Antifee Magazin

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Magazin

Bands

Interviews Workshops Geländeplan

Jubiläum

5 Jahre Antifee Rückblicke, Ausblicke, Hintergründe Sexismus & Antisexistische Praxis

Migration & Festung Europa

Extremismusideologie & Klausel

Atompolitik & Kapitalismus

Fußball & Politik

Pop & Nationalismus

| Antifee Festival 2011 | Campus Uni Göttingen | Fr & Sa 10.­11. Juni 2011 | Beginn Freitag 16:00 Uhr |

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Editorial

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um fünften Mal findet das Antifee Festival in diesem Jahr auf dem Göttinger Campus statt. Damit feiert es in diesem Jahr das erste, kleine Jubiläum. Als linke Reaktion auf die Fußballweltmeister­ schaft der Männer 2006 gedacht, ist es mittlerweile viel mehr geworden. Das An­ tifee kritisiert gesellschaftliche Verhält­ nisse und setzt diese Kritik in die Praxis um. In Workshops wird die Kritik an Inter­ essierte vermittelt. Tolle Konzerte und Parties gehören ebenso dazu wie spannen­ de Diskussionen, sodass das Festival mitt­ lerweile weit über die Grenzen Göttingens bekannt geworden ist. Das alles funktio­ niert aus politischer Überzeugung ohne Eintritt und kommerzielle Sponsoren und ist nur durch die Beteiligung von Vielen denkbar. Dafür gehört nach fünf Jahren einmal ordentlich Respekt gezollt. Herzli­ chen Glückwunsch!

Anlässlich des Jubiläums bringt das Onlinestadtmagazin Monsters of Göttin­ gen dieses Magazin heraus. Anders als in den Vorjahren haben wir uns mit den The­ men des Festivals über Interviews ausein­ ander gesetzt. Wir haben mit zwei Organi­ sator_innen über die Hintergründe des Antifees gesprochen (S. 4) und uns mit Ute Zillig vom Frauennotruf und einer Betroffenen über den Umgang mit sexua­ lisierter Gewalt unterhalten (S. 11­13). Der Historiker Wolfgang Wippermann und Bianca Klose von der Mobilen Bera­ tungs gegen Rechtsextremismus kritisie­ ren den Extremismus­Begriff und die da­ mit betriebene Behinderung antifaschisti­ scher Arbeit (S. 18). Dass Fußball immer

politisch ist, sagt die Autorin Almut Sülz­ le im Interview (S. 22). Martin Kaul und Simone Schmollack analysieren den Na­ tionalismus hinter dem Phänomen Lena Meyer­Landruth (S. 8). Außerdem be­ schäftigen wir uns mit den Phänomenen Männlichkeit und Mackertum (S. 9). Mit der Attac­Aktivistin Ulrike Paschek ha­ ben wir über Atompolitik gesprochen (S. 20). Und über die Situation von Flüchtlin­ gen in Göttingen und die flüchtlingspoliti­ schen Hintergründe sprachen wir mit Ak­ tivist_innen vom Bündnis gegen Abschie­ bungen (S. 24) und Hagen Kopp von der Initiative „Kein Mensch ist illegal“ (S. 16).

Viel Spaß beim Lesen und auf dem Festival! Eure Monsters of Göttingen

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Inhalt

5 Jahre Antifee Jedes mal ein bisschen anders....4 Antifee 2011 ­ Selbstverständnis ....7

Alle lieben Lena über Nationalismus im Pop....8

Gender Männlichkeit ist bedrohlich....9 Folgen sexualisierter Gewalt....11 Antifa & Männlichkeit....14

Migration Festung Europa....16 Situation von Flüchtlingen in Göttiingen...24

Extremismus­ idelogie über einem politschen Kampfbegriff....18

Atomkraft

Fußball

Es geht um Profitmaximierung ....20

in vielerlei Hinsicht politisch....22

Lecker lecker Lauch

Programm

die drei besten Lauch­Rezepte....30

Workshops....26

Bands....25 Antifee­Map....32

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5 Jahre Antifee

Jedes Mal ein bisschen anders Seit fünf Jahren findet das Antifee Festival nun schon auf dem Campus der Uni Göttingen statt. Jedes Jahr trifft hier emanzipatorische Politik auf ein musikalisches Bühnenprogramm und theoretische Auseinandersetzungen mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in Workshops. Zeit für eine erste Zwischenbilanz. Wir sprachen mit zwei Organisator_innen über die Hintergründe, Veränderungen und Perspektiven des Festivals.

Ruhe vor dem Sturm: Antifee Bühne vor Festivalbeginn 2006

Justin, als du damals das Anti­ Nationalismus hatten sich damals beiden Themen für uns auf einer po­ fee mitbegründet hast, hättest du auf eine krasseArt und Weise mitein­ litischen als auch auf einer persönli­ da gedacht, dass es das Festival ander verbunden: gröhlende chen Ebene sehr präsent. 2011 noch gibt? Und das es eine Männergruppen, die Deutschland­ Anne, du bist im vergangenen derartige Entwicklung durchge­ fahne schwenkend durch die Ge­ Jahr ins Antifee eingestiegen.Was macht haben würde? gend liefen... Es wurde kaum etwas war denn deine Motivation, dich Justin: Nein, überhaupt nicht. dagegen gesetzt und nach meiner Er­ an der Orga zu beteiligen? Ich bin total glücklich darüber, dass innerung war eine der Grundmotiva­ Anne: Ich habe das Antifee in es so krass groß geworden ist und tionen, da etwas öffentlichkeitswirk­ den Jahren davor auch schon miter­ das es noch viel besser dem eigenen sam entgegen zu setzen, was auch lebt und auch kleinere Aufgaben Anspruch gerecht wird, als wir übernommen. Das Konzept uns das damals ausgemalt hat­ fand ich einfach total nett: »Irgendwie habe ich so eine Art ten. Wir sind da damals sehr die Veranstaltung erreicht Verknalltheitsgefühl in dieses Ding.« dilettantisch heran gegangen. viele Leute auf ei­ Ich hätte nicht gedacht, dass ner Ebene, die ein Festival in dem Themenbereich jenseits der althergebrachten Kon­ total Spaß macht. Leute so geil organisiert werden kann, wie zepte lag. können da hin kommen es in den letzten Jahren gelaufen ist. Also war diese anfängliche und mit einem antisexis­ Was war damals eure Motivati­ Schwerpunktsetzung auf Sexis­ tischen und feministi­ on, das Festival ins Leben zu ru­ mus und Nationalismus auch dar­ schen Anspruch feiern und fen? Das war ja zu einer Zeit, in in begründet, dass das Festival vor es gibt im weiteren Sinne der die Fußball­WM der Männer dem Hintergrund der WM ent­ auch ein Bildungsangebot. großeWellen geschlagen hatte... stand? Du bist eine der wenigen, Justin: Ich weiß gar nicht mehr, Justin: Vielleicht einfach aus die nachdem sie einmal mit wieviele Leute an dieser Grundidee konkreten Lebenserfahrung heraus. an der Orga beteiligt waren, beteiligt waren. Aber auf jeden Fall Wir haben damals einen Wandel der jetzt ein zweites Mal mitma­ war allen gemeinsam, dass wir diese deutschen Öffentlichkeit miterlebt. chen. Viele steigen nach dem Fußball­WM in Deutschland 2006 Der Nationalismus erstarkte und es ersten Jahr immer aus, weil der mit einem krassen Ohnmachtsge­ hat ein antifeministischer Backlash Aufwand hinter den Kulissen fühl erlebt haben. Mackertum und stattgefunden. Deswegen waren die doch sehr groß ist. Warum

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machst du nochmal mit, obwohl du weißt,wie zeitfressend das ist? Anne: Das frage ich mich gerade auch manchmal. Irgendwie habe ich so eine Art Verknalltheitsgefühl in dieses Ding. Auch wenn es total viel Energie zieht, ist es ganz viel positi­ ver Streß für mich. Das kann bei anderen natürlich ganz anders sein.


Im Gespräch Justin und Anne leben beide seit einigen Jahren in Göttingen und engagieren sich in emanzipatorischen Zusammenhängen. Justin hat das Antifee Festival im Jahr 2006 mitbegründet und ist danach ausgestiegen. Anne ist seit 2010 an der Organisation beteiligt.

Wie groß ist denn der Auf­ wand, der hinter dem Antifee steht? Was muss alles erledigt wer­ den, damit am Ende alles rund läuft? Anne: Es gibt tausend Dinge, die man tun kann. Es muss Geld von ver­ schiedenen öffentlichen Stellen be­ sorgt werden, um das ganze über­ haupt machen zu können. Es müs­ sen sich Gedanken über die Infrastruktur gemacht werden und Bands und Referentinnen und Refe­ renten müssen eingeladen werden. Was es für Stände geben soll und was es alles an Getränken und Essen geben soll. Soll das Essen vegeta­ risch oder vegan sein? Das können Kleinigkeiten sein, wichtig ist aber sich klar zu machen, welchen An­ spruch wir an uns selber und an das Festival haben. Das kann ja auch ein­ fach jedes Jahr wieder neu geformt werden. Dadurch, dass jedes Jahr neue Leute mitmachen, ist das Anti­ fee ja auch jedes Mal ein bisschen an­ ders. Ein bisschen anders ist ja mitt­ lerweile auch der politische An­ spruch des Festivals geworden, der sich ja auch in der Praxis nie­ der schlägt. Zum Beispiel achtet ihr darauf, dass Frauen auf der Bühne sehr präsent sind. Am An­

fangs gab es das ja noch nicht. Ist euch, Justin, das damals noch nicht so wichtig gewesen? Ist das Antifee politischer geworden? Justin: Das kann ich schwer ein­ schätzen. Wir hatten schon den An­ spruch, mit der Art und Weise, wie Popkultur in der Gesellschaft repro­ duziert wird, zu brechen. Uns hat aber zum Einen ein bisschen das Be­ wusstsein dafür gefehlt. Zum Ande­ ren haben wir beim ersten Mal viel­ leicht noch nicht die Erfahrung ge­ habt, wie mit sowas umgegangen werden kann. Wir hatten auf jeden Fall einen sehr politischen An­ spruch, sind dem aber an vielen Stel­ len einfach nicht gerecht geworden. Dieses Jahr gibt es einen neuen Untertitel: „Festival für Feminis­ mus und gelebte Gesellschaftskri­ tik“ heißt das Antifee jetzt. Wie spiegelt sich dieser recht hohe poli­ tische Anspruch denn in eurer Praxis wieder? Anne: In der Umsetzung ist jetzt gar nicht so viel anders, als im letz­ ten Jahr. Dieser Untertitel bedeutet nicht so viel Veränderung für die

Umsetzung. Aber einige Leute wa­ ren mit dem alten Untertitel unzu­ frieden. Die Stimmung im Plenum in diesem Jahr ist sehr positiv, so­ dass wir gesagt haben, wir machen das Festival für etwas, nicht gegen et­ was. Wir haben uns gefragt, was un­ ser Anspruch ist. Unser Anspruch ist antisexistisch, antirassistisch und antifaschistisch. Also haben wir überlegt, wie sich das positiv formu­ lieren lässt. Und der neue Untertitel klingt ja auch einfach rund. Da steckt ja vorAllem auch der Anspruch drin, nicht nur theore­ tisch die gesellschaftlichen Ver­ hältnisse kritisieren zu wollen, sondern ihnen eine emanzipatori­ sche Praxis entgegen zu setzen. Ganz zentral beim Antifee ist im­ mer auch das antisexistische Fei­ ern gewesen.Warum legt ihr da so­ vielWert drauf? Anne: Weil es in der Gesellschaft und in der Linken das Problem gibt, dass auch auf Parties total viel rum­ gemackert wird. Da gibt’s immer die Rumsteher, die mit den Händen

in den Hosentaschen die Frauen ab­ checken. Das können so niedrig­ schwellige Dinge sein, bei denen körperlich Dominanz ausgestrahlt wird. Es gibt aber auch dumme Sprüche bis hin zu Übergriffen. Ich selber erlebe das so, dass ich mich ganz selten auf Parties richtig wohl fühle. Es gibt nicht viele davon. In Göttingen gibt es sie ab und zu: das sind dann Parties, die von queerfe­ ministischen Gruppen organisiert werden. Mir ist das persönlich total wichtig, weil ich selber das Gefühl habe, mich oft auf Parties nicht so richtig frei zu fühlen. Und wie setzt ihr das genau um? Zum Beispiel propagiert ihr ja immer sehr stark das Konzept der Definitionsmacht... Anne: Definitionsmacht ist ge­ setzt. Das bedeutet, dass die Leute ihre eigenen Grenzen definieren können. Wenn eine betroffene Per­ son von einem Vorfall berichtet, dann definiert diese Person die Grenzüberschreitung und nicht ir­ gendwelche Leute, die nachfragen,

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5 Jahre Antifee

ScreamClub beim Antifee 2010, Foto: René Greffin

was passiert ist. Das ist ein total durch sind identitäre Grenzen an erneut auf der Kippe stehen? mal überlegen, wie es weiter gehen Anne: Ich habe gerade das Ge­ soll. Weil es irgendwann den Rah­ wichtiges Konzept, gerade weil bei sich schon aufgehoben. Diese Kom­ Partysituationen hinterher oft ge­ plexität und Pluralität des Ansatzes fühl, dass es seit letztem Jahr einen men sprengt, im positiven Sinne. Es sagt wird: war doch gar nicht so macht es schwer, zu sagen, was das ziemlichen Satz gemacht hat. Und ist ja total gut, dass soviel Feedback schlimm. Wir drehen das um und las­ Festival eigentlich ist. Dadurch wird das es gerade an einer Schwelle ist, kommt. Auf der anderen Seite stellt sen diejenigen zu Wort kommen, die es aber auch sehr dynamisch und wo man sich überlegen muss, wie es sich die Frage, ob es dann überhaupt betroffen sind. kann Diskussionen und Erkennt­ weiter geht. Es kommen immer noch in dem Rahmen, in dem es in mehr Leute, es wird immer größer. den letzten Jahren gelaufen ist, um­ Wie würdet ihr das Antifee Fes­ nisprozesse in Gang setzen. tival definieren? Einerseits ist es Anne: Ich würde dem total zu­ Reicht dieser Platz, auf dem es statt­ setzbar ist. Und ob sich Leute fin­ ein Festival,das aus der linken Sze­ stimmen. Die Vielfältigkeit und das findet oder ist es vielleicht ein biss­ den, die die Verantwortung über­ ne heraus organisiert wird und direkte, praktische Umsetzen macht chen eng? Wollen wir das Festival nehmen wollen. Bislang ist es so, einen emanzipatorischen An­ das Antifee aus. Es können ganz un­ vom Campus raus auf eine Wiese dass eine Einzelperson das Festival spruch hat. Andererseits privat anmeldet. Die Verant­ könnte man es als Bil­ wortung, die man da trägt, ist »Es ist nicht nur so,dass man sich selbst einen Standpunkt erarbeitet dungsfestival begreifen, auch einfach ultra­krass. weil sehr viele Leute sich und dann nach außen in die Gesellschaft wirkt,sondern mit dem Festival Justin: Ich kann nur sa­ ist ganz klar auch eine Kritik in die linke Szene rein verbunden.« jedes Jahr an den Work­ gen, dass ich hoffe, dass es shops teilnehmen. Wie das Festival noch lange gibt. kann man das am besten fassen? terschiedliche Dinge daraus entste­ verlegen oder wollen wir das nicht? Aber ich weiß auch, dass sich ein Was kann man machen, um es politisches Klima auch wandeln Justin: Ich glaube, man kann es hen, auch jedes Jahr andere. Es sind gar nicht so genau fassen – und das ja auch einige Kontroversen um das nicht größer werden, sondern so kann und das Festival vor einem macht auch das Schöne an dem Antifee entstanden, die man positiv klein zu lassen? Wir haben in den ganz konkreten Hintergrund ent­ Ding aus. Es ist ein ganz praktischer oder negativ bewerten kann. Aber es letzten Jahren auch einfach unglaub­ standen ist und sich dann gewandelt Mischmasch aus unterschiedlichen ist auf jeden Fall etwas dabei raus ge­ lich viel Werbung gemacht und wa­ hat. Dass sich das Motto dieses Jahr ren total darauf bedacht, das Festival geändert hat, ist ja auch ein Aus­ Ansätzen und das finde ich total su­ kommen. per. Es ist nicht nur so, dass man sich Und was wird vielleicht in den bekannt zu machen. Wir haben Pla­ druck eines Bewusstseinswandels selbst einen Standpunkt erarbeitet nächsten Jahren dabei raus kom­ kate in andere Städte geschickt, in bei dem Orga­Team. Das wird sich und dann nach außen in die Gesell­ men? Ist das Antifee nach fünf diesem Jahr gab es sogar eine Info­ immer weiter entwickeln, die Frage schaft wirkt, sondern mit dem Festi­ Jahren so fest etabliert,dass es das veranstaltung in Berlin. ist: in welche Richtung? Das hängt Auch bezüglich der Finanzie­ natürlich auch vom gesamtgesell­ val ist ganz klar auch eine Kritik in Festival auf jeden Fall noch zehn die linke Szene rein verbunden. Da­ Jahre gibt oder wird es jedes Jahr rung müsste man perspektivisch schaftlichen Klima ab.

