sich vor, eingereichte Texte und Leserbriefe redaktionell zu bearbeiten. Namentlich gekennzeichnete Artikel und Leserbriefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die in Artikeln und Werbeanzeigen geäußerten Meinungen stimmen nicht in jedem Fall mit der Meinung des Herausgebers überein. Alle Angaben sind ohne Gewähr. I used to be indecisive - but now I am not sure.

Vorsicht, Kamera! Impression von den Jugendmedientagen in München. Foto: ring

Hallo Leute!

München ist eine tolle Stadt und verdammt weit weg von Greifswald. Ich selbst musste das feststellen, als ich mich mit einigen von Euren schreibwütigen Kommilitonen auf den Weg in die bayrische Landeshauptstadt gemacht habe. Der Grund: Die Jugendmedientage. „Wissen ist Macht“ lautete der Slogan und da nichts zu wissen eben doch etwas macht, scheuten einige Redakteure auch den Weg in den tiefen Süden nicht. Ehrensache, dass ich sie dabei nicht alleine lassen konnte. Und es hat sich gelohnt. Während die Schreiberlinge mit ihren Kollegen diskutierten oder Redaktionen besuchten, habe

ich die Münchner Innenstadt unsicher gemacht. Also dieses Hofbräuhaus ist schon toll.! Schade, dass es so etwas nicht in Greifswald gibt. Naja, Eure Kneipen sind ja auch nicht zu verachten. Alles in allem also wirklich eine schöne Reise - wäre da nur nicht die Rückfahrt gewesen. 15 Stunden mit dem Wochenendticket durch die Republik, das geht einem schon auf den Geist. Naja, letztendlich sind wir alle wieder gut angekommen - zwar müde aber glücklich. In diesem Sinne: Führt Euch! Euer


AStA

ku k ur rz zn na ac ch hr r ii c ch ht te en n .. .. .. Party von AStA und StuPa Das Studierendenparlament und der AStA suchen engagierte Nachwuchskräfte für die hochschulpolitischen Gremien. Aus diesem Grund veranstalten beide am Donnerstag, 18. November 2004 eine Party in Zusammenarbeit mit dem Mensaclub. Dort werden StuPisten und AStA-Referenten an der Cocktailbar Rede und Antwort stehen. Außerdem ist geplant, dass einige StuPisten im Mensakeller als DJs fungieren. Highlight soll eine Tombola werden, bei der als Gewinne ein Cocktailabend oder ein Kinobesuch mit StuPisten und AStA-Referenten winken. Förderverein umgezogen 30 Tage nach dem Umzug in das Gästehaus der Universität in der J.-S.-Bach-Straße 27 hat der Vorstand der „Freunde und Förderer der EMAU“ am 09. Oktober quartalsmäßig getagt. Zahlreiche Projekte konnten gefördert werden, darunter die Ringvorlesung „Wissen und Gewissen“ des Historischen Institutes Ende Oktober 2004 und eine Autorenlesung mit Thomas Reschke des Institutes für Slawistik am 08. November 2004. Kontakt: Frau Kaupisch, Tel.: 03834-861760, Email:foerderv@uni-greifswald.de

na n ac ch hr r ii c ch ht te en n

Ein „Haus für die Zukunft“ ist für Ministerpräsident Harald Ringstorff das neue Klinikum in Schönwalde, für das er am 27. Oktober Foto ring den Grundstein legte.

Allgemeiner Studierendenausschuss

Ihr findet den AStA im Audimax in der Rubenowstraße 1, Raum 13a.

Danksagung für eine gelungene Erstiwoche Für die Hilfe bei der Organisation und Durchführung der Erstsemesterwoche möchte ich mich ganz herzlich bei folgenden Personen bedanken: Anne Müller, Linda Stehr und Franziska Hübsch, den Mitgliedern des AStA, Sophie Rohloff und Anja Möwius, Matthias Hacker, Gundula Fasold, Phillipp Rusche, Christoph Oberst, Melanie Burmeister, Johannes Kühl, Eric Judeich, Tobias Linke, Conny Kampe, Dominic Becker und DJ Ferenc von Radio 98eins, den „Beutelpackern“ und bei allen, die ich evtl. vergessen haben sollte. Katharina Winkel, Erstsemesterreferentin des AStA Umzug die Zweite Auch das Zentrale Prüfungsamt sowie die Zentrale Studienberatung wirken an neuer Stätte. Beide sind nun in der Rubenowstraße 2 (hinter dem Historischen Institut) zu erreichen. Neues Mitglied im Vorstand des Studentenwerks Auf seiner Sitzung am 02. November wählte der Verwaltungsrat des Studentenwerks Philipp Wichter (Student der Rechtswissenschaft) als Vertreter der Stadt in den Vorstand. Mieterhöhung für Wohnheimplätze des Studentenwerks Mit denkbar knapper Mehrheit beschloss der Verwaltungrat ebenfalls auf seiner Sitzung am 02. November eine Mieterhöhung in den Studentenwohnheimen um 15 Euro im Frühjahr 2005. Diese wird notwendig, da Bund und Land keine Fördermittel mehr für den Wohnheimneubau sowie die Unterhaltung der vorhandenen Wohnheime zahlen. Nachwuchs gesucht Der Ökologiereferent des AStA sucht Mitstreiter für die Organisation des Studentenflohmarktes ÖBi.

Telefon: 0 38 34 / 86 17 50 -51 Fax: 0 38 34 / 86 17 52 E-Mail: asta@uni-greifswald.de Vorsitz Thomas Schattschneider Mo und Do 10-12 Uhr

Referentin für Ausländerfragen: Jana-Elena Koser Di 14-16 Uhr, Mi 10-12 Uhr Referentin für BAföG und Studienfinanzierung: Christin Püschel Di 14-16 Uhr, Mi 12-14 Uhr

Referentin für Erstsemesterarbeit: Katharina Winkel Di 10-12 Uhr, Do 12-14 Uhr Referent für Fachschafts- und Gremienarbeit Felix M. Prokoph Mo 16-18 Uhr, Do 10-12 Uhr Referent für Finanzen: Eric Kibler Mo 12-14 Uhr, Do 16-18 Uhr

Referat für Hochschulpolitik: Simon Sieweke Do 14-16 Uhr, Fr 09-11 Uhr Referentin für Soziales: Constanze Rogge Mo 10-12 Uhr, Fr 12-14 Uhr

Referent für Studium und Lehre: n.n. Referent für Ökologiefragen: Thomas Maier Mi 08-12 Uhr, Fr 11-13 Uhr

Präsidenten des Studierendenparlamentes: Philipp Kohlbecher Alexander Gerberding (Stellvertreter) stupa@uni-greifswald.de Gleichstellungsbeauftragte(r): Anja Jungchen Fr 08-09 Uhr, Di 09-10 Uhr

Beauftragte(r) für Schwule und Lesben: Matthias Müller Do 12-13 Uhr Beauftragte(r) für Internetpräsenz: Christian Heise

Beauftragte Campus Europae: Katharina Miller


ii n nh h aa ll tt moritz gelesen? Nachgedacht? Meinung schreiben!

moritz@uni-greifswald.de, Betreff: Leserbrief

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Warum die Uni Unsummen für eine Internetseite ausgibt

politik Kurznachrichten Umwelt-Kommentar Protestbrief Internet-Desaster Fachschaftsräte: Theologie AStA-Neubesetzungen Praktikum im AStA Hochschulgruppen: Jusos

uni-versum

Uni-Sammlungen Rotaract Erstis GrIStuF in Riga Uni-Jubiläum 1956 StuThe serie: Greifzelmännchen

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Vereinigung

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Die Wende in Greifswald - alles andere als Provinzgeschehen

titel Überblick Birgit Dahlenburg Gerhard Bartels Konrad Glöckner Hinrich Küssner Der Ossi über den Wessi Der Wessi über den Ossi

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playmoritz moritsel m.trifft... Arvids Kolumne feat. Uwe

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Verlosung

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Razorlight-Sänger Johnny Borrell hat gut lachen: moritz kürte sein Album "Up All Night" zum zweitbesten Album des Jahres. Im Musikteil erfahrt ihr, wer auf Platz 1 gelandet ist – und wie ihr ein paar tolle CDs gewinnen könnt.

feuilleton Sandmännchen 45 Bücher: Regener, Naipaul Kino: Bourne, 7 Zwerge Theater: Mann von La Mancha GEBIT Ausstellung: Schinkel Musik: Klassik Musik: Platten des Jahres

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Verschwendung


Ist das nötig?

Ein umweltfreundlicher Kommentar zur Ersti-Woche Endlich geschafft! Die Erstsemesterwoche ist Vergangenheit. Das bunte Treiben auf den Straßen und in den Clubs verzog sich in die Gemäuer der Institute. Was bleibt, sind Erinnerungen und Müll. Das kann das gleiche sein, muss es aber nicht. Brauchen wir das? Diese Frage können sich nicht nur die Organisatoren stellen, welche mit viel Engagement, Kreativität und Nervenverlust jedes Jahr diese besondere Woche durchführen. Dabei wissen die meisten (Neu-)Studenten noch nicht einmal, dass ihnen an anderen Universitäten nichts Vergleichbares geboten wird. Die Frage nach dem Sinn und Zweck dieser Veranstaltung, oder besser: dieses Veranstaltungsmarathons, zielt auch nicht auf das WAS an sich, sondern auf das WIE. Party ja! Verschwendung nein! DAS Beispiel überhaupt: Die Erstsemesterbeutel sind seit Jahren ein Hauptbestandteil der Ersti-Woche. Gefüllt mit …? Ja, wer kann sich noch erinnern? Kugelschreiber, Gutscheine und sonstige Informationsmaterialien in einem Hauch von Plaste. Product placement mal zweitausend. Gepackt aus Tradition oder um jemandem eine Freude zu machen? Beides sollte uns zur Diskus-

sion anregen! Auch der Versuch, die Werbebeutel teilweise mit ökologischen Produkten zu füllen, scheiterte, weil der biologische Brotaufstrich die Öffnungen der Mülleimer und nicht den Geschmack der Masse traf. Doch um Masse geht es. Voller, bunter, sinnloser. Eine Freude können wir anders bereiten. Den Müll wird niemand vermissen. Dagegen haben die Ersti- und Tutoren-Shirts einen unschlagbaren Erinnerungswert UND einen Nutzen. Niemand wird die Plastiktüten großer Versicherungen und Banken so stolz auf der Straße präsentieren, wie das T-Shirt im MensaClub. Einen Monat später, kommen die Leute von CampusDirekt und verteilen wieder Tüten. Zwar ausschließlich aus Papier und, abgesehen von den eingeschweißten Shampooproben, mit teilweise nutzbarem Inhalt. Wer immer noch an der Tüte hängt, sollte über eine Zusammenlegung der beiden genannten nachdenken. Das erspart Arbeit, Stress, Packerei und die harte Lobbyarbeit, um in einer der ärmsten Regionen Deutschlands hochkarätige Sponsoren zu finden. Auch für die Ersti-Party ist dies schwierig. Sollte deshalb aber IRGENDWER gesucht werden? Was ist besser: "Freixenet gemixt mit allem" oder

"Red Bull gemixt mit allem"? Beides kommt so wieder raus wie rein und behält dabei sogar seine Farbe! Ist das gesund? Den Sekt gibt es in Flaschen, den energy drink nur in Büchsen. Umweltbilanzen streiten sich noch, welche Art der Einwegverpackung besser ist. Neue Flaschen aufwendig aus den Sektflaschen produzieren oder noch größere Mülltonnen aus den Blechbüchsen? Konsumkritik und Müllproblematik sind zwei Schlagworte, an die in Zukunft bei der Organisation gedacht werden sollten. Natürlich ist es dann schwieriger, Sponsoren und Möglichkeiten zu finden. Etliche Vorträge, Exkursionen und Veranstaltungen während der Erstiwoche liefen von Anfang an weniger konsumorientiert ab, haben aber den Neustudenten mehr eingebracht. Mehr als Müll und Erbrechen. Wir müssen uns nicht schlecht verhökern, um uns gut zu verkaufen. Thomas Maier, Umweltreferent des AStA Was bleibt: Trotzdem ein großes Dankeschön an die vielen Helfer bei allen Aktionen rund um die Erstiwoche. Ohne euch hätten wir das nicht geschafft!

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öBi braucht Dich! Die AG zur Organisation und Durchführung des Studentenflohmarktes sucht Verstärkung. Interesse? Dann melde Dich am unter umwelt@asta-greifswald.de oder im AStA-Büro im Audimax.

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moritz


ERNST–MORITZ–ARNDT UNIVERSITÄT GREIFSWALD DIE STUDIERENDENSCHAFT StuPa – AStA – FSK – moritz

An die Mitglieder des Landtages und der Landesregierung, der Hochschulleitung sowie die an der Hochschulbildung Interessierten.

Offener Brief der Greifswalder Studierendenschaft Es ist geschafft: Die Ernst-Moritz-Arndt-Universität hat die Schwelle von 10.000 Studierenden überschritten. Ein Ziel, auf das Sie alle hingearbeitet haben. Zu dessen Erreichen möchten wir, die Studierenden, Ihnen herzlich gratulieren. Leider hat das Ganze einen faden Beigeschmack: Mit den Studierendenzahlen sind leider auch die Probleme der Universität gestiegen, insbesondere die Studienbedingungen haben sich spürbar verschlechtert. Geplante Seminare mit 25 Personen wurden zu Lehrveranstaltungen mit über 120 Teilnehmern. Teilweise können planmäßige Veranstaltungen sogar überhaupt nicht mehr angeboten werden, da es neben Personal auch an ausreichenden Räumlichkeiten mangelt. Dass die Universität kaum mehr neue Bücher und Zeitschriften kaufen kann, verschärft die Lehrsituation zunehmend. Ein Studium in der Regelstudienzeit wird damit zu einer Illusion. Die einst gelobte Ernst-Moritz-Arndt-Universität, die vielfach durch Hochschulrankings etablierter Nachrichtenmagazine für ein rasches und qualitativ hochwertiges Studium empfohlen wurde, verkommt zu einer „Mogelpackung“. Vor diesem desolaten Hintergrund wirkt die Diskussion über weitere Kürzungen an den Hochschulen des Landes grotesk. Auch bei maximaler Effizienz ist es nicht möglich, immer mehr Studierende mit immer weniger Personal zu einem erfolgreichen Studienabschluss zu führen. Darum muss das Land im Interesse der Studierenden, aber vor allem der Zukunft des Landes wieder stärker in die Hochschulen investieren. Es kann nicht angehen, dass Veranstaltungen, die gemäß Studien- und Prüfungsordnung vorgesehen sind, nicht angeboten werden. Es darf nicht sein, dass Studierenden der Zugang zum Hörsaal verwehrt wird, weil dieser „zu voll“ ist. Es ist unfassbar, dass dringend notwendige Stellen bereits sein Monaten unbesetzt sind und perspektivisch weitere Stellen der Sparpolitik der Landesregierung zum Opfer fallen. Sehr geehrte Damen und Herren, wir Studierende wollen jedoch nicht nur kritisieren, sondern eine Verbesserung der Lehrsituation herbeiführen. Daher kündigen wir den bisherigen Dialog nicht auf.

AStA-Vorsitzender

Präsident des Studierendenparlaments

Vorsitzende der FSK

moritz – Studentische Medien

Post scriptum: Um sich ein eigenes Bild machen zu können, laden wir Sie herzlich ein, an einem Seminar Ihrer Wahl teilzunehmen. Vergessen Sie bitte nicht, Ihre Stühle mitzubringen!


Das Internet-Desaster

Wie Rektor und Verwaltung im koordinierten Chaos Geld und Reputation der Uni vernichten. / Von Sebastian Jabbusch „Willkommen/Welcome“ flimmert es in schroffem Rot dem Gast auf der Uni-Homepage entgegen. Unwahrscheinlich jedoch, dass sich wirklich noch jemand auf diesen Seiten willkommen fühlt. In verschwenderischer Einfalt sind einige wahllos ausgewählte Stichpunkte auf der vergilbten Titelseite verstreut. Scheinbar unsortiert verstecken sich wichtige Informationen in den Tiefen der unüber-

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schaubaren Struktur des Gesamtkunstwerks. Wer sich beispielsweise ein Zimmer mieten will, muss obskurerweise auf „Studium und Lehre“ klicken. „Als ich die Homepage zum ersten mal gesehen hatte, wollte ich eigentlich gar nicht mehr nach Greifswald“, resümiert Ingo Meyenburg, der in diesem Jahr sein Physikstudium begonnen hat. Wie viele andere, war auch er vom desolaten Zustand der offiziellen UniHomepage entsetzt. „Zum Glück war es hier dann doch nicht ganz so schlimm“, scherzt der Ersti. Doch es ist nicht witzig. Während das Hauptgebäude der Universität gerade mit 16 Millionen Euro aufwendig restauriert wird, um das

epochale Ansehen der ehrwürdigen Anstalt wieder aufzupäppeln, vergammelt die Homepage seit nun schon fast einem Jahrzehnt. Selbst Greifswalder Grundschulen haben bessere Internetseiten. Dabei ist die Homepage das wichtigste Aushängeschild der Universität: Sie ist jederzeit für jedermann an jedem Ort erreichbar und dient als erste Anlaufstelle und Hauptinformationsquelle für Studenten, Forscher

gehen 90 Prozent der Informationen auch aus der Homepage der Universität hervor. Diese sind jedoch so versteckt, dass wir doch wieder alles erklären müssen“, beklagt sich Christian Heise, der Internetbeauftragte des StuPa. Selbst der Rektor verirrt sich manchmal auf den Uni-Seiten, gibt er im Gespräch mit dem moritz schmunzelnd zu. Damit sollte 2002 endlich Schluss sein. Boris Spix, Mitarbeiter der Pressestelle, entwickelte fast zwei Jahre lang eine neue Homepage mit einem neuen, frischen Design. Dann jedoch – kurz vor Fertigstellung – die Wende. Das Rektorat entschied im Juli dieses Jahres, diese Webseite ohne Nutzung wie-

Aus Alt mach neu – oder doch nicht? Die alte Homepage und die im Juli abgeschmetterte, neue Version. und Personalchefs. Der ImageSchaden durch den angestaubten Auftritt für die Greifswalder Hochschule, die sich am liebsten zur Elite-Universität erklären möchte, ist kaum abschätzbar. Auch der AStA kann ein Lied davon singen. Jahr für Jahr wird das Büro in der Ersti-Woche mit Fragen hilfloser Erstis überschwemmt. „Dabei

der einzustampfen. Geschätzte Kosten für das erfolglose Abenteuer: ein sechsstelliger Eurobetrag. Der Bund der Steuerzahler würde sich erregen. Die Homepage von Boris Spix wurde gleich mit einer ganzen Kette von Gründen abgeschmettert. Die Navigation sei unübersichtlich, das Farbkonzept chaotisch, Schrift- und moritz


persönlicher Differenzen zwischen Rektor Rainer Westermann und Edmund von Pechmann praktisch nicht statt. (Anmerkung des Autors: Pechmann konnte sich dazu nicht äußern, da er bis zum Redaktionsschluss im Urlaub war). Der Designer arbeitete gar noch mit einem Auftrag von Ex-Rektor Hans-Robert Metelmann von vor zwei Jahren. Wer trägt nun also die Schuld an der Verwaltungs-Havarie? „Als Rektor übernehme ich die volle Verantwortung. Ich hätte schon viel früher erkennen müssen, dass das Projekt misslingt“, gibt sich Westermann im Gespräch mit dem moritz einsichtig. Weiter sagt der Rektor, dass er niemals einem bestimmten „Bauherr“ Rektor Westermann*: „Zurück- Mitarbeiter die Schuld geben treten werde ich deswegen aber nicht!“ würde. Doch das könnte er, denn Foto: ring versagt hat der Rektor nicht allein, sondern verschiedene schnell manifestieren“, so Raymond Gremien kollektiv. Warum hat Jarchow vom Rechenzentrum. Pechmann nicht intensiver seine Bizarr jedoch, dass all das erst nach Pläne mit dem Rektor abgesproknapp zwei Jahren kurz vor der chen? Warum hat der extern beaufFertigstellung erkannt wurde. „Hier tragte Designer seinen Entwurf zeigt sich Führungsschwäche des nicht mit dem Rechenzentrum Rektors“, urteilt Tobias Linke, stuabgestimmt? Warum wurde ein dentischer Vertreter im Senat, Designer ohne Ausschreibung und scharf. Simon Sieweke, HoPomit mangelnder Internet-Erfahrung Referent und ehemaliger Vorsitzender des AStA, sieht vor allem im früheren Kanzler den Grund für den späten Abbruch: „Carl-Heinz Jacob hielt lange Zeit seine schützende Hand über Edmund von Pechmann, den Leiter der Pressestelle, und damit auch über Herrn Spix.“ Jacobs verneint solche Beziehungen: „Gerüchte zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie meistens falsch sind. Das Gegenteil ist der Fall: Wäre es nach mir gegangen, hätte man von Anfang an Profis mit der Homepage beschäftigen sollen.“ Ex-Rektor Jürgen Kohler beobachtet einen gestörten Kommunikationsprozess: „Wenn man bemerkt, Drei, die sich nicht konnten. dass da irgendwer bremst, muss man der Sache nachgehen!“ Er schiebt damit die Verantwortung beauftragt? Warum hat Spix, der dem Rektorat zu. alle Fakten kannte, nicht viel früher Neben diesen Mutmaßungen lassen Alarm geschlagen? Warum haben sich auch einfache organisatorische Senat und StuPa ihre Mängel festhalten. Spix hatte keine Kontrollfunktion nur unzureichend konkreten Zielvorgaben erhalten wahrgenommen? „Zurücktreten und arbeitete lange Zeit „ins Blaue werde ich deswegen aber nicht“, hinein“, Zwischenergebnisse wurfasst Westermann zusammen. den unzureichend kontrolliert und Damit wäre auch niemandem geholKommunikation fand auf Grund fen. Zudem scheint Westermann * bei der feierlichen Grundsteinlegung für das neue Uniklinikum am 27. Oktober jetzt die Problematik erkannt zu november 2004

haben und beabsichtigt, nachhaltig zu investieren. Der Rektor will diesmal eine externe Firma mit der kompletten Erneuerung des Auftritts beauftragen. Geplant ist ein aufwendiges, voll dynamisches Redaktionssystem („Content Management System“) nach dem Vorbild der Universität Hannover. Insider erwarten, dass die Kosten dafür mindestens doppelt so hoch sein dürften. Ausschreibung, Projektentwicklung, und Re-Implementierung im Rechenzentrum werden Monate – wenn nicht gar ein bis zwei Jahre – in Anspruch nehmen. Eine neue Homepage noch vor dem UniJubiläum 2006? Nicht mal für diesen fernen Termin wollte gegenüber dem moritz jemand die Hand ins Feuer legen. Trotzdem ist der Weg über die Ausschreibung ein sinnvoller Weg. Ein Vertrag macht die Kosten kalkulierbar. Genaue Zielvorgaben verhindern weitere Überraschungen. Vertragsstrafen verringern die Gefahr von endlosen Verzögerungen. Fraglich aber, warum diese Erkenntnis sechs Jahre bedurfte. Das Projekt Uni-Homepage wird jetzt – seit 1998 zum fünften Mal – wieder bei Null gestartet. Man kann nur hoffen, dass es diesmal ein erfolgreicher Versuch wird

Karikatur: Kathrin Schwarz

und die Verwaltung diesmal sorgsamer mit den knappen Finanzmitteln umgeht. Solange müssen wir mit dem alten Auftritt leben, obwohl die SpixVersion nur „einen Klick entfernt“ ist. Wer einmal einen Blick auf die fast fertige Homepage werfen will, kann das unter www.uni-greifswald.de/~webneu tun. Sie ist dort für jedermann erreichbar.