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Selbstverständnis

is n d n ä t s r e v t Selbs

Zum Schluß würde ich gerne die sagenumwobene Frage um den Namen klären. Was genau be­ deutet denn Antifee? Ich kenne aus dem Stand bestimmt vier oder fünf Übersetzungen. Kannst du dich noch erinnern, was ihr euch vor fünf Jahren dabei ge­ dacht habt? Justin: Ich fürchte, das wird tat­ sächlich für immer ein Mysterium der Geschichte bleiben. Wir haben nicht schriftlich festgehalten, was wir uns dabei gedacht haben. Alle können sich nur noch an die mögli­ chen Interpretationen erinnern – und mit der Erinnerung ist das ja immer so eine Sache. Deswegen würde ich sagen, diese fünf Inter­ pretationen sind wahrscheinlich richtig, allerdings nicht mit hun­ dertprozentiger Sicherheit. Viel­ leicht spiegelt das das Antifee aber auch einfach wieder. Interview: Benjamin Laufer

bundenen Herrschaftsstrukturen zu kritisieren und Spaß darf bei zu reflektieren. Diese Kritik versuchen wir konkret aller nötigen kritischen (Selbst­)Re­ bei der Organisation des Festivals selbst, in der Aus­ flektion nicht zu kurz kommen, deswe­ wahl der Musikgruppen, einem breiten Angebot an gen gibt es seit 5 Jahren das Antifee Festi­ Workshops und Vorträgen sowie Filmen und Lesun­ val! Antifee bedeutet für uns, das Organisa­ gen für uns und andere Menschen nicht nur sichtbar, tionsteam des Antifees, ernsthafte sondern auch erfahrbar zu machen. Auseinandersetzungen mit linkspolitischen The­ Wir wollen mit dem Antifee einen Raum für men und Feiern zu verbinden! Jede Person ist durch Denkanstöße, Auseinandersetzung und Diskussion ihr Handeln Teil gesellschaftlicher Strukturen und schaffen. Dieser Raum soll möglichst vielen Men­ deshalb sind Musik­ und Feierkultur nicht frei von schen zugänglich sein. Es wird wieder ein Kinder­ gesellschaftlichen Zwängen. Uns, ist einerseits die programm und auch ­betreuung geben, so dass auch kritische Auseinandersetzung mit d gesellschaftli­ Menschen mit Kindern am Festival entspannt teil­ chen Verhältnissen in denen wir leben wichtig, ande­ nehmen können. Um möglichst viele materielle rerseits auch die praktische Umsetzung dieser Kri­ Hürden abzubauen ist das Antifee umsonst und tik und deren Reflektion. draußen. Frauen, Lesben, Schwule, Transgender, Queers Innerhalb dieses Raums wünschen wir uns einen ... respektvollen und aufmerksamen Umgang mitein­ sind in der Popkultur undbei der Organisation ander. Damit geht für uns einher, nicht dominante von Parties und Festivals unterrepräsentiert.Durch Menschen zu unterstützen und ihre Grenzen be­ einen sexistischen Blick wusst zu schützen. Im geprägte Rollenbilder "If I can't dance,it's not my revolution! Fall einer Grenzüber­ finden sich nur allzu schreitung durch se­ A revolution without dancing is not a häufig in der Darstel­ xualisierte Gewalt hal­ revolution worth having." lung von Musik oder auf ten wir das Aushandeln Parties, wenn es zu der Situation auf indi­ Emma Goldman grenzüberschreitenden, vidueller Ebene für sexualisierten Übergriffen kommt. Die Zusammen­ nicht ausreichend. Auf dem Antifee herrscht Defi­ setzung von populären Musikgruppen ist androzen­ nitionsmacht.[defMachtTextLink] Gewaltvollem tristisch, d.h. Sie sind geprägt von einer „männli­ und sexistischem Verhalten wird hier kein Platz ge­ chen“ Sichtweise, die die Norm darstellt. Darüber geben. Auf dem Festival gibt es eine antisexistische hinausverdeutlichen beispielhafte Einzelfälle, wie Ansprechgruppe mit eigenem Zelt. Besonders der transphobe Übergriff letztes Jahr auf dem Uni­ wichtig ist uns die Unterstützung betroffener Perso­ Campus Göttingen und im Jahr davor der rassisti­ nen durch die Möglichkeit an einem eigens dafür sche Überfall auf eine Frau, den gesellschaftlichen­ eingerichteten, ruhigen Ort missachtete Grenzen Normalzustand. sichtbar zu machen und sich auszuruhen. Für ande­ Dazu kommt, dass Extremismusvorwürfe sei­ re Grenzziehungen untereinander durch nationale tens der Regierung gegenüber linkspolitischen Symbole haben wir kein Verständnis. Gruppen, Projekten und Vereinen kritische Ausein­ Alle schaffen das Antifee, über das Organisati­ andersetzungen im öffentlichen Raum, als auch eine onsteam hinaus. Räume wie das Antifee sind für uns Alltagskultur, in der Nationalismus, Rassismus und wandelbar, denn sie werden durch den emanzipato­ Antisemitismus explizit benannt und ihre Lokalisie­ rischen Einfluss jeder_s einzelnen beeinflusst. Die rung in der 'Mitte' der Gesellschaft hinterfragt wer­ Erschaffung dieses Raums verstehen wir eher als den, behindern. Prozess. In einem solchen Prozess ist eine ständige Auch Ableism, also die Konstruktion von Behin­ Reflektion notwendig, da das Handeln jeder_s ein­ derung als Abweichung zur Norm, Mehrfachdiskri­ zelnen durch die Gesellschaftlichen Strukturen ge­ minierung, sowie Herrschaftsmechanismen, die zur prägt ist. Deswegen freuen wir uns über konstrukti­ Aufrechterhaltung von hierarchisch geprägten Dif­ ve Kritik und Vorschläge und reflektieren jedes Jahr ferenzen innerhalb der kapitalistischen Ordnung bei­ nach demAntifee, wie es besser werden kann. tragen, sollen Thema des Festivals sein. Antifee­Plenum Das Antifee Festival hat das Ziel, die gegebenen gesellschaftlichen Verhältnisse und die damit ver­

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Nationalismus

Nationalismus im Pop

Eine nationale Umarmung Alle lieben Lena. Die 19­ Jährige besorgt, was weder Politik noch Werte schaffen: Sie vereint eine Nation hinter sich. Doch ihre Deutschlandmission hat Nebenwirkungen.

Foto: © 2010 aktivioslo (http://www.flickr.com/photos/aktivioslo/) (CC BY­NC­ND 2.0)

Die Geschichte der kleinen Lena Was nun kann Lena dafür? Diese schem Boden" gelandet ist. Über diese Zustimmungswerte Doch muss nicht gerade die Nor­ hätte Angela Merkel sich sicher ge­ ist eine Geschichte der Hoffnung Lena, so offen, so ehrlich, so authen­ freut. Während die politische Reprä­ und eine der Zuwendung. Es ist die tisch und sooo süß. Es ist doch gera­ malität und Dynamik der schwarz­ sentation in Deutschland eine sicher Geschichte einer nationalen Umar­ de das Stinknormale an ihr, auf das rot­goldenen Verehrungswelle für nicht unhistorische Krise feiert, fei­ mung. Erst waren wir Papst, dann die nationalkollektive Verbeugung Verunsicherung sorgen? Schon ein­ ert die Nation das Wippen von ei­ wurden wir Popstar. Und bald wer­ folgt: Der 17­jährige Knabe, der 70­ mal, 2006, war Deutschland getra­ jährige Knacker und die 40­jährige gen von einer Debatte des vermeint­ nem Bein aufs andere: Ein 19­jähri­ den wir vielleicht wieder mehr. Das zunächst banale Event ­ hier Akademikerin, alle konnten etwas lich guten Patriotismus. Damals ges Mädchen aus Hannover und ih­ ren harmonischen Traum. Lena. In kann eine Frau hübsch singen, und an ihr lieben. Ist Lena vielleicht das waren sich zunächst viele einig: Der diesem Jahr besiegelte ein Platz 10 dabei ist sie so zart ­ ermuntert in ei­ neue deutsche Mädchen, das mit neue deutsche Patriotismus sollte beim Eurovision Songcontest wohl ner Zeit die Gemüter, in der es an so­ schlichten Geschlechterstereotypen uns das Sommermärchen nicht aus dem Reich der Romantik ent­ das Ende ihrer Karriere, doch »Wenn heute Lena und mit ihr die Mitte Deutschlands die Fahne führen. Jedoch: Einige taten ge­ noch im vergangenen Jahr mobi­ lisierte sie die Massen. Die hol­ schwingen,dann hat das einen Effekt auf Rechtsaußen:Aus der neu­ nau das. Die Ergebnisse der hei­ ter gefeierten Deutschlandfreu­ ten schon vor der Fußball­Welt­ en patriotischen Selbstverständlichkeit der Mitte nährt sich auch de sind nach dem meisterschaft ihre nationalen schwarz­rot­goldenen Fahnen­ Embleme aus dem Schrank, um fremdenfeindlicher Nationalismus.« meer der deutschen Fußball­ damit Lena zuzujubeln. Wer Lena liebt, wie schön, zialer Verwerfung nicht mangelt. harmonisiert statt zu polarisieren? Weltmeisterschaft 2006 wissen­ braucht kein Parteibuch. Wer Lena Während national hinterlegte Res­ Und: Wieso kommt die neue ge­ schaftlich festgehalten worden. Nach dem "Sommermärchen" liebt, darf alles sein. Und mit der neu­ sentiments im Zuge der Griechen­ schlechter­ und altersübergreifende en popkulturellen Erlösung feiert landkrise wieder an Konjunktur ge­ Liebe nicht ohne Deutschlandfahne fanden der Bielefelder Soziologe Wilhelm Heitmeyer und der Mar­ ein krisenverdrossenes Volk seine wannen, während die nationale aus? "Isch liebe deutsche Land" – das burger Sozialpsychologe Ulrich Besinnung: Wie schön kann alles Grillsaison sich auf ein neues fuß­ sein, wenn es doch bloß um nichts balldeutsches Fahnenmeer vorberei­ war das Erste, was sie sang, als die Wagner in einer Befragung heraus, geht. Doch Vorsicht: Der Rhythmus tete, wurde die alltagsgegenwärtige popkulturelle Frontfrau der Nation dass die Präsenz nationaler Symbo­ des Phänomens Lena ist keinesfalls Nationalisierung mit Lena ­ zumal nach diesem so beflissentlich be­ le während der Weltmeisterschaft gegenstandslos. Im Gegenteil: In sei­ unerwartet ­ durch ein popkulturel­ götzten Erfolg in Oslo in ihrer Hei­ bei einem Teil der Bevölkerung die nem Takt schwingt sich eine Nation les Deutschland­Event bereichert mat aus dem Flugzeug stieg, wo ein Fremdenfeindlichkeit signifikant in Verzückung. Ein Volk feiert im­ und ergänzt. Das begann ganz ba­ Ministerpräsident Grüße der Bun­ erhöht hatte. Später sagte Wagner mer selbstverständlicher seine parti­ nal. Aber es muss so banal nicht en­ deskanzlerin übermittelte und sich dann: "Dieser neue Hype um Lena den. freute, dass Lena wieder "auf deut­ beinhaltet auf subtile Art und Weise elle Erlösung.

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Männlichkeit

Mackertum

durchaus die Gefahr, als Nation besser sein zu wollen als andere. Damit geht auch die Gefahr einher, das Nationale zu einer gesell­ schaftlichen Kategorie zu machen, die wie­ der wichtiger wird." Aus seinen Erhebungen lässt sich schlie­ ßen: Wenn heute Lena und mit ihr die Mitte Deutschlands die Fahne schwingen, dann hat das einen Effekt auf Rechtsaußen: Aus der neuen patriotischen Selbstverständlich­ keit der Mitte nährt sich auch fremdenfeind­ licher Nationalismus. Gerade in Zeiten sozialer Verunsiche­ rung aber löst das vermeintlich Apolitische eine Sehnsucht aus, die gut in unsere heutige Zeit passt. Ob sie will oder nicht: Mit ihrer ikonografischen Inszenierung wird das Identifikationsprodukt Lena zu einer Fikti­ on der Integration, die weder eine wieder substanziell geführte Wertediskussion noch die Politik zu inszenieren in der Lage sind. In der medialen Begleitung schlägt sich dies wirkmächtig nieder: Die Süddeutsche Zeitung nennt Lena Meyer­Landrut die "musikalische Integrationsbeauftragte einer zerfallenden Gesellschaft". Und auch die ARD feiert das Produkt, an dem das Öffent­ lich­Rechtliche durchaus ein Interesse ha­ ben darf: "Eine Nation versammelt sich un­ ter ihrem Rhythmus, denn Lena feiert eine nationale Mission wie einen Kindergeburts­ tag." Schon diese Formulierung verweist auch auf die Wiederkehr eines passgenauen Rol­ lenklischees. Denn in dem Symbol Lena Meyer­Landrut, eine Person, deren durch­ aus authentische und entspannte Gelassen­ heit nicht diskreditiert gehören, feiert die Nation nun eben doch auch gerade ihre eige­ ne Süßigkeit: So betont mädchenhaft und apolitisch sie agiert, wird mit ihrem Erfolg auch eine Symbolfigur des Postfeminismus inthronisiert, die gerade im Nichtssagen so aussagestark ist: Alles ist "voll cool", "total toll", "echt fett" und übrigens "nicht real". Nun ist es ist nicht die Aufgabe von, zu­ mal jungen, Showtalenten, politische De­ batten zu führen. Und wenn sie will, darf Le­ na einfach niedlich bleiben. Aber wie sich eine muntergelullte Nation im nationalen Fahnenmeer gefällt, ist wohl eine Beobach­ tung wert. Lena ­ Sie hat alles, was eine gute Beruhigungstablette braucht: Sie schmeckt, sie wirkt, und ihre Nebenwirkungen werden erst langsam bekannt. Martin Kaul und Simone Schmollack

Männlichkeit ist bedrohlich! Von Mackertum fühlen sich viele Menschen eingeschränkt, andere wissen gar nicht genau, was damit gemeint ist. Wir sprachen mit Leo Anglerin über seine_ihre Erfahrungen mit männlichem Dominanzverhalten und mögliche Auswege aus den gelernten Geschlechterrollen, die für die eine Hälfte der Gesellschaft Privilegien und für die andere Diskriminierungen mit sich bringen.

Foto: © 2010 Brittney Le Blanc, Edmonton, Canada (CC BY­NC­SA 2.0)

Wann hast du dich das letzte Mal von mackerigem Verhalten eingeschränkt ge­ fühlt? Das war erst vor ein paar Stunden. In der Fußgängerzo­ ne habe ich zwei California­ Fitness­Typen getroffen, zu­ mindest nenne ich die so. Der eine stand da wie ein Felsen: Beine Breit, Hände in den Ho­ sentaschen. Der andere hatte auch so kurz gegeelte Haare und trug eine Sonnenbrille. Die schob er hoch, als ich an ihm vorbei ging. Es hat nicht viel gefehlt, dann hätte ich ihm eine gescheuert. Das war wie­ der so ein Verhalten nach dem Motto „Wir stehen mal cool an der Straße rum und gucken Leute an, vor allem Frauen.“ Und das machst du am

Auftreten fest? Man könnte ja auch sagen, dass die eigent­ lich kaum etwas gemacht ha­ ben. Aber du fühlst dich trotzdem von sowas einge­ schüchtert? Früher war ich davon im­ mer richtig eingeschüchtert. Jetzt geht mir das nur noch auf den Sack. Ich kopiere das, spie­ gele das oder gehe da rein. Für mich ist das eine sehr krasse Form von männlicher Präsenz im öffentlichen Raum, die so­ wieso schon so stark ist. Die müssen noch nichtmal irgend­ was sagen. Allein schon, wie sie gucken, wie sie sich bewe­ gen, wie sie da selbstverständ­ lich ihre Eier schaukelnd rum­ stehen, macht mich einfach ag­ gressiv und das empfinde ich als bedrohlich. Männlichkeit

ist ja auch einfach bedrohlich. Was ist denn Männlich­ keit für dich? Es gibt ja unterschiedliche Männlichkeiten. Die Männ­ lichkeit, die ich als sehr über­ griffig empfinde, besteht aus einem Set an Verhaltenswei­ sen. Wie gebe ich mich, wie benutze ich meine Stimme, wie bin ich sozialisiert? Wel­ che Anforderungen muss ich erfüllen? Wie gehe ich, wie stehe ich, wie kleide ich mich? Das gibt’s ja aber alles bei Weiblichkeiten auch. Auch da gibt es bestimmte Arten und Weisen, wie man sich kleidet etc.. Wieso kann das problematisch sein, oder wie du sagst:übergriffig? Problematisch ist das, weil

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Männlichkeit Im Gespräch Leo Anglerin wurde als Mädchen sozialisiert, will sich da aber heute nicht mehr so festlegen. Sie_er studiert in Göttingen Ge­ schlechterforschung und engagiert sich in emanzipatorisch­femi­ nistischen Zusammenhängen.

Männlichkeit sich eigentlich in jedem Amt. In jedem Mu­ und es geht ja auch nicht dar­ nur durch Abgrenzung gegen­ siktitel, der besingt, wie toll um, dass jetzt alle Rumche­ über etwas Schwächerem defi­ ein Typ ein „Baby“ und ein ckern sollen. Es geht darum, niert. Deswegen hat es für „Darling“ findet, was dann im­ die Grenzen aller zu wahren. mich etwas bedrohliches und mer weiblich konnotiert sein Wie kann man denn da­ auch immer etwas damit zu soll. Das schränkt mich in mei­ hin kommen, einen gende­ tun, fremde Grenzen nicht zu nen Erfahrungs­ und Hand­ runabhängigen Umgang sehen oder zu übergehen. Da­ lungsräumen sehr ein, weil miteinander zu finden, wo mit männliches Verhalten ich gelernt habe, immer als Herrschaftsverhältnisse übergriffig wird, müssen Objekt angesprochen zu wer­ einfach keine Rolle spielen? nichtmal offensiv körperliche den. Das begegnet mir über­ Klar ist es ein Ziel, dass Grenzen anderer überschrit­ all. Aber manchmal habe ich Geschlecht keine Rolle spie­ ten werden. Da reicht manch­ das Gefühl, dass bestimmte len sollte. Viel wichtiger ist mal schon die Selbstverständ­ Formen allgemein akzeptier­ aber, sich erstmal bewusst zu lichkeit aus, mit der männlich ter Männlichkeit bei linksgela­ machen, wo es überall eine sozialisierte Räume betreten belten Leuten eine größere Rolle spielt. Wir müssen an­ und sie sich aneignen. Das ist Rolle spielt, als anderswo. erkennen, dass das bei allen eines der Privilegien, die von Weiße Hautfarbe, heterosexu­ gesellschaftlichen Interaktio­ denen gar nicht als solche ge­ eller Macher mit instrumentel­ nen, und sei es an der Super­ sehen werden. lem Verhältnis zum eigenen marktkasse oder beim Bon­ Du argumentierst viel Körper. Bestimmte Politikfor­ bonverkäufer, eine Rolle über Äußer­ spielt. Sonst kommt »Problematisch ist das,weil Männlichkeit man immer so lichkeiten, bewertest al­ sich eigentlich nur durch Abgrenzung gegen­ leicht dahin zu sa­ so Menschen gen, Bevorteilung danach, wie über etwas Schwächerem definiert.Deswegen von Frauen sei se­ sie aussehen. xistisch, weil Ge­ hat es für mich etwas bedrohliches« Kann das schlecht ja keine denn eine emanzipatorische men ziehen sowas an. Rolle spielt. Herangehensweise sein? Du hast jetzt viel von Es gibt viele Wege. Ein Ne, das ist auf jeden Fall Männern und ihren Verhal­ Weg wäre, dass die, die in die­ nicht emanzipatorisch. Ich tensweisen gesprochen. Nun ser Gesellschaft an bestimm­ will in dem Sinne auch gar kei­ sind ja aber nicht alle Män­ ten Privilegien sitzen – und ne Menschen beurteilen. Es ner so und auch Frauen ver­ das sind einfach vor allem geht nicht um eine Bewertung körpern soetwas ja mitun­ weiße Männlichkeiten – dass vom äußerem Erscheinungs­ ter auch. Ist der Macker­ die sich überlegen, wo sie ihre bild, sondern um Kritik daran, Vorwurf nicht an sich sexis­ Männlichkeit überall als Zu­ wie viele männlich Soziali­ tisch, weil er Männern mutung erfahren. An welchen sierte ihren Körper als ande­ bestimmte Verhaltenswei­ Stellen sie vielleicht grenz­ ren überlegen, machtvoll und sen zuschreibt? überschreitend sind und was sehr viel Raum einnehmend Männlichkeit ist schon ein sie eigentlich für geschlecht­ inszenieren. Diese Personen Konstrukt, das erstmal von liche Erfahrungen gemacht haben ihren Körper so modifi­ Körpern und konkreten Perso­ haben. Sie müssen auch bereit ziert, dass klar ist, ihnen ist ein nen unabhängig gedacht wer­ sein, bestimmte Privilegien männlicher Körper wichtig, den kann. Aber als Jungen erstmal abzugeben, sonst der sich von schwächeren Kör­ wahrgenommene Kinder ler­ geht da einfach nix. pern abgrenzt. Die haben ihre nen eben ein bestimmtes Set Außerdem ist Empower­ Körper ja so aufgepustet, dass an Verhaltensweisen und ei­ ment von weiblich soziali­ sie schon auf eine bestimmte fern diesem Ideal der Männ­ sierten wichtig! Aber die Ver­ Art und Weise gehen und ste­ lichkeit nach. antwortung liegt erstmal pri­ hen müssen. Weibliche Sozialisation ist mär bei den Leuten, die an Wo begegnen dir denn eine ganz andere und wenn den Privilegien sitzen. Die diese Verhaltensweisen? weiblich sozialisierte Men­ müssen sich damit auseinan­ Triffst du sowas hauptsäch­ schen sich solcher Strategien dersetzen, und zwar auf eine lich in der Mainstream­Ge­ bedienen, um sich Räume zu selbstreflexive, konkrete Art sellschaft oder gibt’s das nehmen, geschieht das vor ei­ und Weise. auch in linken, vielleicht so­ nem vollkommen anderem Interview: gar explizit mackerkriti­ Hintergrund. Das kann für sie Benjamin Laufer schen Zusammenhängen? eine Aneignungsstrategie An jeder Straßenecke und sein. Ich find's auch nicht geil