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Textstil erinnerten eher an eine Zeitung, zu viele Links und Scrollbalken überforderten den Surfer. Auch als Provisorium wollte man die Seite nicht übernehmen, da man weitere hohe Kosten befürchtet und „sich solche Provisorien dann

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ne n eu ue e s se er r ii e e :: f fa ac ch hs sc ch ha af ft ts sr rä ät te e An dieser Stelle sollen nacheinander die Fachschaftsräte unserer Uni vorgestellt werden. Die Fachschaftsräte sind die untersten Gremien der studentischen Selbstverwaltung und Eure nächsten Ansprechpartner, wenn ihr in eurem Fach Probleme habt. Beginnen wollen wir mit dem Fachschaftsrat der theologischen Fakultät, der in gewisser Hinsicht einen Sonderfall darstellt – vertritt er doch die die ganze Fakultät. Der Fachschaftsrat Theolgie hat 6 Mitglieder: Martin Gröschel, Katharina Rosenow, Gunnar Schulze und Anke Wulff studieren Theologie auf Diplom; Wenke Liedtke Religion und Deutsch auf gymnasiales Lehramt und Patricia Korte M.A. Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Christliche Archäologie. Bereits aus dieser Fächerverteilung wird deutlich, dass das mit dem Studium an dieser Fakultät nicht nur "der Pastor" als Berufsbild verbunden ist. moritz: Ein Fachschaftsrat für eine ganze Fakultät ? Wen vertretet ihr? Patricia Korte: Die theologische Fakultät ist die kleinste unserer Uni. Die Fachschaft besteht aus circa 200 Studierenden. Daher wäre eine Unterteilung in einzelne Institute wenig sinnvoll. Dennoch werden die besonderen Akzente unserer Fakultät beachtet. Nicht nur die Ausbildung hin zum kirchlichen Examen steht im Mittelpunkt. Ein wesentlicher Bereich ist auch die Religionspädagogik, wobei die Zusammenarbeit mit anderen Fakultäten hier einen Schwerpunkt bildet. Noch stärker wird dies bei dem Studiengang „Christliche Archäologie und Kirchliche Kunst“ deutlich, der eine besondere Mittlerfunktion zwischen der Klassischen Archäologie und der Kunstgeschichte besitzt. Aber auch das Studium des Judentums hat eine lange Tradition in Greifswald. po p o ll ii t t ii k k

In welcher Form und wie oft trefft ihr euch? Gunnar Schulze: Oftmals treffen wir uns schnell mal in den Pausen um einige wichtige Dinge zu besprechen. Darüber hinaus finden wir uns dann aber auch zu einer regelmäßigen Sitzung zusammen, die wir meist in einer der örtlichen Kneipen abhalten – dem Gemütlichkeitsfaktor zu liebe. Wie oft finden Wahlen statt? Wenke Liedtke: Alle 2 Semester (im Sommersemester) wird der Fachschaftsrat neu gewählt. Dabei ist eine Wiederwahl einzelner Mitglieder durchaus üblich.

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gen, wie zum Beispiel einer Kanutour auf der Peene beteiligen sich Studenten ebenso wie Dozenten und Professoren. Dadurch wird der persönliche Kontakt zu den Dozenten lebendig gehalten. Im Sommer fand ein aufregendes Fußballspiel zwischen Lehrenden und Studierenden (haushoher Gewinn für die Studierenden!) statt. Wie beurteilt ihr die Situation in der allgemeinen Hochschulpolitik? Wenke Liedtke: Die theologische Fakultät hat hochschulpolitisch ein gewisses „Bestandsrecht“, denn der Staatskirchenvertrag, sichert in Rostock für Mecklenburg und in Greifswald für Pommern das Studium der Theologie. Außerdem ist so der Status einer „Volluniversität“ gewährleistet. Kürzungsmaßnahmen, wie sie beispielsweise in der philosophischen Fakultät zutage treten, würden hier aufgrund der absoluten Größen den Lehrbetrieb zum Erliegen bringen. Dennoch wurden auch hier einzelne Lehraufträge reduziert, so zum Beispiel die Neubesetzung des Lehrstuhls

Welche wesentlichen Aufgaben nehmt ihr war? Wenke Liedtke: Unsere Hauptfunktion ist es, als ein „Anlaufpunkt“ für die Studierenden zu dienen. Sie erhalten zum einen konkrete Hilfe in Studienangelegenheiten. Dies gilt besonders für den Bereich der Erstsemesterbetreuung. Zum anderen verwalten wir die Finanzen, die unter anderem vom AStA für die Studierenden bereitgestellt werden. Dies ermöglicht uns beispielsweise Veranstaltungen zu organisieren. So ist es angestrebt, in jedem Semester einen Theologenball stattfinden zu Miteinander statt gegeneinander: Dozenten und Theologielassen, aber Fachschaftler beim Fußballspiel. Foto: aha auch Weihfür die Christliche Archäologie. nachtsfeiern und ähnliches stehen Durch die enge Zusammenarbeit auf dem Programm. Außerdem taumit der philosophischen Fakultät, schen wir uns mit Fachschaften wäre zum Beispiel die geplante anderer theologischer Fakultäten, Schließung des Instituts für Alterbesonders der Rostocker Uni, aus. tumswissenschaft problematisch, da so Kombinationsmöglichkeiten Wie sieht der Kontakt zu den von Studienfächern nicht mehr Lehrenden aus? Welchen Eingewährleistet wären. fluss habt ihr auf die EntscheiEs gilt also zu hoffen, dass die dungen in der Fakultät? Interaktion zwischen den FakulGunnar Schulze: Im allgemeinen täten und die vielfältigen Studiensehen wir uns hier in einer Mittmöglichkeiten weiterhin bestehen lerfunktion zwischen Studierenden bleiben. und der Fakultätsleitung. So trifft sich der FSR 14-tägig mit unserem Vielen Dank für das Gespräch. Dekan und Studiendekan zu einem Gespräch, um Probleme an der Fakultät zu besprechen und LösunInterview: Arvid Hansmann. gen zu finden. An Fakultätsausflü-

moritz


Die neue Dreieinigkeit

Das Personalkarussell beim AStA hat sich erneut gedreht. Bei der Sitzung des Studierendenparlaments (StuPa) am 26. Oktober wurde der bisherige Referent für Studium und Lehre, Thomas Schattschneider, zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er beerbt damit Simon Sieweke, der ab sofort Referent für Hochschulpolitik ist. Dritter im Bunde ist Felix Matthias Prokoph. Er ist zuständig für das neu geschaffene Referat für Gremien- und Fachschaftsangelegenheiten. „Mir war wichtig, dass der Posten des Vorsitzenden besetzt wird, denn wir brauchen ein Gesicht nach außen“, begründet Thomas seine Kandidatur. Viele Mitglieder des StuPa waren dafür gewesen, die Stelle vorerst unbesetzt zu lassen. Durchaus nicht unüblich, wenn die drei Kernreferate Finanzen, Studium und Lehre sowie Hochschulpolitik besetzt sind. Letztendlich entschieden sie sich jedoch mit 13 Stimmen für Thomas – zwei mehr als die notwendige Mehrheit. Noch spannender verlief die Wahl von Felix Matthias Prokoph zum Referenten für Fachschaftsangelegenheiten. Erst im zweiten Wahlgang sicherte er sich die hauchdünne Mehrheit von elf Stimmen, nachdem sein Kontrahent Robert Waldheim seine Kandidatur zurückgezogen hatte. Im ersten Durchgang hatte keiner der beiden die notwen-

dige Stimmenmehrheit auf sich vereinigen können. „Ich sehe mich als Schaltstelle zwischen den Fachschaften und den anderen hochschulpolitischen Gremien“, umreißt der RomanistikStudent seine Aufgaben. „Ich werde versuchen, die Fachschaftskonferenz (FSK) zu unterstützen, wo es geht und Vorschläge einbringen, wie

Neuer Fachschaftsreferent Felix Prokoph: In der Bewährungsphase. Foto: ring die Arbeit effizienter gestaltet werden kann.“ Notwendige Erfahrungen hat er bereits im Fachschaftsrat der Romanistik gesammelt. Das neue Referat befindet sich jedoch noch in der Bewährungsphase: Angelegt auf ein halbes Jahr, soll vor der nächsten AStA-Wahl zu-

Lust auf Politik und Medien?

nächst bewertet werden, ob die Schaffung sinnvoll war, bevor ein neuer Referent bestimmt wird. Felix jedenfalls ist motiviert, die verbleibende Zeit zu nutzen: „Ich lade alle Fachschafts- und Gremienvertreter ein, sich bei Fragen oder Problemen mit mir in Verbindung zu setzen.“ Umstellen muss sich auch Simon Sieweke. Nach eineinhalb Jahren als AStA-Vorsitzender ist er zum ersten November ins zweite Glied zurückgetreten: „Ich bin froh, den Verwaltungskram los zu sein.“ Als Referent für Hochschulpolitik möchte sich Simon in erster Linie um den Nachwuchs für die Gremien kümmern. „Hier liegt auf jeden Fall eine Schnittstelle mit Felix vor.“ Darüber hinaus werden Themen wie Studiengebühren oder Wege der Hochschulfinanzierung seinen Alltag bestimmen. Dass Studiengebühren zur Zeit allgemein die Gemüter bewegen, zeigen auch die Schwerpunkte, die sich Thomas für seine Arbeit als Vorsitzender gesetzt hat. „Ich möchte Alternativen aufzeigen und den Prozess kritisch begleiten.“ Außerdem sieht er die Öffentlichkeitsarbeit als einen Kernbereich. Zu guter Letzt wird auch die AStA-Reform eine Menge Zeit in Anspruch nehmen: „Ich möchte mehr Service anbieten und die Hochschulpolitik auf mehr Köpfe verteilen.“ Letzteres ist auf jeden Fall mit den Neubesetzungen bereits gelungen.

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AStA besetzt zwei Stellen neu und schafft eine zusätzliche Von Kai Doering

HoPo-Wochenende Dann komm mit zum

vom 26. bis 27. November 2004 in Binz auf Rügen

Anmeldung unter asta@uni-greifswald.de november 2004

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AStA–Inside

Ein (Praktikums-)Bericht von Florian Benkenstein

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Was kann man als Student alles Häufiger arbeitete ich mit Thomas genen Entwürfe und mußten diese während der vorlesungsfreien Zeit Schattschneider zusammen, dem teilweise völlig neu zusammenstelmachen? Natürlich die Seele baudamaligen Referenten für Studium len. Manch ein Erstsemester wollte meln lassen, umfangreiche Hausarund Lehre und jetzigem Vorsich gar in einer Phase höchster beiten schreiben oder aber ein freisitzenden: Wir erstellten gemeinMotivation weit über 30 Semesterwilliges Praktikum machen. Ich wochenstunden aufbürden. Vor habe mich für letzteres entschiesolchen und weiteren leichtsinden. Und zwar beim nigen Aktionen konnten wir die Allgemeinen Stumeisten jedoch bewahren… dierendenausschuss – kurz Das totale Gegenteil dazu waren „AStA“ genannt – im Audimax in die rund 400 neuen Bachelor-ofder Rubenowstraße 1, um die Arts-Studenten (B.A.) mit ihren Ernst-Moritz-Arndt-Universität General Studies I. Diejenigen, von innen etwas näher kennen zu die beispielsweise Germanistik lernen. oder Anglistik/Amerikanistik Manch einer verbindet damit studieren wollten, bekamen keivielleicht langweiliges Kaffee nen Platz mehr in einem kochen, Aktenberge hin- und Englischkurs, weil die Uniherschleppen sowie pausenlos versität nicht mit einem so groden Kopierer malträtieren – ßen Andrang gerechnet hatte. nicht aber in meinem Fall. Nach Außerdem ist zur Zeit die Stelle einigen etwas ungläubigen Äußefür Schriftkompetenz noch nicht rungen – „Wie? Wir haben einen besetzt. So fällt dies auch vorerst Praktikanten hier?“ – wurde ich aus – und zwar für alle B.A.von allen freundlich begrüßt und Studenten. So können einige begann sofort meine Arbeit. Bachelor in diesem WinterDie bestand hauptsächlich aus semester nur ihr erstes Fach studer Betreuung eines Teils der dieren und müssen ihre General rund 2.000 Erstsemester, an der Studies I später nachholen. sich das gesamte AStA-Team tatAlles in allem erlangte ich durch kräftig und mit vollem Einsatz das interessante und abbeteiligte. So lernte ich durch wechslungsreiche Praktikum meine verschiedenen Tätigkeiten einen Einblick in die Arbeitswie beispielsweise Hilfe bei der weise des AStA und bin nun um Wohnungssuche und beim einige Erfahrung reicher. Studienpläne-Erstellen sowie Falls ihr solche oder andere beim Kartenverkauf für die Eintreten und geholfen werden: Die Tür zum Probleme haben solltet, dann Ersti-Ausflüge nach Hiddensee AStA-Büro im Audimax. Foto: ring schaut einfach mal beim AStA oder Usedom nach und nach alle vorbei. Ein offenes Ohr werden Referenten und Mitarbeiter näher sam mit den Erstsemestern ihre die dortigen Referenten und Mitkennen. Studienpläne, korrigierten ihre eiarbeiter auch für euch haben.

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„Bei uns kann jeder mitgestalten“

Alles ganz sozial bei den jungen-alten Jusos / Von Yvonne Mathei

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„Wir sind frisch und neu, das bietet der Anteil zurückgezahlt.“ Eine Hewenn von studentischer Seite auch Gestaltungsmöglichkeiten“, so rausforderung sieht Anika in der etwas für die Stadt getan wird. Anika Macholl, stellvertretende Debatte darüber, wieviel Geld letzSowohl Stefanie, als auch Anika Vorsitzende der Greifswalder Hochtendlich den Hochschulen von diewünschen sich auf jeden Fall eine schulgruppe der Jungsozialisten sen Gebühren bleibt. Gerade in diebessere Zusammenarbeit mit ande(Jusos). Die unabhängigen, der SPD sem Punkt sehen beide Vertreterinren Hochschulgruppen. So ist nahe stehenden Jusos sind erst seit nen die Möglichkeit, sich als Hochgeplant, einen „Ring politischer dem Sommersemester 2004 wieder schulgruppe in die Diskussion einJugend“ mit anderen Gruppen aufso richtig aktiv, nachdem die zubauen. In der ErstsemesterArbeit der seit sechs Jahren woche „probten“ die meisten bestehenden Gruppe in Gruppen bereits die ZusamGreifswald eingeschlafen war. menarbeit bei einem InfoJeden Mittwoch um 20 Uhr brunch. Hier konnten politiktreffen sich etwa 8-10 Aktive im interessierte Studenten erstCafe Koeppen, um Veranstalmalig an einem Ort mit allen tungen zu planen oder gemeinhochschulpolitischen Gruppen same Standpunkte zu finden. Kontakt aufnehmen und die Offiziell habe die Jusounterschiedlichen Positionen Hochschulgruppe 66 Mitglievergleichen. der, so Anika. Jeder, der Doch so unterschiedlich seien Interesse an Politik hat, kann die Standpunkte der einzelnen sich an der Arbeit der Jusos Gruppen gar nicht, meint beteiligen, eine Mitgliedschaft Stefanie. Wer sich in der Na, wer trägt hier rote Socken? – Mittwöchliches in der Partei ist dafür nicht notGreifswalder Hochschulpolitik Juso-Treffen im Café Koeppen. Foto: ring wendig. engagiere habe zwangsläufig Was erwartet Studenten bei den zubringen. Zur Zweitwohnsitzsteuer die gleichen Probleme. Warum sollJuso-Treffen? „Im letzten Semester meint Stefanie, dass hier auf jeden te ein Student dann zu den Jusos ging es vorrangig um die Planung Fall von Seiten der Stadt noch kommen? diverser Aktionen und es mussten genauere Regelungen getroffen werDazu Anika: „Da wir noch keine erstmal grundlegende Positionen den müssten, so zum Beispiel, ob festen Strukturen haben, kann jeder besprochen werden“, so Stefanie die Steuer nur für Studenten oder Neue seine Vorschläge einbringen. Hennig, Vorsitzende der Jusoauch für Auszubildende gelten soll. Bei uns kann jeder mitgestalten, das Hochschulgruppe. „Wir haben Prinzipiell hält sie es für sinnvoll, möchte ich gerne beibehalten.“ unter anderem aus unserer Gruppe das „Junge Team“ gebildet, welches den Europawahlkampf gestaltet hat.” Als größte Veranstaltung ging daraus laut Anika das Europafest hervor. Ein weiteres Thema für die Jusos war die Umstrukturierung der Universität. Die Juso-Hochschulgruppe stellte auch Kandidaten für verschiedene studentische Gremien auf, zum Beispiel AStA und Studierendenparlament (StuPa), und engagierte sich im Wahlkampf zur StuPa-Wahl. Befragt nach den Standpunkten zu den aktuellen Themen Studiengebühren und Zweitwohnsitzsteuer antwortet Anika: „Studiengebühren werden ziemlich sicher kommen, wir treten aber auf jeden Fall für die nachgelagerte Variante ein, dass heißt, je nach Höhe des späteren Einkommens wird ein entsprechen-

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Wenn sich Kustoden treffen

oder die Bedeutung universitärer Sammlungen für Forschung und Lehre / Von Sabine Gr0ße

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„Es war einmal … …ein schönes und kluges Töchterlein, der wahre Schatz der Familie, der im Schatten der mondänen Schwestern ein Leben im Verborgenen führte, bis sie errettet und ihre wahre Schönheit und Bedeutung entdeckt wird. Cinderella nannte Charles Perrault, der dieses Märchen Geschichte im Jahr 1697 erzählte, seine Hauptdarstellerin. Und er gab ihr zum Tanz Schuhe aus Glas, einem im 17. Jahrhundert überaus wertvollen Material, das den wahren Stellenwert Cinderellas zum Ausdruck bringt. Überaus wertvoll und auf mehreren Ebenen von großer Bedeutung sind auch universitäre Sammlungen: Kunst-, Lehr- und Lernmittel Sammlungen sowie Museen in unterschiedlichen Fachausrichtungen, wie sie beinahe alle alten deutschen Universitäten - und auch die Universität Greifswald - besitzen. „Doch diese Sammlungen führen“, so Dr. Cornelia Weber, Geschäftsführerin des Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik Berlin, in ihrer Rede auf dem Ersten Kongress der Kustoden „häufig ein Cinderella-Dasein.“

Zu diesem Kongress fanden sich vom 28.bis 31. Oktober 2004 rund 20 Leiter und Leiterinnen von Kustodien aus Deutschland, Österreich und Estland sowie Teilnehmer verschiedener mit dem Thema assoziierte Fachrichtungen zusammen. In Vorträgen und Diskussionen wurden die Geschichte, Entwicklung, Situation und Zukunft der universitären Sammlungen dargestellt und kritisch beleuchtet. Universitären Sammlungen sind zahlreich und ihre Rollen innerhalb der Universitäten vielfältig. Die Sammlungsdatenbank des Zentrum für Kulturtechnik erfasste bisher weltweit rund 1900 UniversitätsSammlungen. Europaweit sind dort über 1000 und für Deutschland allein 413 Sammlungen an 58 Universitäten ausgewiesen. Hinter diesen Zahlen verbergen sich einzigartige und überaus wertvolle Schätze der Wissenschafts- und Kunstgeschichte, wie auch die Sammlungen der Universität Greifswald zeigen. Nice to know, aber was bedeuten diese für das Profil einer Universität? Und welchen Nutzen ziehen Studierende aus diesen Schätzen?

Eröffnung der Dauerausstellung „Schätze aus der Kunstsammlung der UniFoto: Zentrale Kustodie, Marco Prosch versität Halle-Wittenberg“

„Schätze zu bewahren heißt auch, sie aufzuschließen und einer großen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“ Mit dieser Aussage deutete Prof. Dr. Hendrik Olbertz, Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt, in seinem Grußwort zum Kongress den Weg, den Universitäten im Umgang mit ihren Sammlungen beschreiben sollten: Die Präsentation ihrer Kunstschätze in einem Wissenschafts- oder Universitätsmuseum. Denn dieses bietet Universitäten die Möglichkeit den Kontakt mit ihren Zielgruppen intensiv zu pflegen, Ihre Leistungen und Zielsetzungen zu präsentieren und das individuelle Profil zu schärfen. Die Universität Greifswald plant genau dieses in den kommenden Jahren zu realisieren: Ein „Universitäts-Schau-Haus“ unter dessen Dach neben weiteren öffentlichkeitswirksamen Angeboten die Exponate der sechs universitären Museen und 17 wissenschaftlichen Sammlungen aus den Bereichen Medizin, Natur- sowie Geisteswissenschaften und Theologie einen attraktiv Platz finden. Für die Studierenden bedeuten diese Sammlungen eine Bereicherung ihrer Ausbildung. Zum einen durch den wesentlichen Faktor der Anschauung in Lehrveranstaltungen und Ausstellungen. Zum anderen durch die Möglichkeit, praktische Erfahrung im Umgang mit Exponaten zu sammeln: Bei der Pflege und Archivierung wie bei der Präsentation und Gestaltung von themenspezifischen Ausstellungen. Universitäre Sammlungen bieten also nicht nur einen lebendigen Eindruck von der Geschichte der Wissenschaft und der Universität, sondern tragen auch zur Gestaltung der aktuellen Lehre und der Zukunft des Studienstandortes bei. Gute Gründe, um die Sammlungen unserer Universität intensiv zu betrachten – was der moritz an dieser Stelle in den folgenden Ausgaben tut. moritz


Leben in drei Säulen

Das neue Jahr beginnt im Juli Nikolaus im Jahr 2002: In konferenz (EuKo) statt, bei der sich zumindest, wenn man Mitglied von Zusammenarbeit mit Rotaract Rotaract-Clubs aus der ganzen Welt Rotaract ist. „Das nennt sich dann Deutschland und dem Cinestar zu Workshops und anderen Veranrotaractisches Jahr“, erklärt Friedekonnten über 100 bedürftige Kinder staltungen treffen. „Im April waren rike Neher. Die Vierundzwanzigjähins Kino eingeladen werden. „Das wir mit sechs unserer Mitglieder bei rige ist die Präsidentin des Rotaract war eine tolle Sache“, schwärmt der EuKo in Budapest und haben Clubs Greifswald. Doch was ist das Max. Auch für dieses Jahr ist wieder dort die EU-Erweiterung gefeiert. eigentlich? etwas geplant. „Diesmal sind wir in Das war großartig - trotz der 21 „Rotaract steht für ‚Rotary and Anklam und wollen dort im Stunden Zugfahrt.“ Action’“, berichtet Friederike. Das Krankenhaus mit den Kindern Der „Rotary Club“, an deren Idealen deutsche Motto lautet, leicht abgebasteln und Kekse backen.“ sich Rotaract orientiert, stammt urwandelt, „Jugend in Aktion“. JuRotaract Greifswald blickt bereits sprünglich aus den USA. Dies ergend, Aktion - das erinnert an Pfadauf eine mehrjährige Geschichte zuklärt auch den Gebrauch der vielen finder, hat damit jedoch gar nichts rück. 1998 gegründet, wurde der Anglizismen im Sprachgebrauch zu tun. „Rotaract ist der jugendliche Verein im Jahr 2000 „gechartet“. von Rotaract. Treffen heißen Ableger der Rotarier“, versucht Max „Seitdem sind wir offiziell von Rota„Meeting“ und die Welt ist in vervon Grone Licht in die Angelegenract Deutschland als Club anerschiedene „Districts“ eingeteilt. heit zu bringen. Dem VierGreifswald gehört übrigens undzwanzigjährigen ist jezum District 1940. „Wir doch wichtig, dass es sich sprechen bei unseren Trefnicht um eine bloße Jufen aber schon Deutsch“, gendorganisation handelt. lacht Friederike. Die neun Mitglieder im „Wir sind schon eigenstänAlter von 21 bis 26 Jahren dig.“ Max kümmert sich um (Mitglied kann werden, wer die Finanzen des Vereins. zwischen 18 und 30 Jahren Doch was hat es nun mit alt ist) treffen sich vierden Aktionen auf sich? zehntäglich donnerstags „Unser Vereinsleben ist in um 20 Uhr im Berufsbildrei Säulen organisiert“, erdungswerk um sich auszuzählt Friederike, „lernen, tauschen und soziale Aktihelfen und feiern.“ Zuminonen zu planen. „Alterniedest letzteres ist man von rend dazu findet ein Studenten ja gewohnt, Stammtisch statt, bei dem doch wie sieht es mit den es dann etwas lockerer zubeiden anderen Teilen aus? geht“, ergänzt Friederike. „Unter den Bereich Lernen Gutes tun und dabei Spaß haben - Die Mitglieder von Rota„Der Ort wechselt ständig, fallen zum Beispiel ract Greifswald Foto: Rotaract kann aber über die HomeVorträge zu aktuellen page (www.rotaract.de/ Themen“, erklärt Max. „Neulich kannt“, berichtet Friederike. „Im greifswald) erfragt werden. „Bei den haben wir auch eine Imkerei nächsten Jahr steht also unsere Meetings besteht übrigens Präsenzbesucht.“ Die wichtigste Säule stellt Fünf-Jahres-Charta an.“ In Rotapflicht. Wer unentschuldigt fehlt, jedoch wohl das Helfen dar. „Dies ract-Kreisen bedeutet dies, dass der muss bezahlen. „Damit füllen wir bezieht sich in erster Linie auf unseJubiläumsverein ein Wochenende unsere Kasse ein wenig auf“, lächelt re Projekte“, sagt Friederike. So mit Programm und Party organiMax. Abschrecken sollte dies jedoch kümmern sich die neun Mitglieder siert, zu dem er alle anderen Clubs niemanden, denn „wer vorher ander Rotaract-Gruppe in Greifswald aus ganz Deutschland einlädt. Hier ruft, muss natürlich nicht bezahum Senioren in der Altenresidenz tritt die dritte Säule also deutlich len.“ Lernen, helfen, feiern - drei „Kursana“. „Wir besuchen sie, lesen hervor. Säulen, die das Studentenleben gut ihnen vor oder unterhalten uns ein„Uns gibt es aber nicht nur in beschreiben. fach nur mit ihnen.“ Seit April dieDeutschland“, weiß Max zu berichWer Interesse an Rotaract hat, kann sich ses Jahres laufe das Projekt und es ten. Rotaract sei vielmehr in der unter praesident.greifswald@rotaract.de werde gut angenommen. ganzen Welt verbreitet. So findet mit Friederike in Verbindung setzten. Unvergessen auch eine Aktion zu auch jedes Jahr eine Europanovember 2004

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Lernen, helfen, feiern - das sind die Grundpfeiler von Rotaract / Von Kai Doering

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Alle Jahre wieder bevölkern die neuen Studienanfänger die Greifswalder Innenstadt. Für viele alte Hasen nichts Besonderes mehr, doch wie fühlt sich eigentlich ein „Ersti“ in der ersten, in „seiner“ Woche? Dies wollte der moritz herausfinden und schrieb deshalb einen Wettbewerb aus, bei dem alle Neuen ihre ersten Eindrücke schildern sollten. Die vier interessantesten drucken wir hier ab.

Als Ersti in Greifswald

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Gefühlt habe ich wie bei der Einschulung. So viele neue Gesichter, man selbst nur einer unter vielen, dann die Ehrfurcht vor den „Großen“ und die Angst, dass man keinen Anschluss findet. Besonders als man am Montag mit den Tutoren, einem Klebestreifen auf der Brust nach dem Motto: „Hallo, seht alle her - ich bin ein Ersti!“ und einer Überraschungstüte gefüllt mit Bier, Rasierer und Streichfett, durch die Stadt zog. Aber die Tutoren und alle anderen Verantwortlichen haben ihren Job gut gemacht. Der Anschluss gelang sofort - schon allein deshalb, weil niemand wusste, wo man sich wofür einschreiben musste und wie man sich den Stundenplan zusammenbasteln soll. Auch die folgenden Tage waren geprägt vom gegenseitigen Kennenlernen. Sei es beim stundenlangen Anstehen bei der Hochschul-

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sport-Einschreibung, beim Feiern im Mensaclub oder auch bei der Stadtrallye, die wohl einige der Teilnehmer zu ernst nahmen. Obwohl ich die Kapazitätsprobleme der Uni eher gelassen sehe, frage ich mich doch, warum die Uni angesichts des Ansturmes an Neuzugängen im letzten Jahr nicht schon eher auf den Massenandrang reagiert hat. Stattdessen müssen jetzt Kompromisse bei den Bachelor-Studiengängen gemacht werden. Aber ich denke, das wird sich alles mit der Zeit ergeben. Und um ehrlich zu sein, richtig wichtig war in dieser Woche doch nur, dass man ein bisschen Greifswald kennen gelernt und Gleichgesinnte gefunden hat. Und wenn mich jetzt noch jemand fragt, ob ich mich denn schon in Greifswald eingelebt habe, kann ich beruhigt mit „Ja“ antworten und letztendlich ist es doch nicht so wie bei der Einschulung, sondern viel Katarina Sass besser.

Gute Zeiten Wieder einmal Erstsemesterwoche. Flyer und T-Shirts und Deo und Rasierer und Bier. Studentenkneipen, Mädels, Namensschilder. T. aus Amsterdam, aber eigentlich aus Kassel, zeigt dir seinen Roller mit Unterbodenbeleuchtung. Aus Holland mitgebracht. Ist billiger dort. Dreimal um den Dom gelaufen. In Verbindungshaus gezogen. Das Meer gesehen. Fischbrötchen gegessen. Mit L. Tequila getrunken und Johnny Cash gehört. Mal wieder Zigaretten geraucht. An Berlin gedacht. Döner. Buch über die Hanse gekauft. Zeitung gelesen. H. findet nachts nicht mehr nach Hause und verpasst das Fachschaftsfrühstück. F. hat keinen Studienplatz mehr bekommen. Deine Socken stinken. G. hat Verwandte in Vietnam. Man tanzt. Ein Polizist stoppt dich, weil du auf dem Markt Fahrrad fährst. D. wacht in einer vollen Wanne auf und muss ins Krankenhaus. Mit zehn Leuten im Taxi ins C9 und zurück. Usedom und Hiddensee verschlafen. Miete überwiesen. Bei Lidl eingekauft. Oma geschrieben. Nazis. Und Jesus. Und ein Bild mit Nazis und Jesus in der Marienkirche. Beim Gottesdienst zugehört. Die Putzfrau beruhigt. Dich mit Alten Herren im Alten Fritz über Navigationssysteme unterhalten. Eigenartige Träume gehabt. Vorhängeschloss gekauft. Fertiggerichte gekocht. Billard gespielt. Ins Theater gegangen. Eine Katze sieht dich schräg an. Ja, ja... Manuel Nüsser

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Auf den Boden zurück „Wie du jehst nach Greifswald?“ die erste entsetzte Frage. „Wat willste da überhaupt, da jib’s doch nüscht“, die Nummer zwei und die etwas leiser gestellte: “Wo issn dit eigentlich?“, zierte die drei. Dort, wo ich meinen Hauptwohnsitz habe, (sage nicht wo, gebe aber den kleinen Hinweis, dass es Deutschlands Hauptstadt ist), löste ich irgendwie Entsetzen aus, als ich den Entschluss fasste, nach Greifswald zu gehen. Ich dachte und erklärte, die Bedingungen sind einfach besser. Zum Beispiel hat man hier, anders als in einer Großstadt, ein persönlicheres Verhältnis zu seinen

Tutoren (Hey, rein formell!), wenn es um Fragen geht und außerdem ist es doch toll im Sommer gleich aus’m Bett in die Ostsee zu fallen. Aber am wichtigsten war die Tatsache, dass es in den gewünschten Fächern kein Numerus Clausus gab. Ist doch super!... dachte sich wohl auch ganz Deutschland. Meine Freude auf die Ersti-Partys verflog schnell. Am ersten Abend stand ich an, wie man früher im damaligen Osten für Bananen anstand. Stunden. Viele kamen gar nicht erst rein. Drinnen wars allerdings auch keine Freude. Man bewegte sich massentierhaltungsartig in den pupsigen Bierrülpsfeuchtigkeitsdämpfen und versuchte, noch

etwas Luft, oder welcher Stoff das auch immer geworden war, in den Brustkorb zu ziehen. Die Prozedur betraf allerdings jeden PartyAbend, so dass man schnell lernte, selbständig zu werden - genau das wollen doch Eltern; sie können verdammt stolz auf mich sein! - und sich zuhause im kleinen Kreise betrank. Persönlich an die Tutoren wenden ist aufgrund der Studentenmassen nicht mehr möglich. Die richtige Ostsee ist leider auch etwas weiter entfernt und man muss mit dem matschigen dreiundsiebzig Komma zweidreisechs tiefen Bodden vorlieb nehmen. Ist aber egal und trotzdem Steffi Strachotta nett hier.

Der studiosus in uns hatte viel Zeit zum Keimen, doch nun haben ihn die Wehen der Ersti-Woche mit einem Rutsch ans Licht gebracht. Das lange Warten in den Geburtskanälen - vor der Mensa - hatte schließlich ein Ende und die erwartungsvolle Anspannung gipfelte in den ersten Eindrücken des neuen Lebens: Kneipen, Bars, Kommilitonen und Bier. Umhegt, verpflegt und zerFotos: kj streut - die Tutoren waren klasse! Danke! - war es ein Leichtes, Greifswald, seine Uni und vor allem seine Mitstudenten ins Herz zu schließen. Ein beglückendes Gefühl, sich nun zu dieser bunten Menge zählen zu dürfen. Doch was wäre dieser erhabene Moment ohne die eine oder andere kleine Panne: Mein Fahrradschloss hat sich nach nur zwei Tagen in die ewigen Jagdgründe verabschiedet - Rekord würde ich sagen -, eine gewisse Billig-Schokoladen-Marke ist einfach unerklärlich eklig, und, oh man, Fahrradfahren kann einen echt fertig machen! Aber ich hab eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Wenn es zur nächsten Mensa-Party geht, entwickelt man ungeahnte Kräfte. Die ersehnte, innige Umarmung davor und das rauschende Fest im Innern Franzi Weber wiegen alles wieder auf und machen die ersten Tage unvergesslich. november 2004

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Wie neugeboren

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Verantwortlich für... Vorstand & Finance

GrIStuF-Visit to Riga Reisebericht aus Lettland Von Julia Schrod

Dominic Becker (24) ist gebürtiger Düsseldorfer und seit dem Wintersemester 2000/2001 in Greifswald. Das Büro des GrIStuF e.V. betrat er zum ersten Mal im Oktober 2003. Die Führung des Finanzteams übernahm er im November 2003 und seit Mai 2004 bekleidet er einen der drei Vorstandsposten. Wie bist Du zum GrIStuF e.V. gekommen? 2002, beim ersten Festival hier in Greifswald, habe ich zusammen mit Kulturträgern der Stadt die drei Parties mitorganisiert und so einen ersten Einblick in die Arbeit des GrIStuF e.V. gewinnen können. Durch diese Mitarbeit kam ich in Kontakt mit den damaligen Organisatoren des „Students’ Festival 2002“. Nun sitze ich hier…

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Was sind Deine Aufgaben? Kurz gesagt: „Trouble Shooter“. Speziell im Finanzteam werden die gesamten Kosten besprochen und immer wieder neu kalkuliert. Wir schreiben Anträge, vor allem aber müssen die persönlichen Kontakte zu den Financiers gepflegt werden. Was erwartest Du vom „Students`-Festival“? Ich hoffe, dass dieses Festival Ansporn und Motivation gibt, sich mehr für die Region und die Stadt Greifswald einzusetzen. Außerdem soll dieses Zusammentreffen der unterschiedlichsten Kulturen zeigen, dass man sich auch in Mitteleuropa Gedanken über Probleme und Konflikte in der Welt macht. GrIStuF in drei Worten ist… …Visionen zu leben Dominic ist erreichbar unter niki@gristuf.org

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30. September 2004: Es ist Donnerstag abend. Ganz schön gestresst kommen wir am Flughafen Tegel an. Ziemlich genau 20 Minuten bleiben uns noch um Tickets zu ergattern, einzuchecken und zu boarden. „Just in time“ erreichen wir das Flugzeug und nur 100 Minuten später werden wir schon freudestrahlend in Riga/Lettland empfangen. Gegen Mitternacht fallen wir erschöpft in die Hotelbetten. Unsere Mission kann beginnen... Vom Abend dieses Tages bis zum vierten Oktober 2004 verweilten wir drei GrIStuFler in Riga. Nein,

operation zu erstellen, die den einzelnen Organisationen die Möglichkeit bietet, von den anderen Teilnehmern zu lernen. SORCE ist eine freie Verbindung. Die Festivals und Konferenzen an den verschiedenen Orten sind vollkommen unabhängig voneinander. Die grundlegende Idee eint jedoch alle SORCE-Teilnehmer: Studenten von allen fünf Kontinenten treffen sich um über die Welt, in der wir leben, zu diskutieren, um andere Einstellungen kennen zu lernen und um interkulturelle Erfahrungen zu sammeln. SORCE bedeutet aber auch für jeden Greifswalder Studenten einen Gewinn. Durch SORCE hast auch du Vorteile! Nutze deine Chance und bewirb dich für ein Studentenfestival im Ausland. Unter www.iswi.de/ sorce kannst dir die GrIStuF goes Riga - Blick über die Altstadt Foto: Julia Schrod du Termine für nicht zum Urlaub machen wie jetzt die kommenden Festivals ansehen der eine oder andere uns unterstelund „dein Festival“ heraussuchen. len möchte. Anlass für unsere Reise Allerdings solltest du nicht vergesist das „SORCE“-Treffen gewesen, sen, dass das „Students Festival“ in organisiert vom Org-Team des StuGreifswald 2005 direkt vor deiner denten Festivals aus Ilmenau/ ThüHaustür stattfindet und du dich ringen. SORCE steht für „Students persönlich für dieses Projekt einOrganizing Conventions Everysetzten kannst. where“ und GrIStuF ist seit Anfang Du bist neugierig geworden? Dich Oktober nun auch Mitglied dieses interessiert unsere Arbeit? Dann weltweiten Netzwerks von Studenschau doch einfach nächsten Mitttenfestivals. Ziel des Zusammenwoch um 20 Uhr in der Stralsunder schlusses ist es, eine Basis der KoStraße 10 vorbei. ***Du suchst internationales Flair in deiner WG und hast ab 1.1.2005 ein Zimmer frei? GrIStuF bekommt zwei EVSler (European Voluntary Service), aus Italien bzw. Frankreich. Für die beiden suchen wir je ein WG-Zimmer. Weitere Infos und Kontakt: Susi.Baude@gmx.de*** *** Running Dinner am 4.12.2004 ab 18 Uhr. Anmeldungen sind vom 17.11. bis 28.11., 12 Uhr möglich. Unser Anmeldetisch in der Mensa wird täglich von 11-14 Uhr für dich da sein. Außderdem kannst du am Running DinnerAnmeldetisch einen individuellen Button herstellen. Einfach dein persönliches Motiv mitbringen und für 30 Cent pro Button loslegen.***