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Was sind die größten Probleme für Betrof­ fene von sexualisierter Gewalt, wenn sie di­ rekt oder indirekt mit dem Thema an die Öf­ fentlichkeit gehen? Ganz allgemein kann man vielleicht sagen, dass Menschen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben, gesellschaftlich häufig immer noch nicht wirklich ernst genommen und ihre Erlebnisse angezweifelt werden. Oder aber ihnen wird eine Mitschuld an den erlebten Gewalttaten zuge­ schrieben. Es gibt auch oft eine Art Soforthilfe­ Haltung, die Betroffene z.B. zu einer Anzeige drängt ohne die oft sehr belastenden Folgen ei­ nes Gerichtsprozesses ­ von Anzeige, Ermittlun­ gen bis zum Gerichtsverfahren – für die Betrof­


Folgen sexualisierter Gewalt

Trauma ist ein Überlebensmechanismus Ob Strauss­Kahn oder Kachelmann – immer wieder gibt es öffentliche Diskussionen über sexualisierte Gewalt, Verdachtsmomente und Falschanschuldigungen. Im Fall Strauss­Kahn wurde sehr schnell das Bild des „Lebemannes“ in den Medien produziert. Hierbei geht das Thema Gewalt zunächst unter. Auf Grund der aktuellen Verhandlungen und weil gerade das Thema Definitionsmacht auf dem Antifee zentral ist, haben wir mit Ute Zillig vom Frauen­Notruf Göttingen über den gesellschaftlichen Umgang mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt gesprochen. fenen mit zu berücksichtigen. Gera­ de in Gerichtsprozessen steht die Glaubwürdigkeit der Opfer von se­ xualisierter Gewalt wieder im Vor­ dergrund, wie man gerade vor weni­ gen Wochen im Fall Kachelmann ge­ sehen hat. Dies kann aber für Betroffene extrem belastend und nie­ derschmetternd sein. Aber sollte man umgekehrt je­ manden verurteilen, nur auf Grund einer Aussage einer ande­ ren Person? Es gilt vor Gericht die Unschuldsvermutung, bis das Ge­ genteil bewiesen wird. Ist das Dei­

ner Meinung nach falsch? Dass vom rechtsstaatlichen Prin­ zip „Im Zweifel für den Angeklag­ ten“ ausgegangen wird, ist ja klar. Problematisch aber ist eben das Zu­ sammenschmeißen von grundver­ schiedenen Dingen: einvernehmli­ cher Sex welcher Coleur auch im­ mer auf der einen und sexualisierter Gewalt, dem Ausnutzen von Macht­ positionen und die Erniedrigung von Menschen, meist Frauen auf der anderen Seite. Ob Kachelmann oder Strauß­Kahn nun ständigAffären ha­ ben und ob sie sich damit für ihre Po­

sitionen eignen, wird seit Bekannt­ werden der Anschuldigungen weit häufiger diskutiert als z.B. die mög­ lichen Folgen einer versuchten Ver­ gewaltigung. In der Öffentlichkeit kommt die Perspektive der Betroffenen oft viel zu kurz. Der Vorwurf einer versuch­ ten Vergewaltigung, wird dann fast gar nicht mehr als solcher oder als Vorwurf eines sexuellen Übergriffs benannt. Sondern dann ist von Sex­ Crime, Sex Affäre, dem Fabel eines Mannes zu jüngeren Frauen die Re­ de. Frauenbewegung und Fachstel­ len zu sexualisierter Ge­ walt betonen seit Jahr­ zehnten, dass das Reden von Sex etwas anderes ist als das von sexualisierter Gewalt. Im Fall Kachel­ mann ging es haupt­ sächlich um die Glaub­ würdigkeit der Frau. Die Beweise seien nicht eindeutig und da­ mit stehe es Aussage ge­ gen Aussage. Wider­ sprüche in der Zeugen­ aussage und falsche Angaben über die Vor­ geschichte der Bezie­ hung werden hier zum zentralen Anhalts­ punkt, die angebliche Lügnerin zu überfüh­ ren. Nun ist Kachel­ mann genau wegen die­ ser Zweifel an der Aus­ sage der Frau frei gesprochen worden. Was ist von solchen Ar­ gumentationen zu hal­ ten? Tja, also für mich ist es nicht möglich zu

dem konkreten Fall wirklich etwas zu sagen. Klar ist, dass vermeintli­ che Lügen über den Verlauf der Tat auch die Folge einer Traumatisie­ rung sein können. Darum ging es ja in einzelnen Gutachten im Prozess. Was genau ist denn ein Trau­ ma und was sind die Folgen? Ein Trauma wird grundsätzlich erstmal von einer Extremsituation verursacht, auf die man nicht vorbe­ reitet ist und die alle Bewältigungs­ mechanismen überfordert. Beson­ ders dann, wenn es ­ aus welchem Grund auch immer ­ nicht gelingt, aus der Extremsituation zu fliehen oder sich irgendwie zu wehren. Dann erlebt die Person die Situation als traumatisch. Dann springt ein Überlebensmechanismus ein, da die Situation anders nicht zu ertra­ gen ist. Die menschliche Psyche kann in einer solchen Situation qua­ si abschalten, indem sie den Orga­ nismus in eine Art Lähmungszu­ stand versetzt. Die psychische Wahrnehmung ist dann abgetrennt von den körperlichen Erlebnissen. Dann ist kein Hilfeschreien, kein Weinen oder so mehr möglich. Durch diesen psychischen Prozess schaffen es Personen auch eigent­ lich nicht aushaltbare Situationen zu überstehen. Die gemachten Er­ fahrungen werden dann quasi an ei­ nem Ort im Gedächtnis abgespei­ chert, der dem Alltagsbewusstsein erstmal nicht zugänglich ist. Häufig können sie sich im Nachhinein zwar bruchstückhaft daran erinnern, was passiert ist, aber nicht daran, was sie dabei gefühlt, gedacht oder ge­ macht haben. Es gibt auch traumati­ sche Erlebnisse an die Menschen sich gar nicht erinnern können oder auch, dass Menschen einen Aus­ schnitt, ein Detail sehr präzise erin­

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Im Gespräch Ute Zillig hat in Göttingen Sozialwissenschaften und in Kassel So­ ziale Arbeit studiert. Sie ist Mitarbeiterin im Frauen­Notruf e.V. Göttin­ gen und dort hauptsächlich zuständig für die Kinder­ und Jugendbe­ ratung phoenix. Kontakt: Frauen­Notruf Göttingen 0551/44684 nern aber diese Erinnerung nicht zu­ ordnen können. Wobei natürlich nicht jede Erinnerungslücke auf ei­ ne traumatische Situation zurückzu­ führen ist. Und welche konkreten Ursa­ chen kann ein Trauma hervorru­ fen und was können die Folgen sein,neben Erinnerungslücken? Das können Ereignisse wie eine Naturkatastrophe oder Kriegserleb­ nisse sein. Ein Trauma kann ich auch durch den plötzlichen Tod ei­ nes nahestehenden Menschen erlei­ den. Wenn ein Mensch miterleben muss, wie Anderen Gewalt angetan wird oder aber wenn eine Person di­ rekt der Gewalt eines anderen Men­ schen ausgesetzt ist, also z.B. bei körperlicher Gewalt, bei sexualisier­ ten Übergriffen oder Vergewalti­ gung – all das sind mögliche Ursa­ chen für einTrauma. Was die Folgen angeht ist es wichtig zu wissen, dass das Erleben einer traumatischen Situation nicht immer zu lang anhaltenden Sympto­ men führen muss. Das kommt stark darauf an wie stabil die betroffene Person selbst ist, auf ihre allgemeine Lebenssituation aber auch auf die Reaktion des Umfelds. Typische Reaktionen auf ein trau­ matisches Erlebnis sind z.B. Kon­ zentrationsschwierigkeiten, das Wiedererleben von Teilen des Trau­ ma, Schreckhaftigkeit oder Alpträu­ me. Es kann auch sein, dass versucht wird, alle Reize, die an das Trauma erinnern zu vermeiden. Häufig ist auch, dass Betroffene ganz allge­ mein ihrer Wahrnehmung nicht mehr trauen, nicht nur bezogen auf die traumatische Situation. All diese

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Erlebens­ oder Verhaltensweisen sind – so sieht es die Psychotrauma­ tologie – normale Reaktionen auf ei­ ne unnormale Situation. Nicht alle, die sexualisierte Ge­ walt erfahren haben, sind traumati­ siert. Das hängt zum einen von der Tat selbst und eben ­ wie schon ge­ sagt ­ von sehr unterschiedlichen in­ dividuellen Faktoren ab, die nach solchen Erlebnissen zusammen wir­ ken. Wie kann man Traumata be­ handeln? Worin besteht die Ar­ beit von Beraterinnen im Frauen­ Notruf? Man kann vielleicht sagen, dass es zwei Ebenen gibt: Erstens ist die äußere Situation, also die Lebenssi­ tuation der Person enorm wichtig. Eine traumatisierte Person benötigt eine stabile Umwelt. Basale Dinge wie eine gute Wohnsituation und re­ gelmäßiges Essen. Aber auch den Kontakt zu wohl gesonnenen Men­ schen, Anerkennung und all solche Dinge. Oft geht es bei uns zunächst darum, die allgemeine Lebenssitua­ tion der Betroffenen zu betrachten und sie ggf. darin zu unterstützen, diese zu verändern. Zweitens geht es genauso darum, Betroffene darin zu unterstützen, z.B. mit Hilfe von speziellen Übungen belastende Erin­ nerungen oder plötzlich wiederkeh­ rende Gefühlslagen besser kontrol­ lieren zu können. Also neben der äu­ ßeren geht es auch um innere Stabilität. Es geht z.B. darum zu trai­ nieren, sich innerlich von extrem be­ lastenden Gedankenschleifen zu di­ stanzieren. Wir beraten auch in rechtlichen Fragen und schauen was im Einzel­

m genau diese Realität umzu­ drehen, herrscht bei uns auf dem Antifee Definitions­ macht. Das bedeutet hier konkret, dass Be­ troffene von Übergriffen nicht nach Details gefragt werden, bevor wir handeln. Wie wir dann handeln, richten wir nach der Betroffe­ nen selbst. Wir wollen einen Raum schaffen, in dem Grenzüberschreitungen keinen Platz haben, egal auf welcher Ebene sie stattfin­ den. Dabei muss es sich nicht gleich um eine Vergewaltigung handeln oder eine andere Gewalttat. Blöde Sprüche, Gesten und ande­ re mögliche Verhaltensweisen, die die Gren­ zen anderer Überschreiten, werden wir nicht dulden.

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fall der beste Weg für eine Betroffene ist. Das klingt alles nach sehr prakti­ scher Hilfestellung – gehen die therapeuti­ schen Behandlungen auf der psy­ chologischen Ebene nicht noch weiter? Im Frauen­Notruf machen wir nur in Ausnahmefällen eine Trauma­ therapie, viel häufiger vermitteln wir Betroffene, die eine machen möchten, an geeigneten Therapeu­ tinnen und Therapeuten weiter, von denen es leider viel zu wenig gibt. Ganz grob kann man sagen, dass es in einer Traumatherapie darum geht, die teilweise abgespaltene trau­ matische Erinnerung in das biogra­ phische Gedächtnis zu integrieren. Ziel ist es, dass die Erinnerung an das traumatische Ereignis eine zwar weiterhin sehr belastende Erinne­ rung, aber doch eine Erinnerung ne­ ben vielen anderen wird und die Be­ troffenen wieder mehr Kontrolle über ihre Gefühlslagen und ihr Le­ ben ganz allgemein erhalten. Wie kann man den Betroffe­ nen als "Mitmensch" helfen? Und was sollte man besser gerade nicht tun, auch wenn es gut ge­ meint ist? Die Bedürfnisse der Betroffenen sollten im Zentrum aller Akti­ vitä­ ten stehen. Ohne sorgfältige Rücksprache sollte man also z.B. nicht vor­ schnell die Polizei ru­ fen oder andere einwei­ hen. Wichtig ist gleich­

zeitig, Betroffene nicht auf das „Opfersein“ zu reduzieren. Neben der erfahrenen Gewalt gibt es viele, viele andere Dinge, die eine Person ausmachen. Als soziales Umfeld gilt grund­ sätzlich, die Erlebnisse der Betrof­ fenen erstmal nicht in Frage zu stel­ len, nicht auf Details in der Erzäh­ lung zu drängen und überhaupt nur so viel darüber zu sprechen, wie die Betroffene bereit ist zu erzählen. Was von ihr als Grenzüberschrei­ tung empfunden wird, ist ihre Sa­ che. Für UnterstützerInnen ist es aber auch immens wichtig, auch verant­ wortlich mit den eigenen Grenzen umzugehen. Mit einem wohlwol­ lenden aber völlig überforderten Unterstützungssystem ist am Ende keiner geholfen. UnterstützerInnen können sich z.B. auch in Beratungs­ stellen wie dem Frauen­Notruf als Bezugspersonen beraten lassen. Interview: Helene Buchholz

Antisexistische Praxis beim Antifee

Definitionsmacht Dabei geht es uns erstmal (noch) nicht um eine Bestrafung eines möglichen Täters, son­ dern in erster Linie darum schnell einen Frei­ raum für Frauen zu schaffen. Hier wird ein­ fach erstmal das Wohlbefinden einer Betrof­ fenen über das eines Typen gestellt. Ob er dann eine Bestrafung verdient hat, wollen wir erstmal gar nicht entscheiden. Wir bieten zunächst einen Rückzugsort für Betroffene und bei Bedarf Ansprechperso­ nen, mit denen gemeinsam in Ruhe das weite­

re Vorgehen besprochen werden kann. Die Konsequenzen können von einer „diskreten“ Ansprache an die Person die übergriffig ge­ worden ist, hin zu einem öffentlichen Raus­ schmiss reichen, von einer einmaligen Ansa­ ge bis hin zu einem Prozess, der sich über das Antifee hinaus mit Täter, Betroffenen und deren Umfeld auseinandersetzt. Antifee Plenum


Sexualisierte Gewalt

Trauma nach sexualisierter Gewalt

Die Angst, ihn zu treffen Betroffene sexualisierter Gewalt haben nach erfahrenen Übergriffen oft jahrelang mit den psychischen Folgen zu kämpfen. Die Täter können meist auf die Unterstützung ihres Umfeldes zählen. Wir sprachen mit Maja* aus Göttingen, der genau das passiert ist, über ihre Erfahrungen.

Du hast vor längerer Zeit sexualisierte Gewalt erfah­ ren. Ist es in einer so über­ schaubaren Stadt wie Göttin­ gen nicht äußerst schwierig, seinem Peiniger aus dem Weg zu gehen? Ja, ist es. Ich kannte ja den Täter und weiß, wo er so hin­ geht. Diese Räume habe ich dann erstmal gemieden. Hin und wieder treffe ich ihn in der Stadt, das lässt sich leider nicht vermeiden. Das sind dann aber auch nur kurzeAugenblicke. Du bist also durchaus in deinerBewegungsfreiheitein­ geschränkt, seit das damals passiert ist? Auf jeden Fall. Ich habe mein Leben danach aus­ gerichtet nur dort hin zu gehen, wo die Chance, ihn zu treffen, gering ist. Was passiert denn mit dir, wenn du ihm begegnest? Da gibt’s unterschiedliche Phasen, je nachdem, wie es mir gerade geht. Ganz am Anfang bin ich erstarrt. Das kann man sich so vorstellen, dass ich mich zwar weiter bewegt, aber innerlich abgeschaltet habe. Ich habe nichts mehr gefühlt und hatte einenTunnelblick, ha­ be also nur noch wahrgenom­ men, wo er gerade ist und was er tut. Ich habe aber auch nicht mehr gefühlt, dass ich Angst hatte, weil das so eine krasse Bedrohung war. *) Name geändert

Und wie ging es dir bei Be­ gegnungen, als das Geschehe­ ne schon weiter zurück lag? Mir wurde geholfen, Schutzräume zu schaffen. Also Plätze, wo ich hingehen konn­ te, ohne das ich ihm begegne, egal wann. Das war ein wichti­ ger Punkt. Nachdem das pas­ siert war und ich in meiner The­ rapie viel an mir gearbeitet hat­ te, ging dieses Erstarren über in ein Gefühl von Wut und Trauer. Dann ging so eine Spirale los und ich kam aus diesen Gefüh­ len nicht mehr raus, weil ich nicht damit umgehen konnte. Im Endeffekt hat das wieder da­ zu geführt, dass ich erstarrt bin, nur nicht mehr so schnell und in dem Moment der Begeg­ nung. Ich habe die Hoffnung, dass dieses Erstarren irgend­ wann nicht mehr passiert und ich mit der Wut umgehen kann, wenn sie kommt. Du hast von Schutzräu­ men gesprochen. Was genau sind das denn für Räume? Er hat ein Hausverbot in drei linken Läden bekommen und ihm wurde auch gesagt, er soll sich von mir fern halten. Und dass er die Fresse halten, also mit niemandem über den Vorfall reden soll. Was genau bedeutet es denn für dich, dass es diese Räume gibt? Warum ist es so wichtig, dass es diese Haus­ verbote gibt? Ich habe damals faktisch das Haus nicht mehr verlassen. Ständig hatte ich Angst, ihn zu treffen. Zu wissen, dass ich zwei, drei Räume habe, wo ich hingehen kann, ohne ihn zu se­

hen, hat dazu geführt, dass ich mich wieder getraut habe, das Haus zu verlassen. Also Räu­ me, wo klar ist: ich kann da sit­ zen, ohne dass ich daran erin­ nert werde, ohne dass ich erstar­ re, ohne dass ich Angst kriege, ohne dass ich in meinem Kopf durchlebe, was damals passiert ist. Reagierst du denn nur auf den Täter so, wie du es be­ schrieben hast, oder trifft das auch auf Täterschützer zu? Also Leute, die sich in der Auseinandersetzung mit ihm solidarisiert haben? Die Leute aus seinem Um­ feld waren der Meinung, ich müsse mal wieder klar kom­ men und es wäre ja gar nichts Schlimmes passiert. Das hat für mich diese Traumatisie­ rung und die Ohnmacht noch viel schlimmer gemacht. Da wurde Druck aufgebaut und ich wurde sogar bedroht. Ob­ wohl ich ja diejenige bin, der es schlecht geht und ich gar keine Verantwortung trage. Das hat dann dazu geführt, dass ich vor denen auch Angst bekommen habe. Diese Spirale, von der ich schon erzählt habe, in der ich das Geschehene noch ein­ mal erlebe, ist dann bei denen auch aufgetreten. Allerdings nicht bei allen aus dem Um­ feld, das kommt immer darauf an, wie sich die Person mir ge­ genüber verhalten hat. Hat es dir in deiner Situati­ on geholfen, dass du Leute um dich herum hattest, die das Konzept der Definitions­ macht vertreten? Das hat mir auf jeden Fall

weiter geholfen. Da waren we­ nigstens ein paar Leute da, die mich ernst genommen haben. Die haben erst einmal akzep­ tiert, dass es mir nicht gut geht und das war dann die Basis für ihr Handeln. Ich musste mich bei denen nicht rechtfertigen, sondern bekam Hilfe angebo­ ten. Das funktioniert nur, wenn ich denen nicht erzählen muss, was passiert ist, weil es für mich ohnehin schon schlimm genug ist. Ohne diese Men­ schen hätte ich mir auch die Schutzräume gar nicht schaf­ fen können. Was würdest du denn ei­ ner Betroffenen raten, die selber eine solche Erfahrung gemacht, aber vielleicht nicht so ein Definitions­ machtsensibles Umfeld hat? Sie sollte sich eine Freun­ din suchen, der sie vertrauen kann, die ihr glaubt und die sie unterstützt. Eine einzige Per­ son. Und dann Hilfe holen, zum Beispiel beim Frauennot­ ruf. Später würde ich empfeh­ len, Leute zu suchen, die das Konzept der Definitionsmacht kennen und mit denen zusam­ men Räume erkämpfen. Auch eine psychologische Therapie kann ich empfehlen. Interview: Benjamin Laufer

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Antifa & Männlichkeit

Keine antipatriarchale Note „Antifa heißt Angriff“ ­ wie oft liest man diesen Satz an Hauswänden, Mauern oder Bahnübergängen. Der Satz setzt auf Drohung und Aggression. Gewalt ist aber häufig mit männlichem Dominanzverhalten verbunden. Aber ist das wirklich immer das Ziel von antifaschistischer Arbeit? Kim Geisel von der autonomen Antifa Neukölln, sieht noch einen anderen Schwerpunkt in antifaschistischer Praxis. Darüber haben wir gesprochen.