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Das 500järige Jubiläum der Uni im Jahr 1956 Von Kai Doering Im Jahr 1956 feierte die Alma Mater Gryphiswaldensis ihren 500. Gründungstag. Er wurde mit einer Festwoche begangen. Wirft man einen Blick in das Programm, wird eines schnell klar: Große Unterschiede zu heute gibt es nicht. Die Festwoche begann am 14. Oktober mit der Eröffnung von Ausstellungen, die dem Leben von Ernst-Moritz-Arndt sowie Caspar David Friedrich gewidmet waren. Auch der Croy-Teppich wurde der Öffentlichkeit vorgeführt. Nach einem Festgottesdienst im Dom am 15. Oktober folgte einen Tag später die Eröffnung der eigentlichen Feierlichkeiten in einem eigens dafür angemieteten Festzelt um auch „der werktätigen Bevölkerung“, wie es in einer Festschrift heißt, die Teilnahme möglich zu machen. Beson-

Besonders begangen wurde der Gründungstag der Universität, der 17. Oktober. Ein halbes Jahrtausend zuvor hatte der Bischof von Kammin die Gründungsurkunde im Dom feierlich an die Stadt übergeben. Um an dies Ereignis zu erinnern, wurde der historische Einzug des Lehrkörpers in die Universität von 1456 wiederholt. Abschließend fand in der Aula ein Festakt statt, bei dem Otto Grotewohl auch die Grüße des „Präsidenten der Republik“, Wilhelm Pieck, überbrachte. „Die Deutsche Demoktratische Republik ist sich der hohen Verpflichtung bewusst, das Erbe hochverdienter Männer, hervorragender Forscher und Lehrer des Volkes zu wahren und zu mehren,“ ist in seiner Botschaft zu lesen. Am Abend des Gründungstages versammelten sich die Studenten auf dem Markt und zogen nach einer kurzen Ansprache des Rektors mit Fackeln und traditionelle Studentenlieder singend durch die Stadt. Nach Festvorträgen in der zweiten Hälfte der Festwoche bildete der große FestumHöhepunkt der 500-Jahr-Feier: Der Festumzug in historizug den abschen Kostümen Foto: Archiv schließenden Höhepunkt der derer Ehrengast der Feier: MinisterFeierlichkeiten. Er gab einen Überpräsident Otto Grotewohl, der in blick über siebenhundertfünfzig seiner Ansprache die traditionsreiJahre Stadtgeschichte. Mehr dazu che Geschichte der Universität skizaber in einer der nächsten Ausgaben zierte und ihren besonderen Platz in des moritz. Eine abschließende Randnotiz der sozialistischen Gesellschaft herbleibt der „Boykott“ der Greifsvorhob. Zum Abschluss der Feier erwalder Jubiläumsfeier durch die klang die vom damaligen Rektor Uni-Rektoren der BRD. Niemand Gerhardt Katsch geschaffene Festwar der Einladung der Greifswalder kantate „Elektronentanz“. Nach der Universiätsleitung gefolgt. StattVerleihung von Ehrenpromotionen dessen wurde im November 1956 am Nachmittag, gehörte der Abend eine „Gegenfeier“ in Kiel abgehaleinem Staatsempfang des Ministerten. Es bleibt also alles anders. präsidenten im „Haus der Jugend“. november 2004

Neues aus dem Jubiläumsbüro 50 Stände für die Uni Mecklenburg-Vorpommern ist etwas Besonderes. Einiges ist hier anders als in anderen Bundesländern. Manchmal ist es hier jedoch auch schwieriger als anderswo. Versucht man hier zum Beispiel 50 Markt-Stände in einheitlicher Aufmachung zu bekommen, kann einen das schon vor unlösbare Probleme stellen. So geschehen vor einigen Wochen. Für die geplante Uni-Meile werden erwähnte 50 Stände benötigt. Doch woher nehmen? Weder die Stadt, noch Vereine und nicht einmal der Großmarkt in Rostock können diese zu Verfügung stellen. Wer also 50 gleiche Stände besitzt, ist aufgerufen, sich im Jubiläumsbüro zu melden. Greifswald als Wissenschaftszentrum Während des 550jährigen Universitäsjubiläums wird sich Greifswald in ein Wissenschafts-Mekka verwandeln. Bei etwa 50 Tagungen werden diverse Themen besprochen werden: Vom medizinischen Fakultätentag bis zum „Laufkäfer der Moore“ Poeten bevorzugt In der Festwoche wird es auch eine „lange Nacht der Poesie“ geben. Studenten sind herzlich eingelanden, sich mit eigenen Beiträgen zu beteiligen. Darf ich bitten? Am 01. Juli 2006 darf das Tanzbein geschwungen werden. Unter dem Titel „Tanz durch die Jahrhunderte“ findet auf Schloss Griebenow der Universitätsball statt. Er wird ausgerichtet für alle Uni-Angehörigen - also nicht nur für hohe Herren (und Damen), sondern auch für alle Studierenden.

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Feiern unter Hammer und Zirkel

Immer mehr im Boot Das Jahr 2006 rückt näher und das Jubiläumsprogramm nimmt Formen an. Von studentischer Seite werden auf jeden Fall die „European Law Students’ Association“ (ELSA), der Lamarck-Zirkel, das IKUWO sowie GrIStuF mit dabei sein.

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„… und ziehe schon an die zehen Jahr“ 2. Teil: Das Studententheater StuThe zieht um Von Sven Laude Es ist Nacht. Doktor Johannes Faust hockt in seinem ewig gotischen Zimmer. Seine Stimmung ist monologisch bedrückt. Gleich wird er, der

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und „Max und Milli“ auf der grünen Wiese. Mit dem Einzug in die Kiste begann nun eine qualitativ völlig neue Etappe. Die Wanderjahre waren vorerst vorbei. Glich die Suche nach Probenräumen zuvor oft einem Geduldspiel für genügsame Untergrundkämpfer, so hatte StuThe plötzlich ein eigenes Zuhause. Das war 2001. Flyer und Mundpropaganda sorgten dafür, dass die Zahl der aktiven Spieler rasch wieder anwuchs. Der Andrang war groß und vor allem vielfältig genug, um innerhalb des Theaters vier verschiedene Sparten zu eröffnen. Da wäre zunächst das Improvisationstheater zu nennen, welches kreative Szenen aus dem Stehgreif auf die Bühne bringt. Die Methoden dieser Theaterform sind hervorragend geeignet, um sich ein Gespür für den dramatischen Gehalt des Augenblicks zu anzutrainieren. Eine zweite Gruppe stürzte sich auf das textorientierte Theater, den Klassiker sozusagen. Erstes Frechsachs 1997 Projekt: „Es war die Lerche“ von Ephraim Kishon. Derzeit sind zwei „arme Tor“, über die Eintönigkeit neue Projekte am seines Daseins deklamierend eben Start. Die Soap-Operajenes Zitat fällen, welches JahrGroup berichtet in hunderte später diesen Artikel zieFortsetzung aus der ren soll. Hätten Sie es erkannt? Chronik einer fiktiven Doch weiter in unser Geschichte, Wohngemeinschaft. der des Studententheaters zu Gewohnt schräg bis Greifswald. So an die zehn Jahre originell tendiert die sind seit den ersten Gehversuchen Handlung derzeit ofvergangen. Anders als Faust hat fensichtlich in RichStuThe in diesen Jahren häufig sein tung Actionthriller. Die Domizil wechseln müssen. Anfängvierte Sparte gründete lich war es ein großer Seminarraum, sich als Schlager-Grupder heute den PC-Pool des Fremdpe, hat seither parosprachen- und Medienzentrums diertes und ernstes im enthält, dann das ehemalige AusAngebot, auch das eine stellungszentrum im gleichen Haus. oder andere Chanson. Zu einer zykIn einem Malsaal, in dem man lisch wiederkehrenden Veranstalwegen baulicher Schwächen „Bitte tung ist die „Klappe“ geworden, in nicht hüpfen!“ durfte, entstand der die Sparten ein gemeinsames „Gamlet“. „Die Physiker“ wurden Programm auf die Bühne bringen. im Schülerfreizeitzentrum geboren Die Kiste hat wieder Vielfalt und

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Kontinuität in StuThes Theaterarbeit gebracht, bot endlich wieder Raum für Workshops, für Gastspiele und nicht zuletzt für Publikum. Die Kiste. Eine ehemalige Schülergaststätte, die auch mal einen der größten Studentenclubs beherbergte und eine Außenstelle der Unibibliothek, in der es jetzt einen kleineren Studentenclub gibt und auch eine Moschee und Vorlesungsräume und kein Theater mehr. Platzangst in Greifswald Im Herbst 2003 musste StuThe die Kiste verlassen. Die Zahl der Greifswalder Studenten war inzwischen derartig angewachsen, dass man sie entweder hätte stapeln können oder gezwungen war, neue Vorlesungsräume zu erschließen. Der Druck war augenscheinlich so groß, dass Vorlesungen in der Mensa, in Großraumzelten, ja selbst in Kirchen als Alternativen geprüft wurden. Der Umbau der Kiste war da eines der realistischeren Konzepte. Neue Heimstätte des Studententheaters wurde in einer Blitz-

Gamlet 2000 aktion die Stralsunder Straße 10. Nur die war leider schon belegt. Schon seit vielen Jahren wird der ehemalige Tanzsaal des ehemaligen Hotels durch Übungsgruppen des Hochschulsports genutzt. Fechten, moritz


StuThe und die Politik Zunächst einmal soll angemerkt november 2004

Ex Oriente Lux 2003 kombiniertes Projekt aus studentischem Wohnen und kulturellem Zentrum der Universität. Das ist ein großer Happen, der die Ressourcen der Uni überfordern dürfte. Noch im November ist deshalb ein Treffen zwischen dem Verwaltungsleiter, dem Kanzler der Universität, dem Oberbürgermeister und der Kultursenatorin der Hansestadt geplant. Gemeinsame Interessen an Stadtbild und kulturellem Angebot sollten ausreichend vorhanden sein. Hoffen wir das Beste, für Kultur und Sport. Wer Lust bekommen hat, bei StuThe mitzumachen und die Bretter, die die Welt bedeuten, erobern möchte, bekommt weitere Informationen bei stuthe@web.de

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werden, dass StuThe unterstützt wird. Bisher hat jeder Dekan der Philosophischen Fakultät seinen Teil dazu beigetragen, dass StuThe weiterexistiert hat. Seit Jahren gibt es an der Fakultät einen Etat von 500 Euro für das Studententheater. Der Einzug in die Kiste und in die Stralsunder Straße wäre ohne Rückhalt innerhalb der Universität nicht möglich gewesen. Die große Unterstützung in kleinen Schüben hat aber auch dazu geführt, dass dieselben Aufbauarbeiten jetzt teilweise schon zum dritten oder vierten Mal gemacht und finanziert werden müssen. Nicht nur das Gebäude in d e r Stralsunder S t r a ß e braucht ein Konzept sondern auch das Studentische Theater an dieser Universität. Und solch ein Konzept gibt es tatsächlich. Schon jetzt sitzen unter andedie Theaterworkshop mit Mario Fascetti 2004 rem GrIStuFOrganisatoren und das Moritz-TV muss sich auf Kosten der Teilin der Stralsunder Straße 10. nehmer bei teureren Drittanbietern Verwaltungsleiter Naujok konzieinmieten. Dabei dürfte der Bedarf piert derzeit für diesen Standort ein an sportlicher Betätigung mit den erhöhten Studentenzahlen eher steigen. Das Studententheater hat ebenfalls geringere Probenkapazität, kann seine permanente Lichtund Tontechnik nicht aufbauen und lebt wieder ein Stück weit aus Koffern. Ein zusätzliches Problem stellt der bauliche Zustand des Hauses dar. Das Wasser kommt von unten und von oben, von oben bringt es auch schon mal ein Stück Putz von der Decke mit. Ohne Sanierungskonzept ist das Gebäude nicht zu halten. Die Frage ist also: Was will die Uni? Jazzdance, Jonglieren, Bujinkan Taijitsu, Basketball und noch einiges darüber hinaus. Dann standen von einem Tag auf den anderen und offenbar ohne Absprache Möbel, Säcke und Kartons auf dem Linoleum. Dem Studententheater war der ganze Saal versprochen worden, eine Rückkehr in die Kiste stand außer Frage. Stattdessen wurde zügig eine der Wohnungen im Erdgeschoß ausgebaut, um die Requisiten, Kostüme und anderen Dinge unterzubringen. Eine schöne Wohnung. Mit Küche, Toilette und sogar Dusche. Und was nun? Erstmal gar nichts. Der aktuelle Kompromiss teilt die Stralsunder Woche in zwei Teile und jede Partei erhält dabei eigentlich zu wenig. Der Hochschulsport kann einige Kurse nicht mehr anbieten oder

Soap Action 2004 21


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Frisch, fromm, fröhlich, frei richtet sich das Angebot nach den Übungsleitern, die viele neue Ideen mit in unsere Arbeit einbringen. so Dr. Schielke. „Aber wir bemühen

Foto: KJ

Immer wieder… in der ersten Woche des Semesters stehen etliche sportbegeisterte Studenten auf dem Sportplatz in der Falladastraße und warten sehnsüchtig darauf, sich für die Sportkurse einschreiben zu können. Während die Studenten warten, sitzt in der Turnhalle das kleine Team, das den gesamten Unisport organisiert und koordiniert. In dem ganzen Trubel ist auch irgendwo Dr. Eckard Schielke, Leiter des Hochschulsports, zu finden. Seit fast 15 Jahren ist der promovierte Geographie- und Sportlehrer der Drehund Angelpunkt, wenn es um Volleyball, Gesundheitssport, AquaFitness, Segeln, Fußball, Aerobic und all die anderen Sportarten geht. Dr. Eckhard Schielke hat es sich gemeinsam mit seinen Mitstreitern zur Aufgabe gemacht, den Greifswalder Studierenden eine möglichst breite Palette in Sachen Hochschulsport anbieten zu können. „Häufig

uns, immer neue Übungsleiter zu gewinnen.“ Zu seiner Arbeit gehört auch die mitunter schwierige Organisation der verschieden und zahlreichen Spielstätten. 44 verschiedene Sportarten, 110 Übungsleiter, circa 2500 eingeschriebene sportbegeisterte Studenten und vier Stunden Wartezeit

beim Einschreiben, das sind die Zahlen des aktuellen Semesters. Aber nicht nur Ausgleich zum täglichen Unistress soll der Sport sein, sondern gleichzeitig als Experimentierfeld dienen. Möglicherweise findet der eine oder andere eine neue Leidenschaft oder ein neues Hobby. Zurzeit plant das Team um Dr. Schielke das Projekt „Gesunde und bewegte Universität“. Es ist geplant, Kurse für Gesundheitssport zusammen mit begleitenden theoretischen Workshops anzubieten. Mögliche Themen: Wie bewältige ich den Alltagsstress? oder Wie ernähre ich mich gesund? Zum Schluss noch eine Frage, die alle Studenten brennend interessiert: Wann wird es in Greifswald Einschreibungen via Internet geben? Dazu sei gesagt: Zurzeit wird in Zusammenarbeit mit dem Rechenzentrum geprüft, inwieweit eine Online-Einschreibung in Greifswald realisierbar ist. Wir dürfen also weiter hoffen. moritz bedankt sich auch bei Roswitha Apler, Klaus Baethge und Brigitte Bleck für das Engagement, damit die Studenten sportlich aktiv sein können.


Als zusammenwuchs, was zusammen gehört

155 JJaahhrree M 1 Maauueerrffaallll Die Wende in Greifswald

Von Alexander König

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wald seine regelmäßigen Mittwochsdemonstrationen. Gingen in Greifswald und in Leipzig zum Beispiel jeweils zehn Prozent der Einwohner auf die Straße, so kamen in Greifswald 1989 etwa 6800 Menschen zusammen, während in Leipzig bei der etwa achtfachen Einwohnerzahl rund 55 000 Menschen zusammenströmten. Der Verlauf der Wende in Stadt und Universität Greifswald orientierte sich an den landesweit bestimmenden Ereignissen. So bestand im Sommer 1989 noch das Ancien régime der überall in der DDR bestimmenden Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). In den Sektionen der Universität, in welche die Institute 1968 umgewandelt worden waren, gab es Parteisekretäre. Die Studierenden waren bis auf eine nennenswerte Anzahl von

Theologiestudenten flächendeckend in die Jugendorganisation „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ) eingebunden. Alle Studierenden gehörten zu schulklassenähnlichen Seminargruppen. Pflichtfächer für alle Studiengänge an der Universität waren zuallererst Marxismus/Leninismus, aber auch Russisch und Sport. Wer in diesen Fächern Misserfolg erlitt, konnte zwangsweise exmatrikuliert werden. Außerdem hatten die Studierenden zu verschiedenen Zeitpunkten halbmilitärische Übungen und Arbeitseinsätze bei der Ernte und anderswo zu absolvieren. Das Studienjahr 1989/90 begann regulär am 1. September 1989. Diskussionen über die Entwicklung der aktuellen politischen Lage breiteten sich unter den Studierenden und unter den Mitarbeitern an der Uni-

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Hört man von der Wendezeit 1989/ 90 in der DDR, so verbindet man dies landläufig meist mit Städten wie Leipzig, Dresden oder Berlin. Leipzig hatte die Montagsdemos, durch Dresden rollten die Züge mit den Prager Botschaftsflüchtlingen in den Westen, in Berlin kam es zur Maueröffnung - und was passierte in Greifswald? Durchaus eine ganze Menge. Doch schon die seinerzeitige Wahrnehmung der Wendeereignisse war von den bevölkerungsreicheren Städten im Süden der DDR geprägt. Regelmäßige Demonstrationen in weniger großen Städten wie Greifswald erlangten allerdings eher nur regionale Aufmerksamkeit. Im Süden der DDR wurde kaum registriert, dass auch im Norden demonstriert wurde, wenn auch in kleinerem Rahmen. So hatte Greifs-

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versität weit aus. In der Theologie gab es im Verhältnis zur Gesamtstudenten- bzw. Mitarbeiterzahl besonders viele kritische Stimmen. Diejenigen, die Veränderungen wollten, fanden sich schnell übergreifend zusammen. Kontakte - oft auf persönlicher Ebene beruhend - gab es zwischen Personen der verschiedenen Universitätsfachbereiche, zwischen Universität und Stadt sowie auch zu vielen Menschen außerhalb Greifswalds. Häufig waren diese Kontakte unter dem Dach der evangelischen Kirche gewachsen, da die SED auf kirchliche Belange unter allen gesellschaftlichen Bereichen am wenigsten Einfluss nehmen konnte. Als sich im September und Oktober in der DDR neue politische Gruppierungen wie das „Neue Forum“, „Demokratie Jetzt“, „Demokratischer Aufbruch“, die „Sozialdemokratische Partei in der DDR“ (SDP) u.a. bildeten, die der SED und den SED-hörigen Blockparteien kritisch gegenüberstanden, waren immer auch Greifswalder dabei. So war beispielsweise der Greifswalder Studentenpfarrer am 7. Oktober Teilnehmer der Gründungsversammlung der SDP in Schwante nordwestlich von Berlin, aus der später die DDR-SPD wurde. Zu einem bedeutsamen Stimmungswandel an der Universität Greifswald kam es, nachdem am 18. Oktober 1989 Erich Honecker als Generalsekretär der SED und von allen anderen Ämtern zurücktrat und Egon Krenz neuer Generalsekretär wurde. Nunmehr schien klar: Es würde Änderungen in den politischen Verhältnissen geben, wie auch immer sie ausfallen würden. Überall wurde diskutiert. Es gab etliche Vollversammlungen in den Sektionen. Die alten SED- und FDJStrukturen begannen zu zerbröseln. Unabhängige Strukturen entstanden dagegen neu. So gründeten Studenten am 25. Oktober die Unabhängige Studentenschaft Greifswald (USG) als erste freie Hochschulgruppe von Studierenden (s. Seite 28) Im Verlaufe von mehreren Wochen im Oktober und November entmachteten die USG-Aktiven die FDJ. An der Uni entstand dann um die Jahreswende 1989/90 ein unabhängiger Studentenrat. Es gab freie Wahlen. Der Studentenrat übernahm einige der früheren FDJRäumlichkeiten samt Inventar. Aus dem Studentenrat wurde 1990 dann

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eine „allgemeine Studentenvertretung“ nach einem Mischsystem aus Personen- und Listenwahl. 1991 wurde dann das heutige System mit Studierendenparlament und AStA als gesetzlich verankerter studentischer Interessenvertretung eingeführt. Der Marxismus/Leninismus-Unterricht (Domstraße 20) wurde Ende Oktober/Anfang November 1989 als Pflichtfach abgesetzt. Kurioserweise sollte M/L im Dezember wieder eingeführt werden, woraufhin das Unihauptgebäude von Studierenden verschiedenster Fachrichtungen über mehrere Stunden so lange besetzt wurde, bis das endgültige Aus für dieses Studienfach verkündet wurde.

hilfe. Am 4. Dezember kam es zur Besetzung des Greifswalder Stasigebäudes. Es bildete sich ein Untersuchungsausschuss, in dem etliche Studenten und Unimitarbeiter mitwirkten. In diesem wurde die lokale Stasivergangenheit, aber auch das Geschehen in der SED-Kreisleitung, die SED-Arbeit im Kernkraftwerk Lubmin und die Tätigkeit im Rathaus aufgearbeitet (s. Seite 29). Nach dem Wegfall alter Strukturen Ende 1989 brachten die politischen Umwälzungen 1990 die ersten freien Wahlen zur Volkskammer der DDR am 18. März. Der Wahlkampf war intensiv und hitzig. Sogar in den Studentenwohnheimen wurden Wahlplakate geklebt, wieder abgerissen, wieder geklebt usw.