Kim,ihr habt im vergangenen Jahr einen Workshop zu Antifa und Mackertum auf demAntifee angeboten. Könntest du zu aller­ erst mal erklären, was einen Ma­ cker für dich ausmacht, bzw. was Mackertum für dich bedeutet? Also, ein Macker, und da würde ich erstmal von „Typen“ sprechen, ist jemand der nicht fähig dazu ist, seine Privilegien zu hinterfragen und einen solidarischen Umgang

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mit den Menschen um ihn herum zu entwickeln. Jemand, dem im Zweifelsfall seine männliche Iden­ tität wichtiger ist als das Wohlbe­ finden der Leute um ihn herum. Je­ mand der Männlichkeit so ver­ steht, dass er möglichst dominant auftreten und möglichst viel Raum einnehmen muss. Wann habt ihr als Gruppe an­ gefangen euch mit dem Thema auseinanderzusetzen und

warum überhaupt? In der Gruppe gibt es eigentlich einen ziemlich intensiven Prozess mit dem Thema seit ihrer Grün­ dung. Und da gerade Antifa­ Strukturen ja nicht unbedingt be­ kannt sind für ihr „Awareness­Ver­ hältnis („awareness“: Bewusst­ sein, Aufmerksamkeit, Gewahrsein; Anmerkung d. Red.“) zu feministischen Praxen, wollten wir eben ein paar Dinge


Linke Männlichkeiten

anders machen. Antifa hat so ein bisschen das Problem, dass sie sich meist gegen Na­ zis engagiert und Nazis ein­ fach ein äußerst sich viril („vi­ ril“: männlich; Anmerkung d. Red.) gebärdendes Gegen­ über darstellen. In diesem Kontext scheint sich die Anti­ fa zwangsläufig ein Stück weit auf die Ebene der Nazis zu begeben, was in diesem Zu­ sammenhang bedeutet, ähn­ lich dominant aufzutreten. Antifa hat bis heute kaum We­ ge gefunden, dem Antinazi­ kampf auch gleichzeitig eine antipatriarchale Note zu ver­ leihen, geschweige denn eine kontinuierliche Auseinander­ setzung über genau diese Pro­ blematik zu entwickeln. Da­ bei kann es doch nicht so schwer sein (Queer­)Feminis­ mus1 alsantifaschistischePra­ xis zu erkennen. Eben nicht Verhaltensweisen der Nazis, sprich Ausschlüsse darüber zu bilden, wer welche ge­ schlechtlichen Merkmale auf­ weist, zu reproduzieren, son­ dern Stärke darüber zu erlan­ gen, Ausschlüsse zu vermeiden und den Nazis so­ mit eine wirkliche Solidarität entgegenzustellen. Und wie sieht dann die­ serWorkshop konkret aus? Vermitteln wollen wir zu­ nächst mal eine Sensibilisie­ rung innerhalb von Antifa­ Strukturen, innerhalb von Gruppen, für das Thema. Wir wollen einen möglichst soli­ darischen Umgang innerhalb von Gruppenstrukturen Vor­ schub leisten in dem es nicht mal wieder an der „gender­ Frage“ („gender“: engl. Be­ zeichnung für das so genann­ te „psychische Geschlecht“ im Gegensatz zu „sex“,

biolog. Geschlecht. Anmer­ kung d. Red.) hapert. Der Workshop sieht meist so aus, dass es einen Vortrags­ teil gibt zu „hegemonialer Männlichkeit“ („hegemoni­ al“: vorherrschend, überle­ gen; Anmerkung d. Red.). Das wird am Beispiel von Connell2 gemacht, die ver­ sucht hat zu erklären, wie sich Männlichkeiten produ­ zieren. Um männlich domi­ nierte Gruppenstrukturen ­ was Antifazusammenhänge meistens sind ­ zu beleuchten ist das analytisch sehr hilf­ reich. Dann gibt es einen In­ put zu Definitionsmacht3, da aus unserer Sicht die Praxis immer wieder zeigt, dass wenn es innerhalb von Grup­ pen zu Übergriffen kommt, al­ le vor einem riesigen Frage­ zeichen stehen. Viele glau­ ben auf der richtigen Seite zu stehen, aber letztlich zeigt die Praxis, dass ­ auch wenn oft­ mals anders behauptet ­ den Betroffenen am wenigsten So­ lidarität entgegengebracht wird. Dass es darüber hinaus erst eine Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt4 gibt, wenn ein Vorfall öffent­ lich gemacht wird, ist ein Ar­ mutszeugnis für sich als emanzipatorisch verstehende Menschen. Wir wollen die Auseinandersetzung darüber deswegen zu einer gängigen Praxis machen. Danach kommen ein paar Beispieltexte die in Gruppen­ arbeit behandelt und danach gemeinsam diskutiert wer­ den. Darüber entwickeln sich meist Diskussionen. Wir se­ hen es dabei als unsere Aufga­ be, innerhalb dieser Struktur bzw. innerhalb des Raumes in dem wir den Workshop statt­

finden lassen, eine Ge­ sprächsatmosphäre zu schaf­ fen, in der sich die Leute wirklich damit auseinander­ setzen können – auch kritisch den anderen gegenüber. Wir treten dann eher als Modera­ torinnen oder Vermittlerin­ nen auf. Und arbeitet ihr weiter an dem Thema oder ist das erstmal erledigt? Ich glaub das müssen wir! Sexismus ist nichts monoli­ thisches („monolithisch“: einheitlich, geschlossen; An­ merkung d. Red.), sondern findet immer wieder neue Möglichkeiten des Aus­ drucks. Klar, auch in Antifa­ Strukturen tut sich ja so eini­ ges. In den letzten Jahren gibt es ja vermehrt Gruppen, sie sich mit Queer­feministi­ schen Themen auseinander­ setzen. Ich wünsche den Teil­ nehmer*innen des Antifees auf jeden Fall ein schönes Festival und hoffe dass sich unter anderem über das Festi­ val ein genderreflektieren­ der, solidarischer Austausch entwickelt! Interview: Helene Buchholz http://antifa­neukoelln.de.vu autonome_neukoellner_antifa @riseup.net

1) „Queer“: Die „Queer­Theory“ stellt grundlegend die Existenz eines biologischen Geschlechts in Frage, was nicht zwangsläufig in feminisitischen Kreisen Standard ist. Sie be­ schreibt Geschlecht imAllgemeinen als soziale Konstruktion. Daraus ergeben sich diverse Queere­Praxen.Aber auch Kategorisierungen wie „Lesbisch“, „Schwul“, „Bi­Trans­ und In­ tersexuell“ wollenVertreter*innen der „Queer­Theory“ aufbrechen;Anmerkung d. Red. 2) Raewyn Connell ist eine transsexuelle australische Soziologin, die sich kritisch mit Kultur, Medien und politischer Herrschaft be­ schäftigt und sich zunehmend auf Geschlech­ terforschung spezialisiert hat. Raewyn Connell ist Professorin für Erziehungswissenschaft an der Universität von Sydney. Sie ist eine der be­ deutendstenWissenschaftlerinnen auf dem Ge­ biet der „kritischen Männerforschung nach Raewyn Connell“. Sie hat einen emanzipatori­ schenAnsatz und verwendetTheorien und Kon­ zepte der feministischen Geschlechterfor­ schung, um die Situation von Männern in unse­ rer Gesellschaft zu analysieren. Ihr bekanntestes Forschungsergebnis ist das Kon­ zept einer hegemonialen Männlichkeit. ( Quel­ le: http://de.wikipedia.org/wiki/Raewyn_­ Connell) 3) „Definitionsmacht“ ist ein Gegenkon­ zept zum allgemein gesellschaftlichen Umgang mit sexualisierter Gewalt, Übergriffen und Grenzüberschreitungen. Sie wird in diesem Heft auf Seite 12 ausführlich beschrieben;An­ merkung d. Red. 4) „Sexualisierte Gewalt“ ist eine Form von Gewalt, die sich hauptsächlich gegen Frau­ en und Mädchen richtet. Es handelt sich um ei­ ne Form geschlechtsspezifischer Diskriminie­ rung, bei der es in erster Linie um Machtmiss­ brauch geht. Der Begriff "sexualisiert" bedeutet, dass sexuelle Handlungen dazu in­ strumentalisiert werden, Gewalt und Macht auszuüben. Sie kann verbal oder körperlicher Art sein oder beides. Sie fängt bei anzüglichen und aufdringlichen Blicken an, schmutzigen Kommentaren oderWitzen, Bemerkungen über dasAussehen, sexuell herabwürdigende Gesten und kann auch unerwünschte körperliche Nähe oder Berührungen sowieAufforderung zu sexu­ ellen Handlungen sein, Stalking, sexuelle Nöti­ gung oderVergewaltigung. Der gemeinsame Aspekt dieser sexualsierten Gewalthandlungen ist, dass sie gegen denWillen der einzelnen be­ troffenen Frauen vollzogen werden. ( Quelle: http://www.nofra.de/fuer_wen)

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Migrationspolitik

Das Wachhundregime der EU Die Revolution in Nordafrika fand zu Beginn diesen Jahres auch in den deutschen Medien große Beachtung. Wie selbstverständlich waren die Medien auf der Seite der Demonstranten und stellten die Ereignisse als positive Entwicklung für die Demokratie weltweit dar. Aber als in Tunesien und Ägypten die Machthaber gestürzt waren, waren auch die Medien wieder weg. Dass die Europäische Union zuvor mit den Diktatoren kooperierte, fand nur am Rande Erwähnung und Flüchtlinge wurden an den europäischen Grenzen abgewiesen. Wie es wirklich mit der europäischen Unterstütztung für die nordafrikanischen Sozialbewegungen steht, darüber haben wir mit Hagen Kopp von „kein mensch ist illegal“ gesprochen.

Im Augenblick kommen sehr viele Flüchtlinge von Nord­ afrika nach Europa – kannst Du kurz die aktuelle Situation beschreiben? Im Moment versuchen viele Flüchtlinge per Boot in Lampedu­ sa zu landen. Ganz aktuell ist die Situation so, dass es zum Bei­ spiel von Libyen aus der Bürger­ kriegssituation heraus zwar mög­ lich ist auf Boote zu kommen, aber die sind überfüllt und da pas­ siert es immer wieder, dass Boote verunglücken und viele, viele Menschen untergehen. Und das obwohl sowohl Militärschiffe, als auch Frontex, als auch der ita­ lienische Grenzschutz dort pa­ troullieren und das mitkriegen. Es gibt immer wieder neue Be­ richte, wie gerade im Spiegel „Logbuch des Todes“, darüber, wie zugeguckt wird wie die Leu­ te ertrinken oder auf dem Meer verdursten, weil sie kein Wasser mehr haben. Warum kommen gerade im Augenblick so viel mehr Flücht­ linge nach Europa, als vor der „Revolution“ im Nahen Osten? Hintergrund ist, dass das

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„Wachhundregime“ ­ so würde ich das mal bezeichnen ­ zusam­ mengebrochen ist. Die EU hat in den letzten Jahren die dortigen Despoten dazu aufgefordert, die subsaharischen Flüchtlinge, die auf ihrem Weg nach Europa durch die nordafrikanischen Staaten durch müssen, an ihren Küsten oder bereits an den Wüs­ tengrenzen aufzuhalten. Die EU hat dafür Millionen gezahlt, dass entsprechende Ausrüstung an Gaddafi und Ben Ali geliefert worden ist. Das ist gerade zu­ sammengebrochen und in dieser prekären Situation versuchen sich viele durchzuschlagen. Vor ein paar Wochen ging es vor al­ lem um TunesierInnen, die im Laufe der Revolution den Um­ bruch genutzt haben und sagen, wir wollen auch nach Europa, wir haben Verwandte oder Be­ kannte dort; wir nutzen die Si­ tuation dass dieses Grenzregime zusammengebrochen ist und gu­ cken ob wir da bessere Einkom­ mensmöglichkeiten finden kön­ nen. Das war eine erste Welle, im Moment geht es aber viel mehr um TransitmigrantInnen, die in


Festung Europa

den überfüllten Booten sind. Und welches Interesse haben die nordafrikanischen Diktato­ ren daran gehabt, sich in dieser Form für Europa einzusetzen? Das war sowohl in Tunesien als auch in Libyen so, dass das Interesse war,Wirtschaftsverträgeabzuschlie­ ßen und das Regime stabil zu halten. Man hat ja jetzt gesehen, auf welch tönernen Füßen das Regime sowohl in Libyen als auch in Tunesien und Ägypten stand. Es war der Versuch, wirtschaftliche Verbindungen auf­ recht zu erhalten. Bis 2004 war Gad­ dafi völlig sanktioniert und isoliert, und seit dem das aufgebrochen wur­ de war immer die Migrationskon­ trolle einer der Schwerpunkte bei den Verhandlungen mit der EU. Und es war zum Beispiel die europäische Grenzschutzagentur Frontex, die 2007 mit einer Delegation nach Li­ byen gereist ist und versucht hat die Kollaboration immer weiter auszu­ dehnen. Also über die Bereitstel­ lung und Finanzierung von Grenz­ überwachungstechnologien, bis hin zu unmittelbaren Polizeiabkommen mit dem Gaddafiregime abzuschlie­ ßen und die in Frontexoperationen einzubeziehen. Oft werden die Flüchtlinge in Wirtschafts­ und Kriegsflüchtlin­ ge unterteilt und dann argumen­ tiert, dass die Wirtschaftsflücht­ linge aus Nordafrika eigentlich keinen Grund zur Flucht hätten, es müssten „nur“ Perspektive vor Ort geschaffen werden. Ist diese Unterteilung deiner Meinung nach sinnvoll? Ich finde dass eine rigide Tren­ nung dieser unterschiedlichen Moti­ ve für Flucht und Migration sinnlos ist. Die Gründe verschwimmen na­ türlich. Da sind zum einen Somalis, die aus einem Bürgerkriegsland kom­ men und gar keine Möglichkeit ha­ ben zurück zu gehen, die auch in Eu­ ropa in fast allen Ländern einen Auf­ enthaltsstatus bekommen würden, weil sie gar nicht abgeschoben wer­

den können. Es sind aber auch Leute aus Nigeria oder Mali dabei, die aus einer hoch­ komplexen, poli­ tisch­ökonomi­ schen Elendssi­ tuation fliehen, wo es zum einen um Einkommen und Perspektiven geht, oder wo es um Kli­ mawandel geht. Sind das Wirt­ schafts­ oder poli­ tische Flüchtlin­ ge? Da kann man drüber streiten. Es Foto: © 2009 Mia Wismiati (mywordplay.wordpress.com) ist doch klar, dass die Hintergründe für Flucht und Mi­ es ist längst noch nicht entschieden, gration sehr komplex sind und ich wo der Prozess hin führt. Es ist in bin der Meinung, dass alle diese den letzten Monaten immer wieder Gründe respektiert werden müssen. gelungen, Übergangsregierungen Wir sind für den Klimawandel ver­ die mit dem alten Regime verhaftet antwortlich, wir sind auch dafür ver­ waren, auch wieder zu vertreiben. antwortlich dass die Meere leer ge­ Das sind sehr spannende und hoff­ fischt werden, also gibt es vielfälti­ nungsvolle Entwicklungen, es gibt ge Gründe, warum Flüchtlinge ein aber auch Prozesse, die mit Fragezei­ besseres Leben, Schutz und Sicher­ chen versehen sind. Jetzt ist zum Bei­ heit von Europa fordern können. spiel die Frage, wie viele Stimmen Wie ist denn gerade die Situati­ zum Beispiel die Islamistische Par­ on in den nordafrikanischen Staa­ tei bei den bevorstehenden Wahlen ten, in denen der Umbruch begon­ bekommt. Auch die Erfahrung, die nen hat – gibt es da im Augenblick wir in Tunesien machen mussten, reelle Chancen auf eine grundle­ als es bei einer Demonstration zu ras­ gende Verbesserung der Lebenssi­ sistischen Übergriffen auf ein tuation für die Bevölkerung? Flüchtlingslager an der libyschen Wir sind ja gerade in Tunesien ge­ Grenze kam, in dem sich hauptsäch­ wesen und unser Eindruck war zu­ lich subsaharische Flüchtlinge auf­ mindest, dass es eine sehr offene Si­ gehalten haben. TunesierInnen sind tuation ist. Die Demokratiebewe­ gemeinsam mit dem Militär gegen gung ist nachwievor sehr stark, aber das Lager vorgegangen, wobei es

auch zu Todesfällen kam. Es ist also eine komplexe Situation, nicht nur in Tunesien, sondern auch in Ägyp­ ten und in Libyen durch den Bürger­ krieg wahrscheinlich noch mehr. Die Frage ist jetzt, ob es der EU gelingen wird, dort wieder so ein „Wachhundregime“ zu installieren, oder ob es mit den Menschen dort vor Ort möglich ist ­ also mit den TunesierInnen, den LibyerInnen, den TransitmigrantInnen – zu ver­ hindern dass sowas erneut aufge­ baut wird und einen Bruch zu voll­ ziehen mit diesem mörderischen Grenzregime, was zu so vielen To­ ten auf See oder in der Wüste ge­ führt hat. Interview: Helene Buchholz

Im Gespräch Hagen Kopp beschäftigt sich bereits seit Ende der 80er Jahre mit Antiras­ sismus und Migration. Er gehört zu den Mitbegründern des bundesweiten Netzwerks „kein mensch ist illegal“, das sich unter anderem gegen die Krimi­ nialisierung der „Sans papiers“ (Papierlosen) stellte. Zuletzt war er vor einigen Wochen mit einer Delegation in Tunesien, um sich die aktuelle Lage der Revo­ lutionäre und Flüchtlinge anzusehen.

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Totalitarismustheorie

Extremismus gibt es nicht! Im Gespräch Wolfgang Wippermann ist Historiker und Kritiker der Totalitarismustheorie, die Kommunismus und Faschis­ mus gleichsetzt. 1997 erschien sein Buch „Totalitaris­ mustheorien“. Er hat in Göttingen und Marburg studiert und ist heute Professor an der Freien Universität Berlin. Bianca Klose hat bis 1999 in Göttingen Politik und Germanistik studiert. 2001 gründete sie in Berlin die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus. Sie gilt als Berlins „Vorzeigestreiterin gegen Neonazis“

Mit dem Extremismusbegriff und der dahinter stehenden Totalitarismustheorie machen insbesondere Konservative gerne Stimmung gegen emanzipatorische Politik. Die Gleichsetzung von links und rechts ist ihm ebenso inhärent wie die Vorstellung, es gebe eine „gute“ Mitte der Gesellschaft, die von angeblichen Rändern ihrerselbst bedroht wird. Eine gefährliche Herangehensweise, findet der Historiker Wolfgang Wippermann.

HerrWippermann, sie behaup­ che Instanz haben kann? bau der Demokratie von oben, also Jesse und anderen informellen Mit­ ten ja, der Extremismus­Begriff Ja, aber dann muss man sehen, historisch gesehen im Faschismus arbeitern des Verfassungsschutzes sei eine Erfindung des Verfas­ wer sie sonst noch abschaffen will. von oben, und in fundamentalisti­ gewissermaßen indoktriniert. Das sungsschutzes. Das hört sich ein Die Gefahren kommen heute nicht schen Bestrebungen und fundamen­ erinnert mich immer an die Hexen­ bisschen nach Verschwörungs­ von irgendwelchen extremistischen talistisch­faschistischen Parteien. verfolgung: Hexen gab es auch theorie an. Wie kommen Sie denn Rändern, sondern von oben und aus Würden Sie denn sagen, dass nicht, aber die Hexenforscher haben darauf? der Mitte der Gesellschaft. Das ist man den Begriff des Extremismus sie schlichtweg erfunden. Das ist keine Verschwörungs­ der Rassismus, Antisemitismus und nicht mehr benutzen sollte? Gerade gibt es ja eine Debatte theorie, sondern das ist die Wahr­ Antiziganismus. In Zahlen gibt es Nein um Gottes Willen, den soll über einen angeblich ausufern­ heit. Der Verfassungsschutz hat mit 20% Antisemiten und bis 68% Anti­ man nicht mehr benutzen! Auch den den Antisemitismus in der Links­ inoffiziellen und offiziellen Mitar­ ziganisten in der Bevölkerung. Die­ Begriff des Rechtsextremismus partei. Ist das nicht einerseits eine beitern diesen Begriff geprägt. Er se Gefahren werden nicht gesehen nicht. Wer diesen Begriff benutzt Bestätigung dieser Hufeisenthese hat ihn in der Forschung, der Lehre und das ist das Problematische dar­ und dagegen kämpft, zieht automa­ und wird diese Debatte nicht den und in der politischen Praxis durch­ an. tisch den Verdacht auf sich, linksex­ Extremismus­Ansatz beflügeln? gesetzt. Gerne wird in der Debatte ja tremistisch zu sein. Hoffentlich nicht. In der Tat gibt Und warum sollte der Verfas­ auch Bezug auf die Weimarer Re­ Was hätten Sie denn für Alter­ es diese Debatte, aber sie ist ein gu­ sungsschutz so etwas tun? publik genommen, die angeblich nativvorschläge? Der Begriff bie­ tes Beispiel dafür, dass es Antisemi­ Sie geben vor, die Demokratie von linken und rechten Extremis­ tet sich ja oft an, weil er so ein Sam­ tismus nicht nur an den rechten und verteidigen zu wollen. Statt­ linken Rändern gibt, sondern dessen gefährden sie die De­ »Die Gefahren kommen heute nicht von irgendwelchen extremisti­ auch in der Mitte. Die Gefahr mokratie. Das ist ein hochpro­ des Antisemitismus wird mit schen Rändern,sondern von oben und aus der Mitte der Gesellschaft. dem Extremismus­Begriff in blematisches Verfahren und von der Verfassung nicht ge­ keiner Weise erfasst. Das ist Das ist der Rassismus,Antisemitismus und Antiziganismus.« deckt. Extremismus und Radi­ ein großes Problem. kalismus tauchen nicht in der Verfas­ ten zersetzt worden sei. melbegriff für alles ist, was sich da Diese Ideologie des Extremis­ sung auf. Sie sind keine Rechtsbe­ Das ist einfach falsch. Die Wei­ so tummelt... mus­Begriffs ist ja in jüngster griffe, sondern sind gewissermaßen marer Republik ist von oben und aus Für alles, was sich da so tum­ Zeit durch die Bundesfamilien­ hinein geschmuggelt worden. Diese der Mitte der Gesellschaft zerstört melt, das ist richtig. Dann soll man ministerin stark angeschoben Begriffe dienen dazu, demokrati­ worden. Und das ist auch heute die sagen, was es ist: Faschismus. Fa­ worden. Was schätzen Sie denn, sche Rechte abzubauen und Leute Gefahr! schismus gab und gibt es, Extremis­ wie das weiter geht? mundtot zu machen, wie das jetzt Welche konkreten Gefahren se­ mus gab und gibt es nicht. Das ist ein­ Es geht nicht weiter, sondern es vor Allem auch durch den Schröder­ hen Sie denn da? Wenn ich mir fach ein Konstrukt. Eine Erfindung geht zurück. Wir haben einen neuen Erlass passiert ist. den so genannten rechten Rand von Politologen und wie gesagt Ver­ McCarthyismus, der größten und Grundsätzlich sagt der Verfas­ der Gesellschaft ansehe, geht von fassungsschützern. Dem liegt die noch schlimmeren Variante. Wenn sungsschutz ja, durch die Be­ dort ja definitiv auch eine Gefahr Suggestion zu Grunde, dass alles in man jetzt jederzeit versichern muss, kämpfung des so genannten Extre­ aus. einem Halbkreis angeordnet ist und dass für den Extremismus­Begriff mismus die freiheitlich­demokra­ Ja, zweifellos. Natürlich soll die linken und rechten Ränder sich ist und auf dem Boden der freiheit­ tische Grundordnung verteidigen man die NPD bekämpfen, aber das angleichen würden zu einem Hufei­ lich­demokratischen Grundord­ zu wollen. Ist das nicht ein legiti­ ist nicht die größte Gefahr. Ich sehe sen. Das ist Schwachsinn, aber die­ nung steht, sogar Referenten beim mes Interesse, was so eine staatli­ die Gefahr heute mehr in dem Ab­ ser Schwachsinn wird von Eckhardt Verfassungsschutz anzeigen muss,

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Totalitarismustheorie

Extremismusklausel

„Unangemessen und antidemokratisch“ Das Bundesfamilienministerium verlangt seit Kurzem von seinen Zuwendungsempfänger_innen die Überprüfung ihrer Partner_innen auf Verfassungstreue. Antirassistische Initiativen und Opferberatungsstellen laufen Sturm gegen die so genannte Extremismusklausel. Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) in Berlin erklärt, warum die ihre Arbeit behindert.

dann ist das Orwell hoch drei! Man muss wirklich mal sagen, was hier pas­ siert. Das ist ein Eingriff in die Frei­ heit der Forschung und die Freiheit der Lehre. Überall to­ ben jetzt auch diese Verfassungsschüt­ zer herum und be­ zeichnen sich als Demokratielotsen. Die knebeln die freiheitliche Dis­ kussion und ma­ chen die mundtot, die sich ehrenamt­ lich gegen Faschis­ mus engagieren. Auch die werden in die linksextreme Ecke getrieben und mundtot gemacht. Was ist denn hier los in diesem Staat? Das ist nun wirklich noch mehr als Mc­ Carthyismus und es regt mich wirklich maßlos auf. Aber es protestiert niemand dagegen. Interview: Benjamin Laufer

Du arbeitest bei der Mobilen Be­ ratung gegen Rechtsextremismus Berlin. Wie sieht eure Arbeit genau aus und warum ist die wichtig? Die Mobile Beratung gegen Rechts­ extremismus Berlin existiert seit 2001 und unserAnsatz ist es, Hilfe zur Selbst­ hilfe gegenüber all jenen Berliner/in­ nen zu geben, die in ihrem Alltag mit Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus konfrontiert sind. Das Spektrum derjenigen, die wir beraten, reicht von Parteien und Verwaltungen über Vereine, aber eben auch Schulen und Jugendeinrichtungen, Wirtschafts­ verbände, Gewerkschaften. Es sind auch sehr viele Bürger/inneninitiati­ ven, die wir dabei unterstützen, im All­ tag eine demokratische Kultur zu veran­ kern und zum anderen sich gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu engagieren. Ihr wurdet bislang finanziell auch vom Bundesfamilienministeri­ um unterstützt,das nun von euch ver­ langt, die so genannte Extremismus­ klausel zu unterschreiben. Die bein­ haltet, dass ihr eure Partner auf Verfassungstreue hin überprüfen müsst, um weiterhin Gelder zu be­ kommen. Warum findet ihr das pro­ blematisch? Aus Sicht des Familien­ ministeriums ist es ja durchaus nach­ vollziehbar, dass es nicht möchte, dass seine Gelder in staatsfeindliche Aktivitäten fließen... Die Demokratieprojekte, die von dem Bundesprogramm unterstützt wer­ den, weigern sich ja keinesfalls, sich zu den Zielen des Grundgesetzes zu be­ kennen. Ganz im Gegenteil, Grundge­ setz und Menschenrechte bilden viel­ mehr die Grundlage unserer Arbeit. Wir empfinden aber diese Extremis­ musklausel als eine unzumutbare Be­ dingung der Bundesförderung. Anstatt

uns für die langjährige Arbeit für De­ mokratie und gegen Rechtsextremis­ mus Anerkennung und Respekt entge­ gen zu bringen, ist es zunehmend so, dass das Familienministerium uns mit Misstrauen und Bekenntniszwang be­ gegnet. Diese Überprüfung unserer Part­ ner/innen auf die so genannte Verfas­ sungstreue empfinden wir tatsächlich als unangemessen und auch antidemo­ kratisch. Sie ist zudem auch rechtlich extrem fragwürdig, weil uns damit ge­ heimdienstliche Aufgaben übergeben werden sollen. Die Zivilgesellschaft soll so zum verlängerten Arm der Ver­ fassungsschutzbehörden werden. Ich empfinde es als unerträglich, dass durch das zunehmende Maß an staatli­ cher Kontrolle der ursprüngliche An­ satz, eine unabhängige Zivilgesell­ schaft zu unterstützen und zu fördern, völlig konterkariert wird. Das Resultat dieser Extremismus­ klausel ist, dass Vertrauen ersetzt wird durch Misstrauen. Von uns wird eine Gesinnungsschnüffelei gegenüber un­ seren Partnerinnen gefordert. Das wer­ den wir nicht tun. Denn was wir für un­ sere Arbeit brauchen wird mit dieser Klausel zerstört: Vertrauen und Enga­ gement! Was glaubst du denn, warum das Familienministerium das macht? Da steht ja wahrscheinlich eine grö­ ßere Idee dahinter Seit 2001 ist immer stärker zu beob­ achten, dass der ursprüngliche Ansatz, eine Zivilgesellschaft zu fördern, die ei­ ne kritische Öffentlichkeit gegenüber staatlichem Handeln bildet, augen­ scheinlich nicht mehr im Sinne der der­ zeitigen Bundesregierung ist. Offen­ bar sollen alle unbequemen Zuwen­ dungsempfänger an die kurze Leine gelegt werden. Diese Extremismus­

klausel ist vor dem Hintergrund eines um sich greifenden Extremismusdis­ kurses zu sehen, der öffentliche Kritik an staatlicher Politik erschwert und auch erschweren soll. Im Prinzip geht es um eine Debatte zum Demokratie­ verständnis. Nach dem Demokratie­ verständnis meines Projektes ist diese Klausel ein fatales Signal. Für mich sollte in einer gelebten Demokratie die politische Auseinandersetzung um den qualitativen Gehalt und die kon­ krete Ausgestaltung der Demokratie möglich sein, die auch Kritik an staat­ licher Politik zulassen muss. Ich fürch­ te, dass das zukünftig nicht mehr ohne Weiteres möglich sein wird. Ihr habt diese Klausel nur zum Teil unterschrieben, nämlich nur das konkrete Bekenntnis zur Demo­ kratie. Die Bespitzelungssätze habt ihr nicht unterschrieben. Was be­ deutet das für eureArbeit? Der Zuwendungsbescheid des Bundes ist inzwischen widerrufen worden. Das heißt, das Bundesfamili­ enministerium hat unsere Verpflich­ tung gegenüber dem Grundgesetz nicht anerkannt. Es geht ihnen offen­ sichtlich um die Überprüfung unserer Partnerinnen und Partner. Wir sind jetzt ausschließlich auf Gelder vom Land Berlin angewiesen und es sieht so aus, als ob unsere Arbeit vom Land nicht in vollem Maße finanziert wer­ den kann. Damit unsere langjährige und wertvolle Arbeit auch weiterhin in dem Umfang, wie es notwendig ist, hier in Berlin stattfinden kann, müssen wir nun darüber nachdenken, eine Spendenkampagne zu starten. Interview: Benjamin Laufer

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Atompolitik im Kapitalismus

Es geht um Profitmaximierung Im Gespräch Fukushima heute, Tschernobyl vor 25 Jahren – AKWs die nun jeder kennt. Heute wie damals ist Anti­Atompolitik auf einmal ein Thema, dass fast jeden beschäftigt. Sogar die konservativen machen sich Gedanken über einen raschen Ausstieg aus der Atompolitik. Aber was sagen Aktivistinnen zu der aktuellen Debatte, die sich nicht erst seit den jüngsten Ereignissen mit dem Thema beschäftigen? Ein Interview mit Ulrike Paschek von Attac.

Ulrike Paschek ist im globalisierungskritischen Netz­ werk Attac engagiert. Vor Ort als Ansprechperson der Re­ gionalgruppe Göttingen, als Mitglied des bundesweiten Attac­Koordinierungskreises und als Mitglied der bundes­ weiten Attac­AG "Finanzmärkte und Steuern".

Ulrike, wie realistisch ist über­ haupt ein schneller Atomausstieg, ohne dabei Atomstrom aus ande­ ren Ländern zu beziehen? Das geht sicher. Was wir aus der globalisierungskritischen Bewe­ gung kritisieren ist die Art und Wei­ se, wie Absprachen getroffen wer­ den. Absprachen wie zum Beispiel im letzten Jahr, als die schwarz­gel­ be Regierung erstmal die Atomkon­ zerne zu Rate gezogen hat und dann den Ausstieg aus dem Atomausstieg durchgesetzt hat. Seit Fu­ kushima ist es in der Tat an­ ders un

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d jetzt stellt sich die Regierung hin und fragt alle anderen, wie man den Atomausstieg nun doch realisieren könne. Um also auf deine Frage zu­ rück zu kommen: man kann das wahrscheinlich am ehesten realisie­ ren, wenn man erstmal die Macht der Atomkonzerne bricht. Es geht bei der ganzen Diskussion nämlich viel weniger darum, ob nach der Ab­ schaltung der AKWs noch genug Energie produziert wird, als viel­ mehr um die Finanzierung. Wir ha­ ben in Deutschland vier Atom­ kon­

zerne und die haben hier das Sagen, was Energiepolitik betrifft. Und das betrifft nicht nur die Atomenergie, sondern auch Energie aus fossilen Brennstoffen wie Kohlekraftwer­ ken und Erdgas. Und auch da müs­ sen wir dran, wenn wir wirklich er­ neuerbare Energien wollen. Aber auch die Endlagerfrage ist nicht ge­ klärt: auch nach einem Atomaus­ stieg werden Castortransporte fah­ ren, die Asse säuft uns ab und Gorle­ ben gibt es auch noch. Nun wird über Endlager und auch stillgelegte Kraftwerke gar nicht diskutiert. Es geht imAugen­ blick nur über die Abschaltung der Anlagen. Inwiefern macht das überhaupt Sinn? Erst wenn wir wissen, wie die Situation eigent­ lich ist, können wir auch erst ernsthaft über die Zukunft der ja leider vorhande­ nen Brennstäbe dis­ kutieren. Die Macht der Atom­ konzerneistdasEi­ ne, aber auf der an­ deren Seite haben auch die Banken ganz viel Macht. Die Deutsche Bank zum Beispiel ist Teil­ haberin bei der Fir­ ma Tepco, der das Atomkraftwerk Fukus­ hima gehört. Das weiß nie­ mand, aber das muss an die

Öffentlichkeit. Was fehlt ist Trans­ parenz. Und auch jetzt diese Stress­ tests und das Moratorium; das muss öffentlich verfolgt werden. Jetzt erst kommt raus, dass es in Fukushima drei Kernschmelzen gegeben hat! Vorher waren alle Informationen immer sehr unklar und undurch­ sichtig. Und wenn wir jetzt nicht ab­ solute Transparenz einfordern, wer denn dann? Was bedeutet das denn ganz konkret, dass die Deutsche Bank Teilhaberin beiTepco ist? Na ja, denen geht es natürlich um Profitmaximierung. Tepco ist dafür bekannt, dass sie ihre Atomkraft­ werke nicht richtig warten. Deshalb gibt es immer wieder technische Probleme. Aber die Profite gehen vor. In Deutschland läuft das nicht anders. Für Wartungen müsste der Betrieb eingestellt werden, was fak­ tisch einen finanziellen Verlust be­ deuten würde. Und Wartungsarbei­ ten kosten Geld. Und wenn man jetzt sieht wie die Arbeiter nach der Katastrophe da rein geschickt wer­ den: die haben keine Ahnung! Die wissen gar nicht so genau, wie die Lage in den Reaktoren eigentlich ist. Aber da brauchen wir auch gar nicht erst bis nach Japan zu schau­ en: die Deutsche Bahn zum Beispiel wirbt ja immer damit, das alternati­ ve „grüne“ Fortbewegungsmittel zu sein. Dabei ist sie Anteilseigner am AKW Neckar­Westheim. Wenn jetzt aber Neckar­Westheim abge­ schaltet wird – und so sieht es im