Foto: ring

Vom Hort von Marx und Lenin zur Juristenschmiede: Domstraße 20 In den Tagen nach der Maueröffnung am 9. November wurde von vielen Studierenden, Unimitarbeitern und anderen Greifswaldern buchstäblich alles stehen und liegen gelassen, um in den Westen zu fahren. Der Unibetrieb ging jedoch mit stellenweise stark gelichteten Reihen weiter, während die Züge der Deutschen Reichsbahn nach Berlin und in Richtung Bundesrepublik hoffnungslos überfüllt waren. Der politische Wandel schritt in der Zwischenzeit voran. Das Ministerium für Staatssicherheit wurde für kurze Zeit in ein „Amt für Nationale Sicherheit“ umgewandelt. Die Menschen akzeptierten diese Umbenennung nicht als Stasiabschaffung, so dass es im Dezember 1989 zum republikweiten Auflösungsbeschluss kam. Damit die Stasiakten nicht vernichtet werden, griffen die Bürger in vielen Städten, so auch in Greifswald, zur Selbst-

Im Sommersemester 1990 begann dann auch die Neustrukturierung der Universität. Die oben genannten Bindungen für die Studierenden wie Seminargruppen etc. entfielen. Die Sektionen wurden wieder in Fakultäten und Institute umgewandelt. Außerdem wurden wieder ein akademischer Senat und mit dem Theologen Prof. Zobel der erste Rektor frei gewählt. Die Wendezeit in Greifswald konnte hier nur schlaglichtartig beleuchtet werden. Doch eins ist klar: Auch Greifswald hatte seine Wende. In bestimmten Fällen wurden hier sogar Maßstäbe gesetzt. So folgte die Besetzung der Berliner Stasizentrale erst am 15. Januar 1990, während in Greifswald die Aufarbeitung der Stasiakten durch eine unabhängige Arbeitsgruppe bereits zwei Tage nach der Besetzung der Greifswalder Stasi am 4. Dezember 1989 begann. moritz


„Tragische Einzelschicksale erlebt“

Die Kustodin der Universität, Frau Dr. Birgit Dahlenburg, im moritz-Gespräch

moritz: Wie „gerecht“ ging es in der Wendezeit zu? Frau Dr. Dahlenburg: Wir haben uns gerade in der Ehrenkommission sehr bemüht, jeden Fall individuell aufzuarbeiten. Es gab Fälle in der Informantenwerbung, da hätte man kaum widerstehen können, weil die Stasi nicht einmal vor der Intimssphäre der Menschen halt machte und zum Beispiel drohte, ein außereheliches Verhältnis oder Homosexualität auffliegen zu lassen. Das war für uns in der Kommission oft eine sehr schmerzvolle Sache, weil man tragische Einzelschicksale erlebte. Andererseits zog sich die Arbeit über fünf lange Jahre hin, womit wir nicht gerechnet hatten und was die Uni-Mitarbeiter in einer psychisch angespannten Warteposition bleiben ließ. Allgemein ist in den Medien viel zum Spektakel erhoben worden und ich bedaure es, dass die Bevölkerung mit einer Art Massenhysterie reagiert hat. Es wurden oft zu Unrecht Existenzen zerstört und Leute auf immer und ewig abgestempelt. Diese undifferenzierte Art der Aufarbeitung finde ich bis heute bedauernswert. War die politische Aufarbeitung zu langwierig? Das ist schwer zu sagen - wenn man unsere polnischen oder skandinavischen Nachbarn fragt, dann ja. Andererseits gibt es zum Beispiel heute in Ungarn große Probleme, november 2004

weil die Reformer ausgegrenzt wurden und die heutigen Parlamentarier alle schon zu Ost-Zeiten die Fäden in der Hand hielten. Wie sind sie in die verschiedenen Kommissionen gekommen? Als ich im Juni 1989 - sprich fünf Monate vor der Wende - nach Greifswald kam, arbeitete ich in der sogenannten Hochschulreformgruppe mit und wurde als Vertreterin des wissenschaftlichen Mittelbaus in die Ehrenkommission vorgeschlagen und gewählt. Übrigens haben wir als Ehrenkomission für den Kultusminister und nicht etwa für den Rektor gearbeitet. Wir gaben ein Votum als Empfehlung ab, dem der Kultusminister widersprechen konnte, was er aber in Greifswald in keinem Fall getan hat.

waren seit 1968 an den alten DDRHochschulen verboten, erinnerten sie doch an eine als unerwünscht abgestempelte Vergangenheit. Ein absolutes Novum im Jahre 1990 war auch, dass bei den ersten demokratischen Universitätswahlen ein Theologe zum Rektor gewählt wurde, was zu DDR-Zeiten als undenkbar galt. Hat die Wende der Universität „gut getan“? Das kann ich vielleicht erst in 10 Jahren abschließend beurteilen,

Wieviele Wissenschaftler gibt es heute noch aus der Vorwendezeit? Die Philosophische Fakultät war am stärksten belastet, weswegen es dort etliche Neubesetzungen gab, wie zum Beispiel beinahe das komplette historische Institut. Die rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät wurde komplett neu aufgebaut und es hat sich kaum ein Jurist aus dem Osten bewor- Uni-Kustodin Dahlenburg: „Oft eine sehr Foto: UK ben. Anders sieht es in der schmerzvolle Sache.“ Medizin und bei den wenn es nur noch eine Universität Naturwissenschaftlern aus, dort in Mecklenburg-Vorpommern dürfte es noch viele Professoren und gibt... Alles hat ein Für und Wider wissenschaftliche Mitarbeiter aus und es gibt nie nur Positives: Wir Vorwendezeit geben. haben die politische Freiheit und die Reisefreiheit gewonnen aber gleichWarum gab es nach der Wende zeitg die finanziellen Sparzwänge eine Rückbesinnung auf die auferlegt bekommen. Vor der alten universitären TraditioWende gab es an der Uni zeitweise nen, wie zum Beispiel die feierrund 6.000 Beschäftigte bei 3.000 liche Rektorinvestitur? Studenten. Das war ein Zeichen der Befreiung von politischer Vormundschaft, Interview: Ulrich Kötter, denn Mäntel, Talare und Szepter Florian Benkenstein.

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Dr. Birgit Dahlenburg wurde 1959 in Thüringen geboren und studierte von 1978 bis 1986 an der Universität Greifswald. 1986 promovierte sie in Kunstgeschichte. Im Juni 1989 kehrte sie aus Zwickau an die EMAU zurück und war unter anderem Mitglied des städtischen Stasi-Untersuchungsausschusses sowie der universitären Ehrenkommission. Heute ist Frau Dr. Dahlenburg als Universitätskustodin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Kunstgeschichte tätig.

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„Das war mein Leben“

Vom Hochschullehrer zum Politiker: Dr. Gerhard Bartels Ein Portrait von Ulrich Kötter

„Neulich habe ich mich mit einem Mitarbeiter im Bildungsministerium unterhalten, der offensichtlich meine Personalakte kannte. Der sagte zu mir: ‚Herr Bartels, dass sie sich immer noch für diese Universität Greifswald einsetzen, kann ich nicht verstehen.’“ Dr. Gerhard Bartels, ehemaliger Student und späterer Hochschuldozent an der Universität Greifswald. Nach der Wende gekündigt worden und in die Politik gegangen. Seit 1994 für die PDS im Landtag in Schwerin. Hochschulpolitischer Sprecher seiner Fraktion und geschätzter Gast bei Greifswalder Kürzungsdiskussionen. Dann zum ersten September dieses Jahres Austritt aus der Fraktion, aber weiterhin im Landtag als Fraktionsloser.

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Rückblende: Gerhard Bartels kommt 1968 zum Studium für Deutsch und Geschichte auf Lehramt nach Greifswald. Er kommt in eine Stadt, die in den ersten zwanzig Jahren der DDR ein Schattendasein im Bezirk Rostock geführt hat. Gerade eben sind die Entscheidungen für Kernkraftwerkbau und weitere Industriealisierung gefallen; der überfällige Wohnungsbau wird endlich angekurbelt. „Greifswald war damals Universität mit Stadt und die Universität war tief in der Stadt verwurzelt“, so erinnert sich Bartels. Das änderte sich mit dem Bau der Satellitenstädte Schönwalde I und II sowie der Ostseeviertel. Die Bauarbeiter des Kernkraftwerks kamen in die Stadt und gingen wieder, die Fachkräfte von KKW und NEG blieben. Greifswald fehlte die Arbeiterklasse, weswegen gerade die Universität von der SED zunehmend misstrauisch beobachtet wurde. Verkörperte sie doch eine Bildungsbürgertum-Athmosphäre, die in der DDR nicht gewollt war. Das

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führte später zu der paradoxen Situation, dass die Studenten und anderen Universitätsangehörigen, die - aus welchen Motiven auch immer - in die Partei eintreten wollten, es gar nicht durften. Bartels studierte, heiratete, hatte während des Studiums schon eine Tochter und machte 1972 seinen Abschluss als Diplom-Lehrer für Deutsch und Geschichte. Doch die Universität wollte ihn nicht gehen

„Ich war zwei Jahre arbeitslos, bin seitdem Politiker und werde dann ab 2006 Foto: UK wieder arbeitslos sein.“ lassen und er blieb, entschied sich für Sprachwissenschaft und habilitierte sich 1984. Zwei Jahre später wurde er zum Hochschuldozenten für Sprachwissenschaft berufen. Wie muss man sich die Universität Greifswald zu DDR-Zeiten vorstellen? Wie bei so vielem hatte man auch hier versucht, einen totalen Neuanfang gegenüber den alten Traditionen zu vollziehen. Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät wurde auf Druck der Sowjets 1946 gar nicht erst wieder eröffnet. Nach der dritten Hoch-

schulreform der DDR 1968/69 wurden die Fakultäten aufgelöst und sogenannte „Sektionen“ eingerichtet. Andererseits blieb der problematische Namenspatron Ernst Moritz Arndt erhalten. An „Freiheit von Forschung und Lehre“ im heutigen Sinne war nicht zu denken. Auch wenn die einzelnen Dozenten und Professoren sich ihre Spielräume nicht nehmen ließen, so fehlte der wissenschaftliche Austausch mit dem Westen und in gewissen „sensiblen“ Fächern wurde politisch genauer hingeschaut, wer dort lernte und lehrte. Für die knapp 4.000 Studenten bedeutete das Studium Durchorganisiertheit: Zunächst musste man sich schriftlich bewerben und wurde dann einer rund 20-köpfigen Seminargruppe zugeteilt, die meist zugleich FDJ-Gruppe war und in der man bis zum Ende seines Studiums blieb. Die Lehrkräfte entschieden über den Stundenplan-Aufbau. Wer nicht mitkam und auch die Wiederholungsprüfung nicht bestand, wurde exmatrikuliert. Ein Fachrichtungswechsel musste aufwendig beantragt werden, war aber möglich. „Das klingt alles sehr verschult“, so resümiert Gerhard Bartels, „aber es hatte auch seine Vorteile: Die Studenten waren nicht so auf sich allein gestellt wie heute und hatten mit ihrem Seminargruppenleiter immer einen Ansprechpartner unter den Lehrkräften.“ Einen weiteren wichtigen Unterschied zu heute gab es noch: Mehr Frauen und Kinder an der Universität. Wie in der Region waren auch an der Uni mehr Frauen als Männer beschäftigt. Das betraf weniger die Professoren und Dozenten als vielmehr den großen akademischen Mittelbau, sprich Assistenten und wissenschaftliche Mitarbeiter. Studentinnen schreckten nicht davor moritz


zurück, zu heiraten und Kinder zu bekommen. „Wir hatten in unserer Sektion bei 400 Studierenden zeitweise 50 Kinder“, erinnert sich Bartels. Die Kinder wurden in einer universitätseigenen Kita in der Makarenkostraße betreut. Schon vor 1989 war die desolate Lage Greifswalds und der Universität unverkennbar: Die Innenstadt war größtenteils unbewohnbar und die alte Bausubstanz der Universität wurde zum Problem. Eben noch feierte die SED in gewohnter Manier ihren vierzigsten Jahrestag, da brach das System Ende 1989 zusammen. An der Greifswalder Universität herrschte unter den Lehrenden große Unsicherheit, was passieren würde. „Uns war klar, dass die DDR weg ist und dass sich vieles verändern wird“, so Gerhard Bartels. Der zu großen Personalausstattung standen plötzlich ökonomische Zwänge gegenüber. Die vielen Entlassungen und Kürzungen betrafen hauptsächlich den akademischen Mittelbau und gingen damit stark zu Lasten der Frauen. In der SED brodelte es schon seit längerem: Parteimitglieder beklagten die desolate Lage und die Untätigkeit der lokalen SED-Führung. Aus der Universität kamen wenige Impulse, weil die meisten Mitarbeiter ihre Karriere nicht aufs Spiel setzen wollten. Nach 1989 verlor die Partei binnen eines Jahres die Hälfte ihrer Mitglieder. Gerhard Bartels blieb in der Partei: „Ich war für eine Idee eingetreten und fand, dass es das nicht gewesen sein

konnte.“ Um ihn herum verließen Kollegen und Freunde die Partei, viele hatten „es ja schon immer gewusst“. „Das hat zu Brüchen geführt und manche persönliche Enttäuschung hinterlassen“, so Bartels heute. Sämtliche Mitarbeiter der Universität wurden von einer Ehrenkomission politisch überprüft und von einer Überleitungskomission fachlich beurteilt. Die Universität strukturierte sich neu, Fakultäten und Institute wurden wieder gedründet und Stellen ausgeschrieben. Heute kann Bartels den Eindruck nicht verwehren, dass von der Überleitungskomission genau so viele Wissenschaftler positiv beurteilt wurden, wie Stellen ausgeschrieben waren: „Politische Gründe spielten da keine Rolle, aber man wollte wohl hinterher keinen Ärger haben.“ Wer wie Bartels positiv beurteilt wurde, kam zunächst in den „mitgliedschaftlichen Stand eines Hochschullehrers“ und bewarb sich dann bei der sogenannten Übernahmekommission um eine konkrete Stelle. Die Kommission ließ jedoch nichts von sich hören und Bartels wurde vom Ministerium eine Kündigung mangels Bedarf ausgesprochen. Bartels klagte, was er damals als „ungewöhnlich“ empfand und bekam Recht. Er forderte sein Recht auf Wiedereinstellung jedoch von der Uni nicht ein und musste weiter prozessieren, innerhalb von fünf Jahren bis vor das Bundesarbeitsgericht: „Die Geschwindigkeit und das negative, letztlich politische

Urteil des Bundesarbeitsgerichts deuten darauf hin, dass man mich als Musterfall für etliche andere gebraucht hat.“ Trotz der gesetzlichen Festlegung, dass möglichst viele der Hochschulangehörigen übernommen werden sollten, entschied das Gericht gegen Bartels mit der Begründung, dass die Hochschulen die Chance zur Auswahl hätten haben müssen. Trotz all des juristischen Tauziehens und einer gespannten Situation bewertet Gerhard Bartels die Wendezeit positiv: „Es war eine schwer erträgliche und gleichzeitig auch sehr schöne Zeit, weil ja plötzlich alles ganz anders war und zum Beispiel in den Seminaren nur noch die Leute saßen, die auch wirklich Lust hatten.“ Bartels kehrte den Universitäten und seiner Universität Greifswald im Besonderen nie ganz den Rücken zu, auch wenn ihm die erste Wiederbegegnung mit seinem alten Institutsgebäude sehr schwer fiel. „Ich habe geschluckt und nichts gesagt, als mich Professor Wernicke in sein Büro im Institut bestellte. Aber ich musste da durch. Ich habe 10 Minuten auf dem Hof gestanden und überlegt, ob ich es schaffe, in dieses Haus zu gehen. Ich habe mein Fach gerne studiert und auch gerne mit Studierenden gearbeitet. Das war mein Leben, ich hatte mein Fach und meine Tätigkeit gefunden. Und das hat man mir genommen. Und ich kenne viele Kollegen, die hat es noch viel schlimmer getroffen als mich.“

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„Mitgeredet haben wir alle.“ Studentenpfarrer Konrad Glöckner erinnert sich an die Wendezeit / Von Sarah Rieser und Katja Staack

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Die Kirche hatte für viele Menschen in der DDR eine enorme Bedeutung, weil sie oft den einzigen Raum darstellte, der für die offene Gesellschaft stand, die so viele sich wünschten. „Wegen ihrer demokratischen Struktur“, so Studentenpfarrer Konrad Glöckner, „wurden ihr zudem Ehrlichkeit und Integrität zugetraut“. Als Institution, die mit dem Wort arbeitet, hatte sie in einem von gegenseitigem Misstrauen und starrer Ideologie geprägten Staat, in dem Zensur an der Tagesordnung war, einen besonderen Stellenwert. Dem SED-Regime war sie darüber hinaus ein Dorn im Auge, weil in der wissenschaftlichen Weltsicht des Marxismus/Leninismus kein Platz für eine oppositionelle Größe mit derart divergierenden Werten war. Das Engagement derer, die sich offen zu ihrem Glauben bekannten, auf ihre Freiheiten bestanden und sich gegen die Militarisierung der Gesellschaft auflehnten, blieb häufig nicht ohne Folgen. Dies musste auch Konrad Glöckner erfahren. Als Akademikerkind und bekennendem Christ blieben ihm Abitur und Lehramtsstudium verwehrt, da er, so die Verantwortlichen, mit seiner abweichenden Weltanschauung nicht in der Lage sei, in der DDR Kinder zu erziehen. Nach einer abgeschlossenen Dachdeckerlehre eröffnete sich ihm schließlich doch noch die Möglichkeit eines Studiums der Theologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität - ein Vertrag des sozialistischen Staates mit der Kirche ermöglichte dies. Die Universität erlebte Glöckner als ein „Umfeld des zensierten Geistes“, und als das SED-Regime im Herbst 1989 mit einer rigorosen Abschottung der Gesellschaft vom Ausland auf die allgemeine Aufbruchstimmung des vorangegangenen Sommers reagierte, entschied der damals 25jährige sich dazu, selbst für die Öffnung und Verbesserung des