AKWs abschalten

Augenblick aus – woher kommt dann der Strom für die Bahn? Die, als großes und einflussrei­ ches Unternehmen hat also ein ganz eigenes Interesse daran, dass das AKW nicht abgeschal­ tet wird. Wie würdest du das Mora­ torium bewerten, meinst du das wurde von der Regierung nur verabschiedet, um die auf­ geregte Öffentlichkeit zu be­ schwichtigen, um Zeit zu ge­ winnen und zu hoffen, dass nach drei Monaten alles wie­ der vergessen ist? Also, das Moratorium ist das Eine, da müssen wir im Au­ ge behalten was dabei raus kommt. Wir müssen aber auch sehen, dass wir darüber hinaus weiterhin die Bevölkerung er­ reichen. Es gibt zum Beispiel immer wieder Probleme mit dem Bau von Windkrafträdern, weil niemand sie in seiner Um­ gebung haben möchte. Und das ist auch auf der einen Seite ver­ ständlich, aber Windkraft ist nun mal ein wichtiger Baustein für die Umstellung auf erneuer­ bare Energien und da muss man mit den Leuten Kompromisse finden. Es geht dabei ja nicht nur um die Windkrafträder selbst, sondern auch um die Energietrassen, die oft durch grüne Landschaften und im Zweifelsfall in der Nähe von Naturschutzgebieten verlau­ fen. Wie stellst du dir solche Kompromisse vor? Das frage ich mich selbst auch sehr oft, wenn ich so durch die Landschaft fahre und mir die Windkrafträder anschaue. Aber dann war ich letzte Woche beim AKW Grohnde und das ist auch in einer wunderschönen Landschaft gebaut. Und dann habe ich mich gefragt, was ich wohl lieber in meiner Nähe hät­ te... Ich stelle mir das so vor, dass es bundesweit Runde Ti­ sche gibt, bei denen die Proble­ me und Bedenken der Leute be­

sprochen werden können, um gemeinsam mit der jeweiligen Landesregierung Lösungen da­ für zu finden. Erneuerbare Energien und vor allem deren Nachhaltigkeit müssen also auf jeden Fall noch sehr viel intensiver erforscht werden. Da ist zwar schon viel getan, aber bisher war der Druck auf Konzerne wie zum Beispiel die Bahn noch zu ge­ ring, als dass die da ernsthaft Interesse dran gehabt hätten zu investieren. Gibt es denn nur diese eine Möglichkeit der Windener­ gie? Was ist denn mit Solar­ energie zum Beispiel? Sicher sind wir im Vergleich mit der Sahara nicht die son­ nenreichste Region, aber man sieht ja schon immer häufiger Solarzellen auf Häuserdä­ chern. Die sind zwar erstmal teuer, aber das rentiert sich ja über die Zeit. Es gibt ja auch schon Projekte, wo sich mehre­ re Häuser zusammen getan ha­ ben, die gemeinsam den Um­ bau ihrer Dächer organisiert haben. Oder das Bioenergie­ dorf Jühnde gibt es ja auch nicht erst seit Fukushima. Da­ mals Tschernobyl hat viele Leute Richtung Atompolitik sensibilisiert. Und seit dem ist ja auch viel passiert, aber es sind auch gegenläufige Ent­ wicklungen möglich gewesen: allein dass Brockdorff gebaut werden konnte war nur mög­ lich, weil man sich damals noch damit herausgeredet hat, dass Tschernobyl ein „Schrottreak­ tor“ aus der Sowjetunion war. Aber Japan gilt als technolo­ gisch hochentwickelte Nation, aber dass uns die „Hochtechno­ logie“ in dem Fall auch nicht weiter hilft, haben wir ja jetzt gesehen. Interview: Helene Buchholz

Foto: © 2009 Jennifer Boyer (http://www.flickr.com/photos/rowens27/) (CC BY 3.0)

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Fußball

In vielerlei Hinsicht politisch Im Gespräch „Fußball, Frauen, Männlichkeiten – Eine ethnographische Studie im Fanblock“ ist in diesem Frühjahr im Campus Verlag er­ schienen. Almut Sülzle ist Lehrbeauftragte für Europäische Eth­ nologie und Empirische Kulturwissenschaft an den Universitäten Marburg und Tübingen.

Bald beginnt die Fußball Weltmeisterschaft der Frauen in Deutschland. Göttingen ist das WM­Quartier für Mexico und Australien. Viel zu sehen ist in unseren Straßen davon aber bisher noch nicht. Fußball ist die beliebteste Sportart in Deutschland, zumindest der Männerfußball. Sowohl bei Zuschauern vor dem Fernseher, als auch bei Jugendlichen, die in Sportvereine gehen, wird Fußball allen anderen Sportarten von den meisten bevorzugt. Es ist ein Spiel, bei dem zwei Teams gegeneinander spielen und einem Ball hinterher laufen. Aber ist das wirklich alles? Einfach nur ein Spiel? Ein Interview mit Almut Sülzle, Autorin des Buches „Fußball, Frauen, Männlichkeiten“.

Almut, viele halten Fußball nur für eine Sportart – welche Rol­ le spielt er aber noch in unserer Gesellschaft? Beim Fußball geht es nicht nur um den Sport – hier geht es meist auch um Politik. Die Vereine sind große Unternehmen, die zum Teil wie Wirtschaftsunternehmen funk­ tionieren und zum Teil auch wieder überhaupt gar nicht. Sie sind als Ver­ eine organisiert, im Vorstand sind immer die lokalen Größen der Poli­ tik und Industrie die da zum Teil auch ehrenamtlich mitarbeiten und wenn es finanziell mal eng wird, pumpen sie da auch mal privat einen Haufen Geld rein. Es funktioniert al­ so nicht wirklich nach den Regeln der Gewinnmaximierung von großen Wirtschaftsunternehmen, aber letztlich ja wieder doch, weil die Wirtschaft genau so wenig linear

und rational funktioniert. Fußball ist ein zentraler Ort in dem Gefüge zwischen Wirtschaft und Politik, weil sich dort die wichtigen Protago­ nisten im halb­privaten Rahmen tref­ fen. Die finanzielle Macht derVerei­ ne macht diesen Sport also so poli­ tisch, weil sie wirtschaftlich eine große Rolle spielen? Ja, das auch, aber dann gibt es na­ türlich noch die ganze Geschichte von Männlichkeit und Fußball als Männersport. Oft werden Beispiele aus dem Fußball als Erklärung dafür herangezogen, dass zwei Geschlech­ ter ganz natürlich sind und dass die Unterschiede auf biologische Grundlagen zurückzuführen seien. Gleichzeitig funktioniert dieses Gefüge nur so gut, weil die These, Fußball sei unpolitisch, weithin ge­ teilt wird. So wird Fußball zum Frei­

Workshop zum Thema Almut Sülzle wird beim Antifee vor Ort sein und bietet einen Workshop zum Thema „Sexismus ist ein Fangesang ­ Sexismus und Homophobie in der Fankultur des Männerfußballs" an. Der Workshop findet am Freitag um 18:15 Uhr im Workshopzelt 1 statt. Weitere Details siehe Workshop­Programm auf S. 26.

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raum, gerade auch für politisch un­ korrektes Verhalten und Devianz. Fußball wird als losgelöster Bereich von der Gesellschaft begriffen, wes­ halb hier viele Dinge erlaubt sind, die im Alltag vielleicht eher verpönt sind. Wie zum Beispiel gewaltvolle Auseinandersetzungen und sexisti­ sche Sprüche. Der Fußball hat etwas unschuldiges, er ist ja nur ein Spiel. Ist das immer und überall so? Es gibt doch auch einige Fußball­ vereine, die sich offen politisch en­ gagieren oder zumindest äußern. In den 80er Jahren waren es vor allem die linken Fans, die sich ge­ sagt haben, sie können nicht neben einem Nazi stehen und mit dem ge­ meinsam Fußball schauen. Schon al­ lein die Tatsache, dass Nazis hier einen Raum bekommen und sich öf­ fentlich äußern können, allein das ist Politik und dagegen muss ich mich wehren. Politik ist auch im Sta­ dion, denn Politik ist überall wo Menschen sind. Inzwischen hat sich das also et­ was geändert, es äußern sich auch immer mehr Vereine öffentlich ge­ gen Rassismus. Aber die sagen dann, die Nazis haben hier nichts zu suchen und Rassismus auch nicht, aber dann sollen doch auch bitte die Linken ruhig sein, und wir haben endlich wieder unseren politikfrei­

en Fußball. Fußball ist die beliebteste Sportart in Deutschland. Sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen ist es die meist gewählte Sportart. Aber trotzdem wird Fußball doch eher als Männersport ange­ sehen. Hören die Mädchen mit dem Fußball spielen auf wenn sie erwachsen werden? Natürlich ist Fußball ein Män­ nersport! Aber das hat nur noch we­ nig mit Zahlen zu tun. Das ist das In­ teressante daran: man kann einfach sagen, Fußball ist ein Männersport, aber das bedeutet nicht dass sehr viel mehr Männer Fußball spielen oder mehr Männer Fußball schau­ en. Wenn man sich die Zahlen mal anschaut: es ist nicht nur die meist gewählte Sportart bei Mädchen, auch vorm Fernseher, wenn wichti­ ge Spiele gezeigt werden, sitzen da 50% Frauen, man hat beim Public Viewing einen Anteil von 50% Frauen und in den Stadien 30% Frauen. Das heißt von den Zahlen her kann man das in keiner Weise als Männersport erklären. Die Er­ klärung liegt in der kulturellen Be­ deutung von Fußball und das lässt sich sehr schön an einem Beispiel illustrieren. Die weiblichen Fans mit denen ich gesprochen habe, die für sich selber sagen, dass sie ein


Rund und politisch

2009 eröffnete der Verein SG Dynamo Dresden eine Kampagne unter dem Titel "Rassismus ist kein Fangesang" um sich damit offiziell gegen Rassismus und Antisemitismus zu wenden. Im April diesen Jahres entrollten Fans desselben Vereins bei einem Spiel gegen SV Babelsberg 03 ein Transparent mit der Aufschrift: "Sexismus ist ein Fangesang! Ihr Fotzen!". Ohne Worte.

ganz normaler Fan sind und dass es keinen Unterschied zwischen ihnen und den männlichen Fans gibt, die sagen aber auch alle im­ mer den Satz: Fußball ist halt ein Männersport. Es ist also erstmal ei­ ne von allen geteilteAnnahme. Liegt das daran, dass Fuß­ ball früher ein reiner Männer­ sport gewesen ist und sich das jetzt erst langsam ändert? Nein, historisch gesehen ist Fußball auch in der Vergangenheit fast nie ein Männersport gewesen. Es gibt aber eine hartnäckige Vor­ stellung davon: auf dem Fußball­ platz, in den Medien, sogar in der wissenschaftlichen Literatur – im­ mer wieder wird wiederholt, dass Fußball schon immer ein Männer­ sport gewesen sei. Das ist aber komplett falsch. Fußball war nur eine ganz kurze Zeit ein Männer­ sport, zu der Zeit als die Männer den Frauen verboten haben Fuß­ ball zu spielen. Und kurz vor die­ sem Verbot gab es sehr viele Verei­ ne in denen Frauen gespielt haben und die hatten auch ein sehr großes Publikum. Sehr viel mehr als jetzt, kurz vor der Weltmeister­ schaft.

Wir haben ja jetzt festge­ stellt, dass Fußball in vielerlei Hinsicht politisch ist: er hat wirtschaftliche Macht, spielt ei­ ne große Rolle bei der Kon­ struktion von Geschlecht und auch Rassismus ist immer wie­ der Thema vor allem in Fange­ meinden. Wie ist das im Frau­ enfußball – gibt es da große Un­ terschiede zum Männerfußball oder ist das gleich? Das unterscheidet sich sehr. Das ist ja auch erst in der Ent­ wicklungsphase, da es den Profi­ Frauenfußball noch nicht so lan­ ge wieder gibt. Viele gehen zu den Spielen der Frauen, weil sie die Spielerinnen kennen, oder weil sie der Meinung sind, dass da der Fußball noch so ist, wie man ihn früher kannte: ohne hohe Zäu­ ne, noch nah dran an den Spiele­ rinnen, unverfälscht durch wirt­ schaftspolitische Machtspiele. Man hat einfach nicht diese auf­ geladene Atmosphäre wie in den Stadien der großen Männerverei­ ne, wo es auch viel um körperli­ che Gewalt geht. Und natürlich gehen viele Fußballspielerinnen dahin um sich Vorbilder anzuse­

hen, um einfach guten Fußball zu sehen. Aber Auseinandersetzun­ gen um rassistische oder sexisti­ sche Äußerungen von Fans oder Fangemeinden gibt es da meines Wissens nach nicht und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es sich so ähnlich entwickeln wird. Und stecken hinter den Verei­ nen der Frauen auch so Struktu­ ren, die denen von Wirtschafts­ unternehmen ähneln? Manchmal ja, aber es ist mehr eine Vereinsgeschichte, bei der noch versucht wird für den Sport das Geld aufzutreiben und nicht umgekehrt. Es gibt einige Bundes­ liga Vereine im Frauenfußball, die zu den Männervereinen gehören. Das hat Vorteile und Nachteile: zum einen sind Geld und Struktu­ ren vorhanden, zum anderen sind dort die Frauen die ersten, denen die finanziellen Mittel gekürzt werden, wenn das Geld dann doch mal ausgeht. Es ist schon vorge­ kommen, dass Frauen­Bundesli­

ga Teams um Geld zu sparen weg­ gekürzt wurden, wie es zuletzt beim HSV der Fall war. Oder dass sie nicht auf den Plätzen trainie­ ren dürfen, weil da die B­Jugend trainiert. Es ist schon schwierig für die Frauen sich durchzuset­ zen. Interview: Helene Buchholz

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Abschiebepraxis Flüchtlinge in Göttingen

Willkür und rassistische Diskriminierungen Flüchtllinge aus unterschiedlichsten Ländern leben in Göttingen, viele von ihnen in permanenter Angst vor der Abschiebung. Über ihre Situation und die Zumutungen des deutschen Migrationssystems sprachen wir mit zwei Aktivist_innen vom Bündnis gegen Rassismus und Abschiebungen. Wenn ihr versuchen müsstet zu beschreiben, wie das Leben von Flüchtlingen in Göttingen aussieht, wie würde diese Beschreibung dann aussehen? Können die hier ein normales Leben führen? Es ist schlicht nicht möglich, eine lückenlose Beschreibung eines „nor­ malen“ Lebens aller Migrant_innen zu formulieren. Auf struktureller Ebe­ ne existieren unzählige Einschränkun­ gen, u.a. den Aufenthaltsstatus betref­ fend. Für Migrant_innen gelten zahl­ reiche rassistische Sondergesetze, die es für Menschen mit deutschem Pass nicht gibt. Zu nennen wären die soge­ nannte Residenzpflicht, die es den Menschen verbietet, den ihnen zuge­ ordneten Aufenthaltsbereich (zum Beispiel eine Stadt oder ein Land­ kreis) zu verlassen. Bei Verstoß gegen dieses Gesetz, das eine Ordnungswid­ rigkeit darstellt, muss er / sie eine Geldstrafe zahlen. Da muss ich mir ja nur vorstellen wie es wäre, wenn ich nicht mehr reisen dürfte, oder meine Freundin die in einem anderen Land­ kreis oder Bundesland wohnt gar nicht mehr treffen kann. Eine weitere Diskriminierung stellt die Gutschein­ praxis dar: Menschen, die unter das Asylbewerbungleistungsgesetz fal­ len, erhalten Gutscheine sowie nur et­ wa 40 Euro monatlich in bar. Viele Flüchtlinge werden nach ihrer An­ kunft in der BRD in sogenannten Auf­ nahmelagern untergebracht. In die­ sen müssen sie erst einmal auf unbe­ stimmte Dauer und unter menschenunwürdigen Bedingungen bleiben. Oft sind sie dort der Willkür und rassistischen Diskriminierungen durch dieAngestellten ausgesetzt. Neben diesem institutionalisier­ ten Rassismus erleben die Migrant_in­ nen außerdem oftmals Rassismus auf der Straße. Der Alltag der betroffenen Menschen ist aber natürlich immer un­ terschiedlich. Deshalb würde ich sa­ gen, dass es am Besten ist, die Betrof­ fenen selbst zu ihrer Situation zu be­ fragen. Viele Flüchtlinge leben jahre­

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lang in so genannten Kettenduldun­ gen. Das bedeutet, dass sie immer nur für wenige Wochen einen gesi­ cherten Aufenthaltsstatus haben und danach abgeschoben werden können. Warum machen die Behör­ den das so und was bedeutet das für die Flüchtlinge? Das bedeutet eigentlich so gut wie immer eine permanente psychische Belastung der betroffenen Perso­ nen.Weil du dir einfach gar nichts auf­ bauen kannst, ohne Arbeitserlaubnis, oder mit dem Gedanken das nächste Woche vielleicht die Hälfte der Fami­ lie oder Freund_innen abgeschoben werden. Viele Kinder gehen aus Angst vor Abschiebungen nicht mehr zur Schule. Naja, die Behörden wol­ len „Abschrecken“, Druck erzeugen, dich zur „freiwilligen Ausreise“ drän­ gen. Insbesondere Roma sind ja der­ zeit von der Abschiebung in das Ko­ sovo bedroht, wo jedoch katastro­ phale Lebensbedingungen auf sie warten. Da liegt es ja nahe, dass die­ se Menschen inAngst leben. Die Menschen werden in ein ihnen unbekanntes Land abgeschoben, das sie teilweise nie gesehen haben, des­ sen Sprache sie oftmals gar nicht spre­ chen. Vielfach sind sie von Rassismus bedroht und es hat bereits zahlreiche Übergriffe auf sie gegeben. Es erwar­ ten sie Arbeitslosigkeit, eine fehlende finanzielle Unterstützung von Seiten der Regierung, eine mangelnde bis fehlende medizinische Regelversor­ gung. Letztlich: Ein Leben in der Pre­ karität. Es gibt in Göttingen regelmäßig Proteste gegen Abschiebungen, die ja auch gewisse Erfolge verbuchen konnten. Wie sieht eure Arbeit und ihre Erfolge konkret aus? Regelmäßig bieten wir für die Menschen, die ihre Duldung verlän­ gern müssen, Begleitungen zur Aus­ länderbehörde an. Zweck ist es dabei, die Menschen nicht mit der Willkür der Sachbearbeiter_innen allein zu lassen.Außerdem gehen wir an die Öf­

fentlichkeit zum Beispiel durch Kundgebungen und Demonstratio­ nen, wir organisieren Veranstaltun­ gen zu Themen wie zum Beispiel die Migrationspolitik der BRD und Eu­ ropas. Das mit dem Erfolg ist immer so eine Sache. Aber auf jeden Fall konnten letztes Jahr Abschiebungen verhindert werden. Und ich glaube schon, dass die ganzen Proteste zu­ mindest etwas Sand im Getriebe der rassistischen Abschiebemaschinerie sind und sie dadurch nicht im Stillen ablaufen kann. Ein richtiger Erfolg wäre, wenn das Ding zerbeult am Bo­ den liegt und keinen Menschen mehr verletzen kann. Was für Möglichkeiten gibt es denn, die Flüchtlinge zu unterstüt­ zen ­ mal abgesehen von der Teil­ nahme an Demonstrationen? Es gibt zum Beispiel die Möglich­ keit die sogenannten Gutscheine zu tauschen. Das geht zum Beispiel im Café Kabale oder im Buchladen Rote Straße. Aber eigentlich können wir alle etwas bewirken, indem wir dem gesellschaftlichen Rassismus etwas entgegensetzen, uns genauer darüber informieren, wie die Lebensbedin­ gungen und Gesetzeslagen für die Migrant_innen in unserer Nähe aus­ sehen, sich mit anderen darüber un­ terhalten, zum Beispiel der Kollegin. Das Thema Abschiebungen kann zum Beispiel auch in der Schule be­ sprochen werden. Mensch kann ein­ fach persönlich mit den Menschen sprechen und sich für sie und mit ih­ nen engagieren. Solidarität ist halt ei­ ne wirkungsvolle Waffe. Interview: Benjamin Laufer weitere Infos: www.papiere­fuer­alle.org


Bühnenprogramm: Bands Fr. ab 16:10 Uhr

Sa. ab 16:30 Uhr

The Rebell Spell ZumAuftakt am Freitag gibts 'ne Hardcore/Punk Band aus Van­ couver zu hören. Slebstz beschreiben sie sich so: "We are a Canadian political punk band on tour in Europe We are of course a political band, leaning on anarchism/feminism and all that entails, and keeping a 50/50 gender balance within the band since the beginning 8 years ago (on this tour, however be­ cause of our drummers young child, there is a replacement drum­ mer)".

Respect My First … ist eine Grrrl Combo aus Berlin, die den Punk ausschlache­ tet und sich rumprobiert. Von Postrock bis Metal ist alles dabei! Textlich geht es dabei um Themen von Sexismus, Rassismus/ Weißsein,Antisemitismus in der Linken und der Konstruktion von gesellschaftlichen Zugehörigkeitsgruppen und einherge­ hende Unterdrückungsmechanismen. Da steckt viel Wut da­ hinter, aber auch viel Ironie und Spaß!

Fr. ab 17:10 Uhr

Sa. ab 17:35 Uhr

Mieze Medusa & Tenderboy

Elcassette

Ihr kennt sie vielleicht schon von Poetry Slams oder Lesungen – Mieze Medusa & Tenderboy aus Wien fühlen sich wohl im Raum zwischen Walkman, mp3­Device und Clubtauglichkeit. Die Protestsongcontestsieger 2007 sind DIY aus Überzeugung und aus Notwendigkeit und haben sich mit vielen Live­Gigs, Poetry­ Slams, DJ­Einsätzen, Lesungen und dem einen oder anderen Tonträger einige Fans in vielen verschiedenen Communities er­ spielt.

elcassette, das ist ne 2­Frauen Band aus München mit elektronischen Sounds und rockiger Stimme, Indie, Ohrwurmcharakter .. Sehr beliebt bei Menchen, die auch Le Tigre Mögen. Mit Maria Cincotta an Gitarre und Synthizer Elke Brams an Schlagzeug und Gitarre. Gestartet haben die beiden mit ihrem DIY­Debut 'planewreck', auf dem neben ironischen Lyrics auch Themen wie häusliche Gewalt thematisiert werden. Jetzt sind sie bei Tranquilizer Records.

Fr. ab 19:30 Uhr

Sa. ab 19:30 Uhr

Wiebke Falden Die D.I.Y. KünstlerinVibeke Falden, angereist aus Dänemark, zaubert live einen flockigen und fesselnden Sound, der sich als elektronisch, minimalistisch und zugleich grandios beschreiben lässt.Aus einer Mischung von Elementen aus melodischem Electronica, Pop und Gesang, unterlegt mit organischen Beats entstehen experimentelle und zugleich ohrwurmtaugliche Songs.

Les Truc Sängerin von 'The Latah' plus Sänger von 'Antitainment' plus ironischeVocals plus ganz viele elektronische Gerätschaften, die nintendomässig rumschrammeln plus eine frische Brise Lauch: so ungefähr könnt ihr euch LesTrucs vorstellen. Groß­ artig ist; nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Französisch und Englisch waltet der Zynismus, wird Kritik geübt und den Ohren eingeheizt. Musik, die wie eine art collage die sinne vielfältig stimuliert, zum Lachen bringt, zum Tanzen bewegt.

Fr. ab 20:30 Uhr

The Blue Screen of Death

Sa. ab 20:30 Uhr

Radio Bourroughs

...machen elektronisch­8bit­mäßigen Punk. Weil sie besser Computer spielen ...machen eine Musik, bei der es leicht ist, sich ein­ als Gitarre. Die Band wurde 2008 in Göttingen gegründet, wo ihre Mitglieder fach treiben zu lassen, den melancholischen, ein­ seitdem auf der Strasse angefeindet und gelegentlich auch verhauen werden, gängigen Lyrics zuzuhören ohne sich zu verlieren, von richtigen Punkern, in deren enges Weltbild sie nicht passen. Dabei bringen denn ein frisches Schlagzeug und einige Braeks sie alles mit was eine richtige Punkband ausmacht. Dreck, Lautstärke, Bewe­ machen den Sound abwechslungsreich.. gung, Energie und eine Spur Unvorhersehbarkeit. Ihre erste richtige Platte lässt Seit 2009 mit der ersten Langspielplatte 'the prin­ noch auf sich warten, weil irgendeinArsch den Laptop mit den fertigen Recor­ ciples of hope or hybris' machen sie Post­Emo/ In­ dings geklaut hat. Solange muss mit den Konzerten vorlieb genommen werden. die­Rock für unter die Haut. (so die Selbstbeschreibung auf ihrer Homepage). Und das werden wir!

Fr. ab 21:30 Uhr

Scream Club & Electrosexual Scream Club sind Cindy Wonderful und SarahAdorable. Wer die Geschich­ te des queeren Elektro­Dance­Hip­Pop­Duos erzählen will, kommt nicht ohne folgendesVokabular aus: Glitzer, Glanz, Glamour, Kitsch, Spaß und Selbstironie. Doch während sie sich den Glanz und Glamour vom Main­ stream aneignen, bleiben Scream Club ihrem D.I.Y.­Anspruch treu. Seit ih­ renAnfängen haben sie sich demTouren verschrieben, um ihre Spaßmessa­ ge an Hip Hopper und Punkrocker in der ganzen Welt zu verbreiten. Das Duo bewegt, elektrifiziert, und bezaubert das Publikum mit cleverenTexten, cha­ rismatischer Bühnenperformance und Dancefloorbeats.

Fr. ab 22:30 Uhr

Golden Discó Ship Golden Diskó Ship ist eine One­Girl­Band benannt nach einem versun­ kenen Partyschiff in einem Hafen Islands und die Experimentierfläche der Berlinerin Theresa Stroetges.An Bord lässt sich eine verrückte Mi­ schung aus akustischen Instrumenten und Synthies, Computer­Beats und traurigen Klängen, einem speziellen Gitarrenstil und mehrstimmi­ gem Gesang wahrnehmen. In Kombination mit ihren selbstgemachten Video­Projektionen bewegt ihre exzentrische Version von klanglicher Anarchie in eine einzigartige Welt von Chaos und Schönheit.

Sa. ab 21:30 Uhr

Trophy Wife Katy Otto und Diane Foglizzo aus Philadelphia kom­ binieren schwere und grungige Gitarrensounds mit Noiserock und zweistimmigem Gesang und lassen ihren Bandnamen in ganz anderem Licht erscheinen. Seit 2010 gibt’s dasAlbum ‘Patience Fury’(307 Knox Records) mit politisch­melancholischen und persönlichen Songs sowie steilen Drums. Cool, dass Trophy Wife nach zahlreichenAuftritten in den USA auch ab Juni ne Europatour machen.

Sa. ab 22:30 Uhr

Räuberhöhle Krawalla kann nicht aufhören zu experimentieren und legt auf dem neuenAlbum “Deep in the forest” eine Ouvertüre hin, die dem alten Tattergreis Wagner die Hosen voll laufen lassen würde. Metal darf nicht fehlen, getanzt wird auch und Kirmesquietschen gehört ja eh zum guten Ton! Jodelnde Feierchöre können sich an anderen Schlangen anstellen, der Rest darf rein und sich die Balletschühchen blutig tanzen.

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Workshopprogramm Zelt 1 16:30 ­ 18.00 Uhr

„Antimuslimischer Rassismus“

Workshop mit Christian Röther Das „Feindbild Islam“ findet in Europa immer größere Verbreitung. Diffuse Ängste mischen sich mit bewusst gestreuten Stereotypen. In vielen europäischen Ländern gehen rechtspopulistische und rechtsex­ treme Parteien mit „Islamkritik“ auf Stimmenfang und sind damit teil­ weise recht erfolgreich. Mit der Islamfeindlichkeit verbreiten sich so auch andere rechte Politikinhalte. Im Internet hat sich eine stetig wach­ sende islamfeindliche Szene etabliert, die sich inzwischen auch in loka­ len Zusammenschlüssen organisiert. In deutschsprachigen Medien hat „der Islam“ schon seit Jahren ein überwiegend negatives Image. Auf dem Buchmarkt hat sich die „Islamkritik“ zu einem lukrativen Geschäft entwickelt. Viele Wissenschaftler*innen sind sich einig, dass es sich bei dieser „Islamkritik“ um einen rassistischen Ersatzdiskurs handelt: statt von „Ausländer*innen“ wird jetzt von „Muslim*innen“ gesprochen. Der Workshop will in diesen Themenkomplex einführen. Er richtet sich an alle Interessierten, Vorwissen ist nicht erforderlich.

Zelt 2 16:30 ­ 17.30 Uhr

"Deutschland ist auch Frauensache"

Vortrag vonAndreas Speit Sie ist wieder im Vorstand.Am 22. Mai wählte die NPD Ricarda Riefling auf ihrem Landesparteitag in Northeim zum Landvorstandsmitglieder. Nicht nur in Niedersachen treten verstärkt Frauen und Mädchen in der Öffentlichkeit für die Neonazipartei auf. Sie halten Reden, planen Ver­ anstaltungen, übernehmen Parlamentsmandate. Bundesweit scheinen sie in der männerdominierten Szene neue Rollen­ und Handlungsspiel­ räume zu besetzten. Bei den Freien Kameradschaften wollen sie auch "Teil der kämpfenden Front" sein. In der "Mitte der Gesellschaft" ge­ lingt es den rechten Frauen oft gar besser mit sozialen und ökologischen Themen Akzeptanz zu gewinnen als den Männern, unterlaufen sie doch den "Klischeevorstellungen" zur rechten Szene. In dem Vortag zeichnet Andreas Speit die Entwicklung nach. Fragt nach Chancen und Grenzen für Frauen und Mädchen in der Szene. Nicht ohne zentrale Personen und Strukturen zu benennen.

17:45 ­ 18.45 Uhr

Vom „effeminierten Juden“, „maskulinisierten Jüdinnen“ und„jüdischer Männerbundschwäche“

18:15 ­ 19.45 Uhr

„Sexismus ist ein Fangesang“ Sexismus und Homophobie in der Fankultur des Männerfußballs

Workshop mitAlmut Sülzle Platter Sexismus ist im Stadion, wie an vielen anderen Orten auch, keine Seltenheit. Viele Fans sind stolz auf den rauen Ton der im Fanblock herrscht und erfreuen sich einer Umgebung in der sie noch ‚so richtige Männer‘ sein dürfen, ohne Rücksicht auf pc. Die besondere heterosexu­ ell­männliche Grammatik der Fankultur ist Teil des Charmes den Fan­ kultur für Frauen und Männer hat, sie ist zugleich Basis, Begründung und Entschuldigung für frauenfeindliches, sexistisches und homopho­ bes Verhalten im Fußball. Und Beschimpfungen des Gegners gehören nun mal zum Fanspaß dazu. In Sachen Rassismus haben die aktiven­kri­ tischen Fans bereits einiges bewegt. Eine Entwicklung von ‚Politik hat im Stadion nichts zu suchen‘ hin zu ‚Nazis haben im Stadion nichts zu suchen‘ und darum müssen wir Politik machen. Aber wie ist das mit dem Sexismus? Gilt in der aktiven (und links orientierten) Fanszene zwar „Rassismus ist kein Fangesang“, aber ein bisschen Sexismus darf ruhig sein? Nach einem kurzen theoretisch­kritischen Input auf der Basis meiner ethnographischen Fanforschung diskutieren wir, ausgehend von den Beispiele und Erfahrungen der WorkshopteilnehmerInnen Fragen wie: Wie sieht es aus mit dem Sexismus innerhalb der Fußballlinken, welche Formen und wiederkehrende Argumentationsfiguren sind dort zu beob­ achten? Wie bekämpfen weibliche Fans diesen Sexismus? Können Se­ xismus und Homophobie in der Fankultur auf ähnliche Weise, mit den­ selben Mitteln und Strategien bekämpft werden wie der Rassismus unter Fans? Ist eine Sexismus­freie Fankultur überhaupt möglich? Und wenn ja, dann wie?

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Die Kategorie „Geschlecht“ und „Körper“ im Anti­ semitismus des Deutschen Kaiserreichs Vortrag von Sarah Frenking und Lisa Hilbig Um 1900 zirkuliert eine Vielfalt antisemitischer Bilder, Pamphlete und „wissenschaftlicher“ Abhandlungen. Besonders bekannt sind die Ste­ reotype der „jüdischen Weltverschwörung“ oder des „jüdischen Kapita­ lismus“. Doch auch Geschlecht und Körper spielen im Antisemitismus des Kaiserreichs eine zentrale Rolle: „Der Jude“ wird z. B. als verweib­ licht gezeichnet, als unproduktiv und als schwächlich. Dennoch bangt dem Antisemiten vor jüdischer Allmacht. Die Jüdin wird dagegen als vermännlicht dargestellt, unfähig sich in die (zeitgenössische) Frauen­ rolle einzufügen: das bedrohliche Negative der Moderne wird mit dem Jüdischen ineins gesetzt. Im Vortrag werden in Ansätzen die sexistischen Motive analysiert, ihren Ursprung sowie ihre Funktion aufgezeigt und der Zusammenhang von Geschlecht und Arbeit im Antisemitismus des Deutschen Kaiserreichs beleuchtet.

19:00 ­ 20.30 Uhr

"Ohne Juda, ohne Rom"

Workshop mitAndreas Speit In der rechtsextremen Szene sind religiöse Motive allgegenwärtig: Bei Veranstaltungen der NPD tragen Gäste Odins­Konterfeis, zu Aufmär­ schen der Kameradschaften kommen Teilnehmer mit Thorshammer­ Tattoos, in Seminare von religiös­politischen Szeneinitiativen erfahren Besucher die "ureigenen" Energien und bei Rechtsrockkonzerten be­ schwören Bands die "urgermanische" Kraft. Nicht ohne Grund. Seit der völkischen Bewegung wenden sich rechte Theoretiker und Anhänger den vermeintlichen ureigenen Göttern und Bräuchen zu, um ihr Welt­ und Menschenbild zu begründen und zu leben. In dem Workshop hinter­ fragt Andreas Speit diese Konzepte und legt anhand von Rechtsrock und Szenevideos die Hinwendung zum Heidentum und zur Esoterik dar.


Freitag AStA­Raum 2

Merchandise Stand 15:00 ­ 17.00 Uhr

Pimp your Pulli! Siebdruck­Workshop

Freitag und Samstag 15­17h, jeweils gegen Spende am Merch­Stand. Willst du Farbe in deinen tristen grauen Alltag bringen? Willst du deinen eigenen Style? Dann schaffen wir Abhilfe: Bring dein altes H&M­Shirt, deine voll praktische, aber auch voll langweilige Leinentasche, deinen von Oma geerbten weißen Kissenbezug mit Spitzenborte oder deine Kochschürze mit und mach daraus ein cooles Teil um das Dich sowohl Freund_innen als auch Feind_innen beneiden werden. Und das ist ei­ gentlich ganz einfach. Die Lösung heißt: Screenprinting! Übersetzt heißt das Siebdrucken, aber in englisch klingt das viel cooler. Geboten werden dir verschiedene Motive, Farbe und Anleitung. Du musst eigent­ lich nur kommen und mitmachen, ach und natürlich eine Textilie mit­ bringen, und ein wenig Geduld.

AStA­Raum 1 18:30 ­ 20:00 Uhr

Workshop zur Kampagne „It Gets Better“

Workshop mit GöttingerAIDS­Hilfe & hin und wech – Schwule lieben in Niedersachsen (AStA Raum I) Im Jahr 2010 erschütterte eine Selbstmordwelle von LGBTQ­Teena­ gern die USA. Die Jugendlichen waren auf Grund ihrer sexuellen Orien­ tierung oder geschlechtlichen Identität von ihren Mitschüler*innen ge­ mobbt und bedroht worden. Als Reaktion darauf riefen Dan Savage und sein Lebenspartner Terry Miller die Kampagne „It Gets Better“ ins Leben. Hauptbotschaft der Kampagne ist, sich selbst und sein*ihr Leben nicht aufzugeben. Denn nach der Schule wird es besser (It Gets Better!). Im Rahmen dieser Kampagne wurden zahlreiche Youtube­Videos von ver­ schiedensten Menschen erstellt. Diese kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, wie Privatpersonen, Schauspieler*innen, Musiker*innen, Mitar­ beiter*innen von großen Unternehmen und aus der Politik. Gemeinsam wollen wir uns einige ausgewählte Videos anschauen und Euch über die Inhalte der Kampagne informieren. Anschließend wollen wir Euch eine Plattform geben, über dieVideos gemeinsam zu diskutieren. Die Videos sind hauptsächlich in englischer Sprache. Die Homepage der It Gets Better­Kampagne: www.itgetsbetter.org

16:30 ­ 18.00 Uhr

Wen Do für Frauen*Lesben*Trans

DIY­Workshop Nachpfeifen, ungewollter Körperkontakt, blöde Sprüche und andere Übergriffe gehören für viele Frauen*Lesben*Transgender zum Alltag. Wie wir uns dagegen wehren können, das können wir in einem geschütz­ ten Rahmen gemeinsam ausprobieren ­ um uns selbst handlungsfähiger zu machen, unsere Sinne zu schärfen, unsere Grenzen wahrzunehmen und zu behaupten. Wendo ist kein Kampfsport, sondern umfasst Selbst­ behauptungs­ und Selbstverteidigungstechniken sowie ggf. Rollenspie­ le ­ was gemeinhin unter Sportlichkeit verstanden wird, ist keine Bedin­ gung um teilnehmen zu können! Zieht euch bequeme Sachen an und kommt am Freitag, 16.30­18h in den 2.Stock desAstA. Der Workshop ist offen für Frauen*Lesben*Trans.

18:15 ­ 19:45 Uhr

What the Fuck Gegen Papstbesuch und „1000 Kreuze Marsch“ in Berlin!