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Sozialismus einzutreten. Zusammen mit anderen DDR-Bürgern und Engagierten aus dem Westen nahm er an so genannten mobilen Friedensseminaren teil, von denen er die Frage mit an die Universität nahm, wie viel demokratischer Spielraum bereits vorhanden sei und wie man ihn effektiv nutzen könne. Mit vier Mitstreitern wollte Glöckner daher zunächst herausfinden, ob einige Kommilitonen wegen ihrer abweichenden Überzeugungen im Studium benachteiligt wurden. Die Fachschaften waren ihre ersten Ansprechpartner, und schon bald entwickelte sich aus dieser Kooperation ein Konrad Glöckner Netzwerk, das den Namen „Unabhängige Studentenschaft“ erhielt. Ihm schlossen sich immer mehr Studenten an: Ende Oktober 1989, als die ersten Demonstrationen in Greifswald stattfanden, waren es schon 300. Die Unabhängige Studentenschaft sorgte dafür, dass die Freie Deutsche Jugend (FDJ), die bis zu diesem Zeitpunkt die Studentische Verwaltung innegehabt hatte, wenig später durch einen gewählten Studentenrat abgelöst wurde. Ihm gehörte auch Glöckner als einer von zwei Studentensprechern an, und nahm er ein Semester lang an den wöchentlichen Sitzungen von Rektor und Prorektoren teil. Später ging aus diesem Gremium der AStA in seiner heutigen Form hervor. Trotz all dieser Veränderungen kam der Mauerfall und mit ihm die Wende für die Greifswalder Studenten plötzlich und unerwartet. Glöckner erinnert sich an eine Versamm-

lung in der Mensa, bei der über mehr Bürgerrechte und das neue Ausreisegesetz diskutiert wurde: „Mitten in diese Sitzung hinein platzte die Information, die Mauer sei gefallen.“ In der Folge überschlugen sich die Ereignisse. Von einem Umbau und einer Öffnung des Sozialismus war auf einmal keine Rede mehr. Bald war klar, dass die DDR sich der Bundesrepublik angliedern würde. Die Bürgerbewegungen zogen sich „ein Stück eingeschnappt“ zurück, frustriert, dass die Mehrheit der Bevölkerung vor allem den materiellen Vorteil sah und den Gewinn an Grundrechten nicht zu würdigen wusste. Konrad Glöckner erinnert sich 15 Jahre später trotzdem mit Freude: „Ich habe die Wende als einen gewaltigen Aufbruch erlebt. Das ist eine Zeit gewesen, wo so viele Hoffnungen sich auftaten, so viel Freiheit und Erwartungen plötzlich da waren, dass ich immer noch ganz tief bewegt bin, wenn ich Bilder aus dieser Zeit sehe.“ Es gehe den Menschen selbst in der momentanen schwierigen Situation besser als zu DDR-Zeiten. Ihre gestiegene Eigenverantwortung sollten sie als Gewinn, nicht als Last betrachten, denn mit ihr haben sie die Offenheit der Reflektion gewonnen. Dass man inzwischen wieder so unkritisch über die DDR spricht und dass sich einige politische Parteien bis heute stur gegen die Realität sperren und damit auch noch Wahlen gewinnen, macht dem Studentenpfarrer sehr zu schaffen. Er ist von der Richtigkeit und Alternativlosigkeit der Wende überzeugt, mit der er so viel Euphorie verbindet. Den allgemeinen Pessimismus teilt er nicht, im Gegenteil: Mit Blick auf die Zukunft, auch und gerade in einem vereinten Europa, wünscht er sich eines - „dass die Aufbruchstimmung von der Wende, die Fröhlichkeit und der Mut, Veränderungen in Kauf zu nehmen, dass das bleibt.“ moritz


Der Tag, an dem die Stasi besetzt wurde Neues Forum und Untersuchungsausschuss – bürgerschaftli-

„Die Kritik an der Staatsführung wurde schon im Frühjahr etwas offensiver“, erinnert sich Hinrich Kuessner, wird er nach dem Beginn des Umbruchs in der DDR 1989 gefragt. Den Anfang in Greifswald markiert das erste Friedensgebet im Dom am 18. Oktober. Das war der Tag, an dem Erich Honnecker als Staatsratsvorsitzender zurücktrat und Egon Krenz sein Nachfolger wurde. Nach dem Friedensgebet bildete sich ein spontaner Demonstrationszug durch die Stadt, der vor dem Rathaus endete. „Alles war etwas unorganisiert und chaotisch“, so Kuessner heute. Hier wurde mit dem damaligen stellvertretendem Oberbürgermeister Achim Jonas für den folgenden Tag der erste „Mensadialog“ verabredet, bei dem der Rat der Stadt die Fragen der Bürger beantworten sollte. Für damalige Zeiten ein geradezu revolutionärer Akt. „Obwohl es nirgends in der Zeitung stand, strömten am 19. Oktober die Menschen in die Mensa.“ Der Anfang in Greifswald war gemacht. Einen Tag später fand im Lutherhof die erste Veranstaltung des „Neuen Forum“ statt, jener Bürgerbewegung, in der „gesellschaftliche Modelle für die DDR erarbeitet und Antworten auf offene Fragen gesucht“ werden sollten, wie es in der offiziellen Anmeldung heißt. Unter anderem wurde an einem Entwurf für eine neue Verfassung gearbeitet. „Bis zum November war unser Ziel lediglich eine Erneuerung der DDR. Danach rückte die Vereinigung zunehmend in den Mittelpunkt.“ Doch auch Friedensgebete und Mensadialoge gingen weiter. Am neunten November waren über 800 Menschen in der Mensa zusammengekommen um über die demokrati-

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sche Entwicklung in Greifswald zu diskutieren. „Mitten in der Diskussion wurde ein Zettel nach vorne gereicht. Der Gesprächsleiter, Pfarrer Springborn, las vor, dass soeben in den Nachrichten die Öffnung der Grenzen bekannt gegeben worden war.“ Das Unglaublich war wahr geworden und der Ruf nach der Einheit Deutschlands wurde immer lauter. Die Auswirkungen waren auch in Greifswald spürbar. „Durch ihre Reisen wurden viele westkrank; die Diskussionen wurden immer schwieriger, weil manchmal einfach die Leute fehlten.“ Eine neue Wendung nahm die Entwicklung in Greifswald Anfang Dezember. „Am vierten Dezember kamen morgens mehrere Bürger zu mir, die erzählten, dass aus dem Schornstein des Stasigebäudes Papierasche fliegt.“ Gleichzeitig ging ein Anruf aus Erfurt ein, wo man die Stasi besetzen wollte. „Also beschlossen wir vom Neuen Forum, dass wir ebenfalls das Gebäude der Staatssicherheit umstellen und versuchen zu besetzen.“ Unverhoffte Hilfe kam aus dem Rathaus. Der Oberbürgermeister bot an, die Besetzung zu unterstützen. So machte sich eine Delegation von Ratsvertretern und Bürgern mit Hinrich Kuessner an der Spitze auf zum Stasi-Gebäude in der Domstraße, wo sie nach einigen Verzögerungsmanövern des Stasichefs in den Keller zum Heizungsofen vorgelassen wurden. Dort wurde tatsächlich Papier verbrannt, nur einzelne Stücke konnten gerettet werden. „Wie sich später herausstellte, war aber nichts Interessantes mehr zu erkennen.“ Also wurden die rund 70 Panzerschränke, die sich im Gebäude befanden, versiegelt und das Haus rund um die Uhr bewacht. „In

den Schränken lagerte jedoch nur leeres Papier, wie wir später feststellen mussten. In einem Raum jedoch entdeckten wir 70 Säcke mit den gesamten Unterlagen.“ Doch was sollte damit geschehen? „Die Akteneinsicht sollte geordnet vonstatten gehen, damit nichts verloren geht.“ Also wurde am fünften Dezember ein Untersuchungsausschuss gebildet, der ein paar Tage später sogar ein Büro eröffnete, in dem täglich Sprechstunden durchgeführt wurden. Bürger kamen zum Gespräch und um Hinweise über geheime Stasi-Verstecke zu geben. Die Auswertung der Papiere geschah mit Hilfe der Stasi. „Wir wollten ihre Arbeitsweise aufdecken und an die Namen der Mitarbeiter kommen, damit sie nicht an den bevorstehenden Wahlen teilnehmen.“ Der Ausschuss setze sich auch dafür ein, dass die Mitarbeiter andere Arbeitsplätze bekamen. „Unsere Forderung war immer ‚Stasi in die Produktion’, weil sie nicht auf dumme Gedanken kommen sollten.“ Am 13. Oktober wurde das Amt für Nationale Sicherheit in Greifswald aufgelöst, doch die DDR-Zeit war noch nicht zu Ende. „Ein Vertreter der Moderow-Regierung kam nach Greifswald und setzte uns unter Druck.“ Auch seien anonyme Drohungen per Telefon gekommen. Letztlich konnte der Untersuchungsausschuss seine Arbeit jedoch im Frühjahr 1990 beenden. Die Unterlagen wurden der neu geschaffenen Gauck-Behörde in Berlin übergeben, die mit der Verwaltung der Stasi-Akten beauftragt wurde. Hinrich Kuessner selbst zog es in die Politik der neuen Bundesrepublik. Er war und ist für die SPD in verschiedenen Ämtern tätig. Doch der Herbst 1989 hat ihn tief geprägt. “Es waren Wochen, die ich nicht vergessen werde. Sie haben unser aller Leben in der DDR tief verändert.“

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ches Engagement in Greifswald / Von Kai Doering

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Ellenbogenmentalität Von „Ossi“ Eric Wallis

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Also ich bin dagegen. Gegen OssiWessi Witze, ja überhaupt gegen all die kleinen Anfeindungen, die man miterleben muss. Nun gut, die Leute im Westen haben halt des öfteren mal die große Klappe. Aber das ist doch völlig natürlich. Nach der langen Zeit der freien Meinungsäußerung hat sich dort eben eine Art Mangelerscheinung herausgebildet, wenn es darum geht einfach mal die Fresse zu halten. Das nimmt doch keiner übel. Da sieht man drüber hinweg. Doch da gibt es eine Sache, die wir im Osten kannten, und wir kannten wirklich nix besser als das. Die Solidarität. So etwas kennt der WESSI nicht. Er lebt für sich und zusammen mit seinen beiden Ellenbogen. Diese sind seine besten Freunde. Sofern es einem selbst gut geht, ist der Rest egal. Solange wir im Westen Arbeit haben, lass die Ossis doch jammern. Da fehlt sie, die Solidarität. Dass ein wenig weiter im Osten und zwar in Polen die Opelarbeiter derzeit Solidarität mit ihren Kollegen in Bochum üben, weiß in Bochum keiner. Warum auch, man kennt es dort gar nicht, das Fremdwort Solidarität. Na ja, so schlimm ist das ja nicht. Doch da gibt es wiederum ein Ding, daran könnten die Leute drüben echt mal arbeiten. Ich meine dieses Anschei-

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ßen um jeden Preis. Dieses „Hauptsache mir geht es besser als dir“. Quasi die Steigerung von Hauptsache ich. Da wird ausgebeutet und beschissen bis zum get no. Und wer eignet sich besser dafür, als die armen Ossis. Die Menschen, die nie auf bunte Werbelockungen reingefallen sind, weil sie diese ja gar nicht kannten. Ja das war schon übel damals, als man Coca Cola für zwei Mark fünfzig West in der alten Ostkaufhalle kaufen durfte. Selber schuld werden sie sagen, die verehrten Herren von drüben. Recht haben sie. Selber Schuld, das sind wir wirklich. Aber ist nicht genau das der Beweis für die Solidarität des Ellenbogens. Und dann die Sache mit der Überheblichkeit. War ich doch vor kurzem in München und musste mir da von zwei „Ich-geb-jeden-Tag-Nachhilfe- BWLern“ erzählen lassen, wie heruntergekommen und abgewrakkt sie gehört hätten, dass Greifswald sein sollte. Der Völkerverständigung wegen spielte ich mit ihnen Billard. Es soll doch zusammenwachsen, was zusammengehört. Nach nicht mal fünf Minuten hatten sie schon fünf Fehler in meiner Haltung und Spielregelkenntnis entdeckt und begannen auch sofort, mir diese vorzuhalten. Nicht in Form ehrlich

gemeinter Ratschläge. I wo, das wäre ja zu schön. Nein es klang in herablassenden besonders abfälligem Tonfall etwa so: „Aha, so macht man das bei euch?!“ Dann fragte ich nach dem Stock. „Des ist ja wohl ein Queue.“ Ich entgegnete, dass wir im Osten immer nur mit Ästen spielen würden, woraufhin die beiden erstmal nix sagten. Als ich dann gewonnen hatte, forderte man Revanche. Ich lehnte ab und fragte nach Bier. „Ah nää mir trinkens heute nicht“ Aber sonst kenn ich doch schon auch ne Menge Super-Wessis, mit denen man prima Dinge tun kann. Sie reden zwar meist viel zu viel von Dingen, von denen sie keine Ahnung haben, aber daran gewöhnt man sich. Man muss ja nur die Hälfte glauben. Ja, lügen können sie wie gedruckt. Doch genug davon. Einige werden jetzt vielleicht sagen: Na ja, diese ganzen Dinge, diese gespielte Überlegenheit, dieses Bescheißen, dieses.“Ich hab die volle Ahnung“, das „Ich betrüg die ostdeutschen Werften mal eben um 900 Millionen und kauf mir ne Villa auf Mallorca davon“, das sind doch alles clevere Schachzüge. Ja das stimmt, clevere Züge sind es wirklich, und wenn du so denkst, ja, dann hast du es geschafft, dann bist auch du ein Wessi. moritz


Welcome to the eastside „Was lässt die Menschen eigentlich so einen Dünnsinn verbreiten?“ fragte ich mich doch ein bisschen, als ich davor war, mein Studium in Greifswald anzutreten. Ein Bekannter hatte gerade meinen gedanklichen Fundus an Vorurteilen auf den neuesten Stand gebracht und es sollte ein langer Weg bis zu einer mehr oder weniger endgültigen Erkenntnis werden. Ich begann nämlich auf dem Standpunkt, der Ossi sei gar nicht so anders, Vorurteile seien sowieso die schlimmste Geißel der Menschen in unserer Gesellschaft, und auch nicht nur da. Immerhin hatte ich schon Kontakte zu diesem halb-slawischen Volk von Plastikautofahrern gehabt. Meine Kindheit prägten einige Besuche bei Verwandten im Oderbruch mit. Ich hatte solch ein exotisches Exemplar eines mit seinen Eltern aus „der Zone“ ausgewanderten Schülers in meiner Grundschulklasse, mit dem ich mich sogar gut verstand. Ich wappnete mich also gegen alles, was meine Ablehnungshaltung gegen die besagten Vorurteile ins Wanken hätte bringen können. Die Geschichte mit den Bananen war ja nun eh nicht mehr aktuell, kam ich doch für das Sommersemester 2003 aus Hamburg nach Greifswald. Nach dem Umzug ins schöne Plattenbauviertel fühlte ich mich recht schnell angekommen, zumindest fürs erste. Für den modernen Kubismus, der die Wohnsituation hier bekanntermaßen beherrscht, konnten die armen Leute ja nichts, das hatte ihnen der realexisterende Undsoweiter eingebrockt. Also was waren das nun für Leute? Ein Gang durch die Fußgängerzone Lange Straße klärte mich schnell auf. Es war wahr! Ein riesiger Haufen von assitoastergebräunten ostdeutschen Technokartoffeln! Was für ein Dilemma... und hier sollte ich minnovember 2004

destens vier Jahre studieren. Ich hatte nicht vor, wieder wegzuziehen. Nicht vor dem Examen. Jedenfalls bot sich in Schönwalde, das seinen Namen ja nun wirklich nicht verdient, das gleiche Bild. Allerdings deprimierender. Die Leute hier kauften im Supermarkt zu 50 Prozent Hartalkohol, die tätowierten Schiffschaukelbremser waren allgegenwärtig. Ich durfte sogar auf dem Rückweg vom Discounter einen Privataufmarsch von vier NPDlern in voller Montur, mit Flagge und so, bewundern. Welcome to the eastside, wie der FSR immer so schön neudeutscht. Nun ja, ich möchte der Empörung des Lesers hier nun lieber den Wind aus den Segeln nehmen. Natürlich ist das nicht das Bild, das mir von dem Ostdeutschen innewohnt, so es ihn denn archetypisch gibt. Allerdings bin ich ja auch vorbelastet. Wirklich abgebracht von komischen Gedanken, vom Zulassen von Vorurteilen für mich selbst, haben sie mich jedoch selber, die Ossis. Da gibt’s die Oma bei mir im zweiten Stock, die mir selbstgemachte Marmelade und Honig schenkt, weil ich ihr bei einem Handgriff oder zweien helfe. Da sind natürlich all die Studenten, die aus den neuen Bundesländern nach Greifswald gepilgert sind und herzliche Menschen wie Du und ich sind. Allen anderen, denen man hier begegnet, Greifswalder, Angereiste, all diejenigen, die aus dem Osten kommen und mir über den Weg gelaufen sind, die ich kenngelernt habe, sind wunderbare Menschen. Fragt Euch mal, ob ihr das nicht auch schon erlebt habt. „Woher kommen dann all diejenigen, mit denen ich nicht klarkomme und nicht klarkommen will?“ fragt sich nun vielleicht manch einer. Die einfache Antwort: „Solche Menschen gibt es überall.“ Solange man

offen auf andere zugehen kann und sich nicht von vornherein gegen Eindrücke und Meinungen wehrt, ist es alles recht einfach. Es geht sozusagen so wie zu Hause. Nicht anders. Dass hier teilweise andere Modeauffassungen vertreten werden, ist natürlich für manchen befremdlich. Wenn er oder sie dem ganzen denn so viel Gewicht zuspricht. Die Nazis sind hier auch für manchen gegenwärtiger, als er oder sie es gewohnt ist. Doch bei 20 Prozent Arbeitslosigkeit ist es so unverständlich nun auch nicht. Was natürlich nichts entschuldigt. Doch die Leute, die in der Not nach Alternativen suchen, die gibt es auch sonstwo. Das sind aber meist wohl auch nicht jene, die man auf der Straße antrifft. Insofern lässt es sich vielleicht zumindest teilweise erklären. Und wer jetzt noch fragen möchte: „Wie sind denn die Vorurteile entstanden? Das denkt sich doch keiner einfach so aus, oder?“ bekommt von mir folgende Antwort: Ich erinnere mich an eine Studie, die einmal von einem großen deutschen Nachrichtenmagazin empirisch erhoben wurde. Ich bin mir der Umstrittenheit empirischer Erhebungen bewusst. Doch diese Studie ungefähr vom Anfang dieses Jahres besagte, dass seit der Wende, die ja nun schon etwas her ist, nur etwa 30 Prozent der Westdeutschen ein ostdeutsches Bundesland besucht haben. Hm. Es könnte eventuell von Nutzen für eine Meinungsbildung sein, sich überhaupt erstmal mit denjenigen zu beschäftigen, über die man spricht. Wenn das nicht reicht, vielleicht auch noch ein zweites Mal hinzuschauen. Das klingt banal, birgt jedoch ein gewisses Quentchen Wahrheit. Auch in anderen Lebenslagen. In diesem Sinne... welcome to the eastside.

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Von „Wessi“ Stephan Kosa

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"Traumsandstreuer und Archivar schönster Gute-Nacht-Geschichten" Das Sandmännchen feiert 45. Geburtstag / Von Yvonne Mathei Vor 45 Jahren, genau am 22. November 1959, hatte das Sandmännchen seinen ersten Auftritt im Abendgruß. Damit hatten die Macher nicht nur den Wettlauf mit dem Westsandmännchen gewonnen, welches erst im Dezember desselben Jahres auf Sendung ging, es hatte auch den längeren Atem. Denn während die Figur des Sandmännchens im "Westen" bereits nach drei Jahren wieder verschwand, überlebte der kleine Mann aus dem Osten sogar die Wende und

neue Geschichte und immer wieder neue Figuren. Erinnert sei nur an Herrn Fuchs und Frau Elster oder das Trio Moppi, Schnatterinchen und Pittiplatsch. Unangefochtener Liebling bei den Kindern ist wohl Pittiplatsch, "der liebe", der trotz aller Frechheiten auch bei Moppi und Schnattchen immer wieder punkten konnte. Unvergessen bei den älteren Generationen ist Frau Puppendoktor Pille. Der Schöpfer des Sandmännchens heißt Gerhard Behrend. Als

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Stardust Memories mit dem Sandmännchen. erfreut sich noch heute größter Beliebtheit nicht nur bei Kindern. Das Sandmännchen wohnt aber nicht im Osten, sondern hinter dem Märchenwald, so steht es im Steckbrief. Beruflich hat er sich über vier Jahrzehnte nicht verändert, zu unserem Glück: Schließlich wissen wir bis heute nicht, ob es eine Ausbildung zum Traumsandstreuer und Archivar der schönsten Gute-NachtGeschichten gibt. Was haben Generationen von Kindern dem Sandmann nicht alles zu verdanken? Jeden Tag, und das nun schon 45 Jahre lang, bringt er eine

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Puppengestalter bei der DEFA schuf er nicht nur das Sandmännchen, er begründete auch die Sendung. Bis heute berät er die Produzenten und gestaltet Figuren und Geschichten. Ihm verdanken wir, dass die Sendung "Abendgruß" durch das Sandmännchen sogar über die Mauer hinweg so populär wurde. Legendär ist auch die Mobilität des Sandmännchens. Der kleine Mann reiste per Hubschrauber, per Motorrad, mit der IL-62, dem ersten Langstrecken-Jet der Sowjetunion, und 1979 per Seilbahn. Er besuchte dort die Hohe Tatra und

seine Einwohner, die ihn in traditioneller Kleidung begrüßten. Überhaupt genoss das Sandmännchen zu DDR-Zeiten das Privileg absoluter Reisefreiheit. Diese brachte den Kindern am 28. Juli 1978 eine Sendung, in der unser Sandmännchen im Leonen-Kostüm an den Karnevalsfeierlichkeiten auf Kuba teilnahm. Aus sicherer Quelle wissen wir, dass er den Kubanern im Temperament mindestens ebenbürtig war. Produziert wurde diese Sendung aus Anlass des Vertragsabschlusses zwischen der DDR und Kuba zum Austausch von Gastarbeitern. Am 29. August 1978 folgte eine weitere Reise des Sandmännchens, die Fernsehgeschichte schrieb. Während einer Live-Übertragung aus dem Weltraum, zog der erste Deutsche im All, Sigmund Jähn, die Puppe des Sandmännchens aus der Tasche. Diese war extra vorher angefertigt worden, um dem großen Ereignis beiwohnen zu können. Möglich wurden alle Geschichten rund um das Sandmännchen durch aufwendigsten Puppentrick, der liebevoll gestaltet und mit viel Sorgfalt animiert, groß und klein heute im MDR, ORB und auf dem KIKA begeistert. Die anhaltende Beliebtheit des Sandmännchens ist in einem Satz nicht zu erklären. Ein Grund ist vielleicht sein Nebenberuf: Unicef-Botschafter für mehr Kinderfreundlichkeit. Oder ist es doch seine charmante Art, mit der die Zuschauer erst eine kleine Geschichte zum Nachdenken, zum Schmunzeln oder zum Träumen erzählt bekommen, um dann mit dem berühmten Schlafsand ins Traumland geschickt zu werden? Warum hat das eigentlich auch geklappt, wenn wir uns als kleine Zuschauer die Augen zugehalten haben? Vielleicht gibt er gerade Kindern in dieser hektischen Zeit ein kleines verlässliches Ritual von zehn Minuten Ruhe, Harmonie und Geborgenheit am Ende eines Tages. moritz


Eichborn

Wenn Sven Regener, der Mann bei Element of Crime mit der Trompete und den Texten, mal nicht musiziert schreibt er Bücher. Mit "Neue Vahr Süd" folgt nun, nach dem Vorgängerverkaufserfolg "Herr Lehmann", sein zweiter Roman. Inhaltlich handelt es sich hierbei um eine, auf 600 Seiten detailreich geschilderte, entspannte Erzählung über den jungen Frank Lehmann, der mit charmanter Gelassenheit und Lethargie durch den recht trostlosen Alltag eines frisch ausgelernten Speditionskaufmannes im Jahr 1980 stolpert. Zwischen Kaserne – er, der "eigentlich eher so der Hippietyp ist" hat es "irgendwie vergessen den Wehrdienst zu verweigern" – und dem politisch geprägten Alltag seiner so genannten Freunde, in deren WG er sich in einem vier Quadratmeter umfassenden Zimmer niedergelassen hat, mäandert Frank weitestgehend ambitionslos in seine Zukunft und seinen Gedanken hinterher. Im Gegensatz zur trockenen Komik und bierseligen Gelassenheit des Mittdreissigers in "Herr Lehmann" dominiert in "Neue Vahr Süd" ein zukunftsmüder, bitterer Ton des orientierungslosen erwachsen Gewordenen, der sich weder für politische Engagiertheit wie seine Freunde, noch für ein geregeltes Berufs-, zum Beispiel also speditionskaufmännisches Leben, und schon gar nicht für den Wehrdienst begeistern kann. Zu allem Sven Regener.

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ne n eu ue e b bü üc ch he er r

V.S. Naipaul Amerika. Lektionen einer neuen Welt Claassen

Wenn Rockmusiker die Schaffenskrise plagt, dann ist es Zeit für ein Live-Album. Plattenfirma und Star können damit noch mal absahnen, bevor das öffentliche Interesse erlahmt. Bei Schriftstellern geht das alles noch einfacher. Etwas im Fundus gekramt, ein paar Aufsätze ans Licht gebracht, einen Umschlag drum, fertig ist die Essysammlung. Alles erreicht, lange nichts neues gemacht und wohl keine rechte Lust mehr hat auch der Schriftsteller V.S. Naipaul. Der Literatur-Nobelpreisträger von 2001 kündigte unlängst an, sein nächster Roman solle sein letzter werden. Prompt beglückt uns der Claassen-Verlag mit der Essaysammlung "Amerika – Lektionen einer neuen Welt." Das Ergebnis ist – wie die meisten Live-Alben auch – eine herbe Enttäuschung. Sollen diese lausigen Aufsätze etwa eine Retrospektive sein? Ein Witz. Die Texte sind zäh, überreflektiert und ohne Belang. 1984 hat Naipaul den Parteitag der Republikaner in Dallas besucht, sein Bericht darüber ist jedoch so leblos, als wäre der Autor geistig gar nicht dagewesen. Momentaufnahmen, nach dem Zufallsprinzip gemacht, ohne jegliche persönliche Note. Lediglich der Bericht "New York mit Norman Mailer" und die Essayserie über "Argentinien und das Gespenst von Eva Peròn" überzeugen. Und dies liegt nicht an Naipaul, sondern an den Protagonisten der beiden Essays: Mailer und Borges. Eine Mogelpackung auch die Aufmachung des Buchs. Eine angedeutete USA-Flagge und die Freiheitsstatue suggerieren das Thema USA. Die Hälfte des Buchs macht aber die Essayserie über Argentinien aus, darüber beschäftigen sich Beiträge mit Guayana, Algerien und Mexiko. Norman Gorek.

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Sven Regener Neue Vahr Süd

Alltagsübel kommt hinzu, dass Frank zum Vertrauensmann seiner Kameraden ernannt wird und für das unerlaubte Fernbleiben derer von der Kaserne Entschuldigungen finden muss, während er selbst versucht nachträglich seine Untauglichkeit für die Bundeswehr glaubhaft zu machen, indem er zu Tabletten und exorbitantem Zigarettenkonsum greift um eine Lungenentzündung vorzutäuschen. Die Figur des Frank Lehmann stellt ein vergnügsames Exempel für verdrossenes Kosmopolitendasein dar. Der aus den Texten von Element of Crime gewohnten Kneipenromantik und Nachtmenschmelancholie weicht hier ein kühler, patenter prosaischer Ton. Mit Frank Lehmanns Geschichten fällt uns das tagtägliche Stricken beziehungsweise das zähe Durchwaten unserer eigenen um ein kleines Stück leichter. Keine boheme Depression und nicht gefühlsduselige Betroffenheit, sondern echte Unentschlossenheit und schiere Gleichgültigkeit lassen uns wissen, dass in den Neubauvierteln, in den Badewannen und in den Kasernen anderer Städte andere Menschen die selben kleinen Probleme durchzuexerzieren haben wie wir. Martin Hillert

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k ii n k no o

Atemlos durch Europa

"Die Bourne-Verschwörung" im CineStar Greifswald Bourne is back. Nach der "Bourne Identität" im Jahr 2002 folgt nun der zweite Streich des Profikillers, der selbst ins Visier seiner einstigen Auftragsgeber gerät. Die Initialen "JB" könnten irrtümlich auf den wohl bekanntesten Geheimagenten der Welt weisen. Doch bereits nach den ersten Szenen ist bereits klar, dass "Die Bourne-Verschwörung" keinesfalls ein billiger Abklatsch dessen ist. Der zweite Spionagethriller um Jason Bourne zeigt wieder einmal, dass es Regisseur Paul Greengrass gelungen ist, mit einem vermeintlichen Antihelden die Kinobesucher zu fesseln. Die Inszenierung einer atemlosen Jagd quer durch Europa erfährt durch die Kameraführung eine besondere Note. Da scheint es fast selbstverständlich, dass die Kampfszenen so realistisch wie

halb Europa, in das auch der Zuschauer mit hinein gezogen wird. Gejagt von der CIA (verkörpert durch die kühl-blonde Joan Allen) auf der einen und dem russischen Öl-Kartell auf der anderen Seite, versucht Bourne eine Verschwörung aufzudecken, die ihn mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Selbst wer den ersten Teil kennt, braucht eine Weile um den Zusammenhang zwischen beiden herzustellen. Dennoch ist der Film für Agentenliebhaber ein Genuss. Schauplätze wie Berlin oder Moskau bilden den Rahmen für die überaus Adrenalin treibende Flucht vor der CIA durch halb Europa, die schnellen Schrittes erfolgt und dem Publikum mit seiner NonstopVerfolgungsjagd-Action kaum eine Verschnaufpause gönnt. Den Höhepunkt bildet eine Verfolgungsjagd

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Spiderman im Anmarsch? Nein, es ist nur Jason Bourne.

möglich und mit handgehaltener Kamera gedreht wurden. Mitunter verliert man in der Szene den Überblick, etwa wenn Bourne mit einem ehemaligen Mitstreiter ums Überleben ringt. Die Geschichte: Nach seiner Flucht vor einem russischen Auftragskiller aus dem indischen Goa, wo Bourne (Matt Damon) für kurze Zeit mit seiner Freundin (Franka Potente) glücklich sein konnte, wird der Film zu einem Katz- und Maus-Spiel in 34

durch die Moskauer Innenstadt, die das Herz eines jeden Schrotthändlers höher schlagen lässt. "Die Bourne-Verschwörung" bietet alles, was zu einem Spionagethriller gehört und im Gegensatz zu James Bond lenken keine amazonenähnliche Girls von der spannenden Handlung ab. So konzentriert man sich ganz auf die Action und vertrackte Intrigen. Mit Spannung darf auf das "Bourne Ultimatum" gewartet werden. lil, ring

„7 Zwerge – Männer allein im Wald“

Der neueste Film von Otto ist da und Liebhaber seines Humors kommen wieder auf ihre Kosten. Diese charmante Parodie auf das Märchen der Brüder Grimm beschreibt das entspannte WG-Leben sieben von Frauen enttäuschter Männer (unter anderem Otto Waalkes, Mirco Nontschew) in einem finste-

ren Wald. Dieses genießen sie, bis eines Tages Schneewittchen (Cosma Shiva Hagen) auftaucht, die vor der bösen Königin (Nina Hagen) fliehen muss. Sie bringt das beschauliche Leben der Zwerge ganz schön durcheinander, wird dann aber doch in die WG aufgenommen. So lernt sie deren Kochkünste und die "Brett"-Spiele kennen. Allerdings ist die Freude nicht von Dauer, denn Schneewittchen wird von der Königin gekidnappt und eingesperrt. Also müssen sich die sieben Zwerge aus dem Wald begeben um ihre Freundin zu retten. Ob sie das wohl schaffen? Diese Geschichte ist aufgrund ihrer witzigen Dialoge und passenden Besetzung wirklich sehenswert. Somit zielt der Film auch nur auf Unterhaltung ab, es sei denn, man versetzt sich in die Lage des vermeintlichen achten Zwerges, der ständig abgewiesen wird, weil sieben genug sind. Kurzum die Lacher sind bis zum Ende garantiert und den Rest müsst Abri Ihr euch selber anschauen! moritz


"Der Mann von La Mancha“ im Theater Vorpommern Klassische Musik spanisch angehaucht – Das am Broadway berühmt gewordene Musical "Der Mann von La Mancha" wird zurzeit am Theater Vorpommern von Thomas Bayer als Musiktheater inszeniert. Miguel de Cervantes (Fritz Hille), ein einfacher Dichter und Skriptschreiber, arbeitet aus Geldmangel

men. In seiner Traumwelt kämpft Don Quixote (der eigentlich der Edelmann Alonso Quijana ist, wie der Zuschauer später erfährt) gegen Windmühlen, die er für riesenhafte Ritter hält und merkt nicht, wie er immer mehr die reale Welt verlässt. Und dann ist da ja auch noch seine geliebte Dulcinea... Das Musical von Mitch Leigh zieht

Oh Gott, moritz-Redakteure im Publikum! Sancho (Klaus Gerber) ist entsetzt, doch Cervantes (Fritz Hille) macht sich abwehrbereit. als Steuereintreiber der Spanischen Inquisition. Doch als er das Gut eines Klosters pfänden will, wird er eingesperrt und angeklagt. Dies im doppelten Sinne, denn nicht nur vor der katholischen Kirche muss er sich verteidigen, sondern auch vor seinen Mitgefangenen. Diese wollen seinen heiligsten Besitz, sein Manuskriptbuch, verbrennen. Um dies zu verhindern, inszeniert Cervantes ein eigenes Theaterstück unter den Gefangenen: Das Leben von Don Quixote! Als "Mann von La Mancha" zieht er mit seinem Diener Sancho (Klaus Gerber) durch das Land um den ritterlichen Tugenden wie Tapferkeit, Stärke im Kampf sowie der bittenden Gunst einer Dame nachzukomnovember 2004

durch spannende und tragende Musik das Greifswalder Publikum in seinen Bann. Gespannt lauscht man der Geschichte Don Quixotes, von seinem Kampf gegen die Windmühlen bis zur großen Liebe zu seiner Dame Dulcinea. Fritz Hille schafft durch seine erzählerisch, väterliche Stimme eine besondere Stimmung, die durch den von Klaus Gerber gespielten Sancho wundervoll ergänzt wird. Wer selbst das spanische Flair des 17. Jahrhunderts erleben möchte und den Weg nach Stralsund nicht scheut, hat die Möglichkeit am Donnerstag, den 25. November "Der Mann von La Mancha" zum Theatertagspreis von 6,- Euro zu Kilian Jäger genießen.

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Hinter die Kulissen geschaut

Einmal im Monat lädt das Theater Vorpommern zu einer Führung ein. Der Interessierte erfährt viel Wissenswertes über das Schauspielhaus, berühmte Regisseure und Darsteller. Und wer weiß schon genau, was noch so alles zu einem Theater gehört? Wer hätte etwa gedacht, dass es über der Bühne einen Schnürboden gibt, der 17 Meter in die Höhe ragt und wo 27 Züge (Seile) die Dekorationen, Requisiten oder Scheinwerfer verstellen und umherziehen. Auch gibt es hier (13 Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion) noch einen "eisernen Vorhang", der den Zuschauerraum bei einem Feuer blitzschnell von der Bühne trennen kann. Neben den Schauspielern und dem Regisseur gibt es noch viele andere Menschen am Theater, durch die erst ein Schauspiel, Musiktheater oder ein Ballett entstehen kann. Im Orchestergraben könnten sich bis zu 58 Musiker drängeln, die Souffleure und Souffleusen sitzen am Rand neben dem Vorhang und Requisiteure, Gewandtmeister, Schneider, Maskenbildner und etliche Techniker haben ihre Arbeit längst getan, wenn der rote Vorhang fällt. Wer also Lust hat, einmal auf der anderen Seite des "eisernen Vorhangs" zu stehen, ohne schauspielerische Ambitionen vorzuweisen, dem ist ein Besuch "Hinter den Kulissen" zu empfehlen. Kosten KJ punkt: ein Euro.

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Der Traum von Don Quixote

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Kleines Universum für sich Die GEBIT und ihre Organisatoren / Von Stephan Kosa GEBIT. GEBIT? Nicht CEBIT? Nein, GEBIT. OK Also GEBIT. Die "Greifswalder Entwicklungspolitischen Bildungs- und InformationsTage". Sie fanden dieses Jahr zum vierten Mal statt und sind doch wirklich ein kleines Universum für sich. Was sich im ersten Jahr noch über eine Woche erstreckte und diverse Filme und ein Theaterstück bot, hat sich zu einem Event gemausert, das allein durch seine Vielfalt und sehr gute Organisation einiges mehr an Aufmerksamkeit verdient hätte. Es gab dieses Jahr einiges zu

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Zufriedene GEBIT-Organisatoren. sehen, darunter Vorträge, Filme, Workshops, Ausstellungen, Parties sowie viele nette Menschen und ihre Ansichten. Themen wie: "Erdölförderung in Nigeria", "Frauen in der westafrikanischen Gesellschaft", "Entstehung und Entwicklung des politischen Konfliktes in Togo" und jeweils Gastredner, die interessanter nicht hätten sein können. Doch die GEBIT leben nicht von allein. Erst einmal braucht es den Welt-Laden e.V. im St. Spiritus, der das Ganze trägt, sowie Stiftungen wie die NUE, die rls, die nsb, die Stiftung Umverteilen. Naja, die

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Stadt Greifswald trägt auch einen Teil dazu bei, dass die Vielfalt hier immer größer wird, dass die Menschen etwas über die Welt erfahren können. Aber warum denn nur 350 Euro? Na, wir wollen ja nicht maßlos erscheinen, die Stiftungen geben ja etwas mehr, da muss ja nicht jeder Geld reinpumpen. Am Ende machen die sich noch einen schönen Abend damit. Was jedenfalls mindestens genauso wichtig ist wie Stiftungen sind die Leute, die die Organisation übernehmen. Die GEBIT entstanden unter einer Partnerschaft des Welt-Laden e.V. mit El Salvador als ein universitäres Projekt. Darum war der erste thematische Schwerpunkt auch Lateinamerika. An den Erfolg dieser Woche knüpften dann im zweiten Jahr erneut Veranstaltungen zum Thema Mittelamerika an. Im letzten Jahr wagte man sich auf erweitertes Terrain und wählte die arabische Welt als neuen Schwerpunkt. Dieses Jahr war dann Westafrika dran. Es lassen sich Foto: kos alleine aus der Wahl dieser GEBIT-Fokusse die Motive der GEBIT-Aktivisten erkennen. Es geht hier darum, eine Informationsplattform zu etablieren, den Austausch zwischen Kulturen zu fördern, politisch und kulturell das Interesse der Menschen zu wecken, zum Diskurs anzuregen, auch Menschen aus den Ländern selbst zu Wort kommen zu lassen. Das Modell der Informationstage gibt es übrigens auch in anderen Orten Mecklenburg-Vorpommerns. Das Angebot ist in Greifswald jedoch das Breiteste von allen. Wer steht also dahinter, wer macht sich diese Arbeit, ist das eigentlich

viel Arbeit? Und warum macht jemand das? Alle Organisatoren eint ihre Neugier auf all das, was man nicht kennt, wozu man auch keinen Zugang hat. Sie sind sich alle einig, dass Greifswald so etwas wie die GEBIT braucht. Und es sind nicht einmal viele. Da gibt’s Ulli (24), Geographie- und Kunststudentin. Ulli ist schon zum dritten Mal richtig dabei, ist über den Welt-Laden e.V. zu GEBIT gekommen, weil sie soziale und politische Projekte unterstützen möchte. Dirk (24) ist in Greifswald Straßensozialarbeiter und engagiert sich noch im Pariser und im IKUWO. Er hat den Zugang zu GEBIT über seine Tätigkeiten im IKUWO gefunden, wo er letztes Jahr noch Mitgastgeber für die GEBIT war. Ihn trieb das Interesse an der Organisationsarbeit, den arabischen Ländern und politischen Problemen im Allgemeinen an, Mitwirkender zu werden. Julia (24) studiert Erziehungswissenschaften und Politikwisschenschaft, ist über verbindende Zusammenarbeit von GrIStuF, wo sie auch aktiv ist, und GEBIT zu den Anderen gestoßen. Sie interessiert sich für Westafrika. Dann ist da noch Johanna (22) aus Stade, die hier Landschaftsökologie studiert und zum zweiten Mal dabei ist. Sie hat vor drei Jahren als Teilnehmerin zugeschaut und arbeitet nun mit, um GEBIT am Leben zu halten. Außerdem findet sie den Blick hinter die Kulissen spannend und möchte hier ihre Klischees und Vorurteile bekämpfen. Abschließend ist noch das "Mastermind" Petra (31) zu nennen, die organisatorisch sehr aktiv ist und einen allgemeinen Zusammenhalt schafft. Auch sie kam über den Welt-Laden e.V. zu GEBIT. „Pe“ hat schon vorher Integrationsarbeit für Ausländer geleistet, die sie nun gerne mit GEBIT noch stärker fördern möchte. Der Arbeitsaufwand ist riesig, die Vorbereitung dauert fast das ganze Jahr. Natürlich ehrenamtlich, das schreckt manchen vielleicht ab. Doch all das empfanden die Involvierten neben der Anstrengung als hilfreiche, bereichernde Erfahrung. Was denn wäre, wenn nächstes Mal nur doppelt so viele Leute dabei wären, vielleicht zehn? Lachen. "Dann wäre vieles einfacher." "Dann würde alles noch viel schöner." "Wir würden uns sehr freuen." Also, liebe Leser, worauf wartet ihr? moritz


Zwischenbilanz einer der erfolgreichsten, diesjährigen Ausstellungen in Mecklenburg-Vorpommerns / Von Uwe Roßner 1835 reiste der preußische Baumeister Karl Friedrich Schinkel in die Boddenstadt Barth. Sein Augenmerk richtete sich dabei auf die Kirche St. Marien. Deren neue Innenraumgestaltung leitete zwischen 1856 und 1863 August Stüler, ein Schüler Schinkels. Der Frage des Einflusses Schinkels innerhalb des Baugeschehens im damaligen Mecklenburg und Pommern ging die insgesamt vom Juni bis Oktober andauernde Sonderausstellung "Schinkel und seine Schüler" des Barther Vineta-Museums in Schwerin und Barth erstmalig und umfassend nach. Der Ausdruck "Schüler" kennzeichnet größtenteils von eine geistige, also indirekte Schülerschaft wie beispielsweise im Falle von Georg Adolph Demmlers (1804 – 1885). 200 Originalzeichnungen, Pläne, Ansichten, historische Fotographien sowie die durch die Studierenden der Fachhochschule Coburg angefertigten Modelle fügten sich an den Ausstellungsorten Schwerin und Barth den Besuchern zu einer aufregenden Reise durch die Kulturlandschaft Mecklenburgs und Pommerns. Dank der Anfrage und einer daran anknüpfenden Kooperation mit der Universität Greifswald trug das Caspar-David-Friedrich-Institut maßgeblich zum Erfolg der Ausstellung mit. Die wissenschaftliche Leitung und Kooperation lag dabei in den Händen von PD Dr. Matthias Müller und Dr. Michael Lissok. "Das Angebot enthielt die Chance, ein bedeutendes Stück landeseigener Kunst- und Kulturgeschichte zu erforschen und nicht nur den Blick nach Italien, dem Land der schönen Künste, zu richten", unterstrich Dr. Müller in seiner Rede zur Barther Vernissage am 23. Juli. Wissenschaftliche Ausbildung und berufspraktische Erfahrung konnten in glänzender Weise miteinander verbunden werden november 2004