Mobilisierungs­ und Planungsworkshop Am 22. September 2011 wird der Papst Berlin besuchen. Zwei Tage lang wird hier das Oberhaupt der katholischen Kirche und sein erzreaktio­ näres Weltbild gefeiert: Aus Sicht von „Benedictus PP. XVI“ sind Frau­ en keine gleichwertigen Menschen, Lesben und Schwule „Sünder“ und die Juden auch noch Schuld am Antisemitismus. Ergänzt wird Sexis­ mus, Homophobie und Antisemitismus dabei unter anderem durch Transphobie und Rassismus. Über diese herrschaftlichen und sich gewaltförmig äußernden Positionen Joseph Ratzngers hinaus ist aber das wofür er steht, eine Religion, die die höchste Autorität einem einzelnen Menschen zuspricht, dem eine besonders intime Verbindung mit einem höheren Wesen zugeschrieben wird, mit emanzipatorischen Anliegen nicht zu vereinbaren. n Berlin hat sich deshalb ein Bündnis gegründet, welches dazu aufruft, im September gegen beides auf die Straße zu gehen. Parallel zum Anti­ fee­Festival gibt es daher ein Bundesweites Vorbereitungstreffen, als dessen dezentrale Erweiterung sich dieser Workshop versteht. Hier soll also zum einen multimedial der Stand der Vorbereitungen, der Mobili­ sierung und des Programms zum Papstbesuch und dem „1000 Kreuze Marsch“ vorgestellt werden, zum anderen aber auch Raum geboten wer­ den, in AG's eigene Ideen zuentwickeln, Aktionskonzepte vorzuberei­ ten, vorzustellen, inhaltlich über den Besuch zu diskutieren und sich in dieArbeit des Bündnisses einzuklinken... Denn: Hätt' Maria abgetrieben..... | Whatthefuck.blogsport.de

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Workshopprogramm Zelt 1 14:00 ­ 16:45 Uhr

Kreativ und bunt gegen Patriarchat, Sexismus und Nationalismus!

Zelt 2 14:00 ­ 15.00 Uhr

Geschlechterdimensionen der bundesrepublikanischen 68er Revolte

Vortrag von Jan Renken Streetartworkshop mit Karlo und Kris Die Stadt ist grau und die Strukturen sind starr und unhinterfragbar? Nicht mit uns! Streetart ist eine einfache und doch effektive Methode Dinge und Struk­ turen die uns anpissen und einschränken aufzuzeigen: Damit wir in un­ serer vielfältigen geschlechtlichen, politischen, sexuellen und kriti­ schen Selbstwahrnehmung sichtbar sind! Streetart nutzt den öffentli­ chen Raum als Bühne und ist eine Möglichkeit sich diesen (wieder) anzueignen. Ihr könnt mit uns lernen wie mensch leicht Stencils, Paste­Ups oder auch Aufkleber herstellt – oder sie einfach mal wieder selber machen ­ um eure tägliche Umgebung mitzugestalten und öffentliche Reflektion anzuregen. Wir stellen die nötigen Materialien und unsere Erfahrungen zur Verfügung, ihr bringt euren Kopf und die kreativen Ideen mit! Oder ihr lasst euch einfach vor Ort inspirieren. Falls ihr schon Stencils, Scha­ blonen oder andere Inspirationsquellen habt, packt sie ein und bringt sie mit! Lasst uns gemeinsam bunt und kritisch sein!

17:00 ­ 19:00 Uhr

Nobody Is Perfect! Ein Workshop zum Konzept "Behinderung"

Zwischen Devianz, Norm und Normalität Workshop mit Peter Jorcke und ChristianVöltzke Menschen, die von der Mehrheit der Gesellschaft als geistig oder körperlich nicht "voll funktionsfähig" angesehen werden, sind von verschiedensten Formen von ausgrenzender Ungleichbehandlung und Benachteiligung betroffen. Aus diesem Grund soll eine Auseinandersetzung mit den Konzepten von "Behinderung" und Normalität stattfinden, deren Ausdeutungen den diversen hierarchisierten Andersbehandlungen zugrunde liegen. Im Sinne eines Perspektivwechsels, geht es darum das gängige Normalitätsverständnis zu hinterfragen und im Sinne von Barrierefreiheit und Chancengleichheit neu zu denken.

19:15 ­ 20:15 Uhr

Im Vortrag soll es um Umbrüche, Transformationen, Revolutionen von Weiblichkeiten und Männlichkeiten im Bereich der Familie gehen. Der Referent fragt nach den Ansätzen und Möglichkeiten des Geschlechter­ wandels in den Initiativen der Neuen Linken, insbesondere der zweiten Frauenbewegung. Konnten die Ansätze, die Kleinfamilie mit Hilfe neu­ er Formen der Kindererziehung und des Zusammenwohnens (Kommu­ nen) zu transformieren halten, was sie versprachen?

15:15 ­ 16.45 Uhr

Safer­Sex­Workshop

Workshop mit GöttingerAIDS­Hilfe & hin und wech – Schwule lieben in Niedersachsen Hier könnt Ihr Euch darüber informieren, welchen Schutz bestimmte Safer­Sex­Strategien bei unterschiedlichen Sexpraktiken bieten. Dieser Workshop bietet einen geschützten Rahmen, in dem die Teilnehmenden herausfinden können, inwieweit ihr persönlicher Wunsch, sich vor be­ stimmten Infektionsrisiken zu schützen, mit der individuell gelebten Se­ xualität übereinstimmt. Neben Infos und Gespräch in der Gruppe gibt es auch die Möglichkeit, sich im Anschluss an den Workshop zu einem kurzen Beratungsge­ spräch zu verabreden.

17:00 ­ 19:00 Uhr

„Queere Ökonomiekritik“ Queere Perspektiven auf kapitalistische Verhältnisse.

Eine Diskussionsveranstaltung mit 180° in Unterstützung vom FSR Sowi Aktuell gibt es im deutschsprachigen Raum eine Debatte über „queere Ökonomiekritik“. Diese versucht die Ergebnisse der Queer Theory für eine Kritik des Kapitalismus anwendbar zu machen. Zusammen mit Cornelia Möser, die zu dieser Fragestellung forscht, wollen wir gemein­ sam in diese Denkrichtung einsteigen und verschiedene Aspekte be­ leuchten. Nicht zuletzt soll es dabei auch darum gehen, anhand von klas­ sischen Aspekten der Kapitalismuskritik zu fragen, welche Schwer­ punktverschiebungen queere Ökonomiekritik vornimmt: Was wird hier unter Kapitalismus verstanden? Was bedeutet Arbeit aus queerer Per­ spektive und welche Überwindungsperspektiven bietet ein queerer An­ satz?

Studentenverbindungen in Deutschland und Göttingen Ein kritischer Überblick aus antifaschistischer und feministischer Sicht

Vortrag von der Basisgruppe Geschichte Der Vortrag gibt einsteiger_innenfreundlich einen Einblick in die Strukturen dieser Männerbuende. Näher betrachtet werden dabei: Nationalismus, patriarchale Geschlechterbilder und der Anspruch ihrer Mitglieder auf die Führungspositionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sowie deren Entstehung undAufrechterhaltung durch ritualisierte Erziehungsmittel.

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Samstag

14:00 ­ 15.30 Uhr

AStA, Raum 1

Treffen am Infopoint

Poetry Slam DIY­ Workshop

14:00 ­ Die Geschlechtlichkeit 15.00 Uhr von Staat und Nation

Workshop mit mieze medusa Slam Poetry ist Bühnenpoesie, ist Literatur, die sich besonders dazu eignet, vorgetragen zu werden ­ bei einem Poetry Slam, nur so zum Beispiel. Textsorten wie Prosa, Lyrik, Rap, Tagebuch, (Schüttel­)Reim und was uns sonst noch einfällt, sind gleichermaßen willkommen und geeignet, Hilfsmittel wie Clowns­ nasen etc. dagegen eher nicht: Es geht um das per­ formte Wort, es geht darum, den eigenen Texten Le­ ben einzuhauchen und Spaß am Performen zu haben. Performance versteht sich als die Kunst, eine Brücke zum Publikum zu schlagen, bei den Zuhörerinnen und Zuhörern für offene Ohren zu sorgen. Bringt eigene Texte oder ein paar leere Blätter und Stifte mit.Aber vor allem:bringt euch selbst!

16:00 ­ 17.00 Uhr

Vortrag von Oliver Lauenstein & [femko]

"Wenn rechte Parteien sich Familie und Vaterland auf die Fahne schreiben und Linke beides gerne kritisie­ ren, ist das kein Zufall. Nation, Staat und Geschlecht­ lichkeit sind weit über die Privat/Politisch­Trennung hinaus miteinander verbunden und bedingen sich ge­ genseitig. Mehr noch, auch Rassimus und Antisemi­ tismus sind keine Einzelphänomene, sondern gehen deutlich aus Nation, Staat und Geschlecht hervor. Diese Verbindungen und ihre Geschichte queerfemi­ nistisch, wertkritisch zu durchleuchten ist ebenso Ziel dieses Vortrages, wie die Frage danach, was dies für eine linke Theorie und Praxis bedeuten kann. Kann ei­ ne Kritik an Staat und Nation, ohne einen Blick auf das Geschlechterverhältnis funktionieren? Wie sind queere Nationalismusbezüge, z.B. bei den Queer Na­ tions, zu beurteilen?"

Mit einem Lächeln auf den Lippen Eine Hausarbeiterin ohne Papiere zieht vors Arbeitsgericht

Film von:Anne Frisius,in Zusammenarbeit mit Nadja Damm und Mónica Orjeda 57 min. spanisch/deutsch Ut., Berlin/Hamburg 2008 Ana S. beschließt nach 3 Jahren unterbezahlter Hausarbeit bei einer Hamburger Familie, dass sie einen angemessenen Arbeitslohn vor Gericht einklagen will – obgleich sie als "illegal" gilt, weil sie keinen offi­ ziellenAufenthaltstitel hat … Ana S. und verschiedene Unterstützer und Unterstützerinnen erzählen die Geschichte (Mónica Orjeda, verikom, Peter Bremme, FB 13 ver.di, Norbert Cyrus, Universität Oldenburg u.a.). Tanz und Choreografie: Mariela Durand Huamán

17:00 ­ 18:00 Uhr

Kurzfilme

“GeilerArsch” ­ Kurzfilm von Tanja Pipi undAbdul Farfisa (10 Min., Deut. mit Engl. Untertiteln) Abdul trifft sexy Männer auf der Straße und zögert nicht ihnen das zu sagen... “Viva la Menstruation” ­ Kurzfilm vonTanja Pipi undAbdul Farfisa (4 Min, Deutsch (limited Dialog)) Der schönste Periodentag meines Lebens... "Schlampenau,eine schlampolygarchutopie" ­ Dokumentarfilm vonAnnAntidote und Roderick (BRD 2010 / Länge: 19' Minuten) 2007 fand das erste "Ferien in Schlampenau, Sommercamp für unnatürliche Frauen" statt, dass inzwi­ schen zu einer jährlichenVeranstaltung geworden ist.

18:30 ­ 20:00 Uhr Film vonVeronika Dimke,anschließende Diskussion

AStA, Raum 2 14:00 ­ 19.00 Uhr

outside the box goes inside the fox

Workshop und Diskussion mit ouside the box Warum und wie funktioniert ei­ gentlich eine Zeitschrift, was für ein politisches Medium stellt sie dar, wie geht das – Zeitschrift machen, was braucht man dazu, wie arbeitet man, welche Möglichkeiten gibt es für feministische Ge­ sellschaftskritik, welche Gren­ zen hat das Medium Zeit­ schrift, was ist ihr Vorteil, was ihr Nachteil? Fragen wie diese wollen wir mit euch gemein­ sam diskutieren um daraus an­ schließend, wie sollte es auch anders sein, eine kleine Zeitung zu generieren, die gerne auch um Themen des Festivals krei­ sen kann. Auf Basis dieser Dis­ kussionen sollen die Teilneh­ menden sich in Kleingruppen eine Seite Zeitung erarbeiten und dabei im Schnelldurchlauf Prozesse des redaktionellen Arbeitens durchlaufen: Eine Flugblatt­Zeitung, Ein­Blatt­ Anschläge, eine Zeitung über das Zeitschrift­machen ist das Ziel. Bringt gerne eure Lieblingsma­ gazine zur Anregung mit und, falls ihr habt Labtop und Digi­ Knipse. Maximal 15Teilnehmer_Innen

Angst hab ich keine Regina Kiwanuka

50min., deutsch/englisch mit deutschen Untertiteln Zwei Jahre lang begleitete die Münchner Künstlerin Veronika Dimke die Politikerin und Menschen­ rechtsaktivistin Regina Kiwanuka. Dabei entstand das einfühlsame Porträt einer starken, engagierten Frau, die seit Jahren von Nürnberg aus sowohl für die Demokratisierung in Uganda als auch für eine men­ schengerechtere Asylpolitik in Deutschland kämpft. Ihre Schwerpunktthemen sind der Kampf gegen se­ xualisierte Gewalt und für die Schließung von Flüchtlingsheimen, die eigene politische Verfolgung und die ihrer Kollegen in Uganda und der Kampf um ein Bleiberecht von Menschen in Not. Die Filmemacher_in Veronika Dimke steht nach dem Film zu einem Gespräch über den Film und ihre Ar­ beit als Künstler_in, die für Menschenrechte eintritt zurVerfügung.

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special ingredients

Die 3 besten Lauchrezepte Lauch­Quiche für Boden:

für Füllung:

200 gVollkornmehl

ca.200 g Lauch

150 g Margarine

1 große Zwiebel

ca.90 g Haferflocken

1 Zehe Knoblauch

80 mlWasser

etwas Öl

Prise Salz

400 g Seidentofu

Kräuter der Provence 2 EL Olivenöl 1 EL Speisestärke Salz,Pfeffer Für den Quicheboden das Mehl mit Wasser, Salz, Kräuter und Margarine verrühren. Alles zu­ sammen durchkneten. Danach Haferflocken un­ terkneten, den Teig in Folie einwickeln und im Kühlschrank 30 Min. ruhen lassen. Lauch waschen und in Rollen schneiden. Die Zwiebel in kleine Würfel schneiden und zusam­ men mit einer gepressten Knoblauchzehe in der Pfanne mit etwas Öl glasig dünsten. Den Lauch dazu geben und andünsten. Form mit Olivenöl einfetten und mit Mehl be­ stäuben. Backofen auf 200 °C vorheizen. Den ge­ kühlten Teig auf bemehlter Arbeitsfläche etwas größer als Backform ausrollen und in die Form le­ gen. Es sollte ein ca 1 cm hohen Rand geformt werden. Den Boden mehrmals mit einer Gabel einstechen. Etwa 10 Min. auf mittlerer Schiene vorbacken. Für den Belag den Seidentofu, Olivenöl und Stärke mit einem Pürierstab zu einer glatten Mas­ se rühren. Mit Pfeffer und Salz und evtl. anderen Kräutern abschmecken. Den Lauch in die vorge­ backene Teigform geben und verteilen. Dann die Tofumasse drüber gießen und alles verteilen. Im vorgeheizten Backofen auf mittlerer Schiene 20 Min. bei 200°C backen, anschließend Tempe­ ratur herunterschalten und auf 175 °C weitere 15 Min. backen. Nach dem Garen kurz ruhen lassen und warm genießen.

Lauch auf türkischer Art 4 Lauchstengel (600g) 3 Esslöffel Olivenöl Salz,Pfeffer Sauce: 2 Esslöffel Olivenöl 1 Esslöffel Mehl 2 1/2 dl Gemüsebrühe 1 Prise Zucker 2 Esslöffel Zitronensaft 2 EsslöffelTomatenpüree

250 g Lauch 250 g Zucchini 150 ml Gemüsebrühe (hefefrei) 2 ELKokosöl 2 Stück Knoblauchzehen 1 gestr. TLKurkumapulver 1 Msp. Ingwerpulver 1 ELgehackte Petersilie 2 ELSoja­Dream Kristallsalz

60g schwarze Oliven 40g Rosinen Lauchstengel in Stücke schneiden und im heissen Öl, Salz und ein wenig Gemüsebrühe dünsten. Das Mehl in das Öl unter Rühren anziehen lassen. Die restliche Gemüsebrühe dazugies­ sen und rühren. Jetzt das Tomatenpüree einrüh­ ren und 5 Minuten sieden lassen. Mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft und einer Prise Zucker würzen. Die Sauce in die Pfanne mit den Lauchstücken giessen und die Rosinen und Oliven hinzufügen. 10 Minuten sieden lassen. Fertig! Besonders lecker mit Kartoffelbrei.

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Lauch­Kokos­Curry

Den Lauch waschen, halbieren und in kleine Streifen schneiden, die Zucchini schälen und in dünne Scheiben schneiden. Ghee erhitzen, den Knoblauch abziehen dazupressen und Kurkuma und Ingwer kurz darin anrösten. Den Lauch und die Zucchini hinzufügen und unter ständigem Rühren 4 Minuten lang anbraten. Mit der Gemüsebrühe ablöschen und das Ganze zugedeckt bei mittlerer Hitze 4 Minuten kochen lassen, ohne dass das Gemüse zer­ fällt. Das Gemüse mit der Petersilie be­ streuen.


The Overdue Shoutout

F

ünf Jahre Antifee. Das sind fünf Festivals, die vehement gegen Sexis­ mus und Nationalismus, für Feminis­ mus und ein schöneres Leben im Falschen positioniert waren. So ein Festival organisiert sich nicht von alleine. Bereits ein halbes Jahr vorher treffen sich Menschen, die dann kontinuierlich auf ein tolles Fes­ tival hinarbeiten.

Doch das Antifee ist mehr als ein wöchentliches Plenum. Jahr für Jahr gibt es Menschen, die von außen erst dazu beitragen, dass das Festival das ist, was es ist. Menschen, die durch ih­ ren Support dafür sorgen, dass das Festival rund läuft und zu einer schö­ nen Erfahrung wird. Hinter den Kulis­ sen fallen sehr viele Aufgaben an, die nie und nimmer von dem Plenum allei­ ne gestemmt werden könnten. Leider wird dieser Support nur selten wahrge­ nommen. Darum, von uns an euch: ein FETTES DANKE!

Gemeint sind alle Menschen und Gruppen, ...die uns Jahr für Jahr mit schicken Designs versorgen ...die Broschüre erstellen & layouten ...die Plakate kleben und flyern

"Stop,we won‘t stop

...die uns Räume zur Verfügung stellen

Impressum Redaktion: Helene Buchholz, Benjamin Laufer Mitarbeit: Martin Kaul, Simone Schmollack Layout: Patrick Michaelis Titelbild: René Greffin

Don‘t you stop

...die uns mit Leihgaben versorgen

I can‘t live if you stop"

...die Schichten übernehmen

(Le Tigre ­ Hot Topic)

...die die Kinder betreuen ...die beimAuf­ undAbbau helfen ...die Gäste aufnehmen ...die Schlafplatzbörse und die Mitmachbörse organisieren ...die uns finanziell unter dieArme greifen ...die uns Input geben und das Festival inhaltlich bereichern ...die für unsere Gesundheit sorgen

Druck:Aktiv DruckVerlag,Göttingen

...die mit Geduld und Fachkenntnis uns bei technischen Fragen zur Seite stehen, sei es Ton oder Grafik ...die Referent*Innen, Gäste und uns mit leckerem Essen und Cocktails versorgen. Und natürlich alle Ex­Antifees!

EurerAntifee­Plenum 2011

Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Julian Bierwirth, Groner Straße 11, 37073 Göttingen

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Map

Das Antifee 2011 wird präsentiert von:

In Kooperation mit:

STIFTUNG LEBEN & UMWELT

HEINRICH BÖLL STIFTUNG NIEDERSACHSEN

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Mit freundlicher Unterstützung von: FSRV Göttingen | Stadt Göttingen

Workshops und inhaltliche Veranstaltung in pädagogischer Verantwortung des VNB


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