Forschung trifft Praxis

Das unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten Dr. Harald Ringstorff stehende Projekt richtete "Für uns alle war es eine wichtige Aufmerksamkeit auf sich. Der Erfahrung, die im Studienplan eines Berliner Tagesspiegel und die FAZ Kunstgeschichts- oder Kunstpädasetzten in dessen Rezeption jeweils gogikstudenten nicht vorgegeben eigene Akzent, hoben den nicht von ist", resümiert Franziska Siedler. der Hand zu weisenden Stellenwert Seit dem Ende des vergangenen hervor. "Wer schon einmal hinter Wintersemesters liefen die Pladie Kulissen einer Ausstellung genungen auf Hochtouren. Das blickt hat, weiß, was das für eine Konzept der Ausstellung wie auch große Leistung ist", würdigte Rektor Rainer Westermann in seiner Schweriner Eröffnungsrede das Streben der Studierenden und beteiligten Dozenten des Caspar-David-Friedrich-Instituts. "Zusammen mit dem vorliegenden Katalog erbringt sie einen reichen kunstgeschichtlichen und wissenschaftlichen Ertrag. Eine Schinkel-Schülerin träumt vom Meister: Julia mit dem Foto: ur Ausstellung Leuchtturm von Arkona wie diese der Katalog entstanden während zeigt, wie arm wir alle ohne Kultur, des daraufhin angelegten Seminars Kunst und Geschichte wären. Und im letzten Sommersemester. "Wir wie arm wir alle wären, wenn es haben uns, entsprechend unserer keine Wissenschaftler an HochFähigkeiten und fachlichen Vorschulen, Museen und anderen Inlieben, intensiv mit der Ausstellung stitutionen gäbe, die Kunst, Kultur befasst und uns in sie eingebracht", und Geschichte studieren und erforso die Studentin. "Selbst innerhalb schen und die ihre Kenntnisse und eines Praktikums in einem Museum Fertigkeiten dann zusammentun, wird nicht so viel Eigeninitiative um Ausstellungen wie diese zu und Kreativität gefordert." gestalten." Am 13. Juni war die Eröffnung in Die Ausstellung "Schinkel und seine der Alten Kaserne des ArchäoloSchüler" geht in den kommenden gischen Landesmuseums in der Jahren auf Reise. Die Technische Schweriner Stellingstraße termingeUniversität (TU) Berlin und das recht und punktgenau. Der FarbJagdschloss Granitz bekundeten gestank, eine an den Wänden subtil bereits ihr Interesse. übriggebliebene Baustellenatmo-

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Trendsetter Schinkel und seine Schüler

sphäre und die miserable Bewerbung in den Straßen der mecklenburg-vorpommerischen Landeshauptstadt waren Wertmutstropfen, die die Initiatoren fälschlicherweise selbst kosten mussten.

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Andrès Segovia The Great Master Deutsche Grammophon

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Die Liebe zur Gitarre prägte Andrés Segovias (1893 – 1987) Leben. Mit vier berührten seine Finger erstmals das Instrument und brachten in ihm eine Saite zum Schwingen. Der gebürtige Spanier gab mit 16 sein erstes Konzert. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt vier Jahre später trug er Werke seines Landsmanns Francisco Tarréga (1852- 1909) und auch Johann Sebastian Bachsche (1685 – 1750) Werke vor. Bedenkenlos darf Andrés Segovia als Vater des modernen Gitarrenspiels bezeichnet werden, der dem Instrument zu seinem weltweit verdienten Ansehen als Konzertinstrument verhalf. Anstelle der Tonerzeugung durch die Fingerspitzen führte Segovia das technische Novum der Nutzung der gesamten rechten Hand ein. Instrumentenbauer und Komponisten zerrten von seinem Engagement für sein Instrument. Spielend stellt ihn die Deutsche Grammophon seit kurzem wieder vor. Bisher unveröffentlichtes Archivmaterial aus den 50er und 60er Jahren gibt auf der bemerkenswerten Doppel-CD einen bereichernden Einblick in Gitarrenliteratur aus vier Jahrhunderten. Erstmalig erscheint das Material in digitaler Qualität. Ob Meister der Renaissance oder aus dem 20. Jahrhundert – mit wohltemperierter Leidenschaft lädt Segovia zum Verweilen ein und rückt auf seine Weise die Gitarre gebührend und anrührend in das Rampenlicht. Uwe Roßner 38

Baiba Skride Bach - Bartòk - Ysaye Sony Classical

Ein neuer Stern strahl am Solistenhimmel und macht von sich reden: Baiba Skride. Die lettische Violinistin gewann vor drei Jahren spielend mit Tschaikowskis Violinkonzert den renommierten KöniginElisabeth-Wettbewerb in Brüssel. Der Major Sony Classical nahm die ehemalige Studentin von Petru Munteanu von der Hochschule für Musik und Theater in Rostock unter Vertrag. Ihr Debüt beging der Youngster gleich mit zwei Einspielungen. Weniger sei an dieser Stelle auf die glatt polierten Violinkonzerte eingegangen, die an einem konzertanten Missverhältnis zwischen Orchester und Solistin leiden. Bedauerlicherweise tritt das bravouröse Spiel Baiba Skrides unter dem Dirigat von Hartmut Haenchen leicht verwaschen hervor. Gut, das ist eine Frage des Konzepts. Ganz anders hier: Ihre SoloRecital-CD ehrt Bach, Eugene Ysaye und Bartók. Ein bewunderndes Lächeln vermag Baiba Skride mit ihrer Stradivari "Huggins" aus dem Jahre 1708 auf den Lippen des Hörers zum Erblühen zu bringen während die Ohren in der Musik schwelgen. Ihr Bach besitzt Schmelz. Elfenleicht spannt sie dann vom Barock den Bogen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Ein leichter Wermutstropfen sind die fehlenden Titelbezeichnungen, die beim kurzweiligen Suchen der Stücke den ungehemmten Hörgenuss bremsen. Erfreulicherweise liegt dies nicht an Baiba Skride. Uwe Roßner

Albert Mangelsdorff Music For Jazz Orchestra Skiprecords

1964 erkennt John Lewis in ihm "den wichtigsten Erneuerer des Posaunespiels". Albert Mangelsdorff ist zweifelsohne ein Begriff in der Jazzwelt. Zusammen mit der NDR-Bigband stand der Altmeister seines Fachs in diesem Jahr in der ehrwürdigen Klosterruine auf der Bühne. Das Publikum der XXIV. Eldenaer Jazz Evenings sahen einen liebenswürdigen, sich sensibel in das Jazz Orchester einfügenden, Albert Mangelsdorff, der seine Posaune über die Grenze zwischen Melodie, Hauch und Geräusch hinführte, um diese Aspekte in einem Zuge behutsam reflektierend zusammen zu fügen. Problemlos glänzt sein Spiel während großer Intervallsprünge. Mangelsdorffs "Concert for Jazz Orchestra" führte Solisten, Orchester und Publikum in Eldena zusammen. Die ursprüngliche Fassung der Komposition entstand 1987 als ein Auftrag des NDR, erfuhr später allerdings eine Bearbeitung für die NDR-Bigband und gilt bisher gültige letzte Fassung. In welchem gegenseitigen Respekt Jazz Orchester und Mangelsdorff zueinander stehen, davon zeugt das wertschätzende Dankeswort des Komponisten auf der vor einem Jahr erschienen Einspielung. Hier trifft unter dem einfühlsamen Dirigat von Dieter Glawischnig prasselnde Spielleidenschaft auf innovative Gedanken. Herzerfrischend ergänzen "Visit" und "Meise vorm Fenster" eine musikalische wie auch von der Aufmachung her glänzende CD. Uwe Roßner moritz


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Thank you for The Music

1.. 1

Die Platten des Jahres Gewählt von Norman Gorek

The Music Welcome To The North Virgin

2 .. 2 3 .. 3

4 .. 4 5 .. 5

Razorlight Up All Night The Libertines The Libertines The Streets A Grand Don’t Come For Free Manic Street Preachers Lifeblood

november 2004

6 .. 6

7 .. 7 8 .. 8

9 .. 9

The Distillers Coral Fang The Von Bondies Pawn Shoppe Heart Morrissey You Are The Quarry

1 00 .. 1

Beastie Boys To The 5 Boroughs Keane Hopes And Fears

L ee ss ee rr -- UU m L mff rr aa gg ee

Welche CDs waren 2004 eure Highlights?

Meldet eure Top 3 an moritz@uni-greifswald.de Das Ergebnis wird im nächsten moritz veröffentlicht. Gewinnspiel: Unter allen Einsendern verlosen wir 2 x “Ranking & Skanking – The Best Of Punky Reggae“ (mit: The Specials, Madness, Blondie...) 2 x “Broken — A Hardcore Compilation“ (mit: Korn, Deftones, Sick Of It All...)

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Auf ein Album wie dieses haben wir lange warten müssen. Stone Roses 1989, Oasis 1994, The Music 2004. “Welcome To The North“ ist eine Offenbarung. Genau so soll Rock’n’Roll klingen. Darauf ein Bier auf Ex. Und darauf, dass vier Northerners allen Mode-Rockern aus London und New York den Daumen gezeigt haben. Das beste Album des Jahres kommt aus Leeds.

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Wirrwarr

Von Kai Doering

Diesmal sieht das moritsel etwas anders aus und funktioniert folgendermaßen: Zu den Fragen sind jeweils drei falsche und auf den ersten Blick wirre Antworten gegeben. Aus diesen lässt sich die wahre Antwort jedoch ableiten. Diese wird im Lösungsfeld notiert. Danach werden die Buchstaben der sechs richtigen Antworten aus dem Buchstabenfeld unten ausgestirchen. Die verbleibenden Buchstaben ergeben in der richtigen Reihenfolge die Lösung. Der Häuptling von neuerdings über 10 000 Studiosi heißt...

Für ein Geographie-Studium unerlässlich ist der...?

Eine Stadt in Hessen heißt...?

SÜDERFRAU

ODHÖRTE

MAGENSIEDLUNG

OSTERKIND

EBROCH

INNEREIENDORF

NORDEROPA

DESAH

PANSENMETROPOLE

Bei Greifswalder Studenten zur Nahrungsaufnahme sehr beliebt ist die...?

Die Adventszeit ist unvorstellbar ohne...?

Bei Kontakt mit Säure färbt sich rot...?

MORGENC9

STIRBTORTE

FARBKOMPOTT

MITTAGKISTE

VEGETIERKEKS

TUSCHPÜREE

NACHMITTAGGEOKELLER

EXISTIERTEILCHEN

ACRYLGRÜTZE

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Gewinner! „Sein oder nicht sein“ war zwar das letzte Mal nicht die Frage aber die Lösung lautete

HAMLET

Eine moritz-Tasse geht an:

ANNE BLEICHER

LÖSUNG:

Z Lösungen bitte bis zum 29. November an moritz@uni-greifswald.deStichwort: moritsel.

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NICOLE BETHGE

RENÉ FRIEDLAND .

moritz


november 2004

m. trifft... Alex Böber,

Mensaclub-Barkeeper, Ex-moritz-Vize, StuPist, Verbindungsstudent, Uni-Monster und guter Geist Gedanken vorm einschlafen? Mist, noch so viel zu tun. Auch: Hoffentlich schnarche ich nicht wieder. Ich glaube das denkt jeder, der nicht alleine einschläft. Was verabscheust du am meisten? Mit Sachen konfrontiert zu werden, die ich nicht hab kommen sehen. Außerdem alles was mit Lug, Betrug und Lügereien zu tun hat kann ich nicht ausstehen. Welchen Weltrekord würdest du am liebsten aufstellen? Den Weltrekord im Lange-Schlafen wahrscheinlich. Oder es am längsten in einer Bibliothek aushalten und dabei die meisten Bücher lesen. Wie bestrafst du dich selber? Mit meinem schlechten Gewissen, das ist die schlimmste Strafe für mich. Was ist dein persönlicher Jungbrunnen? Musik. Musik und gute Gespräche. Auch wenn ich merke, dass etwas, das ich angefasst habe, gelingt. Fürs Äußere das Solarium, gegen Winterdepressionen. Machst du selber dein Bett? Ja, wenn ich mein Bett mal mache, mache ich es selber. Was liegt auf deinem Nachttisch? Mein Radiowecker, meine Nachttischlampe, mein Buch und meine Brille Und drinnen? Im Nachttisch? Ich verweigere die Aussage. (Dreckiges Lachen).

Wer bist du in 20 Jahren? Ich hoffe noch der, der ich jetzt bin. Also jetzt so von der Art und Weise her. Wenn ich fies wäre, würde ich sagen, der Chef von irgendjemandem. Jemand mit Verantwortung, jemand der im Hintergrund die Fäden zieht, das ist immer das Beste. Ich würde auch sagen, die

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Alter? Alt genug um zu wissen, dass ich irgendwann aufhören muss an der Uni. Nee, 25. Größe und Kopfumfang? Andere würden sagen Wasserkopf, keine Ahnung. Normalgroß! Normalgroß muss reichen! Ende! Oder Eierkopf. Gewicht? Mein Wort hat Gewicht! Chinesisches Tierkreiszeichen? Ich glaube Schwein. Keine Ahnung, aber jedenfalls kam nach mir der Affe! Welche Aura umgibt dich? Zigarettenqualm. Lieblingsfarbe? Schwarz ist eine Lebenseinstellung und keine Farbe, aber wenn es eine Farbe wäre, würde es mir am besten gefallen. Grundnahrungsmittel? Zu moritz-Zeiten Brot, Käse und Ketchup. Lieblingspolitiker? Ähh, keiner der mehr lebt. Schwer. Ich habe keinen Lieblingspolitiker weil ich die alle für Idioten halte. Wenn es einen Lieblingspolitiker gäbe, Gysi gefällt mir gut. Cool der Mann! Lieblingsklolektüre? Die PC Games. Den moritz lese ich nicht auf dem Klo, ich habe zuviel Respekt vor der Zeitung Lieblings-Heavy-Metal-Band? Ich würde sagen Fantasymetal, Speed, True Metal, Rhapsody sind nicht schlecht. Nightwish waren früher sehr gut gewesen, mittlerweile sind die zu weit abgedriftet. Ansonsten die erste CD von Manowar. Sehr lustig! Mittlerweile mag ich die nicht mehr, ich finde es einfach zu posig. Naja, Edguy und Sonata Arctica sind die Bands die ich zur Zeit am meisten höre. Lieblingsfilm? "Dogma", "Interview mit einem Vampir" und "Das Leben des Brian"! Wie lassen sich deine Tätigkeiten beschreiben? Sehr weit gefasst und zu viele. Wie viele Stunden hat deine Arbeitswoche? StudiumKontaktzeiten 20 Stunden. Dann noch ein paar Stunden für den VdSt. Naja, noch mal 40. Mit Mensaclub mehr als 50. So 60. Der peinlichste Moment in deinem Leben? Gibts 'ne Menge! Aber ich sag mir mittlerweile, eigentlich ist nichts peinlich. Es sei denn natürlich, es ist dir selbst peinlich. (hehe) Ich erlebe immer wieder peinliche Momente wenn ich zuspätkomme oder... (etc.)

Spinne im Netz. Was hast du immer dabei? Alles: Ein Blatt Papier, einen Stift, ein Deo, einen Kamm und eine CD. Ansonsten Zigaretten, Feuerzeug und meinen Ausweis. Männer fragen sich ja manchmal, was Frauen in ihren Handtaschen haben. Ich würde sagen, mein Rucksack ist meine Handtasche. Meinen Rucksack habe ich immer mit dabei. Gespräch: Juliane Hesse

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Arvids Kolumne feat. Uwe

Kinder, Kinder! Feste Feiern, na klar! Aber warum?

Von Arvid Hansmann und Uwe Roßner Die Klingel läuft Sturm. Die Haustür fällt fast aus den Angeln. Das Gekreische von draußen nimmt kein Ende. Der nervöse Blick auf das Kalenderblatt zeigt es: 31. Oktober.

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Die Tage der Sommerzeit sind gezählt. Die Uhren ticken einen gemächlicheren Takt. Der Kopf noch nicht. Der Tag hätte so schön ausklingen können, so ganz gemütlich in einer kuschelig beheizten Wohnung und romantisch verklärtem Blick auf die auf der Straße mit "Laterne, Laterne" vorbeiziehenden Kinder. Wieder scheppert die Klingel. Leicht verschreckt gleitet die Hand über die Klinke. Es bleibt dennoch unwiderruflich: Halloween steht vor der Tür. "Süßes oder Saures, Süßes oder Saures, Süßes oder Saures!", grölt der Chor. Alle Jahre wieder, könnte man fast sagen. Beinahe. So einen langen Bart hat Halloween nun wieder auch nicht. In den USA sicherlich, aber hierzulande? In Billigkostümen (zum Teil aus dem Supermarkt oder von Mutti gebastelt), mit hinreißend angemalten Gesichtsfarben (Wie günstig bot sich der schwesterliche Schmink-

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kasten an!) und sich nach Süßigkeiten lechzenden Monstertüten. Und immer wieder: "Süßes, oder Saures, Süßes oder Saures, Süßes oder Saures!" Hektisch wühlt die Hand in einem Fach in der Anbaureihe nach der bereits vorsorglich eingekauften Schokolade oder greift zur vorbereiteten Tüte im Flur und schafft kurzzeitiges Schweigen. "Süßes oder Saures, Süßes oder Saures, Süßes oder Saures!" Und was macht man mit geschenkten Äpfeln? "Na super, tolle Wurfgeschosse." Sag’ mal, wo lebt ihr denn!?! "Okay, trotzdem danke", heißt es dann kleinlaut. (Tja, die Schokolade muss auch nicht aus diesem Jahr sein …) Das Klopfen an der Tür ist ja nicht von gestern. Auch selbst nicht erst seit dem langbärtigen Mann im knalligen Coca-ColaRot. Als ein historisch schwergewichtiges Beispiel sei Martin Luther herangezogen. Der reformatorische Schock seines Thesenanschlags vor 487 Jahren schlug nicht ganz kleine Wellen. Anstelle einer ursprünglich beabsichtigten innerkirchlichen Erneuerung reihte sich in der Folge neuer Feiertag in den Kalender ein.

tete englische Ausdruck "hallow" bedeutet überraschenderweise - na? Genau: Heiliger. Und mit "eve", nicht Eva, wird dank der schwerlich antrainierten Reste des Schulenglischs auch bald klar, worum es sich insgesamt handelt. Der Tag vor Allerheiligen stellt damit einen schönen Reimport in das "alte" Europa dar. Oh, how nice?! (Grins) Wenn sich beispielsweise Google im feschen Harry-Potter-Look oder Vobis mit ganz gespenstischen Preisnachlässen publikumswirksam präsentieren, bleibt der Kern der wirklichen Tradition scheinbar ganz marktwirtschaftlich auf der Strecke. Wozu feiern wir eigentlich? Handelt es sich dabei um ein offizielles, nicht immer persönlich relevantes Erinnern, um eine schnöde Familienansammlung um ein schmackhaft gemachtes totes Tier oder nur tote Zeit zum Gammeln? Wenn das Weihnachtsgeschäft sich Ende August mühsam aus dem Sommerschlaf quält, steht die Lust und Freude an der lebendigen Pflege einer wertgeschätzten Tradition zur eigentlichen Zeit im grauen Matschschnee und Eisregen. Im selbstvergessenen Kaufrausch zieht der Advent wie ein Film vorbei und plötzlich ist man irgendwie im neuen Jahr gestrandet. Und aus dem frisch geschmolzenen Osterhasen lacht der reinkarnierte Weihnachtsmann heraus. Das Label wechselt nur mit der Saison. Dennoch: Der Geist der Feiertage darf nicht draußen vor der Tür stehen bleiben. Falls doch, wären Feietage keine Feiertage mehr. Sie mutierten zu kitschigen und, ach, doch so süßen Hohlkörpern. Den Kindern wollen wir nicht den wirklichen Spaß am Feiern nehmen. Und uns auch nicht, oder?

Äh Tännschen, please!

Halloween kommt doch aus den USA, oder? War da doch nicht irgendetwas mit Allerheilligen? Ja - Groteske Symbiose zweier Feste: Kommerz als Sinndoch. Der veral- stifter Tim Burtons „Nightmare before Christmas“ (1993) moritz



